Neustart
Von Sönke Würdemann
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Über dieses E-Book
Nach ihrer Versetzung nach Oldenburg plant Kriminalkommissarin Anna Kramer zunächst die Kollegen und die Stadt näher kennenzulernen. Doch schnell stellt sich heraus, dass ihre Ankunft in Oldenburg bereits sehnsüchtig erwartet wurde. Bereits an ihrem ersten Tag wird eine Leiche entdeckt, die eine Nachricht an Anna persönlich enthält.
Ehe sie sich versehen, finden sich Anna Kramer und ihre neuen Kollegen in einer Schnitzeljagd durch Oldenburg wieder, bei der ihnen der Täter scheinbar immer einen Schritt voraus ist. Sein Ziel ist klar: Anna Kramer soll zu Fall gebracht werden. Mit allem, was dafür nötig ist.
Sönke Würdemann
Sönke Würdemann schreibt in seiner Freizeit. Mit Neustart hat er seinen ersten Roman veröffentlicht. Hauptberuflich arbeitet er im öffentlichen Dienst.
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Buchvorschau
Neustart - Sönke Würdemann
-1-
Anna Kramer sah auf die Uhr. Jetzt stand der IC hier schon zwanzig Minuten. Warum ging es denn nicht weiter?
„Sehr geehrte Damen und Herren, unsere Weiterfahrt verzögert sich noch um ein paar Minuten. Die vor uns liegende Klappbrücke hat einen Defekt, der eine Weiterfahrt derzeit ausschließt. Es wird mit Hochdruck daran gearbeitet, dass wir unsere Fahrt so schnell wie möglich fortsetzen können. Wir bitten um Ihr Verständnis", ertönte es aus dem Lautsprecher.
„Na toll, und wie lange dauert es jetzt?", fragte Anna sich selbst.
„Das kommt ganz darauf an, woran es dieses Mal liegt, begann ein Mann in der Reihe hinter ihr. „In der Regel ist es so, dass nur ein Mitarbeiter der Bahn die Scharniere einmal mit WD-40 bearbeiten muss, damit die Brücke wieder herunterfährt.
„Ah, okay. Dann hat sich das Problem ja hoffentlich gleich erledigt", antwortete Anna, auch wenn sie zugegeben nicht wusste, was der Herr mit WD-40 meinte. Sie strich sich eine Strähne ihrer braunen Haare aus dem Gesicht und nahm ihr Smartphone noch einmal heraus und teilte die Verzögerung ihrer Freundin Kathrin Reinders mit, die am Bahnhof bereits auf sie warten musste.
Im Anschluss ging sie noch einmal die E-Mail durch, in der ihr mitgeteilt wurde, wo sie sich morgen melden sollte. Anna wurde als Kriminalkommissarin von Hannover nach Oldenburg versetzt und sollte am nächsten Tag ihren Dienst in der Polizeiinspektion OldenburgStadt/Ammerland beginnen.
Nun war es also tatsächlich so weit gekommen, dass die Umsetzung durchgeführt wurde. Eigentlich hatte sich Anna auf dem Revier in Hannover-Mitte sehr wohl gefühlt. Aber aufgrund ihres letzten Tages in Hannover war es das Beste, an einem neuen Ort einen Neustart zu absolvieren. Außerdem war es deutlich besser in einer Großstadt zu arbeiten, als in irgendeinem Dorf als Polizistin zu versauern und gefühlt nur kleinere Delikte aufzuklären oder zu Ruhestörungen gerufen zu werden. Wenn man in Hannover gelebt und gearbeitet hatte, wäre das mit Abstand die größte Niederlage, die man hätte hinnehmen müssen. Nein, da war das Angebot nach Oldenburg zu kommen, deutlich angenehmer.
