Tucké Royale

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Tucké Royale (2019)

Tucké Royale (* 1984 in Quedlinburg) ist ein deutscher Autor, Regisseur, Musiker und Schauspieler in Film, Theater und Musiktheater.

Leben

Tucké Royale wurde 1984 im sachsen-anhaltinischen Quedlinburg geboren.[1] Als Royale fünf Jahre alt war, fiel die Mauer. Bis zum Abitur blieb Royale in Quedlinburg. Er baute eine schwullesbische Bibliothek auf, bot Beratungsstunden an, war im linken Kulturzentrum und bei der Antifa aktiv.[2] Er gab seinen Geburtsnamen auf und nahm seinen Künstlernamen Tucké Royale an.

Von 2004 bis 2006 studierte Royale Judaistik an der Freien Universität Berlin[3] sowie von 2006 bis 2011 an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch Zeitgenössisches Puppenspiel[4], unterstützt durch die Rosa-Luxemburg-Stiftung.[1] Tucké Royale lebt in Berlin.[5]

Bühne

Nach einer Recherche zu Performance Art in New York absolvierte er im Jahr 2010 mit seinem ersten Solostück Tucké Royale sein Diplom, die unter anderem in St. Petersburg, Zagreb, Split, Hamburg, Dresden und Berlin aufgeführt wurde. Sein zweiter Soloabend Ich beiße mir auf die Zunge und frühstücke den Belag, den meine Rabeneltern mir hinterließen hatte ihre Uraufführung im Dezember 2013 im Berliner Ballhaus Ost und war später im Studio Я des Maxim-Gorki-Theaters zu sehen.[6][7][1] Dezidiert wendet er sich im Interview zur Initiative #ActOut im Magazin der Süddeutschen Zeitung jedoch aufgrund seiner klassischen Schauspielausbildung dagegen, als Performer oder Performance-Künstler bezeichnet zu werden: „Ich bin zum Performer gemacht worden, weil es Menschen wie mich in diesem Beruf noch nicht gab in Deutschland. Da wurde mir eine Art von Futurismus an den Leib getackert, und gleichzeitig wurde damit gesagt: Das geht jetzt im Schauspiel noch nicht, deswegen musst du ein Performer sein. Das muss weg. Das ist einfach: Schauspieler.“[8]

Aus Royales Theaterarbeit ergaben sich Lehraufträge an Universitäten, darunter an der Performance/Akademie der darstellenden Künste in Hamburg.[9]

Tucké Royale (2019)

Film

Im Film Neubau von Johannes Maria Schmit, für den Royale auch das Drehbuch schrieb und als Koproduzent verantwortlich zeichnete, spielte er Markus Hawemann, der mit seinen beiden Großmüttern Sabine und Alma in der Uckermark zusammenlebt und ihnen auch gerne im Alltag hilft, obwohl er sich gleichzeitig nach einem Leben in der queeren Gemeinschaft von Berlin sehnt. Der Film feierte im Januar 2020 auf dem Filmfestival Max Ophüls Preis seine Premiere.[10] Dieser wurde auf dem Festival nicht nur mit dem Preis für den besten Spielfilm ausgezeichnet, sondern Royale erhielt auch den Max Ophüls Preis „für den gesellschaftlich relevanten Film“ für das Drehbuch und seine Leistung als Schauspieler.[11]

Der halbdokumentarische Film Stonewall Uckermarck aus dem Jahr 2019 lässt sich als Vorstudie zu Neubau verstehen, dokumentiert jedoch zugleich eine performative Gedenkfahrt mit anschließender Veranstaltungsreihe im Berliner Theater Hebbel am Ufer anlässlich des fünfzigsten Jahrestages der Ereignisse um Stonewall.[12]

Musik

Seit 2012 ist Royale Bandmitglied bei Hans Unstern und darüber hinaus seit mehreren Jahren bei der queeren Popgruppe Boiband.[2] Die Gruppe steuerte den Soundtrack zu Jenseits der Angst bei, einem Fernsehfilm von Thorsten Näter aus dem Jahr 2019.

