Offenmarktpolitik

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Die Offenmarktpolitik ist das wichtigste Instrument der Geldpolitik, mit dem die Zentralbank die Giralgeldschöpfung (durch die Geschäftsbanken) beeinflusst. Die Zentralbank bietet den Geschäftsbanken bestimmte festverzinsliche Wertpapiere zum Kauf an oder kauft selbst Wertpapiere von den Geschäftsbanken (Offenmarktgeschäfte).

Kaufen die Geschäftsbanken Wertpapiere von der Zentralbank, reduziert dies ihre Kontoguthaben bei der jeweiligen Zentralbank. Verkauft eine Geschäftsbank Wertpapiere an die Zentralbank, erhält sie im Gegenzug (Aktivtausch) Zentralbankgeld (bare, unbare Reserven), welche sie für die Erfüllung der Mindestreserven zu Kreditschöpfung verwenden kann.[1]

Die Offenmarktgeschäfte können insbesondere nach Wahl der Offenmarktinstrumente (z.B. befristete Transaktionen, Devisenswaps, endgültige Käufe), der Laufzeit der Instrumente, dem Durchführungsverfahren, dem Durchführungsrhythmus (regel- oder unregelmäßig) und dem Zuteilungsverfahren unterschieden werden.

Bei den Offenmarktgeschäften dominieren die so genannten befristeten Transaktionen, das sind solche Kreditgeschäfte bei denen die Zentralbank notenbankfähige Sicherheiten im Rahmen von kurzfristigen Rückkaufvereinbarungen unter variablen Zinssätzen kauft. Diese Hauptrefinanzierungsgeschäfte (Haupttender) erfolgen in Form von Pensionsgeschäften oder Pfandkrediten. Bei Pensionsgeschäften werden die Sicherheiten (i.d.R. Wertpapiere) von den Geschäftsbanken an die Zentralbank entsprechend der Laufzeit bis zur Rückkaufvereinbarung übertragen (auch in „Pension“ gegeben). Die Geschäftsbank erhält im Gegenzug liquide Mittel in Form von Zentralbankgeld (Sekundärliquidität). Bei Pfandkrediten bleiben die Sicherheiten im Eigentum der Banken.

Weitere Offenmarktgeschäfte sind längerfristige Refinanzierungsgeschäfte (Basistender), Feinsteuerungsoperationen und sonstige strukturelle Operationen.

Die Methoden zur Erstplazierung von Wertpapieren durch Ausschreibungen werden in Mengen- und Zinstender („Tender“ = Ausschreibung) unterschieden (Zuteilungsverfahren). Die (administrativen) Durchführungsverfahren unterscheiden sich in Standard- oder Schnelltenderverfahren und in sonstige bilaterale Geschäfte.

Offenmarktgeschäfte der EZB

Offenmarktgeschäfte sind die wichtigsten Instrumente der EZB und bilden den Mittelpunkt der Geldpolitik des ESZB. Sie dienen zur Steuerung der Zinsen, der Liquiditätslage und zum Aufzeigen des geldpolitischen Kurses. Durch die Offenmarktgeschäfte erhalten die Geschäftsbanken den Großteil ihres Geldes gegen die Verpfändung von Sicherheiten (z. B. Wertpapiere). Die Initiative zu Offenmarktgeschäften geht von der EZB aus.

Haupttender

Der Haupttender ist das Hauptrefinanzierungsgeschäft der Kreditinstitute, welches jede Woche mit i. d. R. einer Woche Laufzeit (bis Anfang 2004 zwei Wochen Laufzeit) von der EZB angeboten wird. Der Tender wird von den nationalen Zentralbanken durchgeführt. Er hat eine gewisse Signalwirkung für Banken. Mit der Begründung eines hohen Finanzierungsbedarfs der Banken zum Jahresende 2007 hat die EZB vorerst einmalig am 19. Dezember 2007 die Laufzeit wieder auf zwei Wochen erhöht. Der Grund dafür waren die bis auf 4,8 % gestiegenen Zinsen für EZB-Geld einerseits und die Tatsache, dass sich Banken untereinander aufgrund der Bankenkrise kaum noch Geld geliehen haben. Diese Verlängerung führte zu einer Zinssenkung am Geldmarkt bereits im Vorfeld.[2]

Basistender

Feinsteuerungsoperationen

Feinsteuerungsoperationen dienen der Liquiditätsbereitstellung bzw. Liquiditätsabschöpfung, um unerwarteten Veränderungen bei der Bankenliquidität entgegenzuwirken und so zu starke Zinsausschläge am Geldmarkt zu verhindern. Der Durchführungsweg erfolgt im Schnelltenderverfahren oder durch bilaterale Geschäfte.

