Nothing Special   »   [go: up one dir, main page]

„Völkermord in Ruanda“ – Versionsunterschied

[gesichtete Version][gesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
Link hinzugefügt
Markierungen: Mobile Bearbeitung Bearbeitung von einer mobilen Anwendung Bearbeitung mit iOS-App App-Bearbeitung eines Abschnitts im Quelltextmodus
 
(22 dazwischenliegende Versionen von 5 Benutzern werden nicht angezeigt)
Zeile 4:
Als '''Völkermord in Ruanda''' werden umfangreiche Gewalttaten in [[Ruanda]] bezeichnet, die am 7. April 1994 begannen und bis Mitte Juli 1994 andauerten. Sie kosteten circa 800.000 bis 1.000.000 Menschen das Leben, die niedrigsten Schätzungen gehen von mindestens 500.000 Toten aus. In annähernd 100 Tagen töteten Angehörige der [[Hutu]]-Mehrheit etwa 75 Prozent der in Ruanda lebenden [[Tutsi]]-Minderheit sowie Hutu, die sich am [[Völkermord]] nicht beteiligten oder sich aktiv dagegen einsetzten.<ref name=":0">Die Zahl der Opfer schwankt in der Literatur und der Berichterstattung. Am häufigsten ist die Angabe 800.000 bis 1.000.000. Gelegentlich wird auch von mehr als einer Million Toten gesprochen. Alison Des Forges gibt in ihrer umfangreichen Studie eine vorsichtigere Schätzung ab. Sie nennt eine Zahl von mindestens 500.000 Toten und geht davon aus, dass zirka dreiviertel aller Tutsi, die damals im Land registriert waren, umgebracht wurden (Alison Des Forges: ''Kein Zeuge.'' S. 34). Zur Spannweite der angegebenen Opferzahlen exemplarisch Vlasta Jalušič in {{BibISBN|978-3-643-50199-8|Kapitel=Bosnien und Ruanda: Durch Erinnerung Vergessen statt Verstehen?|Seite=148}}</ref> Die Täter kamen aus den Reihen der ruandischen Armee, der Präsidentengarde, der Nationalpolizei (Gendarmerie) und der Verwaltung. Zudem spielten die [[Freischar|Milizen]] der [[Impuzamugambi]] sowie vor allem der [[Interahamwe]] eine besonders aktive Rolle. Auch weite Teile der Hutu-Zivilbevölkerung beteiligten sich am Völkermord. Der [[Völkermord|Genozid]] ereignete sich im Kontext eines langjährigen Konflikts zwischen der damaligen ruandischen Regierung und der Rebellenbewegung [[Ruandische Patriotische Front]] (RPF).
 
Im Verlauf und im Nachgang der Ereignisse wurden die [[Vereinte Nationen|Vereinten Nationen]] (UN) und Staaten wie die [[Vereinigte Staaten|USA]], [[Vereinigtes Königreich|Großbritannien]], und [[Belgien]] wegen ihrer Untätigkeit kritisiert. Dabei stand die Frage im Mittelpunkt, aus welchen Gründen eine frühzeitige [[humanitäre Intervention]] nicht erfolgte, beziehungsweise warum die vor Ort stationierten [[Friedenstruppen der Vereinten Nationen]], die [[United Nations Assistance Mission for Rwanda]] (UNAMIR), bei Ausbruch der Gewalt nicht gestärkt, sondern verkleinert wurden. Gegen [[Frankreich]] wurde überdies der Vorwurf erhoben, sich an den Verbrechen beteiligt zu haben.
 
Der Völkermord in Ruanda erzeugte darüber hinaus erhebliche regionale Probleme. Nachdem die RPF die Hutu-Machthaber vertrieben, damit den Völkermord beendet und eine neue Regierung gebildet hatte, flohen im Sommer 1994 hunderttausende Hutu in den Osten von [[Zaire]] (heute [[Demokratische Republik Kongo]]). Unter den Flüchtlingen waren viele Täter, die anschließend zur Wiedereroberung Ruandas rüsteten. Die ruandische Armee nahm diese Aktivitäten mehrfach zum Anlass, im westlichen Nachbarland zu intervenieren.
Zeile 53:
 
=== Vorbereitung des Genozids ===
Zur Vorbereitung des Völkermordes gehörte die Entwicklung und Verbreitung einer Ideologie, die auf Vernichtung der Tutsi abzielte und jedes Zusammenleben mit ihnen als Verrat an den Hutu denunzierte. Seit 1990 verbreitete die Zeitung [[Kangura]] unablässig entsprechende Aufforderungen. Die Publikation der sogenannten „Zehn Gebote der Hutu“<ref>{{Internetquelle name|url="ZehnGebotehttp://www.trumanwebdesign.com/~catalina/commandments.htm |titel=Kangura: The ‘Hutu Ten Commandments’ |sprache=en |archiv-url=https://web.archive.org/web/20060512004333/http://www.trumanwebdesign.com/~catalina/commandments.htm |archiv-datum=2006-05-12 |offline=1" |abruf=2007-12-25}}</ref> war eine der prägnantesten rassistischen Äußerungen dieses Presseorgans. Zwei dieser zehn Gebote richteten sich speziell gegen Tutsi-Frauen.<ref>Abdruck dieser Gebote auf einer {{Webarchiv |url=http://www.trumanwebdesign.com/~catalina/commandments.htm |text=privaten Website |wayback=20060512004333}} (englisch) abgerufen am 25. Dezember 2007.</ref>
 