Glücklicherweise konnte sie schnell eine Wohnung finden, in die sie einziehen konnte. Das kam durch Kathrin, die ebenfalls seit ein paar Monaten in Oldenburg lebte und in ihrer Wohnung genügend Platz hatte, sodass Anna ebenfalls einziehen konnte. Kathrin hatte ihr im Vorfeld schon vorgeschwärmt, wie toll doch alles passen würde: Die Wohnung liegt in einer der alten Oldenburger Hundehütten im Dobbenviertel, wodurch es für Anna auch nicht so weit zur Dienststelle wäre. Gleichzeitig würden die Wohnung und die Umgebung einen unglaublichen Charme versprühen, den man sonst nur selten findet. Was solche Angaben anging, machte Kathrin gerne mal die eine oder andere Übertreibung, aber Anna war froh, dass sie verhältnismäßig reibungslos eine Unterkunft in Oldenburg gefunden hatte, nachdem sie überraschend eine neue Wohnung finden musste. Die Stadt kennenlernen konnte sie dann auch noch an ihren freien Tagen. Außerdem kannte sie Kathrin bereits von Kindesbeinen an, was die erste Eingewöhnung einfacher machte.
Kathrin kam wie Anna gebürtig aus Hannover. Beide waren dort gemeinsam zur Schule gegangen. Während dieser Zeit sind Anna und Kathrin durch dick und dünn gegangen und es hatte sich eine Freundschaft entwickelt, die auch nach der Schule noch anhielt, auch wenn man sich aus den Augen verloren hatte. Auch wenn es wie in jeder Freundschaft, die so lange bestand, immer mal wieder Verstimmungen und auch längeren Streit gab, zum Beispiel wegen eines Jungen, hatten Anna und Kathrin immer wieder zueinandergefunden. Nach dem Abitur hatten sich die Wege der beiden Frauen zwar getrennt, aber ein regelmäßiger Kontakt war bestehen geblieben: Anna hatte ein Studium an der Polizeihochschule begonnen und Kathrin war Anfang der 2000er-Jahre als eine der ersten freiwilligen Frauen zur Bundeswehr gegangen, um dort ein Studium beim Heer zu absolvieren.
In dieser Zeit hatten sich Anna und Kathrin regelmäßig gesehen, bis Kathrin 2010 mit nach Afghanistan einberufen wurde und bis zum Abzug der Truppen dort auch stationiert war. Es vergingen elf Jahre, in denen sich Anna und Kathrin nur äußerst selten gesehen hatten. Allerdings war es nach Kathrins Rückkehr so, als wäre sie nie weg gewesen. Anna hatte zunächst ihre Bedenken, wie sehr sie sich wohl in der Zeit verändert hatten, aber Kathrin hatte es mit ihrer bloßen Anwesenheit geschafft wieder da anzuknüpfen, wo sie 2010 aufgehört hatten.
Als Anna dann vor zwei Monaten ihren letzten Tag in Hannover hatte, konnte sie sich zum Glück auf Kathrin verlassen, die ihr sofort anbot, sie in der Wohnung mit aufzunehmen. Eine Arbeit würde sich in Oldenburg schon finden, zunächst sollte Anna aus Hannover raus, um einmal Abstand zu haben. Zum Glück musste Anna sich keinen neuen Beruf suchen, sondern lediglich den Arbeitsplatz wechseln. Durch die Freizeit die sich Anna verschafft hatte, konnte sie sich bereits die Wohnung ansehen und die größeren Möbel für ihr Zimmer besorgen und aufbauen. Kathrin hatte, was die Wohnung und die Umgebung anging, nicht übertrieben. Durch die hohen Decken waren die Räume eine schöne Abwechslung zu den klassischen Mietwohnungen, die in den letzten Jahrzehnten gebaut wurden. Außerdem war die Natur nur einen Katzensprung von der Wohnung entfernt, sodass Anna den einen oder anderen Spaziergang nach Feierabend oder an freien Tagen machen konnte.
Mit dem was sie bisher gesehen hatte, konnte Anna sich gut vorstellen, dass sie die letzten Wochen schnell vergessen konnte. Zumindest in dem Maß, dass sie ihr kein allzu schlechtes Gefühl mehr vermitteln sollten. Vielleicht würde sie sich auch noch einmal bei Tim melden.
