Mathewrogersit

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Mathewrogersit
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

1984-042[1]

IMA-Symbol

Mwg[2]

Chemische Formel
  • Pb7(Fe,Cu)GeAl3Si12O36(OH,H2O,□)6[3]
  • Pb7(Fe,Cu)Al3Ge[(OH,H2O,□)6|(Si6O18)2][4]
  • Pb7(Fe2+;Cu)Al3GeSi12O36(OH;H2O)6[5]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Silikate und Germanate, Ringsilikate (Cyclosilikate)
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

VIII/E.02
VIII/E.02-040

9.JA.15
78.03.01.01
Kristallographische Daten
Kristallsystem trigonal
Kristallklasse; Symbol trigonal-pyramidal; 3, trigonal-rhomboedrisch; 3, trigonal-trapezoedrisch; 32, ditrigonal-pyramidal; 3m oder ditrigonal-skalenoedrisch; 32/m,
Raumgruppe R3 (Nr. 146)Vorlage:Raumgruppe/146, R3 (Nr. 148)Vorlage:Raumgruppe/148, R32 (Nr. 155)Vorlage:Raumgruppe/155, R3m (Nr. 160)Vorlage:Raumgruppe/160 oder R3m (Nr. 166)Vorlage:Raumgruppe/166
Gitterparameter a = 8,457 Å; c = 45,970 Å[3]
Formeleinheiten Z = 3[3]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte ≈ 2
Dichte (g/cm3) 4,7 (gemessen); 4,76 (berechnet)
Spaltbarkeit sehr vollkommen nach {0001}
Bruch; Tenazität keine Angaben; keine Angaben
Farbe farblos, weiß bis blass grünlichgelb
Strichfarbe weiß
Transparenz durchsichtig
Glanz Glasglanz, auf Spaltflächen schwacher Perlmuttglanz
Kristalloptik
Brechungsindizes nω = 1,810
nε = 1,745
Brechungsindex n = 1,788 (gemessen); 1,771 (berechnet)
Doppelbrechung δ = 0,065
Optischer Charakter einachsig negativ
Weitere Eigenschaften
Chemisches Verhalten löslich in HNO3

Mathewrogersit ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Silikate und Germanate“ (ehemals Oxide und Hydroxide). Es kristallisiert im trigonalen Kristallsystem mit der chemischen Formel Pb7(Fe,Cu)GeAl3Si12O36(OH,H2O,□)6,[3] ist also chemisch gesehen ein Blei-Eisen-Germanium-Aluminium-Silikat mit zusätzlichen Hydroxidionen. Strukturell gehört Mathewrogersit zu den Ringsilikaten (Cyclosilikaten).

Mathewrogersit bildet idiomorphe, nach {0001} dünnplattige Kristalle bis zu maximal 0,3 mm Größe oder halbkugelige bis kugelige Gruppen aus miteinander verwachsenen blättchen- und schüppchenförmigen Aggregaten, die einen radialstrahligen Aufbau zeigen und Größen von ca. 1 mm erreichen. Das Mineral wurde zusammen mit Queitit, Alamosit, Melanotekit, Kegelit, Larsenit, Schaurteit, Anglesit, Willemit, Leadhillit und Mimetesit in der Tsumeb Mine, Namibia, gefunden.[3]

Etymologie und Geschichte

Als Entdecker[6] des Mathewrogersits gilt der australische Mineraloge John Innes (?–1992), in den späten 1970er Jahren Chefmineraloge der Tsumeb Corporation, dem das Mineral unter anderen Stufen aus Tsumeb aufgefallen war. Entsprechende Untersuchungen führten zur Feststellung des Vorliegens eines neuen Minerals, welches 1984 von der International Mineralogical Association (IMA) unter der Nummer „IMA 1984-042“ anerkannt und 1986 von einem deutsch-US-amerikanischen Forscherteam mit Paul Keller von der Universität Stuttgart und Pete J. Dunn von der Smithsonian Institution im Wissenschaftsmagazin „Neues Jahrbuch für Mineralogie, Monatshefte“ als Mathewrogersit beschrieben wurde.[3]

Benannt wurde das Mineral nach Mathew Rogers, dem ersten Prospektor in Tsumeb. Rogers spielte eine wichtige Rolle bei der Auffindung des „Grünen Hügels“, aus dem sich die „Tsumeb Mine“ entwickelte. Mit der Erteilung einer Konzession über mehr als 50.000 km² zum Abbau von mineralischen Rohstoffen im Damaraland und Otavibergland an die South West Afrika Corp. am 12. September 1892 war die Auflage verbunden, umgehend eine Expedition in das Konzessionsgebiet zu entsenden. Diese unter der Leitung des Bergingenieurs Mathew Rogers stehende Expedition traf 1893 im Otavibergland ein. Rogers untersuchte zuerst die Vorkommen von „Gross Otavi“ und „Klein Otavi“ (Kombat). Er erhielt aber schon bald Kenntnis von weiteren Vorkommen, die von den Eingeborenen im Geheimen abgebaut wurden, und versuchte sie aufzufinden. Am 12. Januar 1893 stand Rogers vor dem von den Einheimischen „Tsautsomb“ genannten Erzausbiss von Tsumeb. Dessen Beschreibung in einem begeisterten Brief an die Direktion der South West Africa Corp. in London vom 21. Januar 1893 ist der erste schriftliche Bericht über Tsumeb, einer der legendärsten Lagerstätten der Welt.[7] Teile dieses Briefes sind in Gerhard Söhnges Monographie über Tsumeb[8] abgedruckt.

