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Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine entsprechende Steuereinheit zur Ermittlung und/oder zur Schätzung eines aktuellen Wertes eines Modellparameters eines fahrdynamischen Modells eines Fahrzeugs. Des Weiteren betrifft die Erfindung die Steuerung und/oder die Regelung der Fahrdynamik eines Fahrzeugs.
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Ein Fahrzeug weist typischerweise ein oder mehrere Systeme zur Steuerung und/oder Regelung der Fahrdynamik des Fahrzeugs auf. Derartige Fahrdynamiksysteme, wie z.B. ABS (Antiblockiersystem), ASR (Antriebsschlupfregelung), ESP (elektronisches Stabilitätsprogramm), CDC (Continuous Damper Control), ARC (Active Roll Control), etc., führen automatische Eingriffe an einer Bremsvorrichtung, einer Antriebsvorrichtung, einer Lenkvorrichtung und/oder einer Feder-Dämpfer-Vorrichtung des Fahrzeugs durch, um einen stabilen und/oder komfortablen Fahrbetrieb des Fahrzeugs zu ermöglichen.
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Ein Fahrdynamiksystem verwendet typischerweise ein fahrdynamisches Fahrzeug-Modell, insbesondere ein Einspurmodell, des Fahrzeugs, um den Zeitpunkt, das Ausmaß und/oder die Form eines automatischen Eingriffs zu bestimmen. Dabei weist das fahrdynamische Fahrzeug-Modell ein oder mehrere Modellparameter auf, durch die das fahrdynamische Verhalten des Fahrzeugs beschrieben wird. Insbesondere kann das Fahrzeug-Modell zumindest einen Parameter aufweisen, durch den das Eigenlenkverhalten des Fahrzeugs beschrieben wird bzw. durch den beschrieben wird, wie stark das Fahrzeug auf eine Lenkbewegung reagiert. Ein derartiger Modellparameter ist die charakteristische Geschwindigkeit des Fahrzeugs.
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Die ein oder mehrere Modellparameter des Fahrzeug-Modells, insbesondere ein lenkungsrelevanter Modellparameter, können sich während des Betriebs des Fahrzeugs verändern, z.B. aufgrund von Änderungen des Beladungszustands des Fahrzeugs, aufgrund von Änderungen der Temperatur der Reifen des Fahrzeugs, aufgrund eines Reifenwechsels, etc.
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Das vorliegende Dokument befasst sich mit der technischen Aufgabe, einen aktuellen Wert eines Modellparameters, insbesondere eines lenkungsrelevanten Modellparameters, eines Fahrzeug-Modells eines Fahrzeugs in effizienter, präziser und zeitnaher Weise zu ermitteln.
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Die Aufgabe wird durch jeden der unabhängigen Ansprüche gelöst. Vorteilhafte Ausführungsformen werden u.a. in den abhängigen Ansprüchen beschrieben. Es wird darauf hingewiesen, dass zusätzliche Merkmale eines von einem unabhängigen Patentanspruch abhängigen Patentanspruchs ohne die Merkmale des unabhängigen Patentanspruchs oder nur in Kombination mit einer Teilmenge der Merkmale des unabhängigen Patentanspruchs eine eigene und von der Kombination sämtlicher Merkmale des unabhängigen Patentanspruchs unabhängige Erfindung bilden können, die zum Gegenstand eines unabhängigen Anspruchs, einer Teilungsanmeldung oder einer Nachanmeldung gemacht werden kann. Dies gilt in gleicher Weise für in der Beschreibung beschriebene technische Lehren, die eine von den Merkmalen der unabhängigen Patentansprüche unabhängige Erfindung bilden können.
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Gemäß einem Aspekt wird ein Verfahren zum Ermitteln eines aktuellen Wertes eines Modellparameters eines fahrdynamischen Fahrzeug-Modells eines Fahrzeugs beschrieben. Des Weiteren kann das Verfahren darauf ausgerichtet sein, eine Fahrzeugfunktion, z.B. eine Regelung der Fahrdynamik des Fahrzeugs, bereitzustellen, in der der jeweils aktuelle Wert des Modellparameters verwendet wird. Das Verfahren kann im Betrieb des Fahrzeugs durch eine Steuereinheit des Fahrzeugs ausgeführt werden.
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Das Fahrzeug kann ein mehrspuriges, insbesondere ein zweispuriges, Fahrzeug sein. Das Fahrzeug-Modell kann ein (lineares) Einspurmodell des Fahrzeugs umfassen. Beispielsweise kann das Fahrzeug-Modell eingerichtet sein, mittels einer Übertragungsfunktion einen Schwimmwinkel und/oder eine Gierrate des Fahrzeugs in Abhängigkeit von einem Lenkwinkel des Fahrzeugs zu ermitteln. Dabei kann die Übertragungsfunktion durch mehrere Modellparameter beschrieben sein. Das Fahrzeug-Modell kann somit das Fahrverhalten des Fahrzeugs (insbesondere in Bezug auf die Querführung des Fahrzeugs) anhand von ein oder mehreren Modellparametern beschreiben.
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Ein Modellparameter kann derart sein, dass sich der Wert des Modellparameters während des Betriebs des Fahrzeugs verändern kann. Insbesondere kann der Wert des Modellparameters von der Temperatur, dem Zustand und/oder dem Typ von Reifen des Fahrzeugs abhängen. Alternativ oder ergänzend kann der Wert des Modellparameters von dem Beladungszustand des Fahrzeugs abhängen. Als Folge daraus kann es für die Bereitstellung einer Fahrzeugfunktion an einem bestimmten Zeitpunkt erforderlich bzw. vorteilhaft sein, jeweils den aktuellen Wert des Modellparameters für den bestimmten Zeitpunkt zu verwenden.
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Ein Modellparameter kann das Eigenlenkverhalten des Fahrzeugs beschreiben. Mit anderen Worten, bei dem Modellparameter kann es sich um einen lenkungsrelevanten Modellparameter handeln. Insbesondere kann der Modellparameter die Empfindlichkeit des Fahrzeugs auf eine Lenkwinkeländerung beschreiben. Beispielsweise kann der Modellparameter die Fahr- bzw. Längsgeschwindigkeit des Fahrzeugs anzeigen, bei der das Fahrzeug eine relativ hohe, z.B. eine maximal hohe, Empfindlichkeit in Bezug auf eine Lenkwinkeländerung aufweist. Alternativ oder ergänzend kann der Modellparameter die Fahr- bzw. Längsgeschwindigkeit anzeigen, bei der das Fahrzeug eine relativ hohe, insbesondere eine maximale, Gierverstärkung aufweist. Dabei kann die Gierverstärkung das Verhältnis aus Schwimmwinkel und Lenkwinkel anzeigen. Insbesondere kann der Modellparameter die charakteristische Geschwindigkeit des Fahrzeugs anzeigen oder von der charakteristischen Geschwindigkeit des Fahrzeugs abhängen.
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Das Verfahren umfasst das Ermitteln einer zeitlichen Sequenz von Werten von zumindest einer Messgröße in Bezug auf den fahrdynamischen Zustand des Fahrzeugs. Insbesondere kann das Verfahren umfassen, das Ermitteln einer Mehrzahl von zeitlichen Sequenzen von Werten von einer entsprechenden Mehrzahl von Messgrößen in Bezug auf den fahrdynamischen Zustand des Fahrzeugs. Die ein oder mehreren zeitlichen Sequenzen können den Wert der jeweiligen Messgröße als Funktion der Zeit anzeigen. Eine zeitliche Sequenz von Werten kann somit Werte für eine entsprechende Sequenz von Zeitpunkten anzeigen. Direkt benachbarte Zeitpunkte können dabei äquidistant zueinander sein.
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Die ein oder mehreren Messgrößen können derart sein, dass aktuelle Werte der Messgrößen durch ein oder mehrere Sensoren des Fahrzeugs erfasst werden können. Durch die aktuellen Werte der Messgrößen kann z.B. der fahrdynamische Ist-Zustand des Fahrzeugs beschrieben werden. Beispielhafte Messgrößen sind: eine Beschleunigung des Fahrzeugs, insbesondere die Längs- und/oder Querbeschleunigung des Fahrzeugs; eine Drehrate um eine Achse des Fahrzeugs, insbesondere die Gierrate, die Nickrate und/oder die Wankrate; die Längsgeschwindigkeit des Fahrzeugs; und/oder ein Lenkwinkel des Fahrzeugs, insbesondere der Lenkwinkel der Vorderachse und/oder der Hinterachse des Fahrzeugs bzw. der Effektivlenkwinkel des Fahrzeugs. Insbesondere kann eine Messgröße ein Moment und/oder eine Kraft anzeigen, die auf die Lenkung des Fahrzeugs bewirkt wird. Beispielsweise kann eine Messgröße das Lenkradmoment an dem Lenkrad des Fahrzeugs umfassen. Alternativ oder ergänzend kann eine Messgröße die an der Zahnstange der Lenkung des Fahrzeugs bewirkte Kraft auf die Vorderrad- und/oder Hinterradlenkung anzeigen. Diese Information kann z.B. auf Basis von Sensordaten in Verbindung mit einem mathematischen Modell ermittelt werden.
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Des Weiteren umfasst das Verfahren das Ermitteln einer ersten Sequenz von ersten gefilterten Werten durch Filtern der Sequenz von Werten mit einem ersten Filter. Außerdem umfasst das Verfahren das Ermitteln einer zweiten Sequenz von zweiten gefilterten Werten durch Filtern der Sequenz von Werten mit einem zweiten Filter.
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Insbesondere kann das Verfahren umfassen, das Ermitteln einer Mehrzahl von ersten Sequenzen von ersten gefilterten Werten durch Filtern der entsprechenden Mehrzahl von Sequenzen von Werten mit jeweils einem ersten Filter, sowie das Ermitteln einer Mehrzahl von zweiten Sequenzen von zweiten gefilterten Werten durch Filtern der entsprechenden Mehrzahl von Sequenzen von Werten mit jeweils einem zweiten Filter.
