Das Rooftop Concert (‚Konzert auf dem Dach‘) war der letzte Live-Auftritt der Beatles. Er fand am 30. Januar 1969 in London statt. Da es weder Promotion noch Tickets gab, bestand das Publikum im Wesentlichen aus Personen, die sich zufällig in der Nähe aufhielten.[1]
Vorgeschichte
Ihr letztes Konzert vor zahlendem Publikum gaben die Beatles am 29. August 1966 im Candlestick Park in San Francisco. Damals kamen sie zu dem Schluss, dass die mit der Beatlemania einhergehende Ekstase der Fans die Qualität der Konzerte zu sehr beeinträchtige und die ständigen Tourneen für sie selbst zu stressig seien. Darüber hinaus hatten sie begonnen, Alben aufzunehmen, die produktionstechnisch so ausgefeilt waren, dass sie live nicht mehr zu reproduzieren waren. Diese Alben – allen voran Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band – setzten dann zwar technisch wie musikalisch Maßstäbe, die Abkehr von den Konzerten führte aber auch zu einer Entfremdung der Beatles untereinander.
Paul McCartney wollte dem entgegenwirken, indem er ein Album anregte, das sich auf die Qualitäten der Beatles als Live-Band besann: Get Back – das spätere Let It Be. Dokumentiert wurden die Proben und Aufnahmen für dieses Album durch den gleichnamigen Film. Als Höhepunkt für diesen Film war ein einzelnes Konzert vorgesehen, möglichst an einem spektakulären Ort, wie dem Roundhouse oder der Sahara. Aus Bequemlichkeit entschieden sich die Beatles aber dafür, einfach auf ihrem damaligen Hauptquartier in der Londoner Savile Row zu spielen.[1][2][3]
Auftritt
Das Rooftop Concert fand am 30. Januar 1969 zur Mittagszeit auf dem Dach von Apple in der Savile Row in London statt. An den beiden 8-Spur-Rekordern im Keller saßen George Martin, Glyn Johns und Alan Parsons, das Equipment auf dem Dach hatten Mal Evans und Neil Aspinall aufgebaut.
Die Beatles traten in folgender Besetzung auf:[1]
- John Lennon (Gesang, Gitarre)
- Paul McCartney (Gesang, Bass)
- George Harrison (Gesang, Gitarre)
- Ringo Starr (Schlagzeug)
Als Sideman war Billy Preston (E-Piano) dabei.
Gefilmt wurde das Rooftop Concert von mehreren Kameramännern, die sich auf dem Dach, in gegenüberliegenden Häusern und auf der Straße befanden. Der ursprüngliche Plan, für die Dreharbeiten auch einen Hubschrauber einzusetzen, wurde nicht verwirklicht.[4]
Titel
Die Beatles und Billy Preston spielten beim Rooftop Concert folgende Lieder:
- Get Back (Lennon/McCartney) – 3:05
- I Want You (She’s So Heavy) (Lennon/McCartney) – 0:18
- Get Back – 3:04
- Don’t Let Me Down (Lennon/McCartney) – 3:12
- I’ve Got a Feeling (Lennon/McCartney) – 3:30
- One After 909 (Lennon/McCartney) – 2:46
- Danny Boy (Weatherly) – 0:06
- Dig a Pony (Lennon/McCartney) – 3:44
- God Save the Queen (Traditional) – 0:32
- I’ve Got a Feeling – 3:33
- A Pretty Girl Is like a Melody (Berlin) – 0:05
- Don’t Let Me Down – 3:19
- Get Back – 3:01
Insgesamt dauerte das Rooftop Concert eine knappe Dreiviertelstunde.[1][4][5]
Reaktionen
