„Mardin“ – Versionsunterschied

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{{Begriffsklärungshinweis|Dieser Artikel überschneidet sich mit dem Artikel [[Artuklu (Mardin)]], der ebenfalls denselben Landkreis behandelt. Der Landkreis wurde umbenannt, um ihn von der ehemals gleichnamigen Provinz unterscheiden zu können.|Siehe=Artuklu_(Mardin)}}
{{Begriffsklärungshinweis}}
{{Infobox Ort in der Türkei
{{Infobox Ort in der Türkei
| Wappen = Wappen Mardin tr.jpg
|Wappen = Wappen Mardin tr.jpg
| Bild = Mardin P1040555 20080424182114.JPG
|Bild = Mardin P1040555 20080424182114.JPG
| Bildbeschreibung = Ein Blick auf die Altstadt
|Bildbeschreibung = Ein Blick auf die Altstadt
| Breitengrad = 37/19/0/N
|Breitengrad = 37/19/0/N
| Längengrad = 40/45/0/E
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| Provinz = Mardin
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| Höhe = 1083
|Höhe = 1083
| FlächeLk = 885
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| Gliederung = 92 [[Mahalla (Stadtviertel)|Mahalle]]
|Gliederung = 92 [[Mahalla (Stadtviertel)|Mahalle]]
| EinwohnerOrt = 182400
|EinwohnerOrt = 182400
| EinwohnerOrtStand = 2020
|EinwohnerOrtStand = 2020
| EinwohnerOrtQuelle = [https://www.nufusune.com/artuklu-ilce-nufusu-mardin Artuklu Nüfusu, Mardin], abgerufen am 27. Mai 2021
|EinwohnerOrtQuelle = [https://www.nufusune.com/artuklu-ilce-nufusu-mardin Artuklu Nüfusu, Mardin], abgerufen am 27. Mai 2021
| Postleitzahl = 47000-47901
|Postleitzahl = 47000-47901
| Kfz-Kennzeichen = 47
|Kfz-Kennzeichen = 47
| Bürgermeister = [[Ahmet Türk]]<br />Februniye Akyol (Fabronia Benno)
|Bürgermeister = Ahmet türk und Devrim Demir
| Partei = Unabhängig
|Partei = DEM Parti
| Website = www.mardin.bel.tr <!-- Das ist die Seite der Büyükşehir -->
|Website = www.mardin.bel.tr <!-- Das ist die Seite der Büyükşehir -->
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}}
}}
'''Mardin''' ({{arS|ماردين&lrm;|d=Mārdīn}}, {{arcS|ܡܪܕܝܢ&lrm;|Merdô}}, [[Jesidische Sprache|jesidisch]] Mêrdîn) ist die Hauptstadt der gleichnamigen [[Mardin (Provinz)|Provinz Mardin]] im [[Türkei|türkischen]] Teil [[Mesopotamien]]s. Die uralte Stadt liegt in der [[Geographische Gebiete der Türkei|türkischen Region]] [[Südostanatolien]], rund 20 km nördlich der Grenze zu [[Syrien]] und nicht weit von der zum [[Irak]]. Seit einer Gebietsreform ab 2013 ist die Stadt flächenmäßig deckungsgleich mit dem Landkreis und zugleich ein Stadtbezirk der 2012 gebildeten '''Büyükşehir belediyesi Mardin''' (Großstadtgemeinde/Metropolprovinz).
'''Mardin''' ({{arS|ماردين&lrm;|DMG=Mārdīn}}, {{arcS|ܡܪܕܝܢ&lrm;|Mrde}}, {{kmrS|Mêrdîn}}) liegt in der gleichnamigen [[Mardin (Provinz)|Provinz Mardin]] im [[Türkei|türkischen]] Teil [[Mesopotamien]]s. Die Stadt liegt in der [[Geographische Gebiete der Türkei|türkischen Region]] [[Südostanatolien]], rund 20 km nördlich der Grenze zu [[Syrien]] und nicht weit von der zum [[Irak]]. Seit einer Gebietsreform ab 2013 umfasst die neu gebildete [[Büyükşehir Belediyesi|Büyükşehir belediyesi]] (Großstadtgemeinde/Metropolprovinz) Mardin die gesamte Provinz Mardin. Die alte Stadt, die bisherige Kommune Mardin, und der bisherige [[Merkez|Zentralbezirk der Provinz]] wurden unter dem Namen [[Artuklu (Mardin)|Artuklu]] als eigenes [[İlçe]] und als damit flächenmäßig deckungsgleiche Teilkommune der Großstadtgemeinde organisiert.


== Geografie ==
== Geografie ==
Die Altstadt von Mardin schmiegt sich an den alten Burghügel und schaut über die Tiefebene von [[Mesopotamien]], an deren Rand sie liegt. Im Norden und Westen erhebt sich der [[Tur Abdin]].
Die Altstadt von Mardin schmiegt sich an den Burghügel und schaut über die Tiefebene von [[Mesopotamien]], an deren Rand sie liegt. Im Norden und Westen erhebt sich der [[Tur Abdin]].
{{siehe auch|Mardin-Schwelle}}
{{Siehe auch|Mardin-Schwelle}}


