„Stutenkerl“ – Bearbeiten

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[[Datei:Grittibänz.jpg|mini|Ungebackener und gebackener Hefeteigmann]]
Als '''Weck(en)mann''', '''Dambedei''', '''Grättimaa''', '''Grittibänz''', '''Hefekerl''', '''Klausenmann''', '''[[Krampus]]''' oder '''Stutenkerl''' wird ein Gebäck in Form eines stilisierten Mannes aus [[Hefeteig]] bezeichnet.<ref name="ada">[https://web.archive.org/web/20110116224259/http://www.philhist.uni-augsburg.de/lehrstuehle/germanistik/sprachwissenschaft/ada/runde_7/f01b/ Geographische Verbreitung der verschiedenen Bezeichnungen im Atlas zur deutschen Alltagssprache].</ref>

Das [[Gebildbrot]] hat seine Hauptsaison im Herbst und Winter. Dabei wird es in weiten Teilen des deutschsprachigen Raumes in der Zeit – je nach Region – um den [[Martinstag]] am 11.&nbsp;November (in vielen Regionen eher die [[Martinstag|Martinsbrezel]]) oder um den [[Nikolaustag]] am 6.&nbsp;Dezember hergestellt und verspeist. In manch anderen Gegenden wird es auch im Januar gegessen oder ist überhaupt von Terminen unabhängig. Die äußere Form bezieht sich auf einen [[Bischof]] (Mütze für die [[Mitra]], Pfeife für den Hirten-/Bischofsstab, [[Rosine]]n für den „Prunk“/Schmuck&nbsp;…) – je nach Region auf den Bischof [[Nikolaus von Myra]] und seinen Festtag am 6.&nbsp;Dezember oder aber auf den heiligen [[Martin von Tours|Martin]]. Früher kamen auch anderweitige Bezüge vor (siehe unten).

Verwendet wird ein meist gesüßter Hefeteig ([[Stuten]]). Häufig wird das Gebäck mit Rosinen für das Gesicht und die Knopfleiste verziert, bisweilen auch mit Zucker bestäubt, und es bekommt oft eine [[Stilisierung|stilisierte]] [[Tabakpfeife|Pfeife]] aus [[Tonminerale|Ton]] eingesteckt.

== Namen ==
Das Gebäck hat die unterschiedlichsten Namen. Verbreitet in Deutschland im [[Rheinland]] und Saarland, der [[Pfalz (Region)|Pfalz]], in [[Hessen]] und in [[Baden-Württemberg]], [[Franken (Region)|Franken]] sowie in weiteren Teilen von Nord- und teilweise auch in [[Ostdeutschland]] ist ''Weckmann, Weckmännchen, Weckenmann'' oder ''Weckenmännchen''. ''Stutenkerl'' oder ''Stutenmännchen'' gilt insbesondere in [[Niedersachsen]], [[Schleswig-Holstein]], [[Mecklenburg]] und [[Westfalen]], also dem Gebiet, in dem der Begriff [[Stuten]] die verbreitete Variante für ein Rosinenbrot ist. In [[Süddeutschland]] und [[Österreich]] ist das Gebäck als ''Krampus,'' unter Bezugnahme auf eine Schreckgestalt in Begleitung des Heiligen [[Nikolaus von Myra|Nikolaus]], bekannt. In Ostdeutschland ist das Gebäck generell wenig verbreitet.<ref name="ada" /> In der [[Deutschschweiz]] heißt das Gebäck ''Grittibänz''<ref>{{Internetquelle |url=https://www.atlas-alltagssprache.de/runde-7/f01b/ |titel=Atlas der deutschen Alltagssprache: Hefegebäckmann |abruf=2022-11-09}}</ref> oder auch ''Grättimaa''.

