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The Open Access Publication Server of the ZBW – Leibniz Information Centre for Economics
Andresen, Maike; Göbel, Markus
Article
Reziprozitätsformen in psychologischen Verträgen:
Eine empirische Untersuchung am Beispiel von
Auslandsentsandten
Zeitschrift für Personalforschung (ZfP)
Provided in Cooperation with:
Rainer Hampp Verlag
Suggested Citation: Andresen, Maike; Göbel, Markus (2009) : Reziprozitätsformen
in psychologischen Verträgen: Eine empirische Untersuchung am Beispiel
von Auslandsentsandten, Zeitschrift für Personalforschung (ZfP), ISSN
1862-0000, Rainer Hampp Verlag, Mering, Vol. 23, Iss. 4, pp. 312-335, http://
dx.doi.org/10.1688/1862-0000_ZfP_2009_04_Andresen
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Maike Andresen, Markus Göbel*
Reziprozitätsformen in psychologischen Verträgen. Eine empirische Untersuchung am Beispiel von Auslandsentsandten**
Die einschlägige Forschung betrachtet psychologische Verträge primär aus einer individualistisch-rationalen Perspektive. Wie alle Verträge so sind auch psychologische Verträge jedoch in
einen soziokulturellen Kontext eingebettet, welcher maßgeblichen Einfluss auf die Handlungsmotive und Tauschprozesse der Akteure hat. Wir verfolgen daher mit unserer Forschung
zwei Ziele. Zum einen möchten wir die soziokulturellen Bedingungen erforschen, die das
(Tausch-)Verhalten in psychologischen Verträgen beeinflussen, und zum anderen die Motive,
die diesen Tauschprozessen zugrunde liegen. Im Rahmen einer qualitativen Studie erhoben wir
mittels Interviews Daten von 54 deutschen Expatriates und analysierten diese auf Basis der
Grounded Theory. Wir konnten herausarbeiten, dass psychologische Verträge in einen komplexen soziokulturellen Kontext eingebettet sind. Mit Blick auf diesen soziokulturellen Kontext
wird deutlich, dass neben den individualistischen Handlungskalkülen auch moralische und
prosoziale Handlungsmotive in psychologischen Verträgen relevant sind. Auf der Basis dieser
Ergebnisse generierten wir zwei dominante Reziprozitätstypen, die utilitaristische Tauschreziprozität und die solidarische Gabenreziprozität, die den psychologischen Verträgen der
Expatriates zugrunde liegen.
Forms of Reciprocity in Psychological Contracts.
An Empirical Study of Expatriates
Research in relevant fields considers psychological contracts primarily from an individualisticrational point of view. However, psychological contracts are embedded in a socio-cultural
context which influences the motivations for action of the parties engaged and the exchange
processes between them. Therefore, in our research, we pursue two objectives: firstly, we wish
to investigate the socio-cultural conditions which influence the exchange behaviour in psychological contracts; and secondly, we wish to examine the motivations behind these exchange
processes. In a qualitative study we gathered data of 54 German expatriates by means of interviews and examined the data elicited with the aid of the grounded theory. With respect to the
research results, we were able to show that psychological contracts are embedded in a complex
socio-cultural context. When we looked closely at this socio-cultural context it became clear
that, apart from individualistic calculations of action, moral and prosocial motivations were
also relevant in psychological contracts. On the basis of these results, we generated two dominant types of reciprocity as the basis of the psychological contracts of the expatriates: the utilitarian exchange reciprocity and the solidary gift reciprocity.
Key words: psychological contract, reciprocity, expatriation, grounded theory
___________________________________________________________________
*
**
Univ.-Prof. Dr. Maike Andresen, Otto-Friedrich-Universität Bamberg, Lehrstuhl für
Betriebswirtschaftslehre, insb. Personalmanagement, Kirschäckerstraße 39, D – 96045
Bamberg. E-mail: Maike.Andresen@uni-bamberg.de.
Prof. Dr. habil. Markus Göbel, Hochschule Fresenius, Standort Hamburg, Alte Rabenstr. 1,
D – 20148 Hamburg. E-Mail: goebel@hs-fresenius.de.
Artikel eingegangen: 6.10.2008
revidierte Fassung akzeptiert nach doppelt-blindem Begutachtungsverfahren: 27.10.2009.
Zeitschrift für Personalforschung, 23(4), 312-335
ISSN (print) 0179-6437, ISSN (internet) 1862-0000,
DOI 10.1688/1862-0000_ZfP_2009_04_Andresen
© Rainer Hampp Verlag, www.Hampp-Verlag.de
Zeitschrift für Personalforschung, 23(4), 312-335
DOI 10.1688/1862-0000_ZfP_2009_04_Andresen 313
1. Einführung
„Do ut des“, ich gebe, damit du gibst, oder, allgemeiner, weil ich davon einen Nutzen
habe. Diese Zweck-Mittel-Beziehung ist bekanntlich eine zentrale Annahme ökonomischer Theoriebildung, die sowohl den materiellen als auch den verhaltensbezogenen
Tausch zwischen Arbeitgeber und -nehmer spezifiziert. Diese Tauschbeziehung wird
zum einen durch einen Arbeitsvertrag gesteuert, der die Rechte und Pflichten der
Kontraktpartner juristisch spezifiziert. Jedoch ist diese fehlende soziokulturelle Einbettung in der Betrachtungsweise sozialen Austauschs (Westwood/Chan/Linstead
2004, 377) in Arbeitsbeziehungen seit den frühen Arbeiten von Barnard (1938) nicht
unwidersprochen geblieben. So betont Barnard die inhärenten wechselseitigen Verpflichtungen in sozialen Austauschprozessen als grundlegend für die organisationale
Mitgliedschaft. Mit Bezug auf Barnard macht die Forschung zu psychologischen Verträgen (z. B. Rousseau 1995) deutlich, dass in Arbeitsbeziehungen neben formaljuristischen Rechten und Pflichten zum anderen ein implizites Set wechselseitiger
Erwartungen und Verpflichtungen zwischen Arbeitnehmer und -geber gegeben ist.
Rousseau (1989, 123) definiert psychologische Verträge entsprechend als die Überzeugungen eines Individuums in Bezug auf die Bedingungen einer reziproken Austauschvereinbarung zwischen sich und einem Dritten.
Westwood, Chan und Linstead (2004, 377) kritisieren die US-amerikanische Forschung zu psychologischen Verträgen (z. B. Rousseau 1989, 1995) hinsichtlich ihrer
tendenziell rein individualistischen und desozialisierten Auffassung von psychologischen Verträgen. Dieser Kritik folgend bestehen aus unserer Sicht zwei Forschungslücken:
Die erste Forschungslücke betrifft die Positionierung hinsichtlich der individualistisch-strukturalistischen Ansätze des Verhältnisses von Handlung und Struktur. Die
oben angeführte dominante desozialisierte Lesart psychologischer Verträge betrifft ein
Problem, das in der Soziologie (Coleman 1990) und Psychologie (Groeben 1999) als
Mikro-Makro-Problem behandelt wird. Die dem methodologischen Individualismus
verhaftete Perspektive von psychologischen Verträgen impliziert, dass vom Handeln
einzelner Individuen (Mikroebene) ausgegangen wird, um soziale Vorgänge (Makroebene) zu beschreiben und zu erklären. Jedoch steht der soziokulturelle Kontext in
der Forschung zu psychologischen Verträgen deutlich im Hintergrund. Mit Blick auf
den Aufbau und die Funktionsweise von psychologischen Verträgen werden im Folgenden die reziproken Tauschformen in psychologischen Verträgen in ihrer soziokulturellen Einbettung expliziert. Unsere erste Forschungsfrage lautet daher:
a) Inwiefern erweisen sich soziokulturellen Bedingungen/Faktoren bei psychologischen Verträgen für reziproke Tauschformen in Arbeitsbeziehungen als relevant?
Der methodologische Individualismus zielt darauf ab, kollektive Phänomene durch
Rekurs auf individuelles Handeln zu erklären. Die zweite Forschungslücke steht im
Zusammenhang mit den Beweggründen, welche diese Handlungen auslösen. Diese
Beweggründe werden in der Forschung zu psychologischen Verträgen i. d. R. nicht
explizit untersucht. Implizit werden jedoch utilitaristische Handlungsmotive bei den
Arbeitnehmern unterstellt (z. B. Rousseau 1995), indem in verschiedenen Arbeiten zur
Erklärung dessen, wie soziokulturelle Kontextfaktoren die Handlungsmotivation der
314
Maike Andresen, Markus Göbel: Reziprozitätsformen in psychologischen Verträgen
Beschäftigten beeinflussen, eine Bezugnahme auf die soziologische Forschung und
hier insbesondere die individualistische und rationalistische Position von Blau (1964)
erfolgt. Nicht aufgegriffen hingegen wird der in der Psychologie bereits diskutierte
Aspekt der Moral, wie er von Piaget (1965) und Kohlberg (1987) ausgearbeitet wird
und den Nutzen als Handlungsmotiv ergänzt. Insofern ergibt sich folgende Forschungsfrage:
b) Welche Tauschmotive werden in Interaktion mit den soziokulturellen Merkmalen
reziproker Tauschformen im Rahmen psychologischer Verträge aktiviert?
Forschungsgegenstand unserer Studie ist die Beschaffenheit des psychologischen Vertrags von sog. Expatriates, d. h. Mitarbeitern, die beruflich von ihrem Arbeitgeber ins
Ausland entsandt wurden (Harris/Brewster/Erten 2005). In den hier analysierten
Fällen betrifft dies Delegationen zwischen ein und fünf Jahren (Martin 2001). Auslandseinsätzen liegen auf Seiten der entsandten Manager wie der entsendenden Unternehmen unterschiedliche Ziele zugrunde: Während die Mitarbeiter primär Karrierechancen, finanzielle Anreize oder persönliche Motive mit einer Auslandsversendung
verbinden, betrachten multinationale Unternehmen diese insbesondere als Instrument
der Unternehmenssteuerung und der Personalentwicklung (z. B. Stahl et al. 2000, 340,
346). Die Ergebnisse basieren auf einer empirischen Studie, die in vier großen, multinationalen Industrieunternehmen in Deutschland durchgeführt wurde. Kooperiert
wurde mit der jeweiligen Personalabteilung, die für die Gesamtgruppe der von
Deutschland aus entsandten Expatriates verantwortlich zeichnet. In einer qualitativen
Studie wurden Expatriates interviewt und Ergebnisse auf Basis des Grounded Theory
Ansatzes generiert.
