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Mein Freund

Aus Wikipedia
Der Artikl is im Dialekt Weanarisch gschriem worn.
Daten
Titl: Mein Freund
Goddung: Posse mit Gesang in drei Akten nebst einem Vorspiele
Originalsproch: Deutsch
Autor: Johann Nestroy
Musi: Carl Franz Stenzl
Uaauffiahrung: 4. April 1851
Oat vo da Uaauffiahrung: Carl-Theater in Wean
Oat und Zeid vo da Handlung: Die Handlung geht in der Hauptstadt[1] vor und spielt um Sechs Jahre später als das Vorspiel
Personen

des Vorspiels:

  • Spaltner,[2] Besitzer einer Buchdruckerey
  • Fanny, seine Tochter
  • Julius Fint, erster Faktor[3] in Spaltners Buchdruckerei
  • Schlicht, zweiter Faktor in Spaltners Buchdruckerei

des Stückes:

  • Julius
  • Schlicht
  • Hochinger, ein Mauerer[4]
  • Theres, dessen Gattin
  • Marie, beyder Tochter
  • Hummer, Besitzer einer Leihbibliothek
  • Schippl, dessen Ladendiener
  • [ein Gehilfe]
  • Stein, Juwelir
  • Frau von Stein, dessen zweyte Frau
  • Clementine, Stein's Tochter erster Ehe
  • Madam[e] Sauv[e]garde,[5] Clementinens Begleitung
  • Anton, Bedienter in Stein's Hause
  • Lisette, Stubenmädchen in Stein's Hause
  • Felber, Schreiber in einem Auskunfts-Bureau
  • ein Bedienter
  • ein Stubenmädchen
  • eine Köchin
  • Stuzl, ein kleiner Junge
  • Jacob, Hausknecht bey Hummer
  • Traiteur[6] im Casino
  • ein Herr
  • Kogl, ein Kalkbauer[7]
  • Eva, dessen Weib
  • Toni, beyder Tochter

Mein Freund is a Posse mit Gesang in drei Akten nebst einem Vorspiele vom Johann Nestroy. Sie is aum 4. April 1851 im Weana Carl-Theater ois Benefizvuastöllung füa'n Dichta söwa zum eascht'n Moi aufg'füaht wua'n.

  • Vuag'spüi:

Da vatrau'nssöliche Schlicht hoit in Julius Fint füa'r an treu'n Freind. Wia'r a kündicht, damit in Spaltner sei Tochta Fanny net kompromettiat wiad, wüll a da von eahm vaeaht'n Amalie duach'n Julius an Briaf zuakumma låss'n, mit da Bitt', auf eahm zum woat'n. No dazua setzt si dea „Freind“ duach an g'föischt'n Wechs'l in Besitz von an füa'n Schlicht vuag'sechanan Doaleh'n:

„Bey anderen Leuten ist der Kopf der verrückte Theil, bey dem das Herz. Gleichviel, der Kluge ist einmahl dafür da, die Narren jeder Sorte auszubeuten, und thut er's nicht, so ist er selbst ein Narr. Daß ich keiner bin, das soll gleich jetzt ein kleines Klugheitspröbchen zeigen.“ (Vorspiel, 8te Scene)[8]

Duach an Zuafåll kaunn da Schlicht den foisch'n Wechs'l dawisch'n, mecht owa trotzdem nix geg'n den Fallott'n untanehma und in Julius sogoa vageb'n, weul a hofft, dass des nua'r a amåliche Schuakarei g'wes'n is.

  • Des Stückl söwa:

Sechs Joahr späda: Da Schippl ist grantich üwa de Vakäufarin Marie, weu de duach iah freindliche Oat imma meah Kund'n in de Leihbücharei einelockt und eahm daduach des g'wauhnte Nixtuan unmegli måcht:

„Mir, einem alten Diener, das anthu'n – !“ (I. Act, 1ste Scene)[9]

Ea varåt aus Zuan ihra Muada Theres, dass sogoa'r a Baraun dera Marie eafoigreich in Hof måcht. Da Hochinger bringt in Schlicht mit nåch Haus, dea wo sei Vetta is und de Marie bringt eahm safuat ois G'schäftsfüahra in Hummer sein G'schäft unta. Da Schlicht håt eafoah'n, dass de Amalie an aundan g'heirat håt und mecht drum nia meah von da Liab wås wiss'n.

