Ahed Tamimi

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 21. März 2018 um 17:33 Uhr durch Feliks (Diskussion | Beiträge) (→‎Dokumentarfilm: Das ist mit hoher Wahrscheinlichkeit Zensur. Die gibt es da nämlich ganz offiziell., daher kein Mehrwert). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Ahed Tamimi (2016)

Ahed Tamimi (arabisch عهد التميمي&, DMG Ahad at-Tamīmī) (* 31. Januar 2001 in Nabi Salih, Palästinensische Autonomiegebiete) ist eine palästinensische antizionistische Aktivistin.

Leben

Ahed Tamimi wurde als Tochter von Bassem und Nariman Tamimi in Nabi Salih, einem kleinen Dorf, rund 20 Kilometer nordwestlich von Ramallah im Westjordanland geboren.[1][2][3]

Bewohner von Nabi Salih streiten sich schon viele Jahre mit israelischen Siedlern über die Landnutzungsrechte und haben dabei öfters gegen die Übernahme einer Wasserquelle und Badehöhle namens „Ein al-Qaws“ durch israelische Siedler in Halamish protestiert. Laut dem Journalisten Ben Ehrenreich gehörte diese Quelle und das umliegende Land seit Generationen der Familie Tamimi.[4][5][6] Im Laufe dieses Konfliktes versuchten die Siedler rückwirkend Baugenehmigungen für die Erschließung des Geländes zu erhalten. Diese wurden ihnen jedoch von israelischen Behörden verweigert, da die Antragsteller keinerlei Grundrechte an den betreffenden Grundstücken nachweisen konnten. Die israelische Armee reagierte auf Proteste in Nabi Saleh nach Darstellung von Al Jazeera mit Tränengas, synthetischem Skunksekret oder Wasserwerfern und schoss gelegentlich mit Gummigeschossen und auch scharfer Munition auf die Dorfbewohner. Dabei seien drei davon zu Tode gekommen und weitere dauerhaft verletzt worden.[7] Unter den Opfern war auch Aheds Onkel Rushdie. Mehrere hundert Bewohner von Nabi Saleh wurden bei solchen Angriffen verletzt.[5] Nach Angaben des Guardian wurden rund 140 Bewohner vom Nabi Saleh in Gewahrsam genommen [8] und zur Zahlung von zusammen umgerechnet mehreren tausend Dollar für Strafen und Kautionen verurteilt.[7]

Ahed Tamimis Vater beschreibt sie als Angehörige der zweiten Generation palästinensischer Kinder, die unter der Unterdrückung durch die Israelis aufwüchsen.[9] Laut Harriet Sherwood vom The Guardian hätten Bassem Tamimi und seine Kinder nie ein Leben ohne Kontrollen, Identifikationspapiere, Inhaftierungen, Zerstörung von Häusern, Einschüchterung, Demütigung und Gewalt gekannt. Mit zwölf Jahren wollte Ahed Tamimi Anwältin werden.[8] Nach Darstellung ihres Vaters sei sie im Haus eines Cousins in Ramallah geblieben, um dadurch die israelischen Checkpoints auf dem Schulweg vermeiden zu können. Außerdem hätte das Wohnhaus der Familie ursprünglich nach Protesten im Jahr 2010 abgerissen werden sollen und sei bis 2017 Ziel von mehr als 150 Militärinterventionen gewesen.[7]

Aktivismus

2012 bis 2016

Spätestens seit Dezember 2012 ist Tamimi in sozialen Medien im Hinblick auf Proteste gegen die israelische Siedlungspolitik im Westjordanland präsent.[10] Ahed Tamimi teilt dazu die Überzeugungen ihrer Familie, und sie wird von Kommentatoren widersprüchlich beurteilt. Sie ist davon überzeugt, dass organisierte Proteste gegen die israelischen Besetzer zu einer größeren Anerkennung des palästinensischen Kampfes um Autonomie führen würden. Ihre Bilder und Videos waren viral und haben internationale Aufmerksamkeit erhalten.[11][1]