Unser Artikel beginnt mit Blick auf die Forschungsfragen mit einer literaturgestützten Erörterung der soziokulturellen Einbettung von Tauschprozessen in Arbeitsbeziehungen und darauf aufbauend erfolgt eine Diskussion von Handlungsmotiven
bei reziproken Tauschformen in psychologischen Verträgen. Hiernach wird das Forschungsdesign der Untersuchung vorgestellt. Anschließend werden die Ergebnisse
unserer empirischen Studie präsentiert. Der Artikel endet mit Schlussfolgerungen
für die theoretische Auseinandersetzung hinsichtlich psychologischer Verträge und
der mit ihnen verbundenen reziproken Interaktionsformen zwischen den Vertragsparteien.
2. Ausgewählte Forschungsergebnisse zu sozialem Tausch und
Reziprozität
Grundlegend für die bisherige Forschung zu psychologischen Verträgen (z. B. CoyleShapiro/Shore 2007; Dabos/Rousseau 2004; Guest 2004) sind die Arbeiten zu sozialem Tausch von Blau (1964). Als Vertreter des rationalen Handlungsmodells betrachtet Blau (1964) eine Tauschbeziehung als eine Serie strategischer Spiele. Ist die gegenseitige Leistungsbilanz in einer Tauschbeziehung ausgeglichen, so herrscht Reziprozität vor. Im Falle eines Ungleichgewichts der gegenseitigen Leistungsbilanz aber entsteht auf Seiten des Leistungsnehmers – hier dem Arbeitnehmer – eine einseitige Verpflichtung dem Leistungsgeber – hier dem Arbeitgeber – gegenüber, eine adäquate
Gegenleistung zur Verfügung zu stellen, um so die Leistungsbilanz auszugleichen
(Blau 1964). Diese einseitige Verpflichtung zum Leistungsausgleich – wie es für den
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psychologischen Vertrag kennzeichnend ist – impliziert aus Sicht des Arbeitnehmers
eine Abhängigkeitsbeziehung, die sich tendenziell in einer ungleichen Machtverteilung
offenbart. Um dieses Machtungleichgewicht auszugleichen, sind Arbeitnehmer bestrebt, eine Gegenleistung zu erbringen, um letztlich eine ausgeglichene Leistungsbilanz mit der Organisation herzustellen (Shore/Barksdale 1998).
Obwohl diese individualistische und rationalistische Tauschtheorie nach wie vor
eine wichtige theoretische Grundlage für die Forschung zu psychologischen Verträgen
darstellt, fokussieren in jüngerer Zeit einschlägige Forschungsarbeiten (z. B. Dabos/Rousseau 2004; Shore et al. 2006) die Vielschichtigkeit und Komplexität von
Tauschbeziehungen im Rahmen psychologischer Verträge. So unterscheiden Dabos
und Rousseau (2004) zwischen transaktionalen und relationalen psychologischen Verträgen. Orientiert sich der transaktionale Vertrag an dem anonymisierten Markttausch
neoklassischer Prägung, so ist der relationale Vertrag durch Merkmale paternalistischer
Beziehungen, wechselseitige Loyalität der Tauschparteien, langfristige Stabilität der
Tauschbeziehung und eine altruistische Sorge für die andere Vertragspartei gekennzeichnet (Dabos/Rousseau 2004, 54, 67).1 Weiterhin macht insbesondere die Untersuchung von Dabos und Rousseau (2004) deutlich, dass reziproke Tauschformen in
Arbeitsbeziehungen deutlich komplexer und soziokulturell voraussetzungsvoller zu
sein scheinen, als dies strikt rationalistische Tauschkonzepte vermuten lassen.2
Diese soziokulturelle Kontextualisierung von Tauschhandlungen und -prozessen
wird in einer zweiten Forschungsrichtung zu sozialem Tausch und Reziprozität fokussiert, die ihr Augenmerk auf die strukturellen und institutionellen Einflüsse von Kollektiven legt (Molm/Cook 1995, 212).
Als relevant erweisen sich in diesem Zusammenhang die Arbeiten des Anthropologen Mauss (1968), der sich intensiv mit der Funktionsweise von Gabensystemen
beschäftigt hat. In seinen Analysen betont er die Wechselwirkung von individuellen Handlungsmotiven und soziokulturellem Kontext. Das rationale Kalkül bleibt in der Tauschtheorie
von Mauss (1968) „immer bezogen auf das kulturelle Symbolsystem, die moralischen
Regeln und die soziale Beziehungsstruktur, in der es zur Wirkung kommt“ (Kappelhoff 1995, 6). Handlungsmotive sind in dieser Lesart keine exogenen Größen, sondern entfalten erst in der Interaktion mit dem soziokulturellen Kontext ihre handlungsinduzierende Kraft (vgl. auch Piaget 1965). Erweist sich auch die moralische und
nicht-utilitaristische Grundlage als notwendig für die Leistungsannahme, so impliziert
dies jedoch keinen Ausschluss utilitaristischer Erwägungen aus Mauss’ Theorie (Befu
1980, 202). Wie Mauss (1968) nämlich betont, basiert jede soziale Ordnung grundlegend auf dem Prinzip der Reziprozität, einer Urform des Vertrages, in der Moral und
Ökonomie – sprich Nutzenmaximierung – zugleich wirksam sind.
1
2
Eine weitere Vertragsform stellt der balancierte Austausch dar, welcher vergleichsweise
vielschichtiger ist, indem dieser Merkmale des transaktionalen und relationalen psychologischen Vertrags vereinigt (Dabos/Rousseau 2004, 67).
Denn wie Westwood et al. (2004, 376) argumentieren, bewohnt selbst der Homo Oeconomicus eine bereits bestehende kulturelle und psychologische Welt und dieser soziopsychologische Rahmen umgrenzt die Werte, nach denen seine rationalen Kalküle erfolgen.
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Maike Andresen, Markus Göbel: Reziprozitätsformen in psychologischen Verträgen
Die Relevanz von unterschiedlichen Handlungsmotiven in reziproken Interaktionsbeziehungen scheint auch für psychologische Verträge zu gelten, wie Conway
(1996) und Guest (1998) unter Rekurs auf anthropologische Forschungsergebnisse
explizieren. Normen der Moralität und der Prosozialität beeinflussen demnach das
Verhalten des Einzelnen und stellen Vertragstreue so erst sicher. Die Reziprozitätsnorm erlaubt demnach die Aufrechterhaltung von Ungleichgewichten in einer Beziehung. Eine Konsequenz der theoretischen Dominanz Blaus (1964) in der Forschung
zu psychologischen Verträgen ist jedoch, dass die Beweggründe der Kontraktparteien
in ihren reziproken Interakten – zumindest implizit – auf utilitaristische Handlungsmotive
reduziert werden und die Bindewirkung von Kontrakten demnach primär auf rationale
Entscheidungskalküle zurückgeführt wird. Durch die Erweiterung der Handlungsmotive um Moral kann, so Guest (1998), theoretisch erklärt werden, warum Verletzungen
des psychologischen Vertrags toleriert oder sogar verleugnet werden können.3 Auch
Conway und Briner (2005, 51) argumentieren, dass individuelle Faktoren wie beispielsweise die Persönlichkeit oder die Austauschideologie, aber auch Handlungsmotive die wahrgenommenen reziproken Versprechen von Arbeitgeber und -nehmer sowie deren Erfüllungsgrad beeinflussen können. Indem Guest (1998) sowie Conway
und Briner (2005) zeigen, dass psychologische Verträge nicht zwangsläufig auf utilitaristischen Handlungsmotiven beruhen, erweitert sich der Kreis möglicher Handlungsoptionen. Die Tolerierung oder gar Leugnung von Vertragsverletzungen werden nicht
mehr als wenig nachvollziehbar bewertet, sondern erweisen sich unter Rekurs auf
moralische Handlungsmotive als durchaus rationale Handlungsweise. Angesichts der
Vielzahl an empirisch beobachtbaren Verhaltensweisen im Kontext von psychologischen Verträgen geht eine erweiterte Motivbasis insofern mit einem erheblichen Erklärungsmehrwert einher.
3. Methodik und Daten
3.1 Begründung des Forschungsdesigns
Basis der vorliegenden Studie ist die Beleuchtung psychologischer Verträge und des
Einflusses der Reziprozität auf das Verhalten der Akteure aus der Perspektive der
Arbeitnehmer und des Arbeitgebers (wiedergegeben über die Einschätzung der befragten Manager). Am Beispiel des Auslandseinsatzes werden die Handlungen der
Expatriates sowohl hinsichtlich der ihnen zugrunde liegenden Motive, der mit den
Handlungen verbundenen Konsequenzen sowie der soziokulturellen Bedingungen
analysiert. Grundlage der Analyse ist eine austauschtheoretische Perspektive.
3
Diese Argumentation ist kompatibel mit Forschungsergebnissen aus der Gerechtigkeitspsychologie, die ebenfalls Eigennutz als Handlungsmotiv von Moral unterscheiden (Montada 2003). Mit Blick auf das Verhalten in Interaktionszusammenhängen betonen etwa
Lengfeld und Liebig (2003) sowie Liebig (2001, 283), dass, wenn soziale Grundhaltungen
auf moralischen Beweggründen basieren, diese in den Augen der Personen meist sehr viel
bedeutender erscheinen. Folglich könnten moralische Beweggründe soziales Verhalten
stärker beeinflussen als andere, nicht moralisch begründete Motive. Die handlungsleitenden moralischen Prinzipien basieren letztlich auf moralischen Regeln, die mitunter einen
universellen jedoch immer einen gruppenbezogenen Gültigkeitsanspruch erheben (Liebig
2001).
