Die Gartenlaube (1889)/Heft 33
[549]
No. 33. | 1889. | |
Illustrirtes Familienblatt. – Begründet von Ernst Keil 1853.
Der Cavig hatte in der That beim Heraustreten aus seinem
Hause den einsiedlerischen Mönch vom Crestalta getroffen, der
auf seinem Grauthier gekommen war, seinen italischen
Landsmann und Glaubensgenossen aufzusuchen.
Fra Battista, ein alter, doch noch immer
rüstiger Mann mit kahlem Scheitel, langem
weißen Bart und freundlichen Zügen, aus denen
die Aeuglein ebenso gutmüthig wie klug hervorleuchteten, gehörte
einem der Bettelorden an. Seine härene Kutte
war so abgenutzt und mit Flicken besetzt, daß
man deren eigentliche Farbe ebenso wenig wie
die des Strickes, der sie gürtete, erkennen konnte.
Abgesehen davon schien der Mönch mit seinem
vierbeinigen Gefährten keinen Mangel zu leiden,
denn sein Antlitz zeigte eine gesunde Farbe und
sein Maulthier war rund und wohlgenährt. Er
hatte dasselbe an einen vor dem Hause befindlichen
Pflock angebunden, den leeren Sack, für
den zu erbettelnden Eßvorrath bestimmt, sorgsam
über den Rücken des Thieres gebreitet
und war alsdann geradeaus, auf wohlbekanntem
Wege, in das Krankenzimmer gegangen. Hier
fand er den Bergamasker aufrecht im Bette sitzen,
wohlversorgt mit weichen Kissen im Rücken, und er begrüßte den
Genesenden mit frohen Worten. Während Mutter und Tochter
in der Wohnstube in ernster Zwiesprach weilten,
schüttete Beppo in seiner Herzenseinfalt dem
guten, theilnehmenden Mönch sein Herz aus
und vertraute ihm sein neues großes Glück wie
in einer Generalbeichte an. Fra Battista mußte
dies mit großer Freude vernommen haben, denn
als Mutter Barbla und Aninia endlich in die
Stube traten, sahen sie, wie der Mönch die Hand
segnend auf das Haupt Beppos gelegt hatte.
„Euch hat der Herr zu guter Stunde hergeführt, frommer Mönch,“ sagte Mutter Barbla. Dann ging sie ohne jede weitere Einleitung in ihrer kurzen Weise auf ihr Ziel los und fuhr also fort. „Man sagt, daß Ihr Mönche von Eurem Papst in Rom das Recht erhalten habt, zu binden und zu lösen; daß, was Ihr im Namen Gottes zusammengebt für das Leben, durch die Menschen nicht getrennt werden darf. Antwortet mir, Fra Battista, ist es also?“
Der Mönch war über diese unerwartete und so bedeutsame Frage nicht weniger erstaunt als das junge Paar,
[550] besonders Aninia, die mit weit offenen Augen die Mutter anstarrte, als ob sie zurückschrecke vor dem, was der Rede folgen konnte. Da antwortete Fra Battista:
„So ist es, gute Frau Barbla. Wie ich von Gott und dem heiligen Vater durch meine geistlichen Oberen die Macht und das Recht erhielt, die Sünden zu lösen, so kann und darf ich auch binden für das Leben, was Menschen nicht mehr trennen können. Doch wozu diese Frage?“
„Das sollt Ihr sogleich vernehmen, kurz und bündig,“ sprach Mutter Barbla weiter. „Mein Mann hat heute vormittag vor der versammelten Pfarrgemeinde diese hier, mein Kind Aninia, mit dem Franzosen-Peider verlobt – brauchst noch nicht zu zittern, Beppo,“ rief sie dem jählings Erblassenden zu, der eine Schreckensbewegung machte. „Höre mich nur ruhig an! – Mich, sein Weib, die Mutter unseres Kindes, hat er dabei nicht gefragt, und ich habe ihm gesagt, daß ich in den Bund nicht einwilligen würde – oder die Aninia müßte es so wollen. Doch das Mädchen liebt den da, den armen Hirten aus Eurem italischen Lande, und da ich ihn für einen braven wackeren Burschen erkenne, mein Kind glücklich machen will und dazu auch ein Recht habe, so willige ich in diesen Bund. Und somit frage ich Euch weiter: Wollt Ihr, Fra Battista, kraft Eures Amtes, die beiden hier zusammengeben für das Leben? – Heute noch? – Morgen dürfte es vielleicht zu spät dazu sein.“
Der Mönch zauderte; es war auch ein gar bedenkliches Ansinnen. Da warf er einen Blick auf das junge Paar, das sich weinend umschlungen hielt, dann auf die Frau mit den starren Zügen, die mit finsteren Blicken auf ihn niederschaute. Endlich sprach er, seinem Bedenken Worte leihend: „Doch der Cavig – was wird der dazu sagen?“
„Haha!“ lachte Frau Barbla grell und höhnend auf. „Auch Ihr fürchtet ihn? Aber sagt: heischt nicht Euer priesterliches Amt, Gott mehr als die Menschen zu fürchten? Und wenn ich Euch nun sage, Fra Battista, ich, die Ihr als ehrliche und wahrhafte Frau kennt: der Cavig ladet sich eine Todsünde aufs Gewissen, wenn er seine Tochter auf diese Art dem Franzosen-Peider giebt!?“ Sie hatte die letzten Worte in sehr bedeutsamem Tone gesprochen. Dann folgte ein Schweigen. Fra Battista richtete die klugen Augen auf sie, die ihn unverwandt ansah. Er hatte verstanden, denn am Vormittag war er ein stiller Zeuge der Gerichtsverhandlung gewesen. Und so wiegte er nur sinnend das Haupt, als Frau Barbla eifrig fortfuhr: „Ihr dürft ungescheut den Segen über die beiden hier aussprechen, ja, Ihr müßt es, um Sünde zu verhindern, und Gott selbst wird’s Euch lohnen, wenn Ihr hier ohne Menschenfurcht handelt.“
„Ihr verlangt Schweres von mir,“ entgegnete der Mönch, „und es wäre wohl besser für mich, Nein zu sagen. Aber Ihr habt mir Worte gesagt, die ich nicht überhören darf. Sei es denn in Gottes Namen! Holt mir das Schreibzeug Eures Mannes, damit ich Euch die nöthige Urkunde anfertigen kann.“
Frau Barbla hatte schon die Stube verlassen. Jetzt warf sich Aninia weinend Fra Battista zu Füßen, seine Hand an ihre Lippen führend und mit Thränen des Dankes benetzend. Der alte Mönch hob das Mädchen empor und legte ihm segnend die Rechte auf das Haupt. Während er die freie Hand Beppo reichte, sprach er mit tiefbewegter Stimme:
„Vor dem Herrn erniedrige Dich, und mit Deinem Dank flehe ihn an um seinen Segen! Er möge in seiner Gnade allzeit bei Dir und Deinem Erwählten sein, in Eurem jungen Glück – wie im Leid Eurer Prüfungszeit, die Euch nicht erspart bleiben wird; er erleuchte und stärke Euch, wenn die Nacht des Duldens, wenn Bangen und Zweifel über Euch kommen werden; seine Barmherzigkeit sei mit Euch – und mit uns allen! Amen!“
Frau Barbla war während der Zeit wieder eingetreten, sie hatte das Verlangte auf den Tisch niedergelegt und stand nun da, die Hände gefaltet, die Augen voll Thränen. Ihr Mutterherz schlug gewaltig und ihr ganzes Sein erbebte in tiefer Ergriffenheit, denn sie hatte die Bedeutung der Worte des Mönches wohl verstanden und wußte, daß die Prüfungszeit ihres Kindes hart, wohl kaum zu ertragen sein würde.
Fra Battista hatte den geknoteten Strick von seinem härenen Gewande losgenestelt und mit diesem die Hände des jungen Paares umwunden. Der arme – glückliche Beppo lag auf seinem Lager wie von einem seligen Traume befangen. Seine Augen leuchteten wie verklärt, und dennoch irrten seine Blicke fragend von einem zu dem andern, als ob er noch immer zweifle an dem, was ihm da so plötzlich Herrliches geschah. Er, ein armer, unwissender Hirte, sollte das schönste und reichste Mädchen des Engadins als Weib sein eigen für das ganze Leben nennen? Es war auch zuviel des Glücks, und hätte er es in seiner vollen Kraft erlebt, es würde ihn überwältigt, daniedergeworfen haben. Trafen seine Blicke die Aninias, erkannte er die beseligende Freude, welche das liebe Gesicht noch liebreizender erscheinen ließ, so zog es wie himmlische Ruhe in die Seele des armen Burschen ein, und nur ihr überließ er sich, tief und erleichtert aufathmend. Der Mönch hatte nach einem kurzen stummen Gebet also zu den beiden geredet:
„Die Stola des Priesters, welche die Stricke bedeutet, mit denen unser Herr und Heiland gebunden wurde, mag der Strick ersetzen, der unserem Ordenskleide verliehen ist.“ Dann sprach er die üblichen lateinischen Gebete, erläuterte dem Paare die schöne Symbolik der durch einen Theil des priesterlichen Gewandes umschlungenen Hände, und wie diese Umschlingung den im Namen des Herrn, unter dem Schutz und Segen der Kirche nunmehr geschlossenen Ehebund bedeute, den fortan kein Menschenwille mehr trennen könne.
Ohne Aufforderung sanken Mutter und Tochter im Verein mit dem Diener Gottes in die Kniee. Beppo hatte die Hände gefaltet und sprach halbleise ein einfaches Gebet, das ihn wohl als Kind die Mutter gelehrt hatte. In seiner Einfalt vermochte er keine andern Worte zu finden als die, welche ihn von seinem ersten Denken an bis heute begleitet hatten.
Fra Battista erhob sich zuerst, und während Aninia mit einem von Freudenthränen halb erstickten Jubelruf Beppo, der jetzt ihr Gatte geworden war, um den Hals fiel und ihm rückhaltlos den ersten Kuß seines Weibes gab, trat der Mönch an den Tisch und schrieb die Urkunde über die vollzogene Trauung nieder, die er zugleich als Priester und als Zeuge unterzeichnete. Aninia, herbeigerufen, schrieb mit fester Hand ihren Namen; doch Beppo, – der brave glückliche Beppo, vermochte nur mühsam ein Kreuz hinzumalen. Mutter Barbla, wenn auch nicht schreibkundig, war doch imstande, ihren Namen in groben Zügen unter die Schrift zu setzen, und alle Förmlichkeiten waren erfüllt. Die schöne, reiche Gold-Aninia, die Tochter des stolzen Cavigs und Ammanns Gian Madulani, war das Weib des armen Bergamasker Schäfers Beppo geworden.
Der Mönch steckte das inhaltschwere Papier zu sich mit den Worten: „Die Urkunde nehme ich an mich, am nächsten Sonntag erhaltet Ihr sie zur rechten Stunde.“
Zu ihm, doch noch mehr zu dem jungen Ehepaar gewendet, sagte Mutter Barbla, jedes Wort scharf betonend: „Bis zum Sonntag soll und darf der Vater nichts von dem erfahren, was hier vorgegangen ist; erst dann, vor der Kirche und vor der versammelten Pfarrgemeinde, im Angesicht des Himmels soll es offenbar werden!“
Dann umarmte sie heftig Aninia und Beppo, der jetzt auch ihr Sohn geworden war, und verließ mit dem Mönch die Kammer, die Neuvermählten sich selbst und ihrem jungen Glücke überlassend. –
Fra Battista bestieg sein Grauthier, nachdem er ihm aufmunternd den Hals geklopft und gestreichelt hatte. Der wohlerzogene Genosse seiner Einsamkeit verstand die Aufforderung, schüttelte ein paarmal den dicken Kopf und setzte sich sofort in einen vergnügten Trab. Fra Battista lenkte ihn aber vom Weg nach dem Crestaltahügel ab und geradeswegs am Ufer des Surleybaches hin nach Silvaplana zu. Der gute Bruder war weit entfernt, die heitere Stimmung seines Trägers zu theilen, vielmehr schaute er steif zwischen dessen beiden wackelnden Ohren durch, eine Beute von sehr wechselnden Empfindungen, unter denen die bedenklichen bald die Oberhand behielten. Hatte er nicht doch seine Befugniß stark überschritten, indem er sich zu einer Handlung des Mitleids fortreißen ließ, ja, war denn überhaupt die Form nur gültig, unter der er diese Ehe geschlossen hatte? Fra Battista streifte mit ungestümem Ruck die Kapuze von dem heißen Haupt zurück und murmelte zwischen den Zähnen: „Ich konnte nicht anders! Der hochwürdige Herr Bischof hätte selbst nicht anders gekonnt. Aber ich muß schleunigst zu ihm und seine Genehmigung erbitten, damit die Ehe nicht mehr angefochten werden kann! – Es wird mit der Zeit reichen! – Keine drei Tage brauche ich [551] über den Julier abwärts hin – übermorgen bin ich in Chur – dann bleiben mir fast vier Tage zur Rückkehr, die aufwärts allerdings etwas länger dauern wird. Doch am Sonntag, zur rechten Stunde, werde ich zur Stelle sein und müßte ich die Nächte dafür zu Hilfe nehmen!“
Dann trabte er weiter, durch Silvaplanas Gassen, dem Saumpfad folgend, der sich in weiten Schlangenlinien die felsige Bergwand des Juliers zu der nicht allzu fernen Paßhöhe bei den beiden altrömischen Säulen hinanzog.
Als Gian Madulani am späten Abend heimkehrte, befand er sich in einer nicht gewöhnlichen Aufregung. War der viele genossene Wein, den sein zukünftiger Schwiegersohn ihm vorgesetzt hatte, die Ursache hiervon – oder war es der große Schatz an blinkenden Goldstücken und kostbaren Pretiosen, den er geschaut – wie er zuvor im Leben nie etwas Aehnliches gesehen hatte? Letzterer mußte wohl hauptsächlich so mächtig auf ihn eingewirkt haben, denn sein erstes Wort zu Hause galt diesem goldenen Schatz, der nun bald bei ihm einziehen werde und den er seinem Weibe in einer gierigen Freude zu schildern suchte. Barbla hörte ihm theilnahmlos zu und ließ ihn ungehindert weiter reden. Anfangs achtete Madulani nicht darauf, endlich mußte es ihm auffallen, er stutzte und schaute sein Weib mit gerunzelten Brauen an. Eine Pause entstand; er erinnerte sich wohl jetzt des Gespräches wieder, das er vor seinem Ausgange mit Barbla geführt hatte, und plötzlich eine höhnische Lache aufschlagend, rief er:
„Schon gut! – Du und das Mädel, Ihr sollt mir schon kirre werden, wenn Ihr schaut, was vor meinen Augen glänzte und funkelte. Für jetzt bleibt’s bei der Abmachung, und Du wirst Deine Pflicht thun, für das, was die Braut zur Trauung nöthig hat, sorgen – den festlichen Hochzeitsschmaus werde ich später selber anordnen.“ Da wiederum keine Antwort erfolgte, fragte er mit jäh aufsteigendem Zorne: „Hast Du, wie ich befohlen, der Aninia alles mitgetheilt? – Und nun antworte – oder –!“
Jetzt öffnete Frau Barbla die Lippen und mit einer auffallenden Ruhe antwortete sie:
„Brauchst Dich nicht zu ereifern, Gian; ich habe dem Mädchen alles gesagt, wie Du es befohlen hast, und am nächsten Sonntag führe ich sie Dir vor der Kirche zu. Doch nun laß uns zur Ruhe gehen, es ist spät in der Nacht.“
„A – ah!“ keuchte es aus Madulani mit einer grimmigen Freude hervor. „Also doch – sie haben alle beide Vernunft angenommen und ich kann ruhig sein.“ Dann folgte er seinem Weibe, das bereits die Stube verlassen hatte.
Eine Woche voll Unruhe und innerer Sorge war den Bewohnern des Madulanischen Hauses vorübergegangen und der verhängnißvolle Sonntag gekommen, der eine schwerwiegende Entscheidung bringen mußte. Beppo hatte sich überraschend schnell erholt, dank seiner unverdorbenen und kräftigen Natur; aber auch das große Glücksgefühl hatte gewiß seinen Antheil an der glücklichen Veränderung in dem Wesen des Burschen. Das Lager hatte er schon seit einigen Tagen verlassen dürfen, um im Zimmer umherzugehen oder auch, wenn Madulani nicht daheim war, auf Aninia gestützt, einen Gang ins Freie zu machen. Doch sein Obdach verließ er nicht, zum heimlichen Aerger des Cavigs, der gewaltsam an sich hielt und sich zur Beruhigung sagte: „Es ist nur bis zum Sonntag, dann muß er hinaus, und geht er nicht von selbst, jage ich ihn mit dem Stock davon!“ Mit keinem Wort erwähnte er der bevorstehenden Trauung; er sah Aninia, die wie von einem stillen Glück verklärt im Hause umherging, und da er das Mädchen durch die Mutter unterrichtet wußte, da diese ihm fest zugesagt hatte, Aninia am Sonntagvormittag zu rechter Stunde dem Vater vor der Kirche zuzuführen, so dünkte ihm diese stille Heiterkeit seiner Tochter ein gutes Zeichen, und er beruhigte sich vollständig. Stumm und ernst wie immer ging er seiner Wege und hütete sich fast ängstlich, ein Wort zu reden, das diese scheinbar freudige Ergebung in seinen Willen hätte stören können. Was er wollte, geschah, und diese Gewißheit genügte ihm.