Mit zwölf Jahren wurde sie international bekannt. Als ein israelischer Soldat ihren Bruder verhaftete, drohte Tamimi dem Soldaten mit ihrer Faust. Diese auf Bild festgehaltene Szene brachte ihr eine Einladung des damaligen türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdoğan ein.[11] Drei Jahre später geriet sie abermals in den Fokus der Öffentlichkeit, als sie einen israelischen Soldaten tätlich angriff und in die Hand biss, weil dieser ihren Bruder wegen Steinewerfens festnehmen wollte.[12][13][1]

Nachdem sie 2016 eingeladen worden war, in den USA an einer Vortragstour unter dem Titel „No Child Behind Bars/Living Resistance“ teilzunehmen, lehnte das Außenministerium der Vereinigten Staaten die Erteilung eines Einreisevisums ab.[14]

2017 bis 2018

Am 15. Dezember 2017 nahm Ahed Tamimi an der in ihrem Dorf seit 2009 wöchentlich stattfindenden Demonstration gegen die Erweiterung der benachbarten israelischen Siedlung teil, bei der rund 200 Palästinenser israelische Soldaten mit Steinen bewarfen. Einige der Demonstranten betraten dazu nach Armeeangaben auch das Haus der Familie Tamimi, wobei dies mit dem Einverständnis der Tamimis erfolgt sein soll. Die Armee drang daraufhin in das Haus ein, entfernte die Steinewerfer und ließ nach eigenen Angaben zwei Mann am Eingang zurück, um eine Wiederholung zu verhindern. Ahed Tamimi griff sodann zusammen mit ihrer Mutter und einer weiteren Verwandten die beiden israelischen Wachposten tätlich an, trat auf sie ein und schlug einem heftig ins Gesicht, ohne dass von Seiten des Militärs darauf eine Reaktion erfolgte. Nachdem eine Filmaufnahme des Angriffs im Internet Verbreitung fand, wurde Tamimi von Palästinensern als Heldin gefeiert.[15][16][17][18][19][1][15][20] Wenige Tage später wurden sie und ihre Mutter zuhause verhaftet. Das Haus wurde außerdem durchsucht und Aufzeichnungen zu den Übergriffen sichergestellt. 13 Tage nach der Verhaftung wurde vor einem israelischen Militärgericht Anklage in zwölf Punkten erhoben.[21][22][23] Der Prozess wurde auf März 2018 vertagt.

Nach Darstellung von Tamimis Vater Bassem wurde kurz vor Ahed Tamimis Tätlichkeit deren 15-jähriger Cousin Mohammed Fadl al-Tamimi aus nächster Nähe von einem israelischen Gummigeschoss schwer am Kopf verletzt. Die Armee erklärte zunächst, ihr lägen keine Erkenntnisse über einen Verletzten vor.[15] In sozialen Medien kursierten später Fotos, die den Cousin mit üblen Blessuren im Gesicht zeigen. Nach palästinensischen Angaben wurde er in ein künstliches Koma versetzt und kam einige Tage später wieder zu Bewusstsein.[24]

Rezeption

Ihre Anhänger sehen sie als Nationalheldin im Kampf gegen die israelische Souveränität über das Westjordanland. Gegner werfen ihr vor, Israel in Misskredit zu bringen.[1][10] Diese Behauptung wird von ihrer Familie belächelt.[25] Ihr Aussehen wird vom US-amerikanischen Journalisten Ben Ehrenreich als gegensätzlich zu dem in den Medien vermittelten Bild von Palästinensern beschrieben, da Ahed Tamimi wie ein amerikanisches oder europäisches Kind aussehe und deshalb die Bemühungen von Israelis zur ‚Entmenschlichung‘ von Palästinensern nicht funktionieren würden.[11] Kritiker, einschließlich des israelischen Parlamentariers Michael Oren, beschuldigen sie des Handelns in „amerikanischer Kleidung“, um Reaktionen der Soldaten zu provozieren.[11] Palästinensische Kommentatoren loben zwar einstimmig den Mut der jungen Frau, sind sich aber uneinig darüber, ob das Video ihrem Anliegen abträglich sein könnte, da die Unterdrücker als „sanft“ erscheinen, oder es im Gegenteil unterstützen, indem gezeigt wird, dass auch unbewaffneter Widerstand effektiv sein kann.[26]

