Roßdorf (Bruchköbel)
Roßdorf ist ein Stadtteil der Stadt Bruchköbel im hessischen Main-Kinzig-Kreis.
Roßdorf Stadt Bruchköbel
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Koordinaten: | 50° 12′ N, 8° 55′ O |
Höhe: | 133 m ü. NHN |
Fläche: | 6,71 km²[1] |
Einwohner: | 3129 (Mai 2011)[2] |
Bevölkerungsdichte: | 466 Einwohner/km² |
Eingemeindung: | 1. Juli 1974 |
Postleitzahl: | 63486 |
Vorwahl: | 06181 |
Geografische Lage
BearbeitenRoßdorf liegt auf einer Höhe von 134 m über NN, etwa 7 km nördlich von Hanau. Das Oberdorf wurde auf den Michelsberg gebaut. Durch Roßdorf führt die (alte) Verbindungsstraße Friedberg-Hanau.
Geschichte
BearbeitenUrgeschichte
BearbeitenSiedlungsfunde aus der Gemarkung reichen zurück bis in die Jungsteinzeit.
Mittelalter
BearbeitenÄlteste erhaltene urkundliche Erwähnungen des Dorfs stammen aus den Jahren um 850 und 1062, als Herr und Gaugraf Reginbodo die Kirche von Roßdorf dem Kloster Fulda schenkte. 1192 wird ein Pfarrer erwähnt. Bereits vor 1200 war Roßdorf Sitz eines Archipresbyters, der dem Landkapitel Roßdorf, der kirchlichen Mittelbehörde für die umliegenden Gemeinden, vorstand. Er unterstand dem Archidiakonat von St. Maria ad Gradus in Mainz.
Ende des 12. Jahrhunderts errichtete der Antoniter-Orden in Roßdorf sein erstes Kloster in Deutschland. Es hatte zahlreiche Niederlassungen von Marville in Lothringen bis nach Brieg an der Oder, heute: Brzeg. Aufgrund von Differenzen mit Territorialherren des Umlandes wurde 1441 der Sitz des Konvents nach Höchst am Main verlegt, wobei allerdings ein Verwalter weiter in Roßdorf residierte und für den umliegenden, umfangreichen Grundbesitz des Ordens zuständig war.[3][4]
Roßdorf lag bei Ausbildung der Landeshoheit im späten Mittelalter im Amt Büchertal der Herrschaft Hanau, ab 1429: Grafschaft Hanau, nach der Landesteilung von 1458: Grafschaft Hanau-Münzenberg.
Historische Namensformen
BearbeitenIn erhaltenen Urkunden wurde Roßdorf unter den folgenden Namen erwähnt (in Klammern das Jahr der Erwähnung):[1]
- Rostorf (um 850)
- Rosdorf (1062)
- Rostroff (1241)
- Rorstorf (1273)
Neuzeit
BearbeitenIn der Grafschaft Hanau-Münzenberg wurde Mitte des 16. Jahrhunderts nach und nach die Reformation eingeführt. Dies geschah zunächst im lutherischen Sinn. Mit der Reformation schwand der Einfluss der Antoniter auf das Dorf, das Kloster verfiel langsam und das Kirchenpatronat wechselte vom Kloster Fulda zu den Grafen von Hanau-Münzenberg.[5] In einer „zweiten Reformation“, wurde die Konfession der Grafschaft Hanau-Münzenberg erneut gewechselt: Graf Philipp Ludwig II. verfolgte ab 1597 eine entschieden reformierte Kirchenpolitik. Er machte vom Jus reformandi, seinem Recht als Landesherr Gebrauch, die Konfession seiner Untertanen zu bestimmen, und setzte dies für die Grafschaft Hanau-Münzenberg weitgehend als verbindlich durch. Die Pfarrei gehörte nachreformatorisch zur Klasse (Dekanat) Windecken. Zur Pfarrei gehörte auch Butterstadt.
Nach dem Tod des letzten Hanauer Grafen, Johann Reinhard III., 1736 erbte Landgraf Friedrich I. von Hessen-Kassel aufgrund eines Erbvertrages aus dem Jahr 1643 die Grafschaft Hanau-Münzenberg und damit auch das Amt Büchertal und Roßdorf. 1803 wurde die Landgrafschaft Hessen-Kassel zum Kurfürstentum Hessen erhoben. Während der napoleonischen Zeit stand das Amt Büchertal ab 1806 unter französischer Militärverwaltung, gehörte 1807–1810 zum Fürstentum Hanau, und dann von 1810 bis 1813 zum Großherzogtum Frankfurt, Departement Hanau. Anschließend fiel es wieder an das Kurfürstentum Hessen zurück. Nach der Verwaltungsreform des Kurfürstentums Hessen von 1821, im Rahmen derer Kurhessen in vier Provinzen und 22 Kreise eingeteilt wurde, ging das Amt Büchertal im neu gebildeten Kreis Hanau auf. Mit der Annexion Kurhessens durch das Königreich Preußen nach dem verlorenen Krieg von 1866 wurde auch Roßdorf preußisch.
