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„Akute Mittelohrentzündung“ – Versionsunterschied

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Rose Reed (Diskussion | Beiträge)
K Es macht meiner Meinung nach mehr Sinn, wenn ein Einheitlicher Medizinischer(Deutscher) Name für die Tuba auditiva verwendet wird
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| 03-BEZEICHNUNG = Otitis media bei anderenorts klassifizierten Krankheiten
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Die '''Akute Mittelohrentzündung''' ('''Otitis media acuta''') ist eine schmerzhafte, in der Regel durch [[Viren|virale]] oder [[Bakterium|bakterielle]] [[Infektion]] verursachte [[Entzündung]] der [[Schleimhaut|Schleimhäute]] des [[Mittelohr]]s.
 
Klinisch wird die akute Mittelohrentzündung mit den Sonderformen [[Scharlach]]-Otitis, [[Masern]]-Otitis und [[Influenza|Grippe]]-Otitis von der [[Chronische Mittelohrentzündung|chronischen Mittelohrentzündung]] (''Otitis media chronica'') unterschieden.
 
[[Datei:Ear-anatomy-notext-small.svg|mini|Querschnitt durch das menschliche Ohr<br />links, ''weiß'' äußeres Ohr mit äußerem [[Gehörgang]]<br />''rosa'' das [[Trommelfell]]<br /> rechts, ''weiß'' das [[Mittelohr]] mit den Gehörknöchelchen ''(grau)'', siehe [[Ohr#Aufbau|ausführliche Beschreibung]]]]
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== Ursachen ==
 
Die [[Bakterielle Infektion|bakterielle]] akute Mittelohrentzündung – die weitaus seltenerehäufigere Form der akuten Mittelohrentzündung – wird überwiegend durch [[Pneumokokken]], ''[[Streptococcus pyogenes]], [[Haemophilus influenzae]], [[Moraxella catarrhalis]]'' und [[Staphylokokken]] verursacht. Die Besiedlung des Mittelohres erfolgt meist [[Per continuitatem|kontinuierlich]] über die [[Eustachi-Röhre]] aus dem Nasenrachenraum ([[Nasopharynx]]), kann aber auch über den Blutweg ''([[hämatogen]])'' erfolgen.
 
Bei der viralen akuten Mittelohrentzündung erfolgt die Infektion meist über das Blut. Eine große Zahl von Viren können eine Mittelohrentzündung verursachen, in der Regel in Verbindung mit einem Infekt der oberen Luftwege. Die virale Infektion kann allein auftreten oder Wegbereiter einer bakteriellen Infektion sein.
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Bei bestehender Trommelfellperforation können Krankheitserreger auch von außen, etwa durch Badewasser, eingeschleppt werden.
 
Bei der akuten serösen Mittelohrentzündung verursacht eine Schwellung der Schleimhaut durch einen Atemwegsinfekt den Verschluss der [[Tuba auditiva]]Eustachi-Röhre. Dadurch kann das Mittelohr nicht mehr ausreichend belüftet werden, es entsteht ein Unterdruck. Dieser kann zu einem Erguss in der Paukenhöhle führen, welcher als Druckgefühl im Ohr, Verschlechterung des Hörvermögens oder Rauschen wahrgenommen werden kann.
 
== Häufigkeit ==
 
Die akute Mittelohrentzündung ist keine seltene Erkrankung. Sie ist einer der häufigsten Beratungsanlässe in einer allgemeinmedizinischen Praxis.<ref>Nach W. Fink, G. Haidinger: ''Die Häufigkeit von Gesundheitsstörungen in 10 Jahren Allgemeinpraxis.'' In: ''ZFA - Zeitschrift für Allgemeinmedizin.'' 83, 2007, S.&nbsp;102–108, [[doi:10.1055/s-2007-968157]]. Zitiert nach [http://www.mmw.de/home.do ''Womit sich Hausärzte hauptsächlich beschäftigen''.] In: ''MMW-Fortschr. Med.'', Nr.&nbsp;16, 2007, 149.&nbsp;Jg.</ref>
Sie tritt häufig im Kindesalter auf, da in diesem Alter die [[Eustachi-Röhre|Eustachi Röhre]] noch kurz und weit ist und damit das Aufsteigen von Bakterien aus dem Nasenrachenraum erleichtert wird. Auch Säuglinge können an einer Mittelohrentzündung erkranken.
[[Datei:Otitis media entdifferenziert2.jpg|mini|Akute Mittelohrentzündung, Entdifferenzierung, linkes Ohr]]
 
Häufigkeitsverteilung: 90 % aller Mittelohrentzündungen sind bakteriell, 10 % viral.
 
