Mariano Mestman
Auf der kurvenreichen Straße von La hora de los hornos in der
Ersten Welt1
Übersetzung aus dem Englischen von Martina Kopf
In den letzten fünfzig Jahren sind umfangreiche Publikationen zu dem argentinischen
Film La hora de los hornos (Die Stunde der Öfen) (1968) von Fernando Solanas und
Octavio Getino und dem untrennbaren Vorschlag eines Tercer Cine (Dritten Kinos)
(1969) erschienen. In diesem Beitrag werde ich mich auf einen weniger erforschten
Aspekt konzentrieren: Es geht um die Rezeption des Films in nicht kommerziellen,
alternativen oder militanten Kreisen, die mit der Studenten- und Arbeiterbewegung der
Ersten Welt während des Jahres 1968 und der unmittelbar darauffolgenden Jahre
verbunden waren.
La hora de los hornos und das Manifest Hacia un tercer cine 2 lassen sich
bekanntlich in einen größeren Zeitraum einordnen, nämlich die so genannten langen
60er Jahre. Nach dem bahnbrechenden Aufsatz von Fredric Jameson 3 über diese
Periode, die seiner Meinung nach bis in die zweite Hälfte der 1950er Jahre
zurückverfolgt und bis 1972-1974 ausgedehnt werden kann, haben viele andere Autoren
das gleiche Konzept verwendet und unterschiedliche Periodisierungen vorgeschlagen.
Soweit ich weiß, verortet die ‚breiteste‘ die Anfänge der langen 60er Jahre mit dem
Beginn des Algerienkriegs (1954) oder der Konferenz in Bandung (1955) und ihr Ende
mit der sandinistischen Revolution (1979). Natürlich ist dies eine Periodisierung, die
auch die Idee der globalen 1960er Jahre berücksichtigt. Schließlich stehen die 1960er
Jahre für die Ausbreitung einer gemeinsamen Sensibilität auf internationaler Ebene und
es geht darum, eine breite Palette von Prozessen der Rebellion, Revolte, des Aufstands
und der Revolution in einer Reihe von Ländern auf der ganzen Welt zu erfassen. Diese
zeitliche (die langen 60er Jahre) und geografische (die globalen 60er Jahre)
Ausdehnung ist recht treffend, um La hora de los hornos in einem nationalen und
internationalen Kontext zu betrachten. Obwohl die Weltpremiere inmitten der Revolte
1
Dieser Beitrag erschien zuerst in: Humberto Pérez-Blanco und Javier Campo (Hg.): A Trail of
Fire for Political Cinema. The Hour of the Furnaces Fifty Years Later, Bristol: Intellect, 2019,
135–158. Der Autor und die Herausgeber danken dem Rechteinhaber (Intellect) für die Erlaubnis
zum Nachdruck (mit wenigen Ergänzungen bzw. Modifikationen) in der deutschen Übersetzung.
2
1969 erschien das von Fernando Solanas und Octavio Getino verfasste Manifest erstmals in der
Zeitschrift Tricontinental, die in Havanna, Kuba, herausgegeben wurde.
3
Vgl. Fredric Jameson: „Periodizing the 60s“, in: The 60s Without Apology, hg. von Sohnya
Sayres u.a., Minneapolis: University of Minnesota Press, 1984, 178–209.
von 1968 stattfand, lassen sich die Bedingungen für den Film bereits Mitte der 1950er
Jahre verorten. Und dies nicht nur, weil ein ‚Dritte-Welt-Dialog‘ mit Algerien und
Bandung stattfand, sondern auch, weil 1955 das Jahr des zivil-militärischen Putsches
gegen die Regierung von General Juan Domingo Perón in Argentinien war und der
Beginn des so genannten ‚peronistischen Widerstands‘ gegen die nachfolgenden
Regierungen. Der gesamte zweite Teil des Films, der in wissenschaftlichen
Darstellungen zuweilen vernachlässigt wird, befasst sich mit dem Peronismus und dem
Widerstand. Zugleich können wir einen Einfluss der 60er Jahre auf die 70er Jahre
feststellen. In diesem Zusammenhang ist auch das fast vergessene Dossier von Guy
Hennebelle und der Gruppe CinémAction aus dem Jahr 1979 für die Zeitschrift Tiers
Monde über den Einfluss des Films und des Manifests in mehreren Ländern der Welt zu
nennen.4 Der Film und das Dokument wurden in den 1980er Jahren und auch später in
neuen Manifesten, Veranstaltungen und Vorschlägen an verschiedenen Orten wieder
aufgegriffen. Obwohl aus meiner Sicht die historische Periode von La hora de los
hornos (und des Dritten Kinos) bereits in jenen Jahren abgeschlossen war, konnten
seine filmischen und politischen Ideen zweifellos noch mit oppositionellen Initiativen in
vielen Ländern in Dialog treten. In einem wichtigen Essay über die „wechselnde
Geografie“ des Dritten Kinos rekonstruiert Michael Chanan unter anderem die
Geschichte des Films und des Manifests von Solanas und Getino und ging auf folgende
Punkte ein: einige Fehlinterpretationen und Abänderungen der ursprünglichen
Definitionen der drei Arten von Kino, die Verbindungen des Films mit parallelen
Bewegungen in verschiedenen Ländern und die ‚transnationale Funktion‘ des Dritten
Kinos. Der Autor befasste sich auch mit der späteren Wiederaufnahme der durch den
Film und das Manifest aufgestellten Thesen und ihrem Dialog mit anderen mehr oder
weniger ähnlichen Perspektiven in den 1980er Jahren. Insbesondere schrieb er über die
bahnbrechende Wiederaufnahme durch den Filmwissenschaftler Teshome Gabriel in
seinen Werken zu Beginn des Jahrzehnts. Auch ging es um die bekannte Konferenz
zum Dritten Kino, die 1986 in Edinburgh stattfand und von Jim Pines und Paul
Willemen organisiert wurde. Sie widmete sich der Bedeutung des Konzepts des Dritten
Kinos für die oppositionellen Praktiken im Film- und Videobereich in den 1980er
Jahren in den Großstädten Erster-Welt-Länder.5
Im Folgenden werde ich auf einige der Aussagen und Ideen eingehen, die in diesen
beiden Momenten der Debatte um das Dritte Kino enthalten sind (das Dossier von
CinémAction von 1979 und das Treffen in Edinburgh von 1986)6 und ich werde andere,
4
Vgl. Guy Hennebelle und Yvonne Mignot-Lefebvre (Hgg.): „L’influence du ‚troisième cinéma‘
dans le monde. Dossier réuni par CinémAction“, in: Revue Tiers Monde 79 (1979), 615–645.
5
Chanan gibt einen ausführlichen Kommentar zu den Ideen von Gabriel und den Spannungen
während der Konferenz in Edinburgh. Vgl. Michael Chanan: „The Changing Geography of Third
Cinema“, in: Screen 38.4 (1997), 372–388. Vgl. zu dieser Konferenz zum Dritten Kino in
Edinburgh: Jim Pines und Paul Willemen (Hg.), Questions of Third Cinema, London: British Film
Institute, 1989.
6
Es handelt sich um zwei ‚letzte‘ Momente der Diskussion, die noch unter dem Einfluss des
Dritte-Welt-Gedanken der langen 60er Jahre stehen (vor allem im ersten Fall); dieser Einfluss
wird in der Weltszene mehr und mehr verdrängt werden, wie Chanan (1997) in Bezug auf
Edinburgh feststellt. Zum Aussterben des Modells des Dritten Kinos siehe auch Michael Chanan:
The Politics of Documentary, London: British Film Institute, 2007, 11.
weniger bekannte Quellen und Dokumente wie Kataloge von alternativen
Filmverleihen, Briefe, Zeugenaussagen oder Presseberichte aus jener Zeit untersuchen.
Von dort aus möchte ich die Position erforschen, die La hora de los hornos im Kreislauf
des politischen und militanten Kinos der Ersten Welt einnahm, die Debatten, die er
auslöste, sowie die Polemiken, an denen er teilnahm. 7 Selbstverständlich wird es
wahrscheinlich eine unvollständige Reise sein, aber ich denke, es geht nicht darum,
diese Geschichte zusammenzufassen, sondern sie weiter zu erforschen.
Festivals: Zwischen Pesaro, 1968 und Cannes, 1969
Persönlich habe ich den stärksten Ausdruck der Contestazione (Protest) in Festivals
erlebt: Pesaro 68 [...] war zweifellos, wie wahrscheinlich alle Episoden der Contestazione,
ziemlich spontan und verwirrend [...] Auf jeden Fall muss ich sagen, dass [...] wir alle ein
wenig dumm waren, eine so heftige und direkte Contestazione gegen ein so modernes und
innovatives Festival zu führen [...] Pesaro, ich wiederhole es, war das einzige oder eines
der wenigen Festivals, das den innovativsten Filmprojekten so viel Raum bot und sich
insbesondere [...] offen, interessiert und empfänglich für die Präsentation des
lateinamerikanischen Films zeigte, die bis dahin bei keinem anderen Festival vorhanden
war.8
Eine bestimmte Szene wird in den Berichten über die internationale Premiere von La
hora de los hornos im Rahmen der vierten Mostra Internazionale del Nuovo Cinema in
Pesaro, Italien, im Juni 1968 wiederholt: Nach der Vorführung des ersten, durch seine
Ausdruckskraft bestechenden Teils des Films, der die Totenmaske von Ché Guevara in
extremer Nahaufnahme zeigt und von einem ohrenbetäubenden Schlagzeugrhythmus
begleitet wird, stehen die Zuschauer schreiend auf und tragen die Filmemacher auf ihren
Schultern durch den Saal. Die Erinnerungen assoziieren diese Szene mit den
gleichzeitigen Unruhen von 1968 in Europa und in Italien mit einer studentischpopulären Demonstration, die nach Zusammenstößen mit neofaschistischen Gruppen
und Mitgliedern der italienischen Polizei mit der Verhaftung mehrerer Personen endete.
Der Film wurde also zu einem politischen Akt, wie die Regisseure bei jeder Vorführung
hofften und wie sie kurze Zeit später mit der Idee des filmischen Aktes und dem
militanten Kino als der ‚fortschrittlichsten‘ Kategorie des Dritten Kinos argumentieren
werden.
Auf meinen spitzen Schulterblättern und auf den Schultern von Dutzenden, Hunderten
von Zuschauern trugen wir Solanas und Getino den Gang entlang, in den überfüllten Saal
zur Eröffnung von La hora de los hornos, der an diesem Abend zum ersten Mal in Europa
gezeigt worden war. Endloser Beifall, begeisterter Jubel, revolutionäre Gesänge. Kurz
zuvor hatten wir unter dem noch leeren Bildschirm mit allem, was wir zur Hand hatten,
7
In diesem Beitrag werde ich mich nur auf die Verbreitung von La hora de los hornos in Europa,
den USA und Kanada im Anschluss an Festivals und die militante Verwendung des Films
beziehen. Mit der Bedeutung des Films in Lateinamerika und der Dritten Welt habe ich mich
bereits in anderen Texten befasst.
