Hier klingt Wien: Die musikalische Seite der Donau-Metropole
Von Rupert Schöttle
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Rupert Schöttle
Rupert Schöttle, 1957 in Mannheim geboren, studierte Musik und Musiksoziologie und lebt heute als Cellist in Wien, wo er hauptsächlich bei den Wiener Philharmonikern und im Orchester der Wiener Staatsoper tätig ist. Er hat verschiedene Anekdotensammlungen und Kriminalromane veröffentlicht. Mit dem Krimi „Damenschneider“ gibt er sein Debüt bei Gmeiner.
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Hier klingt Wien - Rupert Schöttle
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Hier klingt Wien
Die musikalische Seite der Donau-Metropole
Impressum
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Alle Rechte vorbehalten
1. Auflage 2016
Lektorat/Korrektorat: Claudia Reinert
Satz: Julia Franze
E-Book: Mirjam Hecht
Bildbearbeitung: Benjamin Arnold
Umschlaggestaltung: Alexander Somogyi
unter Verwendung eines Fotos von © RobertoM – fotolia.com
Kartendesign: Mirjam Hecht; © The World of Maps 123vectormaps.com)
ISBN 978-3-8392-4992-5
Inhalt
Impressum
Die Importweltmeisterin
Vorwort
1 Ganz große Oper
Wiener Staatsoper
2 Ganz große Operette
Volksoper Wien
3 Beethovens Wohnzimmer
Theater an der Wien
4 Kultur im Stall
MuseumsQuartier Wien
5 Das Opernhäuschen
Kammeroper Wien
6 Wo die Sängerknaben leben
MuTh
7 Das Pawlatschentheater
Wiener Metropol
8 Musical in der Vorstadt
Raimund Theater
9 Das Denkmal des unbekannten Hoteliers
Ronacher
10 Wiens Wahrzeichen
Dom St. Stephan
11 Die Kapelle in der Kapelle
Hofburgkapelle
12 Kirche mit Aufzug
Karlskirche
13 Beichten wie der Kaiser
Augustinerkirche
14 DER GROSSE SAAL
Musikverein der Gesellschaft der Musikfreunde
15 Die Mehrzweckanlage
Konzerthaus
16 Die Talentschmiede
Universität für Musik und darstellende Kunst Wien
17 Wo Strauß aufspielte
Kursalon Hübner
18 Radio Days
ORF RadioKulturhaus
19 Bei Mozarts im Keller
Bösendorfer-Saal im Mozarthaus Vienna
20 Der vergessene Konzertsaal
Ehrbarsaal
21 Wiens größte Bühne
Wiener Stadthalle
22 Das Dorf in der Stadt
Gasometer
23 Machen Sie Musik!
Haus der Musik
24 Das Geburtshaus großer Werke
Haydnhaus
25 Der Bürgerschreck im Palais
Arnold-Schönberg-Center
26 Das andere »Landl«
Jazzland
27 Das Klanglabor
Porgy & Bess
28 Zum rosa Hasen
Albertina-Passage
29 Das Männerlokal
Chelsea
30 Zur singenden Kellnerin
Café Concerto
31 Alles Party
Flex
32 The best place in the world
Arena
33 Das Künstlerdorf
WUK
Karte 1
Karte 2
Bildverzeichnis
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Die Importweltmeisterin
Vorwort
Was fällt Ihnen, sehr geehrter Leser, als Erstes ein, wenn Sie den Namen Wien hören? Sind es vielleicht die Würstchen, die hier Frankfurter heißen, weil sie von einem aus dem Hessischen zugezogenen Fleischhauer erfunden wurden? Oder der Fiaker – der nach der Pariser Rue Saint-Fiacre benannt ist, wo ein Pariser Pferdehändler die erste Lohnkutsche anbot? Oder das Schnitzel – das als costoletta alla milanese erstmals in Oberitalien aufgetischt wurde? Oder gar Fürst von Metternich – der beim Wiener Kongress als österreichischer Außenminister den Preußen das Leben schwermachte, obwohl er aus Koblenz gebürtig war? Wie Sie aus diesen etwas willkürlich gewählten Beispielen ersehen können, verfügt Wien schon seit jeher über die Fähigkeit, das Fremde zuerst zu assimilieren, es dann zu perfektionieren, um es schließlich als das Seinige auszugeben.