Eine seltsame Wandlung war mit dem Franzosen-Peider während dieser Woche vorgegangen, wenn dieser auch aus Furcht vor seinem künftigen strengen Schwiegervater kaum wagte, dies auch nur mit einem Worte laut werden zu lassen. Seit er der Angst um sein Leben ledig, der Hand Aninias gewiß war, hatte deren Besitz merkwürdigerweise nach und nach den Hauptreiz für ihn verloren. So lange er für seinen Hals fürchten mußte, schien ihm Aninia ein heißbegehrtes Ziel; aber nun? Auf Lebenszeit in dem armen Hochthal sitzen bleiben, seine Kunst vergessen, die ja hier niemand würdigen und – bezahlen konnte, die geplante Reise nach Wien aufgeben sammt allen Hoffnungen auf einen Posten in der kaiserlichen Hofküche, den ihm seine seltene Geschicklichkeit sicher verschafft hätte! Peider hatte bei allen diesen Erwägungen ein Gefühl, als drücke man ihm sachte die Kehle zu. War er einmal verheirathet, so mußte er nach Surley in das Haus des Cavigs ziehen, so hatte es dieser bestimmt, und dort wohl auch die Hantierung seines bäuerlichen Schwiegervaters treiben. Das war fatal – sehr fatal! und gab seinem nicht ganz auf rechtmäßige Weise gewonnenen Glück einen Beigeschmack wie von – „bittern Mandeln“. Und dann, war die Aninia wirklich und sogar mit Freuden auf eine Heirath mit ihm eingegangen? Daran kamen ihm auch allerhand Zweifel. – Der alte Madulani hatte es ihm wohl gesagt, sogar hoch und theuer versichert – und dennoch gemeint, es wäre besser, die beiden Frauenzimmer für diese Woche in Ruhe zu lassen, da sie vielerlei für die Trauung und Hochzeit zu besorgen hätten. Am Sonntag würde sein Weib Barbla ihm schon nach Brauch und Herkommen die festlich geschmückte Braut vor der Kirche zuführen, und dann wäre er der Herr.
So war es gekommen, daß der Peider an dem für seine Zukunft entscheidenden Sonntag, wenn auch wie ein Prinz geputzt, doch ohne besonderes Behagen in Begleitung seiner Freunde und fast aller Bewohner von Sils-Baseglia nach Surley zog. Je näher er dem Orte kam, wo er sein Glück empfangen sollte, je unerfreulicher wurde ihm zu Muth, und in einer Stimmung langte er dort an, die für keinen Bräutigam, am allerwenigsten aber für den des schönsten und reichsten Mädchens des ganzen Engadins paßte.
Vor der Kirche hatte sich wohl eine gleich zahlreiche Menge wie am Sonntag vorher versammelt, aber diesmal hatte sie ein festlicheres Ansehen, denn die Frauen und Mädchen, welche beim Gericht der geschworenen Männer hatten im Hintergrund bleiben müssen, drängten sich jetzt so viel als möglich nach vorne, um die Braut zu sehen. Madulani befand sich mit den angesehensten Einwohnern der verschiedenen Ortschaften in der Kirche, die wegen ihrer Kleinheit nur wenige Personen fassen konnte, weshalb die Trauung durch den Geistlichen in der offenen Kirchthür und unter freiem Himmel stattfinden sollte. Der Cavig hatte vor dem Verlassen seines Hauses verstohlen, doch scharf nach den nöthigen Vorbereitungen für das anbefohlene festliche Mittagessen ausgeschaut, an dem, des beschränkten Raumes halber, außer der Familie nur noch der Bräutigam theilnehmen sollte; – das eigentliche Hochzeitsfest gedachte er wie üblich später auf der Wiese, natürlich unter Beihilfe von Peiders Dukaten, abzuhalten. Zwar brodelte es stark auf dem Herde, und seine Schwester, die Büssin stand nebst der Magd hantierend dabei, doch dies wollte ihm kaum genügend erscheinen. Eine Frage zu stellen, erlaubte sein Stolz ihm nicht, denn das hieße ja, an der Ausführung seines Befehls zweifeln.
Endlich, auf der Schwelle der Hausthür, vermochte er sich doch nicht mehr zurückzuhalten; er wandte sich nach seiner Frau hin und sprach aus, was ihm so lange auf der Zunge gelegen hatte: ob die Anstalten auch hinlänglich seien. Sonst könne ja die Büssin wohl bis Mittag noch mancherlei anrichten.
„Sorge Dich nicht,“ entgegnete Frau Barbla kurz, „es wird reichen für uns und für noch manchen andern und gut werden wie an allen Festtagen. Geh’ Deiner Wege, und ist es an der Zeit, läutet die Glocke, werde ich mit Aninia zur Stelle sein.“ Darauf hin verließ Madulani sein Haus und schritt dem an seiner Wohnstätte vorüber fließenden Surleywasser entlang der Kirche zu.
Mit nicht geringem Herzklopfen weilte währenddem Aninia in der Stube bei ihrem Gatten.
Beppo war, wenn auch noch etwas schwach, doch sonst wieder genesen. Er hatte seine einfache Gewandung angelegt, die von Mutter Barbla und Aninia so gut wie möglich hergerichtet und auch in einzelnen Theilen durch neue bessere Stücke ersetzt worden [552] war. In seiner ärmellosen Felljacke, einem groben, doch reinen Hemde, mit dem dichten schwarzgelockten Haare sah er verhältnißmäßig stattlich und dabei sehr hübsch aus, denn seine Züge, seine Augen verklärte eine strahlende Freude. Beppo hatte in seines Herzens Einfalt keine Ahnung, welchem schweren Augenblick er entgegenging.
Aninia trug ihr gewohntes Sonntagskleid, das wohl reich und hübsch war, doch nichts von dem Staate einer Braut hatte. Ihre Züge zeigten Ernst und Entschlossenheit, sie war sich der Lage voll bewußt. Doch hoffte sie auch, daß der Vater, nachdem er gehörig getobt, sich in das nun einmal nicht mehr zu Aendernde fügen werde.
Während Aninia ihren Beppo noch einmal voll Inbrunst umarmte und, an seinem Halse hangend, ihm Liebe und Treue gelobte, was auch über sie kommen würde, saß die Mutter in dem Nebenraum, den Kopf auf die Brust gesenkt, die Hände in ihren Schoß gefaltet, wie in Gebet – oder in tiefes Sinnen versunken.
Da ertönten die ersten Glockenschläge, und nun schnellte sie von ihrem Sitze empor, fest richtete die hagere Gestalt sich auf und schritt auf die Kammer zu, in der ihre Kinder weilten. Die Thür stieß sie auf und rief mit energischer Stimme hinein:
„Kommt! es ist an der Zeit! – und Gott der Herr mag mit uns allen sein!“
Dann verließen die drei das Haus und schlugen den Weg nach der nahen Kirche ein.
Unter der Kirchenthür auf der erhöhten Schwelle stand hoch aufgerichtet der Cavig Gian Madulani in nicht geringer Aufregung, die zu bekämpfen und nicht sichtbar werden zu lassen, er sich die größte Mühe gab. An seiner Seite hielt sich der Geistliche. Einige der begütertsten Einwohner der Dörfer umgaben als nähere Freunde und Zeugen den Brautvater. Vor dieser Gruppe befand sich, eingeschlossen durch den dichten Ring der in nicht geringer Spannung harrenden Pfarrgenossen, ein weiter, freier Raum für die Hauptpersonen der ernsten Handlung, welche sich nun entwickeln mußte.
Die rechte Seite in diesem freien Kreise nahm Peider mit seinen Freunden ein, und mit dem Cavig schaute er erwartungsvoll nach dem Dorfe hin, von wo die ersehnte und – gefürchtete Braut herankommen mußte.
Die Glocke läutete immer fort, doch diesmal, wenn auch nur mit ein und demselben Tone, in lustigem, bald raschem, bald langsamem Klingeln. Da ging plötzlich ein Murmeln des Staunens durch die Menge, denn die Erwarteten kamen heran.
Der Cavig, welcher sie von seinem erhöhten Standpunkt aus zuerst gesehen hatte, veränderte die Farbe, seinen ganzen mächtigen Körper überlief ein Zittern, von einem Ingrimm erzeugt, der sich in leise gemurmelten Flüchen Luft machte. Die sündigen Worte galten ihm selbst und seiner Sorglosigkeit, daß er, seinen Willen unantastbar glaubend, seinem Weibe alles – alles allein überlassen habe. Und er hatte alle Ursache dazu, denn das, was seine Augen sehen mußten – was nun auch die ganze Pfarrgemeinde sah, war etwas Unerhörtes – doch noch lange nicht so unerwartet, unglaublich und ungeheuerlich wie das, was er bald hören – von seinem eigenen Weibe hören sollte.
Die dichte Kette der Anwesenden hatte sich an der Seite nach dem Dorfe zu geöffnet, um drei Personen durchzulassen, die nun in dem Kreise standen. Es waren Frau Barbla und Gold-Aninia, die wie die Mutter wohl in ihren Sonntagskleidern einherging, aber nicht im geringsten geputzt und geschmückt war, wie sich dies für eine Braut geziemt hätte. Die dritte Person, welche das allgemeinste und größte Aufsehen erregte, war Beppo, der Bergamasker Schäfer, in seiner zottigen Bärenjacke, im übrigen aber so sauber und anständig, daß seine schmucke Persönlichkeit im Verein mit den hübschen, bleichen Zügen vortheilhaft hervortrat und manchem jungen Mädchen einen unterdrückten Ruf freudiger Bewunderung entlockte. Er ging zwischen den beiden Frauen einher, stützte sich sogar, noch immer sichtlich schwach und angegriffen, auf Frau Barblas Arm, während seine freie Hand – und das war das Unerhörteste, Unbegreiflichste! – die Rechte Aninias hielt.
Das Murmeln der Menge gestaltete sich bereits zu einzelnen lauten Worten, Reden der höchsten Verwunderung, als der Cavig mit grimmiger Gebärde Ruhe heischte und mit bebender Stimme auf sein Weib einzureden beginnen wollte. Doch Frau Barbla kam ihm zuvor, sie trat einen Schritt weiter in die Mitte vor und rief, indem sie ihre blitzenden Augen scharf in die ihres Mannes bohrte:
„An mir ist die Reihe zu reden, Gian! Du hast am vergangenen Sonntag als Vater unseres Kindes gesprochen, heute spricht die Mutter, welche vor Gott und den Menschen ein gleiches Recht auf ihr Kind hat wie der Vater. – Ist’s nicht so, Landsleute?“
Die letzten Worte hatte sie an die ringsum Versammelten gerichtet, und was ihnen nun folgte, ließ zum zweitenmal jeden Laut auf den Lippen ihres Mannes erstarren: im Anfang ihrer Rede war ein tiefes Schweigen rings im Kreise eingetreten, jetzt aber begann das wirre Summen und Sprechen von neuem und stärker, lauter als vorhin; von verschiedenen Seiten rief es – und dabei waren die Frauenstimmen in überwiegender Anzahl und am deutlichsten vernehmbar: „Mutter Barbla ist im Recht! – Sie hat hier auch ein Wort mitzusprechen, so gut wie der Vater! – Sie soll reden! – reden!“
Nun hielt sich der Cavig nicht länger; mit seiner mächtigen Stimme den Lärm übertönend, schrie er, jetzt schon bebend vor Wuth, seinem Weibe zu:
„Bist Du etwa gekommen, um gegen die von mir beschlossene Heirath des Mädchens mit dem Peider dort einen Widerspruch zu erheben, so hast Du mich belogen, denn Du sprachest mir Deine Billigung dafür aus. Spare also jetzt die Worte! oder bei Gott dem Allmächtigen –“
Der Geistliche und die Freunde Madulanis bemühten sich, den Tobenden zu beschwichtigen, während Frau Barbla, den Ausfall ihres Mannes nicht beachtend, sich an die Menge wandte.
„Das Recht der Mutter habt Ihr anerkannt,“ so sprach sie mit fester Stimme und durchaus ruhig, „nun hört mich an und urtheilt, ob die Anklage meines Mannes gerechtfertigt oder eine falsche ist.“
Dann fuhr sie unter lautloser Stille fort: „Ich habe dem Gian gesagt, daß ich in die Heirath mit dem Peider willigen würde, wenn mein Kind damit einverstanden sei. Doch Aninia hatte bereits gewählt, und da mein Kind eine freie Bündnerin ist, über ihr eigenes Schicksal zu bestimmen hat, wie jedes Mädchen der Pfarrgemeinde an gleichem Alter, so habe ich, die Mutter, ihre Wahl nicht allein gebilligt, sondern ihr auch – um jedem weiteren Streit zuvorzukommen – den Mann ihrer Wahl durch einen Priester seines Glaubens, den Mönch von dem Crestalta, als Gatten antrauen lassen. An ihrer Seite seht Ihr ihn; es ist Beppo, der Schäfer, den sie sich erwählt und der seit jenem Sonntagabend ein Recht hat, die Aninia vor Gott und den Menschen sein Weib zu nennen!“
Der Lärm, welcher sich nach diesen Worten erhob, war ungeheuer, die Bewegung unter der Menge, die Wuth des Cavigs, das laute Hinüber- und Herüberschreien der beiderseitigen Freunde machte für Minuten jede Verständigung unmöglich. Madulani war erdfahl geworden und stand anfangs da wie von einem Blitzstrahl gerührt; dann schoß er empor und mit geballten Fäusten, ein entsetzliches Fluchwort ausstoßend, wollte er sich auf sein Weib stürzen, doch die Männer, welche ihn umringten, hielten ihn mit Aufwand aller ihrer Kräfte zurück. Aninia, welche zuerst Beppo umfangen gehalten hatte, war mit dem Aufschrei „Mutter!“, ihren Gatten mit sich ziehend, zu dieser geeilt, sich Schutz suchend an ihren Hals zu klammern, die entsetzten, thränennassen Blicke auf den schier sinnlos vor Wuth tobenden Vater gerichtet. Und in der Menge rief es wüst durcheinander:
„Die Mutter und die Aninia haben recht gethan! – sie ist eine freie Bündnerin und darf wählen, wen sie will!“
Waren es hier besonders die Stimmen der Mädchen und der Burschen die sich hervorthaten, so schrie ein Theil der Männer:
„Die Heirath ist ungültig! – der katholische Mönch hat kein Recht, eine reformirte Bündnerin zu trauen!“
Doch blieben diese und ähnliche Rufe in der Minderheit – es wurden ihrer sogar immer weniger, während die zustimmenden sich mehrten, stärker und stärker erklangen, bis endlich die Aeußerungen der Gegenpartei vollständig in ihnen untergingen.
Das waren köstliche Maientage, so sonnenhell und prächtig wie nur je! Lieblich duftete der Flieder, im Hag schluchzte die Nachtigall, das saftige Grün der jungen Bäume sproßte üppig hervor und wandelte die Straßen zu breiten Alleen; überall herrschte Frohsinn und heiterer Lebensgenuß. Nur in einem Jünglingsherzen weckten „diese tausend Stimmen der erwachenden Natur“ neuen Kummer, neue Schwermuth. Die „sinnende Melancholie“ war diesem Jüngling schon in die Wiege gelegt worden, seine Braut hieß Qual und sein Erbtheil war die Sorge . . .
Er nannte sich Nikolaus Lenau.
An einem wunderlieblichen Maientage des Jahres 1820 sehen wir diesen Dichterjüngling mit seinem Freunde Fritz Kleyle zum ersten Male nach dessen Wohnung gehen. Noch nie hatte Fritz seinen schwermüthigen Niki dazu bewegen können, ihn im Hause seines Vaters, des alten Hofraths Kleyle, zu besuchen. Heute an diesem seligen Frühlingstage war’s ihm endlich gelungen. Und als nun die beiden Freunde in der schönen Villa auf der Landstraße zu Wien einen langen Gang durchschritten, kamen sie an einem Fenster vorüber, welches ihnen in den Gartensaal Einblick gewährte. Dort aber saß des Herrn Hofraths schönes Töchterlein Sophie und kämmte ihr langes, braunes Haar. Ueberrascht hielt Lenau inne; sein Herz durchzuckte eine mächtige Bewegung, dann ging er weiter. Hatte er eine Ahnung davon, daß dieses weibliche Wesen dermaleinst so mächtig in sein armes Leben eingreifen werde?
