„Protokolle des RKI-Krisenstabs“ – Versionsunterschied

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Laut [[Svenja Flaßpöhler]] (Philosophin), [[Elisa Hoven]] (Professorin für [[Strafrecht (Deutschland)|Strafrecht]] an der [[Universität Leipzig]]), [[Frauke Rostalski]] ([[Rechtswissenschaftler|Rechtswissenschaftlerin]] und Philosophin) sowie [[Juli Zeh]] ([[Ehrenamtlicher Richter|ehrenamtliche Richterin]] am [[Verfassungsgericht des Landes Brandenburg]]) offenbaren die RKI-Protokolle und das bereits im Jahr 2020 öffentlich gewordene [[Strategiepapier des Innenministeriums zur Corona-Pandemie|Strategiepapier des Bundesinnenministeriums zur Corona-Pandemie]] „ein äußerst zweifelhaftes Verständnis der Politik von ihrer Rolle und ihrem Verhältnis zu den Bürgern“. In den geleakten Papieren trete ein Menschenbild zutage, „das mit der demokratischen Idee vom mündigen Bürger wenig zu tun hat“.<ref>{{Internetquelle |autor=epd, BLZ |url=https://www.berliner-zeitung.de/news/einschuechterung-manipulation-falsches-framing-juli-zeh-fordert-aufarbeitung-der-corona-politik-li.2242851 |titel=Juli Zeh fordert Aufarbeitung der Corona-Politik: „Einschüchterung, Manipulation, falsches Framing“ |werk=Berliner Zeitung |hrsg=[[Berliner Verlag]] |datum=2024-08-08 |abruf=2024-08-11}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Svenja Flaßpöhler, Elisa Hoven, Frauke Rostalski, Juli Zeh |url=https://www.faz.net/einspruch/rki-protokolle-wir-muessen-die-corona-jahre-endlich-aufarbeiten-19905238.html |titel=RKI-Protokolle {{!}} Wir müssen die Corona-Jahre endlich aufarbeiten |werk=[[Frankfurter Allgemeine Zeitung]] |datum=2024-08-07 |abruf=2024-08-11}}</ref>
Laut [[Svenja Flaßpöhler]] (Philosophin), [[Elisa Hoven]] (Professorin für [[Strafrecht (Deutschland)|Strafrecht]] an der [[Universität Leipzig]]), [[Frauke Rostalski]] ([[Rechtswissenschaftler|Rechtswissenschaftlerin]] und Philosophin) sowie [[Juli Zeh]] ([[Ehrenamtlicher Richter|ehrenamtliche Richterin]] am [[Verfassungsgericht des Landes Brandenburg]]) offenbaren die RKI-Protokolle und das bereits im Jahr 2020 öffentlich gewordene [[Strategiepapier des Bundesinnenministeriums zur Corona-Pandemie]] „ein äußerst zweifelhaftes Verständnis der Politik von ihrer Rolle und ihrem Verhältnis zu den Bürgern“. In den geleakten Papieren trete ein Menschenbild zutage, „das mit der demokratischen Idee vom mündigen Bürger wenig zu tun hat“.<ref>{{Internetquelle |autor=epd, BLZ |url=https://www.berliner-zeitung.de/news/einschuechterung-manipulation-falsches-framing-juli-zeh-fordert-aufarbeitung-der-corona-politik-li.2242851 |titel=Juli Zeh fordert Aufarbeitung der Corona-Politik: „Einschüchterung, Manipulation, falsches Framing“ |werk=Berliner Zeitung |hrsg=[[Berliner Verlag]] |datum=2024-08-08 |abruf=2024-08-11}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Svenja Flaßpöhler, Elisa Hoven, Frauke Rostalski, Juli Zeh |url=https://www.faz.net/einspruch/rki-protokolle-wir-muessen-die-corona-jahre-endlich-aufarbeiten-19905238.html |titel=RKI-Protokolle {{!}} Wir müssen die Corona-Jahre endlich aufarbeiten |werk=[[Frankfurter Allgemeine Zeitung]] |datum=2024-08-07 |abruf=2024-08-11}}</ref>


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Version vom 11. August 2024, 07:38 Uhr

Die Protokolle des RKI-Krisenstabs, auch als RKI-Protokolle oder „RKI-Files“ bezeichnet, waren zunächst mehr als 200 schriftliche Ergebnisprotokolle des Krisenstabs, der vom Robert Koch-Institut (RKI) aufgrund der COVID-19-Pandemie in Deutschland eingerichtet wurde. Sie umfassten 456 PDF-Dateien mit 2065 Seiten, die von Januar 2020 bis April 2021 datieren und vom RKI zunächst als Verschlusssache behandelt wurden. Der Journalist Paul Schreyer erzwang mit rechtlichen Schritten unter Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) ihre Freigabe, die das RKI im April 2023 mit schätzungsweise tausend geschwärzten Passagen umsetzte. Die zunächst noch teilgeschwärzten Protokolle wurden von dem zu den verschwörungstheoretischen Alternativmedien gerechneten Onlinemagazin Multipolar am 20. März 2024 vollständig veröffentlicht. Die großteils entschwärzten Protokolle wurden am 30. Mai 2024 vom RKI der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt.

Am 23. Juli 2024 wurden die vollständig entschwärzten RKI-Protokolle (erweiterter Zeitraum 2020–2023) sowie umfangreiches Zusatzmaterial dazu der Öffentlichkeit im Rahmen einer Pressekonferenz vorgestellt. Ein ehemaliger RKI-Mitarbeiter soll die Dokumente zuvor an die Journalistin Aya Velázquez geleakt haben. Später wurde auch umfangreiche interne RKI-Mailkorrespondenz online gestellt. Der Dokumente wurden vom RKI weder geprüft noch verifiziert.

Die Veröffentlichung der RKI-Dokumente löste bzw. löst intensive Debatten/Kontroversen aus, die hauptsächlich eine mögliche politische Einflussnahme auf das RKI betreffen, dessen umfangreiche interne Diskussionen sichtbar werden. Gegenstand der öffentlichen Diskussion sind die meisten Empfehlungen des RKI und ihre wissenschaftlichen Grundlagen sowie die entgegen den Empfehlungen oder in Übereinstimmung mit ihnen getroffenen Maßnahmen. Themen sind die angebliche Orientierung am chinesischen Beispiel, die Notwendigkeit des Lockdowns, der Schulschließungen, Schutzmaskenpflicht, Impfung, Impfpflicht und Impfnebenwirkungen. Anders als von Multipolar dargestellt und vermutet, belegen die Protokolle jedoch, dass die Hochstufung der Risikobewertung im März 2020 und damit eine Grundlage für folgende Lockdown-Maßnahmen durch den damaligen RKI-Vizepräsidenten Lars Schaade erfolgte.