Nehmen wir etwa die bedeutendste Musikära, die nach der Kaiserstadt benannt wurde, die Wiener Klassik also. Deren wichtigste Vertreter waren Joseph Haydn, Wolfgang Amadeus Mozart und Ludwig van Beethoven. Wie Sie nach der Einleitung nur unschwer erraten können: Keiner der Herren stammte aus Wien. Während Haydn im niederösterreichischen Rohrau geboren wurde und als Sängerknabe nach Wien kam, suchte der im damals bayerischen Salzburg gebürtige Mozart sein Glück in der Donaumetropole. Ludwig van Beethoven reiste gar aus dem fernen Bonn an, um bei Mozart Unterricht zu nehmen. Doch der war bei seiner Ankunft schon verstorben, sodass er mit Haydn vorlieb nehmen musste.
Eines ist unstrittig: Die hier herrschende musikalische Atmosphäre zog all diese großen Geister nach Wien! Die Ursache dafür ist tatsächlich der Geschichte geschuldet. Mit der überraschenden Wahl des Habsburgers Rudolf I. (der übrigens aus dem schweizerischen Aargau kam) zum König des Heiligen Römischen Reiches im Jahre 1273 wurde die Grundlage zur späteren »Welthauptstadt der Musik« gelegt. Schließlich betrachteten die Habsburger die Musik als die höchste aller Künste und brachten es später darin auch selbst zu großer Meisterschaft. Was natürlich auch die bedeutendsten Musiker an ihren Hof zog.
Tatsächlich gibt es weltweit keine Stadt, nach der so viele Musikrichtungen benannt sind. Neben der erwähnten Wiener Klassik wäre hier etwa das melancholische Wienerlied zu erwähnen, das zumeist vom Tod, vom Wein oder gar von beidem handelt (»Es wird ein Wein sein und wir wer’n nimmer sein«) und vorwiegend in Heurigenlokalen gesungen wird.
Nicht ganz so populär, weil für ungeübte Ohren ein wenig sperrig anzuhören, ist die sogenannte Zweite Wiener Schule mit ihren Vertretern Schönberg, Berg und Webern, die übrigens allesamt in Wien geboren wurden. Etwaige Rückschlüsse auf den Geisteszustand der Bewohner der Stadt Sigmund Freuds – der aus dem mährischen Freiberg stammt – sind für einen Deutschen übrigens nicht statthaft!
Zwischen der Klassik und der Moderne liegt bekanntermaßen die Romantik, deren wichtige Vertreter Schubert, Brahms, Bruckner und Mahler ebenfalls in Wien ihre Heimat gefunden hatten – nur der zu Lebzeiten völlig erfolglose Schubert war ein gebürtiger Wiener.
Und trotzdem sind in diesem Buch nur zwei Häuser aufgeführt, in denen die Komponisten gelebt haben, Haydn und Mozart. Aus dem einfachen Grund, weil die anderen Herren entweder ständig ihre Wohnung wechselten (wie Beethoven), das Haus nicht mehr existiert (wie bei Brahms) oder sie erst gar keine feste Unterkunft besaßen (wie der bitterarme Schubert).
Und dann gibt es noch die wohl berühmteste Spezies der Wiener Musik. Den Walzer! Als Ausnahme von meiner etwas freihändig aufgestellten Regel, dass hier nur Zugereiste erfolgreich sind, muss ich an dieser Stelle zähneknirschend konstatieren, dass sich die Familie Strauß tatsächlich aus waschechten Wienern zusammensetzt.
Seinen Weltruhm verdankt der Walzer, die »Marseillaise des Herzens« (Eduard Hanslick), wohl in erster Linie dem eifrigen Einsatz der Wiener Philharmoniker, die an jedem Neujahrstag Milliarden von Menschen an den Fernseher bannen und sie so aufs Angenehmste den Kater der vorigen Nacht vergessen lassen.
Kaum ein Palais oder Festsaal in Wien, in dem nicht allabendlich »Originale Strauß-Konzerte« veranstaltet werden, die sich bei den Besuchern ständiger Beliebtheit erfreuen. Zumal die Donaumetropole ja über genügend Nachwuchs an hervorragenden Musikern verfügt, befindet sich doch hier die größte Musikuniversität der Welt.
Da die Zahl dieser Veranstaltungsorte dementsprechend groß ist, die sich in ihrem Charakter kaum voneinander unterscheiden, habe ich mir erlaubt, diese Orte in diesem Büchlein nicht einzeln zu beschreiben. Freilich mit einer Ausnahme: Im Kursalon Hübner trat die Strauss’sche Kapelle tatsächlich regelmäßig auf.
Dass Wien bei dieser Anhäufung an großen Komponisten als die »Welthauptstadt der Musik« bezeichnet wird, lässt sich also durchaus nachvollziehen, zumal hier mit den Wiener Philharmonikern, den Wiener Symphonikern und dem ORF-Radio-Symphonieorchester Wien drei große Klangkörper dieses bedeutsame Erbe behutsam zu wahren wissen. Darüber hinaus gibt es hier ebenfalls drei Opernhäuser von Weltgeltung. Neben der alles überstrahlenden Staatsoper sind hier noch die Volksoper und das geschichtsträchtige Theater an der Wien zu erwähnen. Ebenso wie die großen Konzertsäle, die im berühmten Musikverein oder im Konzerthaus beheimatet sind.