Freilich sollten noch dreizehn schicksalsschwere Jahre vorüberrauschen, ehe er Sophie zum zweitenmal sah, Jahre des Hangens und Bangens, unglücklicher Liebe, verrathener Hoffnungen, grausamer Enttäuschungen! Als Lenau Sophie Kleyle zum erstemale sah, war er ein schwermüthiger Jüngling – als er ihr zum zweitenmale entgegentrat, war er ein lebensmüder Mann …
Zu spät! Das war das Verhängniß seines Lebens. Ob sich dieses glücklicher gestaltet haben würde, wenn er Sophie damals schon kennen gelernt hätte? Wer vermag das zu entscheiden! Er selbst aber glaubte es fest und bestimmt. So wollen auch wir es glauben.
Und abermals an einem sonnenhellen, prächtigen Maientag – am 12. Mai des Jahres 1889 – trugen sie in Wien Sophie zur letzten irdischen Ruhestätte. Sie hat also Lenau fast um vierzig Jahre überlebt und ist selbst achtundsiebzig Jahre alt geworden. Still und treu hat sie nur noch der Erinnerung an den Dichter gelebt. Erst bei ihrem Tode wurde es bekannt, daß sie überhaupt noch bis in diese Tage gelebt hatte. Sie verdient es, daß wir heute einen Immortellenkranz der Erinnerung auf ihr Grab legen.
Sophie Kleyle wurde 1830 die Gattin des österreichischen Ministerialsekretärs Max v. Löwenthal, eines vielseitig gebildeten, dichterisch beanlagten Mannes, mit dem sie in glücklichster Ehe lebte. Poesie und Kunst waren die Genien ihres Hauses, als im Herbst 1833 Nikolaus Lenau dasselbe zum erstenmal betrat. Von da ab beginnt eine Wendung in ihrem Geschick. Es muß ein überwältigender Eindruck gewesen sein, den die beiden vom ersten Augenblicke an auf einander ausgeübt haben. Und dieser Eindruck ging nicht flüchtig vorüber, er blieb haften und steigerte sich endlich zu einer starken, heißen Liebe.
Heute darf es ja gesagt werden, wo der kühle Rasen die sterbliche Hülle der edlen Frau birgt: es war eine stürmische, heiße Liebe, die sie dem theuren Dichter entgegenbrachte, ohne daß sie aber dabei ihre weibliche Ehre geopfert oder ihre Gattenpflicht vernachlässigt hätte. Und sie forderte von Lenau gleiche Liebe. Sie forderte, daß er ihr sich ganz zu eigen gebe mit dem Bewußtsein, daß sie ihm nie werde angehören dürfen. Aus diesem Widerstreit entstand das unglückselige Verhältniß, das beide wie eine Kette zwölf Jahre lang mit sich schleppten.
Es erscheint ungerecht, der Frau allein die Schuld an diesem Verhältniß beizumessen, wie das wiederholt geschehen ist. Ich kenne aus einer Quelle, die aufs genaueste unterrichtet ist, die Art und Weise dieser Beziehung: „Der kennt Lenau schlecht, der da sagt, sie hätte ihm nach den ersten vier Wochen den Abschied geben müssen. Noch schlechter beurtheilt aber der den Charakter des Dichters, der da glaubt, daß ein auf anderer als der Grundlage der reinsten Sittlichkeit beruhendes Verhältniß ihn auf die Dauer an Sophie gefesselt hätte. Es war eben sein Verhängniß – er mußte daran zu Grunde gehen, aber glauben Sie mir, sie hat noch mehr als er gelitten und getragen!“
So sagte mir ein Freund Lenaus, der ihn und Sophie kannte. Und so ist es auch gewesen, so erscheint uns dies Verhältniß, wenn wir die einzelnen Stadien desselben verfolgen. Es war ein Akt seltener Selbstverleugnung und wahrhaft hochherziger Gesinnung, daß Sophie 1854 schon dem Schwager Lenaus, Anton Xaver Schurz, mehr als 120 Briefe des Dichters an sie ausfolgte, die ihre Beziehungen zu Lenau charakteristisch und treu darstellen. Aus diesen Briefen lernen wir Lenau und seine Muse genau kennen.
Im Jahre 1835 fängt die Korrespondenz an. Die ausschlaggebende Stimmung Lenaus ist die inniger Neigung, großer geistiger Abhängigkeit und aufrichtiger Verehrung, die Sophiens krankhafte Liebe und glühende Eifersucht. Nach Lenaus Briefen gewinnt allerdings die Sache den Anschein, als habe Sophie ihn mit ihrer Krankheit und Eifersucht furchtbar gequält. Dieses Bild ist aber nur ein einseitiges, da uns ja die Briefe Sophiens an Lenau fehlen, die der Dichter in den ersten Tagen seines Wahnsinns verbrannt haben soll. Ein einziger ihrer Briefe ist erhalten; er ist bezeichnend für ihren Geist und ihre Auffassung Lenaus, er kann auch für die übrigen zeugen. Es heißt darin u. a.: „Neulich sah ich auf der Donau, was mich heftig und schmerzlich an Sie mahnte. Ein armer Slowak oder Landsmann von Ihnen, ein Wallfahrer, wie deren neulich eine ganze Schiffsladung bei Maria-Taferl ertrunken ist, trieb in einem kleinen Kahne auf der Donau. Im ärmlichen Zwilchkittel stand er in seinem Fahrzeuge und ruderte lässig dahin und dorthin, planlos, und schaute mit seinem dunklen, schwermüthigen Blick den bewegten Wellen nach, unbekümmert um die Leute am Ufer, die seinem wunderlichen Treiben zusahen. Seinen Hut mußte er weggeworfen haben, den bloßen Kopf setzte er der glühenden Sonne aus. Kein Kleidungsstück, kein Brot, kein Fleisch hatte er in seinem Kahne, nur einen vollen großen, grünen Kranz, den er an seinem Pilgerstab im Vordertheil des Schiffchens wie eine Flagge befestigt hatte. War das nicht das Bild eines echten Dichters, Ihr Bild, lieber Niembsch? Haben Sie nicht auch im Leben so herumgetrieben? Im leichten Kahne auf dem wilden, dunklen Strome, nach keinem Ufer ausblickend, mit weggeworfenem Hute und nur den Kranz bewahrend statt allen irdischen Gutes? Und wenn die anderen besonnenen, klugen Leute sorgfältig die Schlafmützen und Hüte und alle Arten von Kopfbedeckungen auf ihre Schädel stülpten, haben Sie nicht Ihr edles, schönes Haupt der Sonne und den Blitzen, dem Schnee und den Stürmen preisgegeben, von dem schönen, grünen, ewig grünen Kranze umschlungen, aber nicht geschützt? O die glatten, schlanken Lorbeerblätter schmücken die Stirne nur, sie behüten sie nicht, sie halten die Unbill dieser rauhen Zeit nicht ab, und darum, darum sind Sie krank! Ich habe ihm lange nachgesehen, dem armen Landmann und an seinen Landsmann gedacht mit quälender Sehnsucht!“
So war, so schrieb Sophie. Und Lenau? Hören wir einen seiner Briefe an die Freundin: „Seien Sie heiter und reißen Sie sich, wenn es noch nicht geschehen, für immer aus dieser fatalen Stimmung . . . Soll ich Ihnen alles aufzählen, was Sie berechtigen kann, ja verpflichten muß, sich am Leben zu freuen? Ich thu’ es nicht, weil ich überhaupt nicht gern lobe, hier aber um so weniger gern, als ich Ihnen lieber eine kleine Strafpredigt halten möchte. Nur eins halte ich Ihnen entgegen: Ihre hohe sittliche Würde, deren Bewußtsein Ihnen ein ewiger Quell stiller Freuden sein muß, wie sie andern, die das Glück Ihres Umgangs genießen, und namentlich mir eine Quelle der Freude ist und eines der erheiterndsten Momente meines Lebens. Ich denke nie ohne inniges Behagen an Ihren stillen, festen Wandel. Seien Sie heiter, wenden Sie sich nicht feindselig ab von sich selbst! Daß Sie Ihre Welt in Ihren Kindern finden, ist schön, und ich habe das immer so hoch geachtet an Ihnen, aber lassen Sie sich die übrige Welt nicht allzufern rücken und hören Sie nicht auf, diese Welt zu [555] lieben, denn Sie erziehen ja Ihre Kinder für diese Welt. Und somit ist meine Predigt zu Ende, möge es auch Ihr Trübsinn sein und Ihr verwünschter Zahnschmerz!“
Ach, sie hatten es beide nöthig, sich Muth und Trost zuzusprechen, denn ihre Lage war keineswegs erfreulich. Nur in ihren Kindern fand Sophie diesen Muth, und nur seine Lieder gewährten Lenau jenen Trost. Die schönsten dieser Lieder aber aus jener Zeit sind an Sophie gerichtet. Der Abschnitt in seinen gesammelten Gedichten, der „Sophie“ – in einigen Ausgaben „Liebesklänge“ – überschrieben ist, enthält wohl das Reinste und Lieblichste, was seine Muse geschaffen hat, Lieder wie „Einsamkeit“, „Wunsch“, „Traurige Wege“ u. a., die leben werden, so lange die Sprache lebt, in der sie gedichtet worden sind. An der Spitze aber dieser Sammlung steht das Gedicht an Sophie, welches die Geschichte dieser unglücklichen Liebe enthält:
„Ach, wärst du mein, es wär’ ein schönes Leben!
So aber ist’s Entsagen nur und Trauern,
Nur ein verlornes Grollen und Bedauern;
Ich kann es meinem Schicksal nicht vergeben.
Undank thut wohl und jedes Leid der Erde;
Ja! meine Freund’ in Särgen, Leich’ an Leiche,
Sind ein gelinder Gram, wenn ich’s vergleiche
Dem Schmerz, daß ich dich nie besitzen werde.“
Wenn behauptet worden ist, Lenau hätte es ja stets in seiner Hand gehabt, sich von dieser Beziehung zu lösen, so ist das wohl richtig, allein die Thatsache, daß er dies nicht gethan, ja auch nie versucht hat, spricht doch dafür, daß dieses Verhältniß nicht gerade eine so drückende Fessel für den Dichter gewesen ist. Vor allem aber ist dabei der große und wichtige Einfluß nicht in Anschlag gebracht worden, den Sophie auf Lenaus geistiges Leben, auf sein dichterisches Schaffen ausgeübt hat. Zeugnisse dieses Einflusses bietet jede Seite seiner Briefe. „Sie haben sich“ – schreibt er einmal – „mildernd und versöhnend meinem Leben angeschlossen, und es hat von Ihnen Segnungen empfangen, wie sie nur von den edelsten Naturen ausgehen können und deren dankbare Anerkennung Sie in meinem Gesicht lesen konnten, als ich zitternd an Ihrem Krankenlager stand . . .“
Höher aber steht noch die folgende poetische Anerkennung ihres Einflusses:
„Von allen, die den Sänger lieben,
Die, was ich fühlte, nachempfanden,
Die es besprochen und beschrieben,
Hat niemand mich wie du verstanden!
Des Herzens Klagen, heiß und innig,
Die, liedgeworden, ihm entklangen,
Hat deine Seele, tief und sinnig,
Getreuer als mein Lied empfangen.“
Und dennoch! Und dennoch brachte auch dieses Verhältniß Sturm und Unruhe in das Leben des Dichters. Wer das Frauenherz kennt, wird das leicht begreifen. Wer Lenaus Leben und Charakter studirt hat, wird das sogar selbstverständlich finden. Eine eigenthümliche Anziehungskraft mußte der junge, melancholische Poet für weibliche, fein empfindende Gemüther haben. Aber so groß diese Anziehungskraft, so schwer war eine dauernde Beziehung des stürmischen und hypochondrischen Mannes zu einer Frau. In der That wurden alle seine Beziehungen kurz nach der Anknüpfung wieder gelöst. Für ihn war wirkkich das Weib „des Mannes ewiger Fluch“.
Wird alles das zusammengenommen und in ruhige Erwägung gezogen, so kann man den Verlauf seines Verhältnisses zu Sophie sich wohl vorstellen. Es mußte natürlich zu einem Konflikt kommen, sobald ein Drittes in diesen Kreis trat. Zum erstenmal war dies im Sommer 1839 der Fall. Lenau lernte in Penzing bei Wien die damals sehr gefeierte Sängerin Karoline Unger-Sabathier kennen, und sein leicht entzündliches Herz fing alsbald das „singende Gewitter von Leidenschaft“ auf, das aus ihren Tönen und Blicken ihm entgegenströmte. Man kann sich denken, welchen Eindruck es auf Sophie machte, als Lenau ihr diese überschwengliche Verliebtheit schilderte.
„Sie haben mir mit Ihren paar Zeilen das Herz zerschmettert!“ so lautet seine Antwort auf ihren Brief. „Es ist an Ihnen, Menschlichkeit zu üben an meinem zerrissenen Herzen. Der Knoten ist geschürzt.“
Aber schon im September desselben Jahres war er auch gelöst. Sophie hatte Recht behalten und Lenau hatte sich wiederum einmal sehr rasch aus einem Verhältniß befreit, das seiner unwerth war. Mit allem Eifer widmete er sich nun den Studien zu seinen größeren epischen Gedichten. Vielleicht hätte er jetzt zur Ruhe und zu einem beschaulichen Leben gelangen können, hätte ihn nicht sein Dämon bald wieder in neue Wirrungen gelockt. Das Verhältniß zu Sophie bringt Sturm und Sonnenschein in buntem Wechsel. Aber stets gleich bleibt die innige Verehrung des Dichters für sie.
„Sie, theure Freundin,“ heißt es in einem seiner Briefe, „haben, was an einem Talent das beste ist, Sie haben mein Herz gebildet. Soll ein Baum kräftig und sicher zum Himmel gedeihen, so muß er fest und beharrlich im Boden wurzeln. Ich stehe und wachse in Ihrer Freundschaft. Jedes hochwallende grüne Blättlein an mir zeugt von einer heimisch und wohlgeborgenen Wurzel. Einst scheide ich von dieser Welt mit dem freudigen Bekenntniß, daß Sie, theure Frau, es waren, die mir den Wurm des Zweifels geknickt und den Sturm des Hasses gestillt, die (an Geist und Herz mächtig wie wenige Ihres Geschlechts) in einem höheren Lebenskreis das für mich gethan, was jene längst modernde andere theure Frau so gern gethan hätte.“
Man sollte sich wohl hüten, eine Frau, an die ein Dichter wie Lenau so geschrieben hat, einseitig zu verurtheilen oder auch nur anzuklagen. Ich habe oben von dem Dämon des Dichters gesprochen: dieser Dämon war aber der Wahnsinn, und es erscheint durchaus nicht zweifelhaft, daß eine erbliche Anlage hierfür schon in ihm vorhanden war und ihn durchs ganze Leben geleitete. Je älter er wurde, je schwerer die Sorge um die Zukunft ihn drückte, desto näher trat die Katastrophe. Freunde, die ihn oft und lange zu beobachten Gelegenheit hatten, erzählen, daß er in Wien oder in Ischl – also immer im Bannkreis der Freundin – ruhig und heiter, ja so sanft und lenksam wie ein Kind war, während er, von der Reise, etwa von Stuttgart kommend, ihnen stets durch seine Wildheit, durch seinen jähen Stimmungswechsel, durch seine schwarze Melancholie auffiel.
Das Jahr 1844 brachte endlich die Katastrophe. Wieder war es ein weibliches Wesen, das Lenau mächtig gefesselt hatte, ein engelgutes, edles Geschöpf, dem er sein ganzes Leben weihen wollte. Zu spät! Die furchtbare Aufregung, in die ihn dies neue Verhältniß versetzte, ertrug er nicht mehr. Berthold Auerbach, der Lenau in seiner Bräutigamsperiode zu Baden-Baden besonders nahestand, erzählte mir wiederholt, daß die excentrische Stimmung des Dichters in jenen Tagen schon auf ein ausbrechendes Gehirnleiden hätte schließen lassen. Gleichwohl hätte er ihm entschieden gerathen, sich um die Hand Mariens, so hieß das Mädchen, schleunigst zu bewerben, da sonst schon damals die Katastrophe ausgebrochen wäre. Lenau war überglücklich. Nur zuweilen auf dem Gipfel seines Glücks blieb er stehen, schlug sich vor den Kopf und rief erschrocken aus: „Was wird aber Sophie sagen!“
Auerbach erzählte, daß diese Stimmungen auf ihn einen überaus trüben Eindruck hervorgebracht hätten. Dennoch habe er die Ueberzeugung gehabt, daß der Einfluß Sophiens auf Lenau ein durchaus heilsamer gewesen sei. Er habe nicht sowohl ihre Eifersucht, als vielmehr ihren Scharfblick und ihre Einsicht in die wirklichen Verhältnisse gefürchtet.