== Diagnostik ==
 
Bei der optischen Untersuchung des [[Gehörgang]]s und des [[Trommelfell]]s ([[Otoskopie]]) mit einem Ohrtrichter ([[Otoskop]]) findet sich anfangs ein gerötetes, später ein entdifferenziertes Trommelfell ohne erkennbare Details. Dann wölbt sich das Trommelfell vor, nach einigen Tagen tritt aus einer kleinen [[Trommelfellperforation|Perforation]] Eiter aus. Im Laufe von zwei bis drei Wochen verschwindet die Rötung und das Trommelfell verdünnt sich wieder, die kleine Perforation heilt ab.
[[Datei:Otitis media schollig.jpg|mini|Akute Mittelohrentzündung, „schollige Trübung“ des Trommelfelles, linkes Ohr]]
 
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* [[Hirnhautentzündung]] oder [[Hirnabszess]].
* [[Mastoiditis]] (Entzündung des [[Knochen|knöchernen]] Warzenfortsatzes des [[Schläfenbein]]s).
: Das erneute Auftreten von [[Schmerz]]en, [[Eiter|eitrigem]] [[Ausfluss]] aus dem [[Ohr]] und einer schmerzhaften Schwellung hinter der [[Ohrmuschel]] nach zwei bis drei Wochen – bei Kindern auch früher – sind typisch für eine Mastoiditis. Eine Mastoiditis ist eine [[Operation (Medizin)|Operationsindikation]].
* [[Fazialisparese|Gesichtsnervlähmung]]
* [[Sepsis]]
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In der Regel heilt eine Mittelohrentzündung auch ohne Behandlung aus. Ein Abwarten ist daher unter ärztlicher Kontrolle für die ersten 2–3 Tage zu vertreten. Wenn nach dieser Zeit keine Besserung der Beschwerden eintritt, besteht die Gefahr einer Komplikation. In diesem Falle ist die Gabe eines geeigneten (=liquorgängigen) Antibiotikums (z.&nbsp;B. [[Amoxicillin]] oder bei [[Penicillin]]allergie [[Azithromycin]] oder [[Clarithromycin]]) indiziert. Zu beachten ist jedoch, dass Antibiotika nur bei einer durch Bakterien verursachten Mittelohrentzündung helfen – unnötige Antibiotikagaben bei Virusinfektionen sind zu vermeiden.<ref>[http://faktencheck-gesundheit.de/de/faktenchecks/antibiotika/ergebnis-ueberblick/ Faktencheck Gesundheit, Bertelsmann Stiftung]</ref>
 