8
Interview mit Fernando Solanas von Lino Miccichè: „Solanas: un cineasta militante“, in:
Cinema 60 73-74 (1970), 19–20.
ich mit dem Absatz meines Schuhs, ein großes Blatt angeheftet, auf dem in roten
Buchstaben die Worte von Frantz Fanon geschrieben waren: „Jeder Zuschauer ist ein
Feigling oder ein Verräter“. Das war der Beginn der heroischen Geschichte eines
politischen und kämpferischen Kinos, das in den folgenden Jahrzehnten die virtuelle
Potenz jener Bilder veränderte, die die Welt verändern wollen.9
Der argentinische Regisseur Fernando Birri schickte mir diese Worte, so dass sie in eine
Hommage an den Film während des Festivals von Pesaro 2008, dem vierzigsten
Jahrestag seiner Premiere, aufgenommen werden konnten. Wer könnte besser an diese
Ereignisse erinnern als der legendäre Birri? Wenige Tage vor dem Festival 1968 hatte er
bei einer privaten Vorführung ein Fragment seines Dokumentarfilms Tire Dié/Werfen
Sie uns einen Groschen zu (1958-1960) gesehen, das als „filmisches Zitat“ in den Film
der neu gegründeten Grupo Cine Liberación aufgenommen wurde. Birri war
„schockiert“ und „bewegt“ über die Aufnahme der Sequenz aus Tire Dié. Dieses Gefühl
kam auch in seinen Worten über die Präsentation des Films auf dem Festival zum
Ausdruck, denn es stand im Einklang mit der Atmosphäre des Ausnahmezustands, die
zu spüren war, sowie den Veränderungen im Konzept des Festivals und der Öffnung
Europas gegenüber Lateinamerika:
[...] das ist, was ich an der Funktion von La Hora wirklich beeindruckend finde [...] zum
ersten Mal taucht ein lateinamerikanischer Film auf, der Regeln für ideologisches und
ästhetisches Verhalten für eine mögliche europäische Aktion in der Zukunft aufstellt. Dies
muss auch im Licht des einzigartigen Augenblicks verstanden werden, in dem Europa
lebt, und im Licht des einzigartigen Augenblicks, in dem Pesaro lebt […] 10
Obwohl in Europa das so genannte „Neue Lateinamerikanische Kino“ (insbesondere
das brasilianische Cinema Novo und das kubanische Kino) bereits bekannt war,
beschleunigte und radikalisierte 1968 diese Beziehung. Während man in Argentinien
und Lateinamerika ein früheres engagiertes Kino beobachten kann, haben Publikationen
und Zeugenaussagen den Ursprung der Radikalisierung des militanten Kinos in den
60er/70er Jahren korrekt auf die Szene in Pesaro zurückgeführt. Der Beginn einer
‚epischen Reise‘ (ein ebenso großspuriger wie präziser Begriff, um den damaligen
Zeitgeist zu beschreiben), die in jenen Jahren viele andere Filme und Filmemacher
einbeziehen wird.
Aber die von Birri beschriebene Szene in Pesaro 68 hatte ihr Pendant im folgenden
Jahr in Cannes, während des berühmten Festivals, das 1968, wenige Tage vor Pesaro,
wegen Protesten abgebrochen werden musste. Ein Jahr später, im Mai 1969, werden
während der 8. Internationalen Kritikerwoche in Cannes die drei Teile von La hora de
los hornos inmitten einer großen Polemik gezeigt. Die argentinische Regierung reichte
über ihren Botschafter in Paris, Aguirre Lagarreta, offiziell gegen die Vorführung des
Films Protest ein, den sie als kontrovers betrachtete, weil er das Bild Argentiniens
verzerre und zur Gewalt aufrufe. Sie forderte auch einen anderen Film zu zeigen,
Invasión/Invasion, mit einem Drehbuch des Regisseurs Hugo Santiago und Jorge Luis
Borges, basierend auf einer Geschichte von Jorge Luis Borges und Adolfo Bioy
9
Fernando Birri: Brief an den Autor, Rom, 5. August 2008.
Fernando Birri: Rede auf der IV. Mostra di Pesaro 1968, Rom: Archiv des Pesaro Film Festival.
10
Casares. Gleichzeitig protestierten die Korrespondentin der konservativen
argentinischen Zeitung La Prensa, Gloria Alcorta, und andere Kritiker ebenfalls bei der
Festivalleitung. Alcorta bedauerte die Abwesenheit der Regisseure von La hora de los
hornos, da sie gerne mit ihnen über einen Film gesprochen hätte, der ihr zufolge die
öffentliche Meinung in die Irre führe und insbesondere die über die Probleme schlecht
informierten Franzosen verwirre. Dies sind recht merkwürdige Argumente, wenn man
bedenkt, dass der Film mit den Straßenprotesten und der Unterdrückung durch die
Polizei in jenen Maitagen des Jahres 1969 in den Städten des argentinischen
Hinterlandes in Einklang steht, die den Ausbruch am 29. und 30. Mai in Córdoba,
bekannt als Cordobazo, einleiteten.11 In dem Maße, in dem La hora de los hornos in
Argentinien verfolgt und zensiert wurde, 12 dachten Solanas und Getino, dass die
internationale Anerkennung des Films eine gewisse Wirkung in den lokalen Medien
erzeugen würde und die Möglichkeit bestünde, fruchtbare Erwartungen für seinen
späteren heimlichen Vertrieb in seinem Herkunftsland zu wecken. In diesem Sinne
waren die Auswirkungen des „diplomatischen Konflikts“, der in Cannes 69 in der
argentinischen Presse ausgetragen wurde, nahe daran, dieses Ziel zu erreichen.
Die Internationale Kritikerwoche in Cannes wurde 1962 als neue Sektion der
Filmfestspiele von Cannes ins Leben gerufen, weil man der Meinung war, dass die
offizielle Auswahl viel zu eng war, um ein „neues Kino“ in voller Entwicklung zu
ermöglichen. Diese Initiative war Teil eines neuen Zyklus von Festivals und filmischen
Begegnungen, die sich im Laufe des Jahrzehnts für Filmprojekte aus der Peripherie
öffneten. Für das Neue Lateinamerikanische Kino zum Beispiel waren diese und andere
Veranstaltungen in West- und Osteuropa privilegierte Orte, um Filme zu präsentieren,
noch bevor die Festivals in Viña del Mar (Chile, 1967-1969) und Mérida (Venezuela,
1968) zu seiner Startrampe wurden. In diesem internationalen alternativen Umlauf
nimmt das Festival von Pesaro eine Schlüsselfunktion ein. Seine Ursprünge gehen auf
das Jahr 1965 zurück, als es sich den ersten Bestrebungen anschloss, autonome
11
Auf jeden Fall konzentrierte sich die Reporterin in Cannes auf das argentinische Institut für
Kinematographie, „das darauf besteht, den Einladungen des Präsidenten des Festivals nicht zu
folgen und keine offiziellen Filme zu schicken, als ob unser Land gestorben und unsere Talente
verschwunden wären.“ La Prensa, 21. Mai 1969. Vgl. ebenso die Zeitungen La Nación, 18. Mai
1969 und La Razón, 15. Mai 1969.
12
Die Regisseure bemühten sich um ein Nationalitätszertifikat für den Film in anderen Ländern
mit dem Ziel, ihn über alternative Verleihe hinaus zu verbreiten. Einige Monate nach der
Vorführung des Films in Pesaro schrieb Solanas an Alfredo Guevara, den Direktor des
kubanischen Filminstituts ICAIC: „[...] Als ich aus Havanna zurückkam, erwartete mich eine
ernste Nachricht: Auch in Belgien wird uns keine Staatsangehörigkeitsbescheinigung ausgestellt
[...] Das Problem ist zum Zerreißen gespannt [...] Wir haben es auf verschiedene Weise in Italien,
Frankreich und Schweden versucht, aber angesichts des politischen Charakters des Films und der
Tatsache, dass alle diese Länder Gegenseitigkeitsabkommen mit der argentinischen Regierung
und freundschaftliche diplomatische Beziehungen haben, ist das nicht möglich. Mit diesem
Schreiben möchte ich Sie fragen, ob Sie den Film als einen aus Kuba stammenden Film mit
kubanischer Staatsangehörigkeit anerkennen könnten [...] Ich bin mir bewusst, dass ich viel
verlange, aber ich tue es mit dem typischen Vertrauen unter Genossen […]“ Brief von Solanas an
Alfredo Guevara aus Rom, 10. Januar 1969, in: Alfredo Guevara: ¿Y si fuera una huella.
Epistolario? Madrid: Ediciones Autor, 2008, 180.
Veranstaltungen unabhängig von den Anforderungen des Filmmarktes zu etablieren.
Bereits bei der Vorstellung der ersten Veranstaltung verwies der Direktor Lino
Miccichè auf Vorläufer wie die Internationale Kritikerwoche in Cannes und andere
filmische Begegnungen in Italien (z. B. die Filmschau des lateinamerikanischen Kinos
in Santa Margherita Ligure und die Begegnung in Porretta Terme 13), und er erklärte
ausdrücklich die Absicht, kein „Festival der Stars“, sondern ein Begegnungsforum als
ständigen Bezugspunkt für die neuen Kinos der Welt zu schaffen. Er sprach auch von
dem Interesse Pesaros, „ein bis dahin unbekanntes Interesse an den Problemen der
Sprache und der strukturellen Analyse des Films zu wecken, d.h. eine neue Filmkritik,
die nicht nur eine neue Hochstapelei ist“ 14 . Die ersten drei Jahre der Mostra
konzentrierten sich bekanntlich auf die letztgenannte Idee mit der Anwesenheit von
renommierten Kritikern, Theoretikern und Intellektuellen wie Roland Barthes, Christian
Metz, Umberto Eco, Pier Paolo Pasolini, Gianni Toti, Galvano della Volpe und vielen
anderen.
Vor diesem Hintergrund fand die Premiere von La hora de los hornos 1968 im
Rahmen einer deutlichen Radikalisierung der Mostra statt. Tatsächlich wurde der
Spielraum der internationalen Festivals einige Tage zuvor in einem seiner wichtigsten
Zentren, dem Festival von Cannes, das von Kritikern, Filmemachern und Studenten
besetzt war und sich inmitten eines Generalstreiks befand, stark in Frage gestellt. Das
Festival endete am 19. Mai ohne Preise, parallel zur Gründung der „Generalstände“ des
französischen Kinos in Paris. Bald darauf wird auch beim Festival von Venedig eine Art
Contestazione (Protest) stattfinden. Zwischen Cannes und Venedig, Anfang Juni,
befand sich Pesaro in einer besonderen Situation. Als alternatives Vorzeigeprojekt,
vielleicht das fortgeschrittenste auf der Suche nach den internationalen „neuen Wellen“,
mussten sich die Spannungen von 68 auf seine eigene Struktur auswirken. Die
Organisatoren
des Festivals – mit internen Unstimmigkeiten – schufen eine
Autocontestazione (Selbstprotest): Sie verkündeten, dass Festivals eine historische Krise
erleben, öffneten die Veranstaltung als ständige Versammlung und widmeten sich der
Überarbeitung der Organisationsstruktur, erweiterten ihre operativen Kriterien im
Hinblick auf die Selbstverwaltung im Kontakt mit kulturellen, künstlerischen und
politischen Gruppen, erweiterten die Projektionen auf eine entstehende Zirkulation in
städtischen Gebieten und Arbeitervororten, die im folgenden Jahr als „alternative
Zirkulation“ bezeichnet wurde.15 Diese besondere Form des Selbstprotests, die von den
Organisatoren des Festivals von Pesaro aufgegriffen und in der Generalversammlung
zum Ausdruck gebracht wurde, ist das Ergebnis eines Zusammenschlusses von
13
Die Konferenz des lateinamerikanischen Kinos in Santa Margherita Ligure wurde vom
Zentrum für Europa-Amerika-Studien des Colombianum in Genua gefördert. In den Jahren 1960
und 1961 fand sie in Santa Margherita Ligure statt, 1962 und 1963 in Sestri Levante und 1965
(letzte Veranstaltung) in Genua. Das Neue Lateinamerikanische Kino nahm seinerseits an der
Mostra Internazionale del Cinema Libero in Porretta Terme seit ihrer ersten Veranstaltung im Jahr
1960 teil, insbesondere in den Jahren 1962, 1964, 1966 und 1969.
14
Lino Miccichè: „Pesaro 1965-1976: Una mostra e le sue contraddizioni“, Eröffnung der 12.
Mostra 1976, Transkript.
