Telekommunikationsunternehmen

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Ein Telekommunikationsunternehmen hat die Aufgabe Informationen in weltumspannenden Netzwerken zu Wandeln, zu Übertragen und zu Vermitteln, um Kommunikation zwischen Menschen zu jeder Zeit, an jedem Ort zu ermöglichen.

Insbesondere die Liberalisierung der Telekommunikationsmärkte in Europa im Jahr 1998 hat dazu geführt, dass verschiedene Arten von TK-Unternehmen entstanden sind, die sich durch ihre Wertschöpfungsprozesse und Stellung am Markt deutlich voneinander unterscheiden.

Telekommunikationstechnik – die Basis von Telekommunikationsunternehmen

Grundlage für die Existenz aller heutigen Telekommunikationsunternehmen waren technische Entwicklungen im 19. Jh.: Die Ideen von Charles Wheatstone, William Fothergill Cooke und Samuel F. B. Morse legten 1837 zunächst die Grundlage für die Telegrafie, d.h. für die Fernübertragung von codierten Nachrichten, die Erfindung des Telefones durch Alexander Graham Bell im Jahre 1876, das durch die Erfindung des Kohlemikrofons von Thomas Alva Edison jr. 1877 noch verbessert wurde, ermöglichte das Fernsprechen. Mit der Erfindung der Verstärkerröhre durch Robert von Lieben im Jahre 1906 war die Schaffung der technischen Basis für den Aufbau landesweiter Telekommunikationsnetze weitgehend abgeschlossen.

Das staatliche Fernmeldewesen als Vorgänger der heutigen europäischen TK-Unternehmen

Die Führung des Fernmeldewesens als staatliche Verwaltung und seine fundamentale Bedeutung für das gesamte gesellschaftliche Leben führten schnell zu einer flächendeckenden Organisation in den meisten europäischen Ländern. Formuliert wurden Daseinsvorsorgeaufträge, nach denen im gesamten Land zu gleichen Konditionen bestimmte Mindestleistungen der Telekommunikation anzubieten waren.

Die flächendeckende Präsenz und das flächendeckende Leistungsangebot führten zu einem Verwaltungsaufbau mit weitgehend typisierten Organisationseinheiten.

Neben Post und Bahn waren die Fernmeldeverwaltungen Anfang des 20. Jahrhunderts die größten staatlichen Organisationen in Europa.

Nach dem Wegfall der Monopole durch die Liberalisierung des europäischen Telekommunikationsmarktes 1998 übernahmen die Regulierungsbehörden die Aufgabe, einen wirklichen Wettbewerb sicherzustellen. Auf diese Weise ist eine enorme Angebotsvielfalt am Markt der Sprachtelefon- und Sprachmehrwertdienste entstanden.

Wertschöpfungsprozesse in der Telekommunikation

Die Leistungserstellung von Telekommunikationsunternehmen ist sehr komplex. Unterschiedliche Stufen der Wertschöpfung werden dabei sowohl von vertikal integrierten Unternehmen als auch von institutionell getrennten Einheiten erbracht. Die Kernwertschöpfung der Unternehmen wird flankiert durch IT- und Marketingaktivitäten.

Die erste Stufe bildet die Transportebene. Sie umfasst die Leitungen und die Übertragungstechnik. Grundlage für Errichtung und Betrieb sind Wegerechte.

Die zweite Stufe ist die Vermittlungsebene. Zu ihr gehören die Vermittlungstechnik (Switches), die Anschaltepunkte anderer Netzbetreiber (Point of Interconnection, POI) und die Anschaltepunkte zu den Kunden (Point of Presence, POP). In modernen digitalen Netzen laufen Sprache- und Daten über die gleichen physikalischen Netze. Für Daten übernehmen Router die Funktion der Switches. Die skizzierte Netzinfrastruktur bietet die Basis für ein breites Angebot an Sprach- und Datenkommunikation auf der Diensteebene, wobei hier Basis- und Mehrwertdienste unterschieden werden. Ein bekanntes Beispiel für Basis-Sprachdienste ist die ISDN-Telefonie. Das Internet bzw. die dafür bereitgestellten Zugänge und Internetworking zwischen lokalen Netzen sind Beispiele für reine Datendienste. Sprach- und Datendienste verschmelzen durch die IP-basierte Technologie immer mehr. Zu den Mehrwertdiensten gehören z.B. 0800er und 0900er Nummern, Televoting und spezielle Server und Gateway-Dienste. Von zunehmender Bedeutung im Mehrwertbereich ist der Angebot von Content, d.h. von multimedialen Inhalten im Netz.