[[Léon Mugesera]], ein Anführer der MRND, rief als erster führender Politiker öffentlich in einer Ansprache am 22. November 1992 zur Ermordung der Tutsi und oppositioneller Hutu auf. Er wurde daraufhin wegen Volksverhetzung angeklagt und flüchtete 1993 nach Kanada.<ref>Dominic name="Johnson: [http://www.taz.2012de/Kanada-01liefert-mutmasslichen-Hetzer-aus/!86307/ ''Kanada ist kein Zufluchtsort für Hetzer mehr'']. In: [[Die Tageszeitung]], 25". Januar 2021.</ref>
 
Noch wichtiger war die Verbreitung solcher Botschaften über das Radio – Ruanda hatte eine [[Analphabetismus|Analphabetenquote]] von über 40 Prozent.<ref>''The Report Of The International Panel Of Eminent Personalities To Investigate The 1994 Genocide In Rwanda And The Surrounding Events'', ( {{Webarchiv |url=http://www.aegistrust.org/images/stories/oaureport.pdf |text=Abschnitt 16.15. |wayback=20150908042110}} (PDF; 908 kB; englisch) abgerufen am 24. Dezember 2007).</ref> Die Machtgruppe um Präsident Habyarimana nahm am 8. August 1993 den Sendebetrieb des Propaganda-Senders [[Radio-Télévision Libre des Mille Collines]] (RTLM) auf. Zu den insgesamt acht Moderatoren dieser Radiostation gehörte [[Georges Ruggiu]], ein Belgier, der unter anderem Belgien und das belgische Blauhelm-Kontingent scharf angriff. Der Sender erfreute sich wegen seines lockeren Stils, aufgrund der Interaktion durch Anrufe von und Interviews mit Hörern sowie wegen der offenbar ansprechenden Musikauswahl rasch großer Beliebtheit.<ref>Unter anderem schildert Paul Rusesabagina, der frühere Direktor des Hotel de Milles Colines, den durchschlagenden Erfolg von RTLM. Siehe Paul Ruseabagina: ''Ein gewöhnlicher Mensch.'' S. 74. Zur Rolle von RTLM siehe auch Karen Krüger: ''Worte.''</ref> Auch nutzte er – obwohl offiziell ein Konkurrenzmedium – Ressourcen des staatlichen Senders und des Präsidentenpalastes. Zur Ausweitung der Hörerschaft teilte die Regierung kostenlos Radioapparate an lokale Behörden aus.<ref>Zur Bedeutung von Kangura und von RTLM siehe Alison Des Forges: ''Kein Zeuge.'' S. 104–108 und S. 96–100; Alex Obote Odora: ''Responsibility.'' S. 307–310.</ref>
Zeile 76:
Ungefähr 30 Minuten nach dem Attentat begannen in Kigali die Morde an oppositionellen Hutu, prominenten Tutsi und Befürwortern des Arusha-Friedensabkommens. Die Täter, allen voran Mitglieder der Präsidentengarde, gingen anhand vorbereiteter Listen vor, spürten ihre Opfer in deren Häusern auf und brachten sie um. Mitglieder anderer Truppenteile unter dem Kommando extremistischer Hutu-Offiziere sowie Milizen unterstützten sie dabei. Zu den ersten Opfern gehörte Premierministerin [[Agathe Uwilingiyimana]], die gemäß der Verfassung nach dem Präsidenten das zweithöchste Staatsamt bekleidete. [[Ghana]]ische und belgische Angehörige der [[United Nations Assistance Mission for Rwanda|UNAMIR]], die zu ihrem Schutz abgestellt waren, konnten ihre Ermordung nicht verhindern. Sie wurden gefangen genommen, die zehn belgischen Soldaten wurden anschließend ebenfalls ermordet.<ref>Zu den ersten Morden in Kigali beispielsweise Alison Des Forges: ''Kein Zeuge.'' S. 243, S. 249–252; Roméo Dallaire: ''Handschlag.'' S. 273, 275, 286 f und Bruce D. Jones: ''Peacemaking.'' S. 38. Zur Ermordung Uwilingiyimanas Roméo Dallaire: ''Handschlag.'' S. 289; Alison Des Forges: ''Kein Zeuge.'' S. 233 f. Zur Ermordung der belgischen Blauhelmsoldaten Alison Des Forges: ''Kein Zeuge.'' S. 231.</ref>
 
Oberst [[Théoneste Bagosora|Bagosora]] füllte noch in der Nacht vom 6. auf den 7. April das entstandene Machtvakuum an der Staatsspitze aus. Er machte sich zum Vorsitzenden des sogenannten Krisenstabs, der ausschließlich aus Angehörigen des ruandischen Militärs bestand. Die vollständige Übernahme der Macht durch Bagosora lehnte die Mehrheit der Offiziere dieses Gremiums ab. Am 8. April ließ Bagosora extremistische Hutu-Politiker zusammenrufen und forderte sie zur Bildung einer Übergangsregierung auf. Zum Staatspräsidenten wurde [[Théodore Sindikubwabo]], zum Premierminister [[Jean Kambanda]] ernannt.<ref>Zur Rolle Bagosoras in den ersten Stunden nach dem Attentat auf Habyarimana siehe Alison Des Forges: ''Kein Zeuge.'' S. 227 f, S. 231, S. 233 f. Zur Bildung der Übergangsregierung unter den [[Auspizien]] Bagosoras siehe Alison Des Forges: ''Kein Zeuge.'' S. 238–241; ''The Report Of The International Panel Of Eminent Personalities To Investigate The 1994 Genocide In Rwanda And The Surrounding Events''. Abschnitt 14.12. ({{Webarchiv |url=http://www.aegistrust.org/images/stories/oaureport.pdf |text=Online-Version |wayback=20150908042110}} (PDF; 908 kB; englisch) abgerufen am 24. Dezember 2007).</ref>
 
