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* Die Erzählung zeigt die ''rettende Kraft der Umkehr''. Jonas Widerstand zeigt seinen Eifer für Gerechtigkeit und die Auffassung, dass Sünde ausschließlich durch Strafe gesühnt werden könne. Darauf weist auch die Lesung des Jonabuchs an Jom Kippur hin. In der christlichen Auslegungsgeschichte führte diese Interpretation zur Deutung Jonas als Repräsentat des bußunfertigen Judentums bzw. Typos der „ungläubigen Juden“, die Jesus nicht als Messias anerkennen, im Gegenüber zu den Heiden als „besseren Juden“. Das Thema der Umkehr ist jedoch nur in Kapitel 3 von Bedeutung. Die Schlussszene nennt die Liebe Gottes zu seinen Geschöpfen als Grund für die Rettung.<ref name=":39">{{Literatur |Autor=Erich Zenger |Titel=Einleitung in das Alte Testament |Auflage=9 |Verlag=Kohlhammer Verlag |Datum=2015-10-14 |ISBN=9783170303515 |Seiten=670}}</ref><ref name="Gerhards2008" />
* Das Buch ''kritisiert nationalistische Tendenzen'' des nachexilischen Judentums und betont, dass Israels Erwählung als Gottesvolk darauf abziele, allen Völkern die Botschaft vom wahren Gott zu bringen. Ninive steht dabei symbolisch für die Heiden, Jona repräsentiert den israelitischen [[Exklusivismus]], der das Heil auf Israel eingeschränkt sehen möchte. Freilich muss Jona anhand des Rizinus lernen, dass diese Einschränkung nicht gilt. Gott ist nicht nur für Israel da, er sorgt sich um alle Völker. Die Jonaerzählung kann bei diesem Ansatz als [[Satire]] aufgefasst werden, in deren Mittelpunkt die Jonagestalt als bornierte Witzfigur steht. An ihren Erlebnissen wird die Unmöglichkeit einer engstirnigen religiösen Grundhaltung entlarvt. Diese Auslegung führte zu schrecklichen Antijudaismen, da man Jona als „typischen“ Juden sah, der das Heil nicht teilen möchte. Das Verhältnis zwischen Israel und den Völkern bzw. Juden und Heiden ist jedoch nicht das Hauptthema des Buchs, die Heiden sind lediglich Rollen, die von der Bedingungslosigkeit und Universalität der Liebe Gottes erzählen, aus der auch Jona lebt.<ref name=":39" /><ref name="Gerhards2008" /><ref name="JJ110">Jörg Jeremias: ''Die Propheten Joel, Obadja, Jona, Micha.'' ATD 24/3, Göttingen 2007, ISBN 978-3-525-51242-5, S. 110</ref><ref>Vgl. Hans-Peter Mathys: ''Dichter und Beter. Theologen aus spätalttestamentlicher Zeit.'' Saint-Paul, Freiburg i. Üe. 1994, ISBN 3-525-53767-0, S. 219, Anm. 4</ref>
* Das Jonabuch ist eine ''Lehrerzählung über die Dramatik der prophetischen Berufung'' bzw. die Bedeutung der Gerichts- und Unheilsprophetie. Jona hält daran fest, dass sich die Prophetie erfüllen muss, damit er nicht als falscher Prophet und Gott nicht als Lügner dastehen. Diese Perspektive spielt in der Schlussszene keine Rolle mehr und würde ein trauriges Prophetenbild zeichnen, dass die Ehre der Propheten vor Umkehr und Errettung setzt.<ref name=":39" /><ref>Jörg Jeremias: ''Die Propheten Joel, Obadja, Jona, Micha.'' ATD 24/3, Göttingen 2007, ISBN 978-3-525-51242-5, S. 78</ref> Gottes Mitleid mit seinen Geschöpfen lässt ihn auch dann von der Erfüllung einer Prophezeiung absehen, wenn er selbst den Propheten beauftragt.<ref>Vgl. Jörg Jeremias: ''Die Reue Gottes. Aspekte alttestamentlicher Gottesvorstellung'' (= BThSt 31). 2. Aufl. Neukirchen-Vluyn 1997, S. 103</ref>
* Das Buch ist eine theologische Prophetenerzählung. Sie lädt dazu ein, sich zu Gottes Wahrheit führen zu lassen, die am Ende des Buches steht: Als Gott des Rechts bewegt er zur Umkehr und zeigt sich darin als Gott der Vergebung. So ist JHWH als Schöpfergott ein Gott der Gnade, weil er seine Geschöpfe grenzenlos liebt. Von dieser Liebe allein lebt auch Jona. Sein Schweigen am Ende des Buches zeigt seine Einsicht.<ref name=":310">{{Literatur |Autor=Erich Zenger |Titel=Einleitung in das Alte Testament |Auflage=9 |Verlag=Kohlhammer Verlag |Datum=2015-10-14 |ISBN=9783170303515 |Seiten=670 f}}</ref>
 