Anna schüttelte sich, um die Gedanken daran zu beenden. Nein, dafür war nun wirklich nicht die Zeit, ausgerechnet daran zu denken. Tim hatte mit der ganzen Sache nichts zu tun. Die Versetzung nach Oldenburg war angesichts ihres Ziels beim LKA in Hannover als Fallanalytikerin anzufangen, zwar ein Dämpfer, aber schließlich wusste man ja nie, was noch auf einen zukommt. Immerhin konnte sie sich in Oldenburg auch einen Namen machen. Solange sie sich mit den neuen Kollegen versteht, sollten ihre Qualifikation und Motivation für sie sprechen.
Als sich der Zug wieder in Bewegung setzte und an dem Schrottplatz, an einer Straße und einen Fahrradweg vorbeiführte, sah Anna gelangweilt aus dem Fenster. Der Zug rumpelte über die Eisenbahnbrücke, welche für die Verzögerung verantwortlich war und Anna packte ihre Sachen zusammen, nachdem der Zugführer mitteilte, dass sie nun endlich in den Bahnhof einfuhren. Am Bahnsteig musste Anna sich umschauen und es dauerte einen Moment, bis sie Kathrin entdeckte. Wobei Kathrin eigentlich nicht schwer zu erkennen war. Mit ihren pechschwarzen, schulterlangen Haaren konnte man Kathrin leicht in der Menge ausmachen. Die Tatsache, dass sie ein wenig größer als Anna war, machte es Anna ebenfalls leicht, nach Kathrin Ausschau zu halten.
„Ah, da bist du ja!", rief Kathrin, während sie auf Anna zulief.
„Hallo! Ja, es hat zwar etwas länger gedauert, aber irgendwann hatten sie das Problem an der Brücke im Griff", entgegnete Anna, während sie Kathrin in den Arm nahm.
„Diese Brücke, ich glaube, es wird nur besser, wenn sie irgendwann getauscht wird. Aber das wird wohl noch einige Zeit dauern. Hattest du sonst eine schöne Reise?"
„Ja, die hatte ich, danke. Bis auf dass wir eine halbe Stunde warten mussten, bis die Fahrt weitergeht, war der Rest ziemlich unspektakulär."
„Das freut mich. Genauso sehr wie die Tatsache, dass du endlich hier bist. Komm, ich bring dich zum Auto und dann zur Wohnung", strahlte Kathrin und ging voraus in den Tunnel des Bahnhofs hinaus zum ZOB, wo die Kurzzeitparkplätze waren.
„Jetzt geht es ja erst mal los, dass ich mich hier zurechtfinden muss", stöhnte Anna, als sie den Koffer in Kathrins hellblauen Opel Corsa legte.
„Ach, das wird ganz schnell gehen. Steig ein, dann erkläre ich dir schon einmal den Weg vom Bahnhof zu deinem neuen Zuhause", sagte Kathrin, während sie Anna die Beifahrertür aufhielt.
Kathrin stieg auf der Fahrerseite ein und startete das Auto. Während sie fuhr, erklärte sie Anna, was der schnellste Weg vom Bahnhof zur Wohnung war. Sie fuhren vom ZOB in Richtung Pferdemarkt.
„Ist das hier der Pferdemarkt, von dem du mir schon mal erzählt hast? Der sieht schwierig aus", fragte Anna, während sie sich die Gegend ansah.
„Ja, wenn man ihn das erste Mal sieht, ist er scheinbar schwierig zu fahren, aber viel schlimmer als in Hannover ist er auch nicht. Eigentlich ist das nur ein großer Kreisverkehr, der mehrere Spuren hat. Das hast du schnell drauf, erklärte Kathrin. „Und da musst du hin, wenn du dich hier anmelden willst. In das große gelbe Gebäude.
„In das da?", fragte Anna nach, während sie am großen Parkplatz vorbeifuhren.
