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Blockchain-Technologie in der Energiewirtschaft – Blockchain als Treiber der Energiewende
ISBN 978-3-662-60567‑7, Springer Vieweg, Wiesbaden 2020, 121 S., 69,99 €
Blockchain = Kryptowährung? Ein häufiges Missverständnis, das die Autoren zu Recht gleich im Vorwort zurechtrücken. Denn das Konzept der Blockchain lässt sich in vielen weiteren Kontexten anwenden. Zunächst als Web 3 zum neuen Internet erklärt, hat das Konzept in den zurückliegenden Jahren bewiesen, dass es zwar nicht für alle theoretisch denkbaren Kontexte praktikabel einsetzbar ist, dafür aber in bestimmten Bereichen um so sinnvoller genutzt werden kann. Einer dieser Bereiche ist die Energiewirtschaft. Ob die Blockchain dann tatsächlich eine zukunftsfähige Energieversorgung sicherstellt oder ob sie lediglich ein wichtiges und solides Werkzeug darstellt, wird sich in den kommenden Jahren beweisen. In jedem Fall ist die Theorie der dezentralen, sicheren und besonders persistenten Form der Speicherung von Informationen Grundlage für wichtige Prozesse der Energiewirtschaft, insbesondere im Energiehandel und bei Verbrauchsermittlung und -abrechnung. Und so ist es, wie die Autoren sinngemäß schreiben, das erklärte Ziel des Buches, zu betrachten, ob die Blockchain-Technologie die Entwicklung neuer digitaler Geschäftsmodelle begünstigt und damit einen Mehrwert für die Energiewirtschaft bieten und zur Energiewende beitragen kann.
Einschränkend soll angemerkt sein, dass das Wort „Energiewende“ zwar grundsätzlich alle Aspekte der Energieversorgung umfasst, dass sich das vorliegende Buch jedoch schwerpunktmäßig mit der Stromversorgung beschäftigt. Denn dort sind die Möglichkeiten für „Consumer“ zu „Prosumern“ zu werden, also selbst nicht nur Strom zu beziehen, sondern auch zu produzieren und im Idealfall zu vermarkten, am weitesten fortgeschritten.
Um das komplexe Thema zu strukturieren, ist das Buch in sechs große Schwerpunkte unterteilt. Zunächst werden die Energiewende und die sich daraus zwangsläufig ergebende dezentrale Energieversorgung beschrieben. Es folgen eine Einführung in die Digitalisierung der Energiewende und die Blockchain-Grundlagen. Die beiden letzten Schwerpunkt-Kapitel befassen sich mit Use Cases der Blockchain in der Energiewirtschaft, speziell am Beispiel des Peer-to-Peer-Stromhandels im privaten Bereich. Eine Einleitung und ein Fazit mit Ausblick runden das Buch ab. Gut ist, dass jedes Kapitel mit einer Literaturübersicht schließt, was eine weiterführende Beschäftigung mit der jeweiligen Thematik erleichtert.
Ebenfalls positiv ist, dass der Inhalt mit insgesamt ca. 120 Seiten rasch erschlossen werden kann. Auch erlaubt die Navigation im Buch bei Bedarf eine Fokussierung auf die individuell interessanten Themen. Mit Blick auf die Zielgruppe, die auch fachfremde Personen ausdrücklich einschließt, ist dies ein großer Vorteil. So kann das Buch einerseits linear gelesen werden, andererseits kann für die vertiefte Diskussion direkt zu einem Abschnitt gesprungen werden.
Um in das Thema einzuführen nimmt sich der erste Schwerpunkt (Kap. 2) der „Energiewende“ an und diskutiert zentrale Begriffe wie die Klimawandel-Debatte, Ausbau der erneuerbaren Energien, die Steigerung der Energieeffizienz, die Energiesicherheit und den Wunsch nach Mitbestimmung. Dass die dargestellten Daten rasch veralten liegt in der Natur der Sache. Daher ist es hilfreich, dass Entwicklungen auch qualitativ aufgezeigt werden. Betrachtet man zudem die 2020 noch nicht vorhersehbare Entwicklung im Bereich der „Balkonkraftwerke“, wird einmal mehr deutlich, dass die Regulierung an der Akzeptanz entsprechender Lösungen einen nicht unerheblichen Anteil hat.
Der zweite Schwerpunkt (Kap. 3) diskutiert den zunehmend wichtigen Aspekt der Dezentralität der Energieversorgung. Wer einmal selbst über die Beschaffung einer PV-Anlage nachgedacht hat, kann bestätigen, dass die Kosten der Komponenten einen wesentlichen Faktor für die Akzeptanz darstellen. Sinkende Kosten fördern den Auf- und Ausbau dezentraler Strukturen (Energietechnologien, also auch Kraft-Wärme-Kopplungen) im Kontext erneuerbarer Energien, was die Autoren durch entsprechende Quellen gut belegen können. Doch wo Vorteile sind, gibt es auch Nachteile, die jeweils einer zentralen Versorgung gegenüber gestellt werden. Ein wenig knapp hingegen werden die Herausforderungen für Energielieferanten, Übertragungs- und Verteilnetzbetreiber dargestellt, hier wären neben einer etwas ausführlicheren Diskussion vielleicht auch Verweise auf andere Teile des Buches hilfreich gewesen. Gut sind wiederum die Darstellungen rund um die langfristigen Entwicklungsziele, Perspektiven und Zukunftsaussichten, insbesondere der Hinweis auf „Energie-Communities“.
