- Altes Rathaus (Potsdam)
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Das Alte Rathaus befindet sich am Alten Markt von Potsdam in unmittelbarer Nachbarschaft zur St. Nikolaikirche. Es entstand in den Jahren 1753 bis 1755 nach Plänen der Baumeister Johann Boumann und Christian Ludwig Hildebrandt nach Ideen und im Auftrag Friedrichs des Großen. Wie bei anderen Gebäuden in Potsdam, lieferte die italienische Architektur das Vorbild.
Bis 1945 wurde das Alte Rathaus für die Stadtverwaltung und Stadtkasse genutzt, nach den schweren Beschädigungen im Zweiten Weltkrieg baute man es als Kulturhaus wieder auf. Heute finden hier zahlreiche Kulturveranstaltungen, aber auch Diskussionsrunden, Informationsveranstaltungen und Ausstellungen statt.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Der erste Rathausbau
Bereits seit dem Mittelalter kann ein Rathaus am Alten Markt von Potsdam nachgewiesen werden. Dieses stand vermutlich noch in der Mitte des Marktes, der damals weiter nach Osten reichte. Seine Position ist jedoch vergleichbar mit der des heutigen Alten Rathauses. Die Bausubstanz wurde im Lauf der Jahrhunderte mehrfach komplett erneuert, auch bedingt durch Zerstörungen oder aus Gründen der Repräsentation. Der erste Rathausbau wird auf das Jahr 1524 datiert und existierte nur für kurze Zeit. Bei einer der schlimmsten Brandkatastrophen in der Potsdamer Stadtgeschichte brannte er am 24. Juni 1536 mit zahlreichen weiteren Gebäuden der Stadt komplett ab. Für den anschließenden Wiederaufbau wurde erneut der Standort des ersten Rathauses gewählt.
Das Rathaus von 1720 bis 1753
Knapp zweihundert Jahre später, unter Friedrich Wilhelm I., entstand schließlich an der Stelle des zweiten Rathauses der dritte Rathausbau um 1720/1722 unter Leitung des Architekten Peter de Gayette. Bekannt ist, dass das Rathaus als Fachwerkbau ausgeführt wurde und über eine massive Fassade sowie einen hölzernem Turm verfügte. In zwei nach Osten angrenzenden Seitenflügeln befanden sich an Händler vermietete Scharren (Verkaufsstände) und die Waage, die der Kontrolle der in der Stadt ankommenden Waren diente, bevor diese auf dem Platz vor dem Rathaus, dem Alten Markt, zum Verkauf angeboten wurden.
In diesem Rathausbau hatte man von Anfang an mit Platzproblemen zu kämpfen. Umbauten, wie sie u. a. 1736 stattfanden, konnten zwar die räumliche Enge etwas mildern, allerdings zeigten sich im Lauf der Zeit auch Schäden an der Bausubstanz. Ein abermaliger Abriss und Neubau war daher absehbar und erfolgte schließlich unter Friedrich II..
Der Bau des heutigen vierten Rathauses (1753 bis 1755)
Im Zuge der unter Friedrich II. vorgenommenen Umgestaltung Potsdams zu einer repräsentativen Residenzstadt sollte der Alte Markt zu einer „römischen Platzanlage“ aufgewertet werden. Nach den abgeschlossen Umbauten am Stadtschloss und dem Beginn der Arbeiten an der neuen Portalfassade für die Nikolaikirche erging 1754 der Auftrag, ein neues, inzwischen viertes Rathaus an bekannter Position zu bauen. Beauftragt wurden die Baumeister Johann Boumann und Christian Ludwig Hildebrandt. Boumann, der später noch zum Oberbaudirektor in Berlin und Potsdam aufsteigen sollte, hatte bereits am Holländischen Viertel in Potsdam maßgeblich mitgewirkt.