15
Vgl. ebd. Zu den Diskussionen über den „alternativen Kreislauf“ in Italien siehe den Text von
Mino Argentieri: „Il circuito alternativo“, in Cinema 60, 78-79-80 (1970), 98–109.
verschiedenen Kräften: Erstens der Druck von Gruppen des Movimento Studantesco
(Studentenbewegung), die zusammen mit Goffredo Fofi und anderen radikalen
Journalisten der Zeitschriften Ombre Rosse und Quaderni Piacentini in der Mostra ein
bürokratisches Hindernis für ihr revolutionäres und antiinstitutionelles Projekt sahen 16:
Sie legen der Plenarsitzung der Mostra ein Dokument vor, das alle kulturellen
Alternativen innerhalb des Systems radikal in Frage stellt. Zweitens schlägt eine Gruppe
bedeutender Filmemacher der Linken (mit starkem Einfluss der Kommunistischen
Partei Italiens, aber auch der Linken der Dritten Welt) vor, das Festival von Pesaro in
ein „Schaufenster für ein freies und oppositionelles Kino“ umzuwandeln, das sich allen
anderen Filmveranstaltungen, wie der Mostra in Venedig, entgegenstellen soll, wie es
einige Wochen später unter der Federführung der Associazione Nazionale Autori
Cinematografici (Nationale Vereinigung der italienischen Filmemacher) geschehen
wird. 17 Drittens intervenierten lateinamerikanische Filmemacher (aus Kuba, Brasilien
und Argentinien), die den Geist der Studentenproteste teilten, aber irgendwie Druck auf
die Behörden ausübten, damit die Veranstaltung stattfand. Pesaro war eine wichtige
Enklave, um ihre Produktionen im Ausland zu zeigen und bot in einigen Fällen sogar
die Möglichkeit, den europäischen Markt zu erreichen. 18 Der lange Rückblick des
Kubaners Julio García Espinosa auf das Festival in der Zeitschrift Cine Cubano ist
ebenso wie die „Erklärung des lateinamerikanischen Kinos in Pesaro“ bezeichnend für
das Gleichgewicht, das die Lateinamerikaner zwischen dem Protest der europäischen
revolutionären Studentenbewegung, den sie im Großen und Ganzen teilten, und der
Notwendigkeit, die Mostra stattfinden zu lassen, herzustellen versuchten. 19 Die zu
Beginn zitierten Worte von Solanas belegen dies.
Obwohl die Rekonstruktion der Ereignisse in Pesaro nicht Gegenstand dieses
Beitrags ist,20 ist es wichtig, ihren Einfluss und ihre Dynamik hervorzuheben, denn sie
sind zweifelsohne für den späteren Einfluss des argentinischen Films von Bedeutung.
Einige der Gründer der Mostra wie Lino Miccichè und Bruno Torri waren der Meinung,
dass die Krise des Festivals im Jahr 68 die Wirkung verstärkt habe.21 Aber insgesamt
16
Interview des Autors mit Goffredo Fofi, Rom, 11. September 2000.
Der Vorschlag umfasste 11 Punkte und wurde der Versammlung unter anderem von Valentino
Orsini, Pio Baldelli, den Brüdern Taviani, Alberto Filippi und Gianni Amico vorgelegt.
18
Die Organisatoren von Pesaro hatten das Festival von 68 mit einer bedeutenden und vielfältigen
Beteiligung lateinamerikanischer Filme an Vorführungen und Diskussionsrunden vorbereitet. So
wurde eine Veranstaltung zum Thema „Lateinamerikanisches Kino, Kultur als Aktion“
organisiert. Gleichzeitig gab es ein Sonderprogramm mit amerikanischen „newsreels“, kuratiert
von Robert Kramer, und die eindringliche militante Praxis von Cesare Zavattini war mit seinen
„Cinegiornali liberi“ ebenso vertreten wie Filmprojekte aus Osteuropa.
19
Vgl. Julio García Espinosa: „Pesaro y la nueva izquierda“, in: Cine Cubano 49/51 (1968), 85–
92 und ebd. : „Dichiariazione del cinema latinoamericano a Pesaro“, in: Pesaro 68 documenti,
Archive Mostra di Pesaro, 84.
20
Über La hora des los hornos in Pesaro 1968 habe ich andere Beiträge verfasst. Vgl. Zum
Beispiel Mariano Mestman: „L´ora dei forni e il cinema politico italiano prima e dopo il ‘68”, in:
Imago. Studi di cinema e media 15 (2017), 37–53.
21
Kommentare von Lino Miccichè und Bruno Torri an den Autor, Rom, 2000. Vgl. dazu auch
Miccichè, 1976.
17
war es eine sehr komplexe und kontroverse Situation. 22 Vor allem, weil sich die bereits
genannten Gruppen, und andere wie die Delegationen aus Osteuropa, in einer globalen
Schlüsselsituation für die politische und kulturelle Linke befanden. Im Vorfeld des
sowjetischen Einmarsches in die Tschechoslowakei waren die Auseinandersetzungen
zwischen der kommunistischen Linken und den zahlreichen neu entstehenden Linken in
aller Munde. Neben vielen anderen Zeugnissen dieser Tage hat Goffredo Fofi mehr als
einmal betont, dass die radikale Position, die die Studentenbewegung gegenüber
sozialistischen oder kommunistischen Kritikern und Filmemachern (u.a. den
Regisseuren der Mostra) eingenommen hat, in letzter Instanz „sozialdemokratisch“,
„opportunistisch“ und „aufständisch“ in ihren Filminteressen war.23
Im Gegensatz dazu erinnerte der Präsident der Versammlung der Filmemacher,
Valentino Orsini, gewissermaßen der Vermittler zwischen den Organisatoren der
Mostra und der rebellischen Bewegung, an seine Teilnahme zusammen mit anderen
linken Filmemachern an der Bekämpfung des „Chaos“ und des Versuchs, das Festival
von Pesaro zu sabotieren. „Ein Kommunist ohne Identifikation, uneinig mit der
politischen Linie der Partei“ – nach seinen eigenen Erinnerungen. Orsini war in jenen
Tagen zusammen mit Alberto Filippi mit der Fertigstellung eines dritten, von Fanon
inspirierten Dritte-Welt-Films beschäftigt und spielte eine wichtige Rolle bei der
Entstehung von La hora de los hornos. Orsini erinnerte sich an diese Zeit: „Für die
lateinamerikanischen Freunde war das Festival aus politischer Sicht sehr wichtig [...]
das Problem war Venedig, Cannes, aber nicht Pesaro.“24
Pesaro 68 bedeutete dann eine ‚Feuertaufe‘ für La hora de los hornos und den
Beginn seines Eintritts in die Welt. In einem solchen Szenario, so radikal wie
ausgehandelt, lassen sich fast alle Themen beobachten, die die Debatten und
Spannungen, die die internationale Verbreitung des Films begleiten werden, bestimmen:
die Faszination für die Wirkung, die ein Bild des toten Ché Guevara auslöst; die
22
Mino Argentieri war eines der Vorstandsmitglieder der Mostra von Pesaro, Direktor der
Zeitschrift Cinemasessanta und seit 1964 verantwortlich für das Filmkomitee der
Kommunistischen Partei Italiens (PCI). In einem Interview mit Antonio Medici gab Argentieri
viele Details zu den Ereignissen von 1968 in Pesaro preis. Er berichtete über den Aufstand
während dieser Mostra und die anschließende Vereinbarung der Organisatoren der Mostra mit
den Demonstranten, das Festival und die Projektionen parallel zu den Aktivitäten der
Versammlung fortzusetzen. So erinnert sich Argentieri an seine Verhandlungen (und die von
Giuliani De Negri) mit dem Präfekten der Stadt über die Freilassung von Orsini und den anderen
lateinamerikanischen Filmemachern, die wegen der ersten Proteste in Pesaro inhaftiert waren. Er
erinnerte sich auch an seine Forderung an die Kommunistische Partei in Rom, einen
Studentenführer zu entsenden, der die Demonstranten auf der Versammlung des Festivals
infiltrieren sollte, um die Atmosphäre zu beruhigen. Gespräch zwischen Antonio Medici und
Mino Argentieri, in: Il Pci el il cinema tra cultura e propaganda (1959-1979), hg. von Antonio
Medici, Mauro Morbidelli und Ermanno Taviani, Roma: Archivio audiovisivo del movimento
operaio e democratico, 2001, 64–87.
23
Siehe eine unmittelbare Lektüre von Pesaro 68 in Goffredo Fofi: Il cinema italiano: Servi e
padroni, Roma: Feltrinelli, 1971 (insbesondere das Kapitel zu „nach 1968“). Spätere Texte zeigen
nuanciertere, aber immer kritische Revisionen der traditionellen linken Parteien jener Jahre und
ihrer filmischen Referenzen.
24
Interview mit dem Autor, Rom, 2000.
Einladung zum Dialog mit dem Zuschauer, um ihn in einen ‚Akteur‘ oder in den
politischen Prozess zu verwandeln, die Kritik am totalisierenden Diskurs des Films,
zuweilen manichäisch, wenig dialektisch; die Anerkennung und Infragestellung der
emotionalen Interpellation oder der Verwendung der Sprache der Werbung, der
Avantgarde oder des Agit-Prop, wie sie in der gewagten Montage des ersten Teils zum
Ausdruck kommt; die fast einhellige Ablehnung Peróns durch die traditionelle Linke
(und darüber hinaus) und gleichzeitig die Anerkennung durch die neuen Linken der
Arbeiterklasse und das revolutionäre Potenzial der argentinischen peronistischen
Bewegung durch die neue Linke, die der zweite Teil des Films wiedergibt; die Debatten
um den Aufruf zur revolutionären Gewalt. Alles Fragen, die in den zahlreichen
Kommentaren zu dem Film schon seit seiner ersten internationalen Präsentation in
Pesaro 68 miteinander verwoben sind.
Militanter Vertrieb des Films in der Ersten Welt
Lieber Genosse, zwei Monate sind vergangen, seit wir Ihnen den Film La hora de los
hornos für eine Reihe von Vorführungen in Ihrer Region geschickt haben [...] In all dieser
Zeit haben Sie uns trotz wiederholter Aufforderungen nicht die Ergebnisse der
durchgeführten politischen Arbeit übermittelt, wie Sie es uns versprochen hatten [...] Sie
bieten uns also keine Garantie für eine rigorose politische Arbeit bei der Diskussion der
Filme mit dem Proletariat.25
In dem Jahr zwischen der IV. Mostra von Pesaro (Juni 1968) und der VIII.
Internationalen Kritikerwoche in Cannes (Mai 1969), während in Argentinien unter der
Militärdiktatur des Generals Onganía Cine Liberación mit der heimlichen Vorführung
von La hora de los hornos beginnt, wird der Film auf zahlreichen internationalen
Veranstaltungen wie Festivals, Mostras, Cine-Clubs, in Filmotheken und
Filmbibliotheken gezeigt (und wird von einigen europäischen öffentlichen
Fernsehanstalten gekauft). Es ist bekannt, welch bemerkenswerte Wirkung die letzten
Bilder des ersten Teils des Films auf diese und andere Orte hatten: die Fernsehsequenz,
in der der tote Körper von Ché auf einer Bahre über einem großen Zementtrog in der
Waschküche des Krankenhauses von Vallegrande liegt (wohin seine sterblichen
Überreste nach seiner Hinrichtung in La Higuera gebracht wurden), durchkreuzt von
einem revolutionären Dritte-Welt-Diskurs, der per Voice-over präsentiert wird, gefolgt
von dem Foto von Chés Gesicht in extremer Nahaufnahme, mit einem
ohrenbetäubenden Soundtrack, der zum Handeln aufruft. Wahrscheinlich weniger
bekannt ist, dass die Sequenzen der Kämpfe der Arbeiter und anderer Personen des
peronistischen Widerstands, die in der zweiten Hälfte des zweiten Teils des Films zu
sehen sind, ebenfalls großes Interesse hervorriefen. Auch wenn auf den Festivals und
sogar in den alternativen Kreisen vor allem der erste Teil des Films gezeigt wurde,
traten auch die anderen Bilder der Mobilisierungen und Fabrikbesetzungen in
Argentinien in einen Dialog mit einem globalen Geist der Revolte und erfüllten eine
nicht minder wichtige Funktion in militanten Kreisen (Studierende, Stadtviertel,
25
Rodolfo Pasquali: Brief an den Direktor des Centro Universitario Teatrale di Urbino. 4. Januar
1972. Vico Codella Archiv, Rom.
Gewerkschaften). Der europäische ‚parallele‘ oder ‚alternative‘ Verlauf, der sich seit 68
herausgebildet hat, war an sich schon heterogen. Vielleicht als Ausdruck des
Phänomens, das wir 68 nennen: zwischen Gegenkultur und Arbeiter- und
Volksaufstand; zwischen den neuen Subjektivitäten der Sechzigerjahre, der bewaffneten
Aktion und dem Dritte-Welt-Gedanken; zwischen Rebellion und Revolution.