Mich als klassisch ausgebildeten Musiker überraschte es im Übrigen sehr, dass sich in Wien noch viele andere Aufführungsorte der verschiedensten Musikrichtungen befinden, die es durchaus verdienen, besonders erwähnt zu werden.
Neben den weithin bekannten Klassiktempeln gibt es in Wien nämlich interessante Jazzlokale, spannende Clubs, in denen alle Spielarten von Pop- und Rockmusik präsentiert werden, diverse Musicaltheater und etliche alternative Zentren, wo regelmäßig die gesamte Bandbreite der Musik dargeboten wird.
Natürlich erhebt dieser Führer durch den musikalischen Kosmos Wien keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit. Würden hier sämtliche Orte aufgeführt, in denen regelmäßig gesungen und gespielt wird, wäre hierbei wohl kein handliches Büchlein herausgekommen, das auch in der vollsten Reisetasche noch bequem Platz findet, sondern eher ein Kompendium, das man aufgrund seiner Größe lieber zu Hause lässt. Und damit wäre der Anspruch eines handlichen Vademecums doch völlig verfehlt.
Denn in Wien gibt es tatsächlich unzählige Orte, wo man Konzerte besuchen kann. Neben den schon angesprochenen Johann Strauß gewidmeten Aufführungen gibt es etliche Kirchen und kleinere Konzertsäle, wo die zahlreichen hier beheimateten Musiker regelmäßig ihre Kunst zum Besten geben.
Ebenso wenig finden hier die nur in Einzelfällen bespielten Orte Erwähnung, wie etwa die Donauinsel oder die Jesuitenwiese im Prater, auf der allsommerlich große Rock-Festivals veranstaltet werden.
Falls Sie sich neben den Beschreibungen von 33 musikträchtigen Orten in Wien schon immer dafür interessiert haben, warum Schönberg partout keine Dreizehnton-Musik schreiben wollte, Haydn jahrhundertelang kopflos in seinem Grab lag, Franz Liszt fast seinen Beruf aufgeben musste oder Gustav Mahler keine Nägel beißen durfte, dann sind Sie hier richtig!
Wien, im Juni 2015
Opernhäuser
1_Staatsoper%202-1.JPG1 Ganz große Oper
Wiener Staatsoper
1_Staatsoper%203-1%20iStock_000026057043_Double.jpgWiener Staatsoper /// Opernring 2 /// 1010 Wien ///
00 43 / 1 / 5 14 44 / 22 50 oder 78 80 ///
www.wiener-staatsoper.at ///
Natürlich erwartet man sich von einer Stadt, die für sich die Bezeichnung einer Musikmetropole in Anspruch nimmt, ein entsprechendes Opernhaus. Das dachte sich wohl auch der musikbegeisterte Kaiser Leopold I. (1640 – 1705), dessen aus Mantua stammende Großmutter Eleonore von Gonzaga die noch junge Gattung der Oper nach Wien gebracht hatte, und der selbst ein so hohes musikalisches Talent aufwies, dass er eigenhändig 230 Werke komponiert haben soll. Seine Leidenschaft für prachtvolle Opern drückte sich dahingehend aus, dass der erste herrschaftliche Bau, den er während seiner Regentschaft in Auftrag gab, ein Theater war. Ausgestattet mit der neuesten Bühnentechnik ließ er es in einem alten Tanzsaal der Hofburg einrichten. So fügte er sich bestens in die Tradition seines Vaters und Großvaters ein, die jeden Festtag des Hofes mit einer prachtvollen Opernaufführung begingen.
Wie die meisten Habsburger betrachtete Leopold die Musik als die wesentlichste Kunst und legte damit die Grundlage zur späteren »Welthauptstadt der Musik«, als die sich Wien heute bezeichnet. Dafür scheute er keine Kosten, was die besten Musiker und Librettisten seiner Zeit an den Wiener Hof zog. Während seiner Regentschaft wurden nicht weniger als 400 Werke uraufgeführt, wobei ein Großteil von ihnen, damaliger Mode folgend, italienische Opern waren, obwohl er selbst mit Johann Heinrich Schmelzer (1623 – 1680) erstmals einen Nicht-Italiener zum kaiserlichen Hofkapellmeister berufen hatte.
Leopold hatte sich eben zum Ziel gesetzt, während seiner langen Regierungszeit die damalige