Die Vorlage für den Bau kam, wie bei vielen Bauwerken dieser Zeit, aus Italien. Ein nicht ausgeführter Entwurf des Renaissancebaumeisters Andrea Palladio für den Palazzo Angarano in Vicenza (Oberitalien) wurde in leicht abgeänderter Form verwendet. Hinzu kamen noch Vorbilder aus Amsterdam und Rom: Eine Atlasfigur befindet sich auch auf einem der Giebel des Amsterdamer Rathauses, während der Dachaufbau das in der friderizianischen Architektur mehrfach verwendete Pantheonmotiv variiert. So erhielt das Rathaus eine mit acht korinthischen Dreiviertelsäulen versehene Schaufassade und wurde durch eine gestufte kupferverkleidete Kuppel auf hohem Tambour akzentuiert. Die Kuppel wurde von einer vergoldeten Bleifigur des Atlas bekrönt. Ratskeller sowie Seitenflügel des Vorgängerbaues wurden in den Neubau integriert und erst später durch massivere Bauten ersetzt. Die Gesamtkosten für den vierten Rathausbau beliefen sich auf 31.620 Taler.
Die schon beim Vorgängerbau auftretenden Platzprobleme konnten durch das neue Rathaus allerdings nur teilweise gemildert werden. Die ursprüngliche Planung sah vor, das benachbarte Grundstück des Bäckers Windelband für den Neubau zu nutzen. Der Besitzer lehnte aber einen Grundstückstausch und die angebotene Entschädigungszahlung ab, so dass für den Rathausbau mit seinen nunmehr massiven und damit stärkeren Wänden nur die bisherige Grundstücksfläche verwendet werden konnte. Erschwerend kam der durch den runden, sich durch alle Geschosse erstreckenden Unterbau der Tambourkuppel nur eingeschränkt nutzbare Grundriss hinzu. Zusätzliche Räume konnten lediglich im Mezzaningeschoss der Attika untergebracht werden. 1775 erfolgte daher der Anbau eines dreigeschossigen Seitenflügels an der Scharrenstraße.
Das Alte Rathaus ist ein unterkellertes Gebäude mit zwei Hauptgeschossen und einem Halbgeschoss hinter der Attika. Die siebenachsige, zum Alten Markt orientierte Hauptfassade ist mit einer korinthischen Kolossalordnung gegliedert. Die Dreiviertelsäulen werden in der Attikazone als Pfeilervorlagen weitergeführt und tragen dort bekrönende Sandsteinfiguren, welche in allegorischer Form die bürgerlichen Tugenden Wachsamkeit, Standhaftigkeit, Überfluss, Gerechtigkeit, Handel und Vorsicht darstellen. Sie wurden von Gottlieb Heymüller geschaffen und beim Wiederaufbau durch Kopien ersetzt. Die Allegorie des Handels als letzte erhaltene Originalskulptur ist heute im Treppenaufgang des Alten Rathauses ausgestellt. Über den beiden Mittelsäulen ist zur Betonung der zentralen Achse, in der sich auch der Eingang mit vorgelagerter Freitreppe befindet, auf der Attika des Stadtwappen in einer großen Kartusche angebracht. Über dem flachen Dach erhebt sich der mit acht großen Fenstern versehene runde Kuppeltambour, der durch korinthische Pilaster gegliedert ist und von einem gestuften Kuppelaufbau abgeschlossen wird. Die bekrönende Atlasfigur wurde von Benjamin Giese modelliert und aus Blei gegossen.
Die Nachbarbauten auf der Ostseite des Alten Marktes
Zusammen mit dem bereits 1750 nach Plänen Georg Wenzeslaus von Knobelsdorffs erbauten Bürgerhaus Brauerstraße 10, das heute dementsprechend als Knobelsdorffhaus bezeichnet wird, erhielt die Ostseite des Alten Marktes das von Friedrich II. gewünschte repräsentative Aussehen. Allerdings konnte das Rathaus aufgrund der erfolgreichen Intervention des Bäckers Windelband nicht im gewünschten Umfang entstehen: Der Entwurf Andrea Palladios besitzt im Gegensatz zur ausgeführten Potsdamer Nachschöpfung neun Fensterachsen, weshalb die wahrscheinlich für einen größeren Baukörper entworfene Tambourkuppel des Rathauses etwas überdimensioniert erscheint.