In einem Essay über das Dritte Kino, der für die gleichnamige Konferenz in
Edinburgh 1986 geschrieben wurde, hat Paul Willemen die drei von Solanas und Getino
vorgeschlagenen Kategorien (erstes, zweites und drittes Kino) wieder aufgegriffen und
stellte fest, dass in Europa die überwiegende Mehrheit der Filme aus der Dritten Welt
als „zweites Kino“ konsumiert wurde. Das heißt, ihre politische Dimension werde
verdrängt und ihre künstlerisch-autorbezogene stattdessen bevorzugt. 26 Natürlich
handelt es sich um eine Behauptung, die in vielen Fällen gültig ist und das
wiederkehrende Phänomen der ‚Entdeckungen‘ von peripheren Filmen in den Zentren
des Kinos in der Welt einschließt, die ‚Rückgewinnung‘ von Filmemachern oder
Filmen, die in jenen Jahren (und schon lange vorher) aus der aufstrebenden Dritten Welt
kamen und als ‚Autorenfilme‘ gelesen wurden. Im Fall von La hora de los hornos ist
seine Verbreitung in der Ersten Welt jedoch ein paradigmatisches Beispiel dafür, dass
die von Willemen hervorgehobene Art des Lesens/Konsums mit einer militanten
Verwendung koexistierte, wie sie sogar in einem bekannten französischen politischen
Spielfilm, Camarades (1970) von Marin Karmitz, zum Ausdruck kam. Eine live
aufgenommene Szene in diesem Film zeigt die Vorführung des berühmten Fragments
der „Fabrikbesetzungen“ (zehn Minuten) durch einen Gewerkschaftsausschuss aus dem
zweiten Teil des argentinischen Films. Die Arbeiter und Aktivisten, die die Projektion
verfolgen, diskutieren über ihre eigenen Erfahrungen mit Streiks und Besetzungen in
Frankreich. Es ist eine wichtige Szene in der Entwicklung von Karmitz’ Film, da sie,
wie Christian Zimmer feststellt, in einem Schlüsselmoment der Bewusstseinsbildung
des Protagonisten in Bezug auf die Klassensolidarität angesiedelt ist. 27 In denselben
Jahren haben andere bekannte politische Filmemacher, wie der Franzose Chris Marker
oder der Inder Mrinal Sen, kleinere Fragmente aus La hora de los hornos und anderen
Filmen von Cine Liberación übernommen. Das Interessante an Karmitz’ Fall ist jedoch,
dass er genau die Erfahrung einer militanten Nutzung von La hora de los hornos auf die
Leinwand brachte, die unter ähnlichen Umständen in Frankreich stattfand. Das Manifest
Hacia un tercer cine wurde zum ersten Mal in Frankreich veröffentlicht 28 und La hora
26
Vgl. Paul Willemen: „The Third Cinema Question: Notes and Reflections“, in Pines/Willemen
(Hgg.), Questions of Third Cinema, 1–29, hier 9.
27
Vgl. Christian Zimmer: Cine y Política, Salamanca: Ediciones Sígueme, 1976, 178. Martin
Karmitz schätzte La hora de los hornos sehr. Vgl. das Interview mit dem Regisseur in Cinéma 70
47 (1970), 75–84.
28
Das Manifest wurde in Ausgabe 3 der französischen Ausgabe von Tricontinental (1969)
veröffentlicht, der internationalistischen Zeitschrift der Organisation für Solidarität mit den
Völkern Asiens, Afrikas und Lateinamerikas. Jonathan Buchsbaum und Ignacio del Valle haben
die unterschiedlichen Schwerpunkte und Inhalte in den verschiedenen Versionen in mehreren
Sprachen oder in neuen Dokumenten, die dieselben Thesen unterstützen, hervorgehoben. Vgl.
Jonathan Buchsbaum: „One, Two … Third Cinemas“, in: Third Text, Vol. 25, Issue 1, n.108
(2011), 13–28. Ignacio del Valle: „Hacia un tercer cine: del manifiesto al palimpsesto“, in: El ojo
que
piensa:
Revista
de
Cine
Iberoamericano
5
(2012),
de los hornos erhielt früh Anerkennung zwischen militanten Kinogruppen um 68. Laut
Sébastien Layerle wurde der Film im Kontext der im Mai gegründeten Generalstände
des französischen Kinos als Beispiel für ein mögliches „Projekt der Synthese“
angeführt. 29 Ebenso widmeten die meisten Filmzeitschriften La hora de los hornos
wichtige Seiten.30 Einige Artikel, wie die in Positif und Cahiers du Cinema (Ende 1968,
Anfang 1969), machten auf die Vorstellung des Films in der französischen
Cinémathèque und in einem alternativen und militanten Kulturkreis aufmerksam. Der
Kritiker Guy Hennebelle prangerte im März 1969 an, dass der argentinische Film in
Frankreich verboten war und es daher unmöglich sei, ihn während der von der
Zeitschrift Positif 31 organisierten Filmwochen zu zeigen, obwohl er doch in der
französischen Cinémathèque und beim Festival von Locarno (Schweiz) gezeigt wurde.
Trotzdem wird er wenig später im Mai im Rahmen der internationalen Kritikerwoche in
Cannes gezeigt (was den bereits erwähnten diplomatischen Skandal auslöste) und in
Paris und anderen französischen Städten vertrieben. Ein besonderes Merkmal der Zeit
nach 68 war die Aufnahme von politischen Filmen von Filmemachern aus der Dritten
Welt in die Kataloge der wichtigsten nichtkommerziellen und/oder militanten Verleiher
in der Welt wie The Other Cinema (London), Third World Cinema Group,
Tricontinental Film Center und Newsreel (Vereinigte Staaten), MK2 von Karmitz
(Frankreich), Cinéma d’Information Politique-Champ Libre (Kanada-Montréal), El
Volti (Spanien), Collettivo Cinema Militante, San Diego Cinematográfica und Centro
Documentazione Cinema e Lotta di Classe (Italien) und viele andere. La hora de los
hornos nahm einen wichtigen Platz für diese Kollektive ein.
Die Third World Cinema Group zum Beispiel wurde von Studenten und jungen
Lateinamerikanern in San Francisco gegründet, die 1970 auf einer Solidaritätsreise nach
Kuba mit Filmen aus der Region in Berührung gekommen waren und danach mit den
Filmen, die 1971 auf dem Festival von San Francisco gezeigt wurden, wie La Hora de
los hornos oder Sangre del Cóndor (von Jorge Sanjinés und der Grupo Ukamau,
Bolivien, 1969). Bei dieser letzten Veranstaltung hatten sie sich an den uruguayischen
Filmverleiher Walter Achugar gewandt, den sie als Förderer der Organisation
betrachteten. Fast von Anfang an hatte die Gruppe ein Verleihbüro an der Westküste
(Berkeley) und ein weiteres an der Ostküste (New York) eingerichtet, mit dem Ziel, die
Filme in den für sie erreichbaren Kinos zu zeigen, anschließend eine Verleihfirma zu
gründen und die Filme in Gemeindeorganisationen, Theatern, Schulen, Gewerkschaften
http://www.elojoquepiensa.cucsh.udg.mx/index.php/elojoquepiensa/article/view/79 [24.3.2023]
29
Vgl. Sébastien Layerle: „À l’épreuve de l’événement. Cinéma et practiques militantes en Mai
68“, in: Une histoire du spectacle militant (1966-1981), hg. von Christian Biet und Olivier
Neveux, Paris: L‘entretemps, 2007, 145–157, 156. Erinnert sei auch an den Dialog zwischen
Solanas und J.L. Godard, der ab 1969 in verschiedenen Zeitschriften veröffentlicht wurde.
30
Darunter: Cahiers du Cinéma, Positif, Jeune Cinéma, Écran, Cinétique, Le Monde, La Nouvelle
Critique, Afrique-Asie, Cinéma d’Aujourd‘hui, Cinéma Politique. Als Beispiel für die Wirkung
des Films und des Manifests unter den französischen militanten Kritikern sei erwähnt, dass die
zuletzt genannte Zeitschrift, die von einem gleichnamigen Kollektiv herausgegeben wurde, 1975
das vollständige Manifest Hacia un tercer cine veröffentlichte und vier Ausgaben lang eine
Debatte führte.
31
Vgl. Guy Hennebelle: „Argentine à l´heure des brasiers“, in: Jeune Cinéma 37 (1969), 6–10.
oder Kirchen laufen zu lassen.32 Kurz nach Beginn ihrer Aktivitäten erinnern sich die
Organisatoren daran, dass die Ursprünge der Gruppe „rund um La hora de los hornos“
entstanden sind. 33 Einige Jahre später wird Gary Crowdus, damals Redakteur der
Zeitschrift Cinéaste und Mitglied des Tricontinental Film Center in New York, einer
Gruppe, die aus den Erfahrungen der Third World Cinema Group hervorging, in der
Antwort auf eine Umfrage, die in dem bereits erwähnten Dossier von CinémAction
enthalten ist, ebenfalls auf die Bedeutung von La hora de los hornos (auch von Sangre
del Cóndor) für den Aufbau eines Vertriebsnetzes für Filme aus der Dritten Welt in den
Vereinigten Staaten hinweisen. Im Fall des argentinischen Films sagte Crowdus, dass
der Film, obwohl sein Hauptpublikum aus Arthouse-Kinos und Universitäten
(Intellektuelle, militante Linke, Studenten) stammte und es ihm nicht gelang, die
Entstehung neuer „Vertriebsmodelle“ zu beeinflussen, zweifellos einen Einfluss auf
progressive Filmemacher gehabt habe. In den Vereinigten Staaten wurde er sogar von
„bourgeoisen Kritikern“ dank seiner kinematografischen Kraft und politischen Schärfe
„unglaublich positiv“ aufgenommen. Auf diese Weise habe er dazu beigetragen, dass
das so genannte „Kino aus der Dritten Welt“ in der ausschlaggebenden Szene an
Ansehen gewann.34
Der Kanadier André Pâquet wies in der gleichen Umfrage auf den großen Einfluss
des argentinischen Films in linken Kreisen in Québec hin. Pâquet erinnerte an die
Ähnlichkeiten und Konvergenzen zwischen dem Film und dem Manifest Hacia un
tercer cine und den progressiven Filmemachern aus Québec, beklagte sich aber über
diejenigen, die versuchten, den argentinischen Film als „idealen“ Typus des militanten
Kinos durchzusetzen, ohne die Unterschiede zwischen den nationalen Situationen
(Argentinien und Québec) anzuerkennen. Außerdem wies er die Aneignung des Films
durch militante Gruppen aus Québec zurück, die damit angeblich ihre eigenen radikalen
Positionen in ihren Auseinandersetzungen mit anderen progressiven Filmemachern in
Québec (seiner Meinung nach ebenso wichtig) bestätigen wollten und ebenfalls mit dem
allgemeinen Geist von La hora de los hornos sympathisierten.35 Obwohl Pâquet nicht
erwähnt, welche militanten Gruppen er kritisiert, denkt er zweifellos an das Comité
d’Information Politique (CIP), das 1971 La hora in seinen Katalog aufgenommen hatte.