Hergang

Nach Darstellung von Multipolar wurde der Antrag auf Freigabe beim Verwaltungsgericht Berlin im Mai 2021 gestellt. Man berief sich auf § 1 IFG und Art. 10 EMRK. Im April 2023 habe das RKI, um ein Urteil des Gerichtes zu vermeiden, die Protokolle stark geschwärzt vorgelegt. Die Unkenntlichmachungen wurden im Auftrag des RKI durch die Kanzlei Raue auf über 1000 Seiten begründet. Im Juli 2023 habe man gegen die Schwärzungen geklagt. Im Januar 2024 habe das Gericht einen Termin im Mai zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme anberaumt. Die Veröffentlichung der Protokolle sei daher vorgezogen worden.[1]

Das RKI gab am 28. März 2024 an, schützenswerte Passagen habe es gemäß IFG-Vorgaben nach Rechtsberatung, aber ohne Absprache mit dem BMG, unkenntlich gemacht, auch um Rechte Dritter zu schützen. Bei der erneuten zeitnahen Überprüfung sah das IFG ein Drittbeteiligungsverfahren vor, in dem die Dritten Gelegenheit hatten, binnen eines Monats Stellung zu nehmen.[2] Die Schwärzungen betrafen Namen, Teilnehmer, aber auch Tagesordnungspunkte und Inhalte von Sitzungen. Die Protokolle „sind an vielen Stellen geschwärzt, in denen es um die Nebenwirkungen der Corona-Impfstoffe geht. Die Anwälte des RKI von der Kanzlei Raue begründeten das auch mit der Gefahr von ‚außenpolitischen Verwerfungen‘“.[3]

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach kündigte im März 2024 an, dass die Protokolle weitestgehend entschwärzt würden. Am 30. Mai 2024 veröffentlichte das RKI die Protokolle in weitestgehend ungeschwärzter Form. Geschwärzte Passagen betrafen nach Angaben des Instituts nur noch bestimmte personenbezogene Daten sowie Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Dritter, dazu zählten Unternehmen wie Impfstoff-Hersteller.[4] Die ursprünglichen weiteren Begründungen des Schutzes des geistigen Eigentums, der besonderen öffentlichen Belange wie der inneren und öffentlichen Sicherheit und der internationalen Beziehungen wurden nicht mehr angegeben.[5]

Multipolar stellte beim RKI „einen weiteren IFG-Antrag auf Veröffentlichung aller anschließenden Protokolle ab Mai 2021“.[6] Das Institut gab am 30. Mai 2024 bekannt, dass die verbleibenden Protokolle bis zum Ende der Sitzungen im Juli 2023 nach Prüfung und Drittbeteiligung schnellstmöglich durch das RKI veröffentlicht werden sollen.[7]

Veröffentlichung der vollständig entschwärzten RKI-Dokumente (Zeitraum 2020–2023)

Am 23. Juli 2024 (vor der Entscheidung durch das oben genannte Verwaltungsgericht) wurde von einem anonymen Informanten aus dem RKI zur Verfügung gestelltes Material im Rahmen einer Pressekonferenz mit der Aktivistin[8] und Journalistin Aya Velázquez, dem Finanzwissenschaftler Stefan Homburg und dem Journalisten Bastian Barucker veröffentlicht.[9][10] „Das sogenannte RKI-Leak umfasst alle ungeschwärzten Protokolle und den gesamten Emailverkehr zum Thema Corona, außerdem Präsentationen, Briefe, Kalkulationsblätter und vieles mehr, insgesamt rund 10 Gigabyte an Daten.“[11] Bei den Protokollen allein handelt es sich um rund 3800 Seiten.[10]

Velázquez gab an, die Unterlagen von einem ehemaligen RKI-Mitarbeiter erhalten zu haben. Der Datensatz wurde vom RKI weder geprüft noch verifiziert. Es kündigte an, rechtliche Schritte in Bezug auf die Rechte Dritter zu prüfen. Eine Veröffentlichung sämtlicher Sitzungsprotokolle mit ausschließlich rechtlich notwendigen Schwärzungen sei in Arbeit gewesen.[12][13][14][15] „Das RKI plant weiterhin, die verbleibenden Protokolle bis zum Ende der Krisenstabs-Sitzungen im Juli 2023 so schnell wie möglich zu veröffentlichen. Auch diese wird das RKI weitestgehend ohne Schwärzungen zur Verfügung stellen, soweit dies unter Berücksichtigung der gesetzlichen Rechte aller Beteiligten nach dem IFG zulässig ist. Hier laufen derzeit die vorgeschriebenen Drittbeteiligungen.“[16]

Öffentliche Diskussion

Vor der Entschwärzung

Erste Reaktionen

Nach Darstellung der taz ist das Magazin, das die Protokolle veröffentlichte, „für Verschwörungstheorien bekannt“.[17] Laut BR24 wurden die umstrittenen Passagen aus dem Zusammenhang gerissen, sie beruhten teilweise auf Meinungsäußerungen oder momentanen Einschätzungen.[18]

Armin Laschet forderte am 23. März 2024 im Heute-journal eine vollständige Offenlegung und kritische Aufarbeitung. Er forderte mehr Selbstkritik von der Presse. Dass die RKI-Protokolle vom kleinen Online-Magazin Multipolar und nicht von großen Medien gerichtlich eingeklagt worden seien, zeige die Inaktivität der Qualitätsmedien bei der Aufklärung regierungsinterner Vorgänge. Aus den Protokollen gehe zudem hervor, wie „differenziert“ im RKI diskutiert worden sei „und wie wenig von dieser Meinungsvielfalt am Ende in die konkrete Politik eingemündet ist“. Es müsse Politiker nachdenklich machen, wie sie in der Krise agiert hätten, kritisierte Laschet. Andere wissenschaftliche Positionen hätten in die politische Debatte viel stärker einbezogen werden müssen. Das RKI müsse „auf jeden Fall unabhängiger“ werden. Die internen Debatten hätten ausgesprochen werden müssen. Stattdessen habe es nur eine einzige Meinung gegeben, die öffentlich als richtig anerkannt worden sei. Es brauche eine „neue Dialogkultur“, die Fehler zugestehe. Diskussionen würden oft „viel zu aggressiv ohne Respekt vor anderen Meinungen“ geführt.[19][20] Ähnlich äußerte sich Georg Restle am selben Tag unter Bezug auf den ZDF-Artikel. Medien hätten „noch jede Menge selbstkritisch aufzuarbeiten“.[21] Auch Hendrik Streeck warf am 27. März 2024 den Parteien vor, zu wenig an einer Aufarbeitung der politischen Entscheidungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie interessiert zu sein. Die Politik habe sich hinter der Wissenschaft versteckt. Der Facettenreichtum der notwendigen Expertise sei nicht dargestellt und kommuniziert worden.[21][22][23]

