=== Architektur ===
Das im Stil der [[Neue Sachlichkeit (Architektur)|Neuen Sachlichkeit]] von den Architekten Schöffler, Schlönbach & Jacobi erbaute und an amerikanischen Vorbildern orientierte [[Würfel (Geometrie)|kubische]], fast klotzige Gebäude auf dem 2700 m² großen Grundstück stellte mit seiner nahezu völlig schmucklosen Fassade zum Zeitpunkt der Erbauung eine Sensation dar, die auch vom damaligen Publikum und der Presse positiv aufgenommen wurde.<ref>''[[Vossische Zeitung]]'' vom 18. März 1928, ''[[Film-Kurier]]'' vom 11. Juli 1928</ref> Das Kino war zugleich als Konzertsaal sowie Theaterbühne eingerichtet.<ref name="1928BUEH">{{ANNO|bue|73|01|1928|512|Berlins neuestes Großkino (Bildunterschrift)|anno-plus=ja}} (Mit Nachtaufnahme des Gebäudes.)</ref> Auf der Ecke der beiden 16 Meter hohen Gebäudeflügel befand sich ein nach hinten versetzter, klotzartiger Turm von 24 Metern Höhe. Besonders auffällig war daneben der schlanke, 30 Meter<ref name="1928BUEH" /> hohe Beleuchtungsturm, auf dem sich noch eine sieben Meter hohe Fahnenstange befand. Mit seinen 27 BeleuchtungsringenLeuchtringen<ref name="1928BUEH" /> war er weithin sichtbar. Der Turm selbst erhob sich aus langen Lichtstreifen, die den Sockel quer umgaben. Diese [[Lichtarchitektur]] wurde mit dem Lichtingenieur Ernst Hölscher entwickelt, einem Assistenten des Elektro- und Lichttechnikers [[Joachim Teichmüller]].
Als repräsentatives Großkino mit Bühne besaß es einen großen Saal von 1920 Plätzen. Zum Zeitpunkt der Eröffnung betrugen die Preise für Kinokarten 1–3 [[Reichsmark|RM]]<ref name="19280128DKJ" /> (entspricht heute etwa {{Inflation|DE|1|1928|r=0}}–{{Inflation|DE|3|1928|r=0}} [[Euro|EUR]]<ref name="Inflation-1">Diese Zahlen wurden mit der [[Vorlage:Inflation]] ermittelt, sind auf volle EUR gerundet und beziehen sich auf Januar {{JETZIGES_JAHR}}.</ref>). Der repräsentative Eingang des Kinos befand sich damals direkt an der Ecke [[Schloßstraße (Berlin-Steglitz)|Schloßstraße]] an der Ecke zur Guthsmuthsstraße/Gutsmuthsstraße. Der Eingang führte zu einem großen – im Stil des [[Art déco]] ausgestalteten – [[Foyer]], in dem es auch ein [[Café]] gab und das auch die Garderobe für 1700 Personen enthielt.
=== Programm und Bedeutung ===
Auch der [[Sing-Akademie zu Berlin]], der weltweit ältesten gemischten Chorvereinigung, 1791 gegründet, wurde der Titania-Palast nach der starken Beschädigung ihres Stammhauses am Festungsgraben in [[Berlin-Mitte]] 1943 vorübergehend zur Heimstätte.
Zwei Jahre nach Kriegsende, am 28. September 1947, gab der [[Vereinigte Staaten|USAUS]]-Geigenvirtuose [[Yehudi Menuhin]] im Titania-Palast ein Konzert.<ref>''Berlin-Kalender 1997''. Hrsg. [[Luisenstädtischer Bildungsverein]], 1997, ISBN 3-89542-089-1, S. 177: 28. September.</ref>
Frühzeitig veranstaltete auch der [[RIAS]] im Titania-Palast Unterhaltungsabende, die im Radio übertragen wurden, so auch viele Auftritte der berühmten Kabarettgruppe [[Die Insulaner]]. Am 4. Dezember 1948 wurde im Titania-Palast die [[Freie Universität Berlin]] offiziell in einer feierlichen Veranstaltung eröffnet.
