-
Die Erfindung betrifft die Herstellung von Bauteilen zur Panzerung, insbesondere von Fahrzeugen der Schutzklasse VR9 (VPAM9) oder höher.
-
In bekannten Verfahren zur Herstellung von Fahrzeugpanzerungen wird eine heiße Platine aus „klassischem Panzerstahl“ in ein gekühltes Werkzeug eingebracht und dort umgeformt. Das Formteil verbleibt zum Abkühlen im geschlossenen Werkzeug und wird nach dem Abkühlen dem Werkzeug entnommen. Die umgeformte Platine hat dann ihre volle Härte erreicht und muss anschließend umgehend entspannend angelassen werden.
-
Beim Presshärten planer oder geformter Bleche bzw. Platten werden bei Temperaturen oberhalb AC1, jedoch meist bei 800-1200°C austenitisierte Platten aus Martensit bildenden Stählen mit mehr als 0,2 Gew.-% Kohlenstoff und/oder ausscheidungshärtbaren Werkstoffen (Vergütungsstahl/ Werkzeugstahl) durch Einbringen in eine Form (Gesenk) zunächst unter Pressdruck umgeformt und bis zum Erreichen der Endtemperatur (in der Regel Raumtemperatur, maximal aber 80°C) in der Pressform verzugskontrolliert gehärtet (Presshärten). Hierdurch wird der Zustand gehärtet (> 550 HBW 10/3000), aber nicht angelassen oder vergütet erreicht.
-
A1 bezeichnet einen Halte- oder Knickpunkt in der Abkühlkurve, also eine Umwandlungstemperatur; die Bezeichnung AC1 im Eisen-Kohlenstoff-Diagramm steht für den Halte- oder Knickpunkt bei Erwärmung. Oberhalb AC1 wird Perlit in Austenit umgewandelt.
-
Im Stahl entsteht Martensit Umwandlung des Austenits während der raschen Abkühlung auf eine Temperatur unterhalb der Martensitstarttemperatur Ms. Die Umwandlung hört auf, wenn die Abkühlung gestoppt wird. Ist die Martensitfinishtemperatur Mf erreicht, dann vergrößert sich mit weiterer Abkühlung der Volumenanteil des Martensits nicht weiter.
-
Bei diesem Verfahren muss die Form geschlossen bleiben, damit hinreichende Maßstabilität und Härte erreicht werden. Entscheidend sind hierbei die Wärmeleitfähigkeit des Pressenmaterials sowie dessen Fähigkeit, die Wärme aus dem Bauteil bis zum Abtransport durch eine Kühlung z.B. durch seine Masse zwischenzeitlich aufzunehmen, um die erforderlichen Abkühlgradienten zu erreichen. Um bei konventionellen martensitischen Werkstoffen (Vergütungsstahl/Werkzeugstahl) hohe Abkühlraten auch bis unterhalb Raumtemperatur sicherzustellen, ist es notwendig, die Gesenke/Formen dauerhaft zu schließen, um hinreichende Kühlraten zur Erzielung hoher Härten (> 550 HBW 10/3000) zu erreichen. Dies führt wegen der meist notwendigen Wasserkühlung der Formen, zu komplexen und schweren Warmformgesenken. Die Formen überhitzen bei großen Stückgewichten und hohem Durchsatz trotz Wasserkühlung meist sehr schnell, so dass die Anzahl der Teile pro Arbeitseinheit begrenzt ist (lange Taktzeit).
-
Zur weiteren Verarbeitung muss der Werkstoff noch angelassen werden, insbesondere wenn sein Kohlenstoffgehalt 0,2 Gew.-% überschreitet. Das Anlassen konventioneller martensitischer Werkstoffe (Vergütungsstahl/ Werkzeugstahl) muss unmittelbar nach der Abhärtung erfolgen, um Rissbildung und Stabilisierung von Restaustenit zu vermeiden. Daher können Bauteile, die abgehärtet sind und Härten von mehr als 450 HBW 10/3000 aufweisen, nicht für längere Zeit zwischengelagert werden. Bereits nach wenigen Minuten stabilisieren sich größere Mengen von Restaustenit und sind durch eine Anlassbehandlung im Bereich bis zu 260°C nicht mehr in Martensit wandelbar. Daraus resultieren Härteverluste. Zudem steigt die Rissgefahr mit zunehmender Härte überproportional, wenn nicht zeitnah angelassen wird.