Die Journalistin Britta Spiekermann (ZDF) bezeichnete die Protokolle am 23. März 2024 als brisant, einzelne Stellen könnten „politische Sprengkraft“ haben.[24] Am 24. und 25. März 2024 aktualisierte das ZDF den Artikel von Spiekermann und verlinkte am 25. März 2024 das Dementi des RKI. Der Satz „Auf welcher wissenschaftlichen Grundlage die Hochstufung erfolgt, bleibt unklar“ fehlte in der überarbeiteten Fassung. Ergänzt wurde der Hinweis, dass die Passage in den Protokollen nahelege, „dass das RKI die Risikobewertung selbst gemacht und nach dieser das Risiko als ‚hoch‘ eingestuft hat. Einzig die Veröffentlichung der Risikobewertung hing demnach von der Freigabe der nicht namentlich genannten Person ab.“[25][26] Pascal Siggelkow vom ARD-faktenfinder der Tagesschau (ARD) wies die ursprüngliche Darstellung des ZDF am 25. März 2024 zurück. Nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) stehe hinter der Schwärzung des Akteurs für die Hochstufung „ein interner Mitarbeiter des RKI“. Das RKI habe somit bereits eine neue Risikobewertung vorgenommen, so die Tagesschau, die jedoch noch nicht veröffentlicht worden sei. Es habe lediglich die Zustimmung einer bestimmten Person gefehlt, die für die Veröffentlichung notwendig war. Für die Hochstufung habe es gute Gründe im Anstieg der Fallzahlen gegeben, was von Hajo Zeeb, Professor für Epidemiologie an der Universität Bremen, und Emanuel Wyler, Molekularbiologe am Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin, bestätigt worden sei. Nicht zuletzt sei von der Weltgesundheitsorganisation schon am 11. März 2020 die Pandemie ausgerufen worden.[27] Wie Zeeb sagte, hätte es ihn auch nicht gewundert, „wenn letztlich ein Politiker über die Veröffentlichung entschieden hätte“, denn schließlich seien Entscheidungen während der Pandemie von Wissenschaft und Politik gemeinsam getroffen und kommuniziert worden.[28]

Politische Stellungnahmen

Am 25. März 2024 verneinte Lauterbach jegliche politische Einmischung in RKI-Corona-Empfehlungen. Das RKI sei nicht weisungsgebunden. Die Schwärzungen begründete er mit dem Schutz von RKI-Mitarbeitern vor der Öffentlichkeit, wobei er sich auf mögliche Hetze oder tätliche Angriffe durch Rechtsextreme oder Personen aus dem Verschwörungsmilieu bezog.[29] Markus Grill kann die Aussage Lauterbachs, dass das RKI nicht weisungsgebunden sei, nicht nachvollziehen.[30] Lauterbach lehnte am 25. März 2024 die Untersuchung durch eine Enquete-Kommission ab, lediglich eine wissenschaftliche Aufarbeitung sei nötig. Es sei wichtig, nach vorne zu blicken.[31][32]

Am 26. März 2024 verlangte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai, eine Enquete-Kommission des Deutschen Bundestags zur Aufarbeitung der Corona-Zeit einzusetzen.[6]

Am 27. März 2024 gab Lauterbach an, dass die Protokolle weitestgehend entschwärzt werden sollen, um „maximale Transparenz“ herbeizuführen.[33] Er selbst habe mit der Schwärzung nichts zu tun gehabt.[34] „Das heißt, das Robert Koch-Institut muss jetzt jeden um Erlaubnis bitten, der in den Protokollen genannt wird oder dessen Interessen genannt werden, dass die Entschwärzung stattfinden kann.“ Das werde vielleicht vier Wochen dauern, dann könne eine deutlich klarere Variante vorgelegt werden.[35]

Die AfD und das BSW forderten einen Untersuchungsausschuss und lehnten den Gedanken einer Enquete-Kommission ab.[36] Wolfgang Kubicki (FDP) schloss sich der Kritik an. Das RKI habe für die Gesundheitspolitik des damaligen Bundesgesundheitsministers Jens Spahn und wohl auch von Lauterbach „als wissenschaftliche Fassade gedient“.[37] In einem Focus-Gastbeitrag begründete Kubicki am 25. März 2024 seine These, eine damalige Grundrechtseinschränkung habe entweder auf mathematischer Unkenntnis beruht oder auf einer Lüge. Die Daten des Gesundheitsministeriums würden zeigen, dass der fragliche R-Wert durch eine doppelte Aufrundung ermittelt worden sei, was mathematisch unzulässig sei. Die Aufarbeitung anhand der Protokolle sei nötig, denn durch das Institut sei der Boden für politische Maßnahmen bereitet worden, auch Gerichte hätten sich in ihren Entscheidungen rund um die Pandemiemaßnahmen auf die Expertise des RKI bezogen.[38] Janosch Dahmen (Bündnis 90/Die Grünen) warf den Befürwortern eines Untersuchungsausschusses vor, die Aufarbeitung der Pandemie für die anstehenden Wahlkämpfe instrumentalisieren zu wollen.[39] Gegenüber der NOZ hatte er die Gefahr eines Kampfes um Deutungshoheiten und nachträgliche Schuldzuweisungen beschrieben, der zu einem Vertrauensverlust der Bevölkerung führen könne.[40] Dahmen beschrieb die Gefahr der Einmischung fremder Geheimdienste: „Mir scheint, dass die virulente Verbreitung solcher wahrheitswidriger Gerüchte auch Ergebnis der Einflussnahme ausländischer Nachrichtendienste ist, um unsere Gesellschaft vor dem Hintergrund von Russlands Krieg gegen die Ukraine weiter zu spalten und Politik handlungsunfähig zu machen.“[41] Lauterbach schloss sich dieser Auffassung an, man dürfe nicht durch Einmischung fremder Regierungen Verschwörungstheorien in Sozialen Medien entstehen lassen.[41] Tim Röhn (Die Welt) kommentierte, Lauterbach flüchte sich in der Not in Verschwörungstheorien.[42] Auch in Nordrhein-Westfalen gab es am 26. März 2024 den Versuch, einen Untersuchungsausschuss einzurichten.[43] Am 27. März 2024 forderte Martin Knobbe (Der Spiegel), die Politik sollte die Pandemie in einer Enquete-Kommission selbst aufarbeiten, statt dies „Verschwörungstheoretikern zu überlassen“.[44] Am 29. März 2024 äußerte Hendrik Streeck in der SZ, die Schwärzungen würden Verschwörungstheorien anheizen. Lauterbach solle auch die Protokolle aus seiner Amtszeit freigeben. Im RKI sei offen diskutiert worden, die Botschaft nach außen zeige dies nicht. Die Protokolle zeigten die starke Abhängigkeit der Behörde von der Politik. Das RKI solle unabhängig die Politik beraten und forschen.[45] Am 30. März 2024 drängte auch Justizminister Marco Buschmann auf eine Aufarbeitung.[46]