Die internationale Gemeinschaft reagierte auf den Ausbruch der Gewalt, indem sie Ausländer aus Ruanda ausflog. Französische und belgische Soldaten führten die entsprechenden [[Evakuierung]]smaßnahmen durch. Die Zahl der stationierten Blauhelm-Soldaten wurde, ausgelöst durch die Ermordung der zehn belgischen UNAMIR-Angehörigen, drastisch reduziert.
Zeile 91:
Schätzungen zur genauen Zahl der auch [[Génocidaire]]s genannten Täter weichen erheblich voneinander ab. Einzelne Studien gehen von einigen Zehntausend Tätern aus, andere Autoren sprechen von drei Millionen. Vielfach basieren diese Angaben auf Spekulationen.<ref>{{BibISBN|0801444489|Seite=115|Kommentar=Anmerkung 28}}</ref> Eine 2006 veröffentlichte [[Empirische Sozialforschung|empirische Studie]] schätzt die Zahl der Täter, die einen oder mehrere Morde begingen, auf 175.000 bis 210.000. Das entspricht einem Anteil von etwa sieben bis acht Prozent der damaligen erwachsenen Hutu beziehungsweise 14 bis 17 Prozent der männlichen erwachsenen Hutu.<ref>{{BibISBN|0801444489|Seite=117 f|Kommentar=Als Erwachsene gelten in diesem Fall alle 18- bis 54-Jährigen.}}</ref> Im Jahr 1997 hatte in Ruanda die Zahl der Inhaftierten, denen Völkermorddelikte vorgeworfen werden, einen Spitzenwert von 140.000 Personen erreicht. Im Jahr 2000 wurden 110.000 und 2006 noch etwa 80.000 Inhaftierte gezählt.<ref>{{BibISBN|0801444489|Seite=98|Kommentar=Zahlen für das Jahr 2000}} Und bei Axel T. Paul: ''Schuld.'' S. 42 (für 1997 und 2006).</ref>
 
Die Täter waren mit überwältigender Mehrheit Männer. Der Anteil der Frauen lag bei etwa drei Prozent.<ref>{{BibISBN|0801444489|Seite=100}}</ref> [[Pauline Nyiramasuhuko]], Ministerin für Familie und Frauen, war am Völkermord in Ruanda maßgeblich beteiligt. Sie hielt über den staatlichen Radiosender [[Radio Rwanda]] aufstachelnde Reden,<ref name="Times 1">{{Literatur |Autor=[[Peter Landesman]] |Titel=A Woman’s Work |Sammelwerk=[[The New York Times]] |Datum=2002-09-15 |Sprache=en | online], englisch |Abruf=2014-04-18}}</ref> hetzte Hutu-Milizen in Butare auf Flüchtlinge, rief zur Massenvergewaltigung von Tutsi-Frauen auf und wählte dabei einige der Opfer persönlich aus.<ref name="Spiegel.49/2002">{{Der Spiegel |ID=25832008 |Autor=[[Alexander Smoltczyk]] |Titel=Tage des Gerichts |Jahr=2002 |Nr=49 |Seiten=}}</ref> Sie ist die erste Frau, die wegen Völkermord und [[Vergewaltigung#Vergewaltigungen im Krieg|Vergewaltigung als Verbrechen gegen die Menschlichkeit]] verurteilt wurde.<ref name="SpiegelOnline.2011-06-24">{{Internetquelle |url=https://www.spiegel.de/politik/ausland/ruanda-erste-frau-muss-wegen-voelkermords-lebenslaenglich-hinter-gitter-a-770480.html |titel=Ruanda: Erste Frau muss wegen Völkermords lebenslänglich hinter Gitter |werk=[[Der Spiegel (online)|Spiegel Online]] |datum=2011-06-24 |abruf=2014-04-18}}</ref><ref name="taz.2011-06-25">{{Literatur |Autor=Dominic Johnson: |Titel=[https://taz.de/!275640/ ''Ministerin für Vergewaltigung'']. |Sammelwerk=[[In: ''Die tageszeitung|taz]]Tageszeitung'', |Datum=2011-06-25. |Seiten=2Juni |>2011%2F06%2F25%2Fa0122&cHash=79a4a72c315eae3baa1e7cdb4bf0adf0, online]abgerufen am 18. April |Abruf=2014-04-18}}.</ref>
 
Täter kamen aus allen Teilen der Bevölkerung. An der Spitze standen Personen mit Macht und Einfluss im Militär, in der Politik sowie in der Verwaltung. Das traf auf die nationale und auf die lokale Ebene zu. Von ihrer Anzahl her waren diese Eliten wenig bedeutend. Das Gros der Génocidaires setzte sich aus gewöhnlichen ruandischen Männern zusammen.<ref>{{BibISBN|0801444489|Seite=107 f. |Kommentar=So die Formulierung von Scott Straus, der sich dabei bewusst an [[Christopher Browning]] anlehnt.}}</ref> Sie unterschieden sich hinsichtlich ihrer Bildung, ihres Berufs, ihres Alters und der Anzahl ihrer Kinder nicht vom Bevölkerungsdurchschnitt.<ref>{{BibISBN|0801444489|Seite=108}}</ref> Täteranalysen deuten an, dass die gewaltsamsten unter ihnen junge, unterdurchschnittlich gebildete Männer waren mit wenigen oder keinen Kindern. Zugleich zeigen sie, dass die lokalen Initiatoren von Völkermordaktionen zur lokalen Elite gehörten. Diese Personengruppe war sehr gut in das lokale Gemeinwesen integriert und besaß eine überdurchschnittliche Bildung.<ref>{{BibISBN|0801444489|Seite=103–121|Kommentar=Zum Sozialprofil der lokalen Täter}}</ref>
Zeile 169:
 