Da Julius gibt si jetzt'n ois Baraun aus, måcht da Marie den Hof, wickl't owa gleichzeiti de Clementine uman Finga, de Tochta vom Juwelia Stein. Ea üwared't de Clementine, auf an Ball möglichst vüi Diamantschmuck von iah'n Vodan zum tråg'n und benutzt de nichtsauhnate Marie ois Zuatrågarin. In da Frau vom Stein dakennt da Schlicht de Amalie und erfoaht von iah, dass da Julius den Briaf untaschlåg'n und sie drum entteischt üwa'n Schlicht sei scheinboare Foischheit in Stein g'heirat' håt. Da Schlicht nimmt se vua, de Marie vua'n hintafotzich'n Julius zum beschütz'n. Dea entfüaht de Clementine vom Ball weul a's augebli hamli heirat'n mecht, owa in Wiaklichkeit nua'r auf de Brüllant'n aus is. Ea bringt de Clementine zum Koichbauan Kogl, wo'r a dem guatgläuwich'n Madl mit an Schmäh de Brüllant'n wegnimmt. Da Schlicht belauscht de zwaa:

„’s Klingt wohl so, aber er begeht Niederträchtiges an meiner Nichte, und wer gegen eine Person schlecht verfahrt, warum sollt' der mit Diamanten honetter handeln.“ (III. Act, 6te Scene)[10]

Da Schlicht beowåcht', wo da Julius dem Schmuck vasteckt, måcht dem seine Lüag'n vua'r olle Leut' bekaunnt und suagt dafüa, dass a vahåft' wiad. Ea trest' de Marie und iah Famülie und des Publekum deaf aunehma, dass a söwa daunn um iah Haund auhoit'n wiad, wås da Schippl so kommentiat:

„Ihr' Marie kriegt einen Mann – Sie krieg'n a Frau – ich geh' auch nicht leer aus – der Herr von Stein hat seine Tochter wiederkriegt, samt alle Brillianten – mag auch an der G'schicht' manches zu tadeln sein, den Ausgang find' ich brilliant.“(III. Act, 21ste Scene)[11]

Weaksg'schicht'

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De Vualåg füa'n Nestroy sei Stückl woa launge Zeit net zum feststöi'n. Eascht im Joahr 2001 is de französesche Quöi'n entdeckt wua'n, de wo in aniche Passasch'n von de Vuaroawat'n zum dakenna woa. Es haund'lt si um in Michel Masson sein Roman Albertine von 1838.[12] Olladings geht's in dera büagalich-aristokratesch'n Sitt'nschüidaung um an g'föischt'n Briaf, a vaeit'lte Hochzeit und de spätare Rache füa'r ollas. De Gedaunk'n von da missbraucht'n Freindschåft, vom g'föischt'n Wechs'l und von da vuateuscht'n Liab vom „Baraun“ in de Juweliastochta, håt da Nestroy von duat'n g'numma.[13] A Szene (de Bloßstöllung vom Vafüahra) und drei Figua'n aus dera Szene håt da Nestroy in sein von eahm net freigebanan Weak Der alte Mann mit der jungen Frau scho früacha g'schüidat, da „oide (Låd'n-)Diena“ Schippl entspricht recht guat dem duat'n beschriebanan Diena Gabriel. Da Juwöi'nraub und de Leihbibliotheksszenan, z'saumman mit da Haundlung rund um de Marie, san in Nestroy sei gaunz eigana Beitråg.

A mögliche zweite Quöi'n, des dreiaktiche Drama Émery le Négociant (Der Kaufmann Émery) vom Boulé, Rimbaud und Dupré aus'n Joahr 1842, wiad vom Friedrich Walla aug'numma, weu's aa då drin aniche Gleichheit'n in de Haundlungan – sowoi mit'n Masson sein Roman Albertine ois wia'r aa mit'n Nestroy sein Stückl Mein Freund – gibt. Etliche davau san olladings ständich vawend'te Theata-Vasåtzstückln und deshoib net unbedingt typisch füa genau des Weak.[14]

Da Nestroy håt den Schlicht, da Wenzel Scholz den Schippl, da Alois Grois den Hochinger und da Ignaz Stahl den Spaltner g'spüit.[15]

Aniche Manuskript' vom Nestroy san eahoit'n blieb'n: Des Vuag'spüi und da 1. Akt saumt Peasaunanvazeichnis in ana'r Easchtfåssung mit etliche Notizn und Korrektua'n; a Vuasåtzbladl mit de Vameak' "Vorspiel" und "1ster Aufsatz"; an eig'nhändiche Reinschrift mit Streichungan und Üwaroawatungen; ds Vüag'spüi, da easchte und da dritte Akt in Reinschrift ohne Tit'l; a Konzept vom gaunz'n Stückl, betit'lt "Erster Aufsatz"; und aa no vaschiedane Skizz'n und Vuaroawat'n[16].