Am 28. März 2024 mahnte Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) zu Besonnenheit bei einer möglichen Aufarbeitung. Sie äußerte die Sorge darüber, wie „mit der Pandemie noch heute Stimmung gegen unsere parlamentarische Demokratie gemacht wird“. Eine Aufarbeitung, so Göring-Eckardt, sollte nicht missbraucht werden, um Handelnde in Politik, Ärzteschaft, Wissenschaft zu diffamieren, sondern um für die Zukunft zu lernen.[47] Thomas Schmid (Die Welt) bezeichnete die Aussage von Katrin Göring-Eckardt als „Larifari-Überzeugung“ und als empörend. Dass sie schon im Vorfeld vor einem Zuviel an Kritik warne, sei ein starkes Stück.[48]

Mediale Rezeption

Ulrike Mix (SWR aktuell) stellte in ihrem Artikel vom 27. März 2024 Corona-Impfung: Für Ärzte in Tübingen noch viele Fragen offen anlässlich der Protokolle kritische Stimmen zu RKI, STIKO und Politik dar, darunter die Auffassungen einer Initiative Tübinger Ärzte, des Kardiologen Christian Eick, der Tübinger Pandemiebeauftragten Lisa Federle und des Tübinger Chemieprofessors Andreas Schnepf.[49] Die taz wies hingegen darauf hin, dass manche aus den Protokollen herausgegriffene Aussagen Diskussionen beträfen, die schon bekannt und bereits während der Pandemie geführt worden seien wie die um die wissenschaftliche Grundlage für die Empfehlung von FFP2-Masken oder die geringere Wirksamkeit des Impfstoffs von AstraZeneca im Vergleich zu den mRNA-Impfstoffen.[28]

Fachliche Stellungnahmen

Christoph Lütge, der 2021 aus dem Bayerischen Ethikrat abberufen wurde, nachdem er sich kritisch über die Corona-Maßnahmen geäußert hatte, teilte der NZZ mit, die veröffentlichten Protokolle offenbarten Überlegungen der Behörde, von denen vorher behauptet wurde, es seien Verschwörungstheorien. Nun wisse man, dass selbst das RKI Zweifel an Impfstoffen, Lockdowns und Maskenpflicht gehabt habe.[50]

Der Epidemiologe und ehemalige WHO-Koordinator Klaus Stöhr bezeichnete das RKI am 26. April 2024 in einem Interview mit der Tageszeitung Die Welt als „Handlanger politischer Fehlentscheidungen“. Man müsse „der damaligen RKI-Leitung vorwerfen“, sie habe sich während der Corona-Zeit nicht öffentlich „von einigen dieser Maßnahmen distanziert“.[51]

Der Protestforscher Daniel Saldivia Gonzatti (Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung) äußerte sich skeptisch, ob eine Aufarbeitung die Menschen aus dem Umfeld der Querdenkerbewegung noch erreichen würde. Diese hätten grundsätzlich das Vertrauen in das politische System verloren, von ihnen würden die RKI-Dokumente im Augenblick „deutlich skandalisierter diskutiert, als ein nüchterner Beobachter das tun würde“.[52]

Der Wirtschaftspsychologe Oliver Hirsch und der Orthopäde Kai Kiselinski begründeten am 27. März 2024 anhand der Protokolle in einem Gastartikel in Cicero ihre Auffassung, dass den Verantwortlichen von Beginn an bewusst gewesen sei, dass es keine begründbare wissenschaftliche Evidenz für eine generelle Maskenpflicht in der Bevölkerung gebe. Ihnen sei außerdem bereits vor der breit einsetzenden Impfkampagne bekannt gewesen, dass die Impfung keine sterile Immunität herbeiführen könne. Auch die später eingeführte 2G-Regel habe somit zu keinem Zeitpunkt eine ernsthafte wissenschaftliche Grundlage gehabt.[53]

Die Frage der Risikobewertung

Die Risikobewertung der COVID-19-Pandemie stand anfangs im Zentrum der Diskussionen, besonders die Entscheidung, die Risikobewertung am 17. März 2020 von „mäßig“ auf „hoch“ zu ändern: „Die Risikobewertung wird veröffentlicht, sobald (Personenname geschwärzt) ein Signal dafür gibt.“[54] Kritiker behaupteten, diese Entscheidung beruhe auf der Anweisung eines externen politischen Akteurs. Das RKI widersprach dieser Darstellung. Es handele sich um eine Person aus dem RKI.[55][56] Durch die Entschwärzung der Protokolle wurde der Name des damaligen RKI-Vizepräsidenten Lars Schaade sichtbar.[57]

Der Journalist Martin Rücker wies mit einer zunächst bei RiffReporter am 30.  März 2024, am 20. April 2024 auch in der Berliner Zeitung erschienenen Recherche nach, dass Multipolar-Autor Schreyer bereits durch ein Schreiben der vom RKI beauftragten Berliner Kanzlei Raue vom 5. April 2023 die Information vorliegen hatte, dass das im RKI-Protokoll erwähnte „Signal“ für die Hochstufung der Risikobewertung von einem Teilnehmer der Krisenstabssitzung erfolgte – die im Protokoll vermerkte Teilnehmerliste führte weder Spahn noch andere Politiker auf. Schreyer räumte daraufhin ein, diesen Hinweis „übersehen“ zu haben. Seine These, es sei ein politischer Akteur gewesen, hielt er jedoch unverändert aufrecht. Das Magazin hatte zunächst darüber spekuliert, dass es sich „vielleicht“ um den damaligen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn gehandelt haben könnte.[58][59]

Nach der Entschwärzung

Mediale Rezeption

Nach der Entschwärzung zeigte sich, dass die zentrale These von Multipolar durch die Protokolle nicht gedeckt war, es werde aus den Protokollen klar, dass die im März 2020 verkündete Hochstufung der Risikobewertung als Grundlage späterer Lockdown-Maßnahmen „nicht auf einer fachlichen Einschätzung des RKI [gründete], sondern auf der politischen Anweisung eines externen Akteurs – dessen Name in den Protokollen geschwärzt ist“. Die Aufhebung der Schwärzung machte den Namen Lars Schaades sichtbar.[60]

