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Seite:Die Gartenlaube (1891) 804.jpg

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1891)

welcher die Segelleine anziehend dem Spötter den Rücken kehrt, macht darob ein grimmiges Gesicht, während seine Gefährten die Sache von der heiteren Seite nehmen.

„Per bacco, so geht es mit jungen Ehemännern,“ meint wohl der Häuptling, der „Capo“ der kleinen Gesellschaft, mit dem vom Strohhute beschatteten Gesichte. „Hätte ich Beppo nicht selbst aus seiner Koje geholt, er wäre jetzt noch nicht hier!“

„Ostia, mir ginge es um kein Haar besser,“ entgegnet der Mann am Steuer lachend. „Uebrigens, Glück bringt Glück, wer weiß, ob Memmo, der seine Backen so weit aufthut, sein Netz voller bekommt als wir!“

Ja, wer weiß, und wenn auch nicht, was liegt daran? „Ist’s heute nicht, so ist’s morgen,“ denkt das leichtlebige Völkchen, dem die Sorge für das Uebermorgen kaum in den Sinn kommt. Wozu auch? Das Leben kostet so wenig! Die Hauptnahrung spendet das Meer in unerschöpflicher Fülle; ein paar Soldi für die goldgelbe Polenta als Zuthat, für einige Cigaretten und einen Schluck Nostrano (Landwein) als Würze trägt auch der magerste Fang. Die Holzschuhe dauern eine ganze, die übrigen Stücke der Kleidung mit Hilfe irgend einer nadelkundigen Schönen eine halbe Lebenszeit aus, um das Obdach aber bangt den glücklichen nicht, da die alte Barke im Nothfall der ganzen Bemannung Unterschlupf bietet.

F. Schifkorn. 

Bleifressende Larven. Untersucht man die Leckstellen der Bleirohre in unseren Haushaltungen, so findet man mitunter, daß der Urheber des Schadens – ein Insekt war. Solche Fälle sind schon öfters beobachtet worden und neuerdings wird ein weiterer von K. Hartmann im „Gesundheits-Ingenieur“ mitgetheilt. Man entdeckte einen lebenden Holzwurm, der mit dem Kopfe in der Wandung einer Bleiröhre steckte. Der betreffende Theil des Rohres war in einem Holzstiel gelagert und von dort aus war das Blei angefressen worden, indem sich der Wurm von außen nach innen einen etwa 7 mm langen und 4 mm breiten Kanal gebildet hatte.

An Bleiröhren und Bleiplatten vergreifen sich in dieser Art auch gewisse Holzwespen und die sogenannten „Bleiwürmer“ aus der Familie der Hartflügler.

Es giebt verschiedene Mittel, sich vor solchen unerwarteten Feinden zu schützen. Der Wurm bohrt sich vom Splint des Holzes nach der Rinde hin durch und frißt dann das Blei an; es ist darum zweckmäßig, die Rinde des gespaltenen Holzes vom Blei abzuwenden, also nach außen zu verlegen. In altem trockenen Holze finden sich die Thiere überhaupt nicht vor.

Gegen Bleivergiftung sind diese Insektenlarven augenscheinlich gefeit. * 

Damenkapelle. (Zu dem Bilde S. 800 u. 801.) Der Eintritt in ein Mädchenpensionat pflegt sonst den Angehörigen des stärkeren Geschlechts nicht eben leicht gemacht zu werden, und wenn einem Vater, Bruder, Onkel, Vetter oder Freund je das Glück hold ist und ihm die Wege in das Innere eines solchen Hauses ebnet, so pflegt es ihn doch nicht über den offiziellen Empfangssalon der Vorsteherin hinauszuführen. Emanuel Spitzer aber, der Urheber unseres Bildes, muß nothwendig im Besitze des „Sesam, thu dich auf!“ gewesen sein, vor dem sich auch die intimeren Gemächer der sonst so streng gehüteten Erziehungsanstalt erschlossen. Fast möchte man vermuthen, daß auch noch eine Tarnkappe hinzukam. Denn nur so ist es zu erklären, wie der Künstler zu einer so verblüffend naturwahren Aufnahme einer toll ausgelassenen Mädchenschar gelangen, nur so ist es zu erklären, daß er sie im ungetrübtesten Sichgehenlassen belauschen konnte. Man glaubt den betäubenden Lärm der klappernden Blechdeckel, den dumpfdröhnenden Ton der Gießkanne, untermischt mit drei, vier sich streitenden Liedermelodien, mit Gekicher, Gelächter, Pusten, Kreischen und dem herzzerreißenden Geheul des Pinschers, aus dem Bilde herauszuhören, so daß man versucht ist, mit beiden Händen sich die Ohren zuzuhalten und im Namen dieser rasenden Bacchantinnen ängstlich nach der Thür zu spähen, ob die gestrenge Frau Vorsteherin nicht ihren zürnenden Kopf hereinsteckt.

