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König Ohne Tempel, 2 Sam 7

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König ohne Tempel 2 Samuel 7 in Tradition und Redaktion

Author(s): Thilo Alexander Rudnig


Source: Vetus Testamentum, Vol. 61, Fasc. 3 (2011), pp. 426-446
Published by: Brill
Stable URL: http://www.jstor.org/stable/41309041
Accessed: 06-05-2018 08:47 UTC

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£ Vetus
Testamentum

BRILL Vetus Testamentum 61 (201 1) 426-446 brill.nl/vt

Konig ohne Tempel


2 Samuel 7 in Tradition und Redaktion

Ihilo Alexander Rudnig


Georg-August- Universitat, Gottingen

Abstract
In 2 Sam 7 old theological ideas are interpreted in a new way. David s wish to build the
is sufficient to constitute the promise of his eternal dynasty in itself. Yet, in the later strata o
text the relation between the king and JHWH has been revised: By entering into the co
not only the king, but also the people of Israel are elected. The people s destination and
lies in the cult and the worship of the Second Temple. In the discussion about God s presen
the temple the theology of his name acts as an intermediary between extreme positions. F
2 Sam 7 is part of a net of reference texts (cf. 2 Sam 6; 24) on the way towards the Chron
picture of David.

Keywords
2 Sam 7, David, Salomon, kingship, ark, temple, divine presence

Karl-Friedrich Pohlmann, meinem Lehrer und Freund,


zum siebzigsten Geburtstag.

Dass die Nathanverheifiung 2 Sam 7 zu den umstrittenen Texten im AT


gehort, muss nicht hervorgehoben werden. Ihr Alter, ihre Literargeschichte,
das Ziel ihrer Aussagen, ihr traditionsgeschichtliches Profil, die sie erhellenden
altorientalischen Parallelen und viele weitere Fragen werden kontrovers disku-
tiert. Die Forschungsliteratur zu iiberblicken, die zu den genannten Themen
erschienen ist, scheint kaum noch moglich zu sein.
Dieser Text, nach dem der Prophet Nathan dem Konig David den Wunsch,
einen Tempel zu bauen, im Namen JHWHs verwehrt (V.l-7), ihm dann aber
die Dauer von Haus und Konigsherrschaft 'd wlm „auf ewig" zusagt (V.8-17),
verbindet die Problematik des tempellosen David mit einer bedingungslosen
Verheifiung des Bestandes seiner Dynastie und ist gerade in dieser Kombination
einzigartig im AT. Er gilt als der locus classicus von dessen DavidverheiSungen.
© Koninklijkc Brill NV, Leiden, 201 1 DOI: 10.1 163/15685331 1X585568

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Zusammen mit Texten wie Ps 2:7; 89:27 1st er der Ausgangspunkt fur die
Entwicklung einer Theologie des Messianismus sowie der Gottsohnschaft Jesu
Chris ti.

Was sind die zentralen Aussagen von 2 Sam 7? Gehort der Text in ein friihes
Stadium der Davidtradition oder reagiert er bereits auf einen langeren theolo-
giegeschichtlichen Prozess? Angesichts einer komplexen Forschungslage erge-
ben sich erste Einsichten iiber die NathanverheiSung in der Auswertung
einiger kompositionskritischer Beobachtungen, mit denen ich beginnen
mochte. Denn zunachst fallt auf, dass die Zusagen von 2 Sam 7 in ihrem
unmittelbaren Kontext, also dem Samuelbuch und dem Beginn des Konige-
buches, keine oder nur eine ganz marginale Rolle spielen. Dort, wo es darum
geht, wie Salomo seinem Vater auf dem Throne folgt und sich damit die ein-
mal begonnene Dynastie erstmals festigt, wird an keiner Stelle auf eine friiher
ergangene Dynastieverheifiung substantiell Bezug genommen. Doch „gerade
beim Regierungsantritt Salomos hatte sich dies angeboten",1 so etwa Stefan
Seiler. Sparsame Vermerke, die wie 1 Reg 1:37, 47; 2:24 von Salomos Thron,
Namen oder Haus sprechen, konnten zwar als Bezugnahmen auf einzelne
Begriffe von 2 Sam 7 gedeutet werden, sie treffen aber jeweils nur Details und
sind in der Erzahllogik ihres Kontextes nicht verankert.2 Viele Exegeten sehen
deshalb und aus anderen Griinden in ihnen spate Eingriffe in den Text.3
Dieser Blick auf die Thronfolgetexte erlaubt nebenbei erste Riickschliisse
auf den terminus a quo der NathanverheiKung, auf die spater zuriikzukommen
sein wird. Es geht hierbei aber noch um etwas anderes. Denn beriicksichtigt
man die Stellung der Nathanverheifiung in ihrem weiteren Kontext, so zeigen
sich damit trotz der eben genannten Beobachtungen einige ihrer tragenden
theologischen Ideen.

0 Seiler, S. 286, ahnlich Albertz, 1996, S. 178; Waschke, S. 31. 1 Reg 2:4 ist anders als die
Verheifiungen in 2 Sam 7 mit Bedingungen versehen.
2) Bei 1 Reg 2:12, 45, 46b handelt es sich um mit der Wurzel kwn Ni. formulierte Hinweise auf
die Festigkeit von Konigsherrschaft und Thron Salomos, die in ihren jeweiligen Zusammenhang
hineinglossiert wurden. In 2:4 liegt gegen 2 Sam 7 eine Konditionierung vor, zudem ein anderer
Sprachgebrauch!
3) 1 Reg 1:35-37: Hentschel, 1984, S. 19fr; Veijola, S. 16-18 (DtrH), ahnlich Wiirthwein, S. 4,
I6f. Fiir Langlamet, S. 486 gehoren V.35, 37 zur prosalomonischen Redaktion und nach Ver-
meylen, S. 44 3, 553 gehen V.35, 37a auf SI zuriick.
1 Reg 1:46-48: Veijola, S. 16 (DtrH); Wiirthwein, S. 5, 19 (dtr); Langlamet, S. 490-494, 525
(S3); weiterhin Hentschel, 1984, S. 1 9fF; Kratz, S. 180 (DtrS). Vermeylen, S. 439ff, 553, 603
veranschlagt V.46, 47b, 48 fur SI und V.47a fur S2.
1 Reg 2:24: Veijola, S. 22 (Dtr), so auch Wiirthwein, S. 6 mit Anm. 14; Rogers, S. 399; Diet-
rich, 1997, S. 254f.

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428 T. A. Rudnig/Vetus Testamentum 61 (2011) 426-446