Der Journalist Philippe Debionne (Schwäbische Zeitung) stellte am 30. Mai 2024 eine Liste von Punkten zusammen, in denen Aussagen und Bedenken des RKI von der Politik ignoriert worden seien: beim Schutz der Alten in häuslicher Pflege, hinsichtlich der Impfstoffwirkung und Schutzdauer, der Impffolgen, der Maskenpflicht für Schüler, des Sinns der Maske, der Schutzwirkung und der Langzeitfolgen des Maskentragens, in Bezug auf die Rolle von Kindern als Überträger und die Impfdurchbrüche. Debionne sieht auch Belege für die Nähe zu den Medien und für eine Einflussnahme der Politik.[61] Am 31. Mai 2024 schrieb er, die nun offengelegten Protokolle bewiesen, dass die Politik wissenschaftliche Erkenntnisse „eiskalt“ ignoriert habe, wenn sie nicht in die „harsche Alles-dicht-Machen-Agenda“ passten. Sie habe darüber hinaus Kritiker als Lügner, Schwurbler und Rechte denunziert, diffamiert und geframt. Neue Belege sieht Debionne in der Aussage eines Protokolls, Masken könnten zum Fremdschutz sinnvoll sein, aber „es sollte keine Empfehlung für die Gesamtbevölkerung werden“. Statt einer Empfehlung habe man beschlossen, das ganze Land per Gesetz zum Tragen einer Maske auch im Freien zu zwingen. Am 8. Januar 2021 sei festgestellt worden, dass die Impfstoffwirkung noch nicht bekannt sei, die Impfkampagne sei zu dieser Zeit aber schon angelaufen und vier Wochen später seien rund zwei Millionen Menschen in Deutschland geimpft gewesen.[62]

Für das ZDF befand Nils Metzger am 1. Juni 2024, die Protokolle wiesen auf keine neuen politischen Skandale hin, sondern verstärkten das bislang bekannte Bild. Im RKI sei von Anfang an kontrovers und wissenschaftlich fundiert über das neue Virus und Maßnahmen dagegen diskutiert worden. Die entschwärzten Stellen zeigten auch, wie herausfordernd und teilweise auch überfordernd die Lage insbesondere in den ersten Pandemiewochen für die zentralen Behörden bis hoch zum BGM gewesen sei. Teilweise habe das Ministerium tatsächlich in die Arbeit des ihm unterstellten RKI eingegriffen, beispielsweise am 3. Juni 2020: „Es war geplant, den Lagebericht am Wochenende auszusetzen, BMG [geschwärzt] hat allerdings Widerspruch eingelegt. Es könnte sein, dass befürchtet wird, dass die Bevölkerung dies als ein Signal der Entwarnung deutet.“ Manche der entschwärzten Stellen zu Impfstoffen und anderen Themen taugten nur zum Skandal, wenn man sie missverstehe. So gehe es bei dem am 8. Januar 2021 im Protokoll vermerkten Satz „Impfstoffwirkung ist noch nicht bekannt“ nicht um die grundsätzliche Wirkung eines Impfstoffs, der bereits am 21. Dezember 2020 zugelassen worden war, sondern ausschließlich um Geimpfte, die sich doch infizierten. Für diese Personengruppe hätten damals noch nicht ausreichend Daten aus den Zulassungsstudien vorgelegen. Die Protokolle offenbarten auch, dass es immer wieder Probleme mit der Kommunikation und inkonsistenten Publikationen gegeben habe, die auch RKI-Mitarbeiter oft „nicht auflösen“ konnten. Nachdem im Mai 2020 über diese Inkonsistenzen der RKI-Einschätzungen berichtet hatte, diskutierte der RKI-Krisenstab anschließend lange über die Folgen. „Grundsätzlich ist bekannt, dass wir besonders in einigen Bereichen nicht die Ressourcen haben, die wir benötigen.“ Wie der Bericht weiter feststellte, handelte es sich bei hunderten der entschwärzten Stellen um detaillierte Darstellungen des Infektionsgeschehens, das damals auch in der Presse nachzulesen gewesen sei. Die Frage stelle sich, warum solche öffentlich zugänglichen Informationen überhaupt geschwärzt werden mussten. Der Verfasser weist in diesem Zusammenhang auf das bekannte Problem hin, dass Behörden in solchen IFG-Verfahren Dokumente möglichst umfassend schwärzen, und ist der Ansicht, dass das RKI sich damit keinen Gefallen getan und stattdessen Verschwörungsgeraune weiter befeuert habe.[63][60]

Am 4. Juni 2024 konstatierte Anna Kröning (Die Welt), die Protokolle zeigten, dass sich Deutschland in der Corona-Krise frühzeitig Rat bei China geholt habe, in dem restriktive Maßnahmen galten, und sich nach Auffassung der Welt am chinesischen Vorbild orientierte. Die Welt verlinkte hier ihren Artikel über Otto Kölbl, Mitarbeiter am sogenannten Panik-Papier, „Der Covid-Experte, der Geld aus China bekam“. Die Entschwärzungen beträfen auch die meisten Passagen zur Impfung und ihren Nebenwirkungen (19. Februar 2021: „Medien berichten vermehrt Nebenwirkungen (NW), dies ist nicht ganz überraschend, NW-Profil ist bekannt.“), zur Impfpflicht von Berufsgruppen (7. Juli 2020), zu Impfdurchbrüchen (17. August 2020: „Wichtiger offener Punkt. Enhanced Disease“) und zum Zweifel an der Wirksamkeit (8. Januar 2021: „Evidenzlage Impfstoffwirkung ist noch nicht bekannt. […] Dauer des Schutzes ist ebenfalls unbekannt.“) Offen einsehbar sei nun auch die Diskussion um die Isolation und Vereinsamung alter Menschen durch die Corona-Maßnahmen. Die Folgen der Corona-Maßnahmen für Kinder hätten von Anfang an keine Rolle gespielt. Schulschließungen seien schon am 13. März 2020 ausführlich unter dem Unterpunkt „Rolle der Kinder als Überträger“ debattiert und angedacht worden. Das Protokoll halte fest, dass die Infektiosität von Kindern zu diesem Zeitpunkt unklar gewesen sei. Am 15. Juli 2020 habe es laut Protokoll Hinweise auf mentale und psychische Probleme in der Bevölkerung als Folge der Pandemie-Maßnahmen gegeben. Die Maskenpflicht sei kritisch gesehen worden (4. Mai 2020: „Das dauerhafte/ vermehrte Tragen von Masken kann auch Schaden bringen“; 21. Oktober 2020: „Kritisch diskutiert wird Maskenpflicht für Grundschüler, evtl. Langzeitfolgen.“)[64]