=== Klimatabelle ===
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| lfokt =
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<!-- durchschnittliche Wassertemperatur (Meere, Seen u.ä.) für den jeweiligen Monat in °C -->
<!-- durchschnittliche Wassertemperatur (Meere, Seen u.ä.) für den jeweiligen Monat in °C -->
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== Geschichte ==
== Geschichte ==
Die Stadt wurde nacheinander von den [[Aramäer (Volk)|Aramäern]], [[Hurriter]]n, [[Hethiter]]n, [[Assyrisches Reich|Assyrern]], [[Babylon]]iern, [[Amoriter]]n, [[Perser (Volk)|Persern]], [[Parther]]n, [[Römisches Reich|Römern]], [[Araber]]n, [[Kurden]], [[Seldschuken]] und [[Osmanisches Reich|Osmanen]] beherrscht. In assyrischer Zeit war sie Teil von [[Izalla]], was sich noch in der frühbyzantinischen Bezeichnung Izala niederschlug. Die erste Erwähnung unter seinem heutigen Namen stammt aus dem vierten Jahrhundert bei [[Ammianus Marcellinus]], der die zwei Festungen ''Maride'' und ''Lorne'' auf dem Weg von Amid ([[Diyarbakır]]) nach [[Nisibis]] erwähnt.
Die Stadt wurde nacheinander von den [[Aramäer (Volk)|Aramäern]], [[Hurriter]]n, [[Hethiter]]n, [[Assyrisches Reich|Assyrern]], [[Babylon]]iern, [[Amoriter]]n, [[Perser (Volk)|Persern]], [[Parther]]n, [[Römisches Reich|Römern]], [[Araber]]n, [[Kurden]], [[Seldschuken]] und [[Osmanisches Reich|Osmanen]] beherrscht. In assyrischer Zeit war sie Teil von [[Izalla]], was sich in der frühbyzantinischen Bezeichnung Izala niederschlug. [[Ammianus Marcellinus]] erwähnt im vierten Jahrhundert die zwei Festungen ''Maride'' und ''Lorne'' auf dem Weg von Amid ([[Diyarbakır]]) nach [[Nisibis]]. Auf Aramäisch heißt die Stadt ''Marde'' bzw. ''Merde''; im [[Byzantinisches Reich|Oströmischen Reich]] hieß sie auf Griechisch ''Mardia'' oder ''Margdis'', unter den Arabern dann ''Mardin''. Unter der türkischen Herrschaft wurde dieser Name beibehalten.


1915/16 wurden unterschiedslos die meisten [[Arabische Christen|arabischen]], aramäischen und [[Armenier|armenischen]] Christen der Stadt im Zuge des [[Völkermord an den Armeniern|Völkermords an den Armeniern]] und [[Völkermord an den Aramäern|an den Aramäern]] umgebracht.<ref name="Rhéthoré13">Jacques Rhétoré: ''Les chrétiens aux bêtes. Souvenirs de la guerre sainte proclamée par les Turcs contre les chrétiens en 1915'', Les éditions du cerf, Paris 2005, ISBN 2-204-07243-5, Seite 13 ff.</ref><ref name="Ternon">[http://www.imprescriptible.fr/rhac/tome4/l1-p5-ch6 Yves Ternon: ''Mardin 1915. Mardin dans le génocide arménien''. in: ''Revue d'Histoire Arménienne Contemporaine'', Tome IV - 2002]</ref><ref name="Simon">Hyacinth Simon: ''Tod im Namen Allahs. Die Ausrottung der christlichen Armenier. Augenzeugenberichte'', [[MM Verlag]], Aachen 2005, ISBN 3-928272-70-5</ref> Erstmals fand am 15. August 1915 ein öffentlicher Handel mit armenischen Frauen statt.<ref name="Kévorkian459">[[Raymond Kévorkian]]: ''Le Génocide des Arméniens'', Odile Jacob, Paris 2006, ISBN 2-7381-1830-5, Seite 459</ref>
1915/16 wurden die meisten [[Arabische Christen|arabischen]], aramäischen und [[Armenier|armenischen]] Christen der Stadt im Zuge des [[Völkermord an den Armeniern|Völkermords an den Armeniern]] und [[Völkermord an den Aramäern|an den Aramäern]] umgebracht.<ref name="Rhéthoré13">Jacques Rhétoré: ''Les chrétiens aux bêtes. Souvenirs de la guerre sainte proclamée par les Turcs contre les chrétiens en 1915'', Les éditions du cerf, Paris 2005, ISBN 2-204-07243-5, Seite 13 ff.</ref><ref name="Ternon">[http://www.imprescriptible.fr/rhac/tome4/l1-p5-ch6 Yves Ternon: ''Mardin 1915. Mardin dans le génocide arménien''. in: ''Revue d'Histoire Arménienne Contemporaine'', Tome IV - 2002]</ref><ref name="Simon">Hyacinth Simon: ''Tod im Namen Allahs. Die Ausrottung der christlichen Armenier. Augenzeugenberichte'', [[MM Verlag]], Aachen 2005, ISBN 3-928272-70-5</ref> Erstmals fand am 15. August 1915 ein öffentlicher Handel mit armenischen Frauen statt.<ref name="Kévorkian459">[[Raymond Kévorkian]]: ''Le Génocide des Arméniens'', Odile Jacob, Paris 2006, ISBN 2-7381-1830-5, Seite 459</ref>


Der Bischof von Mardin ist zugleich der Abt des [[Kloster Zafaran|Klosters Deyrülzafarân]]. Der syrisch-orthodoxe Patriarch hatte ab 1293 seinen Sitz bei Mardin. 1924 verlegte er den Sitz des Patriarchats in das französische Mandatsgebiet. Von 1850 bis zum Völkermord an den Aramäern war Mardin auch Sitz des Oberhaupts der syrisch-katholischen Kirche.<ref name=":0">{{Literatur |Autor=David Jacob |Hrsg= |Titel=Minderheitenrecht in der Türkei |Verlag=Mohr Siebeck |Ort= |Datum=2017 |ISBN=978-3-16-154133-9 |Seiten=100}}</ref> Das Gebäude der Patriarchatskirche wurde nach dem Völkermord vom Militär genutzt, bis 1988 das Kulturministerium das Gebäude der syrisch-katholischen Kirche abkaufte und dort 1995 das Mardin Museum errichtet hat.<ref name=":0" /><ref name=":1">{{Internetquelle |url=http://www.kultur.gov.tr/EN-113982/mardin-museum.html |titel=Mardin Museum |sprache=tr |abruf=2018-11-08}}</ref>
Auf Aramäisch heißt die Stadt ''Marde'' bzw. ''Merde''; im [[Byzantinisches Reich|Oströmischen Reich]] hieß sie auf Griechisch ''Mardia'' oder ''Margdis'', unter den [[Araber]]n dann ''Mardin''. Unter der türkischen Herrschaft wurde dieser Name beibehalten.