Im August traf Lenau in Lainz ein, wo die Familie Löwenthal damals ihre Sommerwohnung hatte.
„Niembsch, ist es wahr, was die Zeitungen von Ihnen melden?“ fragte ihn Sophie.
„Ja!“ erwiderte er, „doch wenn Sie es nicht wünschen, verheirathe ich mich nicht; ich erschieße mich dann aber auch!“
Unzweifelhaft hätte es nun in der Macht der Freundin gelegen, Lenau auch von diesem Plane abzubringen. Sie hat es nicht gethan; sie hat ihr eigenes Herz zum Opfer gebracht und Lenau zur Heirath gerathen. Das wird ihr stets zur Ehre gereichen. Nur im letzten Moment, im Augenblick des Abschieds, fiel ihr plötzlich das Gewicht der Entscheidung so schwer aufs Herz, daß sie, alle mühsam erkämpfte Ruhe und Fassung vergessend, die Worte ausrief: „Mir ist’s, als sollt’ ich Sie nie wiedersehen! Eins von uns muß wahnsinnig werden!“ Er aber schied von ihr mit dem Schwur: „Dein fest und ewig!“
Zwei Monate später war Lenau wahnsinnig … In der Nacht seines Geistes legte er stürmische Selbstbekenntnisse seiner Liebe ab. [556] „Schont sie, sie hat zwölf Jahre mein Lebensglück gemacht! Sie war mein Glück und meine Wunde. Sie ist voll Geist, nichts, worin sie mir nicht ebenbürtig, worüber ich nicht mit ihr sprechen konnte. Wie verstand sie mich, eilte mir nicht selten voraus! Sie ist mehr als die Sand! . . .“
Die verzweiflungsvollen Briefe, die von Sophie kamen, las er wohl nicht mehr. Er aber schrieb ihr noch immer jeden Tag. Am 16. Oktober berichtet er voll Freuden von einem Wunder, das geschehen sei: Da alle Mittel des Arztes nicht geholfen, habe er seine Geige genommen, einen steirischen Ländler gespielt und dazu selbst getanzt, so daß der Boden des Zimmers gebebt habe. Nun sei er wieder ganz hergestellt . . .
Und dann brach der Sturm aus, der seinen Geist in völlige Nacht hüllte. Vier Jahre lebte Lenau noch in dieser geistigen Umnachtung. Die Freundin, die in der Nähe wohnte, durfte ihn nicht mehr sehen. Man ermesse den Schmerz, den diese Frau in vier solchen Jahren, aber auch vorher und nachher getragen hat, und dann wird man zu der Erkenntniß gelangen, daß Sophie sicher dem Kranze jener edlen deutschen Frauen anzureihen ist, die auf das Leben unserer großen Dichter von bedeutendem Einfluß gewesen sind. Schön und begabt, in hervorragender gesellschaftlicher Stellung, ein Liebling der vornehmen Wiener Kreise, von hervorragenden Künstlern im Bilde verewigt, von großen Dichtern im Liede besungen, hat sie ihr Leben dem armen, herzblutenden Sänger geweiht, ohne selbst das Glück zu finden, ohne es dem Geliebten geben zu können. In der That, ein tragisches Geschick, welches unsere innige Theilnahme herausfordert und sie auch stets erregen wird, so lange deutsche Herzen den tiefsten Ausdruck für Liebesweh und Liebesleid in den Gedichten Nikolaus Lenaus finden werden.
Wenn zwei auch dasselbe thun, ist’s doch noch nicht dasselbe“ – sagt das Sprichwort, was, auf unseren Fall angewendet, heißt: „Wenn zwei dasselbe hören, so ist es nicht dasselbe, oder es klingt anders.“ Dies Sprichwort sollte sich bewahrheiten, als wir an einem Frühlingsabend im hohen Vogelsberge Hessens an dem einsamen großen Rothemarkteiche auf dem Entenstriche mitten im dichten Röhrichte, mit Wasserstiefeln versehen, anstanden. Erschreckt auffahrend, vernahmen wir urplötzlich ganz in der Nähe ein ungewöhnlich dumpf und stark schallendes Tönen, so merkwürdig und außerordentlich, daß es sich unvergänglich unserem Gedächtnisse eingeprägt hat. Die große Rohrdommel, wissenschaftlich Ardea sive Botaurus stellaris benannt, balzte unweit von uns und ließ ihr mächtiges Liebeslied erschallen. Man verglich dies merkwürdige Getön schon von Albertus Magnus’ und Geßners Zeiten her mit dem Brüllen eines Ochsen und gab dem Vogel deshalb in früheren Zeiten die Namen „Moorrind“, „Meerrind“, „Mooskuh“. „Der erste Anfang des Balzens,“ – um unsere eigene Schilderung zu gebrauchen – „hat wohl etwas Aehnlichkeit mit dem Ansatz von Bullengebrüll; allein wenn die ganze Strophe erschallt, glaubt man ein Stück vom ‚wilden Heer‘ zu vernehmen. Es ist nicht zu beschreiben, dieses infernalische Getön. Naumann und später Wodzicki haben es versucht, dasselbe in Worten wiederzugeben. Die ersten abgebrochenen Silben, womit es anhebt, sind mit dem Naumannschen Zeichen ‚Ue-ü‘ zu geben. Wenn wir sie aber mit dem Rufe eines Säugethieres vergleichen sollen, so wäre es mit den ersten Ansätzen des Schreies eines starken Edelhirsches, namentlich ähnelt der Silbenfall und die Modulation dem Schreien dieses Hirsches. Das dann im vollen Balzen angesetzte, mit ‚prumb‘ oder ‚prump‘ von Naumann und andern wiedergegebene Getön läßt sich durch Klangsilben nicht versinnlichen. Es sind Laute, als kämen sie aus einem tiefen Ziehbrunnen mit begleitendem Wassergeräusche, dem sich’s manchmal wie Seufzen beimischt. Kurz, man muß die sonderbaren, schauerlichen Töne in der Nähe des Vogels selbst vernommen haben, um sich nur einigermaßen einen Begriff von den unvergleichlichen Naturlauten bilden zu können.“
Der Vogel, der uns wahrscheinlich gewahr worden war, flog auf, und wir beklagen es noch heute, ihn, den wir das erstemal in unserem Leben in seinem Liebesrausch gehört hatten, bei seinem „Aufstehen“, d. h. seinem Erheben im Fluge, in unbesonnenem Jagdeifer erlegt zu haben, wodurch wir uns um die weitere Gelegenheit brachten, das sonderbare Thier in seinem seltsamen Gebahren eingehender zu beobachten. Lebendig gegenwärtig ist uns indessen immer noch, wie es in eigenthümlich eulenartig schwankendem Fluge aufstand und wie uns das freilich nur kurz andauernde Weiterfliegen auffiel. Dieses gemahnte uns lebhaft an das Flattern eines riesigen Schmetterlings oder auch der jungen unbeholfenen Fledermäuse während ihrer ersten Ausflüge.
Der Abbildung auf S. 557 liegt eine Schilderung des Grafen Wodzicki zu Grunde. Nach ihm beharrt die weibliche Rohrdommel bei dem Brüllkonzert des Männchens mit gesträubten Kopffedern und halb geschlossenen Augen in hockender Stellung, liebeselig verzückt. Der eben genannte Forscher, welcher nach langen vergeblichen Bemühungen endlich nahe zu einem Liebespaar von Rohrdommeln herangeschlichen war, beschreibt folgendermaßen seine Beobachtungen: „Der Künstler“ (die männliche Rohrdommel) „stand auf beiden Füßen, den Leib wagrecht gehalten, den Schnabel im Wasser, und das Brummen ging los; das Wasser spritzte immer fort. Nach einigen Noten hörte ich das Naumannsche ‚Ue‘, und das Männchen erhob den Kopf, schleuderte ihn zurück, steckte den Schnabel sodann schnell ins Wasser, und da erschallte das Brummen, so daß ich erschrak. Dies machte mir klar, daß diejenigen Töne, welche nur im Anfang so laut tönen, hervorgebracht werden, wenn der Vogel das Wasser tief in den Hals genommen hat und mit viel größerer Kraft herausschleudert als sonst. Die Musik ging weiter, das Thier schlug aber den Kopf nicht mehr zurück, und ich hörte auch die lauten Noten nicht mehr. Es scheint also, daß dieser Laut die höchste Steigerung des Balzens ist, und daß er, sobald die Leidenschaft befriedigt ist, nicht mehr wiederholt wird.“
Wir aber hörten aus dem nur einmal vernommenen Gesang heraus, daß er aus mehreren Notengängen besteht und auch in verschiedenen Tonarten und Tiefen klingt. Der Balzgang übersetzt sich ungefähr mit „Uü-ü-prumb, üprumb, ü prumb, ü prumb-buh“, welch letzte Silbe dumpf und nicht laut erschallt, da sie nach Wodzickis Beobachtung durch das Ausstoßen des in den Kiefernscheiden befindlichen Wassers beim Herausziehen des Schnabels aus dem Gewässer hervorgebracht wird. Die brüllenden Rufe sind aber in ihrer ungewöhnlichen Stärke auf weite Strecken, bisweilen in stiller Nacht wohl auf eine Stunde Entfernung hörbar.
Gewiß ein Sonderling, ein seltener und eigenartiger, eine Vogelgestalt mit einem Wesen, wie es im ganzen Reiche der sumpfigen Einöden, ja in der gesammten heimischen Vogelwelt nicht mystischer, absonderlicher vorkommt. Das Brüllen der Rohrdommel bildet ein Seitenstück zu dem wilden Getön des Uhus, das wir demnächst kennzeichnen werden. Es sind Laute, einzig und merkwürdig in ihrer Art, da sie sämmtlich nicht unmittelbar aus des Thieres Stimmorganen hervorgehen, sondern mit Hilfe des Sumpfwassers, worin der Vogel haust, entstehen.
In einsamen versumpften Rieden, auf Teichen, weitgedehnten Brüchen und Seen, überall da, wo der Rohrwuchs nicht fehlt, ist dies seltsame Wesen in unserem Vaterlande zu finden, doch mehr in seinem nordöstlichen, als in seinem westlichen Theil. Aber wenigen nur wird es vergönnt sein, den versteckten Gesellen zu entdecken. Seine derben, für einen „Stelz“- oder „Watvogel“ nach der neueren Systemsprache verhältnißmäßig kurzen Füße, woran die mittlere Zehe als besonderes Sippenkennzeichen merklich über die gestreckten äußeren hinausragt, verleihen ihm die Fähigkeit [557] geschickt im Röhricht herumzuklettern, ein Vermögen, das den Jungen schon frühe innewohnt. Der Körper ist der absonderlichsten Stellungen fähig. Gewöhnlich hockt die Rohrdommel da, den Hals tief zur Brust eingezogen und den Kopf mit dem spitzen, reiherartigen Schnabel zum Rücken gedreht, eine bucklige, kuriose Figur mit losem Gefieder darstellend. Nicht selten, besonders bei nahender Gefahr und nachhaltiger Verfolgung, wird ihre Haltung noch ausfallender. Sie drückt sich auf die Fußwurzeln nieder und streckt Leib und Hals mit aufgerichtetem Kopfe und Schnabel fast senkrecht in einer Linie in die Höhe, so daß sie mehr einem Pfahle, einem Stummel Holz gleicht als einem lebenden Wesen. Ganz ihrer schleichenden, bedächtigen Natur gemäß ist auch ihr Gang. In merklichen Pausen setzt sie einen Fuß vor den andern, eine schleppende, halb träge, halb vorsichtige Fortbewegung ist ihr eigentümlich. Naht ihr unverhofft ein Mensch oder ein Hund, vor dem sie „zu halten“ pflegt d. h. den sie nahe herankommen läßt, so bläht sie ihr eulenartig lockeres Gefieder mit auffallender Hals- und Kopfkrause auf und stellt sich kampfbereit zur Wehr. Hinterlistig fährt sie dem ihr nahekommenden Hunde mit blitzartig hervorschnellendem Schnabel nach den Augen und kann gefährliche Wunden mit ihrer harten, spitzen Stoßwaffe beibringen. Auch gegen den Menschen wehrt sich das unheimliche Geschöpf, wie überhaupt gegen jedes feindliche Wesen, wuchtig um sich fahrend bis zum letzten Athemzuge. Unser Hund empfing bei dem Erlegen der oben erwähnten Rohrdommel noch einige empfindliche Schnabelhiebe von dem verendenden Vogel.
Gleichsam die verkleinerte, aber im Farbenton des Gefieders und in der Gestaltung sehr verschönerte und verfeinerte Ausgabe der großen Rohrdommel ist die kleine oder Zwergrohrdommel oder der Quartanreiher, Ardetta minuta. Diese niedliche, den eigentlichen Reihern etwas näherstehende Rohrdommel ist nicht größer als ein Turteltäubchen. Die dunklen Partien des Oberkörpers zeigen einen metallisch grünen Schimmer, die Flügelmitte und der Unterkörper sind rostgelb, letzterer ist seitlich schwarzgefleckt, die Regenbogenhaut der Augen und die Zügel erscheinen lebhaft gelb. Trotz dieses bunten Kleides weiß sich der ebenso behende wie schlaue Vogel den Blicken zu entziehen. Immer noch ist uns der Anblick zweier solcher Zwerge gegenwärtig, auf welche wir gelegentlich der Bekassinenjagd im Riedgras sumpfiger Wiesen bei Michelstadt an der Mümling im hessischen Odenwalde stießen. Unbeweglich wie spitzige Holzpflöckchen, mit aufgerichteten Hälsen und Köpfen starrten sie ins Blaue, so daß wir unwillkürlich einige Augenblicke stutzten, ehe wir die absonderlichen Thierchen mit raschem Doppelschusse erlegten.
Dank ihrem geschmeidigen Körper durchklettert, durchkriecht und durchschleicht die Zwergrohrdommel das Röhricht noch viel gewandter und heimlicher als ihre große Base. Im dämmerigen Verstecke der Rohrhalme oder der Binsen treibt sie ihr behendes, anmuthiges Wesen. Sie schreitet viel rascher als ihre große Verwandte dahin, beugt den Hals etwas vor, watet hochaufgeschürzt mit wippendem Schwänzchen im seichten Wasser oder klettert, meist mehrere Rohrstengel und Binsen mit einem Zehengriffe umfassend, mit staunenswerther Geschicklichkeit umher. Ihren Standort hält sie für gewöhnlich treu ein; findet sie sich aber von dem Röhricht, wie es wohl vorkommt, durch irgend ein Hinderniß abgeschnitten, so nimmt sie das Strauchwerk oder die Bäume des Ufers zur Zuflucht. Ganz sonderbar sind ihre Stellungen und Verdrehungen, wenn sich der suchende Hühnerhund ihr nähert. Ihr Leib scheint ein Theil des Erlenstumpfes oder des Weidenastes geworden zu sein, auf dem sie Schutz gesucht hat, so dicht weiß sie sich anzuschmiegen, und in solcher Stellung läßt sie den Verfolger nahe herankommen, heftet aber beständig den durchdringenden, heimtückischen Blick auf den Feind, um demselben mit dem Bajonettschnabel unversehens wuchtige Stöße zu versetzen. Bei der Brut offenbaren die Alten eine große Liebe. Die lange in dem flachmuldigen, plumpen Binsenneste verweilenden Jungen erhalten die Fisch-, Lurchen- und Kerfennahrung vorgewürgt. Nähert man sich dem Nistorte, so umkreist die Mutter sehr besorgt den Störenfried, in der Angst um ihre Jungen alle sonstige Scheu und Vorsicht ablegend, bläht das Hals- und Kopfgefieder und ruft „Gäth, gäth!“ Der Vater umschwärmt in weiteren Bogen den Feind und antwortet der Gattin mit denselben Angstrufen. Uebrigens verstehen die rostbraunen Nestlinge, mit frühentwickelter Kletterkunst der Gefahr sich zu entziehen, und so kommt es häufig vor, daß man schließlich nur das leere Nest findet.