In ihrem Artikel „Der Tag, an dem das RKI die Wissenschaft verriet“, konstatiert die Investigativjournalistin Elke Bodderas (Die Welt) am 13. Juni 2024, ein entschwärztes Protokoll vom 5. Mai 2020 führe nun zu Empörung in Politik und Wissenschaft. Es zeige, „dass die eigentlich unabhängigen Berater der Bundesregierung das Feld wechselten und zum Politischen übergingen“. Der damalige Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) und der amtierende Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hätten „vom RKI verlangt, eine aus der Luft gegriffene Zahl“, den Inzidenz-Schwellenwert von 35, „wissenschaftlich abzusegnen“. Spahn und Braun hätten sich vorgestellt, „ab einer Inzidenz von 35 Infizierten auf 100.000 Einwohner, sollten in Deutschland harte Maßnahmen in Kraft treten“. Vom formal unabhängigen RKI sei Zustimmung und die Erbringung wissenschaftlicher Argumente gefordert worden. Das RKI unter Lothar Wieler und Lars Schaade sei sich schnell einig gewesen, dass die Forderung aus fachlicher Sicht abgelehnt würde. Das Institut habe aber Angst vor dem Bedeutungsverlust gehabt: „Kommt das RKI der politischen Forderung nicht nach“, bestehe das Risiko, dass die Politik „selbst Indikatoren entwickeln“ oder „das RKI bei ähnlichen Aufträgen nicht mehr einbinden“ werde. Damit, so Bodderas, sei „die letzte Instanz ausgefallen, die die Bundesregierung vor einer Fehlentscheidung hätte bewahren können“. Auch der Epidemiologe Klaus Stöhr schlussfolgerte: „Offensichtlich traute man sich im RKI nicht, dem politischen Druck fachlich zu begegnen“. Die Welt zitiert auch Wolfgang Kubicki, der in dem Protokoll den Beweis dafür sieht, wie stark das RKI schon in den ersten Monaten der Pandemie von der Bundesregierung an die Kandare genommen worden sei. MDR Aktuell interviewte Bodderas anlässlich dieses Artikels zu weiteren Einflussnahmen auf das RKI: Bodderas wies auf die Unsinnigkeit der Schulschließungen und die mangelnde Impfstoffwirkung hin, auch hier habe das RKI seinen Einfluss nicht geltend gemacht. Die geplante Zerschlagung des RKI lasse befürchten, dass das im Aufbau befindliche Bundesinstitut für Prävention und Aufklärung in der Medizin (BIPAM)[65] noch enger an das Ministerium gebunden würde.[66]

Am 13. Juni 2024 kamen Beatrice Achterberg und Jonas Hermann in einem Artikel in der NZZ zu dem Fazit, die entschwärzten Protokolle zeigten das RKI als eine Behörde, die zu Beginn der Pandemie zu langsam war und von den Ereignissen überrollt wurde. Letztlich wisse das RKI offenbar selbst nicht, was es eigentlich sein wolle, und habe in der Pandemie zwischen Politikberatung und Wissenschaftskommunikation geschwankt. „Dieser Rollenkonflikt ist ungelöst und könnte in künftigen Pandemien zum Problem werden.“ Der Artikel geht auf die Entschwärzungen zu Impfungen und Nebenwirkungen ein: „Dass die Impfung gegen das Virus immun macht, blieb reines Wunschdenken, wurde zum Beginn der Impfkampagne aber als Tatsache verkauft. Auch das RKI sprach sich nachdrücklich fürs Impfen aus.“[67]

Politische Stellungnahmen

Der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen sagte, dass mit der ungeschwärzten Veröffentlichung Persönlichkeitsrechte von RKI-Mitarbeitern verletzt würden, deren Sicherheit somit erheblich gefährdet werde. Er forderte, dass diejenigen, die eine „außerordentliche Arbeit zur Bewältigung dieser [...] Gesundheitskrise“ geleistet hätten, den nun erforderlich gewordenen „notwendigen Schutz erfahren“ sollten.[68]

Stellungnahme von Experten

Alexander Kekulé resümierte, die Politik habe sich in Hinterzimmern den vertraulichen Rat einzelner ,Experten‘ geholt und dann kraft Wassersuppe entschieden. „Der Schwellenwert von 50 war die Kombination der Daumenpeilung von Politikern, ungenannten Beratern und einem politischen Tauziehen zwischen den Staatskanzleien. Eine wissenschaftliche Begründung gab es nicht“.[69]

Nach dem Leak

Mediale Rezeption

Der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, erhob nach der Veröffentlichung der RKI-Protokolle massive Vorwürfe im Umgang mit den Ungeimpften. Er sprach sich für die Einrichtung einer Enquete-Kommission aus.[70]

Stellungnahme von Experten

Laut Svenja Flaßpöhler (Philosophin), Elisa Hoven (Professorin für Strafrecht an der Universität Leipzig), Frauke Rostalski (Rechtswissenschaftlerin und Philosophin) sowie Juli Zeh (ehrenamtliche Richterin am Verfassungsgericht des Landes Brandenburg) offenbaren die RKI-Protokolle und das bereits im Jahr 2020 öffentlich gewordene Strategiepapier des Bundesinnenministeriums zur Corona-Pandemie „ein äußerst zweifelhaftes Verständnis der Politik von ihrer Rolle und ihrem Verhältnis zu den Bürgern“. In den geleakten Papieren trete ein Menschenbild zutage, „das mit der demokratischen Idee vom mündigen Bürger wenig zu tun hat“.[71][72]

