„Operation Argus“ – Versionsunterschied
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Version vom 24. Mai 2010, 23:32 Uhr
Operation Argus war eine Reihe von drei im Jahre 1958 in Höhen von 200 bis 540 km durchgeführten Atombombentests.
Im August und September 1958 führte die US Navy Task Force 88 im Auftrag der Defence Nuclear Agency drei geheime Atombombentests in großer Höhe (bis 540 km) im Südatlantik in der Nähe der Gough-Inseln durch. Koordiniert und finanziert wurde die Operation von der „Advanced Research Projects Agency“ (ARPA), in Zusammenarbeit mit dem „Armed Forces Special Weapons Project“ (AFSWP), der „Army Ballistic Missile Agency“ (ABMW) und dem „Air Force Special Weapons Center“ (AFSWC). Die Kosten des gesamten Projektes beliefen sich auf 9 Mio US-$.
Argus gehörte zu einer Reihe von Tests, die zwischen 1958 und 1962 von den USA (Hardtack, Argus und Dominic I/Fishbowl) und der UdSSR (Projekt K) durchgeführt wurden. Bei diesen Test wurden mehr als ein Dutzend Atombomben in der Erdatmosphäre in einer Höhe zwischen 21 und 540 km zur Explosion gebracht. Im Rahmen des Projektes Argus wurden insgesamt drei kleine Bomben (Argus I-III) von der USS Norton Sound (AVM-1) aus abgeschossen und in Höhen zwischen 200 und 500 km zur Detonation gebracht.
Das Argus Projekt war aus mehreren Aspekten einzigartig unter den atmosphärischen Nukleartest der USA:
- Es war die am schnellsten geplante Operation, mit nur fünf Monaten Vorbereitungszeit.
- Es war der erste schiffgestützte Start einer ballistischen Rakete mit nuklearem Sprengkopf.
- Es war der einzige atmosphärische Nukleartest der USA im Atlantik.
- Argus diente nicht dem Test des Waffendesigns, sondern sollte eine wissenschaftliche Theorie stützen.
Ziele von Argus
Es sollte der Effekt des elektromagnetischen Impulses (EMP) auf Radio und Radar untersucht werden. Außerdem sollte das Verständnis des elektromagnetischen Feldes der Erde und das Verhalten der geladenen Teilchen in ihm verbessert werden. Die Argus-Tests gehen auf Nicholas Christofilos zurück. Christofilos arbeitete am Lawrence Radiation Laboratory und wollte seine Theorie bestätigen, die davon ausging, dass Atombombenexplosionen in großen Höhen einen Strahlungsgürtel in den höheren Regionen der Erdatmosphäre schaffen. Diese Gürtel sollten einen ähnlichen Effekt wie der Van-Allen-Gürtel haben. Solche Strahlungsgürtel könnten im Kriegsfall von taktischem Nutzen sein. Schon in den früheren Test der Hardtack-Serie im Sommer 1958 zeigten sich Störungen bei Radiokommunikation nach der Explosion (Hardtack-TEAK), auch wenn dies nicht auf einen Strahlungsgürtel zurückzuführen war.
Die vom „Armed Forces Special Weapons Project“ (AFSWP) entwickelten Projektziele sahen wie folgt aus:
- Zwei Raketen mit Sprengköpfen zwischen 136 und 227 kg sollten innerhalb eines Monats von einem Ort aus abgeschossen werden.
- Der Abschuss mit der höheren Priorität sollte zwischen 322 und 1.609 km Höhe in der Nähe von 45° geomagnetische Breite durchgeführt werde. Der weniger wichtige Abschuss sollte zwischen 3.219 und 6.437 km Höhe in der Nähe des geomagnetischen Äquators durchgeführt werden.
- Satelliten mit einer Nutzlast von ca. 45 kg sollten in äquatorialen (bis 30°) und polaren Orbits (bis 70°) platziert werden. Mit einem Perigäum von mindestens 322 km und einem Apogäum von mindestens 2.897 km.
- Die Instrumente der Satelliten sollten die Elektronendichte über die Zeit messen (unter Abgrenzung der Energie). Sie sollten ein Magnetometer und Instrumente zur Messung von Radiogeräuschen mitführen. Zudem sollten sie sowohl Daten vor den Abschüssen als auch zu den nach den Abschüssen auftretenden Phänomenen sammeln.
- Die gleichen Messungen sollten von an Bord von Raketen befindlichen Instrumenten durchgeführt werden.
- Dieses später hinzugefügte Ziel sah die Starts kleiner Satelliten in einen polaren Orbit von Flugzeugen der Marineflieger aus vor.
Die Satelllitenmessungen wurden unter dem Codenamen Projekt 7.1 zusammengefasst und von der Army Ballistic Missile Agency (ABMA) durchgeführt. Projekt 7.2 „Jason“ umfasste die Messungen von Raketen aus. Diese wurden von der vom NACA betriebenen Pilotless Aircraft Research Station auf Wallops Island, Virginia (Codename Whiskey), der Patrick Air Force Base in Cape Canaveral, Florida (Codename Papa) und der Ramey Air Force Base auf Puerto Rico (Codename Romeo) aus gestartet wurden. Projekt 7.3 „Midas“ umfasste Bodenmessungen sowohl an Land als auch an Bord der beteiligten Schiffe USS Albermale, USS Tarawa und USS Norton Sound.
