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[[Datei:Bülacher Fibel2.jpg|mini|Rückseite]]
 
Die '''Bülacher Fibel''' ist eine [[Scheibenfibel]] ([[Fibel (Schließe)|Gewandnadel]]) aus [[Silber]] mit Einlagen aus [[Almandin]]. Sie wird ins 6.&nbsp;Jahrhundert n. Chr. datiert und ist bisher der einzige Fund mit einer [[Runen]]inschrift in der [[Schweiz]]. Für die Herkunft der Fibel wird ein [[Alamannen|alamannischer]] oder ein [[Franken (Volk)|fränkischer]] Hintergrund vermutet.<ref>Max Martin: ''Die Runenfibel aus Bülach Grab 249.'' Gedanken1977, S. 121 und 126.</ref> Gefunden wurde die Fibel in der [[Bülach|Stadt Bülach]] im Jahr 1927 im Gräberfeld «Im Füchsli». Die Fibel wird im [[Landesmuseum Zürich|Schweizerischen Landesmuseum]] in [[Zürich]] aufbewahrt.
 
== Beschreibung ==
Die Fibel hat einen Durchmesser von 4,4&nbsp;cm. Die Schauseite mit einem filigran verzierten Mittelbuckel ist mit Silberblech belegt und hat einen ein silbernes Zellwerk mit Almandineinlagen in zwei äusseren Zonen. Die mittlere Zone ist dreigeteilt durch Silberblechstücke mit eingepresstem [[Flechtband]]-Ornament. Auf der Rückseite sind neunzehn Zeichen eingeritzt, achtzehn Runen und ein Fremdzeichen, dabei sechs linksgewendete Zeichen in allgemein rechtsläufiger, mehrzeiliger Inschrift.<ref name="ReferenceA">Heinz Klingenberg: ''Die Runeninschrift aus Bülach.'' 1976, S. 116.</ref> Der Nadelapparat ist nicht mehr erhalten.<ref>Johanna Wirth Calvo: {{Webarchiv |url=http://www.buelach.ch/fileadmin/files/docs/Unser_Buelach/Historische_Spurensuche_Auszug_nbf.pdf |text=Historische Spurensuche |wayback=20140202134755}}. Stadt Bülach. Publikationsauszug mit Abbildung beider Seiten der Fibel auf S. 15.</ref>
 
=== Inschrift ===
Die Runeninschrift ist in älterem [[Futhark]] verfasst. Sie lautet:
{| class="toptextcells"
! || colspan="2" | Inschrift || Eine deutsche Interpretation<ref name="Schmidt50">Wilhelm Schmidt: ''Geschichte der deutschen Sprache.'' 2000, S. 50.</ref>
|-
| Zeile 1:
Zeile 25:
| Zeile 3:
| {{Runen|ᚠ|gespiegelt}}{{Runen|ᛏᛗᛁ}}{{Runen|ᚲ|gespiegelt}}
| '''f(a)t(o)mik''' (plus ein komma-artiges Fremdzeichen)<ref>Heinz Klingenberg: ''Die Runeninschrift aus Bülach.'' 1976, S. 118&nbsp;f.</ref>
| fasse mich (und Fremdzeichen)
|-
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'''Frifridil''' lässt sich mit einem althochdeutschen Männernamen ''Fridil'' verbinden, mittelhochdeutsch ''friedel''. Denkbar ist auch das althochdeutsche Wort ''fridil'', was mit ''Liebster'', ''Geliebter'' oder ''Gatte'' übersetzt werden kann. '''Frifridil''' liesse sich dann etwa als ''Liebliebster'' übersetzen.
 
Die zwei Runen in der zweiten Zeile lauten '''du''' und lassen sich als das Personalpronomen ''du'' übersetzen. Zu erwarten wäre hier eigentlich die westgermanische Schreibform ''þu''; die vorliegende Schreibform verweist bereits auf ein frühes Althochdeutsch.<ref>Heinz Klingenberg: ''Die Runeninschrift aus Bülach.'' 1976, S. 116–117.</ref>
 
Auffällig sind zudem die Schreibungen in der dritten Zeile der [[Tiwaz|''t''-Rune]] und der ''k''-Rune, für die im Alemannischen des 7. Jahrhunderts gewiss schon als Reibelaute gesprochenen Konsonanten ''ss'' und ''ch'', die in der Runenschrift nicht vorgesehen sind.<ref name="Schmidt50" />
 
