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RE:Ius privatum

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Recht des einzelnen, Recht im Dienst d. Staatserhaltung
Band X,2 (1919) S. 12891290
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Ius privatum und publicum. Ius privatum ist das von den Staatsangelegenheiten abgesonderte Recht, dessen Benutzung den einzelnen vorbehalten und von den Bedürfnissen der Staatserhaltung unabhängig ist. Ius publicum (= ad populum pertinens, non ad singulos) ist dagegen das Recht, das der Staatserhaltung dient und daher auch in diesem Sinne anzuwenden ist. Diese beiden Rechtsgruppen sind die Grundlagen (positiones) für eine vernünftige Rechtsverteilung, Inst. 1, 4. Dig. I 1, 1, 2. I 2, 2, 46. Liv. III 34, 6. Gell. X 20, 2. Plin. ep. I 22, 2. VIII 14, 1. Cic. Brut. 59, 214; orat. partit. 37, 130. Hierzu gehören nicht bloß Rechtsnormen, sondern auch rechtserzeugende Privatakte, z. B. ein pactum conventum oder eine stipulatio. Cic. orat. part. 37, 131. Sieht man freilich in dem Namen des ius publicum nicht einen Hinweis auf den Inhalt, sondern auf die Quelle des Rechts, so bezeichnet ius publicum das von Staats wegen anerkannte Recht, zu dem auch die Sätze des ius privatum gehören, also ein rechtliches Staatsgebot, eine staatliche Rechtsnorm oder einen Staatsvertrag, Cic. orat. part. 37, 131. Dig. XXIV 1. 7, 6. XXVI 1, 8.

Man nimmt gewöhnlich eine dritte Bedeutung des Wortes ius publicum an, bei der es weder einen Gegensatz des ius privatum bedeutet, noch auch einen weiteren, das ganze ius privatum umfassenden Begriff. In diesem Sinne sieht man in ihm den Inbegriff der Sätze, deren Inhalt Privatleute nicht durch Abreden entrinnen können, das sog. zwingende Recht, Dig. II 14, 38. Ius publicum privatorum pactis mutari non potest. Dahin gehören z. B. Vorschriften über die Formen des Eigentumserwerbs. Den Gegensatz nennt man dann ius subsidiarium (= pactis subsidiarium), auch hypotheticum oder nachgiebiges Recht, z. B. Normen über die Höhe der Verzugszinsen u. dgl. Bülow (Archiv f. Civ. Praxis Bd. LXIV 1ff.) hat jedoch dieser Deutung der l. 38 cit. widersprochen. Wenn ein Rechtssatz in erster Linie einen Vertrag zuläßt mit der weiteren Vorschrift, daß, falls ein solcher fehlt, ein gewisser Rechtsinhalt gelten soll, so enthält dann der Vertrag schlechterdings keine Abänderung (mutare) eines solchen Satzes, sondern vielmehr eine von ihm erlaubte Anwendung. Ius publicum bedeutet also auch in Dig. II 14, 38 lediglich den Begriff des Staatsgebots und nicht den (allerdings vorhandenen) Begriff des unbedingten [1290] Rechts, d. h. der Rechtsnormen, die ohne Rücksicht auf irgend welche Parteibestimmung Geltung verlangen.

Über das Verhältnis des ius publicum zum ius sacrum s. Ius sacrum. Literatur bei Windscheid-Kipp Pandekten⁹ § 30 S. 125.