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Ein erstes Filter und/oder ein zweites Filter können jeweils ein Moving Average Filter und/oder ein Tiefpass-Filter sein bzw. umfassen. Dabei sind das erste Filter und das zweite Filter, die zur Filterung der Sequenz von Werten für jeweils eine Messgröße verwendet werden, unterschiedlich. Insbesondere kann das erste Filter eine niedrigere Grenz- oder CutOff-Frequenz aufweisen als das zweite Filter.
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Es können somit für ein oder mehrere Messgrößen jeweils zwei oder mehr unterschiedlich gefilterte Sequenzen von Werten bereitgestellt werden. Durch die unterschiedlich gefilterten Sequenzen von Werten können Effekte und/oder Informationen der jeweiligen Messgröße in unterschiedlichen Frequenzbereichen extrahiert und/oder bereitgestellt werden.
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Das Verfahren umfasst ferner das Ermitteln eines aktuellen Wertes des Modellparameters mithilfe eines angelernten neuronalen Netzes. Das neuronale Netz umfasst dabei zumindest einen Eingabe-Knoten für einen ersten gefilterten Wert für jede der ein oder mehreren Messgrößen und zumindest einen Eingabe-Knoten für einen zweiten gefilterten Wert für jede der ein oder mehreren Messgrößen. Des Weiteren umfasst das neuronale Netz zumindest einen Ausgabe-Knoten für den aktuellen Wert des Modellparameters.
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Das neuronale Netz kann mehrere Schichten mit Neuronen umfassen, wobei eine Schicht K Neuronen umfasst, z.B. mit K=5, 8, 9, 10 oder mehr. Des Weiteren kann das neuronale Netz ein zumindest teilweise rekurrentes Netz sein. Ferner kann das neuronale Netz 20, 30 oder mehr Eingabe-Knoten umfassen. Die Parameter (insbesondere die Gewichte und/oder die Offests bzw. Bias-Werte) können im Vorfeld zu der Nutzung des neuronalen Netzes auf Basis von Trainings-Datensätzen angelernt worden sein.
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Die Eingabe-Knoten des neuronalen Netzes (z.B. für ein oder mehrere gefilterte Werte von ein oder mehreren Messgrößen und/oder für ein oder mehrere Zwischengrößen) können zumindest teilweise in unterschiedlichen Schichten des neuronalen Netzes angeordnet sein. Insbesondere können ein oder mehrere Eingabe-Knoten in einer Eingabeschicht bzw. in einer ersten Schicht des neuronalen Netzes angeordnet sein. Des Weiteren können ein oder mehreren Eingabe-Knoten in einer verdeckten Schicht des neuronalen Netzes angeordnet sein. Durch die Anordnung von Eingabe-Knoten in unterschiedlichen Schichten eines neuronalen Netzes kann die Genauigkeit des ermittelten Wertes des Modellparameters weiter erhöht werden.
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Das neuronale Netz kann derart angelernt worden sein, dass durch das neuronale Netz eine Formel zur Berechnung eines Wertes des Modellparameters nachgebildet wird. Dabei kann das neuronale Netz derart sein, dass das neuronale Netz (nur dann) präzise Werte des Modellparameters bereitstellt, wenn der fahrdynamische Zustand des Fahrzeugs ein oder mehrere Netz-Bedingungen erfüllt. Andererseits kann die Formel derart sein, dass die Formel (nur dann) präzise Werte des Modellparameters bereitstellt, wenn der fahrdynamische Zustand des Fahrzeugs ein oder mehrere Formel-Bedingungen erfüllt. Dabei kann das neuronale Netz derart sein, dass bei einem typischen Betrieb des Fahrzeugs die ein oder mehreren Netz-Bedingungen häufiger (z.B. um den Faktor 10 oder mehr, oder 100 oder mehr mal häufiger) erfüllt sind als die ein oder mehreren Formel-Bedingungen.
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Durch die Verwendung eines angelernten neuronalen Netzes kann ein aktueller Wert des Modellparameters in effizienter, präziser und zeitnaher Weise auf Basis der aktuellen Werte der Messgrößen ermittelt werden. Insbesondere kann dabei die Häufigkeit, mit der aktuelle Werte des Modellparameters bereitgestellt werden können, gegenüber der Verwendung einer Formel zur Berechnung eines Wertes des Modellparameters erhöht sein (weil die ein oder mehreren Netz-Bedingungen für die Anwendbarkeit des neuronalen Netzes häufiger erfüllt sind als die ein oder mehreren Formel-Bedingungen für die Anwendbarkeit der Formel). Dies kann durch ein entsprechendes Anlernen des neuronalen Netzes gewährleistet werden. Ferner kann durch die Bereitstellung von unterschiedlich gefilterten Sequenzen von Werten von ein oder mehreren Messgrößen die Güte der bereitgestellten Werte des Modellparameters erhöht werden.
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Die zur Filterung der Sequenz verwendeten ein oder mehreren ersten Filter und/oder ein oder mehreren zweiten Filter können mittels (jeweils) eines neuronalen Netzes implementiert sein. Dabei können die ein oder mehreren neuronalen Netze im Vorfeld angelernt worden sein, z.B. um eine bestimmte Fehlerfunktion für die Güte des bereitgestellten Wertes des Modellparameters zu reduzieren, insbesondere zu minimieren. So kann die Qualität der Schätzung eines Wertes des Modellparameters weiter erhöht werden.
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Das Verfahren kann an einer Sequenz von Zeitpunkten wiederholt werden. Insbesondere kann wiederholt für jeweils einen aktuellen Zeitpunkt einer Sequenz von Zeitpunkten ein jeweils aktueller erster gefilterter Wert der ersten Sequenz und ein jeweils aktueller zweiter gefilterter Wert der zweiten Sequenz (für die ein oder mehreren Messgrößen) an den jeweiligen Eingangs-Knoten des neuronalen Netzes übergeben werden. Des Weiteren kann wiederholt für jeweils einen aktuellen Zeitpunkt der Sequenz von Zeitpunkten der jeweils aktuelle Wert des Modellparameters als Wert des Ausgabe-Knotens des neuronalen Netzes ermittelt werden. Durch das iterative Wiederholen des Verfahrens kann in präziser Weise eine zeitliche Sequenz von Werten des Modellparameters ermittelt werden.
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Das neuronale Netz kann zumindest eine Verknüpfungs-Schicht umfassen, die eingerichtet ist, eine Vielzahl von Eingangs-Knoten des neuronalen Netzes auf eine reduzierte Anzahl von Zwischen-Knoten abzubilden. Dabei kann die Verknüpfungs-Schicht insbesondere eine voll-vernetzte Schicht von Neuronen bzw. einen fully connected layer umfassen. Des Weiteren kann das neuronale Netz ein rekurrentes Netz aufweisen, das insbesondere ein oder mehrere Long short-term memory Neuronen umfasst, wobei das rekurrente Netz eingerichtet ist, die Zwischen-Knoten auf den Ausgabe-Knoten abzubilden. Durch die Kombination einer Verknüpfungs-Schicht mit einem anschließenden rekurrenten Netz kann in besonders effizienter Weise ein präziser Wert des Modellparameters ermittelt werden.
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Wie bereits oben dargelegt, kann ein Wert des Modellparameters ggf. mittels einer Formel aus Werten zumindest eines Teils der Mehrzahl von Messgrößen berechnet werden, wenn ein oder mehrere Formel-Bedingungen in Bezug auf den fahrdynamischen Zustand des Fahrzeugs erfüllt sind. Es kann ein Formel-Zeitpunkt als ein Zeitpunkt definiert werden, an dem die ein oder mehreren Formel-Bedingungen in Bezug auf den fahrdynamischen Zustand des Fahrzeugs zur Anwendung der Formel erfüllt sind. Während der Fahrt eines Fahrzeugs können somit die ein oder mehreren Formel-Zeitpunkte identifiziert werden, an denen die Formel zur Berechnung des jeweils aktuellen Wertes des Modellparameters anwendbar sind. Es kann dann an den ein oder mehreren Formel-Zeitpunkten mittels der Formel der jeweils aktuelle Wert des Modellparameters berechnet (und ggf. im Fahrzeug verwendet) werden.
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Es kann angenommen werden, dass in einem begrenzten Zeitfenster um einen Formel-Zeitpunkt keine wesentliche Veränderung des Wertes des Modellparameters erfolgt (z.B. 10 Minuten vor und/oder 10 Minuten nach dem Formel-Zeitpunkt). Dieses begrenzte Zeitfenster kann dann dazu verwendet werden, Trainings-Datensätze zum Anlernen des neuronalen Netzes zu ermitteln. Dabei kann ein Trainings-Datensatz für einen Zeitpunkt aus dem Zeitfenster einerseits Werte der Mehrzahl von Messgrößen an dem jeweiligen Zeitpunkt und anderseits den mittels der Formel für den Formel-Zeitpunkt berechneten (Referenz-) Wert des Modellparameters umfassen. Für eine Vielzahl von unterschiedlichen Zeitpunkten aus dem Zeitfenster kann dann eine entsprechende Vielzahl von Trainings-Datensätzen ermittelt werden (z.B. 100 oder mehr, oder 1000 oder mehr, oder 10000 oder mehr Trainings-Datensätze). Das neuronale Netz kann auf Basis der Vielzahl von Trainings-Datensätzen aus dem begrenzten Zeitfenster um einen Formel-Zeitpunkt angelernt werden und/oder angelernt worden sein. So kann in effizienter Weise ein präzises und robustes neuronales Netz zur Ermittlung von aktuellen Werten des Modellparameters (auch an Zeitpunkten außerhalb der Zeitfenster um einzelne Formel-Zeitpunkte) bereitgestellt werden.
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Alternativ oder ergänzend können Trainings-Datensätze auf Basis von Simulationsdaten von dynamischen Fahrten von Fahrzeugen ermittelt werden (z.B. von unterschiedlichen Fahrzeug-Typen). Zur Erstellung der Simulationsdaten kann ein Simulationsmodell (z.B. in Form eines Software Programms) eines Fahrzeugs bzw. Fahrzeug-Typs verwendet werden. Das Simulationsmodell kann eingerichtet sein, Simulationswerte für die einzelnen Messgrößen bereitzustellen. Des Weiteren kann das Simulationsmodell eingerichtet sein, einen Simulationswert des Modellparameters bereitzustellen. So können in effizienter Weise Trainings-Datensätze zum Anlernen des neuronalen Netzes bereitgestellt werden.