{{Überarbeiten|grund="l-Runen als Abkürzung für ''Lauch'' ''(*laukaz)''" – ''Lauch'' ist neuhochdeutsch und wird nicht durch die Runen abgekürzt. Richtig wäre "als Abkürzung für ''#'' (von urgermanisch ''*laukaz'') = ''Lauch'', wobei # zu ersetzen ist...}}
Die weiteren Runen werden von verschiedenen Wissenschaftlern unterschiedlich gedeutet. Krause und Jankuhn übersetzen '''fri[d]fridil du f[a]t mik l l''' als ''du, mein Geliebter, umarme mich, Lauch! Lauch!'', wobei die beiden ''l''-Runen als Abkürzung für ''Lauch'' ''(*laukaz)'' gelesen werden, was ''Fruchtbarkeit'' oder ''Gedeihen'' meint.<ref>Wolfgang Krause und, Herbert Jankuhn: ''Die Runeninschriften im älteren Futhark.'' Göttingen 1966.</ref> Klingenberg weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Lauch in der [[Runenmagie]] und im Fruchtbarkeitszauber eine bedeutende Rolle als probates Mittel zur Bewahrung von Frische und Jugendlichkeit spielte und auch als Aphrodisiakum benutzt wurde.<ref>Heinz Klingenberg: ''Die Runeninschrift aus Bülach.'' 1976, S. 119.</ref>
 
Heinz Klingenberg weist bei der Lesart von '''frifridil [lid] du [fud] f[a]t[o] mik. (l)[au]k (l)[i]d l l''' auf eine mögliche Spiegelung der Runeninschrift hin. So ist '''lid''' eine Spiegelung von '''dil''' und das '''fud''' könnte als Spiegelung von '''du f''' gesehen werden. So entstehen Palindrome, denen wegen der zwei Leserichtungen eine magische Kraft zugesprochen wurde.<ref>Heinz Klingenberg: ''Die Runeninschrift aus Bülach.'' 1976, S. 120.</ref> Klingenberg glaubt, dass der Text wegen seiner erotischen Bedeutung zudem verschlüsselt und verkürzt sei. '''lid''' bedeutet ''Glied'' und '''fud''' ''Vulva''. In diesem Zusammenhang könnten die ''l''-Runen als phallische Symbole gelesen werden, also wiederum als Kurzform von '''lid'''. So interpretiert, würde der Text übersetzt werden mit: ''[Dein] Liebliebster, [der] das Glied [hat] – Du, [die] die Vulva [hat], nimm mich in dich auf! Glied – Glied''<ref>{{Internetquelle |url=http://www.runenprojekt.uni-kiel.de/abfragen/standard/deutung2.asp?findno=171&ort=B%25FClach&objekt=Scheibenfibel |titel=Deutungen zu einer Inschrift |werk=runenprojekt.uni-kiel.de |abruf=2021-04-11}}</ref>
 
Stephan Opitz interpretiert den Text ähnlich wie Klingenberg: ''[Dein] Frifridil, [der das ] Glied [hat]: du, [die die] Vulva [hat], nimm mich in dich auf! – Lauch (Glied) – Lauch (Glied)''<ref>Stephan Opitz: ''Südgermanische Runeninschriften im älteren Futhark aus der Merowingerzeit.'' Kirchzarten 1977.</ref>
 