Task Force 88
Die Task Force 88 der US Navy wurde am 28. April 1958 gegründet. Sie war ausschließlich mit der Durchführung der Argus Tests betraut. Mit dem Abschluss des Projektes am 6. September wurde sie aufgelöst.
Die USS Norton Sound diente als Startschiff für die eingesetzten dreistufigen ballistischen X-17A Raketen. Gleichzeitig diente sie den Crews als Testgelände, da die X-17A den Beteiligten unbekannt war. Das Training beinhaltete das Zusammenbauen und Reparieren von Attrappen und erfolgte an Bord. An Bord befand sich außerdem ein 27 MHz COZI Radar, welches vom Air Force Cambridge Research Center betrieben wurde und mit dessen Hilfe die Effekte der Tests beobachtet wurden.
Die USS Albermarle (AV-5), ebenfalls mit einem COZI Radar ausgestattet, gehörte aus Sicherheitsgründen offiziell nicht zur Task Force 88. Sie kreuzte zur Unterstützung in der Nähe der Azoren.
Der Anti-U-Boot Träger USS Tarawa (CVS-40) diente als Kommandozentrale der gesamten Operation. An Bord befand sich ein Air Force MSQ-1A Radar und andere Geräte zur Raketenverfolgung. Des Weiteren waren 19 Grumman S-2F des VS-32 „Maulers“ an Bord um wissenschaftliche Daten zu sammeln, Photos zu machen und Beobachtungsmissionen während der Starts durchzuführen. Die acht Sikorsky HSS-1 Seabat Helikopter des HS-5 „Nightdippers“ dienten dem Güter- und Personentransport innerhalb der Task Force 88.
Die Zerstörer USS Warrington (DD-843) und USS Bearss (DD-654), zusammen mit den Zerstörereskorten USS Hammerberg (DE1015) und USS Courtney (DE-1021), blieben als Schlechtwetter-Ersatz 463 km westlich der Task Force. Sie boten Luftschutz für die USS Tarawa während Flugoperationen und nahmen typische Zerstöreraufgaben (z.B. SAR) wahr.
Das Tankschiff USS Neosho (AO-143) betankte die Schiffe der Task Force während der Operation. Ein MSQ-1A Radar war auf der Helikopterplattform installiert und wurde unterstützend für die Bahnverfolgung der Tests eingesetzt.
Das Tankschiff USS Salamonie (AO-26) kehrte nach Ankunft bei der Task Force 88 in die USA zurück und nahm an keinem der drei Starts teil.
Die drei Argus-Abschüsse
Die Argus-Tests fanden im südlichen Atlantik statt, da die verwendete X-17A Rakete in dem äquatorialen pazifischen Abschussgebiet (wo einige der Hardtack-Versuche stattfanden) die Bomben nicht in ausreichende Höhen transportieren konnte. Eine Zündung in der Nähe des Pols ermöglichte die Detonationen in geomagnetisch größeren Höhen.
Die gewählte Stelle befindet sich östlich der sogenannten südatlantischen Anomalie (auch brasilianische Anomalie), einer Delle im Erdmagnetfeld. In dieser Delle reicht das Erdmagnetfeld besonders weit zur Erde. Da die erzeugten Beta-Partikel den Berechnungen nach in Richtung Osten abdriften würden, konnten sie um die Erde wandern, bevor sie in der südatlantischen Anomalie mit Luftpartikeln kollidieren würden, ihre Energie verlieren und damit für das Experiment verloren wären. Zudem liegt die Region außerhalb der normalen Schifffahrtsrouten. Eine Tatsache, die für Sicherheit und Geheimhaltung der Operation von Vorteil war.
Test | Datum | Ort | Explosionshöhe |
---|---|---|---|
Argus I | 27. August 1958 02:28 (GMT) | 38,5° S, 11,5° W | 200 km |
Argus II | 30. August 1958 03:18 (GMT) | 49,5° S, 8,2° W | 240 km |
Argus III | 6. September 1958 22:13 (GMT) | 49,5° S, 9,7° W | 540 km |
Alle drei Bomben besaßen eine Sprengkraft von je ca. 1,5 kT.
An den Abschüssen waren neun Schiffe und etwa 4.500 Personen beteiligt.
Die Ergebnisse der Argus-Tests
Durch die Argus-Explosionen entstanden künstliche Elektronengürtel, die für einige Wochen Bestand hatten. Sie beeinflussen Radio- und Radarübertragungen, schädigen oder zerstören den Zündmechanismus der Sprengköpfe ballistischer Interkontinentalraketen und gefährden Astronauten, die in den Gürtel einfliegen.
Durch die Tests konnte Christofilos’ Theorie bestätigt werden. Damit war die Möglichkeit der künstlichen Schaffung von Strahlungsgürteln in höheren Schichten der Atmosphäre nachgewiesen.
Auf Grund der Abgeschiedenheit des Testgebietes blieben die Tests der Öffentlichkeit verborgen. Erst im März 1959 bestätigte die Regierung unter Eisenhower das Auslaufen der Task Force 88 und die Durchführung der Tests. Zu diesem Zeitpunkt erschien in der New York Times ein Artikel, der Argus als das „größte wissenschaftliches Experiment aller Zeiten“ bezeichnete. Erst am 30. April 1982 wurden alle Ergebnisse und eine vollständige Dokumentation der Tests freigegeben.