Aktivismus

Mit der politisch-künstlerischen Initiative Zentralrat der Asozialen – ZAiD aus dem Jahr 2015, die Aktionen an verschiedenen Orten initiierte, machte Tucké Royale auf die Stigmatisierung einer von der Politik „vergessenen“ Opfergruppe des Nationalsozialismus unter den Bezeichnungn „Asoziale“ und „Berufsverbrecher“ aufmerksam. Diese mussten in der Zeit des Nationalsozialismus einen schwarzen oder grünen Winkel an ihrer Kleidung tragen. Zahlreiche Angehörige dieser Personengruppen wurden in Konzentrationslager verbracht und dort getötet, was bis heute offiziell von der Politik nicht anerkannt wurde. Ebenso blieben Entschädigungszahlungen gegenüber Überlebenden und Angehörigen aus.[13] Eine sogenannte Inaugurationsveranstaltung des Zentralrats fand im März 2015 auf Kampnagel in Hamburg statt, weitere Aktionen im Studio des Gorki Theaters in Berlin und in Gedenkstätten.[14]

Im Februar 2021 war Royale Teil der Initiative #ActOut im SZ-Magazin, zusammen mit 184 anderen lesbischen, schwulen, bisexuellen, queeren, nichtbinären, intersexuellen und transgender Personen aus dem Bereich der darstellenden Künste.[15]

Bühne

Soloabende

  • 2010: Tucké Royale.
  • 2013: Ich beiße mir auf die Zunge und frühstücke den Belag, den meine Rabeneltern mir hinterließen. Solo-Performance. Ballhaus Ost, Maxim-Gorki-Theater.

Regie

  • 2017: Mit Dolores habt ihr nicht gerechnet. Ein jüdisch-queeres Rachemusical. Text und Regie, Maxim-Gorki-Theater Berlin[16]

Als Darsteller

  • 2013: Fleetstreet
  • 2014: Aussöhnen mit Deutschland II[17]
  • 2016: Atlas des Kommunismus. Regie: Lola Arias, Maxim-Gorki-Theater Berlin[18]
  • 2016: Der Botschafter. Ein Singspiel. Regie: Gintersdorfer/Klaßen, HAU2
  • 2018–19: Nathan der Weise. Ein Weichmacher für den Glaubenspanzer. Regie: Gintersdorfer/Klaßen, Theater Bremen[19]
  • 2019: Tank. Eine musikalische Abwrackzeremonie nach Brechts Fatzerfragment. Produktion: Oblique Sensations, Vierte Welt Berlin[20]
  • 2019: Weimar Cabaret. Regie: Gintersdorfer/Klaßen, Meyer Pavillon Weimar[21]
  • 2019: Frauen der Unterwelt. Sieben hysterische Akte. Regie: Tine Rahel Völcker, Ballhaus Ost[22]
  • 2020: mit Hans Unstern und Orlando de Boeykens: The Revolution Will Be Injected – Testosterone Files & Desire, Volksbühne Berlin[23]

Hörspiel

  • 2020: mit Hans Unstern und Orlando de Boeykens: The Revolution Will Be Injected. Eine molekulare Revolution, im Auftrag von Deutschlandfunk Kultur, Ursendung am 14. Mai 2020.[24]

Diskografie

Mit Boiband

  • 2017: The Year I Broke My Voice, Staatsakt

Auszeichnungen

Braunschweig International Film Festival

  • 2020: Auszeichnung als Schauspieler für Neubau[25]

Filmfestival Max Ophüls Preis

  • 2020: Auszeichnung für außergewöhnliche gesellschaftliche Relevanz für Buch und Schauspiel für Neubau[26]

Deutschlandfunk Kultur Hörspiel des Monats

  • 2020: The Revolution Will Be Injected. Eine molekulare Revolution. Auszeichnung als Hörspiel des Monats Mai 2020, gemeinsam mit Hans Unstern und Orlando de Boeykens.[3]

Publikationen als Autor

Stücke

  • Tucké Royale. rua. Kooperative für Text und Regie, Berlin 2010.[27]
  • Ich beiße mir auf die Zunge und frühstücke den Belag, den meine Rabeneltern mir hinterließen. rua. Kooperative für Text und Regie, Berlin 2013.[28]
  • Mit Dolores habt ihr nicht gerechnet. rua. Kooperative für Text und Regie, Berlin 2017.[29]

Beiträge in Anthologien

  • Kathrin Tiedemann (Hrsg.): Gintersdorfer/Klaßen. Eleganz ist kein Verbrechen. Reihe Postdramatisches Theater in Portraits. Band 2, Alexander Verlag, Berlin 2020, ISBN 978-3-89581-523-2.
  • Flintenweib. In: Riccarda Gleichauf (Hrsg.): Textland. Band 3, Edition Faust, Frankfurt am Main 2020, ISBN 978-3-945400-84-5.
  • Pubertät. In: Jim Avignon (Hrsg.): Welt und Wirklichkeit. Band 2, Verbrecher Verlag, Berlin 2021, ISBN 978-3-957-32448-1.