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Die komplexen Beziehungen zwischen der grundlegenden Moralordnung und
dem beobachtbaren Verhalten lässt sich, Liebig (2001) folgend, nicht mit den klassischen Instrumenten der Survey-Forschung untersuchen. Benötigt wird vielmehr ein
Forschungsdesign, das für dieses Forschungsprogramm aus mehreren Gründen vorteilhaft ist: So ist eine Abfrage des Bewusstseins über Normen nicht hinreichend, da
dieses nicht impliziert, dass auch danach gehandelt wird (Smith 1994). Auch dasselbe
(normenentsprechende) Verhalten kann entweder Ausdruck eines moralischen oder
nutzenorientierten Motivs sein. Beide Motive sind in Situationen zudem häufig vermischt (Maes 2004, 133). Es bedarf daher, erstens, neben der Erfassung von Handlungen einer jeweiligen Erhebung des Kontextes, um ausreichend Anhaltspunkte für
eine valide Zuordnung zu haben. Zweitens gelten Emotionen wie z. B. Scham, Schuld,
Empörung als beste Indikatoren für die wirksame psychische Existenz moralischer
Normen (Montada 1993, 260ff.). Diese lassen sich am umfassendsten in einer qualitativen Studie durch Beobachtung nonverbaler und paraverbaler Kommunikation wie
auch Erfragen der emotionalen Regungen der Interviewten im Zusammenhang mit
den von ihnen beschriebenen Situationen erfassen und verstehen (vgl. Montada/Kals
2007, 150, 166ff.). Die Stärke einer Analyse unter Einbezug von Emotionen liegt in
deren Konsistenz und Zuverlässigkeit. Kognitionen werden indirekt erfasst, indem
jede Emotion ein spezifisches Muster von Kognitionen impliziert (Phelps 2006). Drittens erscheint auch mit Blick auf den explorativen Charakter der Untersuchung ein
qualitatives Forschungsdesign am geeignetsten (Groeben 1999).
3.2 Stichprobe
Um die Komplexität des psychologischen Vertrags und des reziproken Austauschs
zwischen den Managern und der jeweiligen Zentrale in Deutschland erfassen zu können, nahmen wir eine Auswahl von Expatriates in unterschiedlichen Entsendungsphasen in einer Vielzahl von Ländern mit verschiedenen beruflichen und familiären Hintergründen vor. Die im Sample repräsentierten funktionalen Bereiche umfassen Produktion, Finanzen, Marketing, IT und Personal. Die 54 Befragten entstammen vier
Produktionsunternehmen. Die empirische Datenerhebung erfolgte mittels halbstrukturierter Interviews. Es wurden ausschließlich deutsche Befragte einbezogen, um Verzerrungen in den Ergebnissen zu vermeiden, die aus der nationalen Kultur resultieren.
Die Interviews dauerten je 40 bis 90 Minuten und wurden je nach Anwesenheit des zu
interviewenden Mitarbeiters persönlich im Stammhaus in Deutschland oder per Video-Telefon (Skype) geführt. Um den Gesprächscharakter zu bewahren, wurden alle
Interviews stets von einer Person durchgeführt. Alle Gespräche wurden von demselben Interviewer geleitet. Über alle Interviews wurden Gesprächsprotokolle erstellt, auf
deren Basis die systematische Analyse der Rohdaten erfolgte.
Als Zeitpunkt der Datenerhebung wurde die laufende Phase des Auslandseinsatzes gewählt. So sollte sich der bisherige soziale Austausch und die antezipierten Konsequenzen auf eine fehlende reziproke Einhaltung von Erwartungen bzw. Verpflichtungen durch den Arbeitgeber am besten erfassen lassen. Zu den antezipierten Konsequenzen zählt die Intention beim Arbeitgeber zu bleiben oder das Unternehmen zu
verlassen. Diese Intention ist der finale kognitive Schritt im Entscheidungsprozess
eines freiwilligen Arbeitgeberwechsels (Steel/Ovalle 1984) und gilt entsprechend als
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Maike Andresen, Markus Göbel: Reziprozitätsformen in psychologischen Verträgen
der stärkste Prädiktor für einen Wechsel (Hendrix/Robbins/Summers 1998). Deshalb
wird die Intention in der Forschung als Surrogat für einen tatsächlichen Arbeitgeberwechsel genutzt.
Daten wurden erhoben zu
x dem Zustandekommen der Entsendung und den Einflussfaktoren auf die Entstehung und Entwicklung des psychologischen Kontraktes,
x dem Inhalt des psychologischen Vertrags,
x der Einschätzung der gegenseitigen Verpflichtungsänderung sowie der Veränderung der Erwartungen von Arbeitnehmer und Arbeitgeber im Laufe der verschiedenen Phasen der Auslandsentsendung,
x der Reaktion auf nichterfüllte Bestandteile des psychologischen Kontraktes und
den Auswirkungen auf den Entsandten in jeder Phase der Auslandsentsendung,
x der persönlichen Einschätzung der eigenen Karriere nach der Entsendung und
die Bedeutung der Entsendung für die Karriere sowie
x dem Einfluss der Entsendung auf das Vertrauensverhältnis zum Stammhaus.
3.3 Datenanalyse
Die Vorgehensweise bei der Analyse folgt methodisch der Grounded Theory von
Glaser und Strauss (1967) bzw. Strauss und Corbin (1990). Der Grounded TheoryAnsatz nach Strauss und Corbin (1990) ist theoriegeleitet. Entsprechend erfolgte in
unserer Studie auf Basis eines fundierten Wissens zu den Forschungsbereichen psychologische Verträge, Reziprozität und Auslandsentsendung die Definition erster
Forschungsfragen sowie die Entwicklung eines vorläufigen theoretischen Konzepts.
Über eine gleichzeitig erfolgende Datenerhebung und Auswertung erfolgte dann eine
Hypothesen- bzw. Theoriebildung über die Beziehung zwischen Auslandsentsandtem
und Arbeitgeber (Strauss/Corbin 1990). Im Zuge dieses Prozesses wurden weitere
bestehende Theorien herangezogen, um die eigenen Ergebnisse vor deren Hintergrund zu erklären, zu hinterfragen und ergänzende Aspekte zu diesen Theorien herauszukristallisieren. Die Stärke dieser Vorgehensweise liegt folglich in der Möglichkeit,
bestehende Rahmenkonzepte zu erweitern sowie neue zu eröffnen.
Die Datenauswertung der Interviews erfolgte EDV-unterstützt mittels MAXqda.
Hierbei kodierten wir die Daten (d. h. die transkribierten Interviewpassagen) über eine
kontinuierliche vergleichende Analyse, bei der jeder Indikator für das untersuchte
Phänomen einem zunächst theoriebasierten und dann emergierenden, offenen Kodierungssystem zugeordnet wurde, bis jedes Interview vollständig einem oder mehreren
Kodes zugewiesen war. Wir generierten insgesamt 23 Kodes und reduzierten diese
mittels eines Axial Coding sukzessive in zunehmend abstrakte Kategorien. Diese Analysephase ergab insgesamt 11 Kategorien, die in einem Prozess selektiver Kodierung
auf schließlich vier Kategorien verdichtet wurden (Strauss/Corbin 1990). So haben
sich neben der Kategorie der Handlungsmotive mit Bezug auf den soziokulturellen
Kontext im Verlauf der Datenauswertung folgende drei Kategorien als forschungsleitend erwiesen: Reziprozitätsformen, Transferressourcen und Transfermodi (vgl. Tab.
1). Über einen Vergleich der Daten, die zu derselben Kategorie gehören, sowohl ein-
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zelner als verschiedene Interviewpartner (Synopse) wurden acht Subkategorien (Nutzen, Moral, balancierte und generalisierte Reziprozität, tätigkeits- bzw. sachbezogene
und beziehungs- bzw. personenbezogene Leistungen und Güter sowie kalkulierendes
und relationales Vertrauen) entwickelt und diese anhand ihrer dimensionalen Ausprägung konkretisiert (Strauss/Corbin 1990). Die nachfolgende Tabelle gibt einen Überblick über den Erklärungsbeitrag der Subkategorien für die jeweiligen Kategorien.
Tab. 1: Kategorien und Subkategorien
Kategorien
Transfermotivation
Subkategorien
sozio-kultureller Kontext:
TransferReziprozitäts- Transferressourcen
modi
formen
Nutzen
Moral
balancierte Reziprozität
generalisierte Reziprozität
tätigkeits- bzw. sachbezogene
Leistungen und Güter
beziehungs- bzw. personenbezogene Leistungen u. Güter
kalkulierendes Vertrauen
relationales Vertrauen
Legende:
ʀ = beinflusst Kategorie stark,
ʀ = beinflusst Kategorie schwach
3.4 Validierung
Zwecks Validierung der Daten (Kirk/Miller 1986) prüften wir wiederholt die Grenzen
der während der Datenerhebung herausgebildeten konzeptionellen Kategorien und
tentativen Hypothesen sowie Theorien anhand der Aussagen zusätzlicher Auslandsentsandter. Im Zuge der Datenerhebung modifizierten wir permanent unsere konzeptionellen Kategorien oder kreierten neue. Weiterhin adaptierten wir unsere sich herausbildende Theorie, soweit dies angesichts neuer oder inkonsistenter Informationen
erforderlich erschien. Eine theoretische Sättigung trat dann ein, als sich keine neuen
Kategorien herausbildeten, alle Informationen in unseren Hypothesen berücksichtigt
waren und die Ergebnisse hohe Konsistenz aufwiesen (Kirk/Miller 1986, 40).
Beide Autoren kodierten zunächst unabhängig voneinander die Interviewdaten
und verglichen die Kategorien anschließend nach Übereinstimmungen und Unstimmigkeiten bzw. Widersprüchen. Ergebnis war ein gemeinsames Set von Kategorien,
mit Hilfe dessen dann abschließend sämtliche Daten rekodiert wurden. Unsere Interrater-Reliabilität (Kappa ƪ = 0,78) ist durch ein hohes Maß an Konkordanz der Einschätzungsergebnisse gekennzeichnet.