„I have been holding places of trust for the past 24 years, have visited various countries of the world, inspecting mines, mineral outcrops, and prospecting for minerals; have been associated with the minerals gold, silver, tin, copper and lead; but in the whole of my experience, I have never seen such a sight as was presented before my view at Soomep, and I very much doubt if I shall ever see such another in any other locality.“

Mathew Rogers

Typmaterial des Minerals befindet sich im Archiv der Universität Stuttgart in der „Mineralogischen Sammlung von Professor Keller“ (Register-Nr. TM-84.42-TL-8904.01 am Standort 0/824-s27/2, Holotyp) sowie im zur Smithsonian Institution gehörenden National Museum of Natural History, Washington, D.C. (Cotyp).[9][10]

Klassifikation

Bereits in der veralteten, aber teilweise noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Mathewrogersit zur Mineralklasse der „Silikate und Germanate“ und dort zur Abteilung der „Ringsilikate“, wo er zusammen mit Margarosanit, Roeblingit und Walstromit die „Walstromitgruppe“ mit der System-Nr. VIII/E.02 bildete.

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Mathewrogersit zwar ebenfalls in die Klasse der „Silikate und Germanate“, dort aber in die Abteilung der „Germanate“ ein. Hier ist er als einziges Mitglied der unbenannten Gruppe 9.JA.15 innerhalb der bisher ebenfalls unbenannten Unterabteilung „A“ zu finden.

Die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Mathewrogersit ebenfalls in die Klasse der „Silikate und Germanate“, dort allerdings in die Abteilung der „Unklassifizierten Silikatminerale“ ein. Hier ist er einziges Mitglied der unbenannten Gruppe 78.03.01 innerhalb der Unterabteilung der „Unklassifizierten Silikate: mögliche Ringsilikate“ zu finden.

Chemismus

Eine Mikrosondenanalyse an Mathewrogersit ergab 57,5 % PbO; 1,7 % FeO; 3,9 % GeO2; 0,8 % CuO; 5,9 % Al2O3; 0,1 % MgO; 26,2 % SiO2 und 1,9 % H2O. Auf der Basis von 12 Siliciumatomen pro Formeleinheit errechnete sich daraus die empirische Formel Pb7,08(Fe0,65Cu0,28Mg0,07)Σ=1,00Al3,18Ge1,03Si12O41,81H5,81, die zu Pb7(Fe,Cu)GeAl3Si12O36(OH,H2O,□)6 idealisiert wurde.[3] Die der letzteren Formel etwa entsprechende Zusammensetzung Pb7(Fe0,67Cu0,33)GeAl3Si12O36(OH)5 verlangt 58,73 % PbO; 1,89 % FeO; 3,92 % GeO2; 0,9 % CuO; 5,75 % Al2O3; 27,10 % SiO2 und 1,70 % H2O.[3]

Kristallstruktur

Mathewrogersit kristallisiert trigonal in der Raumgruppe R3 (Raumgruppen-Nr. 146)Vorlage:Raumgruppe/146, R3 (Nr. 148)Vorlage:Raumgruppe/148, R32 (Nr. 155)Vorlage:Raumgruppe/155, R3m (Nr. 160)Vorlage:Raumgruppe/160 oder R3m (Nr. 166)Vorlage:Raumgruppe/166 mit den Gitterparametern a = 8,457 Å und c = 45,970 Å sowie drei Formeleinheiten pro Elementarzelle.[3]

Die Struktur des Mathewrogersits ist noch unbekannt, es existieren auch keine strukturelle Beziehungen zu anderen Mineralen oder chemischen Substanzen.[3][4]

Eigenschaften

Morphologie

Auf den beiden zum Zeitpunkt der Erstbeschreibung bekannten zwei Fundstücken mit Mathewrogersit ist das Mineral unterschiedlich ausgebildet und mit unterschiedlichen Sekundärmineralen vergesellschaftet. Mathewrogersit findet sich in subparallel verwachsenen idiomorphen, nach dem Basispinakoid {0001} dünnplattigen bis tafeligen Kristallen von maximal 0,3 mm Durchmesser, die einen sechseckigen Querschnitt aufweisen. Sie besitzen einen sechsseitigen Umriss aus winzigen, nicht indizierbaren Flächen, bei denen es sich um Rhomboederflächen handeln könnte. Ferner bildet Mathewrogersit schuppige bis stängelige Körner, die zu radialstrahligen halbkugeligen bis kugeligen Aggregaten von maximal 1 mm Durchmesser zusammentreten können.[3]