Spätere Forscher dagegen haben die ''l''-Runen als bloss zufällige Kratzer interpretiert und die sexualisierte Lesart von Klingenberg und Opitz als Produkt einer angeregten Phantasie abgetan. Looijenga folgt dieser Sichtweise und liest die dritte Zeile zudem als ''a f tmu'' ({{Runen|ᚨ|gespiegelt}} {{Runen|ᚠ|gespiegelt}} {{Runen|ᛏᛗᚢ}}).<ref>{{Literatur |Autor=Tineke [= Jantina Helena] Looijenga |Titel=Texts and Contexts of the Oldest Runic Inscriptions |Verlag=Brill |Ort=Leiden |Datum=2003 |ISBN=90-04-12396-2 |Seiten=235 | Buch|BuchID=-edm1fMPbXwC|Seite=235}}}}</ref> Unbestritten ist jedoch auch bei den späteren Forschern die Lesart von '''frifridil''' als Anrede zwischen Liebenden.
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== Entstehungszeit und Herkunftsort ==
Joachim Werner ordnet die Fibel einem ''wahrscheinlich mittelrheinischen Werkstättenkreis zu'' und zeigt ihre Nähe zu den rechtsrheinischen Fibeln von [[Mayen]] und [[Schwarzrheindorf/Vilich-Rheindorf|Schwarzrheindorf]]. Deshalb geht er davon aus, dass die Bülacher Fibel ''eher fränkisch als alamannisch'' sein dürfte.<ref>Joachim Werner: ''Das alamannische Gräberfeld von Bülach.'' 1953, S. 10.</ref> Bernhard Salin äusserte die Vermutung, dass ''die Kenntnis der Runen mit einer von Norden hervorbrechenden Strömung nach dem mittleren Europa gelangt'' sei.<ref>[[Bernhard Salin]]: ''Die altgermanische TierornamentikThierornamentik. Typologische Studie über germanische Metallgegenstände aus dem IV. bis IX. Jahrhundert. Nebst einer Studie über irische Ornamentik.'' Neue Auflage. Wahlström & Widstrand, Stockholm 1935, S. 148, {{URN|nbn|de:gbv:27-dbt-20170626-0938358}}.</ref> Max Martin unterstützt diese These mit dem Hinweis, dass weitere Funde aus dem mittleren und letzten Drittel des 6. Jahrhunderts nordischen Einfluss verraten, vereinzelt sogar als Importgut oder mit ihrem Besitzer aus dem Norden ins Gebiet der Westgermanen gelangt sei.<ref>Max Martin: ''Die Runenfibel aus Bülach Grab 249.'' 1977, S. 124–125.</ref> Klingenberg setzt die Entstehungszeit der Fibel auf den Anfang des 7.&nbsp;Jahrhunderts nach Christus an, wodurch eine zeitliche Nähe zum Grab einer alamannischen Adligen in der reformierten Kirche Bülach gegeben wäre.<ref name="ReferenceA" /> Max Martin dagegen datiert die Entstehung der Fibel aus Bülach aufgrund jüngerer, gut datierbarer Grabfunde ins vierte oder beginnende letzte Fünftel des 6. Jahrhunderts nach Christus.<ref>Max Martin: ''Die Runenfibel aus Bülach Grab 249.'' 1977, S. 121.</ref>
 
Die von Max Martin erwähnten Grabfunde mit Runenritzungen aus dem mitteleuropäischen Raum stammen auf die Zeit von 540 bis 600 nach Christus und gehören der westgermanischen Hemisphäre (Franken, [[Thüringer]], [[Langobarden]] und Alamannen) an. Das ältere [[Futhark]], die Runenschrift, die auf diesen Grabfunden verwendet wurde, ist in Nordeuropa in der Hemisphäre der [[Nordgermanische Sprachen|Nord-]] und [[Ostgermanische Sprachen|Ostgermanen]] dagegen viel länger und viel früher bezeugt. Die im Süden gefundenen Grabbeigaben aus dieser frühen Zeit weisen jedoch keine Runenritzungen auf. Die Tatsache, dass bei den im Süden gefundenen Grabfunden mit Runeninschriften aus dem Zeitraum von 570 bis 590 nach Christus die Ritzungen oft auf der unsichtbaren Unterseite der Objekte angebracht sind, lässt darauf schliessen, dass die Inschriften einem privaten, magischen Zweck gedient haben.<ref>Max Martin: ''Die Runenfibel aus Bülach Grab 249.'' 1977, S. 122–124.</ref> Werner vermutet, dass der Kontakt mit der römischen Welt dazu geführt habe, dass die Runenschrift plötzlich für private Zwecke verwendet worden ist.<ref>Joachim Werner: ''Das Aufkommen von Bild und Schrift in Nordeuropa.'' 1966, S. 34, und Joachim Werner: ''Die beiden Zierscheiben des Thorsberger Moorfundes. Ein Beitrag zur frühgermanischen Kunst- und Religionsgeschichte'' (= ''Römisch-Germanische Forschungen.'' 16). de Gruyter, Berlin 1941, S. 68–69, ([https://digi{{DOI|10.ub.uni-heidelberg.de11588/diglit/werner1941.42492}}, (Zugleich: Frankfurt am Main, Universität, Habilitations-Schrift, Digitalisat]1938).</ref>
 