[558]
Konrad Herrendörfer saß unterdessen in seinem einigermaßen behaglichen Zimmer, rauchte, philosophirte und ließ in seinen Gedanken Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft durcheinander gehen. Heute erfüllte ihn das „shocking“, das die vergangene Zeit in die neue gerufen, durchaus nicht mit den schwermuthsvollen Träumereien, die ihm gestern noch das Herz so schwer gemacht hatten. Es war, als ob er mit seinem Bekenntniß an Gertrud alle Wärme, alles innere Empfinden in Bezug darauf verausgabt hätte. Er begriff es selbst nicht mehr, warum er eigentlich Miß Sikes aufgesucht hatte, wie es möglich gewesen war, daß sein Herz so stürmisch schlagen konnte bei dem Anblick der einst Geliebten, warum ein so bitteres Haßgefühl in ihm erwacht war, als er gehört hatte, daß der falsche Freund hier in seiner Nähe sei.
Es war ja ein wunderliches Zusammentreffen, – für unglaublich würde er es früher gehalten haben, – das gerade jetzt alle Personen zusammenführte, die vor Jahren ein Stückchen Tragödie aufgeführt hatten, aber was kümmerte ihn jetzt im Grunde noch die verschollene Geschichte!
Von dem Standpunkt einer gerechten Vorsehung aus war er ja sogar gerächt. Sie, die sein Leben für Jahre vergiftet hatte, eine Unglückliche, doppelt Leidende, – und er, der einst ein zweiter Rubens werden sollte, ein reisender Schnellmaler, nicht besser als ein Seiltänzer oder Taschenspieler, nein, geringer als solche, denn die meinten es ernst mit ihrer Kunst, während er die seine herabgewürdigt hatte.
Die Befriedigung, die weniger vornehme Naturen bei einer solchen „Vergeltung“ vielleicht empfunden hätten, blieb ihm indessen fremd. Gleichgültig war ihm in diesem Augenblick das Schicksal des einst so bitter gehaßten Gegners, das tragische Vergehen Magdalenens, in ihm war vor der Hand nichts als ein stürmisches Sehnen nach den zornsprühenden, thränenfunkelnden Augen Gertruds, ein ungestümer Wunsch, sie für sich zu haben, fern von hier, in einer anderen Umgebung, für sich ganz allein.
Ihren Zorn, ihre Eifersucht wollte er bald verscheucht haben, – wie glücklich hatte sie ihn dadurch gemacht! Noch wenige Tage nur, und der Vater kehrte zurück mit dem „guten Zeugniß“ für ihn, – auch darüber lächelte er jetzt, und dann begann endlich, endlich die goldene Zeit des Lebens, die eines unendlichen Glücks für ihn und das liebe Mädchen.
Und so malte er sich schöne, glücksvolle Zukunftsbilder, während Gertrud an ewige Trennung dachte.
Das Klopfen des Kellners unterbrach ihn.
Wenig erbaut empfing er ein kleines Billet, – eine dringende Bitte von Miß Sikes, sie sofort aufzusuchen, sie hätte überaus Wichtiges mit ihm zu besprechen und bäte um seinen Rath.
„So ist also von der alten Geschichte nicht loszukommen,“ dachte er unwillig. „Vermuthlich hat sie von der Anwesenheit des Schuftes gehört und verliert nun den Kopf. Aber was kann ich dabei thun?“
Trotz seines Widerstrebens gab er dem Kellner doch eine zusagende Antwort und machte sich zum Fortgehen bereit.
„Diese alte Engländerin verfolgt mich geradezu,“ dachte er dabei mürrisch. „Wie viel Unannehmlichkeiten hat sie mir nicht schon gebracht, Unglück kann ich sagen, und das scheint sich ja fortzusetzen. Wenn sie nicht eine so anständige alte Person wäre, wer weiß, was ich jetzt thäte.“
Freilich hätte er nie etwas anderes gethan, als mit Rath und That da beistehen, wo man ihn darum anging, – aber auch nie, ohne sich gewissermaßen vor sich selbst zu entschuldigen, wie er es jetzt mit allen möglichen Gründen that.
Darüber langte er bei der Wohnung Miß Sikes’ an und zog nun doch einigermaßen gespannt die Glocke.
Miß Sikes saß allein in ihrem finstern Zimmer mit einem gramvoll vertieften Zug um den Mund. „O Mr. Herrendörfer,“ rief sie, ihm beide Hände entgegenstreckend, „wie gütig, daß Sie kommen, welch eine Fügung überhaupt, daß Sie jetzt gerade hier sein müssen! Es ist ein Glück für mich, daß Sie mich aufgesucht haben. Ich brauche Ihren Rath, ich wäre verlassen ohne Sie, – ach, wenn Sie mir beistehen wollten –“
„Aber gewiß, meine liebe Miß Sikes,“ versicherte Konrad, sich zu ihr setzend. „Sagen Sie mir nur, um was es sich handelt.“
Sie holte einen Brief aus ihrem Schreibtisch und legte ihn vor Konrad hin.
Jahre waren vergangen, seit er diese elegante, kräftige Handschrift nicht gesehen hatte, aber er erkannte sie auf den ersten Blick. Sie hatte nicht mehr ganz den alten Schwung, die Buchstaben gingen unsicher durcheinander.
Konrad berührte das Schreiben nicht. „Bitte, theilen Sie mir mit, inwiefern ich Ihnen dienen kann,“ sagte er zurückhaltend.
„Sie erkennen, von wem der Brief kommt, und mögen ihn nicht in die Hand nehmen,“ sagte Miß Sikes traurig. „Ich sehe es ein, es ist unendlich viel, was ich von Ihnen verlange; aber ich bin so rathlos und ich weiß, es ist eine Fügung des Himmels, der Sie mir geschickt hat.“
„Ich will Ihnen gern dienen, Miß Sikes, aber eine unmittelbare Berührung mit dem Mann da müßte ausgeschlossen sein.“
Miß Sikes nickte. Sie suchte sich zu sammeln, um genau und doch kurz zu berichten. Ihr Gesicht zuckte vor Erregung und sie überhörte den leisen Gesang, der gedämpft aus dem Nebenzimmer klang und der Konrads Sinne erzittern ließ:
„Es vergeht kein Stund’ in der Nacht,
Da mein Herze nicht erwacht.“
Eine gebrochene, leise, tonlose Stimme, aber süß wie Vogelgezwitscher, – das war der so vielbewunderte, herrliche Gesang von Magdalene Langendorf. Wie die Blumen im Nebenzimmer duften mußten! Bis hierher drang der starke, süße Geruch, der sich mit dem klanglosen Gesang zugleich in Konrads Sinne schmeichelte und ihn in einen traumhaften Zustand versetzte, aus dem ihn erst die harte, thränenerstickte Stimme der alten Engländerin aufschreckte.
„Um es kurz zu sagen,“ begann sie, „er ist hier. Während Ihres Besuches heute hat man seinen Brief abgegeben. In dem ersten Schreck eilte ich damit gleich hinter Ihnen her, um es Ihnen sofort zu sagen; aber ich muß wohl nach der entgegengesetzten Seite gegangen sein, denn ich konnte Sie nicht finden. Er scheint seit einigen Tagen hier zu sein, – ich bin ganz verwirrt durch die Nachricht, ich habe ihn ja todt geglaubt.“
„Er ist als reisender Konzertmaler hierher gekommen,“ fügte Konrad verächtlich ein.
„Sie wissen also von seinem Hiersein?“ fragte die Engländerin erstaunt.
„Seit einer Stunde,“ sagte Konrad etwas ungeduldig. „Aber was will er von Ihnen und woher weiß er, daß Sie hier leben?“
„Er schreibt nicht wie ein Gentleman,“ sagte Miß Sikes; „er hat meine Adresse mit Hilfe polizeilicher Nachforschungen in Berlin erfahren und ist ebenso unterrichtet über Magdalenens Aufenthalt bei mir. Er wünscht jetzt, anderer günstiger Aussichten wegen, von ihr, die ihn vor Jahren verlassen hat, endlich auch gerichtlich geschieden zu werden. Zu einer Entschädigung, schreibt er, sei er nicht verpflichtet, da sie von ihm gegangen sei. Er wende sich an mich, da er mit seiner früheren Gattin in beiderseitigem Interesse nicht mehr als durchaus nothwendig unmittelbar verhandeln wolle . . . Was soll ich nun thun? Das arme Geschöpf aus seinem Traume erwecken, – und ich bin überzeugt, daß sie zum Bewußtsein kommt, wenn sie ihn sieht, aber sehen muß sie ihn doch wohl bei solchen Verhandlungen – oder würde eine Angabe ihres Zustandes genügen, um sie davor zu bewahren und doch eine gerichtliche Scheidung herbeizuführen?“
„Das ist eine sehr verwickelte Sache,“ sagte Konrad aufstehend; „um für unheilbar erklärt zu werden, müßte sie von sachverständiger Seite längere Zeit beobachtet werden.“
„Das wäre gleichbedeutend mit gänzlicher Vernichtung für mein armes Kind,“ sagte Miß Sikes niedergedrückt. „Sie ist jetzt das friedfertigste, liebste Geschöpf, bei ärztlicher Behandlung fängt sie zu toben an. Ich habe das alles schon erlebt vor Jahren, – und ich würde mich nie wieder dazu entschließen, sie in eine Anstalt zu geben. Ich habe wie gesagt auch die Ueberzeugung, daß sie gesund werden könnte, wenn sie ihren Mann wiedersähe . . .“
[559] Konrad schüttelte den Kopf. „Das sind Einbildungen, Miß Sikes,“ sagte er. „Ich habe derartigen Versuchen in meiner Praxis beigewohnt. Man hat den Kranken oft unter großen Opfern das von ihnen sehnlichst Herbeigewünschte verschafft, und der Erfolg ist ein nur ganz vorübergehender gewesen. – So würde es auch bei Magdalene sein. Da sie eben wirklich geistig krank ist, würde sie ihn im Augenblick vielleicht erkennen, aber bald darauf zu ihrer Wahnvorstellung zurückkehren.“
„Sie wissen nicht, wie übermächtig das Gefühl für den Elenden in ihr ist,“ sagte Miß Sikes leise. „Es gehört ja eben mit zu ihrem Wahn.“
Konrad hatte sinnend seinen alten Platz wieder eingenommen, mit dem Gedanken beschäftigt, wie der einst so Vielversprechende seinem jetzigen Ansinnen nach heruntergekommen sein mußte. Was es wohl für günstige Aussichten sein mochten, die ihn zu einem so unvermutheten Wiederauftauchen veranlassen konnten? Eine reiche Heirath mit irgend einer heirathslustigen vermögenden Witwe aus niedriger Gesellschaftsschicht? – er malte sich noch andere Möglichkeiten aus, eine erniedrigender für den einstigen Freund als die andere.
„Würden Sie uns Ihren juristischen Rath geben, Mr. Herrendörfer?“ fragte da Miß Sikes zaghaft.
„Nein,“ sagte er hart, „aus Gründen, die Sie achten müssen. Ich will Ihnen gestehen, Miß Sikes, daß mir die Auffrischung dieser alten Geschichte, an der ich recht schwer getragen habe, wenig Glück für meine Angelegenheiten gebracht hat. Nun gar noch selbstthätig einzugreifen, verbietet mir die Rücksicht auf mich und andere. Ich will Ihnen aufrichtig sagen, liebes Fräulein“ – sein Ton wurde weicher und mit unruhigem Blick streifte er das thränenüberströmte Gesicht des alten Fräuleins und dann die Thür, durch die neue abgebrochene Worte in schmelzenden, zärtlichen Tönen drangen, – „daß es mir sehr schmerzlich ist, was die Arme und Sie getroffen hat, – so sehr, daß es auf Augenblicke mein ganzes Denken und Empfinden ins Schwanken gebracht hat. Aber darum noch einmal eine Rolle in dem Leben dieser Frau spielen, noch dazu die des berathenden Freundes, – das kann ich nicht, wenn ich nicht das, was ich vom Leben noch für mich erwarte, aufs Spiel setzen will. Und das sind innere Bedenken,“ fuhr er in anderem Ton fort, „vergessen Sie nicht die Bedingungen, die mir eine juristische Beihilfe in diesem Fall auch äußerlich unmöglich machen, meine sehr angestrengte Thätigkeit in Berlin in erster Reihe –“
Miß Sikes sah ihn rathlos und flehend an.
„Verzeihen Sie mir! In meiner Besorgniß um meinen Schützling habe ich es nicht überlegt, wie taktlos meine Bitte an Sie war. Sie kamen gut und freundlich zu mir und schienen mir wie ein Retter in der Noth, von der Vorsehung geschickt. Ich bin hier sehr fremd geblieben, Magdalenens wegen, und die alte Zeit, die doch manchen Sonnenblick hatte, schien mir mit Ihnen gekommen. Ich war verblendet, aber was soll ich thun?“
„Suchen Sie mit ihm zu unterhandeln, aber ohne Nachgiebigkeit. Sie sind hoffentlich im Besitz seiner Briefe von damals, die sein Unrecht entschieden nachweisen. – Wenn es Ihnen angebracht scheint, bieten Sie ihm Geld. Ich würde zu einem Beitrage in Betracht der alten Freundschaft, die einst meine Eltern mit den Langendorfs verband, bereit sein, natürlich bis zu einer gewissen Grenze und ohne daß der – Schnellmaler davon weiß. Geht er darauf nicht ein, nun, dann müssen Sie einen tüchtigen Juristen zu Rathe ziehen und das Unvermeidliche eben tragen, arme Miß Sikes. Vielleicht läßt sich ein Ausweg finden, eine persönliche Zusammenkunft zu vermeiden. – Wie gesagt, zu einem Geldbeitrage bin ich bereit.“
Miß Sikes erröthete.
„Vielleicht geht es nicht über meine Kräfte, – ich hoffe bestimmt, daß meine kleinen Ersparnisse, – und ich kann gut auch noch einige Stunden mehr geben, – ich danke Ihnen, Sir,“ sagte sie verlegen und ablehnend. „Nun Sie mir einen Weg angegeben haben, ist mir alles etwas klarer geworden. Es war nur der erste Schreck, der mich Sie hineinziehen ließ. Nochmals, vergeben Sie mir!“
Das alte, eckige, vergrämte Gesicht trug in diesem Augenblick einen eigenthümlich verschönenden Ausdruck, der Konrad ans Herz griff. Er kam sich selbst erbärmlich, selbstsüchtig und klein vor gegen die schlichte Aufopferung der alten Lehrerin.
Er zögerte, Abschied zu nehmen, – ihm war bedrückt und ängstlich zu Muth. Er würde gewiß immer mit dem peinlichen Gefühl, eine Unterlassungssünde begangen zu haben, an diese Stunde zurückdenken, sagte er sich, aber was sollte, was konnte er nur thun?
Miß Sikes sah stumm und traurig vor sich hin, der Papagei im Nebenzimmer schrie, dazwischen hörte man ein gedämpftes wohltönendes Lachen. Konrad saß wie im Traume da und ihm war, als ob er eine lange Unterhaltung mit Miß Sikes führte, in der er sich vor ihr rechtfertigte.
Man schellte draußen. Es wurde geöffnet und eine Männerstimme fragte nach Miß Sikes. Konrad hörte es mit Gleichgültigkeit, die alte Dame aber sprang auf, erschreckend blaß und mit versagender Stimme ausrufend: „Das ist er!“
Und er war es.
Gegenüber der Thür, die das meldende Mädchen öffnete, an dem kleinen Spiegel mit dem Ordnen seiner Frisur beschäftigt, stand Werner Lemberg, – und heute wie vor Jahren hatte Konrad Herrendörfer die Empfindung, als müßte er mit einem Wuthschrei auf ihn zuspringen, ihn schütteln, würgen, ihm die Seele aus dem Leib zerren – die falsche, verrätherische Seele.
Mein Gott, konnte er denn nicht vergessen, daß er den Mann da geliebt, fast mehr noch als das schöne blonde Weib, das im Nebenzimmer sang und lachte?
Mußte ihm mit der Blutwelle, die jäh in sein Gesicht stieg, mit dem alten Haß zugleich ein plötzliches, schmerzhaftes Erinnern an das kommen, was dieser Mann ihm gewesen war?
Einen Halbgott hatte er, der kühle Verstandesmensch, wie er sich nannte, einst in dem begnadeten Künstler gesehen, dessen klassische Schönheit ihn noch früher gefesselt hatte als sein glänzendes, bestrickendes, liebenswürdiges Wesen, das ihm die Herzen der Menschen öffnete, ohne daß er es zu begehren schien.