320
Maike Andresen, Markus Göbel: Reziprozitätsformen in psychologischen Verträgen
4. Forschungsergebnisse
Um für ein besseres Verständnis zu sorgen, präsentieren wir zunächst ex ante das
Endergebnis unserer Untersuchung, das wir sukzessive aus unseren Daten deduziert
haben. Als forschungsleitend erweist sich hierbei unser theoretisches Vorverständnis,
das auf der kritischen Analyse der vorangestellten Literatur basiert. Die bereits im
Zuge der Literaturbearbeitung deutlich gewordene Relevanz eines wie auch immer
gearteten soziokulturellen Kontextes für die Struktur und Funktionsweise von
Tauschbeziehungen im Rahmen psychologischer Verträge findet in unseren Daten
Bestätigung. Mit Blick auf die Interdependenz von individuellen Handlungsmotiven
und soziokulturellem Kontext kristallisierten sich zwei dominante Reziprozitätstypen
im Rahmen der psychologischen Verträge von Auslandsentsendungen heraus, die hier
als (1) „utilitaristische Tauschreziprozität“ sowie (2) „solidarische Gabenreziprozität“ bezeichnet werden. Konstitutiv für das Verständnis der Reziprozitätstypen ist die je spezifische Interdependenz von individuellen Handlungsmotiven und soziokulturellem Kontext (Reziprozitätsformen, Transferressourcen, Transfermodi). Während bei der „utilitaristischen Tauschreziprozität“ das rationalistische Kalkül dominiert und Moralität
nur eine latente Rolle spielt, ist es bei der „solidarischen Gabenreziprozität“ genau
umkehrt. Moralität ist hier fokal, gleichzeitig spielen Nutzenerwägungen nur eine periphere Rolle.
Obwohl es sich bei dem soziokulturellen Handlungskontext und den individuellen Handlungsmotiven um interdependente Phänomene handelt, haben wir uns aus
Gründen der Übersichtlichkeit und Nachvollziehbarkeit entschlossen, diese sukzessive
zu präsentieren. Im folgenden Abschnitt wird daher zunächst die Transfermotivation
diskutiert. Es wird gezeigt, dass neben den – bekannten – utilitaristischen Tauschkalkülen auch moralische Handlungsmotive bei psychologischen Verträgen im Rahmen
von Auslandseinsätzen eine Rolle spielen.
4.1 Transfermotivation: Nutzen vs. Moral
Die individuellen Motive für eine Entsendung ins Ausland sind vielfältig. Sie reichen
von dem Wunsch, in einem anderen Kulturkreis zu arbeiten, und der Vorstellung, den
Kindern etwas Gutes zu tun, über die persönliche Begeisterung für eine neue Aufgabe
und das Interesse am Kennenlernen von anderen Bereichen bis hin zu höheren Verdienstmöglichkeiten im Ausland und dem Wunsch nach einer positiven Karriereentwicklung.
Die dominante utilitaristische Handlungsorientierung von Expatriates zeigt sich
in unseren Daten deutlich in den ausgeprägten Karriereambitionen, die als eigentliches
Ziel der Entsendung fokussiert werden (vgl. Kasten 1). So wird eine Auslandstätigkeit
von Arbeitnehmern und in der Wahrnehmung der Expatriates auch von Arbeitgeberseite als obligatorischer Entwicklungsschritt gesehen. Verbunden damit spielen finanzielle Vorteile bereits während der Entsendung eine entscheidende Rolle. Charakteristisch ist, dass die Mitarbeiter strategisch auf ihre gesetzten Ziele hinarbeiten und fest
mit der Einlösung durch die andere Partei rechnen. Das Streben nach Gerechtigkeit,
beispielsweise hinsichtlich der Bezahlung, ist Instrument, um dem Erfüllen von Eigeninteressen nachzuhelfen. Über einen selbständigen Kontakt zum Stammhaus oder eine
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Verschriftlichung von Vereinbarungen wird versucht, Kontrolle entweder direkt über
das Ergebnis der Verhandlung oder zumindest indirekt über das Verfahren zu haben,
um den eigenen Nutzen zu sichern. Deutlich wird, dass die Abwägungen von Handlungsoptionen immer vor dem Hintergrund des konkreten Tauschakts und der hiermit
verbundenen Kalkulation von Kosten und Nutzen stattfindet. Der Transfer wird von
den Expatriates folglich primär nach dessen Konsequenzen beurteilt. Ob die eigene
Rechung aufgeht, hängt vom Ausgang der Entsendung und persönlichen Investitionen hinsichtlich Zeit und Partnerschaft ab.
Kasten 1: Belege für utilitaristische Handlungsmotive
„Ich wurde im August 2005 mit dem Vorschlag überfallen und zu einer Entscheidung gedrängt. Eine Ablehnung war ohne
Nachteile für meine Karriere nicht möglich.“
„Ich wollte eine Auslandsentsendung machen für mein berufliches Weiterkommen.“
„Eine Auslandserfahrung ist auf jeden Fall was wert – zumindest bei anderen Unternehmen. Es wäre vielleicht interessant,
die Firma generell zu wechseln, um den „drive“ der Auslandsentsendung mitnehmen zu können.“
„Es stellt sich für die berufliche Weiterentwicklung sicher positiv dar, dass man vier Jahre in China gelebt hat. Und finanziell
ist das mit 36 Jahren auch attraktiv.“
In unseren Daten zeigt sich aber auch die dominante Wirkung einer Moralordnung,
welche auch in dem reflexiven Umgang mit formalisierten Vereinbarungen wie beispielsweise einer Entsendungsrichtlinie deutlich wird und die das Streben nach Rentenmaximierung dominiert. Im Zuge einer situativ angemessenen Regelauslegung bzw.
-modifikation treten die Tauschpartner in einseitige Vorleistungen, die weniger dem
eigenen Wohlergehen, sondern primär dem Wohl des Gegenübers wie der Muttergesellschaft in Deutschland, des Arbeitgebers im Ausland oder der Kunden gezollt sind.
Die Moralordnung äußert sich beispielsweise in Motiven wie soziale Verantwortung,
Gemeinsinn oder einem expliziten Streben von Auslandsentsandten nach Gerechtigkeit und Fairness im wechselseitigen Umgang, welche zu den bestimmenden Steuerungsparametern werden. Das Streben nach Gerechtigkeit ist hier nicht länger ein
taktisches Mittel, um den eigenen Nutzen im Ausland oder nach der Rückkehr ins
Heimatland zu maximieren, sondern Selbstzweck und ein moralischer Imperativ.4
Kasten 2: Belege für moralische Handlungsmotive
„Hilfe haben wir dann von HR in Hamburg bekommen, dass ein Haus in einer höheren Preisklasse auch okay wäre, da es
wichtig ist, dass wir uns wohl fühlen und nicht die strikte Einhaltung der Policy entscheidend ist.“
„Oft ist es auch so, dass ich sage: ‚Ja, für die beiden [Vorgesetzten] mache ich das auch und für die möchte ich, dass das
alles rund läuft und ich da gute Arbeit mache’.“
„Es gibt hier wenig Privatleben, keine Freunde oder Feiern auf die man geht. Viele Leute verbringen somit mehr Zeit im Büro
als zu Hause. Da muss den Mitarbeitern das Vertrauen entgegengebracht werden, dass das nicht ausgenutzt wird.“
„Ich hab mich als den Eisbrecher gesehen, gekämpft und mit der Zeit Veränderungen gesehen als dann die Entsendungsrichtlinie herauskam. (...) Ich war dann froh, dass wenigsten die, die dann nach mir gekommen sind, davon profitieren konnten.“
4
So betonen ihre Vertreter Lerner (1980) und Montada (2005), dass Gerechtigkeit als Teil
der moralischen Interessen ebenso wie Eigeninteresse ein eigenständiges, primordiales
Motiv menschlichen Handelns und Entscheidens ist. Im Unterschied hierzu argumentiert
z. B. Adams (1965), dass Gerechtigkeit auf Eigeninteresse zurückzuführen und damit ein
sekundäres Motiv ist.
322
Maike Andresen, Markus Göbel: Reziprozitätsformen in psychologischen Verträgen
Auf der Grundlage der herausgearbeiteten individuellen Tauschmotive konnten die
Auslandsentsandten zwei Gruppierungen zugeordnet werden. Hierzu wurden je Interview die getätigten Aussagen den beiden Motiven zugeordnet und im Falle sowohl
nutzen- als auch moralorientierter Motive in den Äußerungen Häufigkeitsauszählungen und eine Zuordnung in eine der beiden Gruppierungen vorgenommen. Bei diesem Prozess ergab sich eine hohe Trennschärfe, indem sich jeweils mindestens 75
Prozent der Äußerungen Einzelner jeweils einem der Motive zuordnen ließen. Die
Gruppe der moralorientierten Entsandten umfasste 25 Personen und die nutzenorientierte Gruppe 29 Personen. Für jede Gruppierung wurde der Einfluss des soziokulturellen Kontextes auf der Basis unserer Daten untersucht, um etwaige Unterschiede
herauszukristallisieren (vgl. Tab. 1). Im Folgenden stellen wir zunächst die Reziprozitätsbeziehung und im weiteren Verlauf dann die Transfermodi dar.
4.2 Soziokultureller Kontext
Der ins Ausland versendete Mitarbeiter, die entsendende Muttergesellschaft sowie die
empfangende Auslandsgesellschaft stehen in einer komplexen Austauschbeziehung,
die einerseits den wechselseitigen Transfer von Ressourcen bzw. Gaben beinhaltet.
Die einzelne Transaktion ist anderseits in einen sozialen Zusammenhang eingebettet,
der erst in seiner Gesamtschau für den Außenstehenden sinnvoll und erkennbar ist:
(1) Die Form des Transfers sowie (2) die transferierten Ressourcen bzw. Gaben stehen in einem interdependenten Verhältnis zueinander. Um die einzelnen Dimensionen klarer zu beleuchten sowie die sich aus der Empirie ergebenden Unterschiede
deutlicher herauszuarbeiten, werden die beiden Dimensionen trotz ihrer Interdependenz separat diskutiert.