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Das Verfahren kann das Berechnen von aktuellen Werten von ein oder mehreren Zwischengrößen umfassen. Dabei kann der aktuelle Werte einer Zwischengröße auf Basis der aktuellen Werte von zwei oder mehr Messgrößen der Mehrzahl von Messgrößen ermittelt werden. Beispielhafte Zwischengrößen sind: zumindest einen anhand der Formel für den Modellparameter berechneten Schätzwert des Modellparameters; und/oder eine Gierverstärkung des Fahrzeugs. Das neuronale Netz kann dann ein oder mehrere Eingabe-Knoten für die ein oder mehreren Zwischengrößen umfassen. Durch die Vorberechnung von ein oder mehreren Zwischengrößen (die ggf. unterschiedliche gefiltert werden können, wie oben dargelegt) und durch die Verwendung der ein oder mehreren Zwischengrößen (bzw. mehrerer unterschiedlich gefilterter Werte einer Zwischengröße) als Eingangsgrößen des neuronalen Netzes können die Effizienz und die Genauigkeit des neuronalen Netzes erhöht werden.
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Das Verfahren kann das Ermitteln eines Wertes einer Dimensionsgröße des Fahrzeugs umfassen. Dabei kann die Dimensionsgröße ein für die Fahrdynamik des Fahrzeugs relevantes statisches Merkmal des Fahrzeugs beschreiben. Beispielsweise kann die Dimensionsgröße den Radstand des Fahrzeugs anzeigen. Das neuronale Netz kann dann zumindest einen Eingabe-Knoten für die Dimensionsgröße umfassen. Durch die Berücksichtigung von ein oder mehreren Dimensionsgrößen kann ein neuronales Netz angelernt und bereitgestellt werden, das auf unterschiedliche Fahrzeug-Typen (mit unterschiedlichen Werten der ein oder mehreren Dimensionsgrößen) anwendbar ist. Des Weiteren kann durch die Berücksichtigung von ein oder mehreren Dimensionsgrößen die Genauigkeit der ermittelten Werte des Modellparameters erhöht werden.
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Das Verfahren kann das Ermitteln von mehreren Werten zumindest einer Messgröße der Mehrzahl von Messgrößen an mehreren unterschiedlichen Zeitpunkten umfassen (z.B. aus einem Zeitraum von 0-400ms vor dem aktuellen Zeitpunkt). Dabei können z.B. mehrere erste gefilterte und/oder zwei gefilterte Werte an mehreren unterschiedlichen Zeitpunkten verwendet werden. Das neuronale Netz kann dann mehrere Eingabe-Konten für die (ggf. unterschiedlich gefilterten) Werte der Messgröße an den mehreren unterschiedlichen Zeitpunkten umfassen. Alternativ oder ergänzend kann das neuronale Netz Verzögerungseinheiten zur Zwischenspeicherung der Werte der Messgröße an den unterschiedlichen Zeitpunkten umfassen. Durch die Berücksichtigung der Werte einer Messgröße an einer Sequenz von unterschiedlichen Zeitpunkten können dynamische Einflüsse auf den Wert des Modellparameters berücksichtigt werden. So kann die Genauigkeit der ermittelten Werte des Modellparameters erhöht werden.
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Wie bereits oben dargelegt, kann die Anwendbarkeit des neuronalen Netzes darauf beschränkt sein, dass der fahrdynamische Zustand ein oder mehrere Netz-Bedingungen erfüllt. Die ein oder mehreren Netz-Bedingungen können im Rahmen einer Verifikation des neuronalen Netzes ermittelt werden. Dabei können im Rahmen der Verifikation die fahrdynamischen Zustände identifiziert werden, für die das neuronale Netz keine ausreichend genauen Werte des Modellparameters liefert. Die identifizierten Zustände können dann durch ein oder mehrere Netz-Bedingungen beschrieben werden.
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Das Verfahren kann das Überprüfen, auf Basis der aktuellen Werte der Mehrzahl von Messgrößen, umfassen, ob die ein oder mehrere Netz-Bedingungen für die Ermittlung des aktuellen Wertes des Modellparameters mithilfe des neuronalen Netzes erfüllt sind oder nicht. Der aktuelle Werte des Modellparameters kann ggf. nur dann mithilfe des neuronalen Netzes ermittelt (und im Rahmen einer Fahrzeugfunktion verwendet) werden, wenn die ein oder mehreren Netz-Bedingungen erfüllt sind. Andererseits kann ggf. ein zuvor ermittelter Wert des Modellparameters weiterhin von der Fahrzeugfunktion verwendet werden. So kann die Genauigkeit der bereitgestellten Werte des Modellparameters weiter erhöht werden.
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Wie bereits oben dargelegt, kann im Rahmen des Verfahrens eine Sequenz von Werten des Modellparameters an einer Sequenz von Zeitpunkten ermittelt werden (jeweils mithilfe des neuronalen Netzes). Die Sequenz von Werten kann dann mittels eines (Tiefpass-Filters) gefiltert werden, um eine Sequenz von gefilterten Werten des Modellparameters bereitzustellen. Die Sequenz von gefilterten Werten kann dann in einer Fahrzeugfunktion verwendet werden. Durch die Filterung kann ein Rauschen der ermittelten Werte des Modellparameters reduziert werden.
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Der ermittelte Wert des Modellparameters kann zur Bereitstellung einer Fahrzeugfunktion verwendet werden. Dabei kann die Fahrzeugfunktion insbesondere eine Fahrdynamikregelung des Fahrzeugs umfassen. Das Verfahren kann daher das Eingreifen in die Fahrdynamik des Fahrzeugs in Abhängigkeit von dem ermittelten Wert des Modellparameters umfassen. So können der Komfort und die Sicherheit eines Fahrzeugs erhöht werden.
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Gemäß einem weiteren Aspekt wird eine Steuereinheit für ein Fahrzeug beschrieben. Die Steuereinheit kann eingerichtet sein, eine zeitliche Sequenz von Werten von zumindest einer Messgröße in Bezug auf einen fahrdynamischen Zustand des Fahrzeugs zu ermitteln. Des Weiteren kann die Steuereinheit eingerichtet sein, eine erste Sequenz von ersten gefilterten Werten durch Filtern der Sequenz von Werten mit einem ersten Filter zu ermitteln, und eine zweite Sequenz von zweiten gefilterten Werten durch Filtern der Sequenz von Werten mit einem zweiten Filter zu ermitteln, wobei das erste Filter und das zweite Filter unterschiedlich sind. Ferner kann die Steuereinheit eingerichtet sein, einen aktuellen Wert des Modellparameters mithilfe eines angelernten neuronalen Netzes zu ermitteln, wobei das neuronale Netz zumindest einen Eingabe-Knoten für einen ersten gefilterten Wert der ersten Sequenz und zumindest einen Eingabe-Knoten für einen zweiten gefilterten Wert der zweiten Sequenz und zumindest einen Ausgabe-Knoten für den aktuellen Wert des Modellparameters aufweist.
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Gemäß einem weiteren Aspekt wird ein Verfahren zum Anlernen eines neuronalen Netzes beschrieben, wobei das neuronale Netz für jeden einer Mehrzahl von Messgrößen jeweils zumindest einen Eingabe-Knoten und für einen Modellparameter eines fahrdynamischen Fahrzeug-Modells eines Fahrzeugs zumindest einen Ausgabe-Knoten aufweist. Das neuronal Netz kann die oben dargelegte Struktur aufweisen. Der Modellparameter kann derart sein, dass ein (korrekter) Wert des Modellparameters mittels einer Formel aus Werten zumindest eines Teils der Mehrzahl von Messgrößen berechnet werden kann, (ggf. nur dann) wenn ein oder mehrere Formel-Bedingungen in Bezug auf den fahrdynamischen Zustand des Fahrzeugs erfüllt sind. Dabei kann als Formel-Zeitpunkt ein Zeitpunkt definiert werden, an dem die ein oder mehreren Formel-Bedingungen in Bezug auf den fahrdynamischen Zustand des Fahrzeugs zur Anwendung der Formel erfüllt sind.
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Das Verfahren umfasst das Ermitteln einer Vielzahl von Trainings-Datensätzen, wobei die Trainings-Datensätze bevorzugt aus einem begrenzten Zeitfenster um einen Formel-Zeitpunkt ermittelt werden. Dabei kann die Vielzahl von Trainings-Datensätzen für eine entsprechende Vielzahl von Zeitpunkten aus dem Zeitfenster ermittelt werden. Ein Trainings-Datensatz für einen bestimmten Zeitpunkt aus dem Zeitfenster kann dann jeweils einerseits Werte der Mehrzahl von Messgrößen an dem bestimmten Zeitpunkt und anderseits den mittels der Formel für den Formel-Zeitpunkt berechneten Wert des Modellparameters, der auch als Referenzwert bezeichnet wird, umfassen. Außerdem umfasst das Verfahren das Anlernen des neuronalen Netzes anhand der Vielzahl von Trainings-Datensätzen.
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Dabei kann das neuronale Netz unter Verwendung einer Fehlerfunktion angelernt werden, die nur Abweichungen von dem jeweiligen Referenzwert des jeweiligen Trainings-Datensatzes bestraft, die betraglich größer als ein Abweichungs-Schwellenwert sind. So können die Robustheit und/oder die Genauigkeit der durch das neuronale Netz bereitgestellten Schätzwerte des Modellparameters erhöht werden.
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Die Formel zur Berechnung des Modellparameters kann ausgebildet sein, den Referenzwert des Modellparameters mit einer bestimmten Genauigkeit und/oder Konfidenz zu ermitteln. Der Abweichungs-Schwellenwert kann dann von der Genauigkeit und/oder der Konfidenz abhängen. Insbesondere kann der Abweichungs-Schwellenwert mit steigender Genauigkeit und/oder Konfidenz sinken bzw. der Abweichungs-Schwellenwert kann mit sinkender Genauigkeit und/oder Konfidenz steigen. So können die Robustheit und/oder die Genauigkeit der durch das neuronale Netz bereitgestellten Schätzwerte des Modellparameters weiter erhöht werden.