Physikalische und chemische Eigenschaften

Mathewrogersitkristalle sind farblos oder weiß bis blass grünlichgelb gefärbt, ihre Strichfarbe ist dagegen immer weiß.[3] Die Oberflächen der wasserklaren, durchsichtigen Kristalle zeigen einen deutlichen glasartigen Glanz, wobei auf Spaltflächen ein schwacher Perlmuttglanz zu erkennen ist. Mathewrogersit besitzt eine hohe Licht- und eine sehr hohe Doppelbrechung (δ = 0,065).[3]

Die Kristalle des Mathewrogersits zeigen eine sehr vollkommene Spaltbarkeit nach {0001}. Das Mineral weist eine Mohshärte von ≈ 2 auf und gehört damit zu den weichen Mineralen, die sich ähnlich wie das Referenzmineral Gips mit einem Fingernagel ritzen lassen.[3] Die gemessene Dichte des Mathewrogersits beträgt ≈ 4,7 g/cm³, die berechnete Dichte 4,76 g/cm³.[3]

Mathewrogersit ist in heißer Salpetersäure HNO3 gut löslich.[3]

Bildung und Fundorte

Mathewrogersit entsteht als typische Sekundärbildung in stark korrodierten Blei-Zinkerzen in der Oxidationszone einer in Carbonatgesteinen sitzenden komplexen Cu-Pb-Zn-Lagerstätte.[5] Blei, Eisen und Germanium stammen dabei aus der Zersetzung primärer Germanium-Erze sowie sulfidischer Erzminerale wie Germanit, Renierit und Galenit.

Die Mathewrogersitkristalle sind auf einer Matrix aus Hämatit, Chalkosin und Quarz aufgewachsen. Ohne erkennbare Beziehungen zu Mathewrogersit kommen auf der gleiche Stufe die folgenden, ebenfalls sekundäre Bildungen darstellenden Begleitminerale vor: typische weiße, perlmuttglänzende Rosetten aus Kegelit-Schuppen, weiße Schaurteit-Nadeln, kleine, ebenfalls tafelige, weiße oder wasserklare Leadhillit-Kristalle und braune, bis zu 1 cm große, idiomorphe Anglesit-Kristalle. Auf dem anderen Fundstück sind die Mathewrogersit-Aggregate eng mit anderen oxidischen Bleimineralen verwachsen. Älter als Mathewrogersit sind Leadhillit, Alamosit und Queitit, gleichalt ist Melanotekit. Mathewrogersit und Melanotekit kommen in zwei Generationen vor und sind direkt auf Alamosit oder auf Queitit aufgewachsen. Die jüngsten Minerale sind Willemit, Larsenit und Mimetesit.[3]

Als sehr seltene Mineralbildung konnte Mathewrogersit bisher (Stand 2016) nur von einem Fundpunkt beschrieben werden.[11][12] Seine Typlokalität ist die weltberühmte Cu-Pb-Zn-Ag-Ge-Cd-Lagerstätte der „Tsumeb Mine“ (Tsumcorp Mine) in Tsumeb, Region Oshikoto, Namibia. Der genaue Fundpunkt innerhalb der „Tsumeb Mine“ ist die 31. Sohle im E9-Pillar.[3][6]

Verwendung

Mathewrogersit ist aufgrund seiner Seltenheit lediglich für Mineralsammler interessant.

Siehe auch

Literatur

  • Paul Keller, Pete J. Dunn: Mathewrogersit, ein neues Bleisilikatmineral von Tsumeb, Namibia. In: Neues Jahrbuch für Mineralogie, Monatshefte. 1986 (Heft 5), 1986, S. 203–208.
  • Mathewrogersit, In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America, 2001 (PDF, 66 kB)

Einzelnachweise

  1. Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: July 2024. (PDF; 3,6 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Juli 2024, abgerufen am 13. August 2024 (englisch).
  2. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  3. a b c d e f g h i j k l m n o p q Paul Keller, Pete J. Dunn: Mathewrogersit, ein neues Bleisilikatmineral von Tsumeb, Namibia. In: Neues Jahrbuch für Mineralogie, Monatshefte. 1986 (Heft 5), 1986, S. 203–208.
  4. a b Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 609.
  5. a b Mathewrogersit, In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America, 2001 (PDF, 66 kB)
  6. a b Georg Gebhard: Tsumeb. 1. Auflage. GG Publishing, Grossenseifen 1999, S. 276 + 322.
  7. Paul Keller: Tsumeb/Namibia – eine der spektakulärsten Mineralfundstellen der Erde. In: Lapis. 9 (Heft 7/8), 1984, S. 13–63.
  8. Gerhard Söhnge: Tsumeb : a historical scetch (Scientific research in South West Africa (5th series)). 1. Auflage. Verlag der S.W.A. Wissenschaftlichen Gesellschaft, Windhoek 1967, S. 18.
  9. Typmineral-Katalog Deutschland – Aufbewahrung der Holotypstufe Mathewrogersit
  10. Catalogue of Type Mineral Specimens – M. (PDF 124 kB) In: docs.wixstatic.com. Commission on Museums (IMA), 12. Dezember 2018, abgerufen am 29. August 2019.
  11. Mindat – Anzahl der Fundorte für Mathewrogersit
  12. Fundortliste für Mathewrogersit beim Mineralienatlas und bei Mindat