„Nein das nicht, da ist das Standesamt drin. Außer du hast schon jemanden, mit dem du hinmöchtest?" Kathrin warf Anna einen zweideutigen Blick zu. Sie zeigte auf das Gebäude daneben.
„Hier musst du hin", setzte Kathrin an und zeigte auf das Gebäude an der anderen Stirnseite des Platzes.
„Ach so, ja stimmt, das Gebäude ist auch wirklich größer. Das passt ja, dass ich den großen Bau geflissentlich übersehe", antwortete Anna und wurde rot.
Es kam immer mal wieder vor, dass sie in ungewohnten Situationen die offensichtlichen Dinge nicht direkt sah. Das geschah auch bei ihrer Arbeit. Anna konnte sich auf die kleinsten Details konzentrieren, was bei der ersten Fallanalyse helfen konnte. Aber das Offensichtliche blendete Anna in solchen Fällen ganz gerne aus. In solchen Fällen war es gut, wenn ihre Kollegen sich auf diese Eigenart einstellen konnten und die offensichtlichen Punkte zusammenfassten.
Kathrin fing an zu lachen. „So warst du schon immer. Für Menschen wie dich sind Navigationsgeräte entwickelt worden."
Anna musste grinsen. Es stimmte, dass sie einen schlechten Orientierungssinn hatte. Keine Orientierung und das Offensichtliche sah sie immer erst auf dem zweiten Blick. Manchmal fragte sie sich, wie sie es überhaupt zur Polizei geschafft hatte. Vielleicht lag es daran, dass sie in schwierigen Fällen die entscheidenden Details erfasste und diese anbringen konnte, wenn es darauf ankam. Aus diesem Grund war sie in Hannover auch in der Kriminalpolizei eine geschätzte Kollegin.
Der Corsa bog in die nächste Straße ab.
„Das hier, erklärte Kathrin, während sie nach rechts zeigte, „ist das PFL. Das Peter-Friedrich-Ludwigs-Hospital. Das ist heute aber ein Kulturzentrum. Hier sind zum Beispiel eine Bücherei untergebracht und Veranstaltungssäle.
„Hmhm. Entschuldige bitte, ich glaube die Tour durch Oldenburg müssen wir auf einen anderen Tag verlegen. Ich merke, dass ich versuche dir zuzuhören, aber die Worte bleiben nicht hängen."
„Ach, das ist kein Problem. Dann laden wir gleich deine Sachen aus und machen uns einen gemütlichen Abend."
„Danke. Die Stadt erkundigen wir dann in den nächsten Tagen gemeinsam, okay?", bot Anna an.
„Klar. Wir nehmen uns die nächsten Tage immer etwas anderes vor."
Es dauerte nicht lange, bis Anna und Kathrin an der Wohnung ankamen. Diese lag im Dobbenviertel und war im Obergeschoss einer Oldenburger Hundehütte untergebracht. Anna kannte Kathrins Wohnung bereits, war aber immer wieder von dem Charme begeistert, den das alte Gebäude versprühte. Die Wohnung hatte bis auf die Schrägen immer noch vergleichsweise hohe Decken und war von Kathrin, wie Anna befand, sehr gemütlich eingerichtet worden. Aber auch die Schrägen wurden in der Wohnung gut genutzt. Auf der einen Seite war die Küche untergebracht und auf der anderen Seite hatte man das Duschbad eingebaut. Die anderen Räume sahen ein großzügiges Wohnzimmer vor, sowie drei weitere kleinere Zimmer von denen zwei Schlafzimmer waren und ein weiteres als Büro diente.
Als Anna damals von ihrer Versetzung nach Oldenburg berichtete, hatte Kathrin ihr ohne zu zögern angeboten, dass sie bei ihrer Vermieterin nachfragte, ob Anna mit einziehen konnte. Da die Nebenkosten über die Mieter liefen, war die Anzahl der Personen kein Problem. Zumal die Vermieterin sich freute, dass eine Polizistin ebenfalls in ihrem Haus leben würde. Diese Tatsache ließ ihre Entscheidung rasch positiv ausfallen.