Das CIP erstellte „Begleitmaterial“ über seine allgemeine Tätigkeit als Filmverleih mit
einer Zusammenfassung des argentinischen Films, den fertigen Titeln und Untertiteln,
32
Vgl. Anonym: „La Otra Puerta de la Distribución. Entrevista con Rodolfo Broullón“, in: Cine
Cubano 98 (n.d.), 87–89. Zur Geschichte der Gruppe vgl. Jonathan Buchsbaum: „Militant third
world film distribution in the United States, 1970-1980“, in: Revue Canadienne d’Études
cinématographiques / Canadian Journal of Film Studies, Vol. 24, No. 2 (2015), 51–65.
33
Vgl. die Briefe von Gino Lofredo und Rodolfo Broullón (Third World Cinema Group) an den
argentinischen Filmemacher Raymundo Gleyzer im April 1972.
34
Vgl. Guy Hennebelle: „L’influence du Troisième Cinéma dans le monde“, in
Hennebelle/Mignot-Lefebvre: Revue Tiers Monde, 20(79), 627–629.
35
Als Beispiel nannte er den Film von Arthur Lamothe, Le Mépris n’aura qu’un temps, der in den
Gewerkschaften in Québec vertrieben wurde und auch bei internationalen Veranstaltungen als
‚militantes Kino‘ anerkannt wurde, der aber in seinem eigenen Land durch den Vergleich mit dem
Modell von La hora de los hornos in Frage gestellt wurde. 1974 lud André Pâquet Solanas ein
und wird der Theorie des Dritten Kinos bei einer großen Veranstaltung zum politischen Kino in
Montréal, auf die ich später zurückkommen werde, einen herausragenden Platz einräumen.
Kommentaren von Solanas und der Gruppe Cine Liberación. In Champ Libre, der vom
Komitee herausgegebenen Zeitschrift, wurde erwähnt, dass das Dossier als
Ausgangspunkt für eine „politische Debatte“ über den Film in Québec dienen sollte,
und zwei Kapitel des Dossiers wurden als „Hypothese für die weitere Arbeit“
hervorgehoben. Es waren Vorschläge für eine Diskussion. Die Zeitschrift bestätigte
dies: „Die Analysen, die zur Überprüfung dieser Hypothesen durchgeführt wurden,
stammen von Gruppen, die während der Diskussionen ‚in der Situation‘ waren“, d.h. sie
stammen aus praktischen Erfahrungen in der Region.36 Abgesehen von den kritischen
Kommentaren zum Film ist interessant, dass die Gruppe den Film in Bezug auf ihre
Tätigkeit in den Mittelpunkt stellt. In dem zitierten Artikel kommentierte CIP, dass der
argentinische Film nicht nur in Bezug auf Lateinamerika (und insbesondere
Argentinien), sondern auch in Bezug auf die eigene Situation verwendet werden könnte:
Québec, inmitten von Initiativen für seine politische, kulturelle und sprachliche
„Dekolonialisierung“ von Kanada. 37 Die Beobachtung der Filmwissenschaftlerin
Zuzana Pick über ihre eigenen Erfahrungen als Zuschauerin des Films bestätigt in
gewisser Weise den letzten Punkt: „Ich hatte die Gelegenheit, im Frühjahr 1971 in
Montréal und im Winter 1977 in London an einer vollständigen Vorführung des Films
teilzunehmen. Obwohl keine Diskussion vorgesehen war, gaben die Pausen zwischen
den einzelnen Abschnitten Anlass zu allerlei Debatten. In Montréal löste die
Anprangerung des Neokolonialismus im ersten Teil von La Hora eine Debatte über den
Status von Québec angesichts der Ereignisse im Oktober 1970 und der Aufhebung der
Bürgerrechte durch die kanadische Bundesregierung aus.“38
In Italien war in den Wochen vor Pesaro 68 der Schnitt des argentinischen Films bei
Ager Film, einer kleinen Produktionsfirma im Besitz von Giuliani De Negri, einer
bekannten Figur des kommunistischen Widerstands, Valentino Orsini und den Brüdern
Taviani abgeschlossen worden. Während in einer Moviola der Film Gestalt annahm,
beendete Orsini, der drei Jahre zuvor mit Solanas und Getino in Buenos Aires ein
Projekt entwickelt hatte, in einer anderen den Schnitt des Spielfilms I danatti della
Terra, den er mit Alberto Filippi gedreht hatte. In diesem Sinne ist es kein Zufall, dass
beide Filme zusammen mit dem von Fanon inspirierten Dritte-Welt-Gedanken präzise
Vorschläge oder formale Ausdrücke teilen: den Einsatz von Zwischentiteln, von Titeln
über Gewalt oder von Blitzen auf einer schwarzen Leinwand und sogar der einzigartige
Aufruf zu politischem Handeln der Zuschauer. Wie in Frankreich kann man seit der
68er-Revolte auch bei italienischen Filmemachern und Filmen Bezüge zu Solanas,
Getino und ihrem Film finden. Das bereits erwähnte Dokument, das in Pesaro von der
Studentenbewegung zusammen mit der Zeitschrift Ombre Rosse (mit dem Titel „Kultur
im Dienste der Revolution“) verteilt wurde, enthält eine radikale Kritik an der
„Institution Kino“ mit Argumenten, die denen von Cine Liberación nahe kommen.
36
Vgl. Comité d’Information Politique (CIP): „L’heure des brasiers“, in: Champ Libre 1 (1971),
134–135.
37
Vgl. Anonym: „Pratique de diffusion. Catalogue de films politiques : L’heure des brasiers“, in:
Champ Libre 3 (1972), 97–99. Und Anonym: „Luttes ouvrières. Fiches critiques : L’heure des
brasiers”, in: Champ Libre 4 (1973), 83–84.
38
Zuzana M. Pick: The New Latin American Cinema: A Continental Project. Austin: University
of Texas Press, 1993, 207.
Darüber hinaus enthält die – offensichtlich seinerzeitige – Idee, ‚kulturellen Kampf‘ und
‚politischen Kampf‘ zu artikulieren, einen ausdrücklichen Verweis auf Solanas.
Es gibt noch viele andere Verbindungen zwischen dem italienischen politischen
Kino und dem argentinischen Film, die erwähnt werden könnten.39 Im Zusammenhang
mit der Vorführung wird Goffredo Fofi, Direktor von Ombre Rosse und Mitverfasser
des Dokuments, zusammen mit Solanas nach Trient reisen, um den Film an der
Universität vorzustellen, die zu diesem Zeitpunkt von Studenten besetzt ist. In den
folgenden Monaten wird La Hora de los hornos seine Reise durch den militanten Kreis
der Universitäten in Norditalien fortsetzen. Im Februar 1969 zum Beispiel führte das
mächtige Colletivo Cinema Militante in Turin in Anwesenheit des Filmemachers den
fertigen Film (die drei Teile) im Rahmen einer politischen Arbeit mit Gruppen der
Studentenbewegung vor, die Städte wie Perugia, Turin, Trient und Mailand umfasste. In
den folgenden Jahren wurde La Hora weiterhin für militante Projektionen in mehreren
italienischen Städten genutzt. Eine der Gruppen, die den Film häufig in ihre Aktivitäten
einbezogen, war der von Vico Codella koordinierte Centro Documentazione Cinema e
Lotta di Classe. Diese Gruppe war aus internen Meinungsverschiedenheiten in der
römischen Filiale des Collettivo Cinema Militante hervorgegangen und arbeitete eine
Zeit lang mit der Produktionsfirma San Diego Cinematográfica von Renzo Rossellini
zusammen, einer Schlüsselfigur bei der Förderung des lateinamerikanischen und DritteWelt-Kinos. Ein Beweis für die systematische Herangehensweise des Centro
Documentazione im Hinblick auf die politische Arbeit mit den Filmen ist der zu Beginn
des Abschnitts zitierte Brief. In diesem Zusammenhang erinnert Vico Codella daran,
dass bei den Projektionen in den Arbeitervierteln in der Peripherie Roms ein effektives
Interesse und eine „sehr intensive Beteiligung“ der versammelten Arbeiter zu
beobachten war. Codella zufolge gehörte La hora de los hornos zu den ausländischen
Filmen, die die Gruppe in jenen Jahren häufiger zeigte, „weil es nützlich war, eine
Debatte zu organisieren.“40
Auch in Spanien wurde La Hora gegen Ende der Franco-Diktatur und in der so
genannten „Übergangszeit“ in militanter Absicht eingesetzt, wie der politische
Filmemacher Andrés Linares, der Journalist Ignacio Ramonet und der Historiker Román
Gubern berichten. 41 Wahrscheinlich wurde der Film in Madrid von Kollektiven wie
39
In einem anderen Text bin ich ausführlicher auf diese Beziehungen eingegangen. Neben den
bereits erwähnten möchte ich hier nur an weitere Beispiele erinnern: wie die Anerkennung des
Films unter den gleichen Umständen durch bekannte politische Filmemacher wie Marco
Bellochio, Ugo Gregoretti, Ansano Gianarelli und viele andere. La Hora wird in den Gesprächen
zwischen Filmemachern, die auf der Cinegiornale Libero número 1 von Cesare Zavattini (1968)
aufgezeichnet wurden, sogar als eine mögliche Alternative erwähnt.
40
Kommentar an den Autor, Rom, 2000. Auch in der Korrespondenz, die der Centro
Documentazione mit den Gruppen aus anderen Teilen des Landes führt (wie die bereits zitierte),
kann man eine nicht seltene Forderung nach dem argentinischen Film lesen. Renzo Rossellini
erinnert sich, dass San Diego eine zweistündige Version von La hora de los hornos, eine Synthese
der Teile I und II, vertrieb. 1971 leiht San Diego seine Ausrüstung für die Fertigstellung von drei
Filmen von Cine Liberación (Kommentar von Renzo Rossellini an den Autor, Rom, 2000).
41
Andrés Linares unterstreicht das Interesse an der Aufforderung zur aktiven Teilnahme des
Zuschauers. Vgl. Andrés Linares: El cine militante, Madrid: Castellote, 1976. Ramonet erwähnt
den Einfluss des Films auf spanische Filmemacher. Vgl. Ignacio Ramonet: La Golosina Visual,
denen von Linares oder Tino Calabuij gezeigt. In Katalonien wurde er jedoch
systematischer aufgenommen: als Teil des Katalogs des Kollektivs El Volti, dessen
Materialien später Teil des bekannteren Central del Curt wurden. Die Aktivität von El
Volti erreichte ihren Höhepunkt zwischen 1969 und 1975, also noch während des
Franquismus und in einem Kontext, in dem gleichzeitig der Comissió de Cinema de
Barcelona (Kinoausschuss von Barcelona) gegründet wurde. El Volti wurde von einer
Gruppe von Fachleuten gegründet, die mit der Kommunistischen Partei Kataloniens
(PSUC) in Verbindung standen, wenn auch nicht auf organische oder systematische Art
und Weise, und sie organisierten eine Sammlung von militanten Filmen und eine
geheime Vertriebsgesellschaft. Das Kollektiv, das Beziehungen zu ähnlichen Gruppen
in Barcelona oder Madrid unterhielt, arbeitete mit anderen Kollektiven (insbesondere
denen der kommunistischen Gewerkschaft Comisiones Obreras) zusammen, um in
religiösen Schulen, halblegalen Kinos, Privathäusern oder in Räumen, die von
Nachbarschaftskomitees in Barcelona und anderen Teilen Kataloniens zur Verfügung
gestellt wurden, Verbreitungsarbeit zu leisten. Diese Organisationen hatten die
Aufgabe, die Öffentlichkeit zu versammeln, manchmal in kleinen Gruppen, manchmal
in großer Zahl. 42 In diesem Zusammenhang erinnert sich Román Gubern, der eine
Verbindung zu El Volti hatte, dass die Kopie des argentinischen Films (der erste Teil)
sehr gefragt war. Diese (natürlich nur teilweise und unvollständige) Rekonstruktion des
Einsatzes von La hora de los hornos durch militante Filmkollektive in Europa und
Nordamerika macht auf einen Punkt aufmerksam, der in den textlichen und
historiografischen Analysen dieser Art von Filmen sehr oft außer Acht gelassen wird,
nämlich die Aufnahme in den Kreis der internationalen Filmfestivals und die politische
Nutzung im militanten Kreis, um Diskussionen und politische Aktionen auszulösen.