Im Zuge einer Verwaltungsreform wurde mit Gesetz Nr. 6360 vom 12. November 2012 die provinziale und kommunale Selbstverwaltung der Provinz Mardin als Großstadtkommune (''Büyükşehir Belediyesi'') organisiert. Für das gesamte Gebiet der Provinz wurde eine kommunale Organisation, die ''Mardin Büyükşehir Belediyesi'' eingerichtet. Diese verdrängte auch die aufgelöste Selbstverwaltung der Provinz, die ''İl Özel İdaresi'', die bisher unter dem Vorsitz des Gouverneurs von der Provinzversammlung, der ''İl Meclisi'' geleitet wurde. Auf untergeordneter Verwaltungsebene wurde in jedem Unterbezirk (''[[İlçe]]'') eine gleichnamige Gemeinde eingerichtet. Der bisher dem Gouverneur direkt unterstehende Zentralbezirk (''Merkez İlçesi'') wurde unter Vergrößerung zum İlçe [[Artuklu (Mardin)|Artuklu]] mit einer eigenen Verwaltung und einer eigenen (Teil-)Gemeinde, die auch die bisherige Stadtgemeinde ablöste. Die ''Mahalle'' (Stadtviertel/Siedlungseinheiten) der bisherigen Provinzhauptstadt und der bisherigen İlçe-Zentren blieben erhalten; im Übrigen wurden die Dörfer und alle anderen Gemeinden in ''Mahalle'' überführt. Provinz und Großstadtkommune wie die Institutionen auf İlçe-Ebene fungieren parallel jeweils im selben Territorium mit getrennten Verwaltungen als staatliche und kommunale Behörden.<ref>[https://www.resmigazete.gov.tr/eskiler/2012/12/20121206-1.htm Gesetz Nr. 6360, veröffentlicht am 6. Dezember 2012 im Amtsblatt Nr. 28489]</ref>
Im Zuge einer Verwaltungsreform ab dem Jahr 2013 wurden alle Landkreise direkt dem Oberbürgermeister von Mardin unterstellt. Die Dörfer und alle Gemeinden, die keine Kreisstadt waren, wurden in ''Mahalle'' (Stadtviertel/Ortsteile) überführt. Die Landkreise funktionieren gleichermaßen auch als Stadtbezirke. Um Verwechslungen mit der „übergeordneten“ ''Büyükşehir belediyesi Mardin'' zu vermeiden, wurden 2013 die Stadt Mardin und der zentrale Landkreis (''Ilçe Merkez'') in Artuklu umbenannt.<ref>[https://www.resmigazete.gov.tr/eskiler/2012/12/20121206-1.htm Gesetz Nr. 6360, veröffentlicht am 6. Dezember 2012 im Amtsblatt Nr. 28489]</ref>


== Bevölkerung, Sprachen und Religionen ==
== Bevölkerung, Sprachen und Religionen ==
Die Bevölkerung Mardins besteht heute aus [[Türken]], [[Kurden]] und [[Araber]]n sowie der größten [[Assyrer (Gegenwart)|assyrischen]]/[[Aramäer (Gegenwart)|aramäischen]] Minderheit des Landes.<ref>Ayşe Güç Işik, 2013, S. 52</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Monika Maier-Albang |url=https://www.sueddeutsche.de/reise/kloster-mor-gabriel-im-suedosten-der-tuerkei-gottes-letzte-knechte-1.1383614 |titel=Im Südosten der Türkei - Gottes letzte Knechte |abruf=2020-09-25 |sprache=de}}</ref> Neben Muslimen und assyrischen Christen lebten bis vor einigen Jahrzehnten einige tausend [[Jesiden|jesidische]] Kurden in der Provinz Mardin. Diese sind mittlerweile überwiegend nach Westeuropa ausgewandert; es gibt aber noch immer eine kleine christliche Gemeinde in Mardin, das auch Bischofssitz ist. Der Bischof von Mardin ist zugleich der Abt des [[Kloster Zafaran|Klosters Deyrülzafarân]]. Der syrisch-orthodoxe Patriarch hatte ab 1293 seinen Sitz bei Mardin. 1924 floh er in das französische Mandatsgebiet. Von 1850 bis zum Völkermord an den Assyrern war Mardin auch Sitz des Oberhaupts der syrisch-katholischen Kirche.<ref name=":0">{{Literatur |Autor=David Jacob |Hrsg= |Titel=Minderheitenrecht in der Türkei |Verlag=Mohr Siebeck |Ort= |Datum=2017 |ISBN=978-3-16-154133-9 |Seiten=100}}</ref> Das Gebäude der Patriarchatskirche wurde nach dem Völkermord vom Militär genutzt, bis 1988 das Kulturministerium das Gebäude von der syrisch-katholischen Kirche abkaufte und dort 1995 das Mardin Museum errichtet hat.<ref name=":0" /><ref name=":1">{{Internetquelle |url=http://www.kultur.gov.tr/EN-113982/mardin-museum.html |titel=Mardin Museum |abruf=2018-11-08 |sprache=tr}}</ref>
Die Bevölkerung Mardins besteht heute aus [[Türken]], [[Kurden]] und [[Araber]]n sowie der größten [[Assyrer (Gegenwart)|assyrischen]]/[[Aramäer (Gegenwart)|aramäischen]] Minderheit des Landes.<ref>Ayşe Güç Işik, 2013, S. 52</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Monika Maier-Albang |url=https://www.sueddeutsche.de/reise/kloster-mor-gabriel-im-suedosten-der-tuerkei-gottes-letzte-knechte-1.1383614 |titel=Im Südosten der Türkei - Gottes letzte Knechte |sprache=de |abruf=2020-09-25}}</ref> Neben Muslimen und assyrischen Christen lebten bis vor einigen Jahrzehnten einige tausend [[Jesiden|jesidische]] Kurden in der Provinz Mardin. Diese sind mittlerweile überwiegend nach Westeuropa ausgewandert; es gibt noch eine kleine christliche Gemeinde in Mardin, das auch Bischofssitz ist.