Den dritten Schwerpunkt (Kap. 4) bildet die Digitalisierung der Energiewende, von den Autoren auch als „Energiewende 2.0“ bezeichnet, wobei ein wenig unklar bleibt, worin genau der Unterschied zwischen „1.0“ und „2.0“ liegen soll. Schließlich galt die Informations- und Kommunikationstechnik von Beginn an als „Enabler“. Dass sich im weiteren Verlauf zahlreiche innovative Optionen in diesem Kontext ergeben, ist durch den technologischen Fortschritt zwangsläufig und unter dem Sammelbegriff „Smart Energy“ übersichtlich und leicht verständlich dargestellt. Auch hier gut gelungen ist der Schluss des Abschnitts, der sich analog dem vorausgegangenen Kapitel mit Herausforderungen und Zukunftsaussichten befasst. Denn gerade im Digitalisierungskontext entsteht eine Vielzahl von Fragestellungen, von Themen rund um die praktisch automatisch in großer Zahl entstehenden Daten und ihre Sicherheit über den zu Beginn bereits angesprochenen Blockchain-Ansatz bis hin zu Aspekten rund um Vorgaben jeder Art.
Der vierte Schwerpunkt (Kap. 5) widmet sich den Blockchain-Grundlagen. Zu Beginn fällt es vielleicht ein wenig schwer, die Funktionsweise der Blockchain nachzuvollziehen, was auch an der graphischen Ausgestaltung liegen könnte. Hier besteht Optimierungspotential. Insgesamt jedoch sind alle wichtigen Aspekte einschließlich aller Stärken und Schwächen abgedeckt, sodass ein solides Gesamtbild entsteht.
Logisch konsequent folgt im fünften Schwerpunkt (Kap. 6) die Diskussion möglicher Einsatz-Szenarien der Blockchain in der Energiewirtschaft. Zunächst werden Einschätzungen von Fachleuten und die Ergebnisse einer Umfrage aufgegriffen, was überaus hilfreich ist, weil Stimmen aus der Praxis immer als wertvolle Orientierung dienen und in der Theorie vieles einfacher aussieht, als es letztlich ist. Aus den gewonnenen Erkenntnissen lassen sich entsprechend Chancen und Herausforderungen ableiten. Schade ist, dass die den Schwerpunkt abschließenden Use Cases nur als Verweis auf eine Studie und unter tabellarischer Vorstellung von fünf Anwendungsgruppen eingeführt werden. Ideal wäre gewesen, wenn zumindest jede Anwendungsgruppe etwas ausführlicher, auch unter Rückgriff auf ausgewählte Use Cases, vorgestellt worden wäre. Eine ideale Möglichkeit, das Buch in einer nächsten Auflage dahin gehend zu erweitern.
Die kleine Schwäche kompensiert dann der sechste und letzte Schwerpunkt (Kap. 7), der den Use Case P2P-Stromhandel – unter Rückgriff auf die Blockchain-Technologie – ausführlich vorstellt. Die Frage, warum gerade dieses Thema aufgegriffen wurde, ist rasch beantwortet: Die sinnvolle (und lohnende) Beteiligung des einzelnen Prosumers am Marktgeschehen ist ein wichtiger Akzeptanzfaktor, denn selten kann selbst erzeugte Energie so punktgenau verbraucht oder selbst ausreichend umfassend gespeichert werden, dass die entsprechenden Anlagen (und die damit verbundenen Investitionen) optimal genutzt werden können. Um so wichtiger ist es, nicht selbst genutzten Strom zu attraktiven Bedingungen abgeben zu können, um später selbst Strom entsprechend attraktiv beziehen zu können. Dieser dezentrale (und tatsächlich idealerweise relativ kleinräumige) Stromhandel erfordert vollkommen neue Blockchain-basierte Geschäftsmodelle. Denn letztlich könnte damit zumindest theoretisch auf Intermediäre verzichtet werden. Entsprechend ausführlich widmet sich das Kapitel der Zielsetzung und Potentialbewertung. Es wird das Geschäftsmodell beschrieben und wie die Blockchain dabei als wesentlicher Treiber wirken könnte. Diese sehr gelungen Darstellung, die mit einer Zusammenstellung wesentlicher Erkenntnisse und Handlungsempfehlungen endet, macht „Lust auf mehr“. Man beginnt automatisch selbst über weitere interessante Szenarien nachzudenken.
Insgesamt ein zur Darstellung und Einordnung der Thematik gelungenes Buch, das trotz einiger weniger Kritikpunkte allen, die sich mit der Thematik vertraut machen möchten, empfohlen werden kann.
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Knoll, M. Blockchain-Technologie in der Energiewirtschaft – Blockchain als Treiber der Energiewende. HMD 61, 1062–1065 (2024). https://doi.org/10.1365/s40702-024-01093-0
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