1. Die Nathanverheifiung in ihrem Kontext

Davids Aussage in V.2 „ich wohne in einem Hause von Zedern, die Lade Got-
tes aber wohnt inmitten der Zeltdecke" macht deutlich, dass mit der Situation
der Nathanverheifiung Zweierlei vorausgesetzt ist: Zum einen der Bau eines
Konigspalastes, zum anderen das Vorhandensein der Lade in Jerusalem. Was
den Palastbau betrifft, ist man auf die Informationen von 2 Sam 5:11 ange-
wiesen, wonach Konig Hiram von Tyrus David Baumaterial, auch Zedernholz
(sy rzym), lieferte sowie Fachleute schickte, die David einen Palast [byt)
bauten.4 Von der Uberfuhrung der Lade nach Jerusalem wird anschliefiend in
2 Sam 6 berichtet. Nach 6:17 wird sie in einem Zelt (%/) niedergesetzt, nach-
dem sie in feierlicher Kultprozession eingebracht worden ist.
Mit der Eroberung Jerusalems und der Uberfuhrung der Lade in die neue
Residenzstadt sind die Erzahlungen von Davids Aufstieg (nach Leonhard Rost
klassisch: „Aufstiegsgeschichte") beendet. Das auf die Nathanverheifiung fol-
gende Kapitel 2 Sam 8 enthalt ein Summarium von Davids allesamt erfolgrei-
chen Kriegen gegen Philister, Moabiter, Edomiter, Ammoniter, verschiedene
Aramaerstaaten und Amalekiter, das durch die Berichte von Ammoniter- und
Aramaerkriegen in c.10 und 12 erganzt wird. Diese sind ihrerseits mit der
Geburtsgeschichte Salomos verquickt. Bis 1 Reg 2 folgen Erzahlungen iiber
Auseinandersetzungen und Aufstande (nicht nur) im Hause Davids, die
schliefilich in Salomos Thronfolge miinden (nach Rost „Thronfolgege-
schichte").5 Damit ist die Nathanverheifiung jetzt das Scharnierstiick zwischen
Aufstieg und Thronfolge Davids, den sie und die sie im Riickblick oder Vor-
ausblick zu deuten scheint.
Doch die Placierung an ihren jetzigen Ort verfolgt noch ein anderes Ziel.
Es wurde beobachtet, dass David den Wunsch, dem Herrn einen Tempel zu
bauen, insofern verfriiht aufiert, als seine Herrschaft zu diesem Zeitpunkt
noch nicht gefestigt ist.6 Doch genau diese Vorwegnahme geht auf eine kom-
positorische Absicht zuriick. Die Tatsache, dass nicht David als der Dynastie-
griinder, sondern erst Salomo den Jerusalemer Tempel gebaut hat, rief

4) Bei V.ll handelt es sich um eine Antizipation von 1 Reg 5, wo die Figur Hirams fester im
Kontext verankert ist. Zum Nachweis, dass die Notiz von 1 Reg 5:15-26, 32 abhangig ist, vgl.
Donner, S. 50f. Nach V.9 liefi David sich in der Festung Zion nieder, die er „vom Millo aus nach
innen" ausgebaut hat. Die LXX liest statt MT wbyth „und sein Haus".
5) Dabei ist von den spaten Anhangen in 2 Sam 21-24 abzusehen. Sie setzen bereits die Biicher-
trennung in Sam und Reg voraus, da sie den Zusammenhang von 2 Sam lOff und 1 Reg If
unterbrechen. Das in ihnen vereinigte Material ist sehr disparat und hat nur wenig mit seinem
unmittelbaren Kontext zu tun.

6) Hertzberg, z.St.

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Erklarungsbedarf hervor, ist doch die Sorge des Konigs fur Tempelbau und
Kultpflege eine theologische Grundvorstellung im Alten Orient, „die Verbin-
dung von Konigtum und Heiligtum [ist] geradezu unaufloslich",7 so Wolf-
gang Oswald. In der atl. Traditionsbildung finden sich zwei Erklarungen fiir
Davids „Tempellosigkeit", und die Stellung von 2 Sam 7 scheint ihnen oder
ihren Vorformen bereits Rechnung zu tragen. Nach 1 Reg 5:17 konnte David
wegen der Kriege,8 die ihn in Beschlag nahmen, dem Namen JHWHs keinen
Tempel bauen. Dies zeigt eine Rede Salomos an Hiram, die Teil einer spat-
oder postdtr Einschaltung zur Vorbereitung des Tempelbauberichtes ist (1 Reg
5:1 5-32) .9 Diese Erklarung wird in der chr Konzeption der Davidfigur erheb-
lich weiterentwickelt. Denn die Chronik verankert detaillierte Vorbereitungen
zu Bau, Einrichtung und Personal des Tempels bereits in den Planungen
Davids, den sie zum „Griinder des Tempels und des Gottesdienstes"10 macht.
Der Grund, warum David trotz dieser intensiven Vorbereitungen den Tempel
nicht gebaut hat, wird in 1 Chr 22:8; 28:3 genannt: Er hat Blut in Menge
vergossen und grofie Kriege gefiihrt. Die chr Erklarung besagt damit, dass an
den Handen dessen, der den Tempel erbaut, kein Blut kleben darf; dabei
bleibt gleich, ob man die Motivierung in kultischer (Verunreinigung) oder in
ethischer Hinsicht (Gewalt) deutet.11 Die unvermittelte Stellung von 2 Sam 7
in seinem Kontext deckt sich nicht nur mit der Angabe in 1 Reg 5, dass
die Kriege David nicht die notwendige Ruhe fiir den Bau ermoglicht haben.
Sondern sie scheint auch in die Richtung des spateren chr Erklarungsversu-
ches zu laufen.
Dabei ist zu beriicksichtigen, dass die Masse von Davids militarischen
Aktionen in 2 Sam 8 und 10 genannt werden. Abgesehen von lokal begrenz-
ten Kampfen, die David fiihrte, als er noch in Sauls Diensten stand, stehen
nur die Berichte von den Philisterkampfen 2 Sam 5:17-32 vor der Nathan ver-
heifiung.12 Denn die Philister stellten eine akute Bedrohung dar, der David
vordringlich Herr werden musste. Nach 2 Sam 7 folgen die Kriege, die David

7) Oswald, S. 45, vgl. a.a.O., S. 33-46. Hierzu aufterdem Kutsch, S. 137-153; Ishida, S. 81-99.
Die von a.a.O., S. 86f angefiihrten Gegenbeispiele aus der mesopotamischen Literatur sind
keine abschlagigen Bescheide bei einem Tempelbau. Der Hinweis auf die agyptische Konigsno-
velle (Herrmann, S. 133ff) erklart ferner nur einzelne Aspekte von 2 Sam 7; das gilt auch fiir
samtliche Parallelen zur assyrischen Konigsideologie.
8) Plur. mit einem Ms und Vrs.
9) Noth, 1968, S. 88f (Dtr); Wurthwein, S. 52f (DtrN); Kratz, S. 192 (DtrS).
,0) Wellhausen, S. 176.
n) Dazu Knoppers, S. 772-774.
12) Nach Veijola, S. 97ff wurden die Philisterkriegsberichte erst von DtrG eingebracht.

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in eigener Verantwortung als Konig von Israel und Juda gefuhrt hat. Dass er
in 2 Sam 7 seinen Wunsch, einen Tempel zu bauen, vor diesen Auseinander-
setzungen auSert, hat den Sinn, dass er hier noch nicht durch die Menge des
Kriegsblutes verunreinigt ist.13 Die Chronik reflektiert diese vorliegende Kapi-
telfolge und bringt im Leben Davids unter, was er noch zur Vorbereitung tun
konnte, nachdem ihm das eigentliche Bauansinnen abschlagig beschieden
worden war.
In einem ersten Fazit ist festzuhalten, dass die Nathanverheifiung nicht nur
an ihren Ort placiert wurde, um die Themen von Davids Aufstieg und seiner
Thronfolge zu verbinden, sondern auch verschiedenen Erklarungen Rechnung
zu tragen, warum David selber den Tempel nicht gebaut hat: Kriege haben ihn
aufgehalten, und letztendlich hat er sich mit Blut befleckt. Diese Erklarungen
miissen nicht bereits literarisch vorgelegen haben, sie waren aber auf dem
Wege ihrer gedanklichen Entwicklung. Dass David bei seinem Versuch, den
Tempel zu bauen, noch nicht die Masse seiner Kriege gefuhrt sowie die
bedrohlichen Aufstande bezwungen hat, tragt kulttheologischen Ideen Rech-
nung, die sich auch bei der naheren Analyse von 2 Sam 7 zeigen werden.