Strukturelle Operationen

Strukturelle Operationen sind umfassende Maßnahmen zur grundsätzlichen und dauerhaften Beeinflussung der Liquiditätsposition des Finanzsektors gegenüber dem Zentralbanksystem.

Durchführungsverfahren

Standardtender

Der Standardtender ist ein im Eurosystem eingesetztes Tenderverfahren, das im Gegensatz zum Schnelltender innerhalb von 24 Stunden durchgeführt wird. Der Standardtender kann sowohl als Mengentender als auch als Zinstender durchgeführt werden. Er wird üblicherweise bei Hauptrefinanzierungsgeschäften (Haupttender) und längerfristigen Refinanzierungsgeschäften (Basistender) verwendet.

Schnelltender

Um Liquiditätsschwankungen schnell ausgleichen zu können, gibt es den Schnelltender, der zu den Feinsteuerungsoperationen der EZB gehört. Dies ist ein Ausschreibungsverfahren für die geldpolitische Feinsteuerung. Die Abwicklung solch eines Geschäftes und die Geldzuteilung erfolgt innerhalb von 1–2 Stunden und wird oftmals mit einer begrenzten Zahl von Kreditinstituten durchgeführt. Bei diesem Tender kann dem Markt Geld entzogen oder zugeführt werden. Er findet nur bei Bedarf statt. Die Vergabe kann auf bestimmte Geschäftspartner begrenzt werden.

Zuteilungsverfahren des Zentralbankgeldes

Die EZB führte ab dem 1. Januar 1999 bei der Zuteilung zunächst ein Mengentenderverfahren durch, wechselte jedoch aufgrund der Überbietungsproblematik am 27. Juni 2000 zum Zinstenderverfahren. Im Zuge der Finanzkrise wechselte die EZB im Oktober 2008 erneut zum Mengentenderverfahren.

'Daniel Ammon der Hurensohn

Zinstender

Mit dem Verfahren des Zinstenders kann die Zentralbank ihre Offenmarktgeschäfte durchführen. Die Zentralbank benennt die zu emittierende Geldmenge und legt darüber hinaus einen Mindestbietungssatz fest, das heißt den minimalen Zins, zu dem sie Offenmarktgeschäfte tätigt (als Signal für den geldpolitischen Kurs).

Die Geschäftsbanken geben dann ihre Zinsgebote ab.

Die Zuteilung des Zentralbankgeldes erfolgt nach dem Ende der Gebote:

amerikanischen Verfahren
bei dem alle Bieter des Tenderverfahrens zu dem Zinssatz bedient werden, zu dem sie jeweils geboten haben. Der niedrigste Zins, zu welchem noch eine (teilweise) Zuteilung erfolgt, ist der marginale Zinssatz. Die einzelnen Gebote zum marginalen Zinssatz werden hierbei im Verhältnis zum kumulierten Gebot gekürzt – man spricht von Repartierung. Bei diesem Verfahren erhalten die Banken mit den höchsten Zinsangeboten den Zuschlag, d. h. das Geld fließt zu den Banken, die es am nötigsten brauchen (Einführung einer Marktkomponente)
holländischen Verfahren
bei dem alle zum Zuge kommenden Bieter zum marginalen Zinssatz ("Zinssatz, bei dem die kumulierten Gebote größer sind als der vorgesehene Zuteilungsbetrag"[3]) bedient werden. Wie beim Mengentender wurden von den Banken oft unverhältnismäßig niedrige Zinsgebote abgegeben (sie mussten ja nur den marginalen Zinssatz zahlen).

Die EZB verwendete das amerikanische Zinstender-Verfahren. Im Zuge der Finanzkrise ist sie jedoch auf das Mengentender-Verfahren mit vollständiger Zuteilung umgestiegen.[4] Die Abwicklung erfolgt per OMTOS (OffenMarkt Tender Operations-System).[5]

Siehe auch

Weitere geldpolitische Instrumente von Zentralbanken:

Sonstiges:

Einzelnachweise

  1. Deutsche Bundesbank: Mindestreserve und Offenmarktgeschäfte (PDF) S. 175, S. 178. Abgerufen am 15. März 2013.
  2. NZZ – 1. Dezember EZB verdoppelt Laufzeit des Tendergeschäfts
  3. Bankazubis.de: Die Instrumente der Geldpolitik. Abgerufen am 15. Juli 2010.
  4. http://www.ecb.eu/press/pr/date/2008/html/pr081008_2.de.html
  5. http://www.bundesbank.de/omtos/omtos.php