Das Windelbandsche Haus war ein unterkellertes dreigeschossiges Gebäude mit fünf Fensterachsen und Mansarddach. Beiderseits der mittleren Fensterachse, in der sich auch der Eingang befand, und an den Außenkanten war die Fassade von einfachen Lisenen gegliedert, um deren oberen Abschluss das Traufgesims verkröpft wurde. Schlichte Faschen umrahmten die Fenster. Im unteren Teil des Dachs befanden sich zwei symmetrisch angeordnete stehende Gauben. Das Haus des Bäckers gehörte mit diesen Architekturelementen zu den vornehmeren schlichten Wohnbauten der Zeit Friedrich Wilhelms I., wie sie sich in geringer Zahl in der Yorckstraße und Am Kanal erhalten haben.
Das Knobelsdorffhaus entstand nach dem Vorbild des von den englischen Architekten Roger Morris und Colen Campbell entworfenen Marble Hill House von 1724-29 bei London. Damit wurde über den "Umweg" England auch für dieses Gebäude ein palladianisches Vorbild gewählt. Der zum Alten Markt fünfachsige, zweieinhalbgeschossige Bau wird durch einen flachen dreiachsigen Mittelrisalit mit Giebeldreieck betont. Während das Erdgeschoss Fensterverdachungen und Eckrustika aufweist, ist die Belétage durch rundbogige Fenster mit bekrönenden Faunsmasken sowie einen von Atlanten getragenen Balkon mit zierlichem Brüstungsgitter akzentuiert. Drei Attikaskulpturen Johann Peter Benkerts, von denen zwei beim Wiederaufbau durch Kopien ersetzt wurden, schließen den Risalit oben ab. Der auf alten Messbildern und Gemälden erkennbare Brandgiebel auf der Nordseite zum Windelbandschen Haus wurde bereits vor dem Zweiten Weltkrieg durch ein abgewalmtes Dach ersetzt; in dieser Form erfolgte auch die Wiederherstellung.
Vom Sturz des Atlas bis zu Ausbauplänen
Als die auch als „Puppe“ bezeichnete bleierne Atlasfigur am 16. Juli 1776 vom Rathaus stürzte, ersetzte man sie durch eine leichtere Kupfertreibarbeit, die ebenfalls vergoldet wurde. Über die Gefangenen des Stadtgefängnisses, das sich hier bis 1875 befand, wurde die Wendung „Unter der Puppe sitzen“ geprägt.
Ab 1875 benutzten dann die Stadtverordneten das Alte Rathaus für ihre Sitzungen, und 1885 zogen die Stadtverwaltung und die Stadtkasse nach. Durch Verhandlungen mit dem Eigentümer des neben dem Rathaus liegenden Windelbandschen Hauses konnte dieses ab 1898 für die Stadtverordneten mitbenutzt werden, denn inzwischen war der Platz im Alten Rathaus erneut knapp geworden. Daher gab es in den Jahren 1910 bis 1916 Pläne, einen Ausbau auf die doppelte Größe vorzunehmen und dafür das Windelbandsche und Knobelsdorffsche Haus abzureißen. Nach einem Ideenwettbewerb wurde keiner der Vorschläge realisiert und stattdessen der nahegelegene Palast Barberini ausgebaut. 1916 zogen dann alle Stadtvertreter an den neuen Standort um. Nach dem Ende der Monarchie in Deutschland 1918 wurden zudem Räume im Stadtschloss frei, so dass nur die Sparkasse und die Kasseneinrichtungen im Alten Rathaus verblieben.
Die Zerstörung im Krieg und der Wiederaufbau
Bei einem Luftangriff auf Potsdam am 14. April 1945 erlitt das Alte Rathaus zunächst nur leichte Schäden. Bei den Kämpfen um Potsdam, die bis zum 30. April andauerten, geriet es jedoch unter Artilleriebeschuss. Der tagelange Angriff der russischen Streitkräfte zerstörte den gesamten Gebäudekomplex wie auch das anschließende Windelbandsche Haus und das Knobelsdorffhaus. Zunächst fehlte es an Mitteln, das Gebäudeensemble wiederaufzubauen, so dass erst 1960 mit den Arbeiten begonnen wurde. Lediglich die Fassaden und das Treppenhaus mit der Kuppel befanden sich in wiederaufbaufähigem Zustand. Da für das Alte Rathaus eine grundsätzlich neue Nutzung vorgesehen war, wurden auch nur diese Teile des Bauwerks gesichert, während die letzten Ruinenreste, insbesondere im hinteren Teil des Gebäudes, abgetragen wurden.