2. Alter und theologisches Profil der Nathanverheifiung

Eingangs konnte gezeigt werden, dass die Nathanverheifiung nur sehr locker
in ihren Kontext eingebunden ist. Weder laufen die Texte von Davids Aufstieg
auf sie zu, noch nehmen die Aufstands- und Thronfolgeerzahlungen auf sie
Bezug. Oswald wertet „2Sam 7 insgesamt" als „Zusatz zu den David-Erzah-
lungen des Samuelbuches".14 Nach ihm handelt es sich um einen zentralen
Text im DtrG, der die „Begriindung [sc. der dynastischen Hoffnung] unter
den politischen Bedingungen der zweiten Halfte des 6. Jh.s"15 zum Ziel hat.
Auch andere Ausleger wie Robert Pfeiffer, Christoph Levin, Steven McKenzie
oder Riidiger Lux konnen in der Nathanverheifiung keinen alten Text oder
Textbestand veranschlagen.16 Nach Lux „kommt" in ihr „ganz offensichtlich
eine spate Sicht zum Zuge, die den Konnex von Konigtum und Tempelbau

13) Zwar sind die Ereignisse, von denen bei Davids Aufstieg und seiner Thronfolge berichtet
wird, definitiv nicht unblutig, doch ist bei deren literarischer Darstellung (etwa in 2 Sam 1-5;
10-19) ein starkes apologetisches Interesse zu attestieren, in dem Davids Handlungsweisen
gerechtfertigt werden.
14) Oswald, S. 68.
,5) A.a.O., S. 46.
16) Pfeiffer, S. 371; Levin, S. 251-256; McKenzie, S. 152-178.

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kritisch beurteilt".17 Dagegen steht eine grofiere Gruppe von Exegeten, die
zumindest einen vordtr. Kern herauslosen zu konnen meint.18
Mochte man den literarischen und theologiegeschichtlichen Ort der
Nathanverheifiung bestimmen, so sind einige literar- und redaktionskritische
Uberlegungen vorauszuschicken. Sie betreffen v.a. den Grundbestand des
Kapitels einschlieClich der Frage, ob die Themen von Tempel und Dynastie
von Anfang an zusammen gehort haben.
Auf der Suche nach dem Grundtext muss bei V.l-3 angesetzt werden, denn
ihre einleitenden Angaben sind fur die folgende Szenerie notwendig und
damit im Handlungsablauf fest verankert. Die Einleitungen aller anderen
Abschnitte setzen diese Ausgangssituation voraus.19
Die einzige Alternative bei der Suche nach dem Grundbestand ware, eine
miindliche Vorstufe des Kapitels zu postulieren, wie es etwa Walter Dietrich
oder Michael Pietsch tun. Beide erheben (im Anschluss an Manfred Weippert)20
im Bereich der V. lib- 16 ein altes, ehemals selbstandiges Konigsorakel, das
den Bestand der Dynastie verheifit. Fur eine solche Verheifiung gibt es zwar
Analogien in den neuassyrischen Konigsorakeln Assarhaddons (681-669
v. Chr.) und Assurbanipals (669-630 v. Chr.),21 doch lafit sich ihre Sondierung
in 2 Sam 7 literarisch nicht rechtfertigen. Ihr Text hinge in der Luft, da V. 1 lb
whgyd Ikyhwh ky byty'sh Ikyhwh „und JHWH verkiindet dir, da ss er/JHWH
dir ein Haus bauen wird" keinen befriedigenden Beginn darstellt. Das Tempus
kniipft an keinen vorhergehenden Kontext an, es werden weder Sprecher noch
Adressat genannt. Man ist also auf die V.l-3 gewiesen, die ihrerseits eine
Datierung ermoglichen.
In seinem Palast sitzend, tragt der Konig nach V. 1 -3 dem Propheten Nathan
seinen Wunsch vor, der Lade Gottes einen Tempel zu bauen. Diesen macht er
allerdings nicht explizit, sondern formuliert ihn in einer Andeutung, und zwar
mithilfe von zwei parallelen Nominalsatzen mit dem Qal-Partizip ywsb. Doch

,7) Lux, S. 111.


18) Vgl. die Oberblicke bei Oswald, S. 17-31; Dietrich/Naumann, S. 143-156.
U) Damit wird problematisch, den Anfang des Grundbestandes in V.4ff zu suchen, vgl. etwa
Vermeylen, S. 483. Die breite Mehrheit der Exegeten sondiert ab V.l.
20) Weippert, S. 71-1 15. Die Idee, der Grundtext konne mit V.l lb beginnen, findet sich auch
beiRost, S. 159-183.
21) Dietrich, 1992, S. 114-136 (Kronungssakrament); Pietsch, S. 3 1 f . Vgl. aulSerdem Rost,
S. 182, der in V.l lb, 16 als Resten eines alten, nicht mehr vorhandenen Verheifiungsberichtes
den Nukleus des Kapitels sucht. Dass es derartige Orakel gab, soli nicht ausgeschlossen werden,
nur lasst sich in 2 Sam 7 literarisch ein solches nicht sondieren.

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432 T. A. Rudnig/Vetus Testamentum 61 (2011) 426-446

Nathan versteht den Hinweis, da ss David selber in einem Zedernpalast ( bbyt


rzym ), die Lade aber nur btwk hyry'h „inmitten der Zeltdecke" wohne. Gleich-
wohl antwortet auch Nathan nicht explizit, sondern mit der AufForderung,
der Konig solle seine Absicht ausfuhren,22 worauf die Formel fur JHWHs
Beistand folgt.23 Diese Szene ist in einer Narrativkette gehalten, die lediglich
durch den invertierten Verbalsatz V.lb unterbrochen wird. Bestimmend sind
die kurzen wortlichen Reden des Konigs in V.2 und die Antwort Nathans in
V.3. Der Stil ist knapp und pragnant.
Christoph Levin und Peter Porzig haben beobachtet, dass diese Einleitung
bereits die Priestergrundschrift voraussetzt. Das zeigt sich zunachst in der Ver-
wendung des Terminus yry 'h „Zeltdecke", der (bis auf Ps 104:2 ggf.) keine
friihen Belege hat und mit einem deutlichen Schwerpunkt in Ex 26 und 36
auf das Zeltheiligtum der Priesterschrift hinweist.24 Der kollektive Singular in
2 Sam 7:2 macht deutlich, dass auf die dortigen Vorschriften summarisch
Bezug genommen wird;25 bei einem Verweis auf ein einfaches Zelt ware der
Begriff 'hi zu erwarten. Die Wendung ysb btwk lafit sich dagegen nicht fur den
Sprachgebrauch von P veranschlagen, denn sie weicht von deren fur die Got-
tesgegenwart charakteristische Formulierung mit der Wurzel skn {btwk) ab
und hat ihren Belegschwerpunkt im Jeremiabuch.26
Doch iiber Levin und Porzig hinaus lassen sich weitere Beobachtungen
anfuhren. Diese betreffen die Lade und den Vermerk 7: lb. Zunachst zur Lade.
Die Notiz 2 Sam 6:17, nach der David der Lade im Anschluss an ihre Uber-
fuhrung nach Jerusalem ein Zelt aufschlug und sie bmqwmw btwk h'hl „an
ihrem Platz27 im Zelt" unterbrachte, arbeitet mit dem Begriff %/, hat aber
ebenfalls die Konzeption der P-Stiftshiitte vor Augen. Denn nur unter dieser
Voraussetzung lafit sich die Bestimmung „an ihrem Platz" erklaren: Sie setzt
Bestimmungen voraus, wo genau die Lade im Zelt unterzubringen ist.28