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Das Ermitteln der Vielzahl von Trainings-Datensätzen für die entsprechende Vielzahl von Zeitpunkten kann das Ermitteln einer Vielzahl von Messwerten und/oder Simulationswerte einer Messgröße an der Vielzahl von Zeitpunkten umfassen. Die Vielzahl von Messwerten und/oder Simulationswerten der Messgröße können dann mit jeweils einem Offset (z.B. einem pseudo-zufälligen Offset) angepasst werden, um eine Vielzahl von angepassten Werten zu ermitteln. Mit anderen Worten, die Messwerte und/oder Simulationswerte zumindest oder genau einer Messgröße können bewusst verfälscht werden. Die Vielzahl von angepassten Werten kann dann für die entsprechende Vielzahl von Trainings-Datensätzen genutzt werden. Das neuronale Netz kann somit mit fehlerhaften Werten für ein, zwei oder ggf. drei Messgrößen angelernt werden. Dabei können in unterschiedlichen Trainings-Datensätzen ggf. ein, zwei oder drei unterschiedliche Messgrößen verfälscht werden. Durch das Anlernen mit verfälschten Werten von ein oder mehreren Messgrößen kann die Robustheit des neuronalen Netzes in Bezug auf Messfehler erhöht werden.
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Gemäß einem weiteren Aspekt wird ein (Straßen-)Kraftfahrzeug (insbesondere ein Personenkraftwagen oder ein Lastkraftwagen oder ein Bus oder ein Motorrad) beschrieben, das die in diesem Dokument beschriebene Steuereinheit umfasst.
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Gemäß einem weiteren Aspekt wird ein Software (SW) Programm beschrieben. Das SW Programm kann eingerichtet werden, um auf einem Prozessor (z.B. auf einem Steuergerät eines Fahrzeugs) ausgeführt zu werden, und um dadurch eines der in diesem Dokument beschriebenen Verfahren auszuführen.
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Gemäß einem weiteren Aspekt wird ein Speichermedium beschrieben. Das Speichermedium kann ein SW Programm umfassen, welches eingerichtet ist, um auf einem Prozessor ausgeführt zu werden, und um dadurch eines der in diesem Dokument beschriebenen Verfahren auszuführen.
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Es ist zu beachten, dass die in diesem Dokument beschriebenen Verfahren, Vorrichtungen und Systeme sowohl alleine, als auch in Kombination mit anderen in diesem Dokument beschriebenen Verfahren, Vorrichtungen und Systemen verwendet werden können. Des Weiteren können jegliche Aspekte der in diesem Dokument beschriebenen Verfahren, Vorrichtungen und Systemen in vielfältiger Weise miteinander kombiniert werden. Insbesondere können die Merkmale der Ansprüche in vielfältiger Weise miteinander kombiniert werden.
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Im Weiteren wird die Erfindung anhand von Ausführungsbeispielen näher beschrieben. Dabei zeigen
- 1 beispielhafte Komponenten eines Fahrzeugs;
- 2 eine beispielhafte zeitliche Sequenz von Werten von Messgrößen bei einer Fahrt eines Fahrzeugs;
- 3a ein Ablaufdiagramm eines beispielhaften Verfahrens zur Ermittlung eines Wertes eines Modellparameters;
- 3b ein Ablaufdiagramm eines beispielhaften Verfahrens zum Anlernen eines neuronalen Netzes;
- 4a ein beispielhaftes neuronales Netz;
- 4b ein beispielhaftes Neuron;
- 5 ein beispielhaftes neuronales Netz zur Ermittlung eines Wertes eines Modellparameters eines Fahrzeug-Modells;
- 6 eine beispielhafte Fehlerfunktion zum Anlernen eines neuronalen Netzes zur Ermittlung eines Wertes eines Modellparameters eines Fahrzeug-Modells;
- 7a beispielhafte Sequenzen von gefilterten Werten einer Messgröße;
- 7b beispielhafte gefilterte Werte an aufeinanderfolgenden Zeitpunkten;
- 8a ein beispielhaftes neuronales Netz mit einer vollvernetzten Eingangsschicht;
- 8b eine beispielhafte Long short-term memory (LSTM) Zelle für ein neuronales Netz;
- 9a ein Ablaufdiagramm eines beispielhaften Verfahrens zur Ermittlung eines Wertes eines Modellparameters; und
- 9b ein Ablaufdiagramm eines beispielhaften Verfahrens zum Anlernen eines neuronalen Netzes.
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Wie eingangs dargelegt, befasst sich das vorliegende Dokument mit der zuverlässigen, effizienten und zeitnahen Ermittlung von aktuellen Werten eines Modellparameters eines Fahrzeug-Modells, insbesondere zur Verwendung in einem Fahrdynamik(regelungs)system. In diesem Zusammenhang zeigt 1 beispielhafte Komponenten eines Fahrzeugs 100. Insbesondere zeigt 1 die Räder 103 an den Achsen 101, 102 eines Fahrzeugs 100, wobei die Räder 103 jeweils Radbremsen 110 aufweisen.
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Des Weiteren umfasst das Fahrzeug 100 einen Antrieb 107 zum Antrieb zumindest einer Achse 101, 102 des Fahrzeugs 100. Außerdem umfasst das Fahrzeug 100 ein oder mehrere Sensoren 106, die eingerichtet sind, Sensordaten in Bezug auf ein oder mehrere Messgrößen zu erfassen. Beispielhafte Messgrößen sind die Fahrgeschwindigkeit, die Längsbeschleunigung, die Querbeschleunigung, die Gierrate, der Lenkwinkel der Vorderachse 101, der Lenkwinkel der Hinterachse 102, das Lenkradmoment an dem Lenkrad des Fahrzeugs 100, die Zahnstangenkraft an der Lenkung des Fahrzeugs 100, etc.
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Eine Steuereinheit 105 des Fahrzeugs 100 kann eingerichtet sein, auf Basis der Sensordaten der ein oder mehrere Sensoren 106 automatische Eingriffe an ein oder mehrere Fahrdynamik-Aktoren 107, 110 (z.B. an dem Antrieb 107 und/oder an den Bremsen 110) zu bewirken, um die Fahrdynamik des Fahrzeugs 100 zu verändern, insbesondere um die Stabilität und/oder den Komfort des Fahrzeugs 100 zu erhöhen. Zu diesem Zweck kann die Steuereinheit 105 auf ein Fahrzeug-Modell, insbesondere auf ein lineares Einspurmodell, zurückgreifen, das z.B. auf einer Speichereinheit 104 des Fahrzeugs 100 gespeichert sein kann. Das Fahrzeug-Modell weist typischerweise ein oder mehrere Modellparameter auf.
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Ein beispielhafter Modellparameter zur Beschreibung der Lenkbewegung des Fahrzeugs 100 ist die charakteristische Geschwindigkeit vch des Fahrzeugs 100. Die charakteristische Geschwindigkeit vch ist typischerweise fahrzeugspezifisch. Die charakteristische Geschwindigkeit vch gibt an, bei welcher Fahrgeschwindigkeit das Fahrzeug 100 am heftigsten bzw. empfindlichsten auf Lenkbewegungen bzw. Lenkwinkeländerungen reagiert und/oder bei der die statische Gierverstärkung einen Maximalwert aufweist. Übliche Werte der charakteristischen Geschwindigkeit vch sind 70 km/h bis 120 km/h.
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Die charakteristische Geschwindigkeit vch variiert während der Fahrzeugnutzung z.B. aufgrund von Temperaturänderungen der Reifen, aufgrund von Beladungsänderung, etc. Des Weiteren verändert sich die charakteristische Geschwindigkeit vch nach Änderungen an dem Fahrzeug 100, wie z.B. einem Reifenwechsel. Es ist daher vorteilhaft, den aktuellen Wert für die charakteristische Geschwindigkeit vch möglichst zeitnah zu ermitteln, da die charakteristische Geschwindigkeit für unterschiedliche Fahrdynamikregelungssysteme (beispielsweise bei der Vorsteuerung eines Querreglers) als Eingangsgröße verwendet wird, und durch die Verwendung eines möglichst aktuellen Wertes der charakteristische Geschwindigkeit vch typischerweise die Güte der jeweiligen Fahrdynamikregelung verbessert wird.
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Die charakteristische Geschwindigkeit kann z.B. bei Vorliegen einer stationären Fahrsituation als stationäre Größe aus der Formel
ermittelt werden. Für den Eigenlenkgradienten EG gilt bei einer stationären Kreisfahrt des Fahrzeugs
100 die Beziehung δ = δ
A + EG × a
y, und somit
Mit der Näherung
und der Beziehung
ergibt sich für den Eigenlenkgradienten
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Setzt man diesen Zusammenhang in die ursprüngliche Formel
ein, erhält man als Formel für die charakteristische Geschwindigkeit
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Dabei sind L der Radstand des Fahrzeugs 100, δ der Lenkwinkel (bzw. der Effektivlenkwinkel bei einem Fahrzeug 100 mit zusätzlicher Hinterradlenkung) des Fahrzeug 100, δA der Ackermann-Lenkwinkel, ay die Querbeschleunigung und ψ̇ die Gierrate.