Am 18. April 1950 sprach [[Bundeskanzler (Deutschland)|Bundeskanzler]] [[Konrad Adenauer]] im Titania-Palast auf einer Kundgebung. Er forderte seine Zuhörer hierbeidanach auf, die dritte Strophe des [[Lied der Deutschen|Deutschlandliedes]] zu singen, daswas inals dieserunerwünschte ZeitEinflussnahme –auf obwohldie nichtEntscheidung verbotenfür –die alskünftige Ausdruckdeutsche nationalistischer GesinnungNationalhymne angesehen wurde.<ref>[https://www.konrad-adenauer.de/seite/08-mai-1950/ ''Konrad Adenauer, 8. Mai 1950.''] www.konrad-adenauer.de, Primärquelle: BArch, VS-B 122/15 Bd. A I, Bl. 212f. Abgerufen am 4. Dezember 2023.</ref><ref>Clemens Escher: [https://www.tagesspiegel.de/wissen/neue-hymnen-fur-das-land-3824089.html ''Deutschlandlied: Neue Hymnen für das Land.''] In: ''Tagesspiegel'', 18. April 2017, abgerufen am 5. Dezember 2023.</ref> Am 26. Juni 1950 gründete sich vor Orthier der [[Kongress für kulturelle Freiheit]] (CCF).
Ein herausragendes – im vom Krieg zerstörten Berlin sinnstiftendes – Ereignis waren ab 1951 die ersten [[Internationale Filmfestspiele Berlin 1951|Internationalen Filmfestspiele in Berlin]] (Berlinale) unter der Leitung von [[Alfred Bauer]]. Sechs Jahre nach Kriegsende und zwei Jahre nach dem Start des [[Internationale Filmfestspiele von Cannes|Filmfestivals von Cannes]] ging die Berlinale auf eine kulturpolitische Initiative der amerikanischen Alliierten zurück. Sie sollte einen Impuls zum Wiederaufbau der technisch und kulturell destruierten deutschen Filmindustrie geben. Diese Berlinale wurdefeierte am 6. Juni 1951 eröffnet und fand allerdings nur ein einziges Mal im Titania-Palast stattdie Premiere. Als Eröffnungsfilm wurde [[Alfred Hitchcock]]s ''[[Rebecca (1940)|Rebecca]]'' präsentiert, Stargast war die amerikanische Schauspielerin [[Joan Fontaine]]. Eine deutsche [[Preisgericht|Jury]] verlieh den ersten [[Goldener Bär|Goldenen Bären]] an vier Filme. Nach 1951 fanden erst im Rahmen der [[Internationale Filmfestspiele Berlin 2022|Berlinale 2022]] fanden wieder einzelne Vorführungen im Titania statt, so auch die Abschlussveranstaltung am 20. Februar 2022.<ref>Andreas Conrad: [https://www.tagesspiegel.de/berlin/ruckkehr-zum-titania-palast-in-berlin-das-kino-in-dem-mit-hitchcock-die-erste-berlinale-eroffnet-wurde-393463.html ''Rückkehr zum Titania-Palast: Das Kino, in dem mit Hitchcock die erste Berlinale eröffnet wurde.''] In: ''Tagesspiegel'', 16. Februar 2022, abgerufen am 5. Dezember 2023.</ref>
Das Haus wurde 1953 mit [[Anamorphotisches Verfahren|Cinemascope]] ausgerüstet.
Der Titania-Palast diente nun nicht mehr nur als Geschäftshaus, sondern auch als Kino, wenn auch in komplett neuen Räumen auf einer der neuen Zwischendecken. Der Name lebt weiter, und auch die Fassade erinnert noch an die Vergangenheit des einst berühmten Hauses an der Schloßstraße.
Der KinoeingangEingang des Kinos ''[[Cineplex]] Titania'' liegt nicht mehr direkt an der Schloßstraße, sondern an der Seite des Gebäudes in der [[Liste der Straßen und Plätze in Berlin-Steglitz#Gutsmuthsstraße*|Gutsmuthsstraße]] 27/28, gegenüber dem Einkaufszentrum ''[[Forum Steglitz]]''. Die Kinoschrift an der Hauswand und ein großer Pfeil weisen den Weg. Der heutige Titania-Palast hat mit dem historischen Lichtspieltheater nur noch den Namen und den Ort gemein. Äußerlich blieben allerdings viele architektonische Merkmale des ursprünglichen Gebäudes erhalten. Das Haus besitzt sieben Vorführsäle mit insgesamt etwa 1100 Plätzen und steht unter [[Denkmalschutz]].<ref>{{LDLBerlin|09065610}}</ref>
== Literatur ==
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[[Kategorie:Kino in Berlin]]
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