== Historischer Kontext ==
Nach dem Rückzug der [[Römisches Reich|römischen]] Truppen von der Rheinlinie des [[Obergermanisch-Raetischer Limes|Obergermanisch-Raetischen Limes]] im frühen 5.&nbsp;Jahrhundert<ref name="ReferenceB">Renata Windler: ''Zur Siedlungsgeschichte der Gegend von Bülach im Frühmittelalter.'' 1990, S. 70.</ref> brachen nach 450 n. Chr. die Alamannen aus dem Gebiet des südlichen Deutschland zunächst in den Raum zwischen [[Eschenz]], [[Zürich]] und [[Rafz]] ein. Die Endung ''-ach'' im Ortsnamen Bülach zeigt jedoch an, dass die Siedlungsbildung beim einstigen [[Villa rustica|römischen Gutshof]] von Bülach nicht erst durch die Alamannen erfolgte, sondern dass schon während des Rückzugs der Römer [[Kelten|keltische]] Siedler in Bülach ansässig waren und eine Siedlungsstruktur gründeten (keltisches Suffix -ako(s) > gallorömisch -acum: *praedium Pulliacum = Landgut des Pullius > ahd. Puillacha (828 n. Chr.)). Zwischen dem 4. und dem 5.&nbsp;Jahrhundert unterwarfen die Franken unter [[Chlodwig I.|König Chlodwig]] und seinen Söhnen sukzessive die Gebiete der Alamannen<ref>Walter Hildebrandt: ''Bülach: Geschichte einer kleinen Stadt in Zeitbildern, Grundzügen und Urkunden.'' 1985, S. 186–187.</ref> und verwalteten sie als Herzogtum ''Alemannien''. In diesem stand das untere [[Glatttal]] und damit auch das Gebiet des heutigen Bülach an wichtiger Lage zwischen den Mittelpunkten der Herrschaften zu Zürich, auf dem [[Hohentwiel]] und zu [[Ulm]]. Die Einwanderung in die Gegend von Bülach dürfte so stark gewesen sein, dass die alamannische Sprache allmählich über die keltische die Oberhand gewann.
 
In diese alamannische Zeit fällt auch die Einführung des Christentums in der Region. Um 610 nach Christus traten die irischen Missionare [[Columban von Luxeuil|Columban]] und [[Gallus (Heiliger)|Gallus]] in der [[Ostschweiz]] auf.<ref>Walter Hildebrandt: ''Bülach: Geschichte einer kleinen Stadt in Zeitbildern, Grundzügen und Urkunden.'' 1985, S. 187–188.</ref> Ausgrabungen von [[Walter Drack]] in der [[Reformierte Kirche Bülach|reformierten Kirche Bülach]] aus dem Jahr 1968 belegen, dass diese Kirche bereits um das Jahr 650 nach Christus von einer alamannischen Adligen gestiftet und damit die Region früh christianisiert worden war.<ref name="ReferenceC">Max Martin: ''Die Runenfibel aus Bülach Grab 249.'' 1977, S. 120.</ref>
 
Anders stellt Renata Windler die Siedlungsgeschichte um Bülach dar. Sie geht davon aus, dass sich kurz vor der Mitte des 6.&nbsp;Jahrhunderts eine kleine Gruppe von z.&nbsp;T. wohlhabenden Personen in der Nähe von Bülach niedergelassen hat. Es habe sich aber nicht um Alamannen gehandelt, sondern um Franken oder fränkisch geprägte Bevölkerungsgruppen. Dies schliesst Windler aus den ältesten Gräbern im Grabfeld ''Im Füchsli''. Erst nach 580–600 habe in der Region von Bülach die Ansiedlung der Alamannen eingesetzt.<ref>Renata Windler: ''Zur Siedlungsgeschichte der Gegend von Bülach im Frühmittelalter.'' 1990, S. 76.</ref>
 
Aufgrund der ungeklärten Siedlungsfrage und der unterschiedlichen Theorien zu Entstehungszeit und Entstehungsort der Bülacher Fibel bleibt offen, ob sie einem alamannischen oder einem fränkischen Kontext zuzuordnen ist.<ref>Max Martin: ''Die Runenfibel aus Bülach Grab 249.'' 1977, S. 126.</ref>
 
