„Alfred Döblin“ – Bearbeiten
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Einen Tag nach dem [[Reichstagsbrand]] verließ der Schriftsteller auf Bitten seiner Freunde Deutschland und überschritt am 28. Februar 1933 die Schweizer Grenze. Am 3. März folgten ihm seine Ehegattin sowie die Söhne Peter (Pierre/Peter Doblin, 1912–1994), Klaus (Claude Doblin, 1917–2005) und Stefan (Etienne/Stephan Doblin, 1926–2022) nach [[Zürich]]. In der Schweiz durfte Döblin seinen Lebensunterhalt nicht als Arzt bestreiten,<ref>Klaus Müller Salget: ''Alfred Döblin.'' In: Hartmut Steinecke (Hrsg.): ''Deutsche Dichter des 20. Jahrhunderts.'' Erich Schmidt, Berlin 1994, ISBN 3-503-03073-5, S. 213.</ref> weshalb er im September nach [[Paris]] übersiedelte. Die mangelhaften Fremdsprachenkenntnisse Döblins standen einer Verbesserung seiner misslichen Lage im Wege. Der 1932 begonnene Roman ''Babylonische Wandrung oder Hochmut kommt vor dem Fall'' konnte zwar 1934 im [[Querido Verlag]] erscheinen, doch brachte die [[Groteske]] dem Autor weder finanziellen Erfolg, noch konnte Döblin an das vorangegangene Werk anschließen.<ref name="Kiesel-2">Helmuth Kiesel: ''Geschichte der literarischen Moderne. Sprache, Ästhetik, Dichtung im Zwanzigsten Jahrhundert.'' C. H. Beck, München 2004, ISBN 3-406-51145-7, S. 438.</ref> Ein Jahr darauf erschien der Roman ''Pardon wird nicht gegeben''. Der Roman weist große Unterschiede zu Döblins erzählerischem Werk auf; zum einen handelt es sich um einen Roman in der Tradition des bürgerlichen Realismus,<ref name="Kiesel-2" /> der obendrein jegliche moderneren Stilexperimente vermeidet; zum anderen enthält die Geschichte zahlreiche autobiografische Passagen. 1935 emigrierte sein ältester Sohn Peter in die Vereinigten Staaten.<ref>List or Manifest of Passengers for the United States Immigration Officer at Port of Arrival. List 29, [[Imperator (Schiff, 1913)|S.S. Berengaria]]. Passengers Sailing from Cherbourg, September 11th, 1935. Arriving at Port of New York, September 17, 1935. Pos. 16 Doblin, Peter, Age 22, Male, Single, Calling or Occupation: Typographer. Able to read and write German and English. Nationality: German, Race or People: Hebrew, Place of birth: Berlin, Germany. Immigration Visa: Sec.5. QIV.202. Issued in: Paris, Aug 24, 1935. Last permanent residence: Paris, France. Nearest Relative: Father, Alfred Doblin, 5, Sq. Henri Delormel, Paris. Final Destination: N.Y., New York. Friend, Joseph Huebsch, 285, Centr. Pk.W., New York.</ref> Im Oktober 1936 erhielt Döblin dank [[André François-Poncet]] und der eingegangenen Verpflichtung seiner Söhne Wolfgang und Klaus (Claude Doblin) zum Militärdienst bei den französischen Streitkräften gemeinsam mit seiner Ehefrau und dem jüngsten Sohn Stefan ( |
Einen Tag nach dem [[Reichstagsbrand]] verließ der Schriftsteller auf Bitten seiner Freunde Deutschland und überschritt am 28. Februar 1933 die Schweizer Grenze. Am 3. März folgten ihm seine Ehegattin sowie die Söhne Peter (Pierre/Peter Doblin, 1912–1994), Klaus (Claude Doblin, 1917–2005) und Stefan (Etienne/Stephan Doblin, 1926–2022) nach [[Zürich]]. In der Schweiz durfte Döblin seinen Lebensunterhalt nicht als Arzt bestreiten,<ref>Klaus Müller Salget: ''Alfred Döblin.'' In: Hartmut Steinecke (Hrsg.): ''Deutsche Dichter des 20. Jahrhunderts.'' Erich Schmidt, Berlin 1994, ISBN 3-503-03073-5, S. 213.