Reziprozitätsformen
Mit Blick auf die Expatriates, die eine individualistische Bedürfnisbefriedigung in den
Vordergrund stellen, erweisen sich die einzelnen Tauschakte als zielorientierte Handlungen. Charakteristisch für die individualistische Nutzenorientierung ist ein Kalkül in
dem Sinne, dass “ein Geschenk immer nach einem Ausgleich verlangt“ (v. Hippel
1988, 77; eigene Übersetzung). Überdurchschnittliches Arbeitsengagement während
der Auslandsversendung, durch das die seitens des Unternehmens mit dem Auslandseinsatz verbundenen Ziele wie etwa Wissenstransfer und Kompetenzaufbau
erreicht werden können, wird daher immer nur unter Bezug auf eine entsprechende
Erwiderung des Arbeitgebers erbracht, die beispielsweise in monetärer Weise oder
aber in Form einer adäquaten Karriereperspektive im Anschluss an seine Auslandstätigkeit erfolgen kann (vgl. Kasten 3). Deutlich wird hier ein reziprokes System des
Gebens und Nehmens, bei dem sich die wechselseitigen Leistungen in einer guten
Balance halten sollen. Zentraler Bezugspunkt des reziproken Leistungstransfers sind
aus Sicht der Expatriates formalisierte Vereinbarungen wie der Arbeitsvertrag oder die
Unternehmens- und Auslandsentsendungsrichtlinien.
Angesichts dieser Tit for Tat-Strategie, die an die balancierte Reziprozität im Sinne Sahlins (1972) erinnert, erweist sich eine Kooperation in Prozessen wechselseitigen
Leistungstransfers als problematisch. Denn einerseits geht es um den gemeinsamen
Nutzen, d. h. der einzelne Tauschpartner kann seinen Vorteil aus der Tauschbezie-
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hung nur dann realisieren, wenn auch der andere Partner einen Vorteil erzielt. Anderseits ist der Einzelne daran interessiert – im Zweifelsfall auch gegen die Vorstellungen
des Gegenübers – seinen Vorteil in der Tauschbeziehung zu suchen. Deutlich wird die
einseitige Vorteilsnahme insbesondere bei der Ausgestaltung finanzieller Regelungen.
Tausch und Täuschung liegen demnach eng beieinander.
Als erschwerend für die Aufrechterhaltung kooperativen Verhaltens erweisen sich
zusätzlich noch Spezifika von Auslandsentsendungen. Denn Formen balancierter
Reziprozität sind durch einen unmittelbaren Austausch ungefähr gleichwertiger Leistungen zwischen Ressourcennehmer und -geber gekennzeichnet (Sahlins 1972). Die
Besonderheiten im Auslandseinsatz liegen in einer zeitlichen Disparität zwischen Leistung und Erwiderung, gepaart mit einer komplexen Akteurskonstellation. Der Arbeitnehmer ist in der Tauschbeziehung mit einem Tauschpartner konfrontiert, der durch
zwei Organisationen, einer in Deutschland und einer im Ausland, im Austausch vertreten wird. Für das Gros der Entsandten bleibt die Muttergesellschaft primärer Bezugspartner im Rahmen eines indirekt vollzogenen reziproken Leistungstransfers. Es wird die
Zeit des Auslandseinsatzes als bestimmter, überschaubarer Zeitraum zwischen Geben
und Nehmen akzeptiert und eine zukünftige Gegenleistung erwartet. Die Besonderheit liegt hier darin, dass die Auslandsgesellschaft unmittelbarer Ressourcenempfänger
der erbrachten Leistungen ist und die Muttergesellschaft eher mittelbar im Zuge der
internen Leistungsverrechnung profitiert (sofern überhaupt vorhanden), aber für die
Gegenleistung verantwortlich ist. Im selteneren Fall entsteht ein direkt vollzogener reziproker Leistungstransfer, indem ein sofortiger wechselseitiger Austausch zwischen den
Akteuren angestrebt wird. Infolge der Auslandsentsendung wird dieser in der Regel
über die Auslandsgesellschaft als Partner zu erfüllen sein. Dies betrifft beispielsweise
eine Einbeziehung in die weitere Karriereplanung und in Weiterbildungsmaßnahmen
im Ausland. Im Extremfall wird die Auslandsgesellschaft einziger Austauschpartner.
Kasten 3: Belege für ein individualistisches Nutzenkalkül
„Ich verpflichte mich zu einer guten Performance und XY [Name der Firma] dagegen zu einem guten Rückkehrangebot.“
„Es gibt Zeitunterschiede, deshalb haben sie hier andere Arbeitszeiten. Ich fange um 9 Uhr im Büro an, mein Telefon schalte
ich aber erst um 23 Uhr aus, weil ich dann nicht mehr angerufen werden will. In Deutschland geht der normale Angestellte
irgendwann um 18 Uhr nach Hause und dann ist in der Regel auch Feierabend. Da haben sie im Ausland vor allem, wenn
sie im Vertrieb sind, deutlich mehr. Das möchte man dann irgendwo auch anerkannt wissen und das geht eigentlich nur über
das Geld.“
„Ich nehme als Expat nicht am firmeninternen Development Program teil und bin auch vom Talent Review Meeting ausgeschlossen, wo es um weitere Karriereplanung geht. Man ist sozusagen weg vom Schuss. Deshalb erwarte ich eine Einbeziehung in die weitere Karriereplanung und Weiterbildungsmaßnahmen während der Entsendung.“
Bei Expatriates der zweiten Gruppierung dominiert ein solidarisches Verhältnis zwischen Expatriate und Unternehmen. Gegebene und erhaltene Gaben werden nicht
strikt gegeneinander aufgerechnet. An die Stelle von Wertäquivalenz und Rentenmaximierung treten in diesem Tauschsystem moralische Werte. Obgleich die Gegenleistung durch die Muttergesellschaft in Deutschland erbracht wird, eine unmittelbare
Leistungskontrolle des Expatriates kaum möglich ist und damit Spielräume für opportunistisches Verhalten bestehen, streben die Entsandten eine Leistungserbringung in
der ausländischen Organisation an, die quantitativ und qualitativ das vereinbarte Maß
deutlich übersteigt. Deutlich wird hier eine Transitivität als Form generalisierter Re-
324
Maike Andresen, Markus Göbel: Reziprozitätsformen in psychologischen Verträgen
ziprozität: Da die Muttergesellschaft eine starke Beziehung zur Auslandsgesellschaft
unterhält und gleichzeitig eine starke Beziehung zum Mitarbeiter, entsteht auch eine
Beziehung zwischen dem Mitarbeiter und der Auslandsgesellschaft. Die Möglichkeit,
einseitig Gaben zu erbringen oder Verzicht zu üben, ohne dass diese als Verpflichtung
zur adäquaten, wertäquivalenten Erwiderung interpretiert wird, kennzeichnet die Solidarität und Moralität in dieser Gruppe. Solidarität äußert sich in diesen Transferzusammenhängen zumeist durch den verhaltenen Anspruch, den die Expatriates an ihre
Mutterunternehmen richten. Sie hegen lediglich die Erwartung, dass – soweit es der
Muttergesellschaft als Ressourcennehmer möglich ist – eine Gegengabe beispielsweise
in Form eines Karriereschritts erfolgt, die jedoch nicht als Automatismus und Verpflichtung angesehen wird. Während Verpflichtungen primär aus utilitaristischen Handlungsmotiven heraus einzuhalten sind, ist die Erfüllung von Erwartungen in erster
Linie eine Frage der Moral. Alternativ besteht seitens der Akteure die Möglichkeit
einer sogar ausbleibenden Erwartung einer Gegengabe, weil sie diese bereits als erhalten ansehen. Entsprechend wird die Möglichkeit einer Auslandstätigkeit einschließlich
der damit verbundenen Herausforderungen von einigen Entsandten auch als Geschenk gesehen, welche mit Stolz angenommen und als Anerkennung der bisherigen
Arbeit gewertet wird. Ein darüber hinaus ermöglichter Karriereschritt basiert folglich
zentral auf wahrgenommener Prosozialität.
Kasten 4: Belege für eine moralische Tauschreziprozität
„Ich fühle mich gegenüber YZ [Name der Auslandsgesellschaft] zu hoher Eigenmotivation, entsprechender Mehrarbeit, viel
Eigeninitiative und auch zur selbständigen Erledigung von Basisaufgaben verpflichtet, die nicht zu den eigentlichen Aufgaben zählen.“
„Ich betrachte die neuen Erfahrungen und Lehren als positiv. Schwierigkeiten sind Teil des Geschenks ins Ausland gehen zu
dürfen.”
„Eine Entsendung hat nichts zu tun mit dem Vertrauensverhältnis, eher mit Dankbarkeit, da es um Leistung geht.“
„Ich sehe mich zur Lieferung einer hohen Arbeitsqualität und maximalem Einsatz verpflichtet. Das ist mein eigener Anspruch
und Erfahrung, sonst ist eine Entsendung nicht fair.“
Gegenstand des Ressourcen- bzw. Gabentransfers
Mit Blick auf die transferierten Ressourcen unterscheiden die Auslandsentsandten
bewusst zwischen tätigkeits- bzw. sachbezogenen Leistungen und Gaben und beziehungs- bzw.
personenbezogenen Leistungen und Gaben. Erstere sind beispielsweise durch Werte und
Einstellungen des Unternehmens oder ökonomisch bestimmt und besitzen einen stärker materiellen Wert, der den Tauschparteien eine Saldierung ihrer Ressourcenflüsse
ermöglicht. Dazu im Unterschied werden zweitere durch einen personalen Kontext
geprägt, welcher sich beispielsweise auf die Familie, Kollegen, weitere Auslandsentsandte oder Kontaktpersonen sowohl im Stammhaus als auch im Ausland bezieht,
und haben insofern eine soziale Funktion, als dass durch ihren Transfer ein Beitrag
zur emotionalen Bindung von Arbeitnehmer und -geber geleistet wird.
Auf Arbeitgeberseite handelt es sich bei den tätigkeits- bzw. sachbezogenen Leistungen
und Gütern aus Sicht der Expatriates insbesondere um Vergütung und arbeitsbezogene
Betreuungsangebote sowie Unterstützung für die individuelle Persönlichkeits- und
Karriereentwicklung. Im Gegenzug fühlen sich die Arbeitnehmer insbesondere zu
hohem Arbeitseinsatz, der Erledigung von über den eigentlichen Bereich hinausrei-
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chenden Aufgaben, einem eigenständigen Karrieremanagement und zu selbständiger
Kontaktpflege mit dem Arbeitgeber verpflichtet. Die Inhalte des psychologischen
Vertrags in unseren Daten decken sich weitgehend mit den in der Literatur zu findenden Modellen psychologischer Verträge im Kontext von Auslandseinsätzen (z. B.
