Das schlafende Heer
Das schlafende Heer (polnisch Śpiąca armia) ist ein Roman von Clara Viebig von 1904. Er beschreibt das Zusammenleben von Deutschen und Polen in der Provinz Posen und war eines der meistgelesenen Bücher des Erscheinungsjahres.
Inhalt
Es wird das Leben in dem Dorf in der Provinz Posen beschrieben. Der Rheinländer Peter Bräuer war mit seiner Familie hierher gezogen, um einen Hof zu bewirtschaften. Dargestellt werden verschiedene Ereignisse, sowie Personen, vor allem Polen, darunter ein Lehrer, zwei Priester, eine Adelsfamilie und die Dorfbewohner. Der alte Schäfer Kuba Dudek wird als Prototyp eines deutschkritischen Polen beschrieben, der eine baldige Wiederherstellung des polnischen Staates herbeisehnt. Der Neuankömmling Peter Bräuer verlässt nach drei Jahren nach mehreren unangenehmen Erlebnissen auch mit den deutschen Bewohnern entnervt wieder das Dorf.
Der Roman ist im naturalistischen Stil geschrieben, das heißt, Landschaften, Personen und Ereignisse werden detailliert, fast fotografisch, dargestellt.[1] Die Rheinländer sprechen in ihrem Heimatdialekt, die Polen in einem fehlerhaften und verkürzten Deutsch (das oft künstlich und konstruiert wirkt). Es fehlen emotionale und lyrische Passagen, wodurch der Roman sehr trocken wirkt.[2]
Die polnische Bevölkerung wird häufig mit unangenehm wirkenden Handlungen, wie häufigem Alkoholkonsum und nachlässigem Verhalten beschrieben, ohne dass dahinter eine nationalistische Absicht der Autorin steckte. (Auch die Deutschen sind in ihrem Verhalten nicht immer sympathisch.)
Historische Hintergründe
Die preußische Provinz Posen wurde 1772 aus dem bisherigen Gebiet Großpolen nach der polnischen Teilung gebildet. Die Bevölkerung blieb größtenteils polnisch, es gab dazu einige deutsche Verwaltungsbeamte in den Städten und einige angeworbene deutsche Siedler in den Dörfern. Ende des 19. Jahrhunderts vermehrte sich der Wegzug von Deutschen aus diesem Gebiet, vor allem auf Grund der ablehnenden Haltung der polnischen Bevölkerung ihnen gegenüber. Dieses wurde auch von der preußischen Politik als Problem angesehen.
In Schlesien gab es die Sage des schlafenden Heeres der Herzogin Hedwig aus dem 13. Jahrhundert, das bereit sei, wenn Polen in Not wäre, wieder aktiv zu werden.[3] Dieses Bild wurde von Clara Viebig als Titel ihres Romans gewählt, um das große Wutpotential in der polnischen Bevölkerung gegenüber der deutschen Herrschaft zu zeigen.
Werkgeschichte
Clara Viebig hatte mehrere Erfolgsromane veröffentlicht, Das Weiberdorf (1899), Das tägliche Brot (1900), Die Wacht am Rhein (1902), von denen der letzte das Zusammenleben von Rheinländern und Preußen im Rheinland nach der preußischen Annexion schilderte. Sie verbrachte die Sommermonate in dieser Zeit oft in der Provinz Posen bei Verwandten, wo ihr Vater in seiner Jugend lange gelebt hatte. Dabei beobachtete sie das Leben in diesem Gebiet.
1904 erschien Das schlafende Heer, zunächst in der Familienzeitschrift Über Land und Meer als Fortsetzungsroman¡ und dann im Verlag von Egon Fleischel & Co. in Berlin. Es war im Erscheinungsjahr eines der beiden meistgelesenen Bücher in Deutschland und wurde auch in den folgenden Jahren viel nachgefragt.[4] 1930 wurde das 43. Tausend als letzte feststellbare Auflage im Nachfolgeverlag Deutsche Verlagsanstalt herausgegeben. 1940 gab es noch einmal eine Neuauflage in einem anderen Verlag. In dieser Zeit war nach dem deutschen Überfall auf den jungen polnischen Staat wieder eine ähnliche Situation wie in dem Buch entstanden. 2017 und 2023 gab es die ersten jüngeren Neuauflagen des Buches.[5]
Es erschienen Übersetzungen in das Englische, Niederländische, Schwedische, Finnische und Italienische, aber wahrscheinlich nicht in das Polnische.[6]
Literatur
- Bibliographie der deutschen Rezensionen, 1905. S. 295
Literatur
- Rezensionen
- Hermann Anders Krüger: Moderne Frauenromane. In: Literarisches Zentralblatt für Deutschland, 1904, Sp. 189f., mit ausführlicher Rezension
- Georg Minde-Pouet: : Ein Ostmarkenroman. In: Das litterarische Echo, 1904/1905, Sp. 111–120
- Arthur Eloesser: Neue Bücher. In: Neue deutsche Rundschau. 10. 1904. S. 691–700, hier S. 698
- n.: Clara Viebig. Das schlafende Heer. In: Die Hilfe, 10, 1904, Nr. 16, S. 10
- Marie von Baranowska: Die Polen und Clara Viebigs Roman Das schlafende Heer. In: Freistatt. Süddeutsche Wochenschrift für Politik, Literatur und Kunst. 1904. S. 761–762
- Alois Stockmann: Die verbreitetsten Romane des letzten Jahres. In: Stimmen aus Maria-Laach. Katholische Blätter. 1905. S. 548–562
Weblinks
- Das schlafende Heer Archive, mit Digitalisaten
- Literatur über Das schlafende Heer WorldCat
- Literatur über Das schlafende Heer Deutsches Literaturarchiv Marbach
- Suche nach Das schlafende Heer. In: Deutsche Digitale Bibliothek
Einzelnachweise
- ↑ Spiąca armia, in pl, mit einigen ausführlicheren Beschreibungen des Lehrers, der Priester, der Adelsfamilie und des Schäfers
- ↑ Neue Frauenromane, in Zentralblatt für Literatur in Deutschland, 1909, weist darauf hin
- ↑ Oskar Kobel, Sagen aus Schlesien, Nr. 25, Das schlafende Heer der heiligen Hedwig Text
- ↑ Das literarische Echo, 1904/1905, mit Umfrage bei Bibliotheken
- ↑ DNB, mit einigen Ausgaben
- ↑ Ausgaben und Übersetzungen von Das schlafende Heer WorldCat, eine polnische Übersetzung ist nirgends feststellbar