-
Ein nachträgliches Trennen oder Fügen bedarf ebenfalls besonderer Maßnahmen. So können bei erhöhten Kohlenstoffgehalten (deutlich größer 0,2 Gew.-%) durch den thermischen Trennprozess Randrisse auftreten. Es muss daher nach der erfolgten Härtungs- und Anlassbehandlung mit thermisch neutralen, aufwändigen Trennverfahren wie WasserstrahlSchneiden gearbeitet werden.
-
Beim thermischen Fügen ist wegen der erhöhten Kohlenstoffgehalte von mehr als 0,2 Gew.-% (Vergütungsstahl/Werkzeugstahl) darauf zu achten, dass die Bauteile vorgewärmt werden, damit die Rissgefahr vermindert wird. Hierbei darf die Anlasstemperatur, zumeist im Bereich bis 260°C, nicht überschritten werden, da sonst die Bauteileigenschaften wie Härte verringert werden (Entfestigung).
-
Um einen Schutz gegen Entfestigung sicherzustellen, wird die Vorwärmtemperatur um 25°C geringer als die Anlasstemperatur gewählt. Je höher die Vorwärmtemperatur ist, desto geringer ist das Risiko eines Schweißrisses. Bauteile, die mit großem Wärmeeintrag thermisch gefügt werden (durch Metall-Inertgas-Schweißen MIG, Wolfram-Inertgas-Schweißen WIG, oder Metall-Aktivgas-Schweißen MAG), müssen daher vollständig vorgewärmt und „heiß“ manipuliert werden, damit man den Schweißvorgang sicher durchführen kann.
-
Für ein lokal begrenztes thermisches Fügen mit geringem Wärmeeintrag, z.B. zum Einbringen von Anbindepunkten für Interieurkomponenten, müssen lokale Schweißungen mit geringem Wärmeeintrag durch WiderstandsSchweißen oder Hubbolzenzündung von Gewindebolzen angebracht werden. Hierbei entstehen lokal sehr begrenzte unvermeidbare Mikroverletzungen und Spannungen in der Schweißzone der sehr harten Oberfläche (> 550 HBW 10/3000). Diese können bei nachfolgender Belastung und Beaufschlagung mit einem Kraftstoß leicht zum Durchreißen gebracht werden, wodurch das Bauteil im Beanspruchungsfall schneller versagen kann.
-
Es sind daher besondere Maßnahmen zu treffen, wie zum Beispiel das Einschweißen von Schweißplatten aus rissunempfindlichem Stahl mittels Fügetechniken wie MIG, WIG, MAG im vorgewärmten Zustand. Die Hubbolzenzündung kann dann an dieser vorgelagerten Stahlplatte ohne Verletzung der gehärteten Bauteiloberfläche stattfinden. Dies erfordert einen erheblichen Aufwand.
-
Der Vorteil der bekannten Verfahren ist die Nutzung kostengünstiger Werkstoffe (Vergütungsstahl/Werkzeugstahl). Nachteilig ist, dass die Werkzeugform durch den Abkühlprozess lange belegt ist, so dass pro Zeiteinheit nur geringe Stückzahlen herstellbar sind. Die Nachbearbeitung der umgeformten Platine bleibt jedoch aufgrund der hohen Härte weiter schwierig.
-
Die
DE 10 2004 006 093 B3 schlägt ein Verfahren zur Herstellung eines dreidimensional geformten Panzerungsbauteils für Fahrzeugkarosserien durch Herstellen von Blechformteilen aus härtbarem Stahl unter thermischer Vorbehandlung von Stahlplatinen vor. Dabei werden die Platinen wenigstens bis zum Erreichen des legierungsgehaltsabhängigen austenitischen oder teilaustenitischen Zustands aufgeheizt. Darauf folgt eine Pressformgebung und gegebenenfalls schließt sich eine Härte- bzw. Wärmebehandlung der geformten Panzerungsbauteile an, wobei das Warmumformen und das Abschreckhärten der Stahlplatinen in einem Arbeitsgang durchgeführt werden. Die austenitisierte Stahlplatine wird innerhalb einer Zeit von maximal 90 Sekunden mittels Presswerkzeug umgeformt und das umgeformte Bauteil im vollflächigen Kontakt mit dem Presswerkzeug gehalten, wobei die Abkühlung des umgeformten Bauteils im geschlossenen Presswerkzeug erfolgt und die Abkühlung des umgeformten Bauteils im geschlossenen Presswerkzeug mit einer mindestens der materialspezifischen kritischen Abkühlgeschwindigkeit entsprechenden Abkühlgeschwindigkeit erfolgt.