== Fundsituation ==
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== Das Grabfeld «Im Füchsli» ==
Das Gräberfeld ''Im Füchsli'' liegt 600 Meter nördlich der reformierten Kirche Bülach. Es spiegelt den rapiden Anstieg der örtlichen Bevölkerung im 7.&nbsp;Jahrhundert wider. Ob zum Gräberfeld ein geschlossenes Dorf oder mehrere Hofgruppen gehörten, müsste mit neuen Grabungen festgestellt werden.<ref>Walter Hildebrandt: ''Bülach: Geschichte einer kleinen Stadt in Zeitbildern, Grundzügen und Urkunden.'' 1985, S. 194.</ref> Weniger wahrscheinlich ist dagegen die Annahme, das Gräberfeld habe zur etwas entfernten Siedlung Bülach gehört.<ref>Renata Windler: ''Zur Siedlungsgeschichte der Gegend von Bülach im Frühmittelalter.'' 1990, S. 75.</ref>
 
=== Die Ausgrabung ===
Schon 1860 machte man im Gebiet ''Im Füchsli'' die ersten Grabfunde. Als im Jahr 1919 bei Erdarbeiten weitere Gräber gefunden wurden, entsandte das Schweizerische Landesmuseum seinen Konservator Fernand Blanc, der in mehreren Grabungszeiten während der Jahre 1919 bis 1923 einen Grossteil der Gräber freilegte und wichtige Funde barg.<ref name="Hildebrand190">Walter Hildebrandt: ''Bülach: Geschichte einer kleinen Stadt in Zeitbildern, Grundzügen und Urkunden.'' 1985, S. 190.</ref> Das Grab Nummer 249, in dem die Bülacher Fibel lag, wurde erst 1927 freigelegt. Abgeschlossen wurde die Grabung 1928. Insgesamt wurden bei den Grabungen des Schweizerischen Landesmuseums 299 Gräber mit 300 Bestattungen untersucht,<ref name="ReferenceB" /> davon 108 Männergräber, 71 Frauengräber und 29 Kindergräber. Bei 92 Gräbern konnte das Geschlecht des Bestatteten nicht bestimmt werden.
 
Die Belegung nahm um das Jahr 550 auf der ebenen Fläche oberhalb des Hanges ihren Ausgang. Im Hang selbst liegen die Gräber der ersten Hälfte des 7.&nbsp;Jahrhunderts, die Gräber südlich der Dachslenbergstrasse wurden wohl nach dem Jahr 650 angelegt. Im frühen 8.&nbsp;Jahrhundert wird der Friedhof aufgelassen worden sein.<ref name="Hildebrand190" />
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[[Datei:Fischfibelpaar.jpg|mini|Fischfibelpaar]]
 
Im Grab mit der Nummer 14 wurde ein weiterer kostbarer und einzigartiger Fund gemacht: das cloisonnierte '''Fischfibelpaar'''. Jede Fibel ist 9&nbsp;cm lang. Das Paar wurde übereinander liegend mit dem Schwanzende nach unten oberhalb des Beckens der Toten gefunden. Ein breiter Blassgoldstreifen bildet die Konturlinie eines schwimmenden Fisches, dessen Kopf und Schuppen mit planen Almandinen auf gewaffelter vergoldeter Silberfolie ausgelegt sind. Die runde Zelle des Auges war zur Zeit der Ausgrabung leer, war aber ursprünglich wohl mit einer farbigen Masse ausgefüllt. Das Stegwerk besteht aus Blassgold und ist in einen vergoldeten, 5&nbsp;mm breiten Silberrahmen eingepasst, der auf der Rückenplatte aus Silberblech aufsitzt.<ref>Walter Hildebrandt: ''Bülach: Geschichte einer kleinen Stadt in Zeitbildern, Grundzügen und Urkunden.'' 1985, S. 191, basierend auf Joachim Werner: ''Das alamannische Gräberfeld von Bülach.'' 1953.</ref> Das Fischfibelpaar war 1973 auf einer [[Pro Patria|Pro-Patria]]-Briefmarke abgebildet.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.propatria.ch/index.php?option=com_sobipro&pid=150&sid=1196:item-1196&Itemid=309&lang=de |titel=1973 Kunst und Handwerk: Archäologische Fundgegenstände |werk=propatria.ch |datum=2018-11-22 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20181122215900/http://www.propatria.ch/index.php?option=com_sobipro&pid=150&sid=1196:item-1196&Itemid=309&lang=de |archiv-datum=2018-11-22 |abruf=2021-04-11}}</ref>
 