A haundschriftliche Partetua is vuahaund'n, ob's vom Stenzl söwa staummt, kaunn net mit Sichaheit g'sågt wea'n; des Tit'lbladl trågt de Aufschrift: "№ 599. Mein Freund. Posse mit Gesang in 4 Acten von Johann Nestroy. Musick von Kapellmeister Carl Franz Stenzl."[17]

Zeidungskritik

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Im Vagleich mit'n Eafolg, den Der Unbedeutende (1846) g'håbt håt, is des Stückl net gaunz so begeistat aufg'numma wua'n, olladings ois g'lungan's Geg'nstückl zu de Misseafoig' vom Joahr 1850 (Sie sollen ihn nicht haben, Karikaturen-Charivari mit Heurathszweck, Alles will den Prophet'n seh'n und Verwickelte Geschichte!) zum sehg'n.[18]

In da nestroyfreindlich'n Wiener Theaterzeitung vom Adolf Bäuerle vom 5. April 1851 woa zum les'n:

„Das Stück hat allgemein angesprochen. Eine Fülle von guten Gedanken, treffenden Einfällen erhielt das Publikum den ganzen Abend hindurch in großer Heiterkeit. […] Herr Scholz und Herr Nestroy wurden oft während der Szene wie am Schlusse jeden Akte stürmisch gerufen, das Haus war übervoll […]“

Der Humorist vom Moritz Gottlieb Saphir is aum 6. April trotz seina Nestroy-Feindlichkeit net umadum kumma, wenigst'ns a hoibheaziche Auneakennung zum schreib'n – olladings wia so oft mit ana schoaf'n Kritik dazua:

„Die Posse, ‚Mein Freund‘ betitelt, ist ebenso seicht und alltäglich erfunden als die Behandlung des Stoffes effektlos und zu gedehnt ist, dafür entschädigte der Dialog, mit welchem Herr Nestroy zeigte, daß sein Witz ebensowenig versiegt ist als sein Drang, Zoten auf die Bühne zu bringen.“

Da Scholz und da Grois san recht g'lobt wua'n, in Nestroy håt da Kritika dageg'n des Könnan ohg'sproch'n, stått ana witzich'n Peasaun an Liabhåwa doastöi'n zum kenna. De Musi von Stenzl håt a vanichtende Kritik eig'faungt.

Der Sammler vom 10. April håt dageg'n a begeistate Kritik g'måcht und de Geleg'nheit benutzt, in Humoristen zum kritesia'n:

„Ein Volksdichter hat in unseren Tage ein schweres Amt. […] hat er es mit einer neuerstandenen Clique von Katonen[19] zu tun, welche, royalistischer als der König, strenger als die Behörde, auf jede politische Anspielung, auf jedes Mäuschen, das nicht das Alltagsgrau trägt, eine erbitterte Jagd macht.“

Spätare Fåchkritik

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Wäahrend da Otto Rommel vom Nestroy seina schwächa wearat'n Kråft schreibt, z'weg'n dera's füa'r eahm notwendich g'wes'n is, die schwiariche Vualåg (in Roman vom Masson) duach a Vua'gspüi zum bewöitich'n[20], håt da Otto Forst de Battaglia in Nestroy „im Vollbesitz seines Könnens“ g'sehg'n. Drum vameakt a:

„Den Text zieren einige der schönsten und gedankenschwersten Monologe Nestroys.“[21]

Da Helmut Ahrens håt no glaubt, in Nestroy sei Vualåg warat a vazwickta Krimenäuroman g'wes'n, dea wo mimma mehr genau festg'stöit wea'n kau. Da Textakrobat Nestroy is nåch seina Manung nåch ana schöpfarisch'n Pause wiedarum in Hochfuam, es gabat in dem neuch'n Stückl a riesiche Meng' von typisch Nestroysche Wuatschöpfungan. De zu dera Zeit hauf'nweis produziat'n philosophisch'n Schrift'n hättat'n de Dialog', b'sundas von da Hauptpeasaun Schlicht, stoak beeinflusst. Des Bravog'schraa und de Missfoinskundgewungan hättat'n si bei da Easchtauffüahrung ausglich'n, da Nestroy warat owa mit unhamlich'n Beifoi g'feiat wua'n.[22]

Da Hugo Aust stöit fest, Mein Freund warat anaseits zu de „spannenden Possen“ mit Betrug, Intrig'n, Kaumpf und Aufkläarung zum rechna, aundraseits warat's a „gedankenschweres Werk“, des wo von untaschiedliche Enttäuschungan, Depresseaunan und Schicksoissschläg' haund'ln tättat. Intaressantaweis warat's des anzige Weak vom Nestroy, wo im Tit'l des besitzauzeigate Füawuat „Mein“ ois Zeich'n von an „Ich“ standat und warat deshoib imma wieda – aa weg'n dem melancholisch-resigniat'n Tonfoi – ois autobiographisch deut't wua'n.[23]

