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Heinkel He 177

Schwerer deutscher Bomber während des 2. Weltkriegs
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Die Heinkel He 177 „Greif“ war ein viermotoriger schwerer Bomber des Zweiten Weltkrieges aus deutscher Produktion. Ungewöhnlich an dieser Maschine der Ernst Heinkel Flugzeugwerke war die Triebwerksanordnung mit je zwei gekoppelten Motoren pro Seite, die über ein Getriebe eine gemeinsame Propellerwelle antrieben. Zum Einsatz kamen Motoren vom Typ DB 606 bzw. DB 610. Mit ihren zwei Luftschrauben sah die He 177 daher wie ein zweimotoriges Flugzeug aus. Mit dem ungewöhnlichen Antrieb sollte die Maschine sturzkampftauglich gemacht werden.

Heinkel He 177

Heinkel He 177 V5
Typ Bomber
Entwurfsland

Deutsches Reich NS Deutsches Reich

Hersteller Heinkel
Erstflug 19. November 1939
Indienststellung 1943
Produktionszeit

1942 bis 1944

Stückzahl 1137

Entwicklung

 
Heinkel He 177
 
He 177 auf Rollbahn, 1944
 
He 177A-5 mit Tarnanstrich für Einsätze über See, KG 40 in Bordeaux-Merignac, Januar 1944
 
Maschinenkanone MG 151 als Heckbewaffnung
 
Bugkanzel
 
Wartung einer He 177
 
Fahrwerk einer He 177

Im Jahre 1938 forderte das Reichsluftfahrtministerium einen schweren Bomber mit großer Reichweite. Junkers baute daraufhin die Ju 89, Dornier die Do 19. Nach den ersten Erfahrungen aus dem Spanischen Bürgerkrieg mit der Ju 87 entschied das RLM unter Ernst Udet, dass fortan alle deutschen Bombenflugzeuge sturzkampftauglich sein sollten. Die völlige Unvereinbarkeit dieser beiden Konstruktionsziele führte letztendlich zum Scheitern der Konstruktion. Ursprünglich setzte der Entwurf von Heinkel sich zwar gegenüber den Konkurrenten durch und wies viele innovative Baumerkmale auf, darunter auf eine gemeinsame Propellerwelle wirkende aneinandergekoppelte Motoren sowie ferngesteuerte MG-Stände. Letztere wurden jedoch bald zugunsten bemannter Drehtürme aufgegeben, was zusammen mit anderen gewichtsträchtigen baulichen Änderungen (die aus der Absicht entstanden, dieses große Flugzeug für den Sturzflug auszulegen) beträchtliche Eingriffe in die ursprünglichen optimistischen Leistungserwartungen der He 177 verursachte.

Bei der Indienststellung der He 177 zeigten sich beträchtliche Unzulänglichkeiten. Als äußerst anfällige und von ihren Besatzungen nicht gern geflogene Maschine kam sie in den Truppeneinsatz, noch bevor gravierende Fehler behoben worden waren. Der erste Prototyp wurde von zwei 2700 PS starken DB-606-Motoren (aus je zwei gekoppelten DB-601-Motoren) angetrieben und absolvierte im November 1939 seinen Jungfernflug. Bald stellten sich jedoch Schwierigkeiten durch heißlaufende Motoren ein; die zweite und die vierte Maschine zerbrachen in der Luft; die Motoren der fünften fingen Feuer und brachten das Flugzeug zum Absturz. Ähnliche Störungen bei späteren Prototypen brachten der He 177 Spitznamen wie „Brennender Sarg“, „Reichsfackel“ oder „Reichsfeuerzeug“ ein.

Trotz ihrer unzuverlässigen Triebwerke und anderer Mängel ging die Arbeit an den Vorserienmustern He 177 A-0 und dem Serienmuster He 177 A-1 weiter. Empfehlungen zu Triebwerksänderungen wurden bis zur Fertigstellung und Übernahme von einigen hundert Flugzeugen ignoriert. Insgesamt wurden etwa 1140 He 177 aller Varianten gebaut. Viele davon gingen direkt von der Serienfertigung den Zerlege- und Verschrottungszentren zu. Ein ähnliches Debakel war die Messerschmitt Me 210. Ein einzelner mit vier Einzelmotoren ausgestatteter Prototyp zeigte jedoch, dass der Grundentwurf durchaus solide war und über gute Flugeigenschaften verfügte.