22) Vgl. 1 Sam 14:7; 1 Reg 8:17, 18; 1 Chr 22:7; 28:2; 2 Chr 6:7, 8; 24:4. Gegen Noth, 1966,
S. 343 handelt es sich nicht einfach um eine Hoflichkeitsaussage.
23) Soil hier bewusst noch etwas offen gehalten werden?
24) Ex 26:1-13; 36:8-17 ca. 44 Belege; Num 4:25; J es 54:2; Jer 4:20; 10:20; 49:29; Hab 3:7;
Ps 104:2; Cant 1:5; 1 Chr 1:17. In Jer 4:20; 10:20; Hab 3:7 als pars pro toto fur Zelt.
25) Dazu Levin, S. 252; Porzig, S. 174f. Zum Artikelgebrauch Gesenius, § 126, 4; Waltke/
O'Connor, § 13.5.1 e.
26) Gen 23:10; Jer 9:5; 29:32; 39:3, 14; 40:5, 6; Ez 31:17; Sach 5:7; Hi 2:8. Zur P-Wendung vgl.
Ex 25:8; 29:45f; 1 Reg 6:13; Ez 43:7, 9; Jes 33:5; Ps 78:60.
27) Fehlt in Peschitta.

28) Vgl. Ex 26:33-35.

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In seiner Untersuchung iiber die Lade JHWHs hat Porzig aufierdem nach-
gewiesen, dass in 2 Sam 6 „[s]patdeuteronomistische Redaktoren - ob vor-
oder nachpriestergrundschriftlich - . . . fur die Einholung [sc. der Lade] nach
Jerusalem verantwortlich"29 zeichnen; dieses Urteil betrifft bereits die Grunder-
zahlung von 2 Sam 6, zu der V.17 nicht gehort.30 Doch auch wenn man diese
Grunderzahlung friiher datieren mochte, bleibt die Beobachtung, dass die
Notiz, nach der David ein Zelt fur die Lade aufschlagt, nicht zum Grundtext
gehort. Wie Wolfgang Zwickel zeigen konnte, wird durch den (nach ihm
nachexilischen) Zusatz V.15, 17-19* aus der Einholung der Lade eine grofie
Kultprozession gemacht.31
Zuriick zur Nathanverheifiung. Ein weiterer Hinweis zur Datierung ergibt
sich aus 2 Sam 7:1b. Wenn dieser in einem invertierten Verbalsatz „und
JHWH hatte ihm Ruhe verschafft, ringsum vor all seinen Feinden" den Hin-
tergrund oder die Voraussetzung der Szene benennt, so entspricht dies gutem
hebraischen Erzahlstil und braucht gegen eine grofiere Zahl von Auslegern
nicht als sekundar erklart zu werden.32 Zitiert wird mit V.lb die auf der Wur-
zel nwh hi. I basierende Ruheformel (vgl. V.l 1), deren dtr Konzeption Georg
Braulik herausgearbeitet hat.33 Sie begegnet hier im auch in Jos 22:4; 1 Reg
5:18 zu findenden uf-x-qatal der Verbform; das uf-qatal-xv on 2 Sam 7:1 1 hat
in Dtn 12: 10 eine Parallele, wo wie in 2 Sam 7: 1 , 11 die Erganzung „von alien
Feinden (mit Suffix)" folgt.34
Mit der Verwendung der Ruheformel wird ein weiter Bogen gespannt. Die
im dtn Zentralisationsgesetz verheifiene Ruhe vor den Feinden geht erst mit
dem Bau des Tempels durch Salomo in Erfiillung, vgl. 1 Reg 5:18 und ferner
8:56 mit dem Begriff der mnwhhP Mit dem Zitat der Ruhekonzeption eroff-
net sich weiterhin der Horizont eines von Dtn bis Reg reichenden Literatur-
werkes, wenn nicht des Enneateuch.

29) Porzig, S. 176, auf die Wiederaufnahme von 5:25 in 8:1 hinweisend.
30) Nach a.a.O., S. 171 sind V.5, 13f, 17-19 Erweiterungen, die aus dem Heraurholen der Lade
eine kultische Prozession machen und sich eilends auf dem Weg zu den Kultusvorstellungen der
chr Theologie befinden; vgl. auch die doppelte Notiz von der Einholung der Lade in V.l 2, 15
(Wiederaufnahme) !
31) Zwickel, S. 99.
32) So etwa gegen Budde, 1890, S. 244; ders., 1902, S. 234; van den Born, S. 156; Hentschel,
1994, S. 31 etc.
33) Braulik, S. 29-39.
34) Tempusbezeichnungen hier nach Braulik, S. 29-39.
35) Letztlich wird damit ein altes Mythenkonzept zitiert, das sich in Zionspsalmen und JHWH-
Konigspsalmen findet.

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V.lb fehlt in der Chr-Parallele, was einer Stringenzkorrektur entspricht:


Vor den in 2 Sam 8; 10 folgenden Kriegsberichten passt die Aussage logisch
nicht: Die Kriege zeigen, dass David eben noch keine Ruhe vor den Feinden
hatte. Trotzdem hat V.lb in 2 Sam 7 einen theologischen, mithin tempeltheo-
logischen Sinn. Die Aussage macht deutlich, dass David den Tempelbau, den
er wiinscht, auch wirklich hatte in Angriff nehmen konnen, auch wenn die
Ruhe vor den Feinden im Leseablauf des Samuelbuches als vorlaufig zu begrei-
fen ist. Auf diese Weise ist V. lb als bewusste Kritik an sowie Oberbietung einer
Davidkonzeption zu verstehen, wie sie im Kontext des Samuelbuches begeg-
net: Der Kultgriinder wird durch Kriege weder aufgehalten noch befleckt.
Doch mit V.l-3 ist der Grundbestand von 2 Sam 7 noch nicht abgeschlos-
sen. Zwar markiert der V.3 mit Nathans Beistandszusage den Abschluss der
Ladethematik im Text. Doch ergibt sich ein sachliches Problem, wenn der
positive Bescheid alleine stehen bleibt: Wissen doch die Leser, dass David den
Tempel nicht gebaut hat. Es ist also nach einer Fortsetzung der Szene V. 1-3 im
folgenden Kontext zu suchen. Dabei fallt auf, dass V.4ff als unmittelbare Wei-
terfiihrung nicht in Frage kommen. Mit der Einleitung „und es geschah in
jener Nacht" (V.4a) wird zwar an die Szene V.l-3 angekniipft, doch ist der Stil
der anschliefienden Ausfiihrungen sehr weitschweifig. Im Gegensatz zu dem
knappen und stringenten Wortwechsel von V.2f stechen die breite Verwen-
dung von Redeformeln und die wortreiche Ansprache Nathans ins Auge, in
der er nur schwer auf den Punkt zu kommen scheint. AuSerdem wird David
von V.4 an namentlich (V.5, 8, 17) und nicht wie in V.l-3 mit hmlk „der
Konig" bezeichnet. Die Lade, die nach V.2 die Szene ausgelost hatte, spielt
schliefilich iiberhaupt keine Rolle mehr. In V.8 beginnt ein zweiter, noch
umfangreicherer Redegang, der in V.l 6 endet; V.17 ist ein narrativer
Abschluss.
Im Munde Nathans wird in V.4- 16 eine Rede JHWHs an David zitiert, die
der Prophet in einer nachtlichen Audition gehort hat. Dagegen hatte er vorher
den Bescheid direkt weitergegeben. Anzunehmen, dass in V.3 nur die person-
liche Meinung des Kultpropheten zitiert wurde, wahrend erst ab V.4ff der
Bescheid JHWHs folgt, sehe ich keinen Grund, zumal Nathan in V.3 David
Gottes Beistand zusagt. Immerhin ist er ein Prophet, der nicht leichthin redet;
die Konzeption der Nathanfigur ist in 2 Sam 7 eine ganz andere als die des
intriganten Hoflings in 1 Reg 1 .36
Dass sich der Text von 2 Sam 7:4-16 v.a. unterschiedlichen Fortschreibun-
gen verdankt, zeigt sich auch bei einer inhaltlichen Durchsicht. Denn hatte

^ Rudnig, 2003, Sp. 59f.