Diese Erfahrungen rund um die soziale Intervention der Filme sind es, die in letzter
Instanz das so genannte militante Kino definieren und von grundlegender Bedeutung
sind, wenn es darum geht, den Wert und die Bedeutung zu erkennen, die mit den Filmen
an jenem Ort und in jenem historischen Moment verbunden sind. Obwohl einige dieser
Filmemacher und militanten Gruppen, die den argentinischen Film verbreiteten, sich
auch von seinen Hypothesen und sogar von seinen formalen Aspekten distanzierten,43
Barcelona: Debate, 2000, 147–149. Gubern kommentiert seine Einbeziehung in den militanten
Kreislauf in Katalonien. Vgl. Román Gubern: Viaje de ida, Barcelona: Anagrama, 1997, 276. Die
hier gemachten Anmerkungen zu La hora de los hornos in Spanien sind eine Übernahme und
erweitern in einigen Fällen einen früheren Artikel, den der Autor gemeinsam mit Alberto Elena
verfasst hat. Vgl. Alberto Elena Diaz und Mariano Mestman: „Para un observador lejano. El
documental latinoamericano en España“, in: Cine documental en América Latina, hg. von Paulo
Antonio Paranaguá, Madrid: Ediciones Cátedra, 2003, 79–92.
42
Interview des Autors mit Joan Antoni González i Serret (Organisator von El Volti) und mit
Adonio González Mateos (Aktivist der Gewerkschaft Comisiones Obreras). Barcelona, Juni 2000.
43
Es ist nicht möglich, hier alle diese Unterschiede zu nennen. Aber eine der Gruppen, die den
Film häufiger in der militanten Szene einsetzte, wie die bereits erwähnte CIP in Québec,
kritisierte den Film dafür, dass er „wenig von dem, was erklärt wurde, auflöst“ und eine
„romantische und abstrakte“ Idee der Revolution vorschlägt. Vgl. Anonym: „Luttes ouvrières.
Fiches critiques : L’heure des brasiers“, in: Champ Libre 4 (1973), 83–84. Der nordamerikanische
Kritiker Gary Crowdus, Gründer der Third World Cinema Group, sprach von der
„verhängnisvollen Romantik des Guerilla-Kinos“, die im Manifest Hacia un tercer cine verteidigt
ist bekannt, dass der von La hora de los hornos geförderte Dritte-Welt-Gedanke sowie
seine kühne Bearbeitung und seine avantgardistische Sprache (der erste Teil) fast
einhellig gefeiert wurden, weil sie mit den Erfahrungen übereinstimmen, die mit 68 in
der Welt verbunden sind. In Bezug auf Eisenstein war sogar von einem neuen
Panzerkreuzer Potemkin die Rede. Der Film gab jedoch Anlass zu einer Reihe von
Debatten. Die vielleicht wichtigsten waren diejenigen, die mit der Unterstützung von
General Perón und der peronistischen Bewegung verbunden waren.
Die „verdammte Tatsache“
Augusto Martínez Torres: „Verteidigen Sie den Peronismus, weil sie ihn für richtig halten
oder handelt es sich vielleicht um eine Instrumentalisierung [...] ist das eine Art
Unterwanderung linker Gruppen innerhalb des Peronismus?“
Octavio Getino: „Nein, nein, es handelt sich hier nicht um eine Falle.“44
Obwohl der erste Teil von La hora de los hornos (man könnte sagen, der am wenigsten
peronistische), weltweit am häufigsten gezeigt wurde, nahm die Geschichte des
Peronismus und des Arbeiterkampfes der Resistencia, die im zweiten Teil enthalten ist,
einen wichtigen Platz im militanten Umlauf ein (weniger Verbreitung hatte der dritte
Teil, ein radikaler Aufruf zur revolutionären Gewalt in der Dritten Welt, der selten
gezeigt wurde). Die Entscheidungen darüber, welche Teile des Films – entweder in
Parallelschaltung oder auf Festivals – gezeigt werden, hatten manchmal mit technischen
Gründen oder einfach nur mit dem Zufall zu tun, aber viele andere Male auch mit
spezifischen Gründen. Es ist wahr, dass die lange Dauer des gesamten Films (mehr als
vier Stunden) zwangsläufig die Vorführung von einzelnen Teilen erforderte. Aber
gleichzeitig ist es offensichtlich, dass die Entscheidung, den ersten Teil zu bevorzugen,
nicht nur mit seiner formalen Anziehungskraft und seiner revolutionären Potenz
zusammenhing, sondern auch mit dem Verdacht oder der direkten Ablehnung des
Peronismus (zweiter Teil des Films) durch einen wichtigen Teil der europäischen und
nordamerikanischen Linken, die ihn mit viel zu viel Einfallsreichtum und Leichtigkeit
mit den Faschismen des alten Kontinents in Verbindung brachte.
Im vorangegangenen Abschnitt habe ich die Einbindung von La hora de los hornos
in den französischen militanten Umlauf erwähnt. In dem bereits erwähnten Dossier von
CinémAction in der Zeitschrift Tiers Monde erinnert Guy Hennebelle daran,45 dass mit
dem Einverständnis von Solanas die als zu peronistisch empfundenen Sequenzen aus
der ersten in Paris verbreiteten Fassung des Films herausgeschnitten worden waren,
obwohl der Film später in seiner vollständigen Fassung gezeigt wurde. Dieser
Unterschied zwischen der ersten Version und den späteren Versionen scheint nach
wird. Vgl. Gary Crowdus: „Aux États-Unis: ‚malgré un romantisme néfaste du cinéma-guérilla, il
a joué un rôle dans l’emergence d’une nouvelle critique“, in Hennebelle/Mignot-Lefebvre, Revue
Tiers Monde 20(79), 627–629. Es könnten noch weitere Beispiele genannt werden.
44
Interview der Kritiker Augusto Martínez Torres und Miguel Marías mit Octavio Getino, in:
Nuestro Cine 89 (1969), 40–47, 45.
45
Vgl. Guy Hennebelle: „L’impact du troisième cinéma“, in Hennebelle/Mignot-Lefebvre, Revue
Tiers Monde 20(79), 623–645, 642.
Hennebelle plausibel zu sein, da andere Kritiker 46 beiläufig auf eine kürzere
französische Version verweisen, ebenso Solanas: Ende 1969 wandte er sich in einem
Brief an den Direktor des kubanischen Filminstituts (ICAIC), Alfredo Guevara, um
mögliche Änderungen an der Originalfassung des Films für die Vorführung in Kuba zu
besprechen. In diesem Brief schrieb Solanas über die Platzierung der „Chronik des
Peronismus (1945-1955)“ im Film – wo die Erfolge im wirtschaftlichen und
sozialpolitischen Bereich erläutert wurden – und bestätigte:
Ohne die Analyse des Peronismus an der Macht ist es weder möglich zu verstehen, was
die Bewegung gewesen ist, noch ihre Aktionen oder ihre Veränderung vom Zeitpunkt
ihres Sturzes bis heute. In Frankreich zum Beispiel haben wir diesen Teil gekürzt, um die
Zeit zu verkürzen, und die Erfahrung war negativ, weil dies zu mehr Verwirrung führte. 47
Der amerikanische Kritiker Gary Crowdus und der deutsche Peter Schumann haben
ebenfalls auf diese Fragen hingewiesen. Crowdus erinnerte sich daran, dass in der
politischen Szene der Vereinigten Staaten größtenteils nur der erste Teil gezeigt wurde,
eben weil die Sequenzen über den Peronismus von der nordamerikanischen
Öffentlichkeit weitgehend als inakzeptabel angesehen wurden.48 Dass es in Deutschland
nicht zu einer tiefgreifenden Auseinandersetzung mit dem Film kam, lag nach
Schumanns Ansicht auch an der Problematik des Peronismus. Das heißt, auf die von der
Linken geäußerten Bedenken gegenüber einem Phänomen, das sie im Verdacht hatte,
„faschistische Wurzeln“ zu haben. Folglich, so Schumann, hat sich die deutsche Linke
den argentinischen Film nie ganz zu eigen gemacht, obwohl sie einige Aspekte der
politischen Linie des Films um Revolution und Gewalt teilte.49
Die Ablehnung Peróns und seiner Bewegung war unter den Kritikern der
europäischen kommunistischen Linken besonders verbreitet. Der italienische Fall hat
seine Besonderheiten, weil neben den Gruppen der neuen Linken viele Personen und
Institutionen, die mit der PCI verbunden waren, einige wurden bereits erwähnt, den
Film unterstützten und ihn sogar irgendwann in den Katalog der Unione dei Circoli
46
Im selben Jahr bemerkte Ramón Font, der den Film in Frankreich gesehen hatte, in einer
Rezension in der spanischen Zeitschrift Film Ideal, dass die tatsächliche Dauer des Films (1969)
viel kürzer war als die in Pesaro gezeigte. Vgl. Ramón Font: „Situación del Nuevo Cine“, in:
Film-Ideal 214-215 (1969), 23–25.
47
Unveröffentlichter Brief, aufbewahrt in den Archiven des ICAIC in Kuba.
48
Vgl. Crowdus.
49
In jenen Jahren hatte Schumann häufige Kontakte mit dem so genannten Neuen
Lateinamerikanischen Kino, und er verweist auf die ersten Aufführungen von La hora de los
hornos durch das deutsche Kino in den Tagen unmittelbar nach Pesaro 68. Das heißt, drei Monate
vor seiner offiziellen Teilnahme am Festival in Mannheim. Die Vorführungen hatten in beiden
Fällen eine große Wirkung. Von dort aus erinnert er sich an die Verbreitung des Films durch das
Kino, das dem ersten Teil den Vorzug gab (die anderen wurden nicht sehr oft gezeigt).
Gleichzeitig erwähnt er jedoch, dass die Fernsehvorführungen (die bis Ende der 1970er Jahre
mehrmals mit einer Gesamtzuschauerzahl von schätzungsweise 400.000 bis 500.000 Zuschauern
ausgestrahlt wurden) eine 40-minütige Kurzfassung des zweiten und dritten Teils zeigten. Vgl.
Peter B. Schuhmann: „En Allemagne fédérale: ‚une orientation parfois discutable, mais une idée
de base géniale‘“, in Hennebelle/Mignot-Lefebvre, Revue Tiers Monde 20(79), 631–633.