Lewis 1997). Von besonderer Relevanz war in unserer Studie eine an den Auslandseinsatz anschließende Karriereentwicklung.5
Tab. 2: Tätigkeits- und sachbezogene Leistungen und Güter auf Arbeitgeber- und
Arbeitnehmerseite
Leistungserwartungen des Expatriates an das Unternehmen
Leistungen des Expatriates
Verhaltensbezogene Vorbereitung
(z. B. Kultur-, Sprachtraining für Expat)
Administrative Unterstützung
Hohe Arbeitsleistung, Überstundenarbeit
(u. a. Sicherung der medizinischen Versorgung, Regelung steuerrechtlicher
Belange, Beantragung Arbeitsvisum, Unterstützung bei Wohnungssuche und
Umzug)
Finanzielle Absicherung
(d. h. angemessene Vergütung, Zahlung der Rentenversicherung, Dienstwagen,
Kostenbeteiligung an Miete, Schulgeld, Kindergarten, etc.)
Extrarollenverhalten
Arbeitsbezogene Betreuung durch Personalabteilung in Deutschland
(z. B. Klärung der Aufgaben im Gastland in Zielvereinbarung, Informationen über
Entwicklungen des Marktes und im Stammhaus in Deutschland; Unterstützung
bei Problemen)
Selbstorganisation
Unterstützung der Persönlichkeits- und Karriereentwicklung durch Stammhaus
und Auslandsniederlassung
(z. B. Weiterbildungsmaßnahmen, aktive Karriereförderung, langfristige Planung
der Rückkehrposition, Nutzung der beruflichen Erfahrungen des Expatriates nach
Rückkehr)
Karriereselbstmanagement
Gerade bei längeren Auslandseinsätzen sind jedoch die beziehungs- bzw. personenbezogenen
Gaben von besonderer Relevanz. Sie bilden auf emotionaler Ebene eine wichtige
Grundlage für die Leistungsbereitschaft und Arbeitsfähigkeit des Mitarbeiters. Auf
Arbeitgeberseite handelt es sich hier insbesondere um Respektierung des Privatlebens
(Kittler/Holtbrügge/Ungar 2006). Umgekehrt fühlen sich die Mitarbeiter dazu verpflichtet, private Belange in Eigenregie zu organisieren. Die Erwartungen und Verpflichtungen auf Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite hinsichtlich beziehungs- bzw.
personenbezogener Gaben aus Sicht der Expatriates sind in Tabelle 3 zusammengefasst:
Analysiert man die Daten im Hinblick auf Unterschiede und Gemeinsamkeiten
der auf den Motiven basierenden Gruppierungen, so werden zunächst keine Differenzen augenfällig. Die Vertreter beider Gruppierungen erwarten ebenso sachbezogene
5
Analog konnten auch Yan et al. (2002) zeigen, dass die Erwartungen des Entsandten
hinsichtlich des Einflusses seiner Entsendung für seine Karriere signifikant seine
Arbeitsleistung während des Auslandseinsatzes bestimmen.
326
Maike Andresen, Markus Göbel: Reziprozitätsformen in psychologischen Verträgen
wie beziehungsbezogene Leistungen. Bei eingehender Analyse wird jedoch deutlich,
dass Expatriates, die eine solidarische Beziehung mit ihrem Arbeitgeber pflegen, ihre
Tab. 3: Beziehungs- bzw. personenbezogene Gaben auf Arbeitgeber- und
Arbeitnehmerseite
Leistungserwartungen des Expatriates an das Unternehmen
Verhaltensbezogene Vorbereitung für die Familie
(z. B. Previsit, Kultur-, Sprachtraining für Partner, Kinder)
Leistungen des Expatriates
Ergänzend selbstgesteuerte Vorbereitung
(Literatur, Befragung von Leuten mit
Erfahrungen im Gastland)
Administrative Unterstützung der Familie
(z. B. Suche von Kindergarten, Schule, Arbeitsplatz für Partner, Wohnungssuche
und Umzug bei Entsendung und Heimkehr)
Selbstorganisation
Laufende individuelle Betreuung durch Personalabteilung in Deutschland
(z. B. Klärung persönlicher Belange, Interessensbekundung, Kümmern)
Verzicht / Opfer
Geisteshaltung durch ein/en Verzicht/Opfer deutlich machen. Es handelt sich hierbei
also nicht um eine Gabe oder Leistung im engeren Sinne, sondern um die Bereitschaft, ohne Vorbedingung und ohne begründete Aussicht auf Kompensation auf
zustehende – mitunter sogar vertraglich fixierte – Leistungen zu verzichten. Diese
bedeutet auf beruflicher Ebene beispielsweise die Aufgabe eines sicheren Arbeitsplatzes in Deutschland, das Eingehen eines Karriererisikos nach Rückkehr oder die Akzeptanz einer finanziellen Schlechterstellung im Vergleich zu den lokalen Mitarbeitern
und auf persönlicher Ebene in Form des Verlassens von Familie und Freunden, der
Aufgabe einer schönen, eigenen Wohnung sowie eines ruhigeren Lebens in Deutschland. Der Grund für den Verzicht liegt in der prosozialen Handlungsmotivation von
Expatriates, die in einer moralischen Tauschreziprozität eingebunden sind. Denn
ebenso wie diese in den Gabensystemen einseitig in Vorleistung treten, so sind sie
auch bereit, Verzicht zu üben, wenn dies in ihren Augen dem Gesamtunternehmen
dient: „Am Anfang musste ich auf vieles verzichten. Das war manchmal ganz schön hart. Aber ich
kann den Auslandsaufenthalt ja nicht einfach abbrechen und morgen gehen. Kann ich, klar, kann
ich schon, weil es ja nicht anders im Vertrag drin steht. Aber ich fühle mich dem ganzen Unternehmen viel verpflichteter.“
Transfermodi
Das Verhalten der dominant moralisch motivierten Entsandten ist geprägt durch ein
Vertrauen der Parteien in die Beziehung (Rousseau et al. 1998). Im Kontext eines
langjährigen Arbeitsverhältnisses handelt es sich bei der Auslandsentsendung nur
um eine Episode in einer auf Langfristigkeit ausgelegten Solidarbeziehung. Insofern
dient die Entsendung eher als Beleg denn als Einflussmöglichkeit für die Beziehung.
Verbunden durch ein Gefühl wechselseitiger Loyalität entsteht auf Seiten der Entsandten eine Form des Systemvertrauens, das prosoziales Verhalten unterstützt.
Auch versuchen die Entsandten, das ihnen über die Auswahl für eine Auslandstätigkeit demonstrierte Vertrauen nicht zu missbrauchen, und fühlen sich zu hohen Leistungsabgaben motiviert, ohne dafür eine wertäquivalante Gegenleistung einzufor-
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dern. Der einzelne Gabentransfer wird aus der konkreten Tauschepisode herausgelöst und in einen größeren Beziehungskontext gestellt. Insofern werden das Vertrauen und die Loyalität durch eine gelungene Auslandsentsendung nur geringfügig
gesteigert, da bereits ein Maximum an Loyalität aufgebaut wurde. Zentral für die
Zusammenarbeit ist, dass die Form des Transfers dem Vertrauen gerecht wird (vgl.
Kasten 5).
Kasten 5: Relationales Vertrauen und Loyalität
„Eine Auslandsentsendung ist nur eine Bestätigung gegenseitigen Vertrauens.“
„Ich war dem Unternehmen vorher schon verbunden, ich weiß, was ich an meinem Arbeitsplatz habe und XY [Name der
Firma] weiß es umgekehrt auch.“
„Man merkt, dass die Firma an dich glaubt, dir Vertrauen schenkt. Ich fühle mich dazu verpflichtet, hierfür etwas zu tun, zu
leisten. Für mich ist so eine gewisse Art von Druck, positiv, und es motiviert mich. Ich empfinde das als eine positive Motivation.“
Kennzeichnend für die utilitaristisch motivierte Gruppierung sind primär Formen
kalkulierenden Vertrauens (Rousseau et al. 1998). Der Expatriate vertraut hier weniger
in die Solidarität und Prosozialität seines Arbeitgebers. Sein Vertrauen gründet vielmehr in erster Linie auf die Zweckrationalität des Gegenübers, d. h. auf den Nutzen,
den die Vertragseinhaltung stiftet. Langjährige Beziehungen spielen hier insofern eine
Rolle, als sie den Prognosehintergrund für das erwartbare Verhalten des Tauschpartners bilden. Maßgeblicher Bezugspunkt für die Wahl des Handlungs- und Tauschmodus sind hingegen die formalen Bedingungen, welche die einzelnen Tauschepisoden
strukturieren und somit das Verhalten des Gegenübers in den Augen des Expatriates
berechenbar erscheinen lässt. Mit Blick auf mögliche Interessendivergenzen ist es aus
Sicht des Expatriates nur logisch darauf zu bestehen, dass die Verpflichtungsregelungen für die Entsendung klar im Entsendungsvertrag geregelt sind und verschriftlicht
werden. Jenseits vertraglicher Verpflichtungen auf die Prosozialität und Vertrauenswürdigkeit des Gegenübers zu bauen, erscheint den Expatriates dagegen wenig erfolgsversprechend. Im Fokus steht das Transferergebnis.
Kasten 6: Kalkulierendes Vertrauen
„Ich vertraue eher auf die Einhaltung vertraglicher Bedingungen und habe die Erfahrung gemacht, dass man sich selbst um
alles weitere kümmern muss.“
„Ich habe derzeit keinen Anlass, an eine Verletzung der Verpflichtung zu glauben. Die Entsendungsrichtlinien, die ich als HR
Manager sehr gut kenne, enthalten ausführliche Regelungen, was in Fällen unmöglicher Rückkehr ins Heimatland für die
Expatriates zu leisten ist. Ich vertrete hier eine rationale Herangehensweise“.