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Nathan in V.3 Davids Wunsch bestatigt, so wird nun sein Tempelbauplan


abgelehnt (oder ihm zumindest erlassen). Die Aussage von V.4-7 steht im
Gegensatz zu V.3 und deutet diesen im Leseablauf erheblich um: David soli
keinen Tempel als JHWHs Wohnstatt bauen, denn dieser habe seit dem Aus-
zug aus Agypten nur in 'hi wmskn „Zelt und Wohnstatt" gewohnt, wobei mskn
als der priesterschriftliche Terminus fur die Stiftshiitte auffallt. Daran anschlie-
fiend geht es um die Erwahlung Davids (V.8f, 1 1) und des Volkes Israel (V. 10),
worauf Zusagen fur die Dynastie Davids folgen.
In der skizzierten doppelten JHWH-Rede aus Nathans Mund sticht V.l lb
klar von seinem Kontext ab, indem er durch seine Sprechrichtung einen lite-
rarischen Bruch markiert: „Und JHWH verkiindet dir hiermit, dass JHWH
dir ein Haus machen (bauen) wird". Im Anschluss an ein neuerliches Zitat der
Ruheformel und Ruhekonzeption von V.lb in V.l la, die in ihrer Wirkung
nach vorne bis in die Richterzeit ausgedehnt wird, schwenkt V. 1 1 b im Thema
vollig abrupt auf eine Dynastieverheifiung. Wahrend im Kontext JHWH als
Sprecher von sich in l.pers. redet, wird hier iiber ihn in 3.pers. gesprochen,
was in der Szenerie nur im Munde Nathans denkbar ist.37 Deshalb ist V. 1 1 b
an V.3 anzuschlieCen. Die Massierung des Subjekts JHWH in V.3, lib ist
dabei bewusstes Stilmittel. Mit Budde, Hertzberg etc. ubersetze ich die Verb-
form whgyd prasentisch, wobei man wie McCarter, Hentschel u.a. von einem
Koinzidenzfall bzw. performativem Perfekt oder einfach von einem Waw-
Perfekt ausgehen kann.38 Bei der Deutung als Waw-Perfekt schlosse es an die
Imperative und den Nominalsatz von V.3b an, was ebenso eine prasentische
Ubersetzung rechtfertigen wiirde.
In V.l lb liegt eine Zusage fur die davidische Dynastie vor. Die Rede von
Davids byt nimmt den Sprachgebrauch von V.2 auf. Dort hatte der Konig von
seinem Zedernpalast {byt rzym) gesprochen und in der Gegeniiberstellung
zum Wohnort der Lade implizit einen Wunsch geaufSert, JHWH auch einen
byt zu bauen. In einem Wortspiel wird dem Begriff nun eine andere Nuance
verliehen: Es geht nicht mehr um das Haus, das David seinem Gott bauen
will, sondern umgekehrt darum, dass JHWH dem Konig ein Haus, namlich
eine Konigsfamilie oder Dynastie schaffen wird. Das Verb 'sh ist dasselbe wie

37) Dass in V. 1-3 eine eigene Ermachtigung Nathans fehlt, im Namen JHWHs zu sprechen, liegt
am knappen Stil der Szene, wahrend er ab V.4 sehr weitschweifig ist. V.3 gehort jedoch unbe-
dingt zum Grundtext, denn eine sekundare Vorschaltung des positiven vor dem negativen
Bescheid ist logisch schwer nachzuvollziehen.
38) Budde, 1902, S. 235; Hertzberg, S. 231; McCarter, S. 193; Hentschel, 1992, S. 25f. Vgl.
auch 1 Reg 3:13. Die dritte Person ist durch die besondere Situation der Prophetenrede bedingt.
Weitere Beispiele in anderen als der l.pers.: 2 Sam 24:23; Rt 4:3 (3.pers.); Gen 4:14 (2.pers.).

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436 T. A. Rudnig/Vetus Testamentum 61 (2011) 426-446

in Nathans Aufforderung V.3.39 Im Begriff des Hauses geht es summarisch um


die Dynastie als ganze.
Von V.12 an wird jedoch das Augenmerk von David weg auf seinen zr
„Same, Nachkommen(schaft)" gelenkt, dessen Konigsherrschaft nun Thema
ist. Von V.13 abgesehen, bleibt dabei offen, ob der Begriff sr'kollektiv oder
individuell zu deuten ist. Dieser Perspektiwerschiebung entspricht nicht nur,
dass am Anfang von V.12 von Davids Tod gesprochen wird, sondern auch der
extrem harte literarische Ubergang von V.llb, 12a, der auf unterschiedliche
Hande hinweist. Es handelt sich um den asyndetischen Anschluss und die
Doppelung des ky , freilich in einer je anderen Bedeutung.
Ist nun in V.12- 15 von Davids Nachkommen in 3.pers. die Rede, so wird
erst wieder in V.16 zur direkten Anrede an David zuriickgelenkt. Mithin fin-
den sich nur in V.l lb, 16 Ankiindigungen, die unmittelbar an David gerich-
tet sind.40 V.16 schliefit nicht nur deswegen organisch an V.l lb an, sondern
auch weil in ihm die Zusage fur Davids byt fortgesetzt wird: „Und dein Haus
wird Bestand haben und deine Konigsherrschaft auf Dauer vor dir". Mit die-
sem V.l 6a ist der Grundbestand abgeschlossen; V.l 6b ist zum einen iiber das
Stichwort 'd wlm „auf Dauer" nach dem Kuhlschen Prinzip der Wiederauf-
nahme verklammert, zum anderen gibt er sich auch inhaltlich als Dublette zu
erkennen. In V.l 6b wird eine Aussage iiber die Festigkeit des Thrones (ks) an
die Verheifiung der Konigsherrschaft ( mmlkh ) angeschlossen. Die Wendung
mit kwn ni. hat ihre engste Parallele in Ps 93:2.41 Dagegen formuliert der
Grundtext den Bestand von Haus und Konigsherrschaft mit der Wurzel ymn
ni. Das voranstehende Pradikat im Waw-Perfekt bezieht sich formal nur auf
den byt , logisch aber auf beide Subjekte, also Haus und Konigsherrschaft. Die
Verbindung des Begriffes „Haus" mit der Wurzel (und zwar dem Partizip) von
' mn ni. findet sich nur noch in 1 Sam 2:35 (treuer Priester anstelle Elis); 1 Reg
1 1:38 (Jerobeam mit Verweis auf Davids Haus), und in 1 Sam 25:28 (David)
im Munde Abigails. Alle Belege sind Teile von spateren Verweissystemen, wie
mehrfach gezeigt wurde.42 Sie sind als spatdeuteronomistisch einzuordnen.
Gegen Levin und Porzig ist der Grundbestand von 2 Sam 7 also nicht
mit V.3 beendet. Mit einem friihen Zusammenwachsen von V.llb, 16 und

39) Vgl. dagegen V.13, 27 bnh.