Einzelnachweise

  1. Christina Berndt, Markus Grill, Jana Heck, Lena Kampf, Kristiana Ludwig: Hang zur Selbstzensur. In: Süddeutsche Zeitung. 29. März 2024, abgerufen am 12. Mai 2024.
  2. RKI – COVID-19-Pandemie – Stellungnahme zur Überarbeitung der Schwärzungen der RKI-COVID-19-Krisenstabsprotokolle. Abgerufen am 2. April 2024.
  3. Philippe Debionne: Geschwärzte RKI-Files: „Vermehrtes Auftreten von Nebenwirkungen“. 28. März 2024, abgerufen am 12. April 2024.
  4. Nils Metzger: RKI-Protokolle: Was steht in den entschwärzten Dokumenten? In: ZDF heute. 1. Juni 2024, abgerufen am 1. Juni 2024.
  5. Carla König: Debatte über Unabhängigkeit des RKI: Robert-Koch-Institut veröffentlicht ungeschwärzte Protokolle zu Corona. In: Rheinische Post. 31. Mai 2024, abgerufen am 31. Mai 2024.
  6. a b Nils Metzger: RKI-Protokolle: Welche schwarzen Stellen werden freigegeben? In: ZDF heute. 28. März 2024, abgerufen am 30. März 2024.
  7. Andreas Schmid: RKI entschwärzt Corona-Protokolle – Dokumente offenbaren Namen. In: Merkur.de. 30. Mai 2024, abgerufen am 31. Mai 2024.
  8. Christoph M. Kluge, Sebastian Leber, Julius Geiler: Corona-Verharmloser irren stundenlang durch Berlin: Viele Mittelfinger und Spott für demonstrierende Querdenker. In: Der Tagesspiegel Online. 29. August 2021, ISSN 1865-2263 (tagesspiegel.de [abgerufen am 23. Juli 2024]).
  9. Aya Velázquez: RKI-FILES - UNGESCHWÄRZT. Abgerufen am 11. August 2024.
  10. a b Deutscher Ärzteverlag GmbH, Redaktion Deutsches Ärzteblatt: Coronapandemie: Innenansichten aus der Krise. 9. August 2024, abgerufen am 11. August 2024.
  11. RKI-Protokolle und Leak: Offene Fragen. 9. August 2024, abgerufen am 11. August 2024.
  12. Carla König: RKI-Files komplett entschwärzt veröffentlicht. In: berliner-zeitung. 23. Juli 2024, abgerufen am 23. Juli 2024.
  13. Ungeschwärzte Corona-Protokolle geleakt – RKI mit Kritik. In: ZDF. 23. Juli 2024, abgerufen am 23. Juli 2024.
  14. Michael Maier: Lauterbach zu RKI-Protokollen: „Zu verbergen gibt es trotzdem nichts“. In: Berliner Zeitung. 23. Juli 2024, abgerufen am 23. Juli 2024.
  15. Christina Berndt: Ungeschwärzte RKI-Corona-Protokolle: Und wo ist jetzt der Skandal? 24. Juli 2024, abgerufen am 26. Juli 2024.
  16. Stellungnahme zu von extern veröffentlichten Datensätzen mit RKI-Krisenstabsprotokollen, 2020-2023 | Veröffentlicht am 23.7.2024. RKI, 7. August 2024, abgerufen am 11. August 2024.
  17. Moritz Huhn: Verschwörungsmagazin und RKI-Files: Sobald XXXX ein Signal gibt. In: taz. 26. März 2024 (taz.de [abgerufen am 29. März 2024]).
  18. Julia Ley, Jan-Claudius Hanika, Max Gilbert, Sophie Rohrmeier: RKI-Protokolle: Wie Sätze aus dem Zusammenhang gerissen werden. 26. März 2024, abgerufen am 29. März 2024.
  19. Laschet zu Corona-Maßnahmen: „Wir müssen alles offenlegen“. 24. März 2024, abgerufen am 30. März 2024.
  20. Lauterbachs Nein „hilft Verschwörungstheoretikern“: Laschet stellt Corona-Forderungen. 25. März 2024, abgerufen am 29. März 2024.
  21. a b Alexander Schmalz: Georg Restle: Medien sollen über RKI-Protokolle berichten. 24. März 2024, abgerufen am 30. März 2024.
  22. Virologe Streeck zu den RKI-Protokollen: „Die Schwärzungen befeuern Verschwörungstheorien“. In: Der Tagesspiegel Online. 27. März 2024 (tagesspiegel.de [abgerufen am 29. März 2024]).
  23. Schwärzungen in Corona-Protokollen des RKI – Streeck verwundert. In: Presse Augsburg. 25. März 2024, abgerufen am 29. März 2024.
  24. Britta Spiekermann: Die brisanten Corona-Protokolle des RKI - ZDFheute. In: zdf.de. 23. März 2024, archiviert vom Original; abgerufen am 3. August 2024 (ursprüngliche Version des Artikels, der später korrigiert wurde.).
  25. Britta Spiekermann: Die brisanten Corona-Protokolle des RKI. In: zdf_heute. 24. März 2024, abgerufen am 30. März 2024.
  26. B. Spiekermann, D. Rzepka: Corona-Protokolle: RKI dementiert zentralen Vorwurf. In: zdf_heute. 25. März 2024, abgerufen am 30. März 2024.
  27. Pascal Siggelkow: Die RKI-Files und der Skandal, der keiner ist. Abgerufen am 29. März 2024.
  28. a b Manuela Heim, Moritz Huhn, Gareth Joswig, Tobias Schulze: Corona – die ganze Wahrheit. taz.de, 30. März 2024.
  29. Geschwärzte Passagen in RKI-Dokumenten: Lauterbach verneint politische Einmischung. In: Der Spiegel. 25. März 2024 (spiegel.de [abgerufen am 30. März 2024]).
  30. Markus Grill: RKI soll Coronatest-Betrug aufdecken. In: Tagesschau. 17. August 2022, abgerufen am 12. April 2024: „RKI ist weisungsgebunden“
  31. focus.de
  32. Kristiana Ludwig, Angelika Slavik: Corona-Aufarbeitung: Schweigen war Gold. In: Süddeutsche Zeitung. 29. März 2024, abgerufen am 31. März 2024.
  33. Corona-Aufarbeitung – Lauterbach will „maximale Transparenz“. In: deutschlandfunk.de. Abgerufen am 29. März 2024.
  34. Lea-Katharina Krause: Corona-Pandemie: Lauterbach will RKI-Protokolle weitestgehend entschwärzen. In: Die Zeit. Hamburg 28. März 2024 (zeit.de [abgerufen am 29. März 2024]).
  35. Andreas Schmid: Lauterbach gibt RKI-Protokolle frei: „Sollen weitgehend entschwärzt werden“. In: Merkur. 28. März 2024, abgerufen am 31. März 2024.
  36. Augsburger Allgemeine: RKI-Protokolle zu Corona-Krisenberatungen veröffentlicht. Abgerufen am 29. März 2024.
  37. Geschwärzte Passagen in RKI-Dokumenten: Lauterbach verneint politische Einmischung. In: Der Spiegel. 25. März 2024 (spiegel.de [abgerufen am 30. März 2024]).