Ueber die höchsten und tiefsten Dinge hatten sie sich ausgesprochen, beim Wein, – in räucherigen Bierlokalen, in mondscheinhellen Sommernächten, und mit welchem Enthusiasmus hatte er sich an den Vielerfahrenen angeschlossen, vor dem manche Hellsehende – sein Vater und sein Bruder waren darunter – ihn warnten, und den er, stolz auf seine Freundschaft, gegen alle „philisterhaften“ Angriffe vertheidigte. Sie hatten ihn eben alle nicht erkannt, sie nahmen ihn, wie er sich bei oberflächlicher Bekanntschaft gab, als genialen, liebenswürdigen, aber durchaus unzuverlässigen Musensohn, – sie ahnten nichts von dem tiefen Gemüth, dem leidenschaftlichen Empfinden, der göttlichen Zartheit dieses Künstlergemüths, was sie allerdings wohl alles aus seinen Bildern hätten herauslesen können.
Aber freilich, die große Menge!
Als die große Menge dann Recht behalten hatte, – ach nein, viel zu glimpflich noch war sie gegen den Elenden gewesen! – da war mit der Freundschaft für ihn auch jedes innigere Empfinden in der Seele des jungen Mannes gestorben. In den Staub gezogen waren die idealen Güter des Lebens, die nur langsam, langsam an seinem geistigen Horizont als erstrebenswerth wiedererstanden, bis sie in der wahrhaften Liebe zu der reinen, jungen Gertrud ihm wieder ganz zu eigen geworden waren.
Wohl ihm, daß ihm in diesem kurzen, aber qualvollen Augenblick des Erinnerns die schönen, unschuldsvollen Augen seiner Braut Trost zusprechen konnten!
Tief athmend strich er über sein Gesicht und wendete sich dem zitternden, alten Fräulein zu, die dem Mädchen noch keinen Bescheid gegeben hatte.
„Nehmen Sie ihn an und fragen Sie nach seinen Bedingungen!“ sagte er fest. „Mir gestatten Sie, mich in ein anderes Zimmer zurückzuziehen, bis Lemberg Sie verlassen hat. Wir können dann sofort weiter sprechen, und es ist Ihnen vielleicht eine Beruhigung, mich in der Nähe zu wissen.“
„Sie können von hier aus nur in dieses anstoßende kleine Zimmer, das von diesem allein durch die Portiere da getrennt ist. Ich weiß nicht, ob es Ihnen recht wäre, so Zeuge des Gespräches zu sein –“ sagte Miß Sikes zögernd.
„Alles lieber, als direkt mit ihm zusammentreffen,“ sagte Konrad, schon die Vorhänge zurückschlagend und hinter denselben, vor einer kaum bemerkbaren Lücke, einen Augenblick verweilend.
Da trat Lemberg ein – nach einem kurzen Blick auf ihn wendete Konrad sich ab . . . Er hatte ihm viel von dem alten [560] Lemberg gezeigt – nur ein klein wenig herabgekommen, müde und gezwungen in seinem ruhigen, gentlemanmäßigen Wesen, das er der alten Miß wohl vorspielen wollte.
Seine Stimme, früher hell und frisch, klang heiser und war das Verkommenste an ihm neben dem häßlichen, wüsten Zug um Augen und Mund.
Als Konrad noch einmal schärfer hinblickte, machte er eine Bemerkung, die der unerfahrenen Miß Sikes wahrscheinlich entging: Lemberg war nicht ganz nüchtern.
Seine ersten Worte konnten auf Rechnung einer leicht erklärlichen Befangenheit geschoben werden, aber jetzt – er stockte – er wiederholte die Phrasen, die er machte – die Zimmerwärme schien ihn mehr und mehr zu verwirren, nachdem er sich in der kühlen Herbstluft von seinem Rausch vielleicht soweit erholt hatte, daß er Muth zu diesem Gange gefaßt – dachte Konrad verächtlich.
Wie hatte er selbst nur so kopflos sein können, die arme Miß Sikes zu veranlassen, jetzt, abends und unvorbereitet, den Besuch dieses Menschen anzunehmen – man hätte ihm eine beliebige Stunde bestimmen müssen.
Er machte sich bittere Vorwürfe und konnte gar keine Entschuldigung für sich finden.
. . . „und da dachte ich mir,“ sagte Lemberg jetzt, auf demselben Stuhl Platz nehmend, auf dem Konrad vorhin gesessen hatte, „ja, ich dachte . . . mache die Angelegenheit gleich klar, den beiden Damen kann damit nur gedient sein, wenn alles so schnell wie nur möglich erledigt wird. Daher auch die etwas späte Stunde meines Besuchs, deretwegen ich höflichst um Entschuldigung bitte.“
„Meine eigene Thätigkeit macht es mir wünschenswerther, Sie jetzt zu empfangen,“ sagte Miß Sikes würdevoll. „Ich würde Sie sonst um eine andere Zeit gebeten haben, wenn es überhaupt nöthig war, daß Sie mich aufsuchten.“
„Ganz zweifellos,“ sagte Lemberg etwas unsicher, „eine noch so kurze Ausprache wird uns mehr fördern als vieles Hin- und Herschreiben.“
Miß Sikes schwieg.
„Ich habe mir erlaubt, Ihnen meine Vorschläge zu machen, darf ich fragen, wie Magdalene sich dazu stellt?“
Miß Sikes dachte nach.
„Sie sind gänzlich im Irrthum,“ sagte sie endlich, „wenn Sie glauben, daß wir ohne weiteres anzunehmen gedenken, was Sie vorschlagen.“
„Ist Magdalene – gesund?“ ging Lemberg nun in viel rücksichtsloserem Ton auf sein Ziel los.
Die arme Miß Sikes schüttelte den Kopf. Lemberg athmete erleichtert auf.
„Sie haben sie auf dem Gewissen. Ihre schändliche Handlungsweise hat das arme Kind in die geistige Nacht getrieben – und als sie daraus durch Ihr Kommen hätte geweckt werden können – die Aerzte haben es alle behauptet – da blieben Sie unter nichtigen Vorwänden weg. Und jetzt, nach Jahren, wo sie äußerlich wenigstens ruhig geworden ist, wollen Sie Ihrer Gewissenlosigkeit die Krone aufsetzen und durch Ihren Anblick, durch Untersuchungen und ich weiß nicht, was alles zu Ihrem Plan gehört, die Aermste vollständig ruinieren. Aber ich werde sie schützen, meine treue Pflege giebt mir ein Recht dazu. Sie wollen noch einmal heirathen. Gut, ich werde die Familie, in die Sie eintreten wollen, vor Ihnen warnen, ich will ihr die arme Magdalene vorführen, die in ihrem Wahn Sie ärger anklagt, als alle Worte es könnten, und ich –“
Miß Sikes konnte nicht weiter. Sie brach in heiße Thränen aus und schien nun in ihrer schmerzlichen Hilflosigkeit selbst auf Lemberg Eindruck zu machen.
Er sah zu Boden und dann fing er an zu sprechen, ganz anders vermuthlich, als er sich vorgenommen hatte. Der alte Lemberg kam wieder hinter dem häßlichen, verwüsteten zum Vorschein. Er war für einen Augenblick nicht der herabgekommene reisende Künstler, der aus geschäftlichen Gründen einen Skandal in das stille Haus der tödlich beleidigten Frau tragen und dabei noch möglichst viel Vortheil aus der Angelegenheit ziehen wollte, sondern ein unglücklicher, zerfahrener Mensch, dem seine hohe, künstlerische Begabung zum Fluch geworden war, weil ihm die Energie zum Guten gefehlt hatte, sprach zu der alten Lehrerin, deren strenges Auge vor Jahren schon so tadelnd auf ihm geruht hatte, als er äußerlich noch in stolzer Kraft und überzeugt von seiner hohen, künstlerischen Aufgabe, vor ihr stand – innerlich bereits dem Wege strenger Rechtschaffenheit untreu geworden – ein Verräther an der Freundschaft und der Mannesehre.
„Meine Heirath mit Magdalene ist mir zum Unglück geworden,“ sagte er, den Blick zu Boden gerichtet. „Sie liebte mich allzusehr, sie beschönigte meine Fehler und bestärkte mich in meinem hohen Selbstbewußtsein. Sie übte niemals Kritik an meinen Bildern und vergötterte alles, was ich that. Das langweilte mich bald, ihre anfangs so viel bewunderte Schönheit schien mir unbedeutend – sie welkte übrigens auch bald – ihre Hingebung ermüdete mich und ihre Duldsamkeit fand ich empörend. Ich hoffte in der Kunst wieder vorwärts zu kommen, ohne sie – und froh, von ihr befreit zu sein, beantwortete ich entsprechend Ihre Briefe, Miß Sikes, die mir die Erkrankung Magdalenens meldeten. Ich hatte da schon alle Schiffe hinter mir verbrannt – ich ging mit der von der Regierung ausgerüsteten Expedition unter della Seglia nach Afrika und führte das übliche interessante, aber mühevolle Nomadenleben solcher Entdeckungsreisenden. Anfänglich malte ich viel, allmählich aber begann die wilde Natur einen andersartigen Reiz auf mich auszuüben. Meine Kunst schien mir erst klein, dann überflüssig der großartigen Wildniß und der Aufgabe gegenüber, die Kultur in sie hineinzutragen.
Jahre lang habe ich keinen Pinsel angerührt, bin drüben geblieben, nachdem meine Gesellschaft oder vielmehr deren Ueberreste längst nach Europa zurückgekehrt waren, und – vielleicht ermüdet von unserer Ueberkultur, habe ich allen Ernstes geglaubt, das wahre Glück unter wilden Völkern, im Kampfe mit der fremdartigen Natur und ihren Geschöpfen gefunden zu haben.
Eines Tages aber, als ich unter einer Sykomore ruhte – ich weiß nicht, wie es kam – fiel es mir ein, daß drüben gerade die Linden blühen müßten, und ein heftiges Verlangen nach dem betäubenden, träumerischen Duft wollte sich nicht mehr stillen lassen. Das war das erste, und dann kam plötzlich ein gewaltiges Heimweh über mich, ein solches Reißen und Zerren nach dem Meer, nach Schiffen, nach Landsleuten, daß ich mich durch Mühsale aller Art nach Alexandrien durchkämpfte und endlich dann auch glücklich die europäische Küste und allen Kulturschwindel wieder erreichte, der so lange wie ein Traum hinter mir gelegen hatte.
Zunächst hungerte ich. Da mußte ich die alte Kunst versuchen, um mir ein Stück Brot zu verdienen. Früher hatte sie mir Geld im Ueberfluß gebracht – aber ich war ein Wilder geworden, an Stoffe zu Gemälden konnte ich gar nicht mehr denken. Es hätte auch zu lange gedauert, bis ich mit einem Bilde etwas verdient hätte, und da malte ich denn, was vorkam – für das tägliche Brot.
Ich lernte die Noth kennen, die Kunst verachten und das Geld lieben. Je schneller ich malte, desto mehr verdiente ich. Ich wanderte dabei herum und fand Spaß an dem Vagabundenleben. Ich hatte die feste Ueberzeugung, daß es nur meines Wollens bedürfte, um wieder Hervorragendes zu leisten – wer eine ‚Ophelia‘ gemalt hatte, der durfte nur mit Energie wollen. –
Und dann kam mir der Gedanke, daß ich ein Weib hatte. Er ließ mich zuerst kalt, allmählich aber fing er an, mich zu bedrücken. Ich begann mich unfrei zu fühlen.
Eines Tages, in Barcelona war es, lernte ich einen Gastwirth kennen, der über meine Fähigkeit, schnell hübsche, augenblendende Bilder zu malen, in großes Staunen gerieth. Ich sollte die Kolonnaden seines Hauses ausmalen, es sammelte sich auf seine Veranlassung Publikum um mich, das voller Bewunderung die glühendsten Landschaften unter meinem Pinsel entstehen sah.
Die stürmischen Beifallsbezeigungen stachelten mich zu immer erstaunlicheren Leistungen an – der spekulierende Wirth ließ eine Zigeunerbande aufspielen – das Publikum fand sich scharenweise ein. Die Zigeuner spielten ihre Fandangos und Sarabanden, ich gab meine Pinselkunststücke zum besten und die begeisterten Zuschauer wollten vor Entzücken vergehen.
So entstand in Barcelona in einem heißen Sommer, der reich an Entbehrungen aller Art gewesen war, der Konzertmaler Señor Pablo.
Ich fand einen Impresario und reiste eine Zeit lang, ich kann wohl sagen mit Vergnügen, denn das Neue und Wechselvolle reizt. Aber nun wollte ich auch wieder ein wirkliches Bild schaffen, in meiner alten Art, ich hatte einen Stoff gefunden,
[561][562] eine Rizpah sollte es werden, die die Leichname der geliebten Söhne vor Schändung bewahrt. Ich hatte ein wunderbar schönes Modell, in meiner Phantasie lebten die glühenden Farben der südlichen Landschaften, und ich malte mit einem guten Stück der alten Künstlerbegeisterung.
Aber . . . das Können hielt nicht mit dem Wollen Schritt. Ich konnte nichts mehr ausführen, die angewöhnte böse Handwerksmanier ließ sich nicht verleugnen. Ich quälte mich furchtbar, ich mußte das Bild zwingen – und als ich es endlich fertig hatte, glaubte ich denn auch ein Meisterwerk geschaffen zu haben, gegen das die ‚Ophelia‘ ein blasser Schatten war. Ich schickte es zur Ausstellung nach Düsseldorf . . . man verweigerte die Annahme. Es wanderte nach Berlin . . . und es kam zurück, ohne ausgestellt worden zu sein. Wuth und Verzweiflung faßten mich – ich versuchte das Menschenmögliche – umsonst, ich drang nicht mehr durch; sie wollten die Naturwahrheit des schönen Bildes nicht anerkennen. Uebertrieben, unfein, unkünstlerisch nannten sie es.
Unterdessen brachten mir meine Konzertreisen Geld und Ruhm. Nicht den göttlichen, von dem ich einst geträumt und auch schon gekostet hatte – eine ganz andere Sorte – aber in Ermangelung von anderen nahm ich auch mit diesen billigen Lorbeeren vorlieb und malte, malte Abend für Abend Waldlandschaften, Wüstenscenen, Gletscher und Seestücke zu den tagesüblichen Gassenhauern.
Aber ich fing an, des Treibens müde zu werden, meine Augen fühlten sich auch angestrengt – und ich sehnte mich oft nach einem kleinen, ruhigen Hafen, in dem ich meine gute Cigarre rauchen, träumen, philosophiren könnte, ohne nöthig zu haben, den Leuten bunte Kunststücke vorzumachen.
Eines Abends in München stand ich rathlos vor meiner Palette, auf der die Farben in einem wüsten, bunten Knäuel durcheinander tanzten. Vor mir saß eine hübsche, dicke Frau, mit vielsagenden dunkeln Augen – ich fixirte sie, um mich wieder zu sammeln, und es gelang mir einigermaßen. Die reichgekleidete Person hatte mein Fixiren anders aufgefaßt – ich näherte mich ihr, als ich das während der Pause bemerkte – und siehe da, der ersehnte Hafen war gefunden!“
Ein häßliches, gemeines Grinsen erschien auf dem gerötheten Gesicht Lembergs, von dem der veredelnde Ausdruck der Reue längst verschwunden war wie der weiche Ton aus der Stimme.
Miß Sikes war während des langen Berichtes mehrmals halb aufgestanden – bei der letzten Bemerkung stieß sie ihr zornigstes „shocking“ aus und veranlaßte durch ihre kalten, strengen Blicke den Redenden, in seiner Erzählung innezuhalten.
„Ich glaube nicht, Sir,“ sagte sie, so gemessen als ihr in ihrer Erregung möglich war, „daß Sie hergekommen sind, um mir Ihre Lebensgeschichte zu erzählen.“
„That ich das?“ fragte Lemberg verwundert. „Nun, dann hatte das den Zweck, Ihnen zu erklären, daß die schöne, reiche Witwe mir freundlich ein behagliches Heim angeboten hat und daß daher eine Scheidung von Magdalenen nothwendig ist. Ich habe mich zu dem Zweck an Sie gewendet, aus reinem Zartgefühl – wahrhaftig! – Magdalene . . . “
Ob er den Namen lauter rief, ob ein inneres Gefühl, mächtiger als die Scheu vor Fremden, die sie sonst zurückhielt, in der armen Kranken gesprochen hatte, die Thür zum Nebenzimmer öffnete sich und im hellsten Licht stand Magdalene einen Augenblick in dem Thürrahmen, in ihrem weißen, phantastischen Gewande einer Erscheinung aus einer andern Welt gleich.