</ref> weshalb er im September nach [[Paris]] übersiedelte. Die mangelhaften Fremdsprachenkenntnisse Döblins standen einer Verbesserung seiner misslichen Lage im Wege. Der 1932 begonnene Roman ''Babylonische Wandrung oder Hochmut kommt vor dem Fall'' konnte zwar 1934 im [[Querido Verlag]] erscheinen, doch brachte die [[Groteske]] dem Autor weder finanziellen Erfolg, noch konnte Döblin an das vorangegangene Werk anschließen.<ref name="Kiesel-2">Helmuth Kiesel: ''Geschichte der literarischen Moderne. Sprache, Ästhetik, Dichtung im Zwanzigsten Jahrhundert.'' C. H. Beck, München 2004, ISBN 3-406-51145-7, S. 438.</ref> Ein Jahr darauf erschien der Roman ''Pardon wird nicht gegeben''. Der Roman weist große Unterschiede zu Döblins erzählerischem Werk auf; zum einen handelt es sich um einen Roman in der Tradition des bürgerlichen Realismus,<ref name="Kiesel-2" /> der obendrein jegliche moderneren Stilexperimente vermeidet; zum anderen enthält die Geschichte zahlreiche autobiografische Passagen. 1935 emigrierte sein ältester Sohn Peter in die Vereinigten Staaten.<ref>List or Manifest of Passengers for the United States Immigration Officer at Port of Arrival. List 29, [[Imperator (Schiff, 1913)|S.S. Berengaria]]. Passengers Sailing from Cherbourg, September 11th, 1935. Arriving at Port of New York, September 17, 1935. Pos. 16 Doblin, Peter, Age 22, Male, Single, Calling or Occupation: Typographer. Able to read and write German and English. Nationality: German, Race or People: Hebrew, Place of birth: Berlin, Germany. Immigration Visa: Sec.5. QIV.202. Issued in: Paris, Aug 24, 1935. Last permanent residence: Paris, France. Nearest Relative: Father, Alfred Doblin, 5, Sq. Henri Delormel, Paris. Final Destination: N.Y., New York. Friend, Joseph Huebsch, 285, Centr. Pk.W., New York.</ref> Im Oktober 1936 erhielt Döblin dank [[André François-Poncet]] und der eingegangenen Verpflichtung seiner Söhne Wolfgang und Klaus (Claude Doblin) zum Militärdienst bei den französischen Streitkräften gemeinsam mit seiner Ehefrau und dem jüngsten Sohn Stefan (Stéphan Doblin) die [[französische Staatsbürgerschaft]].<ref>Katrin Hillgruber: [https://www.tagesspiegel.de/kultur/der-tatsachenfantast-1998958.html ''Der Tatsachenfantast'']. In: ''Der Tagesspiegel'', 29. September 2011, auf: tagesspiegel.de</ref><ref>Marc Petit: [https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/dmvm-2008-0023/pdf ''Die verlorene Gleichung''] (Rezension, PDF-Datei; 90 kB). In: Walter de Gruyter Verlag, auf: degruyter.com</ref><ref>Klaus Müller Salget: ''Alfred Döblin.'' In: Hartmut Steinecke (Hrsg.): ''Deutsche Dichter des 20. Jahrhunderts.'' Erich Schmidt, Berlin 1994, ISBN 3-503-03073-5, S. 225.</ref> |