Der Betrieb der Netze und das Angebot an Diensten setzt ein Networkmanagement, also ein Dienste-Ebene voraus, mit der der Netzbetrieb überwacht, gesteuert und mit der Aufzeichnungen über die bereitgestellten Verbindungen (Call Data records) und Berechtigungsprüfungen und –vergaben realisiert werden können.

Das Networkmanagement ist die Grundlage für die Rechnungserstellung gegenüber den Kunden (Billing) und für die Gestaltung rechnergestützter Front-Ends für die Kundenbetreuung (Customer Care). In engem Zusammenhang mit dem Front-End zum Kunden steht die Frage des einheitlichen Angebotes von Leistungen unter einer Marke (Branding).

Die Leistungserbringung eines TK-Unternehmens erfordert darüber hinaus weitere, recht bedeutende und umfassende Supportfunktionen. Beispiele sind Einkauf, Finanzen, Personal, Recht, Ressourcenmanagement, einschließlich Grundstücke, Gebäude und interne IV-Infrastruktur.

Die abschließende Stufe der Wertschöpfung ist die Vertriebsebene, die durch die richtige Kombination von Produkt, Preis, Vertriebskanal und Werbung (Marketing-Mix) die Leistungen des Unternehmens differenziert nach Märkten und Kunden vermarkten soll.

Klassifizierung von TK-Unternehmen anhand der Wertschöpfung

Die aufgezeigte Wertschöpfungskette gestattet es, Telekommunikationsunternehmen in vier Typen zu klassifizieren, wobei einige Typen sowohl flächendeckend als auch nur regional begrenzt operieren können.

Typ/Ebene Transport Vermittlung Dienste Vertrieb
Netzbetreiber x x x x
Switched Reseller   x x x
Reseller     x x
Händler       x

Netzbetreiber sind das klassische Telekommunikationsunternehmen, das alle Stufen der Wertschöpfung ausführt (Beispiele: Deutsche Telekom, France Telecom). Oftmals hervorgegangen aus einer ehemaligen staatlichen Fernmeldeverwaltung plant, baut und betreibt ein klassisches TK-Unternehmen selbst Netze, offeriert Vermittlungsfunktionen und tritt als „Full Service Provider“, also als Anbieter einer kompletten Palette von TK- und IT-Leistungen und Produkten auf. Das Vorhandensein mindestens eines Netzbetreibers ist die Voraussetzung für die Existenz der anderen Typen von Telekommunikationsunternehmen.

Switched Reseller kaufen Transportleistungen von einem Netzbetreiber ein, nehmen aber selbst Vermittlungsfunktionen war. Sie generieren selbst Dienste/Angebote und Mehrwertdienste und ersparen sich so irreversible Investitionen in Netze.

Reseller kaufen auch die Vermittlungsfunkion ein. Ihr Schwerpunkt sind zumeist hochspezialisierte Mehrwertdienste. Sie verfügen über eine hohe Marketingkompetenz.

Händler verzichten ganz auf eigene technische Infrastrukturen und Diensteangebote. Sie vermarkten die Dienste/Angebote anderer TK-Unternehmen und bieten Endgeräte verschiedener Hersteller zur Nutzung der Dienste.

Einfluss auf TK-Unternehmen durch Globalisierung und Konvergenz

Die Charakteristik eines TK-Unternehmens wird geprägt durch:

  • Internationale Beteiligung und Organisationsstruktur
  • Konvergenz

Internationale Beteiligung und Organisationsstruktur

Die Liberalisierung der Märkte und die Privatisierung der ehemaligen staatlichen Fernmeldeverwaltungen gestatten den großen Netzbetreibern, auch international tätig zu werden. Organisatorische Folge der Globalisierung ist der Übergang von national orientierten monolithischen Unternehmensstrukturen hin zu einem Netzwerk verbundener Unternehmen und Beteiligungen, die in unterschiedlicher Rechtsform einen Großkonzern bilden. Merkmal internationaler Großkonzerne ist es, dass mehrere rechtlich selbstständige Unternehmen unter einer einheitlichen Leitung stehen und eine ökonomisch-organisatorische Einheit bilden. Wesentliche Aufgabe der Leitung ist das Durchsetzen einer einheitlichen Konzernstrategie. Je nach dem Grad der Autonomie, die Konzerneinheiten haben, unterscheidet man operative Holding, Managementholding und Finanzholding.