Darüber hinaus gibt es regional geprägte Bezeichnungen mit geringerer Verbreitung: Von der Nordeifel bis Köln wird er ''Pitschmann,'' im Bergischen Land ''Piefekopp,'' im westlichen [[Ruhrgebiet]] und [[Rheinland]] eher ''Pumann,'' in den Dialekten von [[Viersen]], [[Mönchengladbach]] und deren weiterer [[Niederrhein (Region)|Umgebung]] ''Buckmann'' oder ''Buggemann'' genannt. In [[Ostwestfalen-Lippe]] und im östlichen [[Münsterland]] kennt man ihn auch als ''Piepenkerl''. Im nördlichen [[Rheinland-Pfalz]] heißt er ''Ditz,'' im nordbadisch-pfälzisch-südhessischen Raum ''Dambedei,'' ''Maddinsmändl'' oder ''Hefekerl,'' in Hessen, vor allem im [[Rheingau]], gibt es den ''Weggbopp,'' in [[Wittgensteiner Land|Wittgenstein]] den ''Backpeter'' oder ''Backkerlchen,'' und im [[Eichsfeld]] spricht man vom ''Martinsbrot''. Im Gebiet zwischen Donau und Lech ([[Schwaben (Bayern)|Bayerisch-Schwaben]] und nördlich des Bodensees) sagt man zu dem Teigmännchen ''Klausenmann,'' und in der Gegend um [[Breisach]] ist er der ''Baselmann''. In [[Basel]] (und [[Baden (Land)|Südwestbaden]]) ist es der ''Grättimaa,'' im westlichen [[Kanton Thurgau|Thurgau]] und östlichen [[Kanton Zürich]] ''Elggermaa''. In [[Luxemburg]] wird es ''Boxemännchen'' ([[Plural]]: ''Boxemännercher'') genannt, im [[Elsass]] ''Manele (Männele)'' oder ''Manala'', in der [[Franche-Comté]] und in [[Lothringen]] ''Jean Bonhomme''. In den [[Niederlande]]n schließlich spricht man vom ''Buikman, Wekkeman, Weckman, Weggekèl, Mikkeman, Stevensman, Piepespringer'' oder ''Ziepesjprengert''.

Die Namen ''Stutenkerl'' und ''Weckmann'' bezeichnen die Teigart und Form des Gebäcks: ein Männlein aus Mehl, Zucker, Fett und Hefe ''([[Stuten]])'' oder aus Mehl, Salz, Hefe und Wasser ''(Wecken)''. ''Klausenmann'' hat seinen Namen vom heiligen Nikolaus. ''Buckmann'' bezieht sich auf den dicken Bauch des Teigmännchens.<ref>''[[Rheinisches Wörterbuch]],'' Band I, Spalte 523.</ref> ''Grittibänz'' und ''Grättimaa'' geben die gespreizten Beine des Gebäckmännleins wieder.<ref>Christoph Landolt: [https://www.idiotikon.ch/wortgeschichten/graettimaa-grittibaenz-und-elggermaa ''Grättimaa, Grittibänz und Elggermaa.''] In: ''Wortgeschichten'' vom 5.&nbsp;Dezember 2012, hrsg. von der Redaktion des ''Schweizerischen Idiotikons''.</ref> ''Dambedei'' ist unklarer Herkunft, doch könnte im Vorderglied das gleiche Bestimmungswort wie in ''Dambelhans'' ‚ungeschickter, tappiger Mensch‘ stecken.<ref>''[[Badisches Wörterbuch]],'' Band I, Seite 412&nbsp;f., Artikel ''Dampedei,'' und Seite 451, Artikel ''Deien''.</ref> Bezeichnungen wie ''Männlein'' sowie das verbreitete Grundwort ''-mann'' etwa in ''Buckmann, Weckmann'' oder ''Klausenmann'' sowie ''-kerl'' wie in ''Stutenkerl'' nehmen auf die menschliche Figur des Gebäcks Bezug.