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Messwerte für die o.g. Messgrößen können durch die ein oder mehreren Sensoren
106 des Fahrzeugs
100 erfasst werden. Dabei ist jedoch nachteilig, dass die o.g. Formel zur Berechnung der charakteristischen Geschwindigkeit
vch nur bei einer stationären und linearen Kreisfahrt gilt. Vor der Ermittlung bzw. der Aktualisierung des Wertes der charakteristischen Geschwindigkeit
vch ist daher zu überprüfen, ob ein oder mehrere Formel-Bedingungen für die Gültigkeit der o.g. Formel vorliegen, insbesondere eine Formel-Bedingung in Bezug auf die Querbeschleunigung
eine Formel-Bedingung in Bezug auf die Lenkwinkelgeschwindigkeit
eine Formel-Bedingung in Bezug auf die Lenkwinkelbeschleunigung
eine Formel-Bedingung in Bezug auf die Gierbeschleunigung
eine Formel-Bedingung in Bezug auf die Längsbeschleunigung
eine Formel-Bedingung in Bezug auf die Veränderung der Längsbeschleunigung
und/oder eine Formel-Bedingung in Bezug auf die Winkelgeschwindigkeit
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2 veranschaulicht einen beispielhaften zeitlichen Verlauf von gemessenen Werten der o.g. Messgrößen für eine Fahrt eines Fahrzeugs 100. Aus 2 ist ersichtlich, dass die o.g. Formel-Bedingungen für die Nutzung der Formel zur Berechnung der charakteristischen Geschwindigkeit vch typischerweise nur sehr selten bei einer typischen Fahrt eines Fahrzeugs 100 erfüllt werden. Als Folge daraus kann der Wert der charakteristischen Geschwindigkeit vch mittels der o.g. Formel nur relativ selten aktualisiert werden.
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Die Verwendung eines angelernten, neuronalen Netzes ermöglicht eine zeitnahe Ermittlung eines aktuellen Wertes der charakteristischen Geschwindigkeit vch auf Basis der Messwerte von ein oder mehreren Messgrößen des Fahrzeugs 100, auch dann, wenn keine stationäre Kreisfahrt vorliegt. Insbesondere kann ein neuronales Netz angelernt werden, um eine Formel für die charakteristischen Geschwindigkeit vch nachzubilden, die nicht an die o.g. Formel-Bedingungen gebunden ist.
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4a zeigt ein beispielhaftes neuronales Netz 400, insbesondere ein Feedforward-Netz. Das Netz 400 umfasst in dem dargestellten Beispiel ein Eingangs-Neuron bzw. einen Eingabe-Knoten 401, das bzw. der zu einem bestimmten Zeitpunkt n einen aktuellen Wert x(n) einer Messgröße bzw. eines Merkmals als Eingangswert aufnimmt. Des Weiteren kann das neuronale Netz 400 ein oder mehrere Verzögerungseinheiten 402 aufweisen, die eine zeitliche Verzögerung des Eingangswertes des Eingangs-Neurons 401 um jeweils eine bestimmte Zeitdauer bewirken. Als Folge daraus liegt am Zeitpunkt n an dem Ausgang der ersten Verzögerungseinheit 402 ein erster vorhergehender Wert der Messgröße, an dem Ausgang der zweiten Verzögerungseinheit 402 ein zweiter vorhergehender Wert der Messgröße, und an dem Ausgang der Mten Verzögerungseinheit 402 ein Mter vorhergehender Wert der Messgröße an. Beispielsweise kann die Anzahl M von Verzögerungseinheiten 402 M=0, 1, 2, 3, 4 oder mehr sein.
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Das neuronale Netz 400 umfasst ferner K Neuronen 403 in zumindest einer verdeckten Schicht des neuronalen Netzes 400. In dem dargestellten Beispiel ist K=10. Jedes der Neuronen 403 weist als Eingangswerte ggf. M Werte der Messgröße auf. In jedem der Neuronen 403 erfolgt dann eine Verarbeitung um in Abhängigkeit von den M Eingangswerten einen Ausgangswert zu ermitteln. Die K Ausgangswerte der K Neuronen 403 werden in einem Ausgangs-Neuron bzw. Ausgabe-Knoten 404 verarbeitet, um einen Ausgangswert des neuronalen Netzes 400 zu ermitteln.
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4b veranschaulicht die beispielhafte Signalverarbeitung innerhalb eines Neurons 420, insbesondere innerhalb der Neuronen 403 der ein oder mehreren verdeckten Schichten und/oder innerhalb des Ausgangs-Neuron 404. Die Eingangswerte 421 des Neurons 420 werden mit individuellen Gewichten 422 gewichtet, um in einer Summeneinheit 423 eine gewichtete Summe 424 der Eingangswerte 421 zu ermitteln. Durch eine Aktivierungsfunktion 425 kann die gewichtete Summe 424 auf einen Ausgangswert 426 des Neurons 420 gemappt werden. Dabei kann durch die Aktivierungsfunktion 425 z.B. eine Begrenzung des Wertebereichs erfolgen. Für ein Neuron 420 kann z.B. eine Sigmoid-Funktion oder eine Tangens hyperbolicus (tanh)-Funktion als Aktivierungsfunktion 425 verwendet werden. Die Aktivierungsfunktion 425 kann ggf. den Wert der gewichteten Summe 424 mit einem Offsetterm verschieben.
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Ein Neuron 420, 403, 404 weist somit Gewichte 422 und/oder einen Offsetterm als Neuron-Parameter auf. Die Neuron-Parameter der Neuronen 420, 403, 404 eines neuronalen Netzes 400 können in einer Trainingsphase angelernt werden, um zu bewirken, dass das neuronale Netz 400 eine bestimmte Funktion, insbesondere die Berechnung eines Wertes der charakteristischen Geschwindigkeit vch , ausführt.
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Das Anlernen eines neuronalen Netzes 400 kann z.B. anhand des Backpropagation-Algorithmus erfolgen. Zu diesem Zweck können in einer ersten Phase einer qten Epoche bzw. Iteration eines Lernalgorithmus für die Werte an den ein oder mehreren Eingangs-Knoten 401 des neuronalen Netzes 400 entsprechende Ausgangswerte 426 an dem Ausgang des Ausgangs-Neurons 404 ermittelt werden. Die Ausgangswerte 426 können mit den Soll-Werten der charakteristischen Geschwindigkeit verglichen werden, um den Fehlerwert einer Fehlerfunktion zu ermitteln.
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In einer zweiten Phase der qten Epoche bzw. Iteration des Lernalgorithmus erfolgt eine Rückpropagation des Fehlerwertes von dem Ausgang zum Eingang des neuronalen Netzes 400, um schichtweise die Neuron-Parameter der Neuronen 403, 404 zu verändern. Dabei kann die ermittelte Fehlerfunktion am Ausgang partiell nach jedem einzelnen Neuron-Parameter des neuronalen Netzes 200 abgeleitet werden, um ein Ausmaß zur Anpassung der einzelnen Neuron-Parameter zu ermitteln. Dieser Lernalgorithmus kann iterativ für eine Vielzahl von Epochen bzw. Iterationen wiederholt werden, bis ein vordefiniertes Konvergenzkriterium erreicht wird.
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5 zeigt ein Beispiel für ein neuronales Netz 500, das für die Berechnung eines Modellparameters, insbesondere der charakteristischen Geschwindigkeit vch , verwendet werden kann. Das neuronale Netz 500 weist einen Eingangsvektor 501 mit N Dimensionen auf. Dabei können die einzelnen Dimensionen jeweils als Eingangs-Neuron bzw. Eingangs-Knoten 401 betrachtet werden. Eine erste verdeckte Schicht des neuronalen Netzes 500 weist K Neuronen 403 auf (z.B. K=5, 8, 9 oder mehr). Dabei können die Gewichte der K Neuronen 403 in einer N x K Gewichte-Matrix 502 zusammengefasst werden. Des Weiteren können die K Offsets der K Neuronen 403 in einem Offset- bzw. Bias-Vektor 503 zusammengefasst werden. Ferner sind in 5 die K Aktivierungsfunktionen 425, 504 der ersten Schicht dargestellt. Das neuronale Netz 500 weist in dem dargestellten Beispiel zwei verdeckte Schichten auf, wobei die zweite Schicht eine K x K Gewichte-Matrix 502 und einen K dimensionalen Offset-Vektor 503 aufweist. Die Ausgangsschicht des neuronalen Netzes 500 weist eine K x 1 Gewichte-Matrix und einen eindimensionalen Offset-Term 503 auf. Am Ausgang der Ausgangsschicht wird der Wert 505 des Modellparameters, insbesondere der charakteristischen Geschwindigkeit, bereitgestellt.
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Als Dimensionen des Eingangsvektors 501 können aktuelle Werte von ein oder mehreren der folgenden Merkmale (z.B. Messgrößen bzw. aus den Messgrößen berechneten Zwischengrößen) verwendet werden:
- • ay, die Querbeschleunigung des Fahrzeugs 100;
- • δ, der Lenkwinkel (Effektivlenkwinkel) des Fahrzeugs 100;
- • v, die Längsgeschwindigkeit des Fahrzeugs 100;
- • ψ̇, die Gierrate des Fahrzeugs 100;
- • ein oder mehrere andere Drehraten des Fahrzeugs 100, insbesondere die Nickrate und/oder die Wankrate;
- •
eine erste Schätzung der charakteristischen Geschwindigkeit vch gemäß der ersten Formel für eine stationäre Kreisfahrt;
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eine zweite Schätzung der charakteristischen Geschwindigkeit vch gemäß der zweiten Formel für eine stationäre Kreisfahrt;
- • ax, die Längsbeschleunigung des Fahrzeugs 100;
- • δ, die Gierverstärkung des Fahrzeugs 100;
- • δVA, der Lenkwinkel der Vorderachslenkung des Fahrzeugs 100;
- • ein Lenkradmoment, dass auf ein Lenkrad des Fahrzeugs 100 aufgebracht wird, um das Fahrzeug 100 zu lenken; und/oder
- • eine zur Lenkung auf die Zahnstrange der (Vorderachs-) Lenkung des Fahrzeugs 100 bewirkte Kraft.
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Des Weiteren kann der (typischerweise zeitlich konstante) Wert des Radabstands L als Dimension des Eingangsvektors 501 berücksichtigt werden (insbesondere wenn das neuronale Netz 500 für unterschiedliche Fahrzeug-Typen bzw. Baureihen verwendet werden soll).