Cinematografici Arci aufnahmen. Dennoch waren sowohl die peronistische Frage als
auch verschiedene Aspekte der Sprache von La hora de los hornos (z. B. die Spannung
zwischen dem Emotionalen und dem Rationalen) seit der aufsehenerregenden
Uraufführung in Pesaro Gegenstand verschiedener italienischer Rezensionen und
wurden in einigen Fällen kritisiert. 50 Der Film wurde in fast allen Filmzeitschriften
gewürdigt und die von Guido Aristarco geleitete Zeitschrift Cinema Nuovo bezeichnete
La hora de los hornos als den wichtigsten Film von Pesaro 1968.51 Er wurde auch in
Kommentaren in Ombre Rosse oder in Cinema 60 hervorgehoben, wo es neben einem
ausführlichen Interview von Lino Miccichè mit Solanas eine frühe und tiefgründige
Analyse des Films von Alberto Filippi gab, die nach Lateinamerika gelangte, als sie in
der ersten Nummer der uruguayischen Zeitschrift Cine del Tercer Mundo 1969
übersetzt wurde.
Andererseits kamen einige der schärfsten Kritiken an dem argentinischen Film von
französischen und spanischen Kritikern, die dem kommunistischen Umfeld nahe
standen. 52 Der Kritiker Fernando Lara, der das Festival von Pesaro 1968 für die
spanische Zeitschrift Nuestro Cine besuchte, erkannte die Bedeutung des argentinischen
Films an, der „ein wenig zum Symbol des Festivals gemacht“ wurde, war aber der
Meinung, dass die Vorführung des gesamten Films „eine große Enttäuschung“ war,
denn „es ist nur ein peronistisches Pamphlet [...], dessen Erfolg der schrecklichste
Widerspruch ist, in den das Festival von Pesaro verfallen konnte.“ In seiner Wut ging
Lara im nächsten Artikel des Magazins noch weiter, wo er in direktem Bezug auf die
peronistische Option im Film von „ethischer und politischer Unmoral“, „ideologischem
Karrierismus“, „Mangel an Information und einer ehrlichen Annäherung an die
lateinamerikanische Realität“, „Verrücktheit“ und über „faschistoides Verhalten“
50
Siehe z. B. die Rezension über die Vorführung in Pesaro von Piero Spila: „Politicità del
Cinema e Politicizzazione“, in: Cinema e Film 5-6 (1968), 48–52. Einige Jahre später wird der
Kritiker Ciriaco Tiso den Film ablehnen, weil er seinen Schwerpunkt auf das „Viszerale“ legt, auf
die leidenschaftliche und irrationale Teilnahme, die in Sentimentalität endet (denn „die
Revolution muss eine logische und rationale Tatsache sein“), und natürlich wegen seiner
Verherrlichung eines Peronismus, der ihm zufolge „reiner Faschismus“ ist. Vgl. Ciriaco Tiso:
„Esperienze e ribellione a livello filmico: Tavola rotonda su film d’informazione e film
poetico/politici“ in: Filmcritica 222 (1972), 84–104.
51
Vgl. Gianfranco Corbucci: „L’ora dei forni e autontestazione“, in: Cinema Nuovo 194 (1968),
279–281. Darüber hinaus widmete die Zeitschrift dem Film einen ausführlichen Artikel von
Adelio Ferrero, in dem der argentinische Film als „große Lektion in politischer Ehrlichkeit und
sozialistischer Kohärenz“ bezeichnet wurde. Adelio Ferrero: „L’ora dei forni e il nostro terzo
mondo“, in: Cinema Nuovo 202 (1969), 424–429.
52
Im ersten Fall beispielsweise waren einige der Meinungen, die in einer von der Zeitschrift La
Nouvelle Critique organisierten Debatte zum Ausdruck kamen. Vgl. Anonym: „‚L’heure des
brasiers‘. La lutte des classes en Argentine et la stratégie révolutionnaire“, in: La Nouvelle
Critique 28 (1969), 31–36. In späteren Jahren erinnerte sich ein Filmemacher und wichtiger
Theoretiker der französischen kommunistischen Partei wie Jean-Patrick Lebel an die durch den
Film ausgelösten Auseinandersetzungen innerhalb der kommunistischen Bewegung über die
Strategien der traditionellen Parteien der Linken, „Fronten zu schaffen“, den primären Wert des
bewaffneten Kampfes und natürlich den Peronismus. Vgl. Jean-Patrick Lebel: „Un cinéma qui
explose“, in: Fernando Solanas ou la rage de transformer le monde, hg. von René Prédal, Athis
Val-de-Rouvre: Charles Corlet, 2001, 48 (CinémAction 101).
schrieb. Außerdem, so der spanische Kritiker, benutzte Solanas in unredlicher Weise
„Ché Guevara, Frantz Fanon, Fidel Castro, Sartre, Lenin oder General San Martín, um
ein großes Pamphlet zugunsten des Peronismus zu produzieren und Perón als Vorläufer
der kubanischen Revolution von 1959 darzustellen.“ Und er bekräftigte, dass „wir in
Pesaro alles andere als eine Debatte über den Peronismus zu finden hofften, eine
argentinische Bewegung, die einhellig als eine Entartung des europäischen Faschismus
betrachtet wird und nicht nur, wie von den Regisseuren des Films beabsichtigt – von
den linken Intellektuellen als Opfer des kulturellen Neokolonialismus betrachtet wird.“53
Im Gegensatz zu diesen Positionen der radikalen Ablehnung der politischen
Alternative des Films teilten andere Kritiker und Filmemacher, die mit den „Brüchen“
von 68 in Verbindung standen, die These von der revolutionären Gewalt und
akzeptierten sogar die linke Lesart des Peronismus, die der Film als einen weiteren der
„nationalen Wege“ zum Sozialismus vertrat. Einige hoben auch die neue Analyse des
Peronismus hervor, die der Film vorschlägt.54
In mehreren Zeitungs- und Zeitschriftenartikeln betonten Solanas und Getino, dass
der Film für eine kritische Lektüre der historischen Erfahrung des Peronismus (19461955) plädiert, die seinen klassenübergreifenden, und nicht auf die Arbeiterklasse
beschränkten, Charakter zeigt und nur seine ‚fortschrittlicheren‘ Aspekte wieder
aufgreift. In einem frühen Interview mit Louis Marcorelles in den Cahiers du Cinema
zum Beispiel rekapitulierte Solanas die Bedeutung der Nationalismen (darunter der
Peronismus) in den lateinamerikanischen Befreiungsprozessen und wies darauf hin,
dass viele die kritische Analyse und die These, die der Film formulierte, nicht
verstanden hätten, nämlich die Grenzen des bürgerlichen Nationalismus, die
Unmöglichkeit einer demokratisch-bürgerlichen Revolution, wenn sie sich nicht
gleichzeitig auf eine sozialistische Revolution projiziert sowie den lateinamerikanischen
Horizont der nationalen Kämpfe.55
53
Vgl. Fernando Lara: „Pesaro, año IV. Un festival violento y confuso día tras día. Crónica de los
incidentes de la Mostra del Cine Libre y de Oposición“, in: Nuestro Cine 74 (1968), 29; und
Fernando Lara: „Pesaro, año IV. En busca de una nueva dialéctica“, in: Nuestro Cine 75 (1968),
22. Der radikale Anti-Peronist dieser Rezension sollte sich nicht wundern, wenn man
berücksichtigt, dass Perón im spanischen Exil unter der Herrschaft von Francisco Franco lebte,
obwohl die Beziehungen zwischen Perón und dem Diktator komplexer waren, als allgemein
angenommen wird.
54
Andere spanische Rezensionen gingen in eine ganz andere Richtung als die von Lara. Font
charakterisierte den Film als „den ersten Film für eine neue Gesellschaft“, „leidenschaftlich und
klar“, „ein entscheidender Film in der Geschichte des Kinos und der Geschichte“. Und im
Gegensatz zu Lara argumentierte er, dass der Film „aus der peronistischen Erfahrung, die mit den
Volksschichten verbunden ist, die Leitlinien für ihre zukünftige Überwindung extrahiert“. Vgl.
Font, „Situación del Nuevo Cine“.
55
Vgl. Louis Marcorelles: „F. E. Solanas: La hora de los hornos. L’épreuve du direct“, in:
Cahiers du Cinéma, Paris 210 (1969), 21–28. Siehe für den italienischen Fall auch ein weiteres
wichtiges Interview mit Solanas in Ombre Rosse, in dem das Problem des ‚europäischen Blicks‘
auf den Peronismus erörtert wird: Gianni Volpi, Piero Arlorio, Goffredo Fofi, Gianfranco Torri:
„Fernando Solanas. Il cinema come fucile / Intervista-manifesto col regista“, in: Ombre Rosse 7
(1969), 3–23, hier 16–17. Einige Wissenschaftler haben sich seither mit der Behandlung des
Peronismus im Film beschäftigt. Obwohl diese Arbeiten nicht das Thema dieses Beitrags sind, ist
Auch Getino diskutierte diese Fragen ausdrücklich mit spanischen Kritikern. Nach
der bereits erwähnten Rezension von Lara aus dem Jahr 1968 interviewte Nuestro Cine
1969 Getino als Zeichen der „Offenheit“ seitens der Zeitschrift mit dem Ziel,
„bestimmte Aspekte zu klären, (obwohl) unsere und Ihre Positionen entgegengesetzt
bleiben“, wie der Kritiker Martínez Torres in der Einleitung bemerkte. In dem Artikel
betonten sie, dass der erste Teil des Films bei der Premiere in Pesaro interessant, wenn
auch fragwürdig war, während der zweite Teil die Journalisten des Magazins zutiefst
empört hätte. In diesem Sinne fragten sie Getino nach dem Grund, warum nach Pesaro
und bei anderen Festivals (wie Karlovy Vary in der Tschechoslowakei, Mannheim in
Deutschland oder Mérida in Venezuela) nur der erste Teil gezeigt wurde, wenn „es
offensichtlich ist, dass der erste Teil zwar einerseits isoliert funktioniert, andererseits
aber zusammen mit dem zweiten Teil funktioniert.“ Für Nuestro Cine war die
Verteidigung des Peronismus „diskutabel“, aber die Verteidigung Peróns war
„inakzeptabel“. Die Antwort von Getino war eindringlich: „Wir verstehen den
Peronismus nicht ohne Perón […] für uns könnte Perón in dieser Phase für Argentinien
das sein, was Castro für Kuba war“, behauptete er.56
Einige Jahre später untertitelte die spanische politische Zeitschrift Triunfo ein
weiteres Interview mit Getino mit dem vielsagenden Untertitel: „Die Rezeption in
Europa: Der Peronismus, ein Faschismus?“ Darin ging Joaquín Jordá auf die in anderen
Zeitschriften geführten Debatten über den Peronismus ein. Getino wies Kritiken wie die
von Lara in Nuestro Cine oder die der französischen kommunistischen Partei durch La
Nouvelle Critique zurück. Aber trotz allem hielt er die Diskussionen, die sich aus dem
Film ergaben, für logisch, weil sie zu einem großen Teil mit der „Desinformation“ über
die lateinamerikanische Realität in Europa zusammenhingen, als Folge der
Beschränkungen und Deformationen, die von den „imperialistischen Massenmedien“
auferlegt wurden, und auch aufgrund „einer Vision einer Linken, die im Allgemeinen
die Realität der nationalen Befreiungsbewegungen in den meisten Teilen der Dritten
Welt nicht verstanden, nicht untersucht und nicht vertieft hat“. Er fuhr fort:
Und noch weniger den Prozess des Peronismus in Argentinien verstanden hat, indem sie
die äußeren und anekdotischen Formen dieses Prozesses oder den anekdotischen
Charakter der Reden des Führers mit dem Wesen und der eindeutig antiimperialistischen
und revolutionären Richtung verwechselte, die in der Massenbewegung, in der
argentinischen Arbeiterklasse, im Grunde peronistisch ist.57
Diese Idee der „Desinformation“ oder des „Unverständnisses“ der europäischen
Intellektuellen gegenüber den politischen Prozessen der Dritten Welt (wie dem
es erwähnenswert, dass Robert Stam nach seiner früheren Arbeit über La hora de los hornos und
die beiden Avantgarden (vgl. Robert Stam: „The Hour of the Furnaces and the Two AvantGardes“, in: Millennium Film Journal 7-9 (1980-1981), 151–164), zum Film zurückkehren wird
und behauptet: „The film rightly identifies Perón as a Third World nationalist avant la lettre
rather than the ‚fascist dictator‘ of Eurocentric mythology.“ Ella Shohat, Robert Stam: Unthinking
Eurocentrism: Multiculturalism and the Media, London/New York: Routledge 1994, 268. Und er
wies auch darauf hin, dass der Film die historischen Fehler des Peronismus erwähnt.