V.9b, 1 lap sind perfektisch zu iibersetzen.
41) V.13 bindet V.l 6a (Konigsherrschaft) und 16b (Thron) zusammen.
42) Veijola, S. 30-80, Wiirthwein, S. 130-149. 1 Reg 11:38 stellt eine sekundare Konditionie-
rung der Zusage dar. 1 Sam 2:35; 2 Sam 7:13, 27; 1 Reg 11:38 formulieren mit bnh' 1 Sam
25:28 (vgl. 1 Reg 2:24) mit 'fh. Nach Adam, S. 1 13f ist 1 Sam 25 eine weisheitliche Lehrerzah-
lung, die 1 Sam 26 voraussetzt.

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V.l-3 rechnet in neuerer Zeit Georg Hentschel. Ferner hatte Leonard Rost in
V. 1 lb, 16 den Nukleus der Nathanverheifiung gesehen: er deutete sie als Reste
eines alten Berichts, dessen literarische Herleitung ihm nicht mehr moglich
schienen.43
Doch V. 1 lb, 16a setzen V. 1-3 nicht nur literarisch, sondern auch inhaltlich
fort.44 Bei der weiteren Interpretation des Grundbestandes ist Folgendes zu
bedenken: Einerseits wird mit 2 Sam 7 die Vorbereitung zum Tempelbau klar
im Leben Davids verankert. Im Verbund mit 2 Sam 6* und 24:18ff* verfolgt
2 Sam 7 das Interesse, David den Bauwunsch zuzuschreiben. Der Konig hatte
mit der Uberfiihrung der Lade nach Jerusalem nicht nur die Zeit des Wiisten-
zeltes definitiv beendet (2 Sam 6), sondern auch den spateren Tempelplatz
erworben, der damit nicht auf heidnischem Gebiet errichtet wurde (2 Sam
24). Es ist deutlich, dass diese theologische Idee auf das Davidbild der Chro-
nikbiicher hinarbeitet. Diese Intention konnte auch fur die Placierung von 2
Sam 7 in ihren Kontext erhoben werden.
Andererseits wird in der Nathanverheifiung auch der Tempel neu begriin-
det und bewertet. Dabei ist v.a. zu beriicksichtigen, dass die Verheifiung der
ewigen Dynastie und des bestandigen Konigtums erst als Folge, als Lohn fur
Davids Bauansinnen ausgesprochen wird. Wie die verhaltene Formulierung
von V.3, die nur mit Andeutungen arbeitet, zeigt, weifi der Verfasser, dass
David den Tempel nicht gebaut hat. Trotzdem reicht der blofie Wunsch des
Konigs, um die Verheifiung von V.l lb, 16a zu begriinden.45
Auffallig ist jedoch die eigenartige Motivierung des Tempelbaus. Anders als
im alten Mythenkonzept der sog. Zions- oder JHWH-Konigspsalmen oder
der ihnen z.B. im ugaritischen Anat-Baal-Zyklus vorangehenden religionsge-
schichtlichen Paradigmen wird der Tempelbau nicht kosmologisch begriindet,
sondern auf eine merkwiirdige, in gewisser Weise profane Art. Denn es geht
um JHWHs Status neben dem Konig. Hat letzter einen Palast, so darf der
Gottheit keiner fehlen. Der Tempel erscheint als Reprasentationsbau JHWHs,
der hinter dem Konig nicht zuriickstehen darf. Gott und Konig treten als
Konkurrenten auf. Der Kontrast zwischen dem Privileg Gottes und dem des

43) Rost, S. 159-183. Bei Rosts Analyse ist problematisch, dass er Davids Gebet V.18AF zum
Ausgangspunkt macht. Doch das Gebet gehort anerkanntermafien nicht zum Grundbestand,
selbst nach Dietrich/Naumann, S. 155 „ist ab V.l 8 kein vor-dtr Satz mehr zu finden".
44) Dass die Themen Tempelbau und Dynastieverheiftung traditionsgeschichtlich zusammenge-
horen, zeigen mehrere altorientalische Parallelen, auf die Kutsch, S. 147-149 und Ishida,
S. 81-99. hingewiesen haben.
45) Dem entspricht, dass die Analyse mehrere Hinweise auf eine junge Datierungder Nathan ver-
heifiung erbracht hatte. Vgl. insgesamt auch 1 Reg 8:18f.

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irdischen Konigs erinnert an Texte wie den Gideonspruch Jdc 8:23 oder 1
Sam 8:7f.
Fazit 2 Sam 7:1-3, lib, 16a sind eine Stimme in der Diskussion um die
Bedeutung des Heiligtums in der Zeit des Zweiten Tempels.46 Diese Diskus-
sion wird in konigsloser Zeit deshalb an die Figur Davids riickgebunden, weil
sich gerade das Davidparadigma fur die Bestimmung des Verhaltnisses von
Religion und Politik eignete. Der Tempei erfahrt in der Grundidee der
Nathanverheifiung insofern eine besondere Wertschatzung, als Davids blofie
Absicht ausreicht, um die Dynastiezusage zu motivieren. Dieser Gedanke
kann auf das Gottesvolk ubertragen werden: Wer den Tempei bauen mochte,
erkennt Gottes (hohere) Wiirde an: Das Volk ist gut beraten, seine Identitat
auf den Zweiten Tempei zu griinden.

3. Die Theologie der Fortschreibungen

Der Grundbestand der Nathanverheifiung hat zwei Schiibe von Fortschrei-


bungen ausgelost. Diese betreffen einerseits den Tempeldiskurs, andererseits
die Dynastieverheifiung.
In der ersten Erweiterung V.4-6, 7 wird die Idee eines Wohntempels scharf
kritisiert. Die rhetorische Frage in V.5 „Solltest du mir etwa ein Haus bauen,
dass ich (darin) wohne (Isbty)?1 weist auf eine grundsatzliche Skepsis gegen-
iiber dem Konzept von JHWHs Bindung an einen Ort auf Erden.47 Denn V.6
hebt hervor, dass JHWH seit dem Exodus48 in keinem Haus gewohnt hat,
sondern in Zeit und Wohnstatt mitgezogen ist. Und V.7 macht es noch expli-
ziter: Keinem der Stamme, die in koniglicher Rolle Israel gehiitet haben, hat
er je den Bau eines Zedernhauses befohlen.49 Der Terminus ist in dieser Fort-
schreibung anders als in V.l lb nicht 'sh byt , sondern bnh byfi> die Bezeichnung
Davids als ' bdy „mein Knecht" (V.5, vgl. V.8) entspricht einer fortschreitenden
Theologisierung seiner Figur.

461 Nach Veijola, S. 68-81 gehort in 2 Sam 7 nichts mehr zum Grundbestand der Samuelbiicher.
Denn er sieht in V.la, 2-5, 7 und 8a, 9, 10, 12, 14, 15, 17 zwei vordtr Orakel, die nicht zur alten
Erzahlung gehorten. DtrG iiberarbeite sie mit 8b, lib, 13, 16, 18fP, um die gottliche Legitima-
tion des davidischen Konigtums hervorzuheben. Ihm folgt neuerdings Waschke, S. 53-61, der
wie Renaud, S. 5ff; George, S. 17ff; McKenzie, S. 173ff u.a. den ausschlaggebenden Charakter
der dtr Endgestalt von 2 Sam 7 hervorhebt. Nach Smend, S. 131 lafit sich ein vordtr Kern von
2 Sam 7 iiberhaupt schwer ausmachen.
47) Erst V.l 3 erdffnet die Moglichkeit, sie als Kontrastaussage gegeniiber Salomo zu lesen.
48) Vgl. die HeraufRihrungsformel in V.6.
49) Vgl. die klimaktische Steigerung der rhetorischen Frage!