== Herkunft, Bedeutung und Brauchtum ==
Die Gebäckfigur stellte ursprünglich wohl einen Bischof (St.&nbsp;Nikolaus oder St.&nbsp;Martin) dar, wobei die heutige Tonpfeife, die vor allem den norddeutschen Varianten und den rheinischen Weckmännern zu St.&nbsp;Martin beigegeben wird, den [[Bischofsstab]] darstellen soll. Diese soll aus der Blütezeit der [[Pfeifenbäcker]]eien in Europa im 17. und 18. Jahrhundert stammen und könnte von der [[Reformation]] beeinflusst sein, um katholische Sinnbilder zu verweltlichen.<ref>Westdeutsche Zeitung: [http://www.wz-newsline.de/?redid=136034 ''Durch Reformation Pfeife statt Bischofsstab''], 28. November 2006.</ref> Verbreitet hatte der Stutenkerl eine Hand an der Pfeife, die auch als „Männlichkeitssymbol“ gilt.<ref>Siehe z. B.: ''Nur echt mit Hand an der Ton-Pfeife,'' in: {{Webarchiv|url=http://www.xn--bckerei-naber-bfb.de/aktuelles/artikel/weckmann.html |wayback=20210507171017 |text=Weckmann |archiv-bot=2024-05-18 16:05:24 InternetArchiveBot }}; „Darum verliert der Weckmann seine Pfeife“, in: {{Webarchiv|url=http://www.sol.de/titelseite/topnews/Rauchverbot-Darum-verliert-der-Weckmann-seine-Pfeife;art26205,3412753 |wayback=20140419013035 |text=Rauchverbot – Darum verliert der Weckmann seine Pfeife |archiv-bot=2024-05-18 16:05:24 InternetArchiveBot }}.</ref>

In wieder anderen Regionen, etwa in der Deutschschweiz, hat der ''Grittibänz'' traditionell keine Pfeife;<ref name="id">''[[Schweizerisches Idiotikon]],'' Band IV, Spalte 1410, Artikel [https://www.idiotikon.ch/Register/faksimile.php?band=4&spalte=1410&lemma=Grittibenz ''Gritti-Benz''].</ref> sie – oder auch eine Rute – wird erst seit neuerer Zeit von Bäckereien hinzugegeben. Auch die Identifikation mit Nikolaus oder Martin ist nicht in allen Landschaften gegeben; so zeigte das Gebäck in [[Solothurn]] im 19.&nbsp;Jahrhundert eine „auffallende Ähnlichkeit“ mit dem Landesheiligen, dem Ritter [[Ursus von Solothurn|St.&nbsp;Ursus]].<ref name="id" /> In älterer Zeit waren auch weibliche Figuren keineswegs selten; so heißt es im Niklausspruch des Zürcher Reformators [[Heinrich Bullinger]] aus dem Jahre 1546: „Der Felix nehm zem ersten s’Horn, Das Frowli [Fräulein] esse er erst morn“.<ref name="kech">{{KECH|146|''Grittibänz / Saint Nicolas / Pupazzo di San Nicolao''}}</ref>

Manchenorts wird der Teigmann nicht am Nikolaustag, sondern zu [[Martinstag|St.&nbsp;Martin]] gegessen. So wird im Rheinland, im Ruhrgebiet, in Hessen, in Westfalen, in der [[Rhein-Neckar-Region]], im (katholischen) [[Eichsfeld]] oder im (evangelischen) [[Ravensberger Land]] – etwa in [[Bickenriede]] – der Weckmann beim [[Martinisingen|Martinssingen]] den Kindern geschenkt oder nach dem St.-Martins-Umzug verspeist.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.wormser-zeitung.de/lokales/worms/stadtteile-worms/abenheim/vier-mal-st-martin_12576883.htm |titel=Vier Mal St. Martin - Wormser Zeitung |datum=2014-04-19 |abruf=2022-11-13 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20140419220800/http://www.wormser-zeitung.de/lokales/worms/stadtteile-worms/abenheim/vier-mal-st-martin_12576883.htm |archiv-datum=2014-04-19 |offline= |archiv-bot=2023-01-16 17:17:13 InternetArchiveBot }}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.fnweb.de/orte/wallduern_artikel,-wallduern-bewohner-feierten-sankt-martin-_arid,407643.html |titel=Bewohner feierten Sankt Martin - Walldürn - Nachrichten und Informationen |datum=2012-11-16 |sprache=de |abruf=2022-11-13}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/bensheim_artikel,-bensheim-mit-bunten-laternen-durch-schwanheim-_arid,406436.html |titel=Mit bunten Laternen durch Schwanheim - Bensheim - Nachrichten und Informationen |datum=2012-11-13 |sprache=de |abruf=2022-11-13}}</ref> Im [[Kanton Solothurn]] wurde der ''Grittibänz'' dagegen im 19.&nbsp;Jahrhundert üblicherweise erst zwischen Weihnacht und [[Sebastian (Heiliger)|Sebastianstag]] (20.&nbsp;Januar) gebacken. In der Stadt [[Basel]] wurde der ''Grättimaa'' früher am Weihnachtstag gegessen; die Verschiebung auf den 6.&nbsp;Dezember fand erst im 20.&nbsp;Jahrhundert statt.<ref>[[Eduard Strübin]]: ''Jahresbrauch im Zeitenlauf.'' Verlag des Kantons Basel-Land, Liestal 1991.</ref><ref name="kech" />