=== Einwohnerentwicklung ===
=== Einwohnerentwicklung ===
Im Jahr 1915 gab es etwa 50.000 Einwohner, davon waren:
Im Jahr 1915 gab es etwa 50.000 Einwohner
* 27.000 Muslime
* 27.000 Muslime
* 20.000 Syrisch-Orthodoxe Aramäer (arabischsprachig)
* 20.000 Syrisch-Orthodoxe Aramäer (arabischsprachig)
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==== Detaillierte Ergebnisse ====
==== Detaillierte Ergebnisse ====
Die Werte der ''linken'' Tabelle entstammen E-Books (der Originaldokumente<ref>[https://kutuphane.tuik.gov.tr Bücherei des türkischen Statistikinstituts TÜIK], abrufbar nach Suchdateneingabe</ref>), die Werte der ''rechten'' Tabelle basieren aus der Datenabfrage des türkischen Statistikinstituts [[TÜIK]]<ref>[https://biruni.tuik.gov.tr/nufusmenuapp/menu.zul Genel Nüfus Sayımları (Volkszählungsergebnisse 1965 bis 2000)] abrufbar nach Auswahl des Jahres und der Region</ref>
Die Werte der ''linken'' Tabelle entstammen E-Books (der Originaldokumente<ref>[https://kutuphane.tuik.gov.tr/ Bücherei des türkischen Statistikinstituts TÜIK], abrufbar nach Suchdateneingabe</ref>), die Werte der ''rechten'' Tabelle basieren aus der Datenabfrage des türkischen Statistikinstituts [[TÜIK]]<ref>[https://biruni.tuik.gov.tr/nufusmenuapp/menu.zul Genel Nüfus Sayımları (Volkszählungsergebnisse 1965 bis 2000)] abrufbar nach Auswahl des Jahres und der Region</ref>


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<nowiki>* Stadt und Landkreis sind seit 2013 vereint</nowiki>
<nowiki>* Stadt und Landkreis sind seit 2013 vereint</nowiki>


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=== Verkehr ===
=== Verkehr ===
Mardin hat einen Flughafen ([[Flughafen Mardin]]) und wird direkt aus [[Ankara]] angeflogen. Mittlerweile kann man Mardin auch von [[Istanbul]] und [[Izmir]] aus anfliegen.
Mardin hat einen Flughafen ([[Flughafen Mardin]]) und wird von [[Ankara]], [[Istanbul]] und [[Izmir]] aus angeflogen.


Mardin ist per Straße über die E-90 mit [[Adana]] verbunden und ist die Verbindung zwischen der Türkei und dem Nahen Osten. Straßen führen nach Syrien und in den Irak. Mardin liegt auch an der Bahnlinie nach Syrien.
Mardin ist über die E-90 mit [[Adana]] verbunden und ist die Verbindung zwischen der Türkei und dem Nahen Osten. Straßen führen nach Syrien und in den Irak. Mardin liegt an der Bahnlinie nach Syrien.


== Sehenswürdigkeiten ==
== Sehenswürdigkeiten ==
=== Zitadelle ===
=== Zitadelle ===
Die Festung von Mardin wird Adlernest genannt und spielte eine entscheidende Rolle für die Stadt. Sie erhebt sich rund 500 Meter über die Ebene.
Die Festung von Mardin wird Adlernest genannt. Sie liegt rund 500 Meter über der Ebene.


=== Medresen ===
=== Medresen ===
* Die Kasımiye-[[Medrese]] wurde 1469 auf Anordnung von Kasım Pascha gebaut. Die Medrese enthält auch eine Moschee und eine Unterkunft.
* Die Kasımiye-[[Medrese]] wurde 1469 auf Anordnung von [[Kasım Pascha]] gebaut. Die Medrese enthält eine Moschee und eine Unterkunft.
* Die Zinciriye-Medrese wurde 1385 von [[Melik Necmettin Isa]] erbaut. Mit ihren gestreiften Kuppeln und monumentalen Haupteingang ist es eines der beeindruckendsten Gebäude Mardins.
* Die Zinciriye-Medrese wurde 1385 von [[Melik Necmettin Isa]] erbaut. Mit ihren gestreiften Kuppeln und monumentalen Haupteingang ist sie eines der beeindruckendsten Gebäude Mardins.
* Die Sıtti-Radaviye-Medrese wurde 1177 in Auftrag gegeben. In der Moschee, die zur Medrese gehört, gibt es einen Fußabdruck des Propheten [[Mohammed]].
* Die Sıtti-Radaviye-Medrese wurde 1177 in Auftrag gegeben. In der Moschee, die zur Medrese gehört, gibt es einen Fußabdruck des Propheten [[Mohammed]].


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=== Kloster und Kirchen ===
=== Kloster und Kirchen ===
Innerhalb der Stadt gibt es einige Kirchen, die in den letzten Jahren restauriert worden sind. Dazu gehört das Mort Şmuni.
Innerhalb der Stadt wurden einige Kirchen in den letzten Jahren restauriert. Dazu gehört das Mort Şmuni.