=== Vergewaltigungsopfer ===
Die genaue Zahl der Frauen und Mädchen, die während des Völkermords in Ruanda vergewaltigt wurden, ist nicht bekannt. Nach Angaben von [[UNICEF]] wird die Zahl der vergewaltigten Mädchen und Frauen auf 250.000 bis 500.000 geschätzt.<ref name="UNICEF 1">{{Internetquelle |url=http://www.unicef.de/medica_mondiale.html |titel=Mädchen und Frauen als Zielscheibe |hrsg=[[UNICEF]] |datum=2004-03-04 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20070927191123/http://www.unicef.de/medica_mondiale.html |archiv-datum=2007-09-27 |offline=1 |abruf=2014-04-21}} Scott Straus (''Order.'' S. 52) hält die Zahl von mindestens 250.000 Vergewaltigungen für möglicherweise zu hoch.</ref> Die betroffenen Frauen leiden häufig unter sozialer [[Ächtung]], denn auch in Ruanda gelten solche Taten zugleich als persönliche [[Schande]] der Opfer. Viele vergewaltigte Frauen sind durch die sexuellen Gewalttaten Mütter geworden – Schätzungen gehen von 2000 bis 5000 Fällen aus. Ein hoher Prozentsatz der Vergewaltigten ist [[HIV]]-positiv.<ref>Zum Umfang und zu den Folgen der Vergewaltigungen für ruandische Frauen und Mädchen siehe den Bericht der OAU über den Völkermord in Ruanda: ''The Report Of The International Panel Of Eminent Personalities To Investigate The 1994 Genocide In Rwanda And The Surrounding Events.'' Abschnitt 16.17–16.32. ( {{Webarchiv |url=http://www.aegistrust.org/images/stories/oaureport.pdf |text=Online-Version |wayback=20150908042110}} (PDF; 908 kB; englisch) abgerufen am 24. Dezember 2007). Vgl. im Detail auch den Bericht von Human Rights Watch über sexuelle Gewalt während des Völkermords [https://hrw.org/reports/1996/Rwanda.htm ''Shattered Lives. Sexual Violence during the Rwandan Genocide and its Aftermath''].</ref> Die Behandlung vergewaltigter Frauen, die an [[AIDS]] erkrankt sind, scheitert oft an den Kosten für die entsprechenden Medikamente. Personen, die auf Grund des Völkermords interniert sind, werden dagegen behandelt, weil entsprechende Ressourcen bereitgestellt werden.<ref>Lindsey Hilsum: ''Rwandan genocide survivors denied AIDS treatment.'' Artikel des [[The BMJ|British Medical Journal]], April 2004. Siehe überdies Shelley Whitman: ''Plight.'' S. 96 f. und 101.</ref>
 
=== Haushalte ohne Erwachsene ===
Zeile 211:
=== Versöhnungspolitik ===
[[Datei:Kagame at EAC summit.jpg|mini|Paul Kagame (2006)]]
Die Regierung Ruandas unter der Führung der RPF versuchte nach dem Ende des Völkermords eine Politik des Wiederaufbaus und der Versöhnung.<ref>Zur Versöhnungspolitik und zu Demokratiedefiziten in Ruanda siehe die Darstellung der [[Bertelsmann- Stiftung]] über Ruanda im Rahmen der Studie [http://bti2003.bertelsmann-transformation-index.de/83.0.html ''Den Wandel gestalten – Strategien der Entwicklung und Transformation''] sowie Eugenia Zorbas: ''Reconciliation''.</ref> Diese Politik, von Paul Kagame wesentlich geprägt, war von der Abwehr der Gefahr durch Hutu-Extremisten beeinflusst, die von Zaire aus Ruanda destabilisieren und rückerobern wollten. Diese Bedrohung und die Erfahrung des Völkermords führten zur Herausbildung eines ausgeprägten Sicherheitsbedürfnisses, das die Ablehnung innenpolitischer Demokratisierungsforderungen wesentlich mit beeinflusst. Internationale Beobachter kritisieren erhebliche Mängel, wenn es um die Wahrung von Menschenrechten sowie um Presse- und Meinungsfreiheit geht.
 