Das Gebäck steht in der Reihe der [[Gebildbrot|Gebildebrote]], welche im frühen [[Mittelalter]] den Büßern und Kranken, die die [[Eucharistie]] nicht empfangen hatten, als [[Kommunion]]sersatz verabreicht wurden. In der osteuropäischen orthodoxen [[Liturgie]] hat sich dieser Brauch bis heute erhalten.

== Medien-Präsenz ==
25. November 2015, [[Osnabrück]], [https://www.noz.de/lokales/osnabrueck/artikel/641579/kinderprogramm-auf-dem-osnabrucker-weihnachtsmarkt-2 Kinderprogramm auf dem Osnabrücker Weihnachtsmarkt. Rodeln durch den Winterwald, jeden Tag Besuch vom Nikolaus, Backen mit einem Stutenkerl, mit einem Elch und diesmal sogar mit einem Drachen singen.]

11. November 2020, [[Hückeswagen]], [https://rp-online.de/nrw/staedte/hueckeswagen/hueckeswagen-baeckermeister-joerg-von-polheim-backt-2500-stutenkerle-im-jahr_aid-54202613 Hückeswagener Bäckermeister backt 2500 Stück in der Saison. Stutenkerl als Liebling aller Generationen.]

== Weblinks ==
{{Commonscat}}
{{Wiktionary}}
* [http://www.kochwiki.org/wiki/Stutenkerl Rezept im Koch-Wiki]
* [https://www.atlas-alltagssprache.de/runde-7/f01b/ Geographische Verbreitung der verschiedenen Bezeichnungen im Atlas zur deutschen Alltagssprache]
* [[Christoph Landolt]]: [https://www.idiotikon.ch/wortgeschichten/graettimaa-grittibaenz-und-elggermaa ''Grättimaa, Grittibänz und Elggermaa'']. In: ''Wortgeschichten'' vom 5.&nbsp;Dezember 2012, hrsg. von der Redaktion des ''[[Schweizerisches Idiotikon|Schweizerischen Idiotikons]]''.
* [https://www.wdrmaus.de/filme/sachgeschichten/weckmann.php5 Video über die Herstellung der Weckmänner], Sendung mit der Maus

== Einzelnachweise ==
<references />

[[Kategorie:Feine Backware (Hefeteig)]]
[[Kategorie:Essen und Trinken (Weihnachten)]]
[[Kategorie:Adventszeit]]
[[Kategorie:Deutsche Küche]]
[[Kategorie:Schweizer Küche]]
[[Kategorie:Kulinarisches Erbe der Schweiz]]
[[Kategorie:Martinibrauchtum]]

Zusammenfassung und Quellen:

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+== Medien-Präsenz ==
+. November 2015, [[Osnabrück]], [https://www.noz.de/lokales/osnabrueck/artikel/641579/kinderprogramm-auf-dem-osnabrucker-weihnachtsmarkt-2 Kinderprogramm auf dem Osnabrücker Weihnachtsmarkt. Rodeln durch den Winterwald, jeden Tag Besuch vom Nikolaus, Backen mit einem Stutenkerl, mit einem Elch und diesmal sogar mit einem Drachen singen.]
+. November 2020, [[Hückeswagen]], [https://rp-online.de/nrw/staedte/hueckeswagen/hueckeswagen-baeckermeister-joerg-von-polheim-backt-2500-stutenkerle-im-jahr_aid-54202613 Hückeswagener Bäckermeister backt 2500 Stück in der Saison. Stutenkerl als Liebling aller Generationen.]
 == Weblinks ==

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