„Neuromanik“ – Versionsunterschied
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Version vom 24. Januar 2010, 21:43 Uhr
Die Neuromanik, auch Neoromanik genannt, ist ein europäischer Kunststil des 19. Jahrhunderts. Künstler, vor allem Architekten, griffen damals auf Vorbilder der vergangenen zwei Jahrtausende zurück – in diesem Falle auf die Romanik. Daneben gab es jedoch auch Neugotik, Neorenaissance, Neubarock, Neurokoko und die Vereinigung mehrerer dieser Stilrichtungen in einem Werk (sog. Eklektizismus), die gemeinsam in der Stilgeschichte als Historismus bezeichnet werden.
Geschichte
Während im Mittelalter erst die Romanik und dann die Gotik kam, war es mit Neugotik und Neuromanik umgekehrt. Die Hinwendung von der Neugotik im frühen 19. Jahrhundert zur Neuromanik im ausgehenden 19. Jahrhundert hat in Deutschland damit zu tun, dass die Gotik als französischer Stil angesehen werden konnte. Die Romanik wurde als dem eigenen Land angemessener beurteilt. Wegbereiter waren Heinrich Hübsch und Rudolf Wiegmann in grundlegenden Veröffentlichungen.
Der Höhepunkt der Neuromanik ist 1891 mit dem Wiesbadener Programm über den evangelischen Kirchenbau anzusetzen. Der Stil reicht über das Ende des eigentlichen Historismus um die Jahrhundertwende hinaus bis in die 1920er-Jahre. Die Bautätigkeit der Neuromanik hatte ihren Schwerpunkt im Kirchenbau. Durch die Industrialisierung gab es in den stark wachsenden Städten dazu ein reiches Betätigungsfeld. Im katholischen Süden des deutschsprachigen Raumes ist der Stil dagegen seltener.
Stilistisch griff man nicht nur auf die Formelemente der Romanik in Westeuropa zurück, sondern verwendete auch die prächtigeren Formen des byzantinischen Stils. Auch in der Konstruktion der Kirchen blieb man nicht bei romanischen Grundrissen, sondern verwendete die fortschrittlicheren Prinzipien der Gotik, erkennbar an Kreuzrippengewölben und rechteckigen Grundflächen der Joche. Auch im Altarbau spricht man von Neuromanik. Da in der Romanik jedoch keine Altaraufbauten verwendet wurden, sind „neuromanische“ Hochaltäre oft im Grunde neugotische Altäre, die anstelle von Spitzbögen Rundbögen verwenden und auf Fialen verzichten. Das Fehlen historischer Vorbilder führte immerhin dazu, dass im historistischen Altarbau unter dem Etikett der „Neuromanik“ kreativ mit Formen und Aufbau umgegegangen wurde und entsprechende Altäre oftmals spielerischer erscheinen als jene der Neugotik.
Galerie
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Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, Berlin (Zustand um 1900)
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Heilig Kreuz-Kirche Gladbeck-Butendorf
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Langhaus der Stadtkirche Glarus
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Innenansicht von Saint-Pierre-le-Jeune catholique in Straßburg
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Synagoge Köln, 1895-1899
Bedeutende Bauten im neuromanischen Stil
Deutschland
- Burg Dankwarderode in Braunschweig
- Christuskirche in Altenmünster
- Dreifaltigkeitskirche in Offenburg
- Erlöserkirche in Bad Homburg vor der Höhe
- Erlöserkirche in Gerolstein
- Erzbischöfliches Ordinariat in Freiburg im Breisgau
- Friedenskirche Stuttgart (erhaltener Turm)
- Friedhofskirche in Wuppertal-Elberfeld
- Garnisonkirche St. Martin in Dresden
- Heilig Kreuz-Kirche in Gladbeck
- Johannes-Basilika in Berlin
- St.-Johannes-Evangelist-Kirche in Berlin
- Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in Charlottenburg (heute Berlin)
- Martinskirche in Hundersingen (mit kompletter historistischer Ausstattung)
- Matthäuskirche in Stuttgart
- Mausoleum von Schloss Bückeburg
- Preußisches Regierungsgebäude in Koblenz
- Oesdorfer- (St.-Petri-) Kirche in Bad Pyrmont
- Ringkirche in Wiesbaden
- St. Benno in München
- St. Cäcilia in Harsum
- St.-Elisabeth-Kirche in Stuttgart-West
- St. Maximilian in München
Frankreich
- Saint-Pierre-le-Jeune catholique in Straßburg
- Temple Neuf in Straßburg
- Temple Neuf in Metz
Großbritannien
Rumänien
Schweiz
- Stadtkirche in Glarus, erbaut 1863-1866 nach Plänen von Ferdinand Stadler
Ungarn
USA
- University of California, Los Angeles
- neuromanische Krypta der neugotischen National Cathedral Washington
China
- St.-Michaels-Kathedrale in Tsingtau (Qingdao), 1931-1934 nach Plänen von Alfred Fräbel
Literatur
- Heinrich Hübsch: In welchem Style sollen wir bauen? Karlsruhe : Müller, 1984. Repr. d. Ausg. Karlsruhe, Müller, 1828. mit e. Nachw. von Wulf Schirmer
- Rudolf Wiegmann: Bemerkungen über die Schrift "In welchem Style sollen wir bauen?" von Heinrich Hübsch. In: Kunstblatt 10, 1829, Seiten 173-174, 177-179 und 181-183.