Von der Savile Row aus war das Rooftop Concert nur zu hören, nicht aber zu sehen. Deshalb erklommen einige Personen die umliegenden Dächer, um den Beatles zuzuschauen. Auf der Straße bildeten sich Menschentrauben; die versammelten Anwohner und Passanten reagierten teils erfreut und teils verärgert auf die Musik. So sagte eine ältere Dame empört: „Ich kann einfach nicht erkennen, dass das Sinn ergibt.“ Eine junge Frau hingegen sagte lachend: „Yeah – das ist großartig!“
Wegen der zahlreichen Zuhörer drohte auf der Savile Row ein Verkehrschaos, das die mittlerweile eingetroffene Polizei zu verhindern versuchte. Die Polizisten verschafften sich schließlich auch Zugang zum Dach des Apple-Hauptquartiers. Dort ermahnten sie die Beatles, leiser zu spielen, lösten den Auftritt jedoch nicht auf. Genau das hatten die Beatles sich aber erhofft. Daher schnitt der Regisseur Michael Lindsay-Hogg den Film Let It Be später so, dass der Eindruck entsteht, der letzte Live-Auftritt der Beatles sei von der Polizei abgebrochen worden.[1][4]
Veröffentlichungen
Die Lieder, die die Beatles beim Rooftop Concert spielten, wurden verschiedentlich veröffentlicht: [4]
- Let It Be (Album): I’ve Got a Feeling (Take 1), One After 909, Dig a Pony.
- Let It Be (Film): Get Back (Take 2 & 3), Don’t Let Me Down (Take 1), I’ve Got a Feeling (Take 1), One After 909, Dig a Pony.
- Let It Be… Naked: I’ve Got a Feeling (Take 1), Don’t Let Me Down (Zusammenschnitt aus Take 1 & 2).
- Anthology 3: Get Back (Take 3).
Zudem sind mehrere Bootlegs im Umlauf, auf denen der komplette Auftritt zu hören ist.[6]
Sonstiges
John Lennon beendete das Rooftop Concert mit den Worten: “I’d like to say thank you on behalf of the group and ourselves and I hope we passed the audition.” („Ich möchte mich im Namen der Gruppe und unserer selbst bedanken und ich hoffe, wir haben das Vorspielen bestanden.“)[1] Damit bezog er sich vermutlich auf ein Vorspielen, das die Beatles nicht bestanden hatten: die Decca Audition.[7]
Siehe auch
Literatur
- Tony Barrell: The Beatles on the Roof. London: Omnibus Press 2017, ISBN 978-1-78558-578-4.
- Ken Mansfield: The Roof. The Beatles’ Final Concert. New York: Post Hill Press 2018.
- Friedhelm Rathjen: Get Back. Die Beatles in Twickenham, 2.–14. Januar 1969. Südwesthörn: Edition ReJoyce 2018, ISBN 978-3-947261-08-6.
- Friedhelm Rathjen: Let It Be. Die Beatles im Apple-Studio, 21.–31. Januar 1969. Südwesthörn: Edition ReJoyce 2019, ISBN 978-3-947261-09-3.
- Doug Sulpy with Ray Schweighardt: Drugs, Divorce and a Slipping Image. The Complete, Unauthorized Story of The Beatles' "Get Back" Sessions. Albrightsville PA: The 910 2007, ISBN 978-0-9643869-8-3.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e f www.beatlesbible.com: Rooftop Concert (Entstehungsgeschichte)
- ↑ Friedhelm Rathjen: Von Get Back zu Let it Be – Der Anfang vom Ende der Beatles. Rogner & Bernhard, 2009; S. 11 ff.
- ↑ www.beatlesbible.com: Let It Be (Entstehungsgeschichte)
- ↑ a b c d Friedhelm Rathjen: Von Get Back zu Let it Be – Der Anfang vom Ende der Beatles. Rogner & Bernhard, 2009; S. 285 ff.
- ↑ The Beatles: The Complete Rooftop Concert (Liner Notes)
- ↑ www.discogs.com: Rooftop Concert (Bootlegs)
- ↑ Kenneth Womack: The Beatles Encyclopedia – Everything Fab Four. Greenwood, 2014; S. 787