56
Vgl. Interview Martínez Torres Marías mit Getino, 40–47.
57
Interview Octavio Getino mit Joaquín Jordá, in: Triunfo 473 (1971), 12–16, hier 13–14.
argentinischen Peronismus) wurde in jenen Jahren zur gängigen Drohung für die
Verteidigung des Films nicht nur durch seine Macher, sondern auch durch andere
militante Filmemacher, die den Film förderten. Im Falle Spaniens zum Beispiel brachte
Andrés Linares, der La hora de los hornos mehrere Seiten seines Buches über das
militante Kino widmete, die Kritik am zweiten Teil des Films außerhalb Argentiniens
mit der Tatsache in Verbindung, dass „das Phänomen des Peronismus fast immer
schlecht verstanden und schlecht interpretiert wird.“58
In dem bereits erwähnten Brief von Ende 1969 an den Direktor des ICAIC Alfredo
Guevara hatte Solanas darauf bestanden, dass die Teile über die Geschichte des
Peronismus zum besseren Verständnis des Films in Kuba aufgenommen werden. Doch
gegen Ende des von uns untersuchten Zeitraums rechtfertigte Solanas, vielleicht als
Konsequenz einiger der von uns verfolgten Kritiken, die ausschließliche Vorführung
des ersten Teils auf dem Festival von Benalmádena im Oktober 1977.59 Da dieser sich
an ein breiteres Publikum richtete, „das die argentinischen Verhältnisse nicht kannte“,
während der Rest des Films „ein Material war, das für ein politisches und
kämpferisches Werk über die Besonderheiten der argentinischen politischen Praktiken
entwickelt und konzipiert wurde“, das bei der Vorführung außerhalb seines
Ursprungslandes nicht die „von uns erhofften Ergebnisse“ erzielt hatte.60
Der Höhepunkt der Polemik um die „peronistische Frage“ wurde im Juni 1974
während der von André Pâquet und dem Comité d’Action Cinematographique
organisierten Rencontres Internationales Pour Un Nouveau Cinema in Montréal
erreicht. Eine Woche lang versammelten sich über 200 Filmemacher, Kritiker,
Produzenten und Verleiher des politischen Kinos aus Europa, Nordamerika,
Lateinamerika, Schwarzafrika und dem Maghreb. Die Debatten, die dort auf der Suche
nach einer politisch-kinematografischen internationalen Alternative geführt wurden,
waren vielfältig, aber die Theorie des Dritten Kinos und die Präsenz von Solanas
spielten eine wichtige Rolle.
Obwohl ich über dieses Ereignis und die Polemik rund um den Peronismus bereits
an anderer Stelle geschrieben habe,61 lohnt es sich, auf dieses Thema zurückzukommen,
weil es die Dynamik des politischen Prozesses erklärt, den das militante Kino in jenen
58
Linares, El cine militante, 144.
Seine Vorführung auf diesem kleinen Festival für engagierte Filme (in Anlehnung an Pesaro),
mitten in der spanischen Übergangszeit, war dennoch bemerkenswert. Carlos Heredero
beispielsweise bezeichnete den Film als „den Höhepunkt des lateinamerikanischen Beitrags“ zu
diesem Ereignis. Vgl. Carlos Heredero: „La hora de los hornos“ in: Cinema 2002 35 (1978), 30.
60
Vgl. „La Hora de los Hornos. Tres Preguntas a su Realizador“, mimeo, 1977, 2ps.
(Vervielfältigtes Dokument in Kisten des Festival de Benalmádena im Archiv der Bibliothek der
spanischen Cinemathek (Filmoteca Española) in Madrid. In die gleiche Richtung gehen die
Erinnerungen des Festivalleiters an diese Entscheidung. Vgl. Julio Diamante Interviews mit dem
Autor, Madrid, August 2000.
61
Vgl. Mariano Mestman: „Estados Generales del Tercer Cine. Los documentos de Montreal“, in:
Special Issue of Cuadernos Rehime 3 (2014), 18–80; Mariano Mestman: „Algiers-Buenos AiresMontreal: Thirdworldist Links in the Creation of the Latin American Filmmakers Committee
(1974)“, in: Montreal, 1974: Rencontres Internationales pour un Nouveau Cinema, hg. von
Mariano Mestman und Masha Salazkina, Special Issue of the Canadian Journal of Film Studies,
24/ 2 (2015), 29–40.
59
Jahren sowohl auf nationaler Ebene als auch in Lateinamerika und weltweit durchlief.
Im argentinischen Fall beziehe ich mich auf die Eingliederung von Cine Liberación in
die peronistische Bewegung, unter der alleinigen Führung von Perón. Dies geschah
durch La hora de los hornos sowie die gefilmten Interviews mit dem Führer in seinem
spanischen Exil als Kommunikationsmittel mit seinen Anhängern in Argentinien
(1971/1972) und schließlich mit einer endgültigen Eingliederung der Gruppe in den
Staat und seine fortschrittliche Politik für das Kino mit der Rückkehr Peróns für seine
dritte Präsidentschaft Argentiniens (1973/1974).
In diesem Sinne wurde die Konferenz von Solanas in Montréal 1974, über die
Geschichte der Gruppe Cine Liberación von ihrer Opposition gegen die Militärdiktatur
(1968-1972) bis zu ihrer Beteiligung an der dritten Regierung Peróns (1973/1974), in
der anschließenden Debatte von zwei Schlüsselfiguren des Neuen Lateinamerikanischen
Kinos im Exil scharf angegriffen: dem uruguayischen Produzenten/Verleiher Walter
Achugar (Gründer von La Cinemateca del Tercer Mundo und mit den Tupamaros
verbunden) und dem chilenische Filmemacher Miguel Littin (ehemaliger Direktor von
Chile Films in den ersten Monaten der Regierung von Salvador Allende und mit dem
Movimiento de Izquierda Revolucionaria (MIR) verbunden). Auch der Direktor des
Festivals von Pesaro, Lino Miccichè, griff die Position von Solanas an. In der Tat
äußerte Miccichè die aggressivste Kritik gegen den Regisseur von La hora de los
hornos, da er die fehlende Wahrnehmung des offensichtlichen Rechtsrucks durch Perón
und seine dritte Regierung beanstandete. Interessant ist, dass der Italiener seinen Angriff
damit rechtfertigte, dass er sechs Jahre zuvor, als Gastgeber der internationalen
Premiere des Films in Pesaro 68, für die Verteidigung der peronistischen Option
zuständig war und seinen Kollegen in der italienischen und europäischen klassischen
Linken (kommunistisch und sozialistisch) die Komplexität des argentinischen
Peronismus, die Bedeutung seiner Arbeiter- und Volksbasis sowie den Prozess der
revolutionären Radikalisierung, den die peronistische Bewegung Ende des Jahrzehnts
der 1960er Jahre erlebte, erläuterte. Sechs Jahre später, in Montréal, warf Miccichè
Solanas jedoch vor, dass es ihm an Dialektik fehle, dass er die Widersprüche innerhalb
des Peronismus zwischen dem linken und dem rechten Flügel nicht anerkenne und dass
letzterer 1974 mit der Unterstützung Peróns an Einfluss gewonnen habe. Miccichè
stellte ironisch und provokant den verwirrenden Vergleich der „Diktatur des
Proletariats“ mit der „Diktatur von General Perón“ in Frage. Diese Polemik von 1974,
an der auch andere Persönlichkeiten des politischen Kinos aus der ganzen Welt
teilhatten, ist der Grund dafür, dass die Debatten über den Peronismus auch in den
Jahren nach Pesaro 68 weitergehen. In diesem Sinne ist es wichtig zu erkennen, dass,
abgesehen von diesen und anderen Argumenten oder vielleicht gerade deswegen, La
hora de los hornos und das Manifest Hacia un tercer cine in dieser Zeit einen starken
Einfluss auf die Debatten über das politische Kino weltweit gewonnen haben.
Bezeichnend ist, dass die Rencontres in Montréal, vielleicht die größte Veranstaltung
des politischen Kinos weltweit in dieser Zeit (den langen 60er Jahren), als Epigraph
ihres Ankündigungstexts ein Zitat aus dem argentinischen Manifest verwendeten: genau
dasjenige, das die Kämpfe in der Dritten Welt mit denen innerhalb der Ersten Welt
verbindet. 62 Tatsächlich schlugen die Organisatoren und mehrere Kritiker die
62
Das ausgewählte Fragment lautet: „Der antiimperialistische Kampf der Völker der Dritten Welt
„Generalstände“ des Dritten Kinos vor, eine Art Ausweitung des in Frankreich um 68
entstandenen Konzepts, das bereits im Manifest von Solanas und Getino im Hinblick
auf das militante Kino weltweit erwogen worden war. Obwohl der Aufstieg der Dritten
Welt 1974 seinen Höhepunkt erreichte, wird ihr Einfluss und damit auch der von La
hora de los hornos und des Manifests Hacia un tercer cine noch ein wenig länger
anhalten wie das Dossier von CinémAction aus dem Jahr 1979 bezeugt. Am Ende
seines Lebens erinnerte sich Guy Hennebelle daran, dass er in Montréal 1974 Solanas
kennengelernt hatte, dessen Film von allen als „Archetyp des militanten Kinos der
damaligen Zeit“ angesehen wurde, so Hennebelle. 63 Trotz der Differenzen zwischen ihm
und Solanas, die auch in Montréal zum Ausdruck kamen, 64 wird Hennebelle Solanas
Freund und fortan zum Propagandisten des Manifests. Mehr oder weniger ausgeprägt,
mit mehr oder weniger großen Unterschieden zur argentinischen Grupo Cine
Liberación, wird das Gleiche mit anderen Protagonisten des politischen Kinos weltweit
geschehen.
und ihrer Entsprechungen innerhalb der imperialistischen Länder bildet heute die Achse der
Weltrevolution. Das dritte Kino ist unserer Meinung nach das Kino, das in diesem Kampf die
gigantischste kulturelle, wissenschaftliche und künstlerische Manifestation unserer Zeit erkennt,
die Möglichkeit des Aufbaus einer befreiten Persönlichkeit mit jedem Volk als Ausgangspunkt –
mit einem Wort, die Dekolonisierung der Kultur.“ Rencontres Internationales pour un Nouveau
Cinema. Cahier 1. Projets et résolutions, Montreal, 1975, 3 http://collections.cinematheque.qc.ca
/wp-content/uploads/2015/05/PN_1993-4_R39_V-1_web.pdf [29.03.2023]
63
Guy Hennebelle: „Préambule: Si ce n’était plus L’heure des brasiers, c’est peut-être l’heure de
la reprise…“, in: Le cinéma militant reprend le travail, hg. von Guy Gauthier, Athis Val-deRouvre: Charles Corlet, 2004, 16 (CinémAction 110).
64
Die dort zum Ausdruck gebrachte (politische und kinematografische) Distanz wird sich etwas
später in dem Prolog widerspiegeln, den Solanas für die spanische Ausgabe von Hennebelles Les
cinémas nationaux contre Hollywood in zwei Bänden schrieb. Trotzdem betonte er seine
Freundschaft und „grundlegende Übereinstimmung“. Vgl. Los cinemas nacionales contra el
imperialismo de Hollywood. Nuevas tendencias del cine mundial (1960-1975), aus dem
Französischen übersetzt von Xavier Aleixandre, Valencia: Fernando Torres, 1977.