Mascon
Mascons sind großräumige Bereiche erhöhter Gesteinsdichte unter der Oberfläche des Mondes. Die massereichsten von ihnen liegen im Bereich der großen runden Mondmeere auf der Nordhemisphäre- Der Name wurde vom englischen Wort Massenkonzentration (mass concentration) abgeleitet.
Die Dichte innerhalb eines Mascons liegt bei 3,3 g/cm³, für das umgebende Gestein dagegen bei 3,0 g/cm³. Die Masse aller Mascons macht zirka 0,01 bis 0,03 Prozent der Gesamtmasse des Mondes aus. Als negative Mascons werden Gebiete die eine geringere Dichte als die Umgebung aufweisen bezeichnet.
Die größten Mascons
Die fünf bedeutendsten Mascons liegen unter den großen runden Mondmeeren auf der erdzugewandten Seite (im Bild oben die roten Gebiete). Sie entstanden durch aufsteigendes Magma nach großen Einschlägen in der Frühzeit des Mondes. Kleinere Mascons gibt es auch auf der Mondrückseite, negative (blaue Gebiete) unter einigen sehr großen Einschlagkratern.
Die Mascons nach ihrer Größe gereiht sind:
- Mare Imbrium, größtes Mondmeer nordwestlich der Mondmitte
- Mare Serenitatis nordöstlich der Mondmitte (s.a. Abbildung rechts)
- Mare Crisium im Osten
- Mare Nectaris südöstlich der Mondmitte
- Mare Humorum im Südwesten.
Kleiner und unregelmäßiger sind: - Mare Humboldtianum (nordöstlicher Mondrand)
- Mare Orientale (großteils auf Mondrückseite)
- Mare Smythii (am Ostrand, s.a. Abbildung rechts)
- Ring um Riesenkrater Korolev (Mondrückseite)
- Region um Gagarin
- Region Mendel-Ryberg (Mondrückseite).
Negative Mascons (Massendefizite) sind unter vielen Wallebenen und Großkratern zu finden, u.a.:
- im südlichen Hochland die Wallebenen Bailly, Schickard, Clavius und benachbarte Großkrater wie Longomontanus und Maginus
- äquatornah auf der Mondrückseite u.a. Hertzsprung, Mendeleev und Ziolkowski
- und im südlichen Rückseiten-Hochland die Großkrater Apollo und Schrödinger
Entdeckungsgeschichte
Schon bei den ersten Mondsonden, die dem Mond umkreisten (Lunar Orbiter) wurden Bahnstörungen in Form regional stärkerer Bahnkrümmung entdeckt, was die Astronomen auf Störungen in der Massenverteilung des Mondes hinwies. Nur bei einer kugelsymmetrischen Masseverteilung umkreist ein Satellit den Himmelskörper auf einer elliptischen Bahn, die unregelmäßigen Umläufe der Sonden konnten somit nur mit Schwereanomalien erklärt werden. Später kartografierte die Lunar-Prospector-Mission diese Gebiete und erstellte eine detaillierte Karte der Mascons.
Entstehungstheorien
Da Mascons unterhalb von Einschlagskratern und Maria liegen, geht ihre Entstehung auf die Zeit des Letzten Großen Bombardements vor ca. 4 bis 3,8 Milliarden Jahren zurück. Riesige Meteoriten stürzten in dieser Ära auf den Mond und durchbrachen dessen Gesteinskruste. Das aufsteigende Magma ergoss sich über die Mondoberfläche und formte so die Maria, unterhalb entstanden die Mascons. Manche Wissenschafter nehmen an, dass die Mascons Überbleibsel der Eisenkerne dieser Meteoriten sind, andere gehen von Lavablasen aus, die infolge der Einschläge aufstiegen.
Messungen der Apollo-Missionen lassen hingegen vermuten, dass die runden Becken zuerst nur teilweise mit Magma gefüllt wurden. Diese Basaltmassen (Gesteinsdichte 3,3 g/cm³) sanken im umgebenden Krustengestein (2,9 - 3,4g/cm³) soweit ein, bis isostatisches Gleichgewicht erreicht war. Das Schichtpaket erstarrte dann, sodass spätere Basaltergüsse, die die Maria bis zur heutigen Höhe auffüllten, nicht mehr zur Isostasie gelangten und nun Massenüberschüsse darstellen. Im Zentrum der runden Maria ist die Basaltschicht etwa 25 km dick, zu den Rändern nimmt sie ab.
Die unregelmäßig geformten Mondmeere weisen hingegen keine Mascons auf und sind weniger tief. Sie sind wahrscheinlich gleichzeitig mit den obersten Lavaergüssen der runden Maria entstanden, die dorthin überflossen.
Mascons auf der Erde?
Unterhalb der großen Einschlagkrater auf der Erde wie beispielsweise unter dem Nördlinger Ries sind keine Massenkonzentrationen nachgewiesen worden. Es wird vermutet, dass der durch den Flug in der Atmosphäre aufgeheizte Kern beim Aufschlag verdampfte oder sich die Trümmerstücke beim Aufprall großflächig verteilten. Auch reicht die Erdkruste wesentlich tiefer als die frühere Mondkruste und wurde nicht wie bei der Entstehung der Marebecken durchschlagen.
Literatur
- Unser heutiges Bild vom Mond, "Die Naturwissenschaften" Aug.1974
- Marco Gregnanin et al.: Mapping lunar mascons on the hidden side of the Moon - Gravitational field measurement through a micro-satellite mission. S. 572-583, Acta Astronautica, Vol. 65, Iss. 3-4, 2009