-
In den Ausführungsbeispielen der
DE 10 2004 006 093 B3 werden Stahlplatinen einer Dicke von 6,5 mm eingesetzt. Im ersten Beispiel weist die Stahlplatine folgende Gehalte an Legierungselementen auf: 0,5% C; 1,1 bis 1,3% Ni; 1,0 bis 1,5% Si; 0,5 bis 0,6% Mn oder 0,1 bis 0,5% Mo. Im zweiten Beispiel weist die Stahlplatine folgende Anteile an Legierungselementen auf: 0,25 bis 0,4% C; 0,0 bis 1,0% Ni; 0,2 bis 0,4% Si; 0,0 bis 2,0% Mn; 0,0 bis 0,55% Mo und 0,0 bis 1,1% Cr.
-
Die
DE 197 43 802 C2 beschreibt ein Verfahren zur Herstellung eines metallischen Formbauteils für Kraftfahrzeugkomponenten mit Bereichen höherer Duktilität. Hierbei wird eine Platine aus einer Stahllegierung bereitgestellt, die (in Gewichtsprozent) Kohlenstoff (C) 0,18% bis 0,3%; Silizium (Si) 0,1% bis 0,7%; Mangan (Mn) 1,0% bis 2,5%; Phosphor (P) maximal 0,025%; Chrom (Cr) 0,1% bis 0,8%; Molybdän (Mo) 0,1% bis 0,5%; Schwefel (S) maximal 0,01%; Titan (Ti) 0,02% bis 0,05%; Bor (B) 0,002% bis 0,005%; Aluminium (Al) 0,01% bis 0,06% enthält, wobei der Rest zu 100% Eisen einschließlich erschmelzungsbedingter Verunreinigungen ist. Die Legierung eignet sich hervorragend zum Warmformen und Härten. Für Panzerungszwecke müsste allerdings die Blechdicke so stark gewählt werden, dass der Einsatz der Legierung aus Gewichtsgründen weniger interessant ist.
-
Die
DE 10 2005 014 298 B4 schlägt ein Verfahren zum Panzern eines Fahrzeugs mit einem Bauteil aus gehärtetem Stahl vor. Zur Herstellung des Bauteils wird zunächst eine Platine aus ungehärtetem Panzerstahl mit einer Blechdicke von 4 bis 15 mm vor der Endformgebung auf eine Temperatur über den AC3 Punkt der Legierung erhitzt, das erhitzte Bauteil in einem Pressenwerkzeug in die Endform gebracht und gleichzeitig unter Verbleib in dem Pressenwerkzeug gehärtet. Das Bauteil wird ohne einen weiteren Umformschritt in das Fahrzeug zur Panzerung eingebaut. Das Verfahren der Warmformgebung mit Härten im Werkzeug führt aber nur dann zu den gewünschten ballistischen Eigenschaften, wenn die fertigen Bauteile deutlich höhere Härten als bisher verwendete konventionelle Stähle aufweisen. Das bedeutet, der eingesetzte Stahl muss generell vergütbar sein und gleichzeitig über ein hohes Maß an Durchhärtbarkeit verfügen.
-
Eine nach
DE 10 2005 014 298 B4 besonders vorteilhafte Stahllegierung für einen Panzerstahl weist (in Gewichtsprozent) 0,2 bis 0,4% Kohlenstoff; 0,3 bis 0,8% Silizium; 1,0 bis 2,5% Mangan; max. 0,02% Phosphor; max. 0,02% Schwefel; max. 0,05% Aluminium; max. 2% Kupfer; 0,1 bis 0,5% Chrom; max. 2% Nickel; 0,1 bis 1% Molybdän; 0,001 bis 0,01% Bor; 0,01 bis 1% Wolfram; max. 0,05 % Stickstoff auf, der Rest zu 100% sind Eisen und erschmelzungsbedingte Verunreinigungen. Die Stahllegierung besitzt eine Härte von bis zu 580 HV30.
-
Die
US 5 458 704 A offenbart einen warmgewalzten Panzerstahl, der (in Gewichtsprozent) 0,25 bis 0,32% C; 0,05 bis 0,75% Si; 0,10 bis 1,50% Mn; 0,90 bis 2,00% Cr; 0,10 bis 0,70% Mo; 1,20 bis 4,50% Ni; 0,01 bis 0,08% AI; maximal 0,015% P; maximal 0,005% S; und maximal 0,012% N enthält. Der Rest zu 100% sind Eisen und erschmelzungsbedingte Verunreinigungen. Dieser Stahl ist für Panzerungen mit einer Wanddicke von 50 mm und mehr vorgesehen.