Öffentlich darf in Ruanda nur von ''Banyarwanda'', von Ruandern, nicht mehr von Tutsi, Twa oder Hutu gesprochen werden. Die Regierung hat entsprechende Eintragungen in den Personalpapieren abgeschafft. Wer mit Bezug auf die Gegenwart mit ethnischen Begriffen argumentiert, kann wegen „Divisionismus“, also der gezielten Spaltung der Bevölkerung, angeklagt werden. Zugleich zeigen Umfragen, dass die Bevölkerung sehr wohl in ethnischen Kategorien denkt und mit ihnen Menschen unterscheidet.
Zeile 220:
 
=== Ermittlungen und Klagen gegen RPF-Vertreter ===
Gegen Paul Kagame und weitere Leitungskräfte der RPF sind wiederholt Ermittlungen aufgenommen und Klagen erhoben worden, weil der Verdacht besteht, dass dieser Personenkreis führend an Verbrechen beteiligt gewesen ist. Am ICTR hat die Schweizerin [[Carla Del Ponte]] im Jahr 2000 Ermittlungen gegen RPF-Mitglieder initiiert, die im Verdacht stehen, während des Bürgerkriegs und anschließend schwere Verbrechen begangen zu haben. Diese Ermittlungen, die nicht abgeschlossen wurden, stießen bei der ruandischen Regierung auf Missfallen. Das soll 2003 mit zur Ablösung del Pontes als Chefanklägerin des ICTR beigetragen haben.<ref>{{Internetquelle |autor=Maritta Tkalec |url=https://www.berliner-zeitung.de/archiv/tribunal-mit-neuem-anklaeger,10810590,10115798.html |titel=Ruanda: Tribunal mit neuem Ankläger |werk=[[Berliner Zeitung]] |datum=2003-09-15 |abruf=2015-06-08}}</ref> Der französische Ermittlungsrichter [[Jean-Louis Bruguière]] erhob gegen den ruandischen Präsidenten und neun weitere Personen Anklage. Sie werden für den Abschuss der Präsidentenmaschine am 6. April 1994 verantwortlich gemacht und damit für die Ermordung der Crew und aller Insassen des Flugzeugs. Die Anklage führte zum Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen Frankreich und Ruanda.<ref>[https://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,450651,00.html ''Ruanda friert Beziehungen zu Paris ein''], Bericht auf [[Der Spiegel (online)|Spiegel Online]] am 24. November 2006.</ref> Im Februar 2008 wurden in Spanien internationale Haftbefehle gegen 40 Angehörige der RPF ausgestellt. Die Gesuchten werden beschuldigt, in Ruanda und Zaire schwere Verbrechen begangen zu haben. Kagame zählt zum Kreis der Beschuldigten. Die ruandische Regierung sprach von einer Kampagne, die von Hutu-Extremisten inszeniert worden sei.<ref>Francois Misser: [http://www.taz.de/Dubiose-Kampagne-gegen-Ruanda/!12818/ ''Dubiose Kampagne gegen Ruanda. Tutsi-Militärs droht Prozess in Spanien''], in: [[dieDie tageszeitungTageszeitung]] vom 12. Februar 2008.</ref> Im November 2008 gerieten die Beziehungen von Deutschland und Ruanda in eine Krise. Deutsche Behörden hatten zuvor [[Rose Kabuye]], eine Vertraute Kagames sowie ehemals ranghohes Mitglied der RPF, festgenommen und an Frankreich ausgeliefert. Die französischen Behörden werfen ihr die Beteiligung am Abschuss der Maschine von Juvénal Habyarimana vor.<ref>Andrea Jeska, Bartholomäus Grill: [http://www.zeit.de/online/2008/47/ruanda?page=all ''„Die Mörder lasst ihr laufen“.''] auf: ''Zeit online.'' 19. November 2008. Abruf am 19. November 2008.</ref>
 
=== Rolle Frankreichs beim Völkermord ===
Der ruandischen Regierung zufolge liegt ein ReportBericht vor, der zwanzig französischen Militärangehörigen sowie zwölf Politikern, darunter [[Édouard Balladur]], [[Alain Juppé]] und [[François Mitterrand]], eine führende Rolle bei der Durchführung der Massaker zuweist. Im August 2008 folgte als Reaktion Ruandas die Drohung, internationale Haftbefehle gegen hochrangige französische Offizielle zu erlassen.<ref>{{Webarchiv |url=http://www.newvision.co.ug/D/8/12/648693 |text=''Rwanda to indict French officials''. Artikel vom 8. September 2008 auf der ugandischen website ''new vision'' |wayback=20080911192243}}, Abruf am 22. September 2008. Siehe auch [https://www.tagesspiegel.de/politik/international/ruanda-frankreich-war-aktiv-am-voelkermord-beteiligt/1294142.html ''Ruanda: Frankreich war aktiv am Völkermord beteiligt''], in: ''[[Tagesspiegel|Der Tagesspiegel]]'', 5. August 2008; [https://www.sueddeutsche.de/politik/voelkermord-an-den-tutsi-ruanda-gibt-frankreich-mitschuld-am-genozid-1.591737 ''Ruanda gibt Frankreich Mitschuld am Genozid''], in: ''[[Süddeutsche Zeitung]].'' 6. August 2008.</ref> In einer ersten Reaktion von französischer Seite wurden sämtliche Anschuldigungen entschieden zurückgewiesen.<ref name="thenational.ae20080826">{{Internetquelle |autor=Matt Brown |url=http://www.thenational.ae/news/world/africa/france-faces-accusations-over-rwanda-massacre |titel=France faces accusations over Rwanda massacre |hrsg=The National |datum=2008-08-26 |abruf=2014-10-07 |sprache=en}}</ref>
 
