Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält | |
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Er schwieg einige Minuten, und schien einen heftigen Kampf zu kämpfen; dann drehte er sich rasch zu dem Richter.
„Kann ich auf eine Viertelstunde mit ihnen allein seyn?“
Die Geschwornen sahen sich zweideutig an, entfernten sich aber auf einen gebietenden Wink ihres Herrn.
„Nun, was verlangen sie?“
„Ihr gestriges Betragen, Herr Oberamtmann, hätte mich nimmermehr zu einem Geständniß gebracht, denn ich troze der Gewalt. Die Bescheidenheit, womit sie mich heute behandeln, hat mir Vertrauen und Achtung gegen sie gegeben. Ich glaube, daß sie ein edler Mann sind.“
„Was haben sie mir zu sagen?“
„Ich sehe, daß sie ein edler Mann sind. Ich habe mir längst einen Mann gewünscht wie sie. Erlauben sie mir Ihre rechte Hand.“
„Wo will das hinaus?“
„Dieser Kopf ist grau und ehrwürdig. Sie sind lang in der Welt gewesen – haben der Leiden wohl viele gehabt – Nicht wahr? und sind menschlicher worden?“
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1785–1787, Seite 57. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band1_Heft2_057.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)