-
DE 10 2008 010 168 B4 beschreibt die Verwendung einer Stahllegierung zum Panzern eines Fahrzeugs mit einem Bauteil aus gehärtetem Stahl. Das Bauteil wird auf eine Temperatur über den AC3 Punkt der Stahllegierung erwärmt und durch ein Abschrecken gehärtet. Die Stahllegierung enthält (in Gewichtsprozent) 0,35 bis 0,55% Kohlenstoff, 0,1 bis 2,5% Silizium, 0,3 bis 2,5% Mangan, maximal 0,05% Phosphor, maximal 0,01% Schwefel, maximal 0,08% Aluminium, maximal 0,5% Kupfer, 0,1 bis 2,0% Chrom, maximal 3,0% Nickel, maximal 1,0% Molybdän, maximal 2,0% Kobalt, 0,001 bis 0,005% Bor, 0,01 bis 0,08% Niob, maximal 0,4% Vanadium, maximal 0,02% Stickstoff, und maximal 0,2% Titan enthält. Der Rest zu 100% sind Eisen und erschmelzungsbedingte Verunreinigungen.
-
Aus der
DE 10 2007 039 993 A1 sind ein Strukturteil für eine Panzerung eines Fahrzeugs, vorzugsweise eine Panzerung der Beschussklasse FB7, und ein Verfahren zur Herstellung eines solchen Strukturteils bekannt. In dem Verfahren wird ein Stahlblech in einem Umformwerkzeug durch Warmumformung dreidimensional in die Form eines Strukturteils einer Fahrzeug-Panzerung geformt und nach der Warmumformung außerhalb des Werkzeugs auf eine Härte von wenigstens 56 HRC gehärtet, um ein dreidimensionales Strukturteil in seiner Endform zu erhalten.
-
Die Stahllegierung des Blechs weist vor dem Härten einen Kohlenstoffgehalt von 0,3 bis 0,8 Gew.-%, einen Mangangehalt von 0,2 bis 0,8 Gew.-%, einen Chromgehalt von 0,8 bis 3,0 Gew.-%, einen Nickelgehalt von 2,0 bis 10,0 Gew.-%, einen Siliziumgehalt von 0,1 bis 0,5 Gew.-%, einen Phosphorgehalt von höchstens 0,02 Gew.-% und einen Schwefelgehalt von höchstens 0,01 Gew.-% auf.
-
Auch die
DE 10 2008 014 914 A1 offenbart ein Strukturteil für eine Panzerung eines Fahrzeugs, vorzugsweise eine Panzerung der Beschussklasse FB7, und ein Verfahren zur Herstellung eines solchen Strukturteils. In dem Verfahren wird ein Stahlblech in einem Umformwerkzeug durch Warmumformung dreidimensional in die Form eines Strukturteils einer Fahrzeug-Panzerung geformt und nach der Warmumformung außerhalb des Werkzeugs auf eine Härte von wenigstens 56 HRC gehärtet, um ein dreidimensionales Strukturteil in seiner Endform zu erhalten. Das Strukturteil wird bei einer Temperatur von wenigstens 770°C tiefgezogen oder getieft. Das Blechhalbzeug kann ein einfaches Stahlblech oder ein Verbundblech sein. Das Verbundblech kann mehrere Schichten der gleichen Stahllegierung oder unterschiedlicher Stahllegierungen umfassen und insbesondere auch aus mehreren solchen Schichten bestehen.
-
Die Stahllegierung des Halbzeugs weist vor dem Härten einen Kohlenstoffgehalt von 0,3 bis 0,8 Gew.-%, einen Phosphorgehalt von höchstens 0,02 Gew.-% und einen Schwefelgehalt von höchstens 0,01 Gew.-% auf. Bevorzugte Legierungen weisen einen Mangangehalt von 0,15 bis 0,8 Gew.-% auf. In einer Variante beträgt der Chromgehalt der Legierung 0,8 bis 6,0 Gew.-%. In einer Variante weist die Legierung einen Nickelgehalt von 2,0 bis 10,0 Gew.-% auf. In einer weiteren Variante weist die Legierung einen Vanadiumgehalt von 0,3 bis 0,8 Gew.-% auf. Die Legierung kann auch 2 bis 4 Gew.-% Molybdän enthalten.