Zeitschriftenbeiträge

  • Plädoyer für das Ausbüchsen. Essay in Anlehnung an die Keynote bei der Kon­ferenz Burning Issues.[30] Theater heute, Nr. 01/2021, Berlin, ISSN 0040-5507, S. 42.[31]
Commons: Tucké Royale – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c Tucké Royale. In: gorki.de. Abgerufen am 9. November 2020.
  2. a b Falk Schreiber: Ganz schön schwul. Der Theatermacher Tucké Royale. In: der-theaterverlag.de. Abgerufen am 9. November 2020.
  3. a b Hörspiel des Monats Mai 2020: The Revolution Will Be Injected. In: deutschlandfunkkultur.de, 14. Mai 2020.
  4. Tucké Royale. In: theaterbremen.de. Abgerufen am 9. November 2020.
  5. Tucké Royale. In: theaterwrede.de. Abgerufen am 10. November 2020.
  6. Elke Koepping: Ich bin äußerer Schein. Wie das Theater. In: Neues Deutschland, 24. Dezember 2013.
  7. Elke Koepping: Tucké Royale: Identität als Spielwiese. In: queer.de, 19. Dezember 2013.
  8. Carolin Emcke und Lara Fritzsche: "Ich komme aus einer Welt, die mir nicht von mir erzählt hat". In: Süddeutsche Zeitung Magazin. Nr. 5. München 5. Februar 2021, S. 8–21.
  9. Tucké Royale. In: pak-hamburg.de. Abgerufen am 9. November 2020.
  10. Die Zärtlichkeit des Gleitgelflecks. In: queer.de, 26. Januar 2020.
  11. Preisträger·innen 2020 | Filmfestival Max Ophüls Preis. Abgerufen am 13. März 2021.
  12. Eva Tepest: "Mit großstädtischer Arroganz auf die Provinz blicken? Nicht mit mir". In: Der Tagesspiegel, 28. Oktober 20219.
  13. Ulrich Gutmair: Vergessene Opfer der Nazis: „Asozial“ ist immer noch ein Stigma. In: Die Tageszeitung: taz. 14. März 2018, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 13. März 2021]).
  14. Patrick Wildermann: Performancekünstler Tucké Royale: Im schwarzen Winkel. In: tagesspiegel.de. 29. April 2015, abgerufen am 13. März 2021.
  15. Carolin Emcke, Lara Fritzsche: „Ein Gruppen-Outing gibt Kraft, nicht allein zu sein“. In: Süddeutsche Zeitung Magazin. 5. Februar 2021, abgerufen am 6. Februar 2021.
  16. Mit Dolores habt ihr nicht gerechnet. Ein jüdisch-queeres Rachemusical. In: gorki.de. Abgerufen am 14. Februar 2021.}
  17. Aussöhnen mit Deutschland II. In: gorki.de. Abgerufen am 9. November 2020.
  18. Mounia Meiborg: Gorki Theater: Kampflieder für den Bruderstaat. In: Süddeutsche Zeitung, 11. Oktober 2016.
  19. Michael Merschmeier: Kanon oder Kanone? In: der-theaterverlag.de, 1. Oktober 20218.
  20. TANK. Performing Arts Festival. In: performingarts-festival.de. Abgerufen am 14. Februar 2021.
  21. Weimar Cabaret. In: gintersdorferklassen.org. Abgerufen am 14. Februar 2021.
  22. Frauke Adrians: Zum Irrewerden. Frauen der Unterwelt – Ballhaus Ost. In: nachtkritik.de, 7. Dezember 2019.
  23. The Revolution Will Be Injected – Testosterone Files & Desire. In: volksbuehne.berlin. Abgerufen am 14. Februar 2021.
  24. Hörspiel des Monats Mai 2020: The Revolution Will Be Injected. In: deutschlandfunkkultur.de. 14. Mai 2020, abgerufen am 13. März 2021.
  25. Die Preisträger des 34. Internationalen Filmfestival Braunschweig. In: filmfest-braunschweig.de, 7. November 2020.
  26. dpa: Max-Ophüls-Filmpreis für "Neubau". In: sueddeutsche.de. 26. Januar 2020, abgerufen am 13. März 2021.
  27. Tucké Royale. Abgerufen am 12. März 2021.
  28. Ich beiße mir auf die Zunge und frühstücke den Belag, den meine Rabeneltern mir hinterließen. Abgerufen am 12. März 2021.
  29. Mit Dolores habt ihr nicht gerechnet. In: ruakooperative.de. Abgerufen am 11. März 2021.
  30. Burning Issues Livestream. Abgerufen am 12. März 2021 (deutsch).
  31. Tucké Royale: Plädoyer für das Ausbüchsen. In: der-theaterverlag.de. Michael Merschmeier, Der Theaterverlag, abgerufen am 12. März 2021.