Am 1. Juli 1974 wurde die landwirtschaftlich geprägte Gemeinde Roßdorf im Rahmen der Gebietsreform in Hessen kraft Landesgesetzes in die Stadt Bruchköbel eingegliedert.[6][7] Der Landkreis Hanau ging 1974 im Main-Kinzig-Kreis auf.
Industriegeschichte
BearbeitenIn Roßdorf wurde 30 Jahre lang auch Kohle abgebaut. Die Grundlage war dafür die Ausläufer des Horloffgrabens. Das auftretende Grundwasser zerstörte das Flöz. Doch der Eisenbahnbau schaffte auch günstigere Kohle aus dem Ruhrgebiet nach Rossdorf.
Einwohnerentwicklung
BearbeitenQuelle: Historisches Ortslexikon[1]
- 1632: ca. 51 Familien[8]
- 1634: 58 Haushaltungen
- 1707: 38 Familien[8]
- 1732: 65 Hofreiten[9]
- 1754: 75 Familien = 340 Einwohner[8]
- 1812: 67 Feuerstellen (mit Einschluss des Hofes Butterstädt), 447 Seelen
Roßdorf: Einwohnerzahlen von 1812 bis 2011 | ||||
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Jahr | Einwohner | |||
1812 | 447 | |||
1834 | 586 | |||
1840 | 624 | |||
1846 | 652 | |||
1852 | 662 | |||
1858 | 617 | |||
1864 | 647 | |||
1871 | 643 | |||
1875 | 634 | |||
1885 | 720 | |||
1895 | 786 | |||
1905 | 814 | |||
1910 | 904 | |||
1925 | 1.015 | |||
1939 | 1.102 | |||
1946 | 1.600 | |||
1950 | 1.533 | |||
1956 | 1.445 | |||
1961 | 1.445 | |||
1967 | 1.649 | |||
1970 | 1.933 | |||
1980 | ? | |||
1990 | ? | |||
2000 | ? | |||
2011 | 3.129 | |||
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt, 1968. Weitere Quellen: [1]; Zensus 2011[2] |
Religionszugehörigkeit
BearbeitenQuelle: Historisches Ortslexikon[1]
• 1830: | 618 evangelische (= 85,83 %), 102 katholische (= 14,17 %) Einwohner |
• 1961: | 1269 evangelische (= 87,82 %), 148 katholische (= 10,24 %) Einwohner |
Religion
BearbeitenVom Mittelalter bis ins 18. Jahrhundert gab es in Roßdorf zwei Kirchen: die 1062 erstmals erwähnte Dorfkirche – heute Michaels-Kirche – und die bis 1240 erbaute Kirche des Antoniterklosters. Der 17. Januar, der Antoniustag, war der Tag der Kirchweihe. Die Kirche der Antoniter wurde nach der Reformation nicht mehr gebraucht und verfiel. Die romanische Dorfkirche ist in ihrem wesentlichen Bestand unverändert erhalten. 1765 wurde sie allerdings im Inneren umgebaut und in ihrer Ausrichtung nach Westen gedreht.
Wappen
BearbeitenAm 2. September 1965 wurde der Gemeinde Roßdorf im damaligen Landkreis Hanau, Regierungsbezirk Wiesbaden, ein Wappen mit folgender Blasonierung verliehen: In Rot ein nach links steigendes silbernes, blaubezungtes Pferd und rechts oben ein schwarzes Kreuz.[10]
Kultur und Sehenswürdigkeiten
BearbeitenBauwerke
Bearbeiten- Das Ortsbild von Roßdorf prägen die Kirche, das Rathaus (um 1700), das alte Backhaus (1773) im Ortskern und das 2003 errichtete „Steinerne Ross“ am Ortseingang. In der Oberdorfstrasse finden sich Reihe an Reihe verschiedenste Fachwerkhäuser und Höfe.
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Altes Rathaus
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Altes Backhaus
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Hof in der Oberdorfstrasse
Regelmäßige Veranstaltungen
Bearbeiten- An einem Sonntag, um den 17. Januar, wird Kirchweih, die „Kerb“ gefeiert[11]. Am folgenden Tag findet das Schubkarrenrennen statt, das seinen Ursprung in einer Wette aus den 1920er-Jahren hat.
- Einmal im Jahr, um den 1. September, begeht Roßdorf das mehrtägige Backhausfest. Dann werden im alten Backhaus Brote gebacken.