Etwa drei Kilometer außerhalb der Stadt liegt das [[Kloster Zafaran]]. Es wurde 493 n. Chr. gegründet und ist eines der religiösen Zentren des [[Tur Abdin]], das für Jahrhunderte auch Sitz des [[Patriarch]]en bzw. Gegenpatriarchen der [[Syrisch-Orthodoxe Kirche von Antiochien|Syrisch-Orthodoxen Kirche]] war, die hier im Kloster begraben sind. Das Patriarchat wurde 1933 aufgrund der Christenverfolgungen in der Türkei ins [[Syrien|syrische]] [[Homs]] (und 1959 von dort nach [[Damaskus]]) verlegt.
Etwa drei Kilometer außerhalb der Stadt liegt das [[Kloster Zafaran]]. Es wurde 493 n. Chr. gegründet und ist eines der religiösen Zentren des [[Tur Abdin]], das für Jahrhunderte auch Sitz des [[Patriarch]]en bzw. Gegenpatriarchen der [[Syrisch-Orthodoxe Kirche von Antiochien|Syrisch-Orthodoxen Kirche]] war, die hier im Kloster begraben sind. Das Patriarchat wurde 1933 aufgrund der Christenverfolgungen in der Türkei ins [[Syrien|syrische]] [[Homs]] (und 1959 von dort nach [[Damaskus]]) verlegt.
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Mardin ist [[Titularbistum|Titularerzbistum]] der [[Armenisch-katholische Kirche|Armenisch-Katholischen Kirche]] ([[Titularerzbistum Mardin degli Armeni|Mardin degli Armeni]]), der [[Chaldäisch-katholische Kirche|Chaldäisch-Katholischen Kirche]] und der [[Syrisch-katholische Kirche|Syrisch-katholischen Kirche]] ([[Titularbistum Mardin dei Siri|Mardin dei Siri]]).
Mardin ist [[Titularbistum|Titularerzbistum]] der [[Armenisch-katholische Kirche|Armenisch-Katholischen Kirche]] ([[Titularerzbistum Mardin degli Armeni|Mardin degli Armeni]]), der [[Chaldäisch-katholische Kirche|Chaldäisch-Katholischen Kirche]] und der [[Syrisch-katholische Kirche|Syrisch-katholischen Kirche]] ([[Titularbistum Mardin dei Siri|Mardin dei Siri]]).


Das Mardin-Museum in der früheren Kirche des früheren syrisch-katholischen Patriarchats.<ref name=":1" />
Das Mardin-Museum befindet sich in der Kirche des früheren syrisch-katholischen Patriarchats.<ref name=":1" />


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Mardin (25572250007).jpg|Gebäude in der Altstadt
Mardin (25572250007).jpg|Gebäude in der Altstadt
Mardin P1030301 20080423103307.JPG|Hauptpostamt
Mardin P1030301 20080423103307.JPG|Hauptpostamt
Mardin..jpg|Tarihi Kentten
Mardin..jpg|In der Altstadt
View from Mardin to the Mesopotamian plains.jpg|Minarett der Großen Moschee (''Ulu Cami'')
View from Mardin to the Mesopotamian plains.jpg|Minarett der Großen Moschee (''Ulu Cami'')
Mardin, Mardin Merkez-Mardin, Turkey - panoramio (2).jpg|Straßenszene
Mardin, Mardin Merkez-Mardin, Turkey - panoramio (2).jpg|Straßenszene
Plains south of Mardin, Turkey.jpg|Landschaft südlich von Mardin
Plains south of Mardin, Turkey.jpg|Landschaft südlich von Mardin
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== Politik ==
== Politik ==
Bei den Kommunalwahlen 2014 wurde Ahmet Türk von der [[Barış ve Demokrasi Partisi|BDP]] zum Bürgermeister gewählt. Darauf bevollmächtigte Türk Februniye Akyol als seine Stellvertreterin, weil die BDP das Amt des Bürgermeisters jeweils von einem Mann und einer Frau zusammen ausführen lässt.<ref>{{Literatur |Autor=Deniz Yücel |Titel=Türkei: Einzige christliche Bürgermeisterin abgesetzt |Sammelwerk=DIE WELT |Datum=2016-11-20 | |Abruf=2018-09-20}}</ref> Ahmet Türk wurde am 17. November 2016 abgesetzt und es wurde der Gouverneur von Mardin Mustafa Yaman als Treuhänder eingesetzt. Am 24. November 2016 wurde Ahmet Türk wegen angeblicher Terrorvergehen festgenommen<ref>{{Internetquelle |url=http://www.hurriyetdailynews.com/court-arrests-former-mardin-mayor-ahmet-turk--106518 |titel=Court arrests former Mardin mayor Ahmet Türk |abruf=2018-07-11 |sprache=en}}</ref> und kam im Februar 2017 wieder frei. Februniye Akyol war die erste christliche Bürgermeisterin der Türkei.<ref>Monika Maier-Albang: Nach oben gekämpft, in: Süddeutsche Zeitung Nr. 166, 22. Juli 2015, S. 7.</ref><ref>{{Literatur |Autor=Monika Maier-Albang |Titel=Nach oben gekämpft |Sammelwerk=sueddeutsche.de |Datum=2015-07-21 |ISSN=0174-4917 | |Abruf=2018-09-20}}</ref>
Bei den Kommunalwahlen 2014 wurde Ahmet Türk von der [[Barış ve Demokrasi Partisi|BDP]] zum Bürgermeister gewählt. Darauf bevollmächtigte Türk Februniye Akyol als seine Stellvertreterin, weil die BDP das Amt des Bürgermeisters jeweils von einem Mann und einer Frau zusammen ausführen lässt.<ref>{{Literatur |Autor=Deniz Yücel |Titel=Türkei: Einzige christliche Bürgermeisterin abgesetzt |Sammelwerk=DIE WELT |Datum=2016-11-20 | |Abruf=2018-09-20}}</ref> Ahmet Türk wurde am 17. November 2016 abgesetzt und es wurde der Gouverneur von Mardin Mustafa Yaman als Treuhänder eingesetzt. Am 24. November 2016 wurde Ahmet Türk wegen angeblicher Terrorvergehen festgenommen<ref>{{Internetquelle |url=http://www.hurriyetdailynews.com/court-arrests-former-mardin-mayor-ahmet-turk--106518 |titel=Court arrests former Mardin mayor Ahmet Türk |sprache=en |abruf=2018-07-11}}</ref> und kam im Februar 2017 wieder frei. Februniye Akyol war die erste christliche Bürgermeisterin der Türkei.<ref>Monika Maier-Albang: Nach oben gekämpft, in: Süddeutsche Zeitung Nr. 166, 22. Juli 2015, S. 7.</ref><ref>{{Literatur |Autor=Monika Maier-Albang |Titel=Nach oben gekämpft |Sammelwerk=sueddeutsche.de |Datum=2015-07-21 |ISSN=0174-4917 | |Abruf=2018-09-20}}</ref>