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Die in V.4-6, 7 artikulierte Skepsis erinnert an eine rhetorische Frage im


Tempelweihgebet von 1 Reg 8. Vor diesem Gebet wird der Tempel als mkwn
Ubtk 'Imym „Statte fur dein immerwahrendes Wohnen" charakterisiert (V.13);
hier begegnet also die alte Vorstellung vom Wohnen JHWHs im Tempel. Ab
V.14 folgt Salomos Gebet.50 In ihm findet sich in V.30, 32, 34 etc.51 die Aus-
sage, dass JHWH im Himmel wohnt.52
Die rhetorische Frage, um die es geht, steht in 1 Reg 8:27: „Ja, sollte Gott
tatsachlich auf der Erde wohnen? Siehe, die Himmel und die Himmel der
Himmel konnen dich nicht fassen. Wie sollte es da dieses Haus, das ich gebaut
habe?". Hier meldet sich ein spater nachdeuteronomistischer Erganzer zu
Wort, der sein Missbehagen liber die Vorstellung aufSert, JHWH konne iiber-
haupt auf Erden wohnen. Allerdings ist damit aber noch nicht die vollige
Ablehnung des Tempels erreicht, die sich in Jes 66:1 (iibrigens wiederum in
einer rhetorischen Frage) ausdriickt.53 Nach ihm braucht JHWH, der trans-
zendente Gott, iiberhaupt keinen Tempel auf Erden, weil es seinem Wesen
zuwiderliefe.54 Auch wenn die erste Fortschreibung 2 Sam 7:4-6, 7 noch nicht
die Grundsatzlichkeit von 1 Reg 8:27 erreicht hat, aufiert sie in der Diskus-
sion um die Bedeutung des Heiligtums eine scharfe Kritik an oder gar die
Ablehnung seiner Auffassung als Wohntempel, in dem JHWH als gegenwar-
tig vorgestellt wird.
Die zweite Fortschreibungskette in der Nathan verheiCung beginnt mit V.8;
ihr geht es um eine neue Interpretation der DynastieverheiSung. Obwohl die
Rede JHWHs nicht unterbrochen war, ergeht hier ein neuer Redeauftrag an
David, woran sich eine erneute Botenformel schliefo. Zur Markierung eines
Wendepunktes in der Rede hatte jedoch einfaches w'th geniigt.55 M.E. liegt
der Grundbestand in V.8aa, 12, 14a, 17 vor, d.h. Redeauftrag und Botenfor-
mel werden durch V.12, 14a fortgesetzt: ,,(12) Wenn deine Tage voll sind und
du dich zu deinen Vatern legst, dann werde ich deinen Samen nach dir aufste-
hen lassen, der aus deinen Lenden hervorgehen wird, und ich werde seine

50) Sein Grundtext ist nach Wiirthwein, S. 91-103 dem nomistischen Deuteronomisten (DtrN)
zuzurechnen; er wurde mehrfach, auch nachdeuteronomistisch, iiberarbeitet.
5I) Vgl. noch V.36, 39, 43, 45, 49.
52) Vgl. auch Ps 2:4f; 33:13ft 103:19.
53) Berges, S. 52 Iff datiert den Spruch in die Phase fortlaufender Bauarbeiten am Tempel, die
er bis ins fiinfte Jahrhundert ansetzt. Steck, S. 96 dagegen denkt an die ptolemaische Tempel-
Staat-Konzeption und geht ins dritte Jahrhundert.
54) Erst 2 Sam 7:13, ein Zusatz zur zweiten Fortschreibung schafft den Ausgleich dieser Grund-
satzkritik mit Salomos Rolle als Tempelbauer.
55) Lande, Wendungen, S. 46-52; Brongers, Bemerkungen, S. 298.

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Konigsherrschaft festigen
Sohn sein".

Aber auch unabhangig davon, wie man den vorherigen K


einschatzt, ist deutlich, da ss Kern und Ziel der Verheifiu
zitierten Aussagen zu suchen sind. Nach ihnen wurde
Abschluss V. 17 notwendig, der dem literarischen Anwachs
nung tragt.56
Ziel dieser Fortschreibung ist zunachst, die Zusage von V.l lb, 16a eindeu-
tiger zu machen. War der byt des Wortspiels als Begriff fur die Dynastie viel-
leicht noch nicht klar genug, so wird nun verdeutlicht: Nach dem Tode Davids
wird sein Same emporgebracht. Die Perspektive wird damit von David auf
den zr'gelenkt,57 dessen Deutung als „Nachkomme" oder als „Nachkommen-
schaft" offen bleiben kann. Moglicherweise zeigt die Wendung *sr ys mm'yk,
die sich wortlich in Gen 15:4 findet,58 dass hier schon konkret an Salomo
gedacht ist. Das Ende von V.l 2 nimmt dabei die Bestandsaussage iiber das
Konigtum aus V.l 6a auf.59
V. 14a stellt die Pointe dar. In ihm werden zwar alte Vorstellungen des sakra-
len Konigtums reflektiert, doch anerkanntermafien ist der Satz in dieser Form
der Bundesformel nachgebildet. Gilt in der judaischen Konigstheologie der
Konig als Sohn JHWHs (vgl. Ps 2:7), 60 so wird diese Kdnigsauffassung nun
bundestheologisch erneuert und damit entscheidend uminterpretiert. Uber
die Bundeskategorie wird der Konig ins Bundesvolk eingeordnet: sein Sohnes-
verhaltnis zu JHWH erscheint nurmehr noch als Sonderfall der Beziehung
JHWHs zu seinem Volk.
Diese zweite Fortschreibung wurde spater mehrfach erganzt. Der Zusatz
V. 13 vermittelt die Heiligtumskritik von V.4-6, 7 mit der vorliegenden (erwei-
terten) Dynastiezusage: nDer soli ein Haus bauen meinem Namen, und ich
werde dem Thron seiner Konigsherrschaft Bestand geben auf Dauer". V.l 3
unterbricht den Gedanken von V.l 2, 14a und verdirbt dadurch die Pointe.
V.l 3b dient der Verklammerung von V.l 3 nach dem Kuhlschen Prinzip, vgl.
V.l 2b („und ich werde seine Konigsherrschaft festigen"). Auffallig ist in V.l 3b
weniger der terminologische Wechsel vom Hif 4il zum Polel der Wurzel kwn ,

56) Zum spaten, dichterisch gehobenen Begriff hzywn vgl. Jes 22:1, 5; Joel 3:1; Sach 13:4; Hi
4:13; 7:14; 20:8; 33:15.
57) zr 'hry „Same nach . . ." ist dtr und P-Terminus; und zr mit qwm hi. „aufrichten" ist nur
noch in Gen 38:8 belegt.
58) Vgl. ferner noch 2 Sam 16:1 1.
59) Zur Formulierung vgl. Jes 9:6 etc.
Ps 89:27 etc.

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sondern die Beobachtung, da ss ihm V. 1 6 bereits in seiner erweiterten Fassung


vorliegt. Denn er fiihrt die Begrifflichkeit von V.l6a (Konigsherrschaft) und
V.l6b (Thron) in dem Ausdruck ks mmlktw „Thron seiner Konigsherrschaft"
zusammen. Der Zusatz kniipft mit dem Pronomen hw anaphorisch an den
Begriff zr im Kontext (V.12, 14a) an und bindet die Dynastieverheifiung an
die Tempelthematik zuriick. Die entscheidende Aussage besteht in einem Ja
zum Tempelbau, der damit nicht mehr abgewiesen, sondern nur aufgescho-
ben wird. Die Kritik am Wohngedanken V.4-6, 7 wird jedoch aufgenommen
und mit der Konzeption des Namens JHWHs beschwichtigt. Die von dtr
Theologen entwickelte .few-Theologie hat die Funktion, die Vorstellung von
JHWHs personlicher Gegenwart im Heiligtum zu relativieren.61 Wenn seine
Souveranitat auf diese Weise gewahrt bleibt, dann ist der Tempelbau, ist
Gottes Gegenwart im Heiligtum auch angesichts der Gedanken von V.4-6, 7
vertretbar.