Ihr schönes Gesicht erblaßte und schien zu erstarren, dann öffneten sich die Augen weit, weit – Purpurröthe strömte in die Wangen, und mit einem jubelnden, schluchzenden, herzergreifenden Ruf stürzte sie auf den wie verzückt nach ihr starrenden Mann, umschlang ihn mit ihren Armen und flüsterte, weinte und lachte, und küßte ihn wieder und wieder mit aller Gluth, welche die langen Jahre hindurch ihren Wahn durchlodert hatte.
Und er! Sprachlos starrte er auf das Wunder in seinen Armen. Eine welke, verhärmte Frau hatte ihn verlassen – hier fand er sie nach Jahren wie auferstanden, neu geschmückt mit allen Reizen menschlicher Schönheit. Ein Aufwallen der Leidenschaft, die ihn vor Jahren zu dem schönen Geschöpf geführt hatte, vereint mit dem gluthvollen Entzücken des Künstlers durchfuhr ihn, und er umfaßte das schöne, bebende Weib.
Helle Röthe flammte über sein Gesicht, seine Augen leuchteten auf und sein Mund öffnete sich gierig.
Miß Sikes schrie in namenlosem Entsetzen auf. Ein Blick auf sie gab dem doppelt Berauschten die Besinnung.
„Das ist ja eine hübsche Fabel, die Sie mir da erzählt haben, verehrtes Fräulein,“ sagte er höhnisch. „Du sollst krank sein, mein Lieb – komm, Du gehörst zu mir! Laß alles – geh mit mir! Was ist behagliches Leben an der Seite einer andern gegen Deine wundervolle Schönheit, Du herrliches Weib! O Magdalene, warum waren wir so lange getrennt! Wie konnte ich Thor vergessen, wie schön Du bist und wie Du mich liebst … Komm – komm!“
Und Magdalenens Blicke hingen voller Gluth und Anbetung an ihm – durch die hellen Glücksthränen hindurch, die aus den leuchtenden Augen strömten.
„Ich wußte ja, Du würdest wiederkommen. Aus langem Traum bin ich erwacht – nun ist es Tag, denn Du bist wieder da,“ flüsterte sie, sich an ihn schmiegend. „Aber Du bist kalt, komm in mein kleines, warmes Reich, in dem ich so viel an Dich gedacht habe.“
Mit neu entbrannter Leidenschaft zog er sie an sich – da fiel ihm jemand an den Arm und riß ihn zur Seite.
Er sah in Konrad Herrendörfers todtblasses Gesicht, aus dem heftiger Zorn, Haß, Leidenschaft ihm entgegenblickten.
„Du wirst sie nicht weiter berühren, Lump, der Du bist!“ sagte Konrad dumpf, aus zusammengeschnürter Kehle. Er wollte weiteres hinzufügen, aber die Worte versagten ihm. –
Nun hatte Lemberg ihn erkannt, von dem er einst in heiterer Freundschaft nach einem lustigen Abend Abschied genommen hatte – während er ihn schon längst betrog . . . er zuckte zusammen, einen kurzen Augenblick verblüfft vor Schreck und Scham.
Aber dann sah er plötzlich klar. Der Nebel, den sein leichter Rausch, das unvermuthete Wiedersehn mit der hinreißend schönen Frau über seine augenblickliche Lage, den Zweck seines Hierseins, seine Zukunftspläne gebreitet hatte, schwand und damit auch der Rest der besseren, reuevollen Gefühle, die ihn eine Zeit lang beherrscht hatten.
Ein unaussprechlich gemeines, verständnißvoll sein sollendes Lächeln verzog seinen Mund, und sein Blick glitt von dem ehemaligen Freunde zu seiner Frau, die voll ungeduldiger Freude da stand, unbekümmert um alles andere, was um sie her vorging.
„Sie haben in meiner Abwesenheit Ihre älteren Rechte auf diese Dame geltend gemacht,“ sagte er in gemacht leichtem Ton. „Gut, hier ist nicht der Ort, wo über dergleichen gestritten werden darf. Aber ich freue mich, daß Sie mich zur rechten Zeit über einen verhängnißvollen Irrthum aufgeklärt und mir damit die beste Handhabe für meine Klage vor dem Gesetz gegeben haben.“
Er wandte sich nach der Thür. Konrad konnte vor Erregung noch kein Wort finden, Miß Sikes aber trat zitternd an den Maler heran und sagte:
„Sie sind es, der sich in einem verhängnißvollen Irrthum befindet. Magdalene ist unheilbar geisteskrank.“
Lemberg zuckte verächtlich die Achseln und öffnete die Thür. Da stürzte Magdalene voller Todesangst auf ihn zu.
„Verlaß mich nicht!“ schrie sie gellend. „Du darfst nicht noch einmal fort – ich kann nicht leben und wachen ohne Dich. Ich verzeihe Dir alles, alles – aber nimm mich mit! Ich will noch nicht sterben – das Wasser ist so trübe, die Weide rauscht so traurig – ich habe auch keine Blumenkränze – und Du …“
Schluchzen erstickte ihre Worte, ihre Augen starrten mit unnatürlich erweiterter Pupille und dem leeren Blick nach ihm, den er ihnen einst auf seinem Bilde gegeben hatte.
„Ophelia,“ schrie er auf, und von Grauen erfaßt, machte er sich aus den ihn umklammernden Armen los, stürzte aus dem Zimmer, dem Hause, und hinaus in den dunkeln Herbstabend, der trüb, mit schweren, grauen Wolken auf der Stadt lagerte.
Die Unglückselige aber, die eben vom Gipfel höchsten Glückes in den Abgrund tiefster Verzweiflung geschleudert worden war, lag in Krämpfen auf dem Fußboden, für einen Augenblick von aller erträumten Qual und Glückseligkeit befreit.
Der erschütterte Konrad verließ die Frauen mit dem Versprechen, einen Arzt zu schicken und am nächsten Morgen zu weiterer Rücksprache bei Miß Sikes zu erscheinen.
Ihn fror. Wie traurig war das Leben! Es giebt kein Entrinnen vor dem Leid der Vergangenheit; düster überragt es alles Glück der Gegenwart und seine Schatten verdunkeln die Sonne, die eben hereinbrechen will. – – – – – – – – – –
Friedrich Hofmann-Denkmal in Ilmenau. Der „älteste Veteran der ‚Gartenlaube‘“, Friedrich Hofmann, war ein geborener Koburger und Ehrenbürger seiner Vaterstadt, aber mit Vorliebe hatte er seit Jahren das liebliche Ilmenau zu seiner Erholung aufgesucht. Ruhebedürftig zog er alljährlich dorthin, gekräftigt, verjüngt, frisch kehrte er jedesmal von dort zurück, bis sein zuversichtliches „Auf Wiedersehen“, mit dem er im vorigen Jahre aus dem Freundeskreise in Leipzig schied, nicht mehr in Erfüllung gehen sollte. Im geliebten Thüringerlande, das er so lebendig geschildert, so oft besungen, im idyllischen Ilmenau trat der unerbittliche Tod an ihn heran. Aber der unter dem blumenumhegten Hügel schlafende Dichter, der allzeit theilnahmsvolle und hilfsbereite Menschenfreund wurde nicht vergessen. Sein Andenken lebte fort in wackeren Freundesherzen, und jetzt soll ihm in derselben Thüringerstadt, die sein Grab umschließt, ein Denkmal aus Stein und Erz errichtet werden.
Die hunderttausend Kinder, welche durch den „Weihnachtsbaum“ Hofmanns mit Christbescherungen erfreut wurden, die Tausende, welche bei den Aufführungen seiner „Kinderfeste“ mitgeholfen haben und nun lange zu Männern und Frauen herangewachsen sind, können dem Dichter ihren Dank bezeigen und Baustein auf Baustein zu seinem Denkmal zusammentragen. Die Ungezählten, denen er in den Kriegsjahren 1870/71 und bei so manchem erschütternden Unglück durch seine Aufrufe zu Sammlungen die Thränen getrocknet; die in allen Erdtheilen zerstreuten Vermißten, die er den sorgenden Ihrigen zurückgegeben – alle, denen er mit nie ermüdender Hilfsbereitschaft beigestanden hat, können von nah und fern das Andenken des Sängers und mannhaften Wohlthäters ehren und damit beweisen, daß die Saat der reinen, selbstlosen Nächstenliebe, die er mit reicher Hand sein Leben lang ausstreute, aufgegangen ist und Frucht getragen hat.
Die Redaktion der „Gartenlaube“ ist überzeugt, daß es nur der Anregung bedurfte, um den Erfolg und ein würdiges Friedrich Hofmann-Denkmal zu sichern. Aber sie vereint ihre Bitte mit derjenigen des Komitees und spricht die Hoffnung aus, daß Freundestreue und Freundesdank die Herzen und die Hände öffnen werden. Der kleinste Beitrag soll in Ehren gehalten werden wie der reichere, und erhebt sich nach Jahr und Tag in Ilmenau ein bescheidenes oder ein stolzes Denkmal, so wird sein schönster und größter Schmuck der sein, daß tausend Herzen und Hände geholfen haben, es zu errichten.
Herr Kaufmann Hermann Kirscht zu Ilmenau in Thüringen wird alle Beiträge zum Friedrich Hofmann-Denkmal mit Dank entgegennehmen; wer aber die Vermittlung der Redaktion der „Gartenlaube“ in Anspruch nehmen will, der thue es ohne Scheu; mit Dank wollen wir quittiren und die Eingänge an den Kassirer des Komitees weitersenden. **
Das neue Stuttgarter Schwimmbad. (Mit Abbildung S. 553.) Man hat für das natürliche Schwimmbad, welches für den Gesunden das beste Bad ist, allerlei Ersatzmittel zu schaffen gesucht, um überhaupt wenigstens die Reinigung der Haut zu erzielen: Wannenbäder und Brausebäder. Erst später verfiel man auf den Gedanken, daß man die Natur nachahmen und in der Mitte der Großstädte Schwimmhallen herstellen könne. Dieser Gedanke ist verhältnißmäßig neu und seine Verwirklichung bildet eine der schönsten gesundheitlichen Errungenschaften der Neuzeit. Die Wiener waren die ersten, die in den vierziger Jahren in ihrem Diana- und Sophienbad Schwimmhallen einführten, aber sie blieben auf halbem Wege stehen, indem sie ihre Schwimmhallen den Winter über in Konzertsäle und Tanzböden verwandelten. Bahnbrechend war auf diesem Gebiete England vorgegangen, das schon im Jahre 1846 die epochemachende Parlamentsakte des Sir Henry Dukinfield besaß, laut welcher die Gemeinden und Kirchspiele mit großen Vollmachten zur Gründung von öffentlichen Bade- und Waschanstalten ausgerüstet wurden, und von England pflanzte sich diese Bewegung nach Deutschland fort. 1855 wurden die ersten deutschen öffentlichen Badeanstalten in Berlin und Hamburg eröffnet und das Berliner Bad hatte neben Wannenbädern auch das erste deutsche Schwimmbad in gedeckter Halle. Dieses blieb jedoch während der fünf kalten Monate geschlossen. Da ging Magdeburg einen Schritt vorwärts, indem die dortige 1860 eröffnete Aktienbadeanstalt zum ersten Male auch den Winterbetrieb einführte. Der Bann war gebrochen und von Jahr zu Jahr wurden in den deutschen Großstädten neue Badeanstalten mit Schwimmhallen errichtet, die darin wetteiferten, ihre Einrichtungen immer vollkommener zu gestalten. Berühmt sind die „Öffentliche Badeanstalt zu Bremen“ und das „Hohenstaufenbad“ in Köln, und als Ergebnisse der rührigen Unternehmung von Privatleuten sind die Leipziger, seinerzeit in der „Gartenlaube“ beschriebenen Badeanstalten erwähnenswerth (s. Jahrg. 1875, Nr. 11; 1881, Nr. 11). Als das jüngste Glied in der Kette dieser Anstalten tritt heute das Stuttgarter Schwimmbad auf.
Eine Aktiengesellschaft ist die Gründerin desselben, aber eine solche, die nicht auf Gewinn ausgeht, sondern lediglich gemeinnützige Zwecke verfolgt. Das nöthige Kapital ist fast vollständig durch Aktien, dreiprozentige Schuldscheine und Bäderberechtigungsscheine, welche theils vom König, von der Stadt, von Vereinen und Stiftungen, theils aus der Mitte der Bürgerschaft gezeichnet wurden, aufgebracht worden, während nur eine verhältnißmäßig geringe Summe als freie Schenkung in der Form von Ehrenbeiträgen zugeflossen ist. So mußte denn auch bei der Ausführung möglichste Sparsamkeit der leitende Grundsatz bleiben. Schon in der Wahl des Platzes spricht sich dies aus; man verzichtete auf einen Bau an der Straßenlinie, der nur zur Entfaltung einer mehr oder minder kostbaren Fassade genöthigt hätte, und wählte einen übrigens von zwei Seiten aus bequem zugänglichen Hinterplatz. Dort erhebt sich das in einfachem Stile gehaltene, aus einem Hauptbau und einem Seitenflügel bestehende Gebäude, dessen einziger in die Augen fallender architektonischer Zierat, eine stolze Kuppel über dem Treppenhause, doch wieder einem durchaus praktischen Zwecke dient, nämlich der Aufnahme des Hochreservoirs, in welches das Wasser durch ein Pumpwerk aus dem Brunnen gehoben wird, soweit dasselbe nicht unmittelbar nach den Verbrauchsstellen – den Brausen und Wannenbädern – befördert wird.
Treten wir ein in die freundliche Eingangshalle und machen wir einen kurzen Gang durch die Anstalt: da liegen unten im Souterrain die Maschinen aller Art, die Wäscherei mit ihrem Trockenraum und ihrer dampfgetriebenen Mangel, der 26 Meter tiefe Brunnen, das Dampfkastenbad und die Wannen- und Brausebäder III. Klasse für Männer. Hochparterre und erster Stock weisen eine stattliche Reihe von Wannenbädern I. und II. Klasse auf, im Hochparterre für Männer, im ersten Stock für Frauen, während die Bäder III. Klasse für Frauen im zweiten Stocke liegen. Im ersten Stock befindet sich außerdem noch ein Zimmer für Aerzte, im zweiten die Wohnung des Hausverwalters. Vom Erdgeschoß und ersten Stockwerk führen die Gänge hinüber nach den Auskleideräumen des Schwimmbads, welches allein den ganzen Seitenflügel einnimmt und durch alle Stockwerke hindurchgeht. Ehe wir sie aber betreten, steigen wir hinauf auf das flache, mit Zink gedeckte Dach. Was soll der nach drei Seiten mit Leinenwänden eingerahmte Platz da oben, auf den die Augustsonne kräftig herunterbrennt? Es ist das Sonnenbad, die einfachste, aber doch nicht zu verachtende Art der körperlichen Erfrischung, welche darin besteht, daß man den Körper ruhig von der Sonne bestrahlen läßt, während der Kopf, wenn nöthig mit kühlenden Umschlägen versehen, im Schatten liegt.
Das Stuttgarter Schwimmbad weist in seiner Vollendung alle die Vorzüge der bereits bekannten Schwesteranstalten auf, indem die Erbauer desselben auf Grund eines genauen Studiums der Erfahrungen anderer Bäder das Bewährteste sich anzueignen wußten. Außerdem aber bedeutet dieses Bad wiederum einen Schritt vorwärts in der Entwickelung unseres Badewesens, denn wir finden in ihm auch beachtenswerthe Neuerungen. Die hervorragendste ist ohne Zweifel das Erwärmungsdampfbad als Vorbereitung zum Schwimmbad. Das Baden soll niemals in frierendem Zustande erfolgen, ein solches Baden ist, namentlich für Nervöse und Blutarme, geradezu gesundheitsschädlich. Um nun diesem Uebelstand gründlich abzuhelfen, ist in dem Stuttgarter Schwimmbade ein besonderer Raum geschaffen worden, der, durch Dampf mäßig, angenehm erwärmt, einen Vorbereitungsaufenthalt für solche bietet, die vor Eintritt in das Schwimmbad das Bedürfniß der Erwärmung empfinden.
Das Stuttgarter Schwimmbad ist auch in gewissem Sinne ein Volksbad, indem während der Abendstunden am Mittwoch und Sonnabend der Zutritt zu demselben zu einem ermäßigten Preise von nur 10 Pfennig gestattet ist. Dies bietet den weitesten Kreisen die Möglichkeit, der Wohlthat, die ein kühles Schwimmbad gewährt, theilhaftig zu werden.
Nebenbei möchten wir noch erwähnen, daß in einem besonderen, abgetrennten Raume des Souterrains auch ein „Hundebad“ errichtet ist, in welchem die Hunde entweder vom Besitzer selbst oder von eigens hierzu bestellten zuverlässigen Wärtern, die mit Thieren umzugehen verstehen, gebadet werden – „der Gerechte erbarmt sich seines Viehes“.