Frankreich unterhielt seit der Hutu-Revolution enge Kontakte zur Regierung und betrachtete Ruanda als wesentlichen Teil der [[Frankophonie]] und damit des eigenen Einflussbereichs in Afrika. Die Übergriffe der RPF wurden als „anglophone“ Aggression und Bedrohung empfunden, als Versuch, Ruanda zu übernehmen und aus dem französischen Einflussbereich herauszulösen. In diesem Zusammenhang wurde Frankreich auch beschuldigt, mit der ''légion présidentielle'' einen Stab für Strategie und [[Psychologische Kriegsführung|psychologische Kriegführung]] innerhalb der ruandischen Armee geschaffen zu haben, der nur auf Weisung Mitterrands gehandelt habe. Nach Beginn des Völkermords seien überdies zahlreiche französische Militärs im Lande geblieben. Sie seien in ruandische Hutu-Armeeeinheiten eingegliedert worden, die aktiv am Völkermord teilnahmen.<ref>Lina Melvern: [http://www.timesonline.co.uk/tol/comment/columnists/guest_contributors/article4481353.ece ''France and genocide: the murky truth. How far was Mitterrand’s Government involved in the slaughter of hundred of thousands of Rwandans?''] In: ''The Times.'' 8. August 200; abgerufen am 22. September 2008.</ref> Nach einer Verlautbarung des ruandischen Justizministeriums sollen französische Soldaten auch im Rahmen der Opération Turquoise aktiv an den Massakern teilgenommen haben.<ref name="thenational.ae20080826" /> Im April 2019 teilte der französische Präsident [[Emmanuel Macron]] mit, er habe eine Historikerkommission damit beauftragt, „alle französischen Archive in Bezug auf Ruanda zwischen 1990 und 1994“ einzusehen und einen Bericht zur Rolle Frankreichs zu erarbeiten.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/macron-prueft-rolle-frankreichs-beim-voelkermord-in-ruanda-16126241.html |titel=Völkermord in Ruanda. Macron will Rolle Frankreichs prüfen lassen |werk=Frankfurter Allgemeine Zeitung |datum=2019-04-05 |abruf=2019-04-06}}</ref> Diese Historikerkommission betonte in dem im März 2021 veröffentlichten Abschlussbericht, Frankreich trage eine „schwere und erdrückende Verantwortung“ für den Genozid. Die Historiker bewerteten Frankreichs Agieren als „Blindheit“ und „Versagen“, weil es den Völkermord nicht verhindert habe. Unter dem damaligen Präsidenten [[François Mitterrand]] habe das Land „bedingungslos“ das „rassistische, korrupte und gewalttätige“ Regime Juvénal Habyarimanas unterstützt. Mitterrand habe enge persönliche Beziehungen zu Habyarimana unterhalten und diesen mehrfach in Paris empfangen. Eine „Mittäterschaft“ Frankreichs an den Tötungen konnte die Kommission nicht nachweisen.<ref>{{Internetquelle |autor= |url=https://www.spiegel.de/politik/ausland/ruanda-historiker-sehen-frankreich-als-mitverantwortlich-fuer-voelkermord-a-98a23697-71de-46fc-b698-f0ebebfca313 |titel=Ruanda: Historiker sehen Frankreich als mitverantwortlich für Völkermord |werk=Der Spiegel |abruf=2021-03-26 |sprache=de}}</ref>
Zeile 242:
In den publizistischen Auseinandersetzungen spielt gelegentlich eine Rolle, inwieweit die Gewalttaten der RPF gegen Hutu ebenfalls als Völkermord einzuordnen seien. Wäre dies der Fall, müsse man von zwei, eventuell sogar von drei Völkermorden sprechen; einer hätte den Tutsi und den gemäßigten Hutu gegolten, dem zweiten seien Hutu innerhalb Ruandas zum Opfer gefallen, als die RPF die politische und militärische Macht übernahm, und der dritte Genozid sei in den Lagern Ostzaires an Hutu-Flüchtlingen begangen worden. Eine empirische Studie hat diese Frage untersucht. Der Autor berichtet über stark abweichende Tötungsmuster. Nur die Gewalt an den Tutsi und den oppositionellen Hutu sei ein Völkermord gewesen. Die Gewalt gegen die Hutu sei mit den Begriffen [[Terror]] beziehungsweise ''Massaker'', nicht aber mit dem Begriff ''Genozid'' korrekt bezeichnet.<ref>Zur Relevanz dieser Mehrfach-Genozid-These und zu ihrer empirischen Untersuchung siehe Philip Verwimp: ''Testing.'' insbesondere S. 423 und S. 441.</ref>
 
Anfang Oktober 2010 erschien ein Bericht des UNHCHR. Ruanda wird darin vorgeworfen, schwere Menschenrechtsverletzungen im Kongo begangen zu haben bzw. an diesen beteiligt gewesen zu sein. Nach dem Bericht gebe es Indizien dafür, dass die von Ruandas Regierung unterstützen Milizen dort Völkermord verübt hätten. Opfer seien Hutu gewesen, insbesondere Kinder, Frauen, Alte und Kranke. Ruanda wies den Bericht zurück.<ref>Horand Knaup: [https://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,720816,00.html ''Uno-Bericht empört Kongos Nachbarn. Untersuchung zu Kriegsgräueln.''] auf: ''[[Der Spiegel (online)|Spiegel Online]].'' 1. Oktober 2010. (Abruf am 11. Februar 2011).</ref>
 