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Damit transiente Vorgänge erfasst und berücksichtigt werden können, können die Messwerte eines aktuellen Zeitpunkts t und von R vorhergehenden Zeitpunkten t - t1, t - t2 und t - t3 (z.B. 100ms, 200ms und 350ms vor dem aktuellen Zeitpunkt, für R=3) als Eingangssignale des neuronalen Netzes 500 berücksichtigt werden. Die Berücksichtigung von Messwerten von ein oder mehreren vorhergehenden Zeitpunkten kann, wie in 4a dargestellt, durch die Verwendung von Verzögerungseinheiten 402 implementiert werden. Dabei können ggf. auch die jeweiligen Verzögerungszeiten der Verzögerungseinheiten 402 angelernt werden. Alternativ können die Messwerte an den unterschiedlichen Zeitpunkten jeweils als eine Dimension des Eingangsvektors 501 betrachtet werden. Im letzten Fall ergibt sich bei der Berücksichtigung von 10 zeitlich veränderlichen Merkmalen an 3 verschiedenen Zeitpunkten sowie bei der Berücksichtigung des Radstandes ein Eingangsvektor 501 mit einer Dimension N=31.
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Ein neuronales Netz 500 ist in der Lage, auch dann plausible Werte für die charakteristische Geschwindigkeit vch auszugeben, wenn nicht die Bedingungen einer stationären Kreisfahrt vorliegen. Es können somit regelmäßig aktuelle Werte der charakteristischen Geschwindigkeit vch ermittelt werden, die als Eingangsgrößen für Fahrdynamikregelungen und/oder andere Funktionen eines Fahrzeugs 100 verwendet werden können, sodass die Genauigkeit dieser Funktionen verbessert werden kann.
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Zum Anlernen des neuronalen Netzes 500 können Formel-Zeitpunkte betrachtet werden, an denen die Formel-Bedingungen für die o.g. Formeln zur Berechnung eines Wertes der charakteristischen Geschwindigkeit erfüllt sind. An einem derartigen Formel-Zeitpunkt können die aktuellen Messwerte für die o.g. Merkmale erfasst werden, um einen aktuellen Wert des Eingangsvektors 501 des neuronalen Netzes 500 bereitzustellen. Des Weiteren kann anhand der o.g. Formel der aktuelle Wert der charakteristischen Geschwindigkeit vch als aktueller Ausgangswert 505 des neuronalen Netzes 500 berechnet werden. So kann ein Trainings-Datensatz bereitgestellt werden, der einerseits einen aktuellen Wert des Eingangsvektors 501 und andererseits einen aktuellen Ausgangswert 505 umfasst.
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Zur Bereitstellung von weiteren Trainings-Datensätzen kann angenommen werden, dass sich der Wert der charakteristischen Geschwindigkeit vch innerhalb eines Zeitfensters um einen Formel-Zeitpunkt herum nicht wesentlich ändert. Das Zeitfenster kann sich z.B. von 10 Minuten vor bis 10 Minuten nach dem Formel-Zeitpunkt erstrecken. Innerhalb dieses Zeitfensters kann an einer Vielzahl von Zeitpunkten (die mit einer bestimmten Abtastrate, z.B. von 1 Sekunde oder weniger, voneinander beabstandet sind) eine entsprechende Vielzahl von Werten des Eingangsvektors 501 ermittelt werden. Die Vielzahl von Werten des Eingangsvektors 501 können jeweils mit dem für den Formel-Zeitpunkt ermittelten Wert der charakteristischen Geschwindigkeit vch kombiniert werden, um eine entsprechende Vielzahl von Trainings-Datensätzen bereitzustellen.
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Insbesondere wenn der Radabstand eines Fahrzeugs 100 als Merkmal des Eingangsvektors 501 berücksichtigt wird, kann das neuronale Netz 500 dazu verwendet werden, aktuelle Werte der charakteristischen Geschwindigkeit vch für unterschiedliche Fahrzeug-Typen zu ermitteln. In diesem Fall sollten auch Trainings-Datensätze für die unterschiedliche Fahrzeug-Typen beim Anlernen des neuronalen Netzes 500 berücksichtigt werden.
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Die Parameter der Gewichte-Matrizen 502 und/oder der Bias-Vektoren 503 können anhand der Vielzahl von Trainings-Datensätzen derart optimiert werden, dass eine bestimmte Fehlerfunktion optimiert, insbesondere minimiert, wird. Dabei kann die Fehlerquadratsumme aus der Differenz zwischen dem neu geschätzten Wert und dem (in den Trainings-Datensätzen angezeigten) Sollwert der charakteristischen Geschwindigkeit reduziert, insbesondere minimiert, werden.
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Anschließend kann das bereits antrainierte Netz 500 mit einem anderen Teil der Trainings-Datenätze validiert werden. Dabei kann überprüft werden, wie gut das trainierte Netz 500 den jeweiligen Wert der charakteristischen Geschwindigkeit vch schätzen kann.
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Im laufenden Betrieb kann für die unterschiedlichen Fahrzeug-Typen und/oder Konfigurationen dasselbe antrainierte Netz 500 mit den optimierten Parametern verwendet werden. Eine weitere Anpassung des Netzes 500 ist typischerweise nicht erforderlich.
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Im laufenden Betrieb eines Fahrzeugs 100 kann anhand des neuronalen Netzes 500 an einer Sequenz von Zeitpunkten jeweils ein aktueller Wert 505 der charakteristischen Geschwindigkeit ermittelt werden. Dabei kann die bereitgestellte Sequenz von Werten 505 der charakteristischen Geschwindigkeit tiefpassgefiltert werden (z.B. durch Bilden eines gleitenden Durchschnittswertes). So kann das Rauschen der bereitgestellten Werte der charakteristischen Geschwindigkeit reduziert werden.
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Im Rahmen der Validierung des neuronalen Netzes 500 können ggf. ein oder mehrere Netz-Bedingungen in Bezug auf Fahrsituationen des Fahrzeugs 100 ermittelt werden, die vorliegen sollten, damit durch das neuronale Netze 500 ein ausreichend genauer Wert 505 der charakteristischen Geschwindigkeit ermittelt werden kann. Insbesondere kann im Rahmen der Validierung ermittelt werden, in welchen Fällen das neuronale Netz 500 keine ausreichend genauen Werte 505 liefert.
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Während des Betriebs des Fahrzeugs 100 kann dann überprüft werden, ob die ein oder mehrere Netz-Bedingungen an einem bestimmten Zeitpunkt erfüllt sind oder nicht. Der aktuelle Wert 505 der charakteristischen Geschwindigkeit kann ggf. nur dann mittels des neuronalen Netzes 500 ermittelt werden, wenn die ein oder mehreren Netz-Bedingungen erfüllt sind. Ansonsten kann der zuvor ermittelte Wert 505 der charakteristischen Geschwindigkeit beibehalten werden, bis wieder eine Fahrsituation bzw. ein fahrdynamischer Zustand vorliegt, die bzw. der die ein oder mehreren Netz-Bedingungen erfüllt. So kann die Genauigkeit der verwendeten Werte 505 der charakteristischen Geschwindigkeit weiter erhöht werden.
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Beispielhafte Netz-Bedingungen für die Anwendung des neuronalen Netzes 500 sind:
- • Querbeschleunigung:
- • Veränderung der Längsbeschleunigung:
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5 zeigt ein beispielhaftes mehrschichtiges Feedforward Netz als beispielhaftes neuronales Netz 500. Alternativ oder ergänzend kann auch ein rekurrentes Netz verwendet werden, bei dem der Ausgang 426 eines Neurons 420 wieder auf den Eingang 421 des Neurons 420 rückgekoppelt wird. Durch die Verwendung von rekurrenten Netzen kann die Anzahl von Neuronen 420 des Netzes 500 reduziert werden. Des Weiteren können durch die Verwendung eines rekurrenten Netzes typischerweise dynamische Aspekte besser berücksichtigt werden.
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3a zeigt ein Ablaufdiagramm eines beispielhaften Verfahrens 300 zum Ermitteln eines aktuellen Wertes 505 eines Modellparameters eines fahrdynamischen Fahrzeug-Modells eines Fahrzeugs 100. Der Modellparameter kann das Lenkverhalten des Fahrzeugs 100 beschreiben. Insbesondere kann der Modellparameter die charakteristische Geschwindigkeit des Fahrzeugs 100 anzeigen bzw. sein. Das Verfahren 300 kann während des Betriebs des Fahrzeugs 100 durch eine Steuereinheit 105 des Fahrzeugs 100 ausgeführt werden.
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Das Verfahren 300 umfasst das Ermitteln 301 von aktuellen Werten einer Mehrzahl von Messgrößen in Bezug auf einen fahrdynamischen Zustand des Fahrzeugs 100. Die aktuellen Werte der Messgrößen können durch ein oder mehrere Sensoren 106 des Fahrzeugs 100 erfasst werden. Die Messgrößen können z.B. eine Fahrgeschwindigkeit des Fahrzeugs 100, eine Quer- und/oder Längsbeschleunigung des Fahrzeugs 100, eine Drehrate des Fahrzeugs 100 und/oder einen Lenkwinkel des Fahrzeugs 100 umfassen.
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Außerdem umfasst das Verfahren 300 das Ermitteln 302 eines aktuellen Wertes 505 des Modellparameters mithilfe eines angelernten neuronalen Netzes 500. Dabei kann das neuronale Netz 500 für jeden der Mehrzahl von Messgrößen jeweils zumindest einen Eingabe-Knoten 401 und für den Modellparameter zumindest einen Ausgabe-Knoten 404 aufweisen. Durch die Verwendung eines angelernten neuronalen Netzes 500 kann in zeitnaher, effizienter und präziser Weise ein aktueller Wert eines Modellparameters ermittelt werden. Der aktuelle Wert des Modellparameters kann dann im Rahmen einer Fahrzeugfunktion, insbesondere eines Fahrdynamikregelsystems, des Fahrzeugs 100 verwendet werden.
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3b zeigt ein Ablaufdiagramm eines beispielhaften Verfahrens 310 zum Anlernen eines neuronalen Netzes 500, das für jeden einer Mehrzahl von Messgrößen jeweils zumindest einen Eingabe-Knoten 401 und für einen Modellparameter eines fahrdynamischen Fahrzeug-Modells eines Fahrzeugs 100 zumindest einen Ausgabe-Knoten 404 aufweist. Das angelernte neuronale Netz 500 kann in dem o.g. Verfahren 300 verwendet werden, um wiederholt aktuelle Werte 505 des Modellparameters zu ermitteln.
