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Narr

Aus Wiktionary, dem freien Wörterbuch
Dieser Eintrag war in der 7. Woche
des Jahres 2024 das Wort der Woche.
Singular Plural
Nominativ der Narr die Narren
Genitiv des Narren der Narren
Dativ dem Narren den Narren
Akkusativ den Narren die Narren
[1] Diego Velázquez, Porträt des Hofnarren Juan de Calabazas

Nebenformen:

veraltet: Narre

Worttrennung:

Narr, Plural: Nar·ren

Aussprache:

IPA: [naʁ]
Hörbeispiele: Lautsprecherbild Narr (Info)
Reime: -aʁ

Bedeutungen:

[1] historisch: Gaukler und Spaßmacher an einem Fürstenhof oder komische Figur im Theater
[2] Person, die (kostümiert) am Karneval/Fasching teilnimmt
[3] veraltend, abwertend: ein Mensch, der sich unklug/unvernünftig verhält
[4] meist in Zusammensetzungen: jemand, der von jemandem oder von etwas besessen ist

Herkunft:

Das Wort geht zurück auf mittelhochdeutsch narre → gmh und althochdeutsch narro → goh; die Herkunft des Substantivs ist ungeklärt, es ist allerdings nur im deutschen Sprachraum zu finden; das Wort ist seit dem 8. Jahrhundert belegt.[1][2]

Sinnverwandte Wörter:

[1] Schelm, Theater: Bajazzo, Hanswurst, Harlekin, Kasper
[2] Fastnachter, Karnevalist
[3] Idiot, Tor
[4] Anhänger, Fan, Fex

Weibliche Wortformen:

[1–4] Närrin

Verkleinerungsformen:

[1–4] Närrchen

Unterbegriffe:

[1] Hofnarr
[4] Autonarr, Briefmarkennarr, Büchernarr, Eisenbahnnarr, Fahrradnarr, Fußballnarr, Frauennarr, Hundenarr, Katzennarr, Modenarr, Pferdenarr, Sportnarr, Stricknarr, Waffennarr, Wäschenarr

Beispiele:

[1] Der Narr unterhält seinen König.
[1] „Im Bug wackeln Narren mit den Schellenkappen und machen obszöne Gesten, die sich im Wandel der Jahrhunderte erstaunlich wenig gewandelt haben.“[3]
[2] Der Fasching steht vor der Tür: die Zeit der Narren.
[3] Das hast du wirklich getan? Du bist doch ein Narr!
[3] „Wir Deutsche sind weichmütige Narren, und die Leiden eines alten, kranken, gedemütigten, wenn selbst bösartigen Feindes gehen uns ans Herz.“[4]
[3] „Die Narren ziehen ab, ein Teil in die Wirtshäuser.“[5]
[3] „Der Mensch stammt von Tieren ab, nur Narren und übereifrige Geistliche können das bestreiten.“[6]
[3] „Acht Tage nach seiner Metamorphose begann der Narr auszugehen.“[7]
[4] Wenn es um Pferde geht, wird Thomas zum Narren.

Redewendungen:

schwäbisch: dem Narren übers Säcklein kommen – verrückt, ein Idiot sein
den Narren stechen/bohren – durch Mimik, Gestik gegenüber jemanden andeuten, dass man ihn für einen Narren hält
der Narr muss ein Abzeichen haben
einen Narren an jemandem gefressen haben/einen Narren an etwas gefressen haben
ein Narr auf eigene Hand sein – nach J. W. Goethe „Den Originalen“, ein Narr auf eigene Faust
ein Narr in Folio – ein Narr im Buchformat Folio, von außergewöhnlichem Format, ein riesengroßer Narr
schweizerisch: ein Narr in seinem Sack sein – trotz der Narrheit auf den eigenen Vorteil aus sein, an den eigenen Nutzen denken
jemanden zum Narren halten/haben
mit einem Narren schwanger sein – verrückt, ein Idiot sein
Narr um Christi willen/Narr in Christo – als Vergleich zu dem um der Askese willen vorgetäuschten Verlust des Verstandes, der vom Klerus akzeptiert wurde
sich zum Narren machen
vom Narren gestochen werden – sich von Narrheit, Narreteien anstecken lassen

Sprichwörter:

ein Narr kann mehr fragen, als zehn Weise beantworten können
Hoffen und Harren hält manchen zum Narren/Hoffen und Harren macht manchen zum Narren
jedem Narren gefällt seine Kappe

Wortbildungen:

narren, Narrenbein, Narrenfreiheit, Narrengilde, narrenhaft, Narrenhaus, Narrenkappe, Narrenkastl, Narrenkleid, Narrenkostüm, Narrenkrankheit, Narrenposse/Narrensposse, Narrenseil, narrensicher, Narrenstreich, Narretei, Narrentum, Narrenturm, Narrenzepter, Narrenzunft, närrisch/narrisch, Narrheit

Übersetzungen

[Bearbeiten]
[1–3] Wikipedia-Artikel „Narr
[1, 3] Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch. 16 Bände in 32 Teilbänden. Leipzig 1854–1961 „Narr
[1–3] Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache „Narr
[*] Uni Leipzig: Wortschatz-PortalNarr
[1–3] Duden online „Narr
[4] Duden online „-narr

Quellen:

  1. Friedrich Kluge, bearbeitet von Elmar Seebold: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 24., durchgesehene und erweiterte Auflage. Walter de Gruyter, Berlin/New York 2001, ISBN 978-3-11-017473-1, DNB 965096742, Stichwort: „Narr“, Seite 685.
  2. Wahrig Herkunftswörterbuch „Narr“ auf wissen.de
  3. Bruno Preisendörfer: Als unser Deutsch erfunden wurde. Reise in die Lutherzeit. 7. Auflage. Galiani, Berlin 2016, ISBN 978-3-86971-126-3, Seite 57.
  4. Otto von Corvin: Pfaffenspiegel. In: humanist.de. Abgerufen am 8. September 2023.
  5. Björn Kuhligk, Tom Schulz: Rheinfahrt. Ein Fluss. Seine Menschen. Seine Geschichten. Orell Füssli, Zürich 2017, ISBN 978-3-280-05630-1, Seite 237.
  6. Tom Wolfe: Das Königreich der Sprache. Blessing, München 2017, ISBN 978-3-89667-588-0, Zitat Seite 66. Englisch The Kingdom of Language, 2016.
  7. Giacomo Casanova: Geschichte meines Lebens, herausgegeben von Erich Loos, Band II. Propyläen, Berlin 1985 (Neuausgabe) (übersetzt von Heinz von Sauter), Seite 129.