„Ich halte selbständig Kontakt zu XY [Name der Firma]. Andernfalls habe ich kein Vertrauen in XY, dass sonst etwas für
meine berufliche Zukunft passiert.“
5. Diskussion
Die Gruppe der befragten Auslandsentsandten ließ sich mit Blick auf die motivationale Heterogenität entlang eines Kontinuums in zwei dominante Reziprozitätstypen
unterteilen, die den psychologischen Verträgen zugrunde liegen. Diese Typen wollen
wir wie folgt bezeichnen: (1) utilitaristische Tauschreziprozität und (2) solidarische
Gabenreziprozität. Die wesentlichen Charakteristika hinsichtlich der Motivation und
des soziokulturellen Kontextes beider Typen fasst Tabelle 4 zusammen:
328
Maike Andresen, Markus Göbel: Reziprozitätsformen in psychologischen Verträgen
Tab. 4: Zusammenfassende Übersicht der Ergebnisse
utilitaristische Tauschreziprozität
Motivation
Beziehung
(Reziprozitätsformen,
Transferressourcen)
Modi
solidarische Gabenreziprozität
Utilitaristisches Kalkül
Moralität und Solidarität
Orientierung am Eigennutz
Orientierung an Prosozialität / Fairness
Prägung der Handlungen primär durch
Rationalität
Prägung der Handlungen primär durch
Emotionalität
Sekundäres Gerechtigkeitsmotiv
(Mittel zum Zweck)
Gerechtigkeit ist präskriptive Norm
(Zweck in sich selbst)
Reziprozität beruht auf direktem Austausch
äquivalenter Werte (Balance)
Reziprozität als generalisierte Norm, die auf
langfristiger Gegenseitigkeit und Solidarität
beruht
Reziprozität der Perspektive6
Austausch tätigkeits- bzw. sachbezogener
sowie beziehungs- bzw. personenbezogener
Leistungen und Güter
Verzicht/Opfer
Austausch tätigkeits- bzw. sachbezogener
sowie beziehungs- bzw. personenbezogener
Leistungen und Güter
Kalkulierendes Vertrauen in die
Einhaltung von Verpflichtungen als
Basis nutzenorientierter Handlungen
Relationales Vertrauen & Systemvertrauen
in die Erfüllung von Erwartungen als Basis
prosozialen Verhaltens
Fokus: Transferergebnis
Fokus: Transferform
Ganz im Sinne der oben angesprochenen Interdependenz notiert Sahlins (1972) zur
Gabe, dass die Art, wie die Rückgabe erwartet wird, etwas über den Geist aussagt, der
den Tausch bestimmt. Die Unterscheidung der Reziprozitätstypen ist also „mehr als
nur formaler Natur“ (Sahlins 1972, 30). Während bei Typ 1 die sozialen Beziehungen
vom Ressourcenfluss abhängen und der utilitaristische Tausch die sozialen Beziehungen erst konstituiert, wird bei Typ 2 „die Bewegung der Güter durch die herrschenden
sozialen Beziehungen getragen“ (Sahlins 1972, 32). Beim Typ 2 besteht zwischen den
beiden Parteien ein gutes Vertrauensverhältnis, das im Rahmen der Auslandsentsendung bestätigt wird oder sogar nochmals wachsen kann, indem die Basis breiter wird.
Die damit verbundenen komplexeren sozialen Beziehungen beeinflussen den in ihnen
stattfindenden Tausch. Wie in unseren Daten deutlich wurde, hängt die Arbeitsmotivation und der Arbeitseinsatz von Auslandsentsandten des ersten Typus maßgeblich
davon ab, in welcher Form und in welchem Zeitraum sich die Auslandsentsendung
monetär und karrieremäßig rechnet. Das erreichte Transferergebnis ist zentral für die
Beurteilung des Austausches und es wird entsprechend eine Äquivalenz der getauschten Werte eingefordert.7 Im Rahmen utilitaristischer Tauschreziprozität entsteht für
den Expatriate infolge der zeitlichen Diskrepanz zwischen Geben und Nehmen potentiell ein ‚hold-up’-Problem, indem der Entsandte in Vorleistung geht und der Ar6
7
Nach Stegbauer (2002, 119) geht es bei der Reziprozität der Perspektiven darum, „dass der
Einzelne sich in die Rolle des anderen hineinversetzen kann, seinen Standpunkt einnehmen
kann: Der Einzelne übernimmt in Gedanken die Rolle, die Perspektive des anderen.“
Typische Handlungsempfehlung der einschlägigen Literatur für das Expatriate-Management
sind daher auch, eine Äquivalenz der reziproken Güter und Leistungen herzustellen und
insbesondere Karriereoptionen bereitzustellen (z. B. Mendenhall et al. 2002, 182).
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beitgeber erst im Anschluss an die Auslandstätigkeit seinen Leistungen in Form beispielsweise eines Karriereschritts nachzukommen hat. Ein dem psychologischen Vertrag konformes Verhalten ist seitens des Expatriates zu erwarten, da gemäß utilitaristischer Kalküle die hiermit verbundenen Kosten, wie mögliche Karriereprobleme oder
ein Verzicht auf weitere Auslandseinsätze, den Nutzen aus opportunistischem Verhalten übersteigen würden. Erscheint jedoch die Realisierung der einkalkulierten Gegenleistung in einem fixierten Zeitraum als wenig wahrscheinlich, sei es weil ein Karrieresprung angesichts unprognostizierbarer externer Einflussfaktoren für das Unternehmen nicht herstellbar ist oder aber wissentlich gegen das Versprechen verstoßen wird,
so führt ein derartiger Missstand in einer solchen Tauschform zu einer starken und
destruktiven Reaktion in Form sinkender Motivation, einer reduzierten Leistungsbereitschaft bis zur Entscheidung, das Unternehmen zu verlassen und die Ressourcen
von anderer Seite zu beziehen (vgl. auch Rousseau 1995) (vgl. Kasten 7). Deutlich
wird in der Gesamtschau der rekursive Konstitutionszusammenhang zwischen einer
utilitaristischen Handlungsmotivation, einem direkten Austausch äquivalenter Tauschleistungen und dem kalkulierenden Vertrauen, die in ihrer Interdependenz die utilitaristische Tauschreziprozität generiert.
Kasten 7: Reaktionen auf eine ausbleibende Befriedigung von Eigeninteressen
„Die nicht erfüllten Erwartungen führen zu einer sinkenden Motivation: Man hat das Gefühl einer Abschiebung ins Ausland,
da sich niemand verantwortlich fühlt.“
„Die Kürzung von finanziellen Zulagen, wie sie für Entsendungen nach Westeuropa vorgenommen wurden, haben meine
Motivation negativ beeinflusst.“
„Bei einem absolut inadäquaten Jobangebot ziehe ich auch eine Kündigung in Betracht.“
Im Falle der solidarischen Gabenreziprozität haben die Entsandten zwar ebenso Karriereerwartungen, gleichwohl ist neben dem Tauschinhalt die Form des Tauschprozesses mindestens ebenso bedeutend. Im Gegenzug für eine hohe Leistungsbereitschaft
erwarten sie von den Unternehmen einen fairen und vertrauensvollen Umgang mit
ihnen. Indem die Expatriates sogar auf erwartete oder sogar zugesagte Leistungen
verzichten, werden die Unternehmen in die moralische Pflicht genommen, sich mit
den Mitarbeitern sowohl im Ausland als auch später nach ihrer Rückkehr solidarisch
zu zeigen und so eine emotional angemessene Grundlage zu schaffen, selbst wenn
dies dem Unternehmensnutzen zuwiderläuft. Erscheint die Beziehung als grundsätzlich prosozial und fair, gelten nicht erfüllte Erwartungen des Einzelnen in puncto
Karriere, Betreuung etc. nicht zwangsläufig als Verfehlung, die das Vertrauen in die
Prosozialität und Kompetenz des Unternehmens in Frage stellt. Mögliche Verstöße
werden zunächst nicht dem strategischen Kalkül des Mutterunternehmens zugeschrieben und folglich häufig entweder mit Blick auf die personalpolitischen Sachzwänge einer übergeordneten Unternehmensrationalität als übertriebene Ansprüche
des einzelnen Expatriates (um-)gedeutet und gerechtfertigt, oder es wird auf externe,
das heißt nicht in der eigenen Person und der erbrachten Leistung begründete Faktoren referiert, die eine Erwiderung durch den Arbeitgeber verhindern. Ein Vertragsbruch führt nicht zwangsläufig zu einer Erosion der Moralität, denn zentral ist aus
Sicht der Expatriates weniger das Ergebnis als die Form des Transfers. Angestrebt
wird weniger die Realisierung einer ausgeglichenen Transferbilanz als vielmehr die
330
Maike Andresen, Markus Göbel: Reziprozitätsformen in psychologischen Verträgen
Aufrechterhaltung einer Transferethik, die auf Ehrlichkeit und Fairness basiert. Die
Äußerungen der Befragten deuten darauf hin, dass das Vertrauen in die Beziehung
ebenso wie das prosoziale Verhalten trotz möglicher Brüche aufrecht bleiben würde
und solche Missstände zwar als frustrierend wahrgenommen werden, zumeist aber
keinen Einfluss auf die Arbeitsmotivation haben. Die antezipierten Reaktionen auf
Vertragsbrüche in Form einer Nichterfüllung von Erwartungen waren gering bis fehlend und konstruktiv. Als typische Form wurden mündliche Ansprachen oder Loyalität/Schweigen angegeben (vgl. Rousseau 1995, 135).
Als gravierend für die Solidarbeziehung werden solche Verfehlungen jedoch dann
wahrgenommen, wenn sie die Form des Gabentransfers generell in Frage stellen. Ein
Vertrauensbruch wie auch wiederholt moralisch unehrenhaftes oder als ungerecht
wahrgenommenes Verhalten, sei es vom Mitarbeiter oder vom Arbeitgeber, wird nicht
als – letztlich – unvermeidliches Ergebnis nutzenmaximierender Handlungsstrategien
betrachtet, sondern als Verletzung einer bindenden Moralordnung. So wird durch
eigene Verstöße das ethische Selbstverständnis in Frage gestellt und durch wahrgenommene Verstöße des Arbeitgebers Empörung, Schamgefühl oder ein Gefühl des
unehrlichen Umgangs erzeugt. Im Extremfall, das heißt wenn wiederholt und in starker Form gegen die moralischen Normen verstoßen und so die Solidarbeziehung einseitig zur Disposition gestellt wird, evoziert dies eine persönliche Enttäuschung und
Frustration, und die Verstöße können mit sinkender Motivation und einer Ablehnung
des nächsten Auslandseinsatzes bis zur Suche nach einem neuen Arbeitgeber geahndet
werden. Der Transfer wird vom Expatriate folglich primär nach den wahrgenommenen Motiven seitens des Arbeitgebers beurteilt. Dies deutet darauf hin, dass ein Eigeninteresse hier aus frustrierten bzw. verletzten Gerechtigkeitsbedürfnissen resultiert
(vgl. auch Münster/Maes 2004, 138).8 Deutlich wird in der Gesamtschau der rekursive
Konstitutionszusammenhang zwischen einer moralischen Handlungsorientierung,
relationalem Vertrauen und einem einseitigen Gabentransfer bzw. -verzicht in einem
auf Langfristigkeit ausgelegten Gabensystem, die in ihrer Interdependenz die solidarische Gabenreziprozität generieren.