== Söhne und Töchter der Stadt ==
== Söhne und Töchter der Stadt ==
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* [[Yousuf Karsh]] (1908–2002), kanadischer Fotograf armenischer Herkunft
* [[Yousuf Karsh]] (1908–2002), kanadischer Fotograf armenischer Herkunft
* [[Clément Ignace Mansourati]] (1917–1982), Geistlicher und Weihbischof im syrisch-katholischen Patriarchat von Antiochia
* [[Clément Ignace Mansourati]] (1917–1982), Geistlicher und Weihbischof im syrisch-katholischen Patriarchat von Antiochia
* [[Gregorios Elias Tabé]] (* 1941), syrisch-katholischer Erzbischof von Damaskus
* [[Gregorios Elias Tabé]] (1941–2023), syrisch-katholischer Erzbischof von Damaskus
* [[Muammer Güler]] (* 1949), Politiker
* [[Muammer Güler]] (* 1949), Politiker
* [[Ergin Sezgin]] (* 1953), Physiker
* [[Ergin Sezgin]] (* 1953), Physiker
* [[Murathan Mungan]] (* 1955), Schriftsteller
* [[Halil Altındere]] (* 1971), Multimediakünstler und Publizist
* [[Halil Altındere]] (* 1971), Multimediakünstler und Publizist
* [[Cindi Tuncel]] (* 1977), deutscher Politiker (Die Linke), MdBB
* [[Cindi Tuncel]] (* 1977), deutscher Politiker (Die Linke), MdBB
* [[Ekrem Dağ]] (* 1980), türkisch-österreichischer Fußballspieler
* [[Ekrem Dağ]] (* 1980), türkisch-österreichischer Fußballspieler
* [[Okan Alkan]] (* 1992), türkischer Fußballspieler
* [[İlyas Akan]] (* 1991), Fußballspieler
* [[Okan Alkan]] (* 1992), Fußballspieler


== Städtepartnerschaft ==
== Städtepartnerschaft ==

Aktuelle Version vom 31. Mai 2024, 13:59 Uhr

Mardin
Mardin (Türkei)
Mardin (Türkei)

Ein Blick auf die Altstadt
Basisdaten
Provinz (il): Mardin
Koordinaten: 37° 19′ N, 40° 45′ OKoordinaten: 37° 19′ 0″ N, 40° 45′ 0″ O
Höhe: 1083 m
Fläche: 885 km²
Einwohner: 182.400[1] (2020)
Bevölkerungsdichte: 206 Einwohner je km²
Telefonvorwahl: (+90) 482
Postleitzahl: 47000-47901
Kfz-Kennzeichen: 47
Struktur und Verwaltung
Gliederung: 92 Mahalle
Bürgermeister: Ahmet türk und Devrim Demir (DEM Parti)
Website:
Landkreis Mardin
Einwohner: 182.400[1] (2020)
Fläche: 885 km²
Bevölkerungsdichte: 206 Einwohner je km²

Mardin (arabisch ماردين, DMG Mārdīn, reichsaramäisch ܡܪܕܝܢ Mrde, kurmandschi Mêrdîn) liegt in der gleichnamigen Provinz Mardin im türkischen Teil Mesopotamiens. Die Stadt liegt in der türkischen Region Südostanatolien, rund 20 km nördlich der Grenze zu Syrien und nicht weit von der zum Irak. Seit einer Gebietsreform ab 2013 umfasst die neu gebildete Büyükşehir belediyesi (Großstadtgemeinde/Metropolprovinz) Mardin die gesamte Provinz Mardin. Die alte Stadt, die bisherige Kommune Mardin, und der bisherige Zentralbezirk der Provinz wurden unter dem Namen Artuklu als eigenes İlçe und als damit flächenmäßig deckungsgleiche Teilkommune der Großstadtgemeinde organisiert.

Die Altstadt von Mardin schmiegt sich an den Burghügel und schaut über die Tiefebene von Mesopotamien, an deren Rand sie liegt. Im Norden und Westen erhebt sich der Tur Abdin.

Mardin
Klimadiagramm
JFMAMJJASOND
 
 
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_ Temperatur (°C)   _ Niederschlag (mm)
Quelle: Staatliches Meteorologisches Amt der Türkischen Republik, Normalperiode 1981–2010
Monatliche Durchschnittstemperaturen und -niederschläge für Mardin
Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez
Mittl. Temperatur (°C) 3,4 4,1 8,2 13,9 19,8 26,0 30,2 29,7 25,3 18,6 10,7 5,5 16,3
Mittl. Tagesmax. (°C) 6,4 7,5 12,1 18,0 24,5 31,2 35,5 35,1 30,5 23,3 14,5 8,4 20,6
Mittl. Tagesmin. (°C) 0,8 1,2 4,7 10,0 15,2 20,3 24,7 24,7 20,8 14,7 7,7 2,9 12,4
Niederschlag (mm) 97,9 110,5 91,1 73,3 36,3 7,1 1,7 0,4 2,5 34,2 67,2 98,7 Σ 620,9
Sonnenstunden (h/d) 4,6 5,0 6,1 7,5 10,0 12,5 12,7 11,8 10,4 7,6 5,8 4,5 8,2
Regentage (d) 10,3 10,2 10,8 9,7 6,3 1,8 0,6 0,2 0,8 5,1 7,3 9,9 Σ 73

Die Stadt wurde nacheinander von den Aramäern, Hurritern, Hethitern, Assyrern, Babyloniern, Amoritern, Persern, Parthern, Römern, Arabern, Kurden, Seldschuken und Osmanen beherrscht. In assyrischer Zeit war sie Teil von Izalla, was sich in der frühbyzantinischen Bezeichnung Izala niederschlug. Ammianus Marcellinus erwähnt im vierten Jahrhundert die zwei Festungen Maride und Lorne auf dem Weg von Amid (Diyarbakır) nach Nisibis. Auf Aramäisch heißt die Stadt Marde bzw. Merde; im Oströmischen Reich hieß sie auf Griechisch Mardia oder Margdis, unter den Arabern dann Mardin. Unter der türkischen Herrschaft wurde dieser Name beibehalten.