In einem Interview mit der Guardian-Korrespondentin Harriet Sherwood aus dem Jahr 2013 sagte die damals zwölfjährige Ahed Tamimi: „Sie wollen Palästina befreien und als freie Menschen leben. Die Soldaten sind hier um die [israelischen] Siedler zu schützen und um uns daran zu hindern, auf unser Land zu gelangen.“ In einem Guardian-Artikel als Reaktion auf die Ereignisse Ende 2017 hält Sherwood die damaligen Kommentare und Antworten Tamimis für eingeprobt. Auch wenn das Mädchen behauptete, keine Angst vor den bewaffneten Soldaten in ihrer Gegend zu haben, wollte sie nicht in der Nähe eines militärischen Wachturms fotografiert werden.

Dokumentarfilm

Der von Jesse Roberts und Jesse Locke 2016 produzierte Dokumentarfilm „Radiance of Resistance“ zeigte Ahed Tamimi und die 5 Jahre jüngere Janna Jihad Ayyad.[27][28][29] Die staatliche Medienbehörde in Singapur untersagte im Februar 2018 die Aufführung des Films beim „Singapore Palestinian Film Festival“, da seine Darstellung verzerrt sei, den Konflikt schüre und zu Spannungen zwischen den Bevölkerungs- und Religionsgruppen im Land führen könne.[30][29]