Im Januar 2012 kam ein Bericht des französischen Untersuchungsrichters Marc Trévidic zu dem Ergebnis, dass das Flugzeug von Präsident Habyarimana 1994 durch eine Hutu-Rakete getroffen worden sei. Trévidic führte seine Ermittlungen mit Hilfe mehrerer Flug- und [[Ballistik]]experten vor Ort durch. Die Rakete ist den Untersuchungen zufolge nicht aus einer Stellung der Tutsi-Rebellen abgefeuert worden, sondern aus dem Militärcamp Kanombé, also von Habyarimanas Regierungstruppen. Das Attentat auf Habyarimana hätte Hutu-Extremisten als Vorwand für den Genozid gedient.<ref>[https://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/723072/Was-den-RuandaGenozid-ausloeste?from=gl.home_politik ''Was den Ruanda-Genozid auslöste.''] auf: ''diepresse.com'', 11. Januar 2012.</ref>
Zeile 275:
Die Geschehnisse im Frühjahr und Sommer des Jahres 1994 sind inzwischen verschiedentlich literarisch verarbeitet worden. Ein ungewöhnliches Konzept stellte das vom [[tschad]]ischen Journalisten Nocky Djedanoum ins Leben gerufene Literaturprojekt ''Ruanda – Schreiben aus der Pflicht zu erinnern'' dar. Es sollte dem Schweigen auch afrikanischer Intellektueller angesichts des Völkermordes Rechnung tragen und ermöglichte 1998 zehn afrikanischen Schriftstellern einen Aufenthalt in Ruanda. Daraus entstanden zehn fiktionale Texte, darunter ein preisgekrönter Roman des senegalesischen Schriftstellers [[Boubacar Boris Diop]].<ref>Anja Bandau: ''Ruanda: Schreiben aus der Pflicht zu erinnern. Literatur zwischen Imagination und Zeugenschaft.'' In: Christa Ebert, Brigitte Sändig (Hrsg.): ''Literatur und soziale Erfahrung am Ausgang des 20. Jahrhunderts.'' Berlin 2003, 13–32.</ref><ref>siehe auch: [https://web.archive.org/web/20140320023257/http://www.nzz.ch/aktuell/startseite/article7JFXZ-1.366909 Artikel] in der [[Neue Zürcher Zeitung|Neuen Zürcher Zeitung]] über das Projekt.</ref> Bislang sind drei dieser Texte – der Roman ''L’Ombre d’Imana'' von Véronique Tadjo aus der Elfenbeinküste,<ref>Véronique Tadjo: ''Der Schatten Gottes. Reise ans Ende Ruandas.'' Peter Hammer Verlag, Wuppertal 2001, ISBN 3-87294-868-7.</ref> ''Moisson de crânes'' von [[Abdourahman Waberi]] aus Dschibuti<ref>Abdourahman Waberi: ''Schädelernte.'' Litradukt Literatureditionen, Kehl 2008, ISBN 978-3-940435-03-3.</ref> und ''Big Chiefs'' von Meja Mwangi aus Kenia<ref>Meja Mwangi: ''Big Chiefs.'' Peter Hammer Verlag, Wuppertal 2009, ISBN 978-3-7795-0231-9.</ref> – in deutscher Übersetzung erschienen.
 
Einige weitere Bücher über den Genozid liegen auf Deutsch vor. Der kanadische Journalist [[Gil Courtemanche]] hat den Völkermord im Roman ''Ein Sonntag am Pool in Kigali'' verarbeitet. Die Erzählung ist um eine Liebesgeschichte zwischen einer Hutu, die für eine Tutsi gehalten wird, und einem kanadischen Journalisten zentriert.<ref>Gil Courtemanche: ''Ein Sonntag am Pool in Kigali.'' Kiepenheuer & Witsch, Köln 2004, ISBN 3-462-03368-9.</ref> Im Jahr 2006 kam [[A Sunday in Kigali]], die Verfilmung dieses Romans, in die Kinos. Die deutsche Kinder- und Sachbuchautorin [[Hanna Jansen]] schildert die Ereignisse in ''Über tausend Hügel wandere ich mit dir'', indem sie die Perspektive eines Tutsi-Mädchens in den Mittelpunkt stellt, das die Ausrottung ihrer Familie überlebt.<ref>Hanna Jansen: ''Über tausend Hügel wandere ich mit dir.'' Thienemann Verlag, Stuttgart 2002, ISBN 3-522-17476-3.</ref> Die Erziehungswissenschaftlerin und Mitarbeiterin der Initiative Pro Afrika, Anke PönickePoenicke, veröffentlichte 2004 das Kinderbuch ''Agathe. Eine Berlinerin aus Ruanda''. Es erzählt die Geschichte der elfjährigen Agathe in Berlin, die sich mit ihrer Familiengeschichte und damit auch mit dem ruandischen Genozid auseinanderzusetzen beginnt und dabei mit der Gleichgültigkeit der westlichen Welt gegenüber diesem Ereignis konfrontiert wird.<ref>Anke PönickePoenicke: ''Agathe. Eine Berlinerin aus Ruanda.'' Books on African Studies/ Jerry Bedu-Addo, 2004, ISBN 3-927198-27-7.</ref> 2007 erschien die deutsche Übersetzung des zwei Jahre zuvor veröffentlichten Romans ''Die Optimisten'' des britischen Schriftstellers [[Andrew Miller (Autor, 1960)|Andrew Miller]]. Die Geschichte des Reporter Clem Glass, der schwer traumatisiert aus Ruanda nach Hause zurückkehrt und keinen Weg mehr ins normale Leben findet, illustriert, wie die ruandische Tragödie sich auch in europäischen Schicksalen niederschlägt.<ref>Andrew Miller: ''Die Optimisten.'' Roman, Paul Zsolnay Verlag, Wien 2007.</ref> Der Roman ''Hundert Tage'' des Dramatikers [[Lukas Bärfuss]] befasst sich mit den Ereignissen aus der Sicht eines Schweizer Entwicklungshelfers ([[Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit]]) in Ruanda und der Rolle der [[Entwicklungszusammenarbeit|Entwicklungshilfe]]; diese habe über Jahrzehnte das Regime Habyarimanas ungeachtet der Korruption und der menschenrechtlichen Defizite unterstützt und damit den Völkermord mitermöglicht.<ref>Lukas Bärfuss: ''Hundert Tage.'' Wallstein Verlag, 2008, ISBN 978-3-8353-0271-6.</ref> Die Rolle der [[Schweiz]] als Entwicklungshelferin in der ''Schweiz Afrikas'' im Zusammenhang mit dem Völkermord wurde durch Bundesrat [[Flavio Cotti]] in einer Studiengruppe um [[Joseph Voyame]] aufgearbeitet. Dazu folgten mehrere Anfragen im Parlament.<ref>[https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=19981113 98.1113 – Einfache Anfrage Schweiz-Ruanda. Fragen zum Völkermord, Curia Vista – Geschäftsdatenbank]; [https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=19963305 96.3305 – Interpellation Völkermord in Rwanda. Täter und Opfer, Curia Vista – Geschäftsdatenbank]; Christoph Wehrli: [https://www.nzz.ch/aktuell/schweiz/ein-musterpartner-der-zum-genozid-staat-wurde-1.18278011 ''Ein Musterpartner, der zum Genozid-Staat wurde''], [[Neue Zürcher Zeitung]], 5. April 2014.</ref> Ähnlich faktenreich erzählt auch [[Rainer Wochele]] in seinem Roman ''Der General und der Clown'': Im Zentrum seines Buches steht der Kommandeur der UN-Blauhelmgruppe, die, obwohl sie das grauenvolle Morden mit allen militärischen Mitteln stoppen will, aufgrund politischer Weisungen zum Zuschauen verdammt ist.<ref>Rainer Wochele: ''Der General und der Clown.'' Verlag Klöpfer&Meyer, 2008, ISBN 978-3-940086-20-4.</ref> Der deutsche Reporter [[Hans Christoph Buch]] verarbeitete im Roman ''Kain und Abel in Afrika'' seine persönliche Erfahrung des Völkermordes in Ruanda.<ref>Hans Christoph Buch: ''Kain und Abel in Afrika.'' Verlag Volk & Welt, Berlin 2001, ISBN 3-353-01170-6.</ref>
 