-
Das noch nicht gehärtete, bereits die Endform aufweisende Stahlblechteil wird nach dem Pressen noch eine gewisse Zeit unter Pressdruck in der Umformpresse gehalten, beispielsweise etwa 30 Sekunden, und anschließend aus der Presse genommen. Es sollte bei der Entnahme eine Temperatur von höchstens 500°C, bevorzugt höchstens 200°C aufweisen. Das geformte Stahlblechteil wird zum Härten in einen Vakuumofen verbracht. Im Ofen wird die erforderliche Härte eingestellt. Die Härte kann insbesondere so eingestellt werden, dass das Stahlblechteil nach dem Härten aus zwei Schichten besteht, eine Schicht mit einer Härte von wenigstens 58 HRC und die andere mit einer Härte von 53 bis unter 58 HRC.
-
Aus der
US 5 087 415 A ist eine sekundärhärtbare martensitische Stahllegierung mit hoher Zugfestigkeit und Bruchzähigkeit und guter Spannungskorrosions-Rissbeständigkeit unter Meerwasserbedingungen bekannt. Die Legierung enthält (in Gewichtsprozent): 0,20-0,33% Kohlenstoff, maximal 0,2% Mangan, maximal 0,1% Silicium, 2-4% Chrom, 10.5-15% Nickel, 0,75-1,75% Molybdän, 8-17% Kobalt, maximal 0,01% Aluminium, maximal 0,01% Titan. Der Rest zu 100% ist Eisen, abgesehen von Verunreinigungen, z.B. Spuren von jeweils bis zu etwa 0,001% Seltenerdmetalle, genauso wie nicht mehr als ca. 0,008% Phosphor und nicht mehr als ca. 0,004% Schwefel. Es wird auch ein Einsatz der Legierung für leichte Bewehrungen und geschoßsichere Bauteile vorgeschlagen.
-
Die
WO 2007 / 058 759 A1 offenbart eine sekundärhärtbare martensitische Stahllegierung mit sehr hoher Zugfestigkeit und guter Bruchzähigkeit, Duktilität und Ermüdungsbeständigkeit für stark beanspruchte Strukturbauteile im Automobilbau, z.B. Federn. Die Legierung enthält (in Gewichtsprozent): 0,30-0,36% Kohlenstoff, maximal 0,05% Mangan, maximal 0,05% Silicium, 1,3-3,2% Chrom, 10-13% Nickel, 1,0-2,7% Molybdän, 13,8-17,4% Kobalt, maximal 0,005% Aluminium, maximal 0,02% Titan, maximal 0,03% Cer, maximal 0,01% Lanthan. Der Rest zu 100% ist Eisen, abgesehen von Verunreinigungen, z.B. nicht mehr als ca. 0,01% Phosphor und nicht mehr als ca. 0,001% Schwefel.
-
Vor diesem Hintergrund hat sich die vorliegende Erfindung die Aufgabe gestellt, ein verbessertes Verfahren zur Herstellung von Bauteilen zur Panzerung von Fahrzeugen der Schutzklasse VR9 oder höher (nach VPAM-Richtlinie 2006) sowie entsprechende Bauteile mit verbesserten Eigenschaften bereitzustellen.
-
Die Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1 und ein Bauteil mit den Merkmalen des Anspruchs 9. Ausgestaltungen und Weiterbildungen der Erfindung ergeben sich aus den abhängigen Ansprüchen und der Beschreibung.
-
Gegenstand der Erfindung ist ein Verfahren zur Herstellung von Bauteilen für Panzerungen, insbesondere zur Panzerung von Fahrzeugen, worin eine bei einer Temperatur oberhalb AC1 austenitisierte Platine mit einer Dicke größer 3 mm aus einer Stahllegierung, welche
- a) 0,2 bis 0,4 Gew.-% Kohlenstoff,
- b) 2,0 bis 3,5 Gew.-% Chrom,
- c) 10 bis 15 Gew.-% Nickel,
- d) 0,75 bis 2,0 Gew.-% Molybdän,
- e) 8 bis 17 Gew.-% Kobalt enthält, und
worin erschmelzungsbedingte Verunreinigungen enthalten sein können und Eisen den Rest zu 100 Gew.-% ausmacht,
bei einer Temperatur größer AC1 in eine Pressform eingebracht und unter Pressdruck zu einem Bauteil umgeformt wird, dann das Bauteil bis zum Erreichen einer vorgegebenen Temperatur, die nicht kleiner ist als die Martensitstarttemperatur Ms, in der Form abgekühlt und anschließend entnommen wird.
-
Die im erfindungsgemäßen Verfahren eingesetzte Stahlplatine ist thermisch vorbehandelt. Die Vorbehandlung umfasst Austenitisieren und Lösen im Temperaturgebiet größer AC1. In einer Ausführungsform des Verfahrens erfolgt die Austenitisierung bei einer Temperatur im Bereich von 800°C bis 1000°C. Die Dauer der Vorbehandlung wird so gewählt, dass sie hinreichend zum Lösen der chemischen Bestandteile im Stahl ist. In einer Ausführungsform des Verfahrens beträgt die Dauer der Vorbehandlung 10 bis 180 Minuten.