Siehe auch

Wiedergabe des Nahostkonflikts in den Medien

Commons: Ahed Tamimi – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d e Eglash, Ruth: Israelis call her ‘Shirley Temper.’ Palestinians call her a hero. In: The Washington Post. 17. Dezember 2017, archiviert vom Original am 28. Dezember 2017; abgerufen am 30. Dezember 2017.
  2. Ahed Tamimi's Family Mocks Israel for Launching Secret Probe to Check if They Aren't Actors, Ha'aretz, 25. Januar 2018
  3. When the going gets tough, these Palestinian teens get on their skateboards, Irish Times vom 16. August 2014
  4. Jihan Abdalla, 'Settlers grab Palestinian water springs: U.N. report,' Reuters 19. März 2012
  5. a b Matthew Gindin 'Who Is Ahed Tamimi?,' The Forward 4. Januar 2018:’ The next generation of Palestinians, born to parents born to Occupation, reared on checkpoints and violent protest, anger, and humiliation, relatives maimed or imprisoned or killed and waking from PTSD dreams — how should Israel deal with these children?’
  6. Ben Ehrenreich, 'Is This Where the Third Intifada Will Start?,' New York Times Magazine
  7. a b c Jaclynn Ashly, 'Nabi Saleh: 'It's a silent ethnic cleansing',' Al-Jazeera 4. September 2017.
  8. a b Harriet Sherwood: Palestinian 16-year-old Ahed Tamimi is the latest child victim of Israel’s occupation In: The Guardian, 2. Januar 2018. Abgerufen am 4. Januar 2018 
  9. Omar Shariff, Ahed Tamimi: Defiant symbol of Palestine Gulf News 5. Januar 2018: ‘My daughter has spent her whole life under the heavy shadow of the Israeli prison — from my lengthy incarcerations throughout her childhood, to the repeated arrests of her mother, brother and friends, to the covert-overt threat implied by your soldiers’ ongoing presence in our lives. So her own arrest was just a matter of time. An inevitable tragedy waiting to happen.’
  10. a b Lawahz Jabari: West Bank Teen Ahed Tamimi Becomes Poster Child for Palestinians. In: NBC. 12. September 2015, abgerufen am 30. Dezember 2017.
  11. a b c d Yasmeen Serham: Who Is Ahed Tamimi. In: The Atlantic. 5. Januar 2018, abgerufen am 7. Januar 2018.
  12. West Bank Teen Ahed Tamimi Becomes Poster Child for Palestinians (Memento des Originals vom 28. Dezember 2017 im Internet Archive), 12. September 2015 
  13. This Viral Video Of an Israeli Soldier Trying to Arrest a Palestinian Boy Says a lot (Memento des Originals vom 28. Dezember 2017 im Internet Archive) In: The Washington Post, 31. August 2015 
  14. Israel arrests Palestinian girl Ahed Tamimi over viral video of soldier slapping In: USA Today. Abgerufen am 24. Januar 2018 (englisch). 
  15. a b c Palestinian girl lauded, arrested for confronting Israeli troops cbsnews.com (Memento vom 30. Dezember 2017 im Internet Archive)Vorlage:Webarchiv/Wartung/Linktext_fehlt, CBS News, 21. Dezember 2017
  16. Soldier-slapping Palestinian girl remanded for another 4 days, Times of Israel, 25. Dezember 2017
  17. Watch: IDF soldiers provoked but refrain from responding (Memento des Originals vom 29. Dezember 2017 im Internet Archive) In: Ynetnews, 28. Dezember 2017. Abgerufen am 30. Dezember 2017 
  18. Soldier-slapping Palestinian girl remanded for another 4 days, Times of Israel, 25. Dezember 2017
  19. ABBAS PRAISES FAMILY OF JAILED PALESTINIAN GIRL WHO SLAPPED SOLDIERS, JPost, 27. Dezember 2017
  20. Two Palestinian women in court over Israeli soldier slap video timesofisrael.com (Memento vom 1. Januar 2018 im Internet Archive)Vorlage:Webarchiv/Wartung/Linktext_fehlt, Times of Israel (AFP reprint), 21. Dezember 2017
  21. Yotam Berger: Israel Extends Detention of Palestinian Teen Who Was Filmed Slapping Soldier in Viral Video (Memento des Originals vom 29. Dezember 2017 im Internet Archive), 28. Dezember 2017 
  22. Israel extends detention of Ahd al-Tamimi, Palestinian teen activist who 'insulted' IDF soldiers. In: The New Arab. 26. Dezember 2017, archiviert vom Original am 29. Dezember 2017; abgerufen am 28. Dezember 2017.
  23. Palestinian teen activist could face prison after slapping Israeli soldier (Memento des Originals vom 20. Dezember 2017 im Internet Archive), ABC News, 20. Dezember 2017 
  24. Cousin filmed slapping soldiers with Ahed Tamimi indicted on assault timesofisrael.com (Memento vom 1. Januar 2018 im Internet Archive)Vorlage:Webarchiv/Wartung/Linktext_fehlt, 31. Dezember 2017, Times of Israel
  25. Palestinian girl lauded, arrested for confronting Israeli troops. Abgerufen am 28. Januar 2018 (englisch). „In an interview Wednesday, Bassem Tamimi praised his daughter as courageous, scoffing at criticism that she was an attention-seeking provocateur.“ 
  26. David M. Halbfinger in: The New York Times, 22. Dezember 2017
  27. Nirmal Narayanan, 'Singapore bans film featuring Palestine-Israel conflict in fear of unrest,' International Business Times 2018-01-24.
  28. 'Screening: Radiance of Resistance,' Khalil Sakakini Cultural Center 2017-03-26
  29. a b Kenneth Cheng: Film screening on Palestinian girls living through conflict cancelled due to ‘inflammatory’ narrative (Memento des Originals vom 3. Januar 2018 im Internet Archive) In: Today, 2. Januar 2018. Abgerufen am 3. Januar 2018 
  30. Fathin Ungku: Singapore bans film focused on indicted Palestinian teen activist, 3. Januar 2018