In der operativen Holding übernimmt die Konzernzentrale sowohl die strategische als auch die operative Führung der Geschäftsfelder. In der Finanzholding definiert die Konzernzentrale nur Anlagenziele der ansonsten selbstständig agierenden Unternehmen. In der Managementholding nimmt die Konzernzentrale Einfluss auf die strategische Führung der Konzerneinheiten, bleibt aber bei der operativen Führung außen vor. Je nach Holdingtyp ergeben sich für die Organisation der Konzernzentrale und der dezentralen Einheiten unterschiedliche Aufgaben und Gestaltungsspielräume.

Konvergenz

Konvergenz beschreibt einerseits das Verschmelzen bisher eigenständiger Netze, Dienste, Produkte und infolge dazu auch von Märkten und andererseits das Verschmelzen von Informations- und Telekommunikationstechnik. Basis für die Konvergenz ist die Digitalisierung des universellen weltumspannenden Telekommunikationsnetzes, der Medien und der Geräte zu ihrer Nutzung. Bis Ende der 1980er Jahre war die Geschichte der Fernmeldetechnik weitgehend die Geschichte analoger Signalverarbeitung. Für einzelne Dienste wurden spezifische Netze und Endgeräte bereitgestellt. Ende der 80er Jahre begann auf der Grundlage der sich rasch entwickelnden Rechentechnik der Übergang von den analogen zu den digitalen Netzen. Digitale Inhalte können heute auf unterschiedlichsten Wegen übermittelt werden, ausschlaggebend ist nicht mehr die Art der Übermittlung sondern nur noch die Übermittlungskapazität.

Zusammenfassende Charakteristik eines Telekommunikationsunternehmens

In voller Ausprägung ist ein Telekommunikationsunternehmen demnach:

ein Anbieter von sowohl IT-und TK -spezifischen und als auch von Konvergenzprodukten am internationalen Markt, der als Großkonzern aufgestellt ist und ggf. durch eine Holding geführt wird, der über eine flächendeckende, mehrstufige und typisierte Flächenorganisation mindestens im Heimatland und differenzierte, länderspezifische Organisationen im Ausland verfügt, der seine Leistungen markt-, branchen- und kundenorientiert und in einem Mix aus vertikaler Integration und outgesourcter Leistung erbringt, wobei die gesamte Wertschöpfungskette vom Transport von Information bis hin zum Vertrieb von differenzierten IT/TK-Dienstleistungen und -Produkten durchlaufen wird.

Kritik

In Deutschland sind Telekommunikationsunternehmen aufgrund ihres unzureichenden Customer-Relationship-Managements und Kundendienstes[1], unzulässiger Vertragsklauseln[2][3], unzulässigen einseitigen Vertragsänderungen[4][5][6], ihrer aggressiven, teils unlauteren Vertriebsmethoden[7][8][9][10] (insbesondere bei Haustürgeschäften durch Drückerkolonnen, Telefonverkauf (Cold Calls), Direktmarketing), Mehrwertdienst-[11][12] und Dialer-Missbrauch[13], Inrechnungstellen von Verbindungen bei Nichterreichbarkeit des Teilnehmers[14] sowie durch Inkassopannen[15][16][17] in das Visier von kritischen Verbrauchern und Verbraucherschützern geraten. So beklagt etwa die Verbraucherzentrale Brandenburg, dass die bei ihr eingereichten Verbraucherbeschwerden hauptsächlich Telekommunikationsunternehmen betreffen.[18][19]

Im Bereich des anmeldefreien Call-by-Call-Marktes (insbesondere auch bei Internet-by-Call), in dem keine Vertragsbindung existiert, gibt es zudem die Phänomene der kurzfristig angekündigten oder unangekündigten Tarifänderungen[20] und der extremen Minutenpreisspreizungen der Tarife in Tarif- und Zeitzonen, die in keinem Zusammenhang mit Vorleistungskosten stehen und die den Zweck haben, den Konsumenten durch einzelne Signalpreise unterhalb der IC-Gebühren zur dauerhaften unterschiedslosen Nutzung der Angebote auch zu hochpreisigen Tarifzeiten und -zielen zu bewegen.[21][22]

Im Bereich der Flatrate-Angebote für private Verbraucher zeichnen sich einige Anbieter dadurch aus, dass von ihnen ab einem meist willkürlich festgelegten Nutzungsumfang (Power-User) unzulässige gewerbliche Nutzung unterstellt wird und sie die Kunden zur Einschränkung ihrer Nutzung auffordern oder versuchen, den Vertrag aufzulösen.[23][24]