-
In einer Ausführungsform des Verfahrens wird die heiße Platine nur kurz zum Umformen in ein nicht gekühltes Formwerkzeug, d.h. eine nicht aktiv gekühlte Pressform, eingebracht und nach einer Verweilzeit von 3-20 Sekunden wieder entnommen. Das Bauteil weist bei der Entnahme eine Temperatur auf, die nicht geringer ist als die Martensitstarttemperatur Ms. In einer Ausführungsform des Verfahrens weist das Bauteil bei der Entnahme eine Temperatur im Bereich von 150 bis 300°C auf. Aufgrund der verkürzten Kontaktzeiten der Pressformwerkzeuge brauchen diese keine zusätzliche Kühlung. Da die Werkzeugform jeweils nur sehr kurz belegt ist, ergeben sich ein höherer Durchsatz und ein geringerer Verschleiß.
-
In einer Ausführungsform des Verfahrens wird das Werkzeug maximal 10 s nach der Beaufschlagung mit Pressdruck geöffnet und das Formstück noch heiß (mit einer Temperatur unterhalb AC1, aber oberhalb Ms) aus der Form genommen. In einer Ausführungsform des Verfahrens liegt die Temperatur des Formstücks bei der Entnahme im Bereich von 750°C bis 550°C.
-
Die weitere Kühlung des Bauteils kann dann an Luft erfolgen, beispielsweise stehend in Gestellen. In einer Ausführungsform des Verfahrens wird das Bauteil extern kontrolliert auf Raumtemperatur abgekühlt, wodurch es den Zustand „halbhart“ erreicht. In einer Ausführungsform des Verfahrens werden Abkühlraten von mindestens 7 K/min eingehalten. Das erhaltene Bauteil weist eine Brinell-Härte von mindestens 400 HBW 10/3000 auf. Ein Verzug entsteht dabei kaum, weil im erfindungsgemäßen Verfahren nur wenig Martensit gebildet wird, welcher einen Verzug begünstigt. In einer Ausführungsform des Verfahrens wird das der Pressform entnommene Bauteil an Luft bis auf Raumtemperatur abgekühlt. In einer anderen Ausführungsform des Verfahrens wird das der Pressform entnommene Bauteil unter Stickstoff bis auf Raumtemperatur abgekühlt.
-
Im erfindungsgemäßen Verfahren wird das Bauteil einer gezielten Abschreckbehandlung unterzogen, sowohl in der Form als auch zum Teil an der Luft oder unter Stickstoffatmosphäre („gebrochene Härtung“). Dadurch werden die Bauteileigenschaften und die Prozesseffizienz signifikant verbessert. Auch können sehr große Querschnitte (>>10mm) vollständig durchgehärtet werden.
-
Durch die begrenzte Presszeit im Werkzeug werden eine hohe Produktivität und besonders gute Verhältnisse von Härte und Zähigkeit bzw. höchste ballistische Leistungen (VR9, VPAM9 oder höher) erreicht. Der Wärmeeintrag in das Werkzeug wird so stark verringert, dass die fertigbaren Lose sich in Abhängigkeit von Bauteilgewicht und Fläche um ein Vielfaches erhöhen (deutlich mehr als 100%). Aufgrund der verkürzten Kontaktzeiten der Pressformwerkzeuge brauchen diese in der Regel keine zusätzliche Kühlung mehr. Die verzögerte Abkühlung führt zu einem besseren Zähigkeitsverhalten bei gegebener Härte. Darüber hinaus werden die ballistischen Eigenschaften der Bauteile in einem solchen Maß erhöht, dass Gewichtseinsparungen bei Schutzbauteilen für die Beschussklasse VR9 (7,62 x 51 mm Nato, P80, Hartkern) von bis zu 30% möglich werden.
-
Die erfindungsgemäß eingesetzte Stahllegierung zeichnet sich aus durch eine Ausscheidungshärtung, welche im Vergleich 5-10fach geringere Maßänderungen als bei herkömmlichen martensitischen Stählen mit sich bringt (M2C-Ausscheidungshärtung). Zudem ist die Ausscheidungshärtung weitestgehend unabhängig von der Materialstärke. Damit können selbst Platinen mit Dicken von mehr als 10 mm verarbeitet werden, ohne dass das resultierende Bauteil geringere Härte oder ballistische Leistung zeigt. Zudem können die Aufmaße für Zuschnitte der Platinen gering gehalten werden. Die Formteile sind maßstabil und brauchen daher im Vergleich zu herkömmlichen martensitischen Stählen nur geringe Nachbearbeitungs-Zugaben.