1966 konnte man dann die Wiedereinweihung als Kulturhaus feiern, das den Namen Hans Marchwitzas, eines bedeutenden Arbeiterdichters, erhielt. Um den Anforderungen großer Veranstaltungen zu genügen, war ein großer Saal mit Glasfassade errichtet worden, der auch die neuen Treppenhäuser aufnehmen konnte. Als Fassadenfarbe zum Alten Markt wurde zunächst rosa gewählt, welches später in weiß geändert wurde.
Während das Alte Rathaus seine ursprüngliche Form zum Alten Markt beibehalten konnte, wurde das Windelbandschen Haus nicht wieder aufgebaut. Um aber dessen alte Wirkung weiterhin zu zeigen, wurde ein an die frühere Gebäudekubatur erinnernder Glasdurchgang mit Fenstern in Rastereinteilung zum vollständig restaurierten Knobelsdorffhaus geschaffen. Die Gesamtkosten des Um- und Wiederaufbaus betrugen insgesamt 4,8 Millionen DDR-Mark. Die Ausführung erfolgte durch den VEB Hochbauprojektierung Potsdam nach Plänen der Architekten Horst Görl und Ernst Pfrogner.
Heutige Nutzung
Auch heute ist das Alte Rathaus ein wichtiger Kulturstandort in der Stadt Potsdam. Neben einer Ausstellung zur Geschichte des Hauses im Erdgeschoss gibt es noch weitere Räume mit ständig wechselnden Ausstellungen. Im großen Saal im Anbau finden neben Vorträgen und Diskussionen über städtische, kulturelle oder wissenschaftliche Themen auch Empfänge und Tagungen statt. Weiterhin können Räume für Musikauftritte genutzt werden.
Das Alte Rathaus mit seinem Großen Veranstaltungssaal war darüber hinaus — passend zu Atlas und Globus über der Rotunde — von 2005 bis 2008 auch Spielstätte des Globians® welt & kultur Dokumentarfilm Festivals, das jährlich Mitte August vier Mal in Potsdam stattfand und sich zu einem internationalen Treffpunkt junger und unabhängig arbeitender Dokumentarfilmer entwickelte, die in diesem Themenbereich weltweit arbeiten. Bedingt durch die Entscheidung der Kommunalpolitik, das Alte Rathaus ab 2010 zum Standort des städtischen Potsdam Museums zu machen, und aufgrund der 2008 begonnenen, mehrjährigen Sanierungsarbeiten am Gebäude, zog das Globians Doc Fest 2008 nach Berlin um.
Nach erfolgter Demontage, Restaurierung und neuer Vergoldung durch eine Berliner Firma wurde der Atlas am 15. Dezember 2008 wieder auf seinen alten Standort verbracht.
Literatur
- Hans-Joachim Giersberg, Hartmut Knitter: Potsdam Atlas, VEB Tourist Verlag, Berlin/Leipzig, 1978
- Paul Sigel, Silke Dähmlow, Frank Seehausen, Lucas Elmenhorst: Architekturführer Potsdam, Dietrich Reimer Verlag, Berlin 2006, ISBN 3-496-01325-7
- Friedrich Mielke: Potsdamer Baukunst. Das klassische Potsdam, Frankfurt/Main-Berlin 1981, ISBN 3-549-05668-0, S. 370
Weblinks
Commons: Altes Rathaus (Potsdam) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien52.39583333333313.061944444444Koordinaten: 52° 23′ 45″ N, 13° 3′ 43″ OKategorien:- Bauwerk in Potsdam
- Rathaus in Brandenburg
- Architektur (Preußen)
- Veranstaltungszentrum
- Erbaut in den 1750er Jahren
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