  38. Wolfgang Kubicki: In Wahrheit gab es zwei Lothar Wielers – die RKI-Protokolle sind nur der Anfang. In: Focus.de. 25. März 2024, abgerufen am 24. Mai 2024.
  39. Julia Ley, Jan-Claudius Hanika, Max Gilbert, Sophie Rohrmeier: RKI-Protokolle: Wie Sätze aus dem Zusammenhang gerissen werden. 26. März 2024, abgerufen am 29. März 2024.
  40. Corona-Protokolle des RKI: Ampel streitet über Pandemie-Aufarbeitung. In: Der Spiegel. 26. März 2024 (spiegel.de [abgerufen am 30. März 2024]).
  41. a b Philippe Debionne: RKI-Files: Grünen-Politiker vermutet Geheimdienst-Operation. In: Nordkurier. 27. März 2024, abgerufen am 31. März 2024.
  42. Tim Röhn: RKI-Protokolle: In der Not flüchtet sich Gesundheitsminister Lauterbach in Verschwörungstheorien. In: Die Welt. 2. April 2024, abgerufen am 2. April 2024.
  43. WDR: Corona-Protokolle: Welche Aufarbeitung will der Landtag? 26. März 2024, abgerufen am 29. März 2024.
  44. Martin Knobbe: (S+) Kommentar zur Corona-Politik: Warum eine Enquetekommission zur Aufarbeitung der Pandemie notwendig ist. In: Der Spiegel. 27. März 2024 (spiegel.de [abgerufen am 30. März 2024]).
  45. Beatrice Achterberg: Hendrik Streeck über Corona und RKI-Files: «Das ist ein kommunikatives Desaster». In: Neue Zürcher Zeitung. 29. März 2024 (nzz.ch [abgerufen am 30. März 2024]).
  46. Coronapolitik: Marco Buschmann fordert Aufarbeitung. In: Der Spiegel. 30. März 2024 (spiegel.de [abgerufen am 30. März 2024]).
  47. Katharina James: RKI-Protokolle: Katrin Göring-Eckardt warnt vor Missbrauch der Corona-Aufarbeitung. In: Zeit Online. 28. März 2024, abgerufen am 2. April 2024 (dpa).
  48. Thomas Schmid: Corona-Aufarbeitung: Göring-Eckardt und der Stock der Volkspädagogik. In: Die Welt. 2. April 2024, abgerufen am 2. April 2024.
  49. Ulrike Mix: Will Politik Impfrisiken nicht aufklären? Pandemiebeauftragte Lisa Federle übt Kritik. In: SWR aktuell. 27. März 2024, abgerufen am 31. März 2024.
  50. Beatrice Achterberg: RKI-Protokolle Enthüllt: Worum geht es bei den Corona-Protokollen des Krisenstabs? In: Neue Zürcher Zeitung. 25. März 2024 (nzz.ch [abgerufen am 29. März 2024]).
  51. RKI: „Oft die falschen Maßnahmen, zum falschen Zeitpunkt, in der falschen Intensität“ – WELT. 26. April 2024, abgerufen am 17. Mai 2024.
  52. Kristiana Ludwig, Angelika Slavik: Corona-Aufarbeitung: Schweigen war Gold. In: Süddeutsche Zeitung. 29. März 2024, abgerufen am 31. März 2024.
  53. Oliver Hirsch, Kai Kiselinski: RKI-Protokolle – Masken: Die Nichtevidenz war bekannt. In: Cicero Online. Abgerufen am 31. März 2024.
  54. Corona-Protokolle: RKI dementiert zentralen Vorwurf. 25. März 2024, abgerufen am 31. Mai 2024.
  55. Beatrice Achterberg: RKI-Protokolle Enthüllt: Worum geht es bei den Corona-Protokollen des Krisenstabs? In: Neue Zürcher Zeitung. 25. März 2024 (nzz.ch [abgerufen am 29. März 2024]).
  56. RKI – COVID-19-Pandemie – Stellungnahme zur aktuellen Diskussion um Protokolle. Abgerufen am 29. März 2024.
  57. Wer gab „Signal“ für ersten Lockdown? RKI-Corona-Protokolle nun entschwärzt. 30. Mai 2024, abgerufen am 31. Mai 2024.
  58. „RKI-Protokolle“: Warum die Vorwürfe zum politischen Einfluss nie belegt waren (RiffReporter). 30. März 2024, abgerufen am 24. Mai 2024.
  59. Was wirklich in den RKI-Protokollen steht – und welcher Deutung die Grundlage fehlt (Berliner Zeitung). 20. April 2024, abgerufen am 24. Mai 2024.
  60. a b Nils Metzger: RKI-Protokolle: Was steht in den entschwärzten Dokumenten? In: ZDF heute. 1. Juni 2024, abgerufen am 4. Juni 2024.
  61. Philippe Debionne: Robert Koch-Institut gibt weitgehend entschwärzte Protokolle frei. 30. Mai 2024, abgerufen am 31. Mai 2024.
  62. Philippe Debionne: Corona-Politik: Nein, es war nicht der Stand der Wissenschaft. In: Schwäbische Zeitung. 31. Mai 2024, abgerufen am 31. Mai 2024.
  63. Nils Metzger: RKI-Protokolle: Was steht in den entschwärzten Dokumenten? In: ZDF heute. 1. Juni 2024, abgerufen am 4. Juni 2024.
  64. Anna Kröning: RKI-Protokolle: Das steht in den enthüllten Stellen der Dokumente – WELT. In: Welt.de. 4. Juni 2024, abgerufen am 4. Juni 2024.
  65. Präventions-Institut im Aufbau. Bundesministerium für Gesundheit, 4. Oktober 2023, abgerufen am 11. August 2024.
  66. Verrat an der Wissenschaft? Was zeigen die entschwärzten RKI-Protokolle? In: MDR Aktuell. Mitteldeutscher Rundfunk, 14. Juni 2024, archiviert vom Original am 19. Juli 2024; abgerufen am 11. August 2024.
  67. Beatrice Achterberg, Jonas Hermann: RKI Protokolle: Corona-Pandemie zeigt Schwächen des Robert-Koch-Instituts. In: Neue Zürcher Zeitung. 13. Juni 2024, ISSN 0376-6829 (nzz.ch [abgerufen am 15. Juni 2024]).
  68. Spahn erklärt Aussage zu „Pandemie der Ungeimpften“ www.tagesschau.de, 25. Juli 2024
  69. Elke Bodderas: Entschwärzte Dokumente: Der Tag, an dem das RKI die Wissenschaft verriet. In: WELT. 13. Juni 2024, abgerufen am 14. Juni 2024.
  70. Pandemie-Aufarbeitung gefordert | KBV-Chef beklagt Stigmatisierung von Ungeimpften. In: N-tv. 10. August 2024, abgerufen am 11. August 2024.
  71. epd, BLZ: Juli Zeh fordert Aufarbeitung der Corona-Politik: „Einschüchterung, Manipulation, falsches Framing“. In: Berliner Zeitung. Berliner Verlag, 8. August 2024, abgerufen am 11. August 2024.
  72. Svenja Flaßpöhler, Elisa Hoven, Frauke Rostalski, Juli Zeh: RKI-Protokolle | Wir müssen die Corona-Jahre endlich aufarbeiten. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 7. August 2024, abgerufen am 11. August 2024.