Da [[Xylit]] das Wachstum von [[Pneumokokken]] und die Bindung von Pneumokokken und ''[[Haemophilus#Haemophilus influenzae|Haemophilus influenzae]]'' an die Zellen im [[Nasopharynx|Nasenrachenraum]] inhibieren kann, wird untersucht, ob die Gabe von Xylit eine [[Krankheitsprävention|vorbeugende]] Wirkung gegenüber einer akuten Mittelohrentzündung erzielt. Ein Cochrane-Report von 2016<ref>{{Literatur |Autor=Amir Azarpazhooh et al. |Titel=Xylitol for preventing acute otitis media in children up to 12 years of age |Sammelwerk=The Cochrane Database of Systematic Reviews |Band=2016 |Nummer=8 |Datum=2016-08-03 |Sprache=en |DOI=10.1002/14651858.CD007095.pub3 |PMC=8485974 |PMID=27486835 |Seiten=CD007095}}</ref> hat die Evidenz über die Wirksamkeit und Sicherheit von Xylit (bei Dosen von bis zu 10 g pro Tag) zur Vorbeugung einer akuten Mittelohrinfektion bei Kindern bis 12 Jahre überprüft.<ref>{{Literatur |Autor=Krista Salli et al. |Titel=Xylitol's Health Benefits beyond Dental Health: A Comprehensive Review |Sammelwerk=Nutrients |Band=11 |Nummer=8 |Datum=2019-08-06 |Sprache=en |ISSN=2072-6643 |DOI=10.3390/nu11081813 |PMC=6723878 |PMID=31390800 |Seiten=1813}}</ref> Es gibt moderate Evidenz dafür, dass bei gesunden Kindern die prophylaktische Gabe von Xylit das Risiko einer Mittelohrentzündung von 30 % auf 22 % senkt. Es besteht aber die Gefahr eines Bias, da nur wenige Studien vorliegen und diese meistens von derselben Arbeitsgruppe stammen.
In einigen Studien konnte mit der Verabreichung hoher Dosen des [[Zuckeraustauschstoff]]s [[Xylitol]] eine prophylaktische Wirkung bezüglich der akuten Mittelohrentzündung erzielt werden.<ref name="PMID20874048">J. L. Danhauer, C. E. Johnson u.&nbsp;a.: ''Xylitol as a prophylaxis for acute otitis media: systematic review.'' In: ''International journal of audiology.'' Band 49, Nummer 10, Oktober 2010, S.&nbsp;754–761, {{ISSN|1708-8186}}. [[doi:10.3109/14992027.2010.493897]]. PMID 20874048. (Review).</ref><ref name="PMID21812632">J. L. Danhauer, A. Kelly, C. E. Johnson: ''Is mother-child transmission a possible vehicle for xylitol prophylaxis in acute otitis media?'' In: ''International journal of audiology.'' Band 50, Nummer 10, Oktober 2011, S.&nbsp;661–672, {{ISSN|1708-8186}}. [[doi:10.3109/14992027.2011.590824]]. PMID 21812632. (Review).</ref> Xylitol hemmt das Wachstum von Pneumokokken und die Bindung von Pneumokokken und ''[[Haemophilus#Haemophilus influenzae|Haemophilus influenzae]]'' an die Zellen im [[Nasopharynx|Nasenrachenraum]]. Die Dosis an Xylitol lag im Bereich von 10&nbsp;g/Tag.<ref name="PMID11163479">M. Uhari, T. Tapiainen, T. Kontiokari: ''Xylitol in preventing acute otitis media.'' In: ''Vaccine.'' Band 19 Suppl 1, Dezember 2000, S.&nbsp;S144–S147, {{ISSN|0264-410X}}. PMID 11163479. (Review).</ref>
 
== Vorbeugung ==
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Gegen [[Pneumokokken]] und [[Haemophilus#Haemophilus influenzae|Haemophilus influenzae]] als häufige Erreger der bakteriellen Mittelohrentzündung stehen Impfstoffe zur Verfügung. Die [[Pneumokokken#Impfung|Impfung gegen Pneumokokken]] und die Impfung gegen Haemophilus influenzae ([[HIB-Impfung]]) werden daher bei Kindern empfohlen.
 
Bei bestehender Trommelfellperforation ist beim Duschen und Baden ein [[Gehörschutz]] (Schwimmschutz) zu empfehlen. Bei Erwachsenen gelten Rauchen und diverse [[Allergie]]n als Risikofaktoren, die eine Mittelohrentzündung fördern können.
 
== Geschichte ==
 
Die Mittelohrentzündung war Anfang des 20. Jahrhunderts noch nicht als bakterielle Infektion definiert, aber der aus dem Ohr auslaufende Eiter als zentrales Indiz für die Erkrankung erkannt. Der Volksmund sprach vom „Ohrenlaufen“, die Ärzte vom „Mittelohrkatarrh“. Sie unterschieden streng zwischen dem Krankheitsverlauf bei Kindern, wo in der Regel kein Eingreifen nötig sei, denn deren Trommelfelle seien „sehr zart und dünn“, und Erwachsenen, deren Trommelfelle „viel derber“ seien und deswegen durch den Druck des Eiters häufig perforierten, mit nachhaltigen Hörschädigungen. Als letztes Mittel helfe nur, „mit dem Messer die Öffnung in dem Trommelfell zu schaffen; eine kleine, dankbare und nicht schwere Operation, die man noch häufiger anwenden würde, wenn sie nicht schmerzhaft wäre“.<ref>''Die Mittelohrentzündung''. In: ''Deutscher Hausschatz'' (christliche Zeitschrift), Heft&nbsp;2, 1910, S.&nbsp;67, Verlag Friedrich Pustet, Regensburg / New York.</ref>
 
== Siehe auch ==