- Nahe Roßdorf befindet sich die Hohe Straße, eine alte Handelstraße nach Frankfurt. Auch gibt es den Wartbaum. Die Umgebung prägen auch die aufgestellten Windräder auf der Hohen Straße.
Literatur
Bearbeiten- Ingrid Dallmeyer: Chronik der Stadt Bruchköbel und seiner Stadtteile Roßdorf, Niederissigheim, Oberissigheim und Butterstadt. Bruchköbel 1989.
- Wilhelm Dersch: Hessisches Klosterbuch. Quellenkunde zur Geschichte der im Regierungsbezirk Kassel, im Kreis Grafschaft Schaumburg, in der Provinz Oberhessen und dem Kreis Biedenkopf gegründeten Stifter, Klöster und Niederlassungen von geistlichen Genossenschaften. 2. Aufl. 1940. ND 2000, S. 136.
- Peter Gbiorczyk: Die Entwicklung des Landschulwesens in der Grafschaft Hanau von der Reformation bis 1736. Die Ämter Büchertal und Windecken. Aachen 2011. ISBN 978-3-8440-0331-4
- Peter Gbiorczyk: Die „zwei Reformationen“ in der Grafschaft Hanau-Münzenberg am Beispiel der Landgemeinden Bruchköbel, Nieder- und Oberissigheim und Roßdorf (1514-1670). In: Neues Magazin für Hanauische Geschichte 2017, S. 8–67.
- Peter Gbiorczyk: Die Schulen in Roßdorf (Bruchköbel) 1574–1818. 2012.
- Rainer Haas: 950 Jahre Michaels-Kirche zu Roßdorf 1062-2012. Hrsg.: Kirchenvorstand Roßdorf. Bruchköbel 2012.
- Rainer Haas: Roßdorfer Allerlei. Gesammelte Aufsätze. 2006.
- Uta Löwenstein: Die Roßdorfer Freundschaft (= Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte. Band 81). Darmstadt 1991.
- Heinrich Reimer: Historisches Ortslexikon für Kurhessen (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen. Band 14). 1926, S. 406.
- Roßdorf in Geschichte und Gegenwart, Festschrift zur 1200-Jahr-Feier, herausgegeben von der Vereinsgemeinschaft Roßdorf, Bruchköbel 2000.
- Literatur über Roßdorf nach Register nach GND In: Hessische Bibliographie
Weblinks
Bearbeiten- Stadtteil Roßdorf im Internetauftritt der Stadt Bruchköbel.
- Historisches zum Stadtteil Roßdorf im Internetauftritt der Stadt Bruchköbel.
- Roßdorf, Main-Kinzig-Kreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ a b c d e Roßdorf, Main-Kinzig-Kreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 16. Oktober 2019). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- ↑ a b Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,8 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 11. Juli 2021 . Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Löwenstein, S. VI.
- ↑ Vgl. dazu: „Roßdorf, Antoniterhaus, Main-Kinzig-Kreis“. Historisches Ortslexikon für Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- ↑ Max Aschkewitz: Pfarrergeschichte des Sprengels Hanau („Hanauer Union“) bis 1986, Teil 1 = Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen 33. Marburg 1984, S. 309.
- ↑ Gesetz zur Neugliederung der Landkreise Gelnhausen, Hanau und Schlüchtern und der Stadt Hanau sowie die Rückkreisung der Städte Fulda, Hanau und Marburg (Lahn) betreffende Fragen (GVBl. 330–26) vom 12. März 1974. In: Der Hessische Minister des Innern (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1974 Nr. 9, S. 149, § 3 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 3,0 MB]).
- ↑ Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart/Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 367 (Digitalisat in: Statistische Bibliothek des Bundes und der Länder [PDF]).
- ↑ a b c In den Jahren 1632, 1707 und 1754 wurde in der Grafschaft Hanau die Zahl der Einwohner ermittelt. Die Zahlen sind hier wiedergegeben nach Erhard Bus: Die Folgen des großen Krieges – der Westen der Grafschaft Hanau-Münzenberg nach dem Westfälischen Frieden. In: Hanauer Geschichtsverein 1844: Der Dreißigjährige Krieg in Hanau und Umgebung = Hanauer Geschichtsblätter 45 (2011), ISBN 978-3-935395-15-9, S. 277–320 (289 ff.)
- ↑ Dallmeyer, S. 51.
- ↑ Genehmigung eines Wappens der Gemeinde Roßdorf, Landkreis Hanau, Regierungsbezirk Wiesbaden vom 2. August 1965. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1965 Nr. 38, S. 1102, Punkt 912 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 6,2 MB]).
- ↑ Homepage zur Kerb