„Danke Kathrin, ich freue mich, dass ich hier wohnen kann. Die Wohnung ist herrlich."
„Das ist schön, ich freue mich auch über deine Gesellschaft."
Anna ging in ihr Zimmer und stellte ihren Koffer mit den nötigsten Utensilien ab. Ihren eigentlichen Umzug hatten die beiden vor zwei Wochen bereits hinter sich gebracht. Allerdings hatte Anna in Hannover noch etwas zu erledigen gehabt, weshalb sie zwei Wochen aus dem Koffer lebte, ehe sie sich ganz nach Oldenburg begab.
„Wann musst du bei der Polizei in Oldenburg anfangen?", fragte Kathrin, während sie in die Küchen gingen, um ein Abendessen zuzubereiten.
„Ich muss morgen schon anfangen. Wie sagt man so schön, es gibt einen nahtlosen Übergang."
„Oh, dann schon? Dann bin ich ja mal gespannt, was du abends erzählen wirst. Bist du wieder bei der Kriminalpolizei eingesetzt?"
„Ja genau, ich wurde lediglich in eine andere Dienststelle versetzt. Ich schätze, dass es nicht sehr viel zu berichten gibt, da ich erst mal die Dienststelle kennenlernen werde. Dann geht es darum, meinen Arbeitsplatz einzurichten und mich den Kolleginnen und Kollegen vorzustellen. Es wird wohl eher ein ruhiger Tag."
„Es sei dir auch gegönnt, dass du nach den letzten Monaten auch mal etwas Ruhe bekommst. Es reicht vollkommen, wenn du die ersten Tage gemächlich einsteigst, erklärte Kathrin. „Was waren denn die genauen Konsequenzen aus Hannover, dass du gerade hierher versetzt wurdest?
„Das ist eine längere Geschichte für einen anderen Abend. Kurz gesagt: Ich habe mich im wörtlichen Sinne mit dem falschen Kollegen angelegt. Da war die Versetzung nach Oldenburg eine für beide Seiten akzeptable Lösung. Dass ich ausgerechnet hierher versetzt wurde, war wohl auch Glück", antwortete Anna und zuckte mit den Schultern.
Wobei mit dem falschen Kollegen angelegt etwas untertrieben war. Anna musste feststellen, dass der Unterschied zwischen Recht haben und Recht bekommen, auch bei ihrem Dienstherrn der Polizei, vorkommt. Zumindest, wenn derjenige mit dem man sich anlegt, der stellvertretende Dienststellenleiter ist und dieser seit beinahe 30 Jahren bei der Polizei arbeitet und ein großes Netzwerk bis in die höchsten polizeilichen und auch politischen Kreise aufgebaut hat. Dann ist man, wie Anna herausfand, vor fast jeglichen Strafen sicher. Da konnte Anna mit ihrer Berufserfahrung von knapp zehn Jahren noch so sehr im Recht sein. Wenn man die richtigen Freunde und Bekannten hat, hat man auch einen guten Schutz vor Repressionen. Immerhin war Anna nicht die Einzige, die in diesem Verfahren eine Versetzung hinnehmen musste. Ihr Vorgesetzter war in dem Anhörungsverfahren als nicht mehr tragbar in der Führungsebene eingeschätzt und entsprechend innerhalb der Dienststelle in Hannover versetzt worden.
Anna schüttelte den Kopf. „Ich wurde hierher versetzt, weil es für den Dienstbetrieb besser war. Ich hoffe, dass die Versetzung nicht allzu großen Wellen in Oldenburg schlägt."
„Das wünsche ich dir. Aber ich gehe mal davon aus, dass man dir hier mit nicht allzu großen Vorurteilen begegnen wird."