Das Stuttgarter Schwimmbad bedeutet einen neuen Triumph des Wassergottes in dem einst so badefaulen Deutschland. Je mehr solcher Triumphe wir verzeichnen, desto besser wird es um die Volksgesundheit bestellt sein. Und so möge denn der Anschluß Stuttgarts an die mit Schwimmhallen versehenen Städte dort anspornend wirken, wo es bis jetzt bei frommen Wünschen geblieben ist! *
Zimmerpflanzen im August. Schön blühende Blumenzwiebeln, wie Hyazinthen, Tulpen, Narzissen, Tazetten, Jonquillen, Crocus etc., bilden im Winter den angenehmsten Blumenschmuck des Zimmers. Wer sie nicht am Orte bei einem Händler persönlich aussuchen kann, muß die Zwiebeln jetzt bestellen. Er wird sie dann im günstigen Falle im September bekommen, und das ist die Zeit, dieselben einzupflanzen. Will jemand Hyazinthen in Wassergläsern ziehen, so muß er dies besonders bemerken, denn es giebt besondere dazu geeignete Sorten. Ueberhaupt muß der Besteller angeben, ob er frühe oder späte Sorten, gefüllte oder einfache wünscht und wie viel von jeder Art und Farbe. Wer nicht ausgesucht schöne und daher auch theure Sorten begehrt und billig kaufen will, bestelle sogenannten „Rummel“ zum Treiben; aber gesondert nach Farben. Viele Zwiebelhändler bieten auch Sortimente, aus verschiedenen Farben bestehend, zu verschiedenen Preisen an. Im Rummel kommt jede Zwiebel durchschnittlich auf etwa 25 bis 30 Pfennig, Hat man nicht genügend Blumentöpfe für die Zwiebeln und nicht die Sicherheit, dieselben am Orte rasch zu bekommen, so bestelle man sie zeitig genug. Die Größe der Hyazinthentöpfe (15 cm hoch, oben 9 cm weit) weiß wohl jeder Töpfer. Größere Töpfe sind unnöthig und unschön.
Hat man die Absicht, Blumen aus dem Lande im Winter zur Blüthe zu bringen, z. B. Monatsveilchen, Vergißmeinnicht, Landprimel etc., so pflanze man sie gegen Ende des Monats in Töpfe und stelle sie bis November im Freien auf. Versteht es der Blumenfreund, Rosen im Winter zu treiben, so halte er die schon in Töpfen stehenden Treibrosen in diesem Monat trocken, ohne sie ganz austrocknen zu lassen, was am einfachsten durch Umlegen der Töpfe mit den Pflanzen geschieht, so daß kein Regen sie treffen kann.
Hat man, wie im vorigen Monat angedeutet wurde, die zum Winter- und Frühlingsflor bestimmten chinesischen Primeln und Cinerarien selbst ausgesät, so haben die Pflänzchen jetzt die Größe, um in flache Samentöpfe oder Kästchen weiter verpflanzt zu werden. Später, im September, müssen sie einzeln in kleine Töpfe, später nochmals in größere versetzt werden. Wer die für das Blumenfenster und die Gartenbeete bestimmten krautartigen Pflanzen, rundblätterige Pelargonien (sogenannte Scharlach-Geranien), Lobelien, Heliotrop, buntblätterige Coleus, Iresine (Achyranthes) etc., selbst ziehen und überwintern will, mache jetzt Stecklinge davon. [564] Uebrigens ist es vortheilhafter, solche Pflanzen, sowie auch Cinerarien und chinesische Primeln rechtzeitig aus sogenannten Pflanzenversandgeschäften, die es jetzt in allen Gegenden giebt, zu beziehen. Diese ziehen von solchen beliebten Blumensorten Tausende und verkaufen billig. Wer krautartige Calceolarien selbst ziehen will, was ich indessen kaum empfehlen möchte, muß den Samen im August aussäen, die Saatgefäße nur mit einer Glastafel bedecken und sehr darauf sehen, daß die kleinen Nacktschnecken die Pflänzchen nicht abfressen. Sie werden später einzeln in kleine Töpfe in Heideerde verpflanzt und an einem hellen, kühlen, aber frostfreien Orte durchwintert. Stehen sie zu warm, so bekommen sie Blattläuse.
Haben manche unter den ständigen immergrünen Zimmerpflanzen zu kleine Töpfe, so ist es jetzt noch Zeit, sie umzupflanzen, doch nehme man nur mäßig größere Töpfe, sonst werden die Pflanzen krank. H. J.
Wie ist das Bett zu stellen? Es ist Mode geworden, über Erkältungskrankheiten zu spotten und die Gefahren des Zugwindes zu leugnen. Leider schüttet man beim Reden von der Abhärtung das Kind mit dem Bade aus. Nicht jeder kann beim offenen Fenster schlafen, und wenn erzählt wird, daß Franklin, wenn er nicht schlafen konnte, ein Luftbad zu nehmen Pflegte, indem er unbekleidet bei offenen Fenstern eine Viertelstunde im Zimmer auf und ab ging, so möchten wir dieses Schlafmittel den wenigsten empfehlen; denn Schnupfen, Halsentzündung, Lungenkatarrh und Rheumatismus sind keine leeren Wahngebilde!
Viele Leute können sich selbst im Bette erkälten, und daran ist zumeist die falsche Stellung des Bettes schuld. Die Hauswände sind nicht luftdicht, fortwährend strömt durch dieselben Luft von außen in die Zimmer hinein; man kann diesen leisen Zug oft fühlen und durch die Bewegung einer nahe an die Wand gebrachten Flamme nachweisen. Eine Frau hatte das Nachtlicht in einer Ecke auf einem Konsol aufgestellt und wunderte sich, daß es fortwährend hin und her flackerte. Sie verschloß alle Fugen des nächsten Fensters aufs genaueste, aber das Flackern hörte nicht auf, denn der Luftzug kam eben durch die dicke Hauswand. Steht nun das Bett mit seiner Langseite dicht an der Wand, so ist der Schlafende während der ganzen Nacht dem Zuge ausgesetzt. „Es werden hierdurch,“ schreibt Reclam in dem „Buch der vernünftigen Lebensweise“, „Erkältungen aller Art hervorgerufen, am häufigsten hartnäckige ‚Rheumatismen‘, welche natürlich jeden Heilverfahrens spotten, weil sie während der Nachtzeit immer von neuem hervorgerufen werden.“ Will man sich nun vor diesem Uebel durch das Heizen des Zimmers und wärmere Deckbetten schützen, so erzielt man gerade das Gegentheil; denn der Temperaturunterschied zwischen der äußeren Luft und der Zimmerluft wird dadurch größer, der Luftzug stärker und empfindlicher. Man soll darum das Bett mit dem Fußende senkrecht zu der Wand und mit dem Kopfende nach der Mitte des Zimmers stellen. Dabei ist auch zu beachten, daß das Bett nicht zu nahe an dem Fenster stehe.
Man wird einwenden, daß diese Einrichtung nicht gut möglich sei, da die Schlafzimmer für solche Bettstellungen zu klein seien. Dies wird bei Armen, die mit des Lebens Nothdurft zu kämpfen haben, wohl der Fall sein, aber bei einer großen Zahl von Familien sicher nicht. Die meisten haben nur in der Wahl der Zimmer einen Fehler gemacht. Wenn sie die „gute Stube“ zur Schlafstube und die Schlafstube zur „guten Stube“ machen, dann wird ihnen geholfen sein und sie werden dabei nur gewinnen; denn sie werden wie die Fürsten schlafen und ihre Gäste eben so empfangen, wie es fleißige und vernünftige Bürger thun können. *
Der Einfluß des elektrischen Lichtes auf die Augen. Die Elektrizität liefert uns Lichtquellen von einer Stärke, wie sie früher von der künstlichen Beleuchtung nicht erreicht wurde. Die Vortheile, die uns das elektrische Licht bietet, sind jedoch wie alles in der Welt auch mit Nachtheilen verbunden. Seeleute, die an elektrischen Apparaten Dienst haben, Arbeiter beim elektrischen Löthverfahren etc. sind diesen Gefahren besonders ausgesetzt, und man hat bei ihnen öfters eine Augenkrankheit beobachtet, für die man den besonderen Namen der „photoelektrischen Ophthalmie“ vorgeschlagen hat. Die Erscheinungen derselben sind sehr eigenthümlich. Anfangs spürt der Betroffene keine Wirkung. Die Symptome beginnen erst während des Schlafes. Ein heftiger Schmerz, der von Thränenfluß begleitet ist, weckt den Kranken. Die Lichtscheu erreicht dabei oft eine eigenthümliche Heftigkeit.
Aeußerlich bemerkt man eine Anschwellung der Augenlider und eine Blutüberfüllung der Hornhaut; die Untersuchung mit dem Augenspiegel zeigt einen Blutandrang und zuweilen nervösen Puls in den Gefäßen der Netzhaut. Nach anderthalb bis drei Stunden beruhigen sich diese stürmischen Symptome, der Kranke schläft wieder ein und erwacht am andern Morgen geheilt, nur ein wenig Augenermüdung, wie sie sich etwa nach langem abendlichen Lesen einstellt, macht sich wahrnehmbar.
Der Schlaf ist eine nothwendige Bedingung für das Erscheinen der photoelektrischen Augenkrankheit; bei Leuten, welche am Morgen ihre Augen elektrischem Licht aussetzen, tritt die Krankheit ein, während sie ihren Mittagsschlaf halten und nicht erst des Nachts. Bleiben sie wach, so empfinden sie nur unbedeutende Lichterscheinungen und können selbst am Abend vor dem nächtlichen Krankheitsausbruch noch lesen und schreiben.
Nach den Mittheilungen des „Elektro-Technikers“ soll diesem Leiden stets die Heilung folgen. Nichts desto weniger erscheint es ernst genug, um Mittel zur Verhütung desselben anzuwenden. Auch im gewöhnlichen Leben kann das elektrische Licht schädigend wirken. Man muß sich hüten, mit ungeschützten Augen namentlich in das grelle Bogenlicht zu blicken, ja selbst die Glühlichtlampen sind nicht ungefährlich. Die dünnen Leuchtfäden derselben wirken wie schneidende Messer auf die Netzhaut.
Die Augenärzte haben ja längst festgestellt, daß jedes direkte Licht das Auge blendet und nicht gesund ist, und haben wiederholt auf die Nothwendigkeit der Lampenglocken im Haushalt hingewiesen. Auch bei der elektrischen Beleuchtung sind ähnliche Glocken aus gefärbtem oder mattem Glase dringend nothwendig.
Dieser Wink gilt namentlich für Geschäftsinhaber und Besitzer öffentlicher Räume, welche Bogenlichtbeleuchtung benutzen. *
Man lege die 28 Steine eines gewöhnlichen Dominospiels in der Weise zu nebenstehender Figur zusammen, daß die Summe der Augen in jeder der acht wagerechten, in jeder der acht senkrechten und in jeder der beiden diagonalen Felderreihen 21 beträgt. Zur Erleichterung ist der Platz von 10 Steinen angegeben. A. Stabenow.
A. W. in Gm. Die „Gartenlaube“ hat schon wiederholt über die Einrichtung von Eisenbahn-Fundbureaus Auskunft ertheilt, so Jahrgang 1886, S. 724, und 1887, S. 484. Inzwischen hat der Deutsche Eisenbahnverkehrsverband die Bestimmungen über die Behandlung der Fundsachen durch einheitliche Vorschriften über telegraphische Nachforschungen sowie Nachsendung aufgefundener Gegenstände ergänzt. Gegen die Entrichtung einer festen Gebühr von 50 Pfennig kann die Abgabe einer Dienstdepesche, deren Abfassung den Bahnbeamten zu überlassen ist, beansprucht werden, und gegen eine gleich hohe Gebühr erfolgt die Nachsendung der gefundenen Gegenstände ohne Rücksicht auf Anzahl, Gewicht und Entfernung. – Wünschenswerth wäre die Ermässigung der letzteren Gebühr auf die Hälfte nach dem Beispiel des Postpacketsatzes für die erste Zone, sofern leichte Sachen wie Stöcke und dergleichen nach naheliegenden Orten nachzusenden sind.
J. C. H. in Wageningen. Heinrich Heine ist, nach seinem eigenen Wunsche, auf dem Montmartre zu Paris begraben.
F. R. in Wien. Die naturwissenschaftliche Zeitschrift „Himmel und Erde“ erscheint im Verlage von Hermann Paetel in Berlin. Prospekt und Probeheft können Sie durch jede gute Buchhandlung beziehen.
R. Ch. in Dresden. Sie haben vollständig recht. Der Königspavillon bei der Wettin-Feier in Dresden war nicht ein Werk des Bauraths Weidner, sondern er wurde im Auftrag des k. sächsischen Finanzministeriums von Landbauinspektor Ottomar Reichelt entworfen und ausgeführt.
B. v. D. in Kaima, Livland. Im großen ganzen sind die dem Romane zu Grunde liegenden Begebenheiten geschichtlich beglaubigt. Nur ist der Untergang des alten friesischen Festlands, dessen Ueberreste in den heutigen friesischen Inseln noch fortbestehen, nicht auf einmal, sondern durch wiederholte zerstörende Einbrüche des Meeres erfolgt, deren verhängnißvollste in die Jahre 1277, 1287, 1511 und 1634 fallen.
Junge Hausfrau in Altona. Zum Entfernen selbst veralteter Flecken und zum Waschen getragener Kleidungsstücke empfehlen wir die Herstellung folgender Tinktur, welche in jeder Haushaltung vorräthig sein sollte: 31/2 Kilogramm fein geschabte Olivenölseife, sogenannte Marseiller Seife, wird nebst 300 Gramm Soda und unter Zusatz von 250 Gramm Seifenrinden-Extrakt in heißem Wasser gelöst. Diese Lösung stellt man bei Seite. In einem zweiten Gefäße mischt man unter tüchtigem Umrühren 71/2 Liter Ochsengalle mit 3/4 Liter Salmiakgeist (Ammoniakflüssigkeit) zusammen, erhitzt diese Mischung, schöpft sie dann ab und gießt, nachdem sie vollständig erkaltet ist, 71/2 Liter 90%igen Weingeist hinzu. Nunmehr gießt man 2 Theile dieser letzteren Lösung zu 1 Theil der ersteren, rührt alles tüchtig zusammen und giebt noch etwas Bergamotten- und Lavendelöl zu. Diese Tinktur eignet sich vortrefflich zum Entfernen von Flecken aus Geweben und, mit fünf- bis sechsmal soviel weichem Wasser verdünnt, zum Waschen getragener Kleidungsstücke. Die Materialien zu dieser Tinktur liefert jede größere Droguenhandlung.
Im Bauernkittel. Erzähl. von R. Falk. Mit einer Zeichn. von A. Zick. – „Der Saldner kommt!“ Von Viktor Blüthgen. Zu dem bunten Bilde von J. Kleinmichel. – Eine korsikanische Antigone. Nach einer wahren Begebenheit erzählt von E. Rudorff. Mit Zeichnung v. H. Vogel. – Deutsche Ansiedler in Amerika am Anfang des vorigen Jahrh. Von Ernst Otto Hopp. Mit Zeichnungen von C. W. Allers. – Alfred Krupp, des Deutschen Reiches Waffenschmied. Von Edmund Sträter. Mit Illustr. – Das Musizieren der Insekten. Von Ludwig Staby. Mit Illustr. von Fedor Flinzer. – Unsere Winterschläfer. Von Ludwig Staby. Mit Illustr. – Mein Garten. Von A. Nicolai. – Knackmandeln, Räthsel u. s. w.
Inhalt: Gold-Aninia. Eine Erzählung aus dem Engadin. Von Ernst Pasqué (Fortsetzung). S. 549. – Hopp! Hopp! Illustration S. 549. – Lenaus Muse. Von Gustav Karpeles. S. 554. – Originalgestalten der heimischen Vogelwelt. Thiercharakterzeichnungen von Adolf und Karl Müller. 3. Sonderlinge und Käuze. a. Sonderlinge. Unsere Rohrdommeln. S. 556. Mit Abbildung S. 557. – Schatten. Novelle von C. Lauckner (Fortsetzung). S. 558. – Ein guter Witz. Illustration S. 561. – Blätter und Blüthen: Friedrich Hofmann-Denkmal in Ilmenau. S. 563. – Das neue Stuttgarter Schwimmbad. S. 563. Mit Abbildung S. 553. – Zimmerpflanzen im August. S. 563. – Wie ist das Bett zu stellen? S. 564. – Der Einfluß des elektrischen Lichtes auf die Augen. S. 564. – Domino-Patience. S. 564. – Kleiner Briefkasten. S. 564.