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Bei [[Zweiter Weltkrieg|Kriegsausbruch]] wurde Döblin Mitglied des ''Commissariat de l’Information'', eines französischen Ministeriums zur Propaganda gegen das [[Drittes Reich|Dritte Reich]], wo er unter anderem [[Flugblatt|Flugblätter]] verfasste. Nach Dieter Schiller wollte Döblin zum „Kampf gegen Nazismus – freilich auch gegen den Bolschewismus, den er nach dem Hitler-Stalin-Pakt vom August 1939 als dessen Verbündeten ansah“,<ref>Dieter Schiller: ''Der Traum von Hitlers Sturz. Studien zur deutschen Exilliteratur 1933–1945.'' Lang, Frankfurt am Main 2010, ISBN 978-3-631-58755-3, S. 224.</ref> beitragen. 1937 erschien Döblins ''Die Fahrt ins Land ohne Tod'', der erste Band der ''Amazonas-Trilogie''. Das Werk stellt eine Kritik an der Kolonialisierung Südamerikas dar und ist nach dem Schriftsteller selbst eine „Art epischer Generalabrechnung mit unserer Civilisation“. Kurz vor dem [[Westfeldzug|zügigen Einmarsch]] der [[Wehrmacht]] floh er mit seiner Ehefrau und dem jüngsten Sohn Stéphan aus [[Paris]]. Die überstürzte Flucht, die ihn von seiner Familie trennte, führte ihn nach Stationen in [[Tours]] und [[Moulins (Allier)|Moulins]] weiter über [[Clermont-Ferrand]], [[Capdenac]], [[Cahors]] und [[Rodez]], bevor er im Juni 1940 im [[Mende#La Vernède|Flüchtlingslager La Vernède]] in [[Mende]] landete.<ref>Archives départementales de Lozère: [https://archives.lozere.fr/data/arch_dep_lozere_histoire_et_patrimoine_n17.pdf Le camp de réfugiés de la Vernède à Mende durant la Deuxième Guerre mondiale], in: Archives départementales de Lozère: HISTOIRE & PATRIMOINE, Lettre d'Information n° 17, 2010, S. 3</ref> Über diesen Lageraufenthalt wie auch über sein [[#Konversion zum katholischen Glauben|Erweckungserlebnis in der Kathedrale von Mende]] berichtete Döblin ausführlich in seinem Buch [[Schicksalsreise]]. |
Bei [[Zweiter Weltkrieg|Kriegsausbruch]] wurde Döblin Mitglied des ''Commissariat de l’Information'', eines französischen Ministeriums zur Propaganda gegen das [[Drittes Reich|Dritte Reich]], wo er unter anderem [[Flugblatt|Flugblätter]] verfasste. Nach Dieter Schiller wollte Döblin zum „Kampf gegen Nazismus – freilich auch gegen den Bolschewismus, den er nach dem Hitler-Stalin-Pakt vom August 1939 als dessen Verbündeten ansah“,<ref>Dieter Schiller: ''Der Traum von Hitlers Sturz. Studien zur deutschen Exilliteratur 1933–1945.'' Lang, Frankfurt am Main 2010, ISBN 978-3-631-58755-3, S. 224.</ref> beitragen. 1937 erschien Döblins ''Die Fahrt ins Land ohne Tod'', der erste Band der ''Amazonas-Trilogie''. Das Werk stellt eine Kritik an der Kolonialisierung Südamerikas dar und ist nach dem Schriftsteller selbst eine „Art epischer Generalabrechnung mit unserer Civilisation“. Kurz vor dem [[Westfeldzug|zügigen Einmarsch]] der [[Wehrmacht]] floh er mit seiner Ehefrau und dem jüngsten Sohn Stéphan aus [[Paris]]. Die überstürzte Flucht, die ihn von seiner Familie trennte, führte ihn nach Stationen in [[Tours]] und [[Moulins (Allier)|Moulins]] weiter über [[Clermont-Ferrand]], [[Capdenac]], [[Cahors]] und [[Rodez]], bevor er im Juni 1940 im [[Mende#La Vernède|Flüchtlingslager La Vernède]] in [[Mende]] landete.<ref>Archives départementales de Lozère: [https://archives.lozere.fr/data/arch_dep_lozere_histoire_et_patrimoine_n17.pdf Le camp de réfugiés de la Vernède à Mende durant la Deuxième Guerre mondiale], in: Archives départementales de Lozère: HISTOIRE & PATRIMOINE, Lettre d'Information n° 17, 2010, S. 3</ref> Über diesen Lageraufenthalt wie auch über sein [[#Konversion zum katholischen Glauben|Erweckungserlebnis in der Kathedrale von Mende]] berichtete Döblin ausführlich in seinem Buch [[Schicksalsreise]]. |