== Literatur ==
* [[Joachim Werner]]: ''Das alamannische Gräberfeld von Bülach.'' (= ''Monographien zur Ur- und Frühgeschichte der Schweiz.'' 9, {{ISSN|1012-6295}}). Birkhäuser, Basel 1953.
* [[Wolfgang Krause (Sprachwissenschaftler)|Wolfgang Krause]], [[Herbert Jankuhn]]: ''Die Runeninschriften im älteren Futhark'' (= ''Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen. Philologisch-Historische Klasse.'' Folge 3, 65, {{ISSN|0930-4304}}). 2 Bände. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1966.
* Joachim Werner: ''Das Aufkommen von Bild und Schrift in Nordeuropa'' (= ''Bayerische Akademie der Wissenschaften. Philosophisch-Historische Klasse. Sitzungsberichte.'' München1966, Heft 4, {{ISSN|0342-5991}}). Verlag der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, München 1966.
* [[Heinz Klingenberg (Mediävist)|Heinz Klingenberg]]: ''Runenfibel von Bülach, Kanton Zürich. Liebesinschrift aus alemannischeralamannischer Frühzeit.'', inIn: ''[[Alemannisches Jahrbuch]].'' 1973/751975, S. 308–325.
* Heinz Klingenberg: ''Die Runeninschrift aus Bülach.'', inIn: ''Helvetia archaeologica,.'' Band 7, Basel 1976, {{ISSN|0018-0173}}, S. 116–121.
* Stephan Opitz: ''Südgermanische Runeninschriften im älteren Futhark aus der Merowingerzeit.''. KirchzartenBurg-Verlag, Kirchzarten 1977, (Zugleich: Freiburg (Breisgau), Universität, Dissertation, 1976).
* [[Max Martin (Archäologe)|Max Martin]]: ''Die Runenfibel aus Bülach Grab 249. Gedanken zur Verbreitung der Runendenkmäler bei den Westgermanen.'' In: Karl Stüber, Andreas Zürcher (Hrsg.): ''Festschrift Walter Drack. Zu seinem 60. Geburtstag. Beiträge zur Archäologie und Denkmalpflege.'' Gut, Stäfa 1977, S. 120–128, ([http://archiv.ub{{DOI|10.uni-heidelberg.de11588/propylaeumdok/volltexte/2017/3402 uni-heidelberg.de])00003402}}.
* Walter Hildebrandt: ''Bülach. Geschichte einer kleinen Stadt in Zeitbildern, Grundzügen und Urkunden.'' 2. Auflage. Stadtgemeinde Bülach, Bülach 1985.
* Renata Windler: ''Zur Siedlungsgeschichte der Gegend von Bülach im Frühmittelalter.'' In: ''Archäologie der Schweiz.'' Band 13, Nr.Nummer 2, 1990, S. 67–79, ([https://www.e-periodica.ch/digbib/view?pid=ars-004%3A1990%3A13%3A%3A51#75 Digitalisat]).
* J.Jantina H.Helena Looijenga: [http://dissertations.ub.rug.nl/faculties/arts/1997/j.h.looijenga/ ''Runes around the North Sea and on the Continent AD 150–700]; Texts & Contexts.'' DissertationGroningen 1997, Universität(Groningen, Rijksuniversiteit van Groningen, Dissertation, 1997; [https://pure.rug.nl/ws/portalfiles/portal/3230061/thesis.pdf Digitalisat]).
* Max Martin: ''Schrift aus dem Norden: Runen in der Alamannia – Archäologisch Betrachtetbetrachtet.'' In: ''Die Alemannen.'' StuttgartTheiss, Stuttgart 1997;, ISBN 3-8062-1302-X, S. 499–502.
* [[Wilhelm Schmidt (Germanist)|Wilhelm Schmidt]]: ''Geschichte der deutschen Sprache. Ein Lehrbuch für das germanistische Studium.'' 8., völlig überarbeitete Auflage, erarbeitet unter der Leitung von Helmut Langner und [[Norbert Richard Wolf]]. Hirzel, Stuttgart etcu. a. 2000, ISBN 3-7776-1074-7, S. 49–50.
 
== Weblinks ==