Quellen

  1. Allein gegen die Telekom - Kunden werden schikaniert http://www.google.de/search?q=cache:wiso.zdf.de/ZDF/download/0,5587,2003893,00.pdf
  2. OLG Koblenz: Asymmetrische Kündigungsfrist bei DSL-Flatratevertrag von 1&1 unzulässig http://www.vzbv.de/go/presse/319/8/36
  3. Gericht kassiert unzulässige Vertragsklauseln von T-Online http://www.vzhh.de/~upload/vz/VZTexte/TexteRecht/T-Online%20AGB.htm
  4. Mobilcom stellt nicht vereinbarten Mindestumsatz in Rechnung http://web.archive.org/web/20021110025519/www.wdr.de/tv/service/geld/inhalt/20020620/b_3.phtml
  5. O2-Vertragsänderung bei Euro-Einführung rechtswidrig http://www.vzhh.de/~upload/rewrite/TexteTelekommunikation/EuroVIAG.aspx
  6. Einseitige Vertragsänderungen von T-Online rechtswidrig http://www.teltarif.de/arch/2006/kw10/s20838.html
  7. Verbraucherzentrale Bundesverband verklagt Telekom wegen untergeschobener Verträge http://www.vzbv.de/start/index.php?page=presse&bereichs_id=&themen_id=&mit_id=612
  8. Verbraucherschützer kritisieren kriminelle Machenschaften bei Telekommunikationsverträgen http://web.archive.org/web/20060710063100/de.internet.com/index.php?id=2043678&section=Marketing-News
  9. Preselection-Verträge untergeschoben http://www.n-tv.de/788881.html
  10. Telekom wegen Telefon-Spams verurteilt http://www.telespiegel.de/news/090805.html
  11. VZ Bayern: Handy-Abzocke durch 0137-Nummern http://www.verbraucherzentrale-bayern.de/link13780A.html
  12. VZ Brandenburg: Gewinn kann teuer werden http://www.vzb.de/link269072A.html
  13. VZ Berlin geht gegen Dialer-Missbrauch vor http://www.heise.de/newsticker/meldung/44856
  14. VZ BW: Anruf-Info-Service von Vodafone: bis zu 9,90 Euro für zehn vergebliche Anrufe http://www.tagblatt.de/Home/nachrichten_artikel,-Vodafone-Beschwerden-bei-der-Verbraucherzentrale-_arid,51573.html
  15. Dubiose Telekom-Mahnungen http://web.archive.org/web/20071225080830/www.zdf.de/ZDFde/inhalt/25/0,1872,2294553,00.html
  16. Callando-Internet-by-Call-Falschabrechnung http://www.teltarif.de/arch/2006/kw48/s24016.html
  17. Tiscali empört Altkunden mit alten Rechnungen http://www.onlinekosten.de/news/artikel/24518/0/Tiscali_empört_Ex-Kunden_mit_alten_Rechnungen
  18. VZ Brandenburg: Beschwerden hauptsächlich aus dem TK-Sektor http://www.teltarif.de/arch/2006/kw26/s22173.html
  19. Unseriöse Geschäftspraktiken der TK-Branche blockieren Verbraucherzentralen http://www.vzbv.de/start/index.php?page=themen&bereichs_id=5&themen_id=21&dok_id=589
  20. ZDF Wiso: Tricks by Call http://web.archive.org/web/20071212020553/www.zdf.de/ZDFde/inhalt/13/0,1872,3965421,00.html
  21. surf100 verteuert Internet-by-Call-Tarife ohne Vorankündigung bis zum 89-fachen http://www.onlinekosten.de/news/artikel/23883/0/surf100_verteuert_IbC-Tarife_ohne_Vorankündigung
  22. Internet-by-Call: Tarifspielchen und kein Ende http://www.onlinekosten.de/news/artikel/25012/0/IbC:_Tarifspielchen_und_kein_Ende
  23. Teltarif: wenn die Flatrate ihr Versprechen bricht http://www.teltarif.de/arch/2007/kw17/s25763.html
  24. 1&1 und Kabel Deutschland gehen gegen Breitband-Flatrate-Kunden mit hohem Datenaufkommen vor http://web.archive.org/web/20060204164821/http://www.daserste.de/plusminus/beitrag_dyn~uid,kzi2sdisimm85x8w~cm.asp