Die in einem iiberladenen Relativsatz angeschlossen V.l4b, 15* biegen die


Klimax von V.l4a ab: „(l4b) Wenn er sich verfehlt, dann werde ich ihn mit
einem Stecken von Menschen und mit Schlagen von Menschensohnen
zurechtweisen. (15) Aber meine Treue soil nicht von ihm weichen, wie ich sie
von Saul habe weichen lassen, den ich vor dir habe weichen lassen". Der
Zusatz tragt der Geschichte der Dynastie Rechnung und setzt die theologische
Deutung der Saul-Erzahlungen voraus.62 Fur den Fall, dass ein Davidide sich
verfehlt, wird eine harte Strafe in Aussicht gestellt, nicht aber das Ende des
Gottesverhaltnisses. Der Zusatz nimmt weisheitliche Begrifflichkeit auf und
wandelt sie charakteristisch ab.63
Der zweiten Fortschreibung (V.8aa, 12, 14a, 17) wurden schliefilich spater
verschiedene Erwahlungsaussagen vorgeschaltet, die sowohl David als auch
das Volk betreffen. Der Abschnitt, der Davids Erwahlung beschreibt, steht in
V.8apb, 9: „Ich habe dich von der Weide, von der Herde her geholt, damit du
Fiirst seist iiber mein Volk, iiber Israel. Und ich war bei dir iiberall, wohin du
gingst, und ich vernichtete all deine Feinde von dir weg und ich habe dir einen
grofien Namen gemacht wie den Namen der Grofien, die auf der Erde sind".
Der Text zeichnet sich durch Dubletten (V.9a) und vom Kontext abweichende

61) So wird in Dtn 12:1 1 der Tempel in Jerusalem als von JHWH erwahlte Statte Iskn smw sm
„um seinen Namen dort wohnen zu lassen", vorgestellt. Nach Keller, S. 22-58, 106ff, 165-170
sind diese und ahnliche Formeln vom Wohnen des Namens ab der exilischen Zeit zu datieren.
Vgl. auch die mit dem Verbum sym „setzen" gebildete Formel Dtn 12:5, 21.
62) 1 Sam 13:13, 14; 15:23, 26; 28:17.
63) Vgl. v.a. die verbalen Wurzeln. Zu sbt vgl. Prov 10:13; 13:24; 22:8, 15; 23:13, 14; 26:3;
29:15. Zur Wurzel ykh bes. Prov 3:12; Hi 5:17; 22:4.

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Theologumena aus.64 Davids Erwahlung wird im Zitat der Amos-Berufung


mit der Formulierung „Ich habe dich von der Weide, von der Kleinviehherde
( m'hr hsn ) her geholt (Wurzel Iqh )" skizziert,65 vgl. Am 7: 1 5. Davids Amt wird
als das eines ngyd iiber das Volk Israel charakterisiert.66 Gegen manche Ausle-
ger67 sehe ich im Tempuswechsel ab V.9b kein Indiz fur den Beginn eines
Nachtrages. Mit Loretz ist diesesTempus als perfectum copulativum zu deuten,68
das an Perfekt und Narrative von V.8f anschiefit.
Ein Nachtrag begegnet vielmehr in V.10, 11a (ahnlich Hentschel und
Oswald),69 der durch seine thematische Digression auffallt. Statt von Davids
Erwahlung ist nun von der des Volkes die Rede. Sie zeigt sich in der Gabe des
Landes und im sicheren Wohnen daselbst. ,,(10) Und ich habe einen Ort fur
mein Volk, fur Israel, bestimmt und habe es eingepflanzt, und es wohnte an
seinem Platz und erbebte nicht mehr, und die Sohne der Schlechtigkeit unter-
driickten es nicht mehr wie in der Vergangenheit. (11a) Und seit dem Tage, da
ich Richter iiber mein Volk Israel befahl, habe ich dir Ruhe verschafft vor all
deinen Feinden". Im Ausdruck sym mqwm „einen Ort bestimmen" wird die
Verbringung der Lade in den Salomonischen Tempel nach 1 Reg 8:21 zitiert
und die Vorstellung auf das Volk iibertragen.70 In der Verbindung der Wurzeln
«/'„pflanzen" und skn „wohnen" greift der Erganzer auf Ex 15:17 zuriick, wo
die Idee durchgeftihrt wird, dass der Exodus des Volkes am Heiligtum auf dem
Zion sein Ziel hat. Die Erwahlung betrifft nach dieser Fortschreibung nicht
nur den Konig, sondern das ganze Volk.71 Sein Ort ist beim Heiligtum, wo es
wohnt und Sicherheit sowie Ruhe hat. V.lla greift: auf die Ruheformel von
V. lb zuriick und datiert den Beginn der Ruhe in die Richterzeit.72 V. 1 la lenkt
aufierdem die Perspektive auf David zuriick; er dient der Uberleitung zu den
ab V.l lb folgenden vorgegebenen Verheifiungen.

M) V.9aa verbindet V.3 mit V.6P; V.9ap wandelt V. lb ab.


65) mn hnwh ist hapax.
Vgl. 1 Sam 9:16; 2 Sam 6:21; 1 Reg 14:7; 16:2; 1 Chr 1 1:2; 2 Chr 6:5. Ohne „Volk" 1 Sam
25:30; 2 Sam 5:2; 1 Reg 1:35.
67) Levin, S. 253; Porzig, S. 175.
68) Loretz, S. 294-296. Die Verbindung sm gdwl „grofier Name" wird nur hier auf einen Men-
schen angewandt.
69) Hentschel, 1992, S. 88f; Oswald, S. 66.
70) Vgl. sonst nur noch Ex 21:13.
71) Diese Tendenz zieht die Linien der zweiten Fortschreibung weiter aus.
72) Er entspricht damit strukturell dem V.7. Die Idee des „Befehlensw ( swh pl.) von Richtern
begegnet nur noch in Dtn 1:16.

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4. Resiimee

In 2 Sam 7 werden alte theologische Ideen in neuen Denkkategorien interpre-


tiert. Der hohen Wiirde des Tempels entspricht, dass allein Davids Bauwunsch
reicht, um die Verheifiung seiner ewigen Dynastie zu begriinden. Das Gottes-
verhaltnis des Konigs aber wird in den Fortschreibungen insofern bundestheo-
logisch neu gefasst, als seine und des Volkes Erwahlung parallel gedacht
werden. Auch das Gottesvolk ist erwahlt und findet seine Bestimmung am
Heiligtum, im Gottesdienst und Kult des Zweiten Tempels. In der kontrover-
sen Diskussion um JHWHs Gegenwart im Tempel erweist sich die sem-
Theologie als Vermittlung zwischen den extremen Positionen.73 2 Sam 7 ist
schliefilich Teil eines Systems von Texten im Samuelbuch (vgl. 2 Sam 6; 24),
deren Davidbild auf dem Weg zur chronistischen Davidkonzeption ist.74

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73) Zur alttestamentlichen Diskussion um JHWHs Gegenwart im Heiligtum vgl. Rudnig, 2007,
S. 267-286.
74) Zu ahnlichen Tendenzen in weiteren Texten des Zweiten Samuelbuches vgl. Rudnig, 2006,
S. 183f, 26 If.

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