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Der Modellparameter kann derart sein, dass ein Wert des Modellparameters (in präziser Weise) mittels einer Formel aus Werten zumindest eines Teils der Mehrzahl von Messgrößen berechnet werden kann, (ggf. nur dann) wenn ein oder mehrere Formel-Bedingungen in Bezug auf den fahrdynamischen Zustand des Fahrzeugs 100 erfüllt sind. Dabei können die ein oder mehreren Formel-Bedingungen für die Anwendbarkeit der Formel bei einem typischen Betrieb des Fahrzeugs 100 relativ selten erfüllt sein (z.B. nur bei einer stationären Kreisfahrt des Fahrzeugs 100). Als Formel-Zeitpunkt kann ein Zeitpunkt während des Betriebs eines Fahrzeugs 100 definiert sein, an dem die ein oder mehreren Formel-Bedingungen in Bezug auf den fahrdynamischen Zustand des Fahrzeugs 100 zur Anwendung der Formel erfüllt sind.
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Das Verfahren 310 kann umfassen, das Ermitteln 311 einer Vielzahl von Trainings-Datensätzen aus einem begrenzten Zeitfenster um einen Formel-Zeitpunkt herum (z.B. 20, 15, 10 Minuten oder weniger vor bzw. nach dem Formel-Zeitpunkt). Dabei kann angenommen werden, dass sich der Wert des Modellparameters innerhalb des begrenzten Zeitfensters nicht wesentlich verändert.
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Ein Trainings-Datensatz für einen Zeitpunkt aus dem Zeitfenster kann dann einerseits Werte der Mehrzahl von Messgrößen an dem Zeitpunkt und anderseits den mittels der Formel für den Formel-Zeitpunkt berechneten Wert des Modellparameters umfassen. Dies kann für jeden der Vielzahl von Trainings-Datensätzen gelten. So können auch bei Kenntnis nur eines Wertes des Modellparameters in effizienter Weise eine Vielzahl von Trainings-Datensätzen bereitgestellt werden.
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Das Verfahren 310 umfasst ferner das Anlernen 312 des neuronalen Netzes 500 anhand der Vielzahl von Trainings-Datensätzen. Dabei können die Parameter des neuronalen Netzes 500 (wie z.B. die Gewichte und/oder die Offsets bzw. Bias-Werte) derart ermittelt werden, dass eine Abweichung zwischen den ein oder mehreren an den Formel-Zeitpunkten berechneten Werten des Modellparameters und den mithilfe des neuronalen Netzes 500 ermittelten Werten des Modellparameters (z.B. im quadratischen Mittel) reduziert, insbesondere minimiert, wird. So kann in effizienter Weise ein präzises neuronales Netz 500 zur Ermittlung von aktuellen Werten eines Modellparameters ermittelt werden.
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Ein Trainings-Datensatz kann somit einen Referenz- oder Sollwert für den Modellparameter, insbesondere für die charakteristische Geschwindigkeit, umfassen. Der Referenzwert kann dabei z.B. anhand einer Formel berechnet werden. Es kann dann im Rahmen des Anlernen 312 der Fehlerwert einer Fehlerfunktion berechnet werden, wobei der Fehlerwert typischerweise von der Abweichung zwischen dem Referenzwert und dem berechneten Ausgangswert 505 des neuronalen Netzes 500 abhängt.
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6 zeigt eine beispielhafte Fehlerfunktion 611, die einen Fehlerwert 603 als Funktion der Abweichung 601 des Ausgangswertes 505 des neuronalen Netzes 500 von dem Referenzwert eines Trainings-Datensatzes anzeigt. Beispielsweise kann die Fehlerfunktion 611 von dem Quadrat der Abweichung 601 abhängen.
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Typischerweise kann der Referenzwert mittels der Formel für den Modellparameter nur mit einer begrenzten Genauigkeit ermittelt werden. Die Unsicherheit, mit der der Referenzwert ermittelt werden kann, kann bei der Fehlerfunktion berücksichtigt werden, die zum Anlernen des neuronalen Netzes 500 verwendet wird. Insbesondere kann die Fehlerfunktion 612 derart ausgebildet sein, dass Abweichungen 601, die (betraglich) kleiner als ein Abweichungs-Schwellenwert sind, nicht bestraft werden (und z.B. den Fehlerwert 603 Null aufweisen). Andererseits kann der Fehlerwert 603 mit steigendem Betrag der Abweichung 601 ansteigen, sobald der Betrag der Abweichung 601 größer als der Abweichungs-Schwellenwert ist. 6 zeigt eine beispielhafte Fehlerfunktion 612, bei der die Fehlerfunktion 612 in einem Bereich 602 um die Abweichung 601 Null herum einen Fehlerwert 603 von Null liefert.
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Die Verwendung einer Fehlerfunktion 612, die betraglich kleine Abweichungen 601 unterhalb eines Abweichungs-Schwellenwerts nicht betraft, schafft zusätzliche Freiheitsgrade für das Anlernen des neuronalen Netzes 500, was eine verbesserte Modellierung der Funktion zur Ermittlung eines Modellparameters, insbesondere zur Ermittlung der charakteristischen Geschwindigkeit, ermöglicht.
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Zum Anlernen des neuronalen Netzes 500 kann eine Vielzahl von Trainings-Datensätzen ermittelt werden, wobei jeder Trainings-Datensatz einen Wert des Eingangsvektors 501 und einen Referenzwert als Ausgangswert 505 des neuronalen Netzes 500 umfasst. Der Wert des Eingangsvektors 501 kann auf Basis der gemessenen Werte von ein oder mehreren Messgrößen ermittelt werden. Dabei können bewusst fehlerhafte Werte für zumindest oder für genau eine Messgröße in einem Trainings-Datensatz berücksichtigt werden. Beispielsweise kann der tatsächliche Wert für eine Messgröße mit einem Offset verändert werden, um einen fehlerhaften Wert für die Messgröße zu ermitteln. So können Trainingsdaten bereitgestellt werden, die Trainings-Datensätze umfassen, bei denen die Werte für zumindest oder genau eine Messgröße fehlerhaft sind. Dabei können z.B. pseudo-zufällige Offsets verwendet werden, um die tatsächlichen bzw. gemessenen Werte der Messgröße zu verfälschen.
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Durch die Verwendung von Trainings-Datensätzen, die für einen Teil der Messgrößen fehlerhafte Werte aufweisen, kann die Robustheit des angelernten neuronalen Netzes 500 in Bezug auf Messfehler erhöht werden.
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Wie bereits oben dargelegt, kann das neuronale Netz 500 ausgebildet sein, eine zeitliche Sequenz von R+1 Werten einer Messgröße aufzunehmen. Durch die Berücksichtigung der zeitlichen Entwicklung einer Messgröße kann die Genauigkeit des ermittelten Wertes eines Modellparameters erhöht werden. Im Vorfeld zu und/oder im Rahmen der Signalverarbeitung durch ein neuronales Netz 500 kann eine zeitliche Sequenz von Werten einer Messgröße gefiltert werden, z.B. durch ein Moving-Average Filter und/oder durch ein Tiefpass-Filter und/oder durch ein PT1 Filter. Beispielhafte Filter sind: ein Moving Average-Filter H(z) = (1-a) + az-1, mit 0<a<1; oder ein Filter H(z) = Az0 + Bz-1 + Cz-2 + Dz-3 + Ez-4 mit den Koeffizienten A, B, C, D, E.
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Eine durch einen Sensor 106 erfasste Sequenz von Werten einer Messgröße und/oder eine im Rahmen einer Simulation ermittelte Sequenz von Werten einer Messgröße kann mit zwei oder mehr unterschiedlichen Filtern gefiltert werden. Die Filter können dabei unterschiedliche CutOff-Frequenzen bzw. Grenzfrequenzen aufweisen. 7a zeigt
- • eine beispielhafte erste Sequenz 701 von ersten gefilterten Werten, die mit einem Tiefpass-Filter mit einer relativ niedrigen CuttOff-Frequenz gefiltert wurden;
- • eine beispielhafte zweite Sequenz 702 von zweiten gefilterten Werten, die mit einem Tiefpass-Filter mit einer mittleren CuttOff-Frequenz gefiltert wurden; und
- • eine beispielhafte dritte Sequenz 703 von dritten gefilterten Werten, die mit einem Tiefpass-Filter mit einer relativ hohen CuttOff-Frequenz gefiltert wurden.
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Des Weiteren zeigt 7b beispielhafte erste gefilterte Werte 711 der ersten Sequenz 791, zweite gefilterte Werte 712 der zweiten Sequenz 702 und dritte gefilterte Werte 713 der dritten gefilterten Sequenz 703 an unterschiedlichen Zeitpunkten. Das neuronale Netz 500 kann ausgebildet sein, an jedem Zeitpunkt jeweils mehrere (unterschiedlich) gefilterte Werte 711, 712, 713 als Eingangswerte an unterschiedlichen Eingangs-Knoten 401 aufzunehmen. Insbesondere kann das neuronale Netz 500 ein Eingangs-Neuron 401 aufweisen, über das an einer Sequenz von Zeitpunkten nach-und-nach die ersten gefilterten Werte 711 der ersten Sequenz 701 an das neuronale Netz 500 übergeben werden. Des Weiteren kann das neuronale Netz 500 ein weiteres Eingangs-Neuron 401 aufweisen, über das an der Sequenz von Zeitpunkten nach-und-nach die zweiten gefilterten Werte 712 der zweiten Sequenz 702 an das neuronale Netz 500 übergeben werden. Außerdem kann das neuronale Netz 500 ein weiteres Eingangs-Neuron 401 aufweisen, über das an der Sequenz von Zeitpunkten nach-und-nach die dritten gefilterten Werte 713 der dritten Sequenz 703 an das neuronale Netz 500 übergeben werden.