Der Schweizer Journalist [[Milo Rau]] inszenierte 2011 unter anderem im Berliner [[Hebbel am Ufer]] das Stück ''Hate Radio''.<ref>[https://www.bz-berlin.de/kultur/buehne/drama-ueber-ruandas-voelkermord-im-hau-article1330815.html Bericht auf bz-berlin.de], abgerufen am 11. Januar 2012.</ref>
Zeile 310:
* [[Mahmood Mamdani]]: ''When Victims become Killers. Colonialism, Nativism, and the Genocide in Rwanda.'' 2. Auflage. Fountain Publ. (u.&nbsp;a.), Kampala (u.&nbsp;a.), 2001, ISBN 0-85255-859-7.
* Alex Obote Odora: ''Criminal Responsibility of Journalists under International Criminal Law: The ICTR Experience.'' In: ''Nordic Journal of International Law.'' Jahrgang 73 (2004), S. 307–323.
* Axel T. Paul: ''Das Unmögliche richten – Schuld, Strafe und Moral in Ruanda.'' In: ''[[Leviathan (– Berliner Zeitschrift für Sozialwissenschaft)|Leviathan]].'' 34. Jahrgang, Heft 1 (März 2006), S. 30–60.
* [[Paul Rusesabagina]] (mit Tom Zoellner): ''Ein gewöhnlicher Mensch. Die wahre Geschichte hinter „[[Hotel Ruanda]]“.'' Deutsch von [[Hainer Kober]]. Berlin-Verlag, Berlin 2006, ISBN 3-8270-0633-3.
* Stefan Siebels: ''Die Flüchtlingskrise.'' In: Leonhard Harding (Hrsg.): ''Ruanda – Der Weg.'' S. 183–195.
Zeile 341:
 
=== Einzelnachweise ===
<references responsive />
<ref name="taz.2012-01-25">
{{Literatur
|Autor=[[Dominic Johnson (Journalist)|Dominic Johnson]]
|Titel=Kanada ist kein Zufluchtsort für Hetzer mehr
|Sammelwerk=[[die tageszeitung|taz]]
|Datum=2012-01-25
|Seiten=11
|Kommentar=Titel des Print-Artikels
| online]
|Abruf=2014-04-21}}
</ref>
<ref name="ZehnGebote 1">
{{Internetquelle
|url=http://www.trumanwebdesign.com/~catalina/commandments.htm
|titel=Kangura: The ‘Hutu Ten Commandments’
|sprache=en
|archiv-url=https://web.archive.org/web/20060512004333/http://www.trumanwebdesign.com/~catalina/commandments.htm
|archiv-datum=2006-05-12
|offline=1
|abruf=2007-12-25}}
</ref>
</references>
 
{{Gesprochener Artikel
Zeile 388 ⟶ 366:
[[Kategorie:Konflikt 1994]]
[[Kategorie:Kriminalfall 1994]]
[[Kategorie:Kriminalfall in Ruanda]]