Produktion

Bauzahlen der He 177 bis 30. November 1944[1]
Version EHF HWO ArB SUMME Bauzeit
Prototypen 8     8  
A-0 15 15 5 35  
A-1     130 130 Jan. 1942 bis Jan. 1943
A-3 alter Bauzustand   88 159 247 Nov. 1942 bis Juli 1943
A-3 neuer Bauzustand   217   217 August 1943 bis Juni 1944
A-3 Kehl1III     118 118 August 1943 bis Dezember 1943
A-3 Kehl1IV     30 30 November 1943 bis Januar 1944
A-5   70   70 Juni 1944 bis Juli 1944
A-5 Kehl1IV   1 279 280 Dezember 1943 bis August 1944
SUMME 23 391 721 1135

1„Kehl“ war die Tarnbezeichnung der eingebauten Funksteuergeräte für die gelenkten Bomben Henschel Hs 293 und „Fritz X

Bis auf die acht Prototypen wurden alle Maschinen in den Heinkel-Werken Oranienburg (HWO) und bei Arado in Brandenburg an der Havel (ArB) gebaut. Die Schwierigkeiten mit den Doppelmotoren konnten letztlich nie ganz behoben werden. Diese Technik war bei praktisch allen derartigen Versuchen (siehe Bristol Brabazon oder Saunders-Roe Saro Princess) nicht in den Griff zu bekommen. Das führte dazu, dass die überwiegende Anzahl der bis Juli 1943 gebauten Flugzeuge nicht frontklar war und aufwändig umgebaut wurde. Das geschah auf den Fliegerhorsten Brandenburg-Briest und Ludwigslust. Ein Teil dieser Flugzeuge wurde zu Schulflugzeugen umgebaut, da erkannt wurde, dass die für die He 177 vorgesehenen Besatzungen eine spezielle Schulung benötigten. Erst ab August 1943 waren die abgelieferten Flugzeuge frontklar, jedoch kam ein Drittel der Maschinen nie zum Einsatz. Es fehlte an ausgebildeten Besatzungen und zunehmend an Treibstoff (der vorrangig für Jagdflugzeuge reserviert wurde), um die Flugzeuge den Kampfverbänden zuführen zu können. Die Serie lief im August 1944 aus.[1] Um 1944 wurde eine Version mit einer konventionellen Anordnung der vier Motoren vorgeschlagen und auch einige Versuchsmuster gebaut. Zur Serienproduktion kam es jedoch nicht. Eine im Mai 1945 auf dem Flugplatz Prag-Kbely von den Alliierten vorgefundene, noch im Umbau befindliche, He 177 mit vergrößertem Bombenschacht erwies sich als Erprobungsträger des Bombenschachtes der Ju 287 (He 177 V38). Neben der Bomberversion wurden einige Maschinen als Fernaufklärer eingesetzt.

Einsatz

Die ersten Einsätze der He 177 flog die I. Gruppe/Kampfgeschwader 50 im Januar 1943 für die Versorgung der 6. Armee in Stalingrad. Dabei gingen fünf Flugzeuge verloren. Ab November 1943 flog das Kampfgeschwader 40 vom Flugplatz Bordeaux-Mérignac aus Seekampfeinsätze über dem Atlantik und dem Mittelmeer. Am 26. November 1943 versenkte eine He 177 mit einer funkferngesteuerten Gleitbombe Henschel HS 293 den britischen Truppentransporter Rohna (Lage) vor der algerischen Küste. Das Schiff sank innerhalb einer Stunde und mit ihm ungefähr 1138 Menschen, davon 1015 US-Soldaten. Acht der angreifenden Heinkel He 177 wurden abgeschossen.[2] Die ersten Bombereinsätze wurden im Januar 1944 von der I./Kampfgeschwader 100 beim Unternehmen Steinbock geflogen. Die letzten Einsätze führte das Kampfgeschwader 1 an der Ostfront im Juli 1944 während der sowjetischen Operation Bagration gegen Panzerverbände der Roten Armee durch. Wegen Treibstoffmangel wurden keine weiteren Einsätze mehr geflogen und die verbliebenen Flugzeuge des KG 1 im August nach Mitteldeutschland zurückgeflogen und abgewrackt. Das Geschwader wurde anschließend aufgelöst.[3] Nach 1945 wurden in Frankreich noch zwei Exemplare der He 177 mit vier einzelnen Triebwerkgondeln als He 274/AAS 01 für die französische Luftwaffe fertig gebaut, wovon jedoch nur eine Maschine je flog.