Das hoffte Anna auch. Eine solche Versetzung war immer mit Klatsch und Tratsch in der Dienststelle verbunden. Für Anna bedeutete das, dass sie sich in ihrer neuen Dienststelle erst mal beweisen und sich ihren Stand erst erarbeiten musste. Je nachdem, wie ihre neuen Vorgesetzten gestellt waren und welche Aufgaben sie bekommen würde, könnte dies eine Weile dauern. Aber Anna war bereit sich zu beweisen. Sie hatte sich in Hannover durchsetzen können, dann würde sie es überall in Niedersachsen schaffen, als Kriminalkommissarin zu arbeiten.
„Wir schauen mal, wie sich alles entwickelt. Ich glaube, für heute reicht es. Ich gehe ins Bett. Ich hoffe, du bist nicht böse, weil ich jetzt schon ins Bett gehe?", fragte Anna zögerlich, nachdem sie gegessen hatten.
„Quatsch, du bist den ganzen Nachmittag über gereist und musst morgen wieder früh raus. Hau dich hin und schlaf gut."
„Danke, du nachher auch."
Anna ging in ihr Zimmer und dachte an den nächsten Tag. Wie würde es wohl werden? Wie waren ihre Kollegen? Wie lange war die Versetzung Thema in der Dienststelle? Anna bereitete ihre Sachen für den kommenden Tag vor und fiel ins Bett. „Im Endeffekt bringt es jetzt auch nichts, sich den Kopf zu zerbrechen", dachte sich Anna, um sich selbst Mut zuzusprechen.
„Es kommt ja doch so, wie es kommt."
Mit diesem Gedanken beruhigte sie sich und schlief nach kurzer Zeit ein.
-2-
Der Regen der eingesetzt hatte, wurde immer stärker und die Sicht auf die Fahrbahn entsprechend schwieriger. Allerdings war das auch egal, da mitten in der Nacht sowieso kaum Fahrzeuge auf der Autobahn unterwegs waren. Lediglich ein Transporter mit einer ganz besonderen Fracht, wie der Schatten fand. Ein Lächeln zeichnete sich auf dem Gesicht ab, während er daran dachte, was die nächsten Tage bringen würden. Seine persönlichen Festspiele würden in Kürze beginnen. Bei dem Gedanken an das was bevorstand, wurde der Transporter immer schneller. Der Schatten musste sich zügeln, dass er nicht zu schnell über die menschenleere A27 in Richtung Bremen fuhr. Auch wenn niemand da war hieß das nicht, dass er ungezügelt fahren konnte. Eine plötzliche Kontrolle wäre das Letzte, was er gebrauchen konnte. Wobei, dann wären es eben zwei weitere Opfer, die er mitnehmen würde. Die endgültige Anzahl würde sich in dem Fall zwar noch erhöhen, was allerdings nichts ändern würde. Auf der anderen Seite würde diese Abweichung vom Plan zu viel Aufsehen erregen und Ermittlungen einleiten, wenn er sie nicht gebrauchen konnte. Nein, das galt es zu vermeiden.
Schließlich waren die kommenden Tage nur einer Person vorbehalten: Anna Kramer. Sie sollte einen gebührenden Einstand in Oldenburg bekommen. Nachdem er endlich herausgefunden hatte wohin sie versetzt wurde, konnten die Vorbereitungen in die entscheidende Phase gehen. Wobei es auch egal gewesen war, da die grundlegenden Entscheidungen bereits getroffen wurden und die Dienststelle lediglich Kür war. Die Pflicht hatte er bereits erledigt. Hoffentlich wurde er nicht enttäuscht und die von ihm vorbereitete Schnitzeljagd würde erfolgreich sein. Am Ende stand für ihn der ultimative Preis: eine gebrochene Kriminalkommissarin, die niemanden mehr mit ihrer hochnäsigen Art verprellen konnte. Der Gedanke an Anna Kramer ließ in ihm die Wut aufsteigen. Er fasste kräftiger um das Lenkrad, bis die Knöchel weiß hervortraten. Der Schatten mahnte sich