  • Text von da Druckausgåb im Libretto-Portal der Bayerischen Staatsbibliothek [1] (gaunz unt'n des Büachl duachblad'ln)
  • Helmut Ahrens: Bis zum Lorbeer versteig ich mich nicht. Johann Nestroy, sein Leben. Societäts-Verlag, Frankfurt am Main 1982, ISBN 3-7973-0389-0.
  • Hugo Aust (Hrsg.): Johann Nestroy, Stücke 30. In: Jürgen Hein/Johann Hüttner/Walter Obermaier/W. Edgar Yates: Johann Nestroy, Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Franz Deuticke Verlagsgesellschaft, Wien 2001, ISBN 3-216-30348-9.
  • Fritz Brukner/Otto Rommel: Johann Nestroy, Sämtliche Werke. Historisch-kritische Gesamtausgabe, siebenter Band, Verlag von Anton Schroll & Co., Wien 1926; S. 239–378 (Text).
  • Fritz Brukner/Otto Rommel: Johann Nestroy, Sämtliche Werke. Historisch-kritische Gesamtausgabe, achter Band, Verlag von Anton Schroll & Co., Wien 1926; S. 393–445 (Anmerkungen).
  • Otto Rommel: Nestroys Werke. Auswahl in zwei Teilen, Goldene Klassiker-Bibliothek, Deutsches Verlagshaus Bong & Co., Berlin/Leipzig/Wien/Stuttgart 1908.
  1. g'maant is Wean
  2. etliche von de vüi'n vom Nestroy vawendt'n sprechend'n Nauman san aa in dem Stückl zum find'n: Spaltner von da Zeidungsspoit'n, Fint da Fint'nreiche, da Listiche, Schlicht da schlichte (afåche) Charakta, Stein füa'n Ed'lstaa, Stuzl füa'r an „g'stutzt'n“ klaan Bua'm, Kogl (a stumpfe, runde Beagkupp'n) füa'r an stumpf'n (gedaunk'nlos'n) Bauan
  3. Faktor = Schriftsetza (oid's Wuat) aus da Drucka-Språch
  4. Mauerer = Maura (oide Schreibweis)
  5. Sauvegarde = französesch füa Schutz, Beschütza(rin)
  6. Traiteur = Kochberuf, heitz'tågs ois Catering bezeichn't
  7. Kalkbauer = seinazeit a Baua, dea wo ois Zuasåtzvadienst den Baukoich ohbaut und vua da Vawendung ois Sumpfkoich g'lågat håt
  8. Aust: Johann Nestroy, Stücke 30. S. 20.
  9. Aust: Johann Nestroy, Stücke 30. S. 25.
  10. Aust: Johann Nestroy, Stücke 30. S. 99.
  11. Aust: Johann Nestroy, Stücke 30. S. 112.
  12. Faksimile vom 1., 2. und 20. Kapit'ls (Üwasetzung vom Wilhelm Widder in da Aula der schönen Literatur, Hallberg'sche Verlagshandlung, Stuttgart 1846) in: Aust: Johann Nestroy, Stücke 30. S. 577–602.
  13. Inhoit in Brukner/Rommel: Johann Nestroy, Sämtliche Werke. 8. Band, S. 427–428.
  14. Aust: Johann Nestroy, Stücke 30. S. 183.
  15. Faksimile vom Theatazedl von da zweit'n Auffüahrung (ohne den Ignaz Stahl) in: Aust: Johann Nestroy, Stücke 30. S. 574.
  16. Handschriftensammlung der Wienbibliothek im Rathaus, Signaturen I.N. 33.412-423, 71.398, 94.307-310, 94.415-416, 100.601-602.
  17. Musiksammlung der Österreichischen Nationalbibliothek, Signatur Mus.Hs. 38.161.
  18. Brukner/Rommel: Johann Nestroy, Sämtliche Werke. 8. Band, S. 430–438. (füa's gaunze Kapit'l Zeidungskritik)
  19. Vaweis entweda auf'n Marcus Porcius Cato der Jüngere oda'r auf dem sein Buam
  20. Rommel: Nestroys Werke. S. LXXIV.
  21. Forst de Battaglia: Johann Nestroy, Abschätzer der Menschen, Magier des Wortes. Leipzig 1932, S. 74, 102.
  22. Ahrens: Bis zum Lorbeer versteig ich mich nicht. S. 328–329.
  23. Aust: Johann Nestroy, Stücke 30. S. 1.