1915/16 wurden die meisten arabischen, aramäischen und armenischen Christen der Stadt im Zuge des Völkermords an den Armeniern und an den Aramäern umgebracht.[2][3][4] Erstmals fand am 15. August 1915 ein öffentlicher Handel mit armenischen Frauen statt.[5]

Der Bischof von Mardin ist zugleich der Abt des Klosters Deyrülzafarân. Der syrisch-orthodoxe Patriarch hatte ab 1293 seinen Sitz bei Mardin. 1924 verlegte er den Sitz des Patriarchats in das französische Mandatsgebiet. Von 1850 bis zum Völkermord an den Aramäern war Mardin auch Sitz des Oberhaupts der syrisch-katholischen Kirche.[6] Das Gebäude der Patriarchatskirche wurde nach dem Völkermord vom Militär genutzt, bis 1988 das Kulturministerium das Gebäude der syrisch-katholischen Kirche abkaufte und dort 1995 das Mardin Museum errichtet hat.[6][7]

Im Zuge einer Verwaltungsreform wurde mit Gesetz Nr. 6360 vom 12. November 2012 die provinziale und kommunale Selbstverwaltung der Provinz Mardin als Großstadtkommune (Büyükşehir Belediyesi) organisiert. Für das gesamte Gebiet der Provinz wurde eine kommunale Organisation, die Mardin Büyükşehir Belediyesi eingerichtet. Diese verdrängte auch die aufgelöste Selbstverwaltung der Provinz, die İl Özel İdaresi, die bisher unter dem Vorsitz des Gouverneurs von der Provinzversammlung, der İl Meclisi geleitet wurde. Auf untergeordneter Verwaltungsebene wurde in jedem Unterbezirk (İlçe) eine gleichnamige Gemeinde eingerichtet. Der bisher dem Gouverneur direkt unterstehende Zentralbezirk (Merkez İlçesi) wurde unter Vergrößerung zum İlçe Artuklu mit einer eigenen Verwaltung und einer eigenen (Teil-)Gemeinde, die auch die bisherige Stadtgemeinde ablöste. Die Mahalle (Stadtviertel/Siedlungseinheiten) der bisherigen Provinzhauptstadt und der bisherigen İlçe-Zentren blieben erhalten; im Übrigen wurden die Dörfer und alle anderen Gemeinden in Mahalle überführt. Provinz und Großstadtkommune wie die Institutionen auf İlçe-Ebene fungieren parallel jeweils im selben Territorium mit getrennten Verwaltungen als staatliche und kommunale Behörden.[8]

Bevölkerung, Sprachen und Religionen

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Die Bevölkerung Mardins besteht heute aus Türken, Kurden und Arabern sowie der größten assyrischen/aramäischen Minderheit des Landes.[9][10] Neben Muslimen und assyrischen Christen lebten bis vor einigen Jahrzehnten einige tausend jesidische Kurden in der Provinz Mardin. Diese sind mittlerweile überwiegend nach Westeuropa ausgewandert; es gibt noch eine kleine christliche Gemeinde in Mardin, das auch Bischofssitz ist.

Einwohnerentwicklung

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Im Jahr 1915 gab es etwa 50.000 Einwohner

  • 27.000 Muslime
  • 20.000 Syrisch-Orthodoxe Aramäer (arabischsprachig)
  • 00.500 Syrisch-Katholische
  • 00.300 Protestanten
  • 00.100 Mitglieder der Chaldäisch-katholischen Kirche

Detaillierte Ergebnisse

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Die Werte der linken Tabelle entstammen E-Books (der Originaldokumente[11]), die Werte der rechten Tabelle basieren aus der Datenabfrage des türkischen Statistikinstituts TÜIK[12]

Ergebnisse der Volkszählungen:
 
Jahr Stadt zentr. Kreis Provinz
1927 22.249 47.164 183.317
1935 22.517 52.749 229.921
1940 23.270 41.131 252.505
1945 18.522 38.591 234.457
1950 19.354 42.595 269.490
1955 24.329 45.411 305.520
1960 28.382 56.816 353.411
1965 30.974 61.519 397.880
1970 33.740 66.975 453.092
1975 36.629 73.704 519.687
1980 39.137 78.020 564.967
1985 44.085 91.139 652.069
1990 53.005 83.863 557.727
2000 65.072 108.340 705.098
Einwohnerzahlen am Jahresende (Fortschreibung)
Jahr Stadt zentr. Kreis Provinz
2007 82.134 130.916 745.778
2012 86.948 139.254 773.026
2013 148.066 * 779.738
2017 168.600 * 809.719
2020 182.400 * 854.716

* Stadt und Landkreis sind seit 2013 vereint

Wirtschaft und Verkehr

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Die Wirtschaft beruht auf Landwirtschaft und Handel, in letzter Zeit vermehrt auf kleinen handwerklichen Werkstätten und Handarbeiten.

Mardin hat einen Flughafen (Flughafen Mardin) und wird von Ankara, Istanbul und Izmir aus angeflogen.

Mardin ist über die E-90 mit Adana verbunden und ist die Verbindung zwischen der Türkei und dem Nahen Osten. Straßen führen nach Syrien und in den Irak. Mardin liegt an der Bahnlinie nach Syrien.

Sehenswürdigkeiten

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Die Festung von Mardin wird Adlernest genannt. Sie liegt rund 500 Meter über der Ebene.