-
Das Bauteil, also die halbharte umgeformte Platine kann anschließend weiterverarbeitet und abschließend angelassen und ausscheidungsgehärtet werden. Anders als bei vollmartensitischen Stählen erlaubt es der Zustand „halbhart“ der nach dem erfindungsgemäßen Verfahren erhaltenen Bauteile, diese auch stark zeitverzögert (nach mehreren Wochen oder Monaten) ohne Rissgefahr auszulagern bzw. anzulassen. Dagegen müssen Bauteile aus martensitischem Stahl ohne Sekundärhärtung umgehend angelassen werden, sonst läuft das Bauteil Gefahr, zu reißen.
-
Vor dem Anlassen können weitere Arbeitsschritte an den Bauteilen erfolgen, z.B. Reinigen, thermisches oder temperaturfreies Trennen, thermisches Fügen, Kaltumformen spanende Bearbeitung, usw. Besonders hervorzuheben ist, dass die erfindungsgemäß eingesetzte Stahllegierung im Gegensatz zu den klassischen martensitischen Stählen keine besonderen Maßnahmen zum Trennen (Wasserstrahlschneiden) oder beim Fügen (Vorwärmen) erforderlich macht.
-
Aufgrund der geringen Rissneigung des Werkstoffes können daher im Unterschied zu konventionellen martensitischen Werkstoffen die Zuschnitte oder Bauteile rissfrei z.B. mittels Laser- oder Plasmaschneidgeräten thermisch getrennt werden.
-
Die Formteile sind besonders maßstabil und brauchen nur geringe Nachbearbeitungs-Zugaben; ca. 40% des Zuschnittes werden eingespart. Die Menge an eingesetztem Grundmaterial kann dadurch deutlich verringert werden. Damit sinken die Material- und Prozesskosten signifikant.
-
Im Gegensatz zu Bauteilen aus herkömmlichen martensitischen Stählen behält ein erfindungsgemäß hergestelltes Bauteil seine Eigenschaften zur Aufnahme von Verformungsenergie bei Crash oder ballistischer Beaufschlagung auch nach dem thermischen Trennvorgang bei.
-
Auch ausgelagerte und angelassene Platinen und Formteile mit Brinell-Härten größer 400 HBW 10/3000 können rissfrei z.B. mittels Laser- oder Plasmaschneidgeräten thermisch getrennt werden.
-
Es ergibt sich auch die Möglichkeit, gehärtete und nicht angelassene oder ausgelagerte Platinen durch Kaltverformung zu bearbeiten, ohne die ballistischen Eigenschaften nach dem Auslagern zu verlieren.
-
In einer Ausführungsform des Verfahrens werden die Bauteile „rissfrei“ kaltumgeformt. Einfache Bauteile können im formlosen Biegeverfahren hergestellt werden. Der kleinste mögliche Biegeradius R6 erlaubt bis zu ca. 25° Biegewinkel, bezogen auf eine Plattendicke von 7mm im Zustand „halbhart“ und somit eine kostengünstigere Herstellung als durch Warmformgebung aufgrund des Wegfalls von Gesenken.
-
In einer Ausführungsform des Verfahrens wird das Bauteil anschließend zum Erlangen der vollen Härte im Temperaturbereich von 400 bis 500°C angelassen bzw. ausgelagert. Dadurch erreicht das Bauteil eine Brinell-Härte von mindestens 550 HBW 10/3000. Das erfindungsgemäße Verfahren erlaubt es, auch Bauteile mit sehr großen Querschnitten (>>10mm) vollständig zu härten.
-
Des Weiteren entfallen Sondermaßnahmen wie das Vorwärmen vor dem Schweißen von Baugruppen in voll gehärtetem oder halbhartem Zustand. Erfindungsgemäß hergestellte halbharte (gehärtete und nicht angelassene oder nicht ausgelagerte) Platinen und Formteile können rissfrei thermisch gefügt werden. Auch ausgelagerte und angelassene Platinen und Formteile können rissfrei thermisch gefügt werden.
-
Typische Fügetechniken sind MIG, MAG, WIG, Widerstands-, Laser- und Elektronenstrahlschweißen. Da die erfindungsgemäß eingesetzte Stahllegierung thermisch stabiler ist als die üblichen martensitisch härtbaren Werkstoffe, können thermische Fügeverfahren ohne Vorwärmen oder ggf. bis zur Auslagerungstemperatur problemlos angewendet werden. Aufgrund der geringen Rissneigung des Werkstoffes können die Fügeverfahren rissfrei angewendet werden.