Kasten 8: Reaktionen auf nicht den moralischen Vorstellungen entsprechendes
Verhalten im Rahmen solidarischer Gabenreziprozität
„Bei manchen Dingen, die zu kurz gekommen sind, liegt das auch an der Unterbesetzung der Personalabteilung. (...) Mir war
klar, dass es somit Dinge geben wird, die zu kurz kommen.“
„Ja, also ich war natürlich als allererstes enttäuscht, ich fühlte mich allein gelassen. Sehr viel Emotionalität, die damit behaftet ist. (...) Und das geht schon ziemlich tief psychologisch. Wirklich. Aber es hat nicht meine Motivation gebremst, denn ich
habe auch Verständnis dafür, das XY nicht alles perfekt organisieren kann.“
„Beruflich habe ich das Gefühl der Pflichtverletzung durch Unterforderung in meinen Aufgaben und dem Arbeitspensum, da
kommen einem Zweifel an sich selbst.“
„Nein, ungerecht behandelt fühle ich mich nicht, weil ich weiß, wenn ein System so funktioniert, dann ist das bei allen so.
Wenn ich das Gefühl hätte, das würde nur bei mir so sein, dann wäre es ein anderes Thema.“
„Bei ungerechter, unfairer Behandlung würde ich das auf den Punkt bringen und wenn es dann nichts ändert, würde ich
sagen, Leute dann seid ihr die falsche Firma.“
8
Hinsichtlich der Reaktionen der Expatriates auf Brüche des psychologischen Vertrags
weichen unsere Ergebnisse somit von Guest (1998) ab, der im Falle unerfüllter Erwartungen von moderaten und damit vergleichsweise stärkeren bzw. schwächeren Reaktionen
ausgeht.
Zeitschrift für Personalforschung, 23(4), 312-335
DOI 10.1688/1862-0000_ZfP_2009_04_Andresen 331
Der Erfüllungsgrad des Vertrags kann folglich nicht allein danach bemessen werden,
ob jede der Vertragsparteien ihren materiellen und ideellen Verpflichtungen wechselweise nachgekommen ist. Gleichermaßen von Bedeutung ist, ob die Organisation den
Reziprozitätsnormen und -standards nachkommt, welche die Beziehung steuern, die
gemachten Versprechungen als fair wahrgenommen werden und ob das Vertrauen in
die Erfüllung der Vertragsbedingungen gegeben ist (Guest 1998).
Tab. 5: Zusammenfassende Ergebnisse hinsichtlich der Reaktionen auf Brüche des
psychologischen Vertrags
utilitaristische Tauschreziprozität
Starke, destruktive Reaktion
auf Brüche des psychologischen Vertrags
solidarische Gabenreziprozität
Geringe bis ausbleibende, konstruktive Reaktion auf Brüche des psychologischen Vertrags soweit Prosozialität und Fairness auf anderer Ebene gesichert ist
Starke Reaktion auf Vertrauensbruch, moralisch unehrenhaftes oder als unfair
wahrgenommenes Verhalten
Für das internationale Personalmanagement bedeuteten die Ergebnisse, dass über
ein moralorientiertes System eine Vertrauensbeziehung zwischen Arbeitnehmer und
-geber aufgebaut werden kann, welche dem Arbeitgeber eine sowohl zeitliche als auch
inhaltliche Flexibilität hinsichtlich seiner Gegenleistung einräumt.
Bei der Diskussion der obigen Ergebnisse müssen auch die Grenzen der Untersuchung und daraus resultierende Forschungsperspektiven betrachtet werden. Erstens
steht es außer Frage, dass die hier berichteten Ergebnisse schon wegen der mit 54
Interviewten immer noch geringen Stichprobengröße weiter untersucht und an einer
größeren Stichprobe repliziert werden müssen, wozu die Ergebnisse auch ermutigen.
Wie unserer Studie zweitens verdeutlicht, wird das utilitaristische oder moralische
Verhalten mindestens durch die zwei Faktoren Person und Situation sowie deren Interaktion beeinflusst. Hinsichtlich der Situation erscheint es uns vielversprechend, den
Einfluss folgender Faktoren auf das wechselseitige Verhältnis näher zu untersuchen:
Unternehmenskultur, Branche, Landeskultur des Aufenthaltslandes des Expatriates
sowie die wirtschaftliche Unternehmenssituation. Hinsichtlich der Unternehmenskultur scheint die wahrgenommene Qualität einer bestehenden Beziehung die Erwartungen daran, was eine angemessene reziproke Behandlung ist, zu prägen. Dies gilt es
jedoch näher zu spezifizieren. Wie Westwood, Chan und Linstead (2004) mit Blick auf
die moralische Wirtschaft chinesischer Prägung unterstreichen, gelten dort Betrug,
Übervorteilung oder Arglist als unehrenhaft sowie unmoralisch und werden sozial
sanktioniert. Mit Bezug auf die vorliegende Untersuchung würde sich die Frage anschließen, ob eine solche „moralische“ Organisationskultur im westlichen Kulturkreis existiert und wirksam ist. Drittens wird in der jüngeren Forschung auf die Bedeutung von Austauschideologien und sozial geteilten Wahrnehmungsmodellen
(Dabos/Rousseau 2004) für die Funktionsweise psychologischer Verträge hingewiesen. Hier wäre weitere – auch qualitative – Forschung sinnvoll, um die zugrunde
liegenden soziokulturellen Sinn- und Wissenszusammenhänge von psychologischen
Verträgen näher zu erforschen. Viertens ist es zwecks Quantifizierung der herausgearbeiteten Reziprozitätstypen wünschenswert, mit Hilfe eines Hypothesen testenden
Designs sowie standardisierter Analyseverfahren deren Verteilung zu ermitteln.
Schließlich stellt sich noch die Frage nach einer Übertragbarkeit des Modells auf
332
Maike Andresen, Markus Göbel: Reziprozitätsformen in psychologischen Verträgen
Arbeitnehmer-Arbeitgeber-Beziehungen außerhalb des Kontextes von Auslandsentsendungen.
6. Schlussbetrachtung
Der zentrale aus der empirischen Untersuchung gewonnene Beitrag liegt in einer Erweiterung des theoretischen Blickwinkels auf Reziprozität bei psychologischen Verträgen, hier am Beispiel von Auslandsentsendungen. Es konnten zwei dominante Reziprozitätstypen herauskristallisiert werden, die den psychologischen Verträgen
zugrunde liegen: (1) eine utilitaristische Tauschreziprozität und (2) eine solidarische
Gabenreziprozität.
Zunächst leistet die vorliegende Forschung einen Beitrag zur Erweiterung des
„motivationstheoretischen“ Blickwinkels der Forschung zu psychologischen Verträgen. Sie schließt damit an jüngere Entwicklungen in der einschlägigen Forschung an,
die in Abhängigkeit von der Komplexität der Tauschprozesse eine Vielfältigkeit der
Handlungsmotive in den Blick nehmen (z. B. Dabos/Rousseau 2004; Shore et al.
2006). Angesichts des dominanten naturwissenschaftlichen Forschungsparadigmas in
der Psychologie bleibt jedoch der Mainstream einem individualistischen und rationalistischen Verhaltensmodell verhaftet. Es ist gelungen, das Konzept der Reziprozität aus
dieser theoretischen Engführung herauszuholen und explizit auf die motivationale
Heterogenität in Gestalt von moralischen und prosozialen neben utilitaristischen
Handlungsmotiven in psychologischen Verträgen hinzuweisen. Auch weisen die Ergebnisse analog zu Forschungsergebnissen von Münster und Maes (2004) darauf hin,
dass sich beide Motive einander nicht ausschließen, sondern eine Verletzung moralischer Motive eine Eigennutzorientierung auslösen kann.
Für die Ausbildung obiger reziproker Tauschformen in psychologischen Verträgen konnte des Weiteren im Anschluss an die Forschung von Dabos und Rosseau
(2004) gezeigt werden, dass sich der soziokulturelle Kontext in Gestalt der Reziprozitätsformen, der Transferressourcen und der Transfermodi als relevant erweist und
sich je nach Handlungsmotivation gestaltet. Es wurde deutlich, dass die wahrgenommene Qualität der bestehenden Beziehung die Erwartungen darüber, was eine angemessene reziproke Behandlung wäre, prägen. In Abhängigkeit von der Beziehung
werden unterschiedliche Reziprozitätsnormen als angemessen angesehen: gleichwertige Verteilungen im Falle der utilitaristischen Tauschreziprozität und gerechte Verteilungen innerhalb der engen Beziehung im Rahmen der solidarischen Gabenreziprozität.
Mit Blick auf die Relevanz des soziokulturellen Kontextes zeigte sich zudem, dass
zur näheren Untersuchung zum Wirkungsgefüge psychologischer Verträge eine Forschungsperspektive notwendig ist, welche die Interdependenz von individuellen
Handlungsmotiven und soziokulturellem Kontext fokussiert. Beispiele für die Verbindung beider Aspekte in den Sozialwissenschaften sind für die Betriebswirtschaftslehre
die strukturationstheoretische Forschung (Ortmann/Sydow/Windeler 1997), für die
Psychologie das Forschungsprogramm der sozialwissenschaftlichen Psychologie
(Groeben 1999), für die Soziologie die Komplexitätstheorie (Kappelhoff 2002) und
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