Wenn man den Fokus stärker darauf legt, dass Jona als israelitischer Prophet in eine fremde Hauptstadt geschickt wird und man zugleich Ninive nicht als ''[[pars pro toto]]'' für die Nichtisraeliten überhaupt auffasst, sondern dem sonstigen alttestamentlichen Befund entsprechend zunächst als Hauptstadt Assyriens, also einer Weltmacht, die für Israel ein gefährlicher Gegner war und die Israel letztlich unter ihre Vorherrschaft brachte, dann bietet sich ein weiterer Interpretationsansatz an: ''Jona sucht sich der Sendung nach Ninive zu entziehen, weil er nicht durch eine Gerichtswarnung dazu beitragen will, dass das gefährliche Ninive Buße tun kann. Er weiß nämlich, dass der gnädige Gott in diesem Fall die Feinde Israels begnadigen wird und dass so eine mögliche Gefährdung Israels weiter besteht''. Dieser Interpretationsansatz geht davon aus, dass das Jonabuch eine tiefe Enttäuschung verarbeitet, die in Israel vorhanden gewesen sein muss, nachdem es jahrhundertelang unter der Vorherrschaft fremder Großmächte stand.<ref>Vgl. Jörg Jeremias: ''Die Propheten Joel, Obadja, Jona, Micha.'' ATD 24/3, Göttingen 2007, ISBN 978-3-525-51242-5, S. 79</ref> Dies war der Fall in der Zeit nach dem [[Babylonisches Exil|babylonischen Exil]], als Israel erst unter persische, dann unter [[Hellenismus|hellenistische]] Vorherrschaft geriet. Die wechselnde Vorherrschaft fremder Großmächte spiegelt das Jonabuch insofern, als in seiner Darstellung von Ninive nicht nur assyrische, sondern auch persische Elemente vorhanden sind. Das Ninive des Jonabuches steht damit als Symbol für sämtliche Großmächte, die über Israel herrschten. Für fromme Israeliten musste sich angesichts der bleibenden Vorherrschaft fremder Mächte die Frage stellen, warum Gott diese Vorherrschaft über das erwählte Volk nicht beendet. Die Tragweite dieses Konflikts zeigt sich, wenn man bedenkt, dass Israel ja durch die babylonische Eroberung Jerusalems und die Exilierung weiter Bevölkerungsanteile erlebt hatte, wie existenzbedrohend die Vorherrschaft fremder Großmächte sein kann.<ref name="Gerhards2008" />
 
=== Verschlingungsmotiv ===
Über die Verschlingung von Menschen durch große Seetiere existieren weltweit verschiedene Geschichten, die sich jedoch nicht auf eine einzige Urform zurückführen lassen, die auch im Jonabuch aufgenommen wurde. Ebenso ist ein Anklang bestimmter Versionen der [[Herakles]]-[[Hesione]]- bzw. [[Perseus (Sohn des Zeus)|Perseus]]-[[Andromeda (Mythologie)|Andromeda]]-Sage unwahrscheinlich, da der Fisch im Jonabuch ein göttliches Rettungswerkzeug darstellt, dem auch im Psalm gedankt wird, nicht wie in anderen Erzählungen ein bedrohliches Ungeheuer. Obwohl die engsten Parallelen zu Jona 2 in indischen Erzählungen sehr viel späterer Zeit vorliegen, ist anzunehmen, dass das Verschlingungsmotiv aus Indien in den Mittelmeerraum langte und dort vom Verfasser des Jonabuchs rezipiert wurde. Möglich ist ein Zusammenhang mit [[Alexander der Große|Alexanders]] Indienfeldzug, in dessen Zusammenhang eine Flottenexpedition durchgeführt wurde, bei denen die Griechen die Wale des indischen Ozeans kennenlernten. Das passt zu einer Datierung des Buches in hellenistischer Zeit.<ref name="Gerhards2008" />
 
Betrachtet man den großen Fisch im biblischen Zusammenhang, liegt eine Version der ursprünglich mythischen Meerwesen nahe, die an verschiedenen Stellen erwähnt sind, um die uneingeschränkte Verfügung JHWHs über die ganze Schöpfung zeigt. Das Verschlingen und Ausspeien Jonas wird in der Erzählung von JHWH gelenkt und erscheint so als Ausdruck der universalen göttlichen Herrschaft.<ref name="Gerhards2008" />