-
In einer beispielhaften Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens wird eine aus der Stahllegierung gefertigte Platine 60 Minuten lang bei 970°C austenitisiert, in eine nicht wassergekühlte Pressform überführt und darin durch Anlegen eines Pressdrucks 3 bis 20 Sekunden lang umgeformt. Die Form wird dann entleert, wobei die Wärme im Bauteil verbleibt, welches dann kontrolliert an Luft oder unter Stickstoff auf Raumtemperatur abgekühlt wird.
-
In einer weiteren beispielhaften Variante des erfindungsgemäßen Verfahrens erfolgt der Rohzuschnitt einer Platine aus der Stahllegierung mittels Laser. Nach dem Warmumformen und Abkühlen erfolgt der finale Zuschnitt mittels Laser. Anschließend schließt sich ein Fügeschritt an, bevor das Bauteil ausgelagert wird, um seine Endhärte zu erreichen. Abschließend wird das Bauteil gereinigt.
-
In einer anderen beispielhaften Variante des erfindungsgemäßen Verfahrens wird das Bauteil kaltgeformt. Zunächst wird eine Platine aus der Stahllegierung mittels Laser auf die finalen Maße zugeschnitten und durch Biegen umgeformt. Es schließt sich ein Fügeschritt an, bevor das Bauteil ausgelagert wird, um seine Endhärte zu erreichen. Abschließend wird das Bauteil gereinigt.
-
Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren lassen sich 3-dimensionale Bauteile zur Panzerung von Fahrzeugen der Schutzklasse VR9 oder höher herstellen, die insbesondere eine hohe Widerstandfähigkeit gegen Hartkernmunition (7,62 x 51 mm Nato, P80, Hartkern) aufweisen. Die Bauteile eignen sich jedoch auch zum Stoppen anderer Munition. Über die Variation der Wanddicke können sowohl die Anforderungen niedrigerer als auch höherer Beschussklassen erfüllt werden. Die Formteile sind trotzdem maßstabil und brauchen nur geringe Nachbearbeitungszugaben. Weitere Vorteile und Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus der Beschreibung.
-
Gegenstand der Erfindung ist auch ein nach dem erfindungsgemäßen Verfahren erhältliches Bauteil zur Panzerung von Fahrzeugen der Schutzklasse VR9 (7,62 x 51 mm Nato, P80, Hartkern) oder höher (nach VPAM-Richtlinie 2006). Das Bauteil weist eine Brinell-Härte von mindestens 550 HBW 10/3000 auf, bevorzugt mindestens 600 HBW 10/3000. Das Bauteil ist temperaturstabil und behält seine Festigkeit auch nach Wiedererreichen der Ausscheidungstemperatur im Betrieb und Rückkühlung auf Raumtemperatur bei. Dies macht es unempfindlich gegen thermische Einflüsse.
-
In einer Ausführungsform weist das Bauteil eine Wanddicke von mehr als 3 mm auf. In einer weiteren Ausführungsform weist das Bauteil eine Wanddicke von mehr als 10 mm auf.
-
Das erfindungsgemäße Bauteil besteht aus einer Stahllegierung, welche
- a) 0,2 bis 0,4 Gew.-% Kohlenstoff,
- b) 2,0 bis 3,5 Gew.-% Chrom,
- c) 10 bis 15 Gew.-% Nickel,
- d) 0,75 bis 2,0 Gew.-% Molybdän,
- e) 8 bis 17 Gew.-% Kobalt enthält, und
worin erschmelzungsbedingte Verunreinigungen enthalten sein können und Eisen den Rest zu 100 Gew.-% ausmacht.
-
In einer Ausführungsform weist das Bauteil eine Wanddicke auf, die um 30% geringer ist als die Wanddicke einer Panzerung gleicher Schutzwirkung aus martensitischem Stahl.
-
Die verbesserten mechanischen Eigenschaften des erfindungsgemäßen Bauteils erlauben die Reduktion der Dicke einer Fahrzeugpanzerung um bis zu 30% bei gleicher Schutzwirkung.
-
Es versteht sich, dass die voranstehend genannten Merkmale nicht nur in der jeweils angegebenen Kombination, sondern auch in anderen Kombinationen oder in Alleinstellung verwendbar sind, ohne den Rahmen der vorliegenden Erfindung zu verlassen.