  • Die Kasımiye-Medrese wurde 1469 auf Anordnung von Kasım Pascha gebaut. Die Medrese enthält eine Moschee und eine Unterkunft.
  • Die Zinciriye-Medrese wurde 1385 von Melik Necmettin Isa erbaut. Mit ihren gestreiften Kuppeln und monumentalen Haupteingang ist sie eines der beeindruckendsten Gebäude Mardins.
  • Die Sıtti-Radaviye-Medrese wurde 1177 in Auftrag gegeben. In der Moschee, die zur Medrese gehört, gibt es einen Fußabdruck des Propheten Mohammed.
  • Die Große Moschee (Ulu Cami) ist die älteste Moschee in Mardin. Das Minarett ist inschriftlich 1176 datiert, die Moschee dürfte daher in den 1160er/1170er Jahren vom Ortoqiden Kudbeddin Ilgazi erbaut worden sein. Laut einer anonymen syrischen Chronik von 1234 steht diese Moschee möglicherweise an der Stelle der 1170 von Muslimen eingenommenen Kirche der Vierzig Märtyrer.[13]
  • Die Abdullatif-Moschee wurde während der Herrschaft der Ortoqiden 1314 durch Abdullatif Bin Abdullah erbaut. Sie enthält schöne Beispiele für damalige Holzarbeiten.
  • Die Reyhaniye-Moschee wurde 1756 von Ahmet Paschas Tochter Adile Hanım wieder aufgebaut. Die Minaretts sind achteckig.

Kloster und Kirchen

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Innerhalb der Stadt wurden einige Kirchen in den letzten Jahren restauriert. Dazu gehört das Mort Şmuni.

Etwa drei Kilometer außerhalb der Stadt liegt das Kloster Zafaran. Es wurde 493 n. Chr. gegründet und ist eines der religiösen Zentren des Tur Abdin, das für Jahrhunderte auch Sitz des Patriarchen bzw. Gegenpatriarchen der Syrisch-Orthodoxen Kirche war, die hier im Kloster begraben sind. Das Patriarchat wurde 1933 aufgrund der Christenverfolgungen in der Türkei ins syrische Homs (und 1959 von dort nach Damaskus) verlegt.

Mardin ist Titularerzbistum der Armenisch-Katholischen Kirche (Mardin degli Armeni), der Chaldäisch-Katholischen Kirche und der Syrisch-katholischen Kirche (Mardin dei Siri).

Das Mardin-Museum befindet sich in der Kirche des früheren syrisch-katholischen Patriarchats.[7]

Seit Mai 2007 hat die Provinz Mardin mit der Mardin Artuklu Üniversitesi eine eigene Universität. Benannt ist die Universität nach der türkischen Dynastie der Ortoqiden (türk.: Artuklu). Erstmals in der Geschichte der Türkei wurden dabei am Institut für lebende Sprachen Lehrstühle für die kurdische, syrisch-aramäische und arabische Sprache, Literatur und Geschichte eingerichtet. Außerdem soll in Zukunft auch noch Persisch dazukommen.

Bei den Kommunalwahlen 2014 wurde Ahmet Türk von der BDP zum Bürgermeister gewählt. Darauf bevollmächtigte Türk Februniye Akyol als seine Stellvertreterin, weil die BDP das Amt des Bürgermeisters jeweils von einem Mann und einer Frau zusammen ausführen lässt.[14] Ahmet Türk wurde am 17. November 2016 abgesetzt und es wurde der Gouverneur von Mardin Mustafa Yaman als Treuhänder eingesetzt. Am 24. November 2016 wurde Ahmet Türk wegen angeblicher Terrorvergehen festgenommen[15] und kam im Februar 2017 wieder frei. Februniye Akyol war die erste christliche Bürgermeisterin der Türkei.[16][17]

Söhne und Töchter der Stadt

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Städtepartnerschaft

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Commons: Mardin – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b Artuklu Nüfusu, Mardin, abgerufen am 27. Mai 2021
  2. Jacques Rhétoré: Les chrétiens aux bêtes. Souvenirs de la guerre sainte proclamée par les Turcs contre les chrétiens en 1915, Les éditions du cerf, Paris 2005, ISBN 2-204-07243-5, Seite 13 ff.
  3. Yves Ternon: Mardin 1915. Mardin dans le génocide arménien. in: Revue d'Histoire Arménienne Contemporaine, Tome IV - 2002
  4. Hyacinth Simon: Tod im Namen Allahs. Die Ausrottung der christlichen Armenier. Augenzeugenberichte, MM Verlag, Aachen 2005, ISBN 3-928272-70-5
  5. Raymond Kévorkian: Le Génocide des Arméniens, Odile Jacob, Paris 2006, ISBN 2-7381-1830-5, Seite 459
  6. a b David Jacob: Minderheitenrecht in der Türkei. Mohr Siebeck, 2017, ISBN 978-3-16-154133-9, S. 100.
  7. a b Mardin Museum. Abgerufen am 8. November 2018 (türkisch).
  8. Gesetz Nr. 6360, veröffentlicht am 6. Dezember 2012 im Amtsblatt Nr. 28489
  9. Ayşe Güç Işik, 2013, S. 52
  10. Monika Maier-Albang: Im Südosten der Türkei - Gottes letzte Knechte. Abgerufen am 25. September 2020.
  11. Bücherei des türkischen Statistikinstituts TÜIK, abrufbar nach Suchdateneingabe
  12. Genel Nüfus Sayımları (Volkszählungsergebnisse 1965 bis 2000) abrufbar nach Auswahl des Jahres und der Region
  13. Tom Sinclair: Early Artuqid Mosque Architecture. In: Julian Raby (Hrsg.): The Art of Syria and the Jazīra, 1100–1250. Oxford University Press, Oxford 1985, S. 59
  14. Deniz Yücel: Türkei: Einzige christliche Bürgermeisterin abgesetzt. In: DIE WELT. 20. November 2016 (welt.de [abgerufen am 20. September 2018]).
  15. Court arrests former Mardin mayor Ahmet Türk. Abgerufen am 11. Juli 2018 (englisch).
  16. Monika Maier-Albang: Nach oben gekämpft, in: Süddeutsche Zeitung Nr. 166, 22. Juli 2015, S. 7.
  17. Monika Maier-Albang: Nach oben gekämpft. In: sueddeutsche.de. 21. Juli 2015, ISSN 0174-4917 (sueddeutsche.de [abgerufen am 20. September 2018]).