Orgelbauer

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 1. Juni 2015 um 12:53 Uhr durch Thornard (Diskussion | Beiträge). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Prospektentwurf von Johann Georg Dirr

Der Orgelbauer befasst sich mit dem Entwurf, der Konstruktion, der Herstellung und der Klanggestaltung von Orgeln. Zusätzlich besteht seine Aufgabe darin, bestehende Orgeln zu pflegen, zu reparieren, zu renovieren, zu restaurieren und zu rekonstruieren. Neben dem eigentlichen Orgelbau ist die Orgelpflege, Stimmung und Intonation das Hauptbetätigungsfeld des Orgelbauers.

Der Orgelbau wurde gemeinsam mit der Orgelmusik als eine von 27 Kulturformen und Handwerkstechniken in das Bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes in Deutschland aufgenommen.[1]

Arbeitsbild

Orgelbauer beim Vorintonieren. Aufnahme aus dem Jahr 1966

Für den Bau einer Orgel erhält der Orgelbauer Vorgaben vom Auftraggeber (meist Kirchgemeinden und Orgelsachverständige). Diese enthalten vor allem die Disposition. Für räumliche, technische und klangliche Gegebenheiten muss der Orgelbauer Lösungen finden, die den finanziellen und musikalischen Vorgaben entsprechen. Danach muss er die Orgel bis in jedes Detail konstruieren. Dazu sind einige theoretische Voraussetzungen nötig, die speziell für den Orgelbau erworben werden müssen, darunter die Mensurierung von Orgelpfeifen. Neben dem Wissen über die verschiedenen Materialien (Hölzer, Metalle, Filze, Leder u. a.) müssen aber auch Kenntnisse im Bereich der Statik, Aerodynamik, Mechanik und Elektronik vorhanden sein.

Die praktischen Fähigkeiten, die der Orgelbauer nun benötigt, schließen den Bau des Pfeifenwerks, aller Bestandteile der technischen Anlage und des Gehäuses einer Orgel mit ein. Nicht jeder Orgelbauer muss dabei in jedem Arbeitsbereich ein Spezialist sein. In einer Orgelbauwerkstatt arbeiten meist für jeden Bereich andere Orgelbauer. Mit manchen Arbeiten werden auch regelmäßig externe Firmen oder Orgelbauer beauftragt, zum Beispiel dem Metallguss, dem Pfeifenbau oder mit Sonderanfertigungen selten benötigter Teile.

Nach der Anfertigung aller Bestandteile der Baugruppen einer Orgel und der Vorintonation des Pfeifenwerks erfolgt meist ein Teil- oder Gesamtaufbau der Orgel in der Werkstatt. Anschließend wird das Instrument wieder zerlegt, die Bestandteile werden zum Bestimmungsort transportiert. Dort wird die Orgel endgültig aufgebaut. Abschließend werden die Pfeifen intoniert und gestimmt.

Regelmäßige Wartungsarbeiten vor Ort umfassen die Stimmung des Pfeifenwerks und die Regulierung der Traktur. Auch muss der Orgelbauer kleinere und größere Reparaturen durchführen, die auf Grund von Verschleiß, unvorhergesehenen Einwirkungen oder unsachgerechter Behandlung (hier ist vor allem das falsche Raumklima zu nennen) notwendig sind.

Bei einer Überholung einer Orgel wird das Pfeifenwerk ausgebaut, alle Baugruppen einer Orgel werden gründlich gereinigt und wenn nötig instand gesetzt. Im Zuge einer Überholung werden ggf. auch kleinere Umbauten, Veränderungen oder Erweiterungen an einzelnen Baugruppen mit vorgenommen.

Bei einer Orgelrestaurierung wird eine Orgel in einen vorherigen Zustand zurückversetzt. Dabei müssen die einzelnen Teile des Instrumentes in Material und Ausführung möglichst schonend restauriert oder originalgetreu rekonstruiert werden.

Spieltischbau. Aufnahme aus dem Jahr 1966

Ausbildung und Situation des Berufs

Mit dem Begriff Orgelbauer bzw. Orgelbaumeister wird ein Handwerksberuf in der Musikinstrumentenherstellung bezeichnet. In Deutschland trägt er die vollständige Bezeichnung Orgel- und Harmoniumbauer, in der Schweiz Musikinstrumentenbauer EFZ mit Fachrichtung Orgelbau. Die Ausbildung eines Orgelbauers erfolgt in Deutschland einerseits in einer Orgelbauwerkstätte und andererseits an der Bundesfachschule für Instrumentenbau in Ludwigsburg. Dort werden auch regelmäßig Kurse für angehende Meister angeboten, die ihre Prüfung vor der Handwerkskammer Stuttgart ablegen.

In Deutschland gibt es ca. 200 Orgelbauwerkstätten mit etwa 2200 Beschäftigten (Stand 2003). Es ist zu erwarten, dass sich die Anzahl der Beschäftigten im Orgelbau auf Grund der sich verschlechternden finanziellen Situation der katholischen und evangelischen Kirchen erheblich verringern wird[2][3]

Siehe auch

Literatur

Commons: Orgelbauer – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Orgelbauer – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Pressemitteilung der Kultusministerkonferenz
  2. Martin Kares: Die Situation des Orgelbaus in Deutschland zu Beginn des 21. Jahrhunderts. (PDF; 1,5 MB) In: Die Orgel zwischen Gestern und Morgen. Walcker-Stiftung für orgelwissenschaftliche Forschung, 2011, S. 14–15, abgerufen am 1. Oktober 2012 (Bericht über das zehnte Colloquium der Walcker-Stiftung für orgelwissenschaftliche Forschung 23.–25. September 2003 in Siegen).
  3. Roland Eberlein: Orgelneubauten sind selten geworden. (PDF) In: Blog Orgelwelt aktuell. Walcker-Stiftung für orgelwissenschaftliche Forschung, 16. Januar 2014, abgerufen am 25. Dezember 2014.