Versionen

 
Dreiseitenriss der He 177 A-1
He 177 A-1 (Bomber)
DB 606 A/B
He 177 A-1 (Zerstörer)
Umbau von zwölf Flugzeugen durch EHF, zwei MK 101
He 177 A-1 Kehl III (Seekampfflugzeug)
Umbau von 34 Flugzeugen durch EHF
He 177 A-3 (Bomber)
Flugzeuge mit dem alten Bauzustand wurden beim Reparaturwerk Erfurt (REWE), Deutsche Lufthansa Travemünde und Minmetall auf den neuen Bauzustand umgebaut (mind. 65 Flugzeuge), DB 610 A/B
He 177 A-3 (Bomber)
Neue Zelle, DB 610 A/B
He 177 A-3 Kehl III (Seekampfflugzeug)
118 Serienflugzeuge
He 177 A-3 Kehl IV (Seekampfflugzeug)
30 Serienflugzeuge
He 177 A-5 (Bomber)
wie A-3, 6 Mann Besatzung, DB 610 A/B
He 177 A-5 Kehl IV (Seekampfflugzeug)
280 Serienflugzeuge
He 177 A-7 (Bomber)
Vorgeschlagene Variante mit geänderter Bugverglasung und einem HL 131V Heckturm; nicht gebaut.
He 177 B
Erfolgreicher Umbau mit 4 Einzelmotoren
He 177 B-5
Ging nicht mehr in die Produktion, sie hatte ein Doppelseitenleitwerk. Ursprünglich als He 177A-10 bezeichnet
He 177 B-6
Vorgeschlagene Variante ähnlich den fortgeschrittenen He 177B-5 Versionen, aber mit vier BMW 801 oder Jumo 213E Motoren, einer Spannweite von 46,00 Metern und einer Flügelfläche von 170 m²; nicht gebaut.[4]
He 177 B-7
Wie He 177A-7, aber mit 4 einzelnen DB 603 Motoren, ursprünglich als He 177A-10 bezeichnet; nicht gebaut.
He 179
1939 Vorgeschlagene Variante der Heinkel He 177 mit vier einzelnen Junkers Jumo 211 Motoren; nicht gebaut.[4][5]
He 274
Weiterentwicklung mit vier Einzeltriebwerken
He 277
Weiterentwicklung mit vier Einzeltriebwerken
He 177 V38
Modifiziert, um den Bombenschacht für die geplante Produktion Junkers Ju 287 zu testen

(Quelle:[1])

Technische Daten

 
Dreiseitenriss der He 177A-5
 
Doppelmotor DB 610
(Deutsches Museum, München)
  • Länge: 22,00 m
  • Spannweite: 31,44 m
  • Höhe: 6,93 m
  • Leermasse: 16.800 kg
  • max. Startmasse: 31.000 kg
  • V-Max. bei 6100 m: 488 km/h
  • max. Reichweite: 5500 km (mit zwei Hs 293A als Außenlast)
  • Dienstgipfelhöhe: 8000 m
  • Triebwerk: zwei flüssiggekühlte Doppel-V12-Kolbenmotoren Daimler-Benz DB 610 mit je 2950 PS Startleistung; DB 610 A (Backbord) Linksläufer, DB 610 B (Steuerbord) Rechtsläufer
  • Bewaffnung:
3 × 7,92-mm-MG 81
3 × 13-mm-MG 131
2 × 20-mm-MG 151/20
  • Bewaffnung (A-6)
1 × MG 131 in Bugkanzel
1 × MG 151/20 in Bugwanne
1 × MG 131 in Bugwanne nach hinten unten
2 × MG 131 in ferngelenkter Lafette am vorderen Rumpfrücken
4 × MG 131 in elektrohydraulischer, bemannter Lafette im Rumpfheck
1 × MG 131 in bemannter Lafette am hinteren Rumpfrücken
  • Bombenschacht
bis zu 48 × SC-50-Bomben
oder 12 × SC-250-Bomben
oder 6 × SC-500-Bomben
oder 4 × SC-1700-Bomben
max. 7300 kg Bomben
  • Außenlast
bis zu 2 × LMA-III-Luft-Seeminen
oder 2 × LT-50-Torpedos
oder 3 × Henschel Hs 293a
oder 3 × Gleitbomben Fritz X

Literatur

  • Joachim Dressel, Manfred Griehl: Heinkel He 177 – 277 – 274. Eine luftfahrtgeschichtliche Dokumentation. Motorbuch-Verlag, Stuttgart 1989, ISBN 3-613-01299-5.
  • Hans-Jürgen Becker: Das Kampfflugzeug Heinkel He 177. VDM, Zweibrücken 2001, ISBN 3-925480-49-8.
  • Olaf Groehler: Geschichte des Luftkriegs 1910 bis 1980. Militärverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1981.
  • Kenneth Munson: Die Weltkrieg II-Flugzeuge. Motorbuch-Verlag, Stuttgart 1999, ISBN 3-87943-302-X.
  • Horst Lommel: Ju 287. Der erste Jet-Bomber der Welt und weitere Pfeilflügelprojekte. Aviatic-Verlag, Oberhaching 2003, ISBN 3-925505-74-1 (HE-177-Erprobungsträger mit großem Bombenschacht).
  • Helmut Stubner: Das Kampfflugzeug 177 Greif und seine Weiterentwicklung. Eurodoc.Corporation, Wien 2008, ISBN 978-3-9502493-0-9.
Commons: Heinkel He 177 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c Unterlagen aus dem Bundesarchiv/Militärarchiv Freiburg, Bestand RL 3, Produktionsprogramme
  2. Jürgen Rohwer, Gerhard Hümmelchen: Chronik des Seekrieges 1939–45, November 1943. Abgerufen am 7. Januar 2017.
  3. Wolfgang Dierich: Die Verbände der Luftwaffe. Motorbuch-Verlag, 1976., S. 100.
  4. a b Smith, J.R., & Creek, E.J., 2008. Heinkel He 177 Greif Heinkel's Strategic Bomber. London, UK: Ian Allan Publishing. ISBN 978-1-90322-393-2.
  5. Dan Sharp, 2016. Luftwaffe: Secret Bombers of the Third Reich. Mortons.