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In entsprechender Weise können für mehrere Messgrößen jeweils ein oder mehrere unterschiedlich gefilterte Werte an das neuronale Netz 500 übergeben werden. Durch die Berücksichtigung von unterschiedlich gefilterten Werten von ein oder mehreren Messgrößen kann die Güte der Schätzung des Wertes 505 eines Modellparameters erhöht werden.
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Wie bereits oben dargelegt, kann es für die Rechenkomplexität und/oder für die Genauigkeit des neuronalen Netzes 500 vorteilhaft sein, ein rekurrentes neuronales Netz 500 zu verwenden. Ein rekurrentes neuronales Netz 500 kann als Neuronen 403 zumindest teilweise Long short-term memory (LSTM) Zellen 823 umfassen.
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8b zeigt eine beispielhafte Zelle bzw. ein beispielhaftes Neuron
823 eines LSTM neuronalen Netzes (NN). Ein LSTM-NN kann dazu verwendet werden, eine Erinnerungsfunktion aus vergangenen Zeitpunkten mit in die Signalverarbeitung aufzunehmen. Dabei gelten z.B. folgende Funktionen: Sigmoid Funktion:
Tangens hyperbolicus:
forget gate: f
t = σ(W
f · [a
t-1, x
t] + b
f); update gate: i
t = σ(W
i · [a
t-1, x
t] + b
i); output gate: o
t = σ(W
o · [a
t-1, x
t] + b
o); candidate of cell state: c̃
t = tanh(W
c · [a
t-1,x
t] + b
c); cell state: c
t = f
t * c
t-1 + i
t * c̃
c; cell state: c
t = f
t * c
t-1 + i
t * c̃
t; Activation: a
1 = o
t * tanh(c
t); wobei für die Operatoren gilt: · : vektorweise Multiplikation, und * : elementweise Multiplikation. Eine LSTM-Zelle
823 kann somit einen Zustand c
t aufweisen, der in aufeinanderfolgenden Zeitschritten aktualisiert werden kann. Durch das forget und/oder das update gate kann eingestellt werden, wie sehr sich aufeinanderfolgende Zustände gegenseitig beeinflussen. Durch ein oder mehrere LSTM-Zellen
823 kann bei einem künstlichen neuronalen Netz eine Art Kurzzeitgedächnis implementiert werden.
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8a zeigt ein beispielhaftes neuronales Netz 800 zur Ermittlung eines Schätzwertes 505 eines Modellparameters auf Basis einer Mehrzahl von Eingangswerten an einer entsprechenden Mehrzahl von Eingangs-Knoten 401. Die Eingangswerte können Werte von unterschiedlichen Messgrößen sein. Dabei können ggf. für eine Messgröße unterschiedlich gefilterte Werte 711, 712, 713 als Eingangswerte an unterschiedlichen Eingangs-Knoten 401 aufgenommen werden.
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Das neuronale Netz 800 umfasst eine Verknüpfungs-Schicht 811, die eingerichtet ist, die Eingangswerte an den Eingangs-Knoten 401, d.h. den Eingangsvektor 501, auf eine reduzierte Anzahl von Zwischenwerten an einer entsprechenden Anzahl von Zwischen-Knoten 801 abzubilden. Die Schicht 811 kann eine voll-verknüpfte Schicht von Neuronen 403 umfassen, d.h. die Schicht 811 kann ein sogenannter fully-connected layer sein. Die reduzierte Anzahl von Zwischenwerten kann dann als Eingangswerte an eine rekurrentes neuronales Netz 812, insbesondere an ein LSTM-NN, übergeben werden, um den Schätzwert 505 des Modellparameters zu ermitteln. Durch die Verwendung einer konzentrierenden Schicht 811 im Vorfeld zu einem rekurrenten neuronalen Netz 812 kann bei gleichbleibend hoher Schätzgüte die Rechenkomplexität des neuronalen Netzes 800 reduziert werden.
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9a zeigt ein Ablaufdiagramm eines beispielhaften Verfahrens 900 zur Schätzung eines aktuellen Wertes 505 eines Modellparameters eines fahrdynamischen Fahrzeug-Modells eines Fahrzeugs 100. Die Merkmale des Verfahrens 300 sind auch in Zusammenhang mit dem Verfahren 900 anwendbar. Das Verfahren 900 kann durch eine Steuereinheit 105 des Fahrzeugs 100 ausgeführt werden.
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Das Verfahren 900 umfasst das Ermitteln 901 einer zeitlichen Sequenz von Werten von zumindest einer Messgröße in Bezug auf den fahrdynamischen Zustand des Fahrzeugs 100. Insbesondere kann an einer Sequenz von aufeinander folgenden Zeitpunkten eine entsprechende Sequenz von Werten einer Messgröße ermittelt werden (z.B. auf Basis der Sensordaten von ein oder mehreren Sensoren 106 des Fahrzeugs 100).
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Des Weiteren umfasst das Verfahren 900 das Ermitteln 902 einer ersten Sequenz 701 von ersten gefilterten Werten 711 durch Filtern der Sequenz von Werten mit einem ersten Filter. Das erste Filter kann z.B. ein Tiefpass-Filter und/oder ein Moving-Average Filter sein. Die erste Sequenz 701 kann erste gefilterte Werte 711 für die Sequenz von aufeinander folgenden Zeitpunkten umfassen.
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In entsprechender Weise umfasst das Verfahren 900 das Ermitteln 903 einer zweiten Sequenz 702 von zweiten gefilterten Werten 712 durch Filtern der Sequenz von Werten mit einem zweiten Filter. Die zweite Sequenz 702 kann zweite gefilterte Werte 712 für die Sequenz von aufeinander folgenden Zeitpunkten umfassen. Das zweite Filter kann z.B. ein Tiefpass-Filter und/oder ein Moving-Average Filter sein. Dabei sind das erste Filter und das zweite Filter unterschiedlich, insbesondere können die beiden Filter unterschiedliche Grenzfrequenzen bzw. CutOff-Frequenzen aufweisen.
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Außerdem umfasst das Verfahren 900 das Ermitteln 904 eines aktuellen Wertes 505 des Modellparameters mithilfe eines angelernten neuronalen Netzes 500, 800. Dabei kann das neuronale Netz 500, 800 zumindest einen Eingabe-Knoten 401 für einen ersten gefilterten Wert 711 und zumindest einen Eingabe-Knoten 401 für einen zweiten gefilterten Wert 712 und zumindest einen Ausgabe-Knoten 404 für den aktuellen Wert 505 des Modellparameters aufweisen. Insbesondere kann das neuronale Netz 500, 800 derart ausgebildet sein, dass es an einem Zeitpunkt der Sequenz von Zeitpunkten jeweils einen (aktuellen) ersten gefilterten Wert 711 und einen (aktuellen) zweiten gefilterten Wert 712 aufnimmt, und an dem Ausgabe-Knoten 404 einen entsprechenden aktuellen Wert 505 des Modellparameters bereitgestellt. So kann an der Sequenz von Zeitpunkten eine Sequenz von Werten 505 des Modellparameters bereitgestellt werden.
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9b zeigt ein Ablaufdiagramm eines beispielhaften Verfahrens 910 zum Anlernen eines neuronalen Netzes 500, 800, wobei das neuronale Netz 500, 800 für jeden einer Mehrzahl von Messgrößen jeweils zumindest einen Eingabe-Knoten 401 und für einen Werte eines Modellparameters eines fahrdynamischen Fahrzeug-Modells eines Fahrzeugs 100 zumindest einen Ausgabe-Knoten 404 aufweist. Die in Zusammenhang mit dem Verfahren 310 beschriebenen Aspekte sind auch auf das Verfahren 910 anwendbar oder umgekehrt.
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Der Wert des Modellparameters kann (zumindest bei Vorliegen von ein oder mehreren Formel-Bedingungen) mittels einer Formel aus Werten zumindest eines Teils der Mehrzahl von Messgrößen berechnet werden. Dabei weist der mittels der Formel ermittelte Wert des Modellparameters (der in diesem Dokument auch als Referenzwert bezeichnet wird) typischerweise nur eine begrenzte Genauigkeit auf. Die Genauigkeit des Referenzwertes kann z.B. durch eine Standardabweichung und/oder durch ein Fehlerintervall angegeben werden.
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Das Verfahren 910 umfasst das Ermitteln 911 einer Vielzahl von Trainings-Datensätzen für eine entsprechende Vielzahl von Zeitpunkten einer Betriebsphase des Fahrzeugs 100. Dabei kann ein Trainings-Datensatz für einen Zeitpunkt einerseits Werte der Mehrzahl von Messgrößen an dem Zeitpunkt und anderseits einen mittels der Formel berechneten Referenzwert des Modellparameters umfassen. Die Trainings-Datensätze können z.B. ermittelt werden, wenn in der Betriebsphase des Fahrzeugs 100 die ein oder mehreren Formel-Bedingungen erfüllt sind.
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Des Weiteren umfasst das Verfahren 910 das Anlernen 912 des neuronalen Netzes 500, 800 anhand der Vielzahl von Trainings-Datensätzen unter Verwendung einer Fehlerfunktion 612. Dabei kann die Fehlerfunktion 612 derart sein, dass die Fehlerfunktion 612 nur Abweichungen 601 von den Referenzwerten der Vielzahl von Trainings-Datensätzen bestraft, die betraglich größer als ein Abweichungs-Schwellenwert sind, wobei der Abweichungs-Schwellenwert bevorzugt von der Genauigkeit, insbesondere von der Standardabweichung, abhängt, mit der die Referenzwerte mittels der Formel bestimmt werden können.
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Durch die in diesem Dokument beschriebenen Maßnahmen können in zeitnaher, effizienter und präziser Weise aktuelle Werte eines Modellparameters, insbesondere der charakteristischen Geschwindigkeit, eines Fahrzeug-Modells eines Fahrzeugs ermittelt werden. So kann die Güte von fahrdynamischen Eingriffen in dem Fahrzeug erhöht werden.
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Die vorliegende Erfindung ist nicht auf die gezeigten Ausführungsbeispiele beschränkt. Insbesondere ist zu beachten, dass die Beschreibung und die Figuren nur das Prinzip der vorgeschlagenen Verfahren, Vorrichtungen und Systeme veranschaulichen sollen.