Ottilie Wildermuth. In unserer Zelt, da die Erzeugnisse der schönen Litteratur, im besonderen der erzählenden, wie die Pilze aus der Erde schießen, kann man oft die wehmüthige Beobachtung machen, daß Autoren und Werke, welche vor einer verhältnißmäßig kurzen Reihe von Jahren noch der allgemeinsten Bewunderung und Hochschätzung sich erfreuten, vollständig in Vergessenheit gerathen, gleichsam hinweggeschwemmt werden von der übermächtigen Hochfluth des Neuen, ohne daß dieses doch Neue immer der inneren Berechtigung sich rühmen dürfte, an die Stelle des guten Alten zu treten. Eine Schriftstellerin, welche diesem Anprall der nachdrängenden Litteraturwogen bisher in geradezu bewundernswerther Weise Stand gehalten hat, welche heute gelesen wird und heute entzückt, wie sie vor einem Menschenalter verschlungen wurde und zündete, welche heute noch in vielen Herzen den ersten Platz unter den Schriftstellerinnen zwar nicht unbestritten, aber trotzdem erfolgreich behauptet, ist Ottilie Wildermuth.

Für das Leben einer litterarischen Persönlichkeit, deren Werke nicht mehr gelesen werden, pflegt nur der Litterarhistoriker Sinn und Zeit zu haben. Umgekehrt, wenn den persönlichen Geschicken eines lange nicht mehr unter den Lebenden weilenden Autors in den weitesten Kreisen aufmerksames Interesse entgegengebracht wird, so darf man gewiß sein, daß auch die Werke dieses Autors noch einen breiten Boden im Volke haben. So mag man es als einen Beweis für die unverminderte Anziehungskraft Ottilie Wildermuths ansehen, daß, als vor nunmehr drei Jahren ihr Lebensgang in der Schilderung ihrer Töchter erschien, dieses Buch eine ganz außerordentliche, heute noch fortschreitende Verbreitung unter der gesammten deutschen Lesewelt fand.

Eine einheitliche Gesammtausgabe ihrer Werke, an der es bis heute merkwürdiger Weise fehlte, hat, von der Tochter Adelheid Wildermuth besorgt und von Fritz Bergen illustriert, soeben zu erscheinen begonnen, und zwar in fünfundsiebzig Lieferungen, welche in vierzehntägigen Fristen ausgegeben werden. Sie darf der freundlichsten Aufnahme im deutschen Hause zum Voraus sicher sein.

In diesem Zusammenhange möge eines andern Vermächtnisses von Ottilie Wildermuth gedacht sein! Der „Jugendgarten“, den sie einst gegründet hat, erscheint heuer zum sechzehnten Male, herausgegeben von ihren Töchtern Agnes Willms und Adelheid Wildermuth. Neben den beiden Schwestern, welche mit je einer Erzählung vertreten sind, haben C. Neumann Strela, Martin Claudius, Carl Cassau, Clara von Sydow, C. Michael, A. Freimut, Anna Fromm, V. Rein, Anna Klie, Richard Roth, Luise Jüngst, H. Fischer, Luise Pichler u. a. Beiträge geliefert, während die Verlagshandlung für eine reiche und gefällige Ausstattung Sorge getragen hat.




Kleiner Briefkasten.
(Anfragen ohne vollständige Angaben von Namen und Wohnung werden nicht berücksichtigt.)

W. S. aus Königsberg. Die freigebige Berliner Stelle, welche für eingesandte Briefmarken als Gegengabe Geschenke vertheilt, ist uns leider auch nicht bekannt. Vielleicht meldet sie sich aber auf diese Anzeige hin. Im übrigen ist uns nur bekannt, daß abgestempelte Briefmarken zu gunsten der Missionen und der Waisenversorgung gesammelt werden.

Lehrer R. in H., Württemberg. Für Ihre freundliche Mittheilung der unfreundlichen Aeußerungen über die „Gartenlaube“ unsern besten Dank! Gegen Angriffe von dieser Seite sind wir längst gänzlich abgestumpft.

R. U. in O. Dagegen giebt es kein Mittel. Die Pockennarben lassen sich nicht entfernen.

A. D. in R. Von Goethes „schöner Mailänderin“, die in dem heigelschen Roman „Baronin Müller“ erwähnt ist, finden Sie ein gutes Bild nach Goethes eigener Zeichnung in dem „Goethestrauß“, den Robert Keil im Verlag der Deutschen Verlagsanstalt zu Stuttgart herausgegeben hat.

L. H. V. Die Frage, welches stenographische System sich am besten bewährt, wird von den Anhängern der verschiedenen Systeme je in ihrem Sinne beantwortet; das Gabelsbergersche hat bis jetzt jedenfalls äußerlich die größte Verbreitung gewonnen.



Inhalt: Ein Götzenbild. Roman von Marie Bernhard (11. Fortsetzung). S. 789. – Venetianische Fischerbarke. Bild. S. 793. – Reinhold Begas. Von Ludwig Pietsch. S. 796. Mit Abbildungen S. 789, 796, 797 und 798. – Der höhere Standpunkt. Von E. Werner (1. Fortsetzung). S. 799. – Damenkapelle. Bild. S. 800 und 801. – Blätter und Blüthen: Zum Gedächtniß eines Menschenfreundes. S. 803. – Venetianische Fischerbarke. Von F. Schifkorn. S. 803. (Zu dem Bilde S. 793.) – Bleifressende Larven. S. 804. – Damenkapelle. S. 804. (Zu dem Bilde S. 800 und 801.) – Ottilie Wildermuth. S. 804. – Kleiner Briefkasten. S. 804.




Unseren kunstsinnigen und kunstliebenden Lesern empfehlen wir die Anschaffung der soeben in unserem Verlage erschienenen


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Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig. Druck von A. Wiede in Leipzig.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1891).Leipzig: Ernst Keil, 1891, Seite 804. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1891)_804.jpg&oldid=- (Version vom 20.11.2023)