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Dar ul-Ulum Deoband

Dar ul-Ulum Deoband

Dar ul-'Ulum Deoband (Urdu ‏دارالعلوم دیوبندHaus der Gelehrsamkeit in Deoband), kurz Darul Uloom ist eine 1866 gegründete islamische Hochschule in der Kleinstadt Deoband im indischen Bundesstaat Uttar Pradesh. Sie gehört zur hanafitischen Rechtsschule, lehnt jedoch, im Gegensatz zu den Barelwis in Pakistan, die Gräber- und Heiligenverehrung ab. Sie steht für eine strenge und klassische Auslegung des sunnitisch-hanafitischen Islam und strebt die Rückkehr zu dessen „Wurzeln“ an.

Die einzige islamische Hochschule mit vergleichbarem Einfluss ist die al-Azhar-Universität in Kairo; die Dar ul-'Ulum Deoband gilt nach der al-Azhar als das zweitgrößte theologische islamische Zentrum der Welt.

Die von der islamischen Hochschule in Deoband ausgehenden Lehren haben sich zu einer Bewegung formiert, deren Anhänger meist Deobandis genannt werden. Ein bedeutender Teil der pakistanischen und indischen Bevölkerung fühlt sich mit dieser Bewegung verbunden, sie strahlt nach Bangladesch, Afghanistan, Malaysia, Südafrika und Indonesien[1][2] ab.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Schule wurde 1866 in den nordwestlichen Provinzen (heute Uttar Pradesh) von Nanautavi, der Teilnehmer des großen indischen Aufstandes im Jahr 1857 gewesen sein soll, und Rashid Ahmad Gangohi gegründet. Die Provinz hat eine blutige Geschichte zwischen indischen Muslimen und Hindus. Die Reste des einstigen von sunnitischen Herrschern geführten Mogulreiches gingen im von den Briten niedergeschlagenen Aufstand unter, und die bis dahin indirekte britische Herrschaft durch die britische Ostindien-Kompanie in Britisch-Indien wandelte sich zu einer direkten Form.

Nanotvi und Rashis Gengohi beabsichtigten mit der Schulgründung eine islamische Erweckungsbewegung, die Deobandis, zu erschaffen, um der britischen Kolonialherrschaft zu widerstehen und den in Britisch-Indien praktizierten Islam auf seine „Wurzeln“, wie von Abu Hanifa und seinen Schülern gelehrt, zurückzuführen. So versuchten sie den weit verbreiteten Heiligenkult und die Gräberverehrung, die vom Iran bis weit nach Bengalen hinein reichte, zu zerstören. Weitere Grundsätze waren die Ablehnung einer islamischen Hierarchie und die Zurückweisung der Schiiten und der Ahmadiyya. Die Deobandis lehnen die Feier des Mawlid an-Nabi (Geburtstag des Propheten) streng ab[3], da dieser eine Bid'a sei. Aus diesem und anderen Gründen, wie das Ablehnen der Gräber und der Heiligenverehrung, werden sie von einigen sufistischen Gruppierungen, wie z. B. den Barelwis, als Wahhabiten „beschimpft“.

Im Jahr 1926 gründeten Anhänger der Dar ul-Ulum die Tablighi Jamaat.

Im Jahr 1915 gründete der Rektor der Dar ul-'Ulum, Mahmood-ul-Hasan, mit 200 Gefolgsleuten eine bewaffnete Gruppe, die allerdings bald von der britischen Besatzungsmacht gefangen genommen und in das Gefängnis auf Malta gebracht wurde. Während der Kalifat-Bewegung um 1920 unterstützten die Deobandis Mohandas Gandhis Kongresspartei, um den Untergang des Osmanischen Reichs zu verhindern. Des Weiteren war die 1919 von den Deobandis gegründeten Partei Jamiat-ul-Ulama-i-Hind (JUH) strikt für ein unabhängiges Indien, für Hindus und Muslime gemeinsam. So veröffentlichte der Rektor der Dar ul-'Ulum, Rashid Ahmad Gangohi, eine Fatwa, in der er in weltlichen Dingen ein Zusammengehen mit den Hindus erlaubte. 1945 spaltete sich dann die Jamiat-ul-Ulama-i-Islam (JUI) unter der Führung von Shabir Ahmad Usmani von der JUH ab. Diese plädierte für einen von Indien unabhängigen Staat Pakistan, war seit der Gründung Pakistans an mehreren Provinzregierungen beteiligt und hat im nationalen Parlament von Pakistan einige Sitze gewonnen.

Es kam 1982 zu einer Absplitterung von der Dar ul-'Ulum Deoband, da der vorherigen Rektor Qari Mohammad Tayyib die Dar ul-'Ulum Waqf Deoband gründete.

Studium

Das Studium dauert mindestens acht Jahre und kann mit verschiedenen Master-Studiengängen ergänzt werden. Unterrichtssprachen sind die arabische Sprache und Urdu. Der Unterrichtsstoff schließt keine weltlichen Themen ein, das Ausbildungsziel ist, Mullah (Molla) in einer Madrasa in Indien, Pakistan oder Afghanistan zu werden. Erst im Master können seit kurzem auch praktische Abschlüsse zum Lehrer, Journalisten oder Computerfachmann erworben werden.

Bei den Deobandis im Vordergrund stehen religiöse Erziehung und Bildung, insbesondere folgende Grundsätze:

  • Säuberung des Islam von rituellen Unreinheiten (siehe Bida)
  • Ablehnung jeglicher Hierarchie (genauer des Adels) unter Muslimen
  • Fortführung des Idschtihad (wörtlich Anstrengung, persönliche, schariakonforme Interpretation oder Darlegung im Geiste der hanafitischen Rechtsschule)
  • Geschlechtertrennung, strenge Auslegungen in Rechtsfragen
  • Dschihad (Anstrengung gegen die eigenen Leidenschaften, gegen Häresie und Ungläubige)
  • Zurückweisung der Schiiten, Aleviten und aller Nichtmuslime
  • Bekämpfung der Ahmadiyya

Die Lehrbereiche und Methode der Deobandi basiert auf 7 Grundlagen:

  • Knowledge of the Shari'at (Kenntnis der Scharia)
  • The Following of the Path (Befolgen von Koran und Sunna)
  • Conformity to the Sunnat (Übereinstimmung mit der Sunna erzielen)
  • Jurisprudential Hanafitism (Hanafitsches Recht; fiqh)
  • Dialectal Maturidiism (Maturidische Theologie in feinen Glaubensfragen)
  • Defense Against Tergiversation and Deviation (Verteidigung gegen Erneuerungen/Apostatie und Abweichungen)
  • The Taste for Qasimism and Rasheedism (Geschmack für Qasims und Rasheeds Ansichten)

Genaueres unter: The Track (Maslak) of Darul Uloom

Gegenwärtig gibt es etwa 3000 Studenten, die auf dem Campus leben.

Haltung zu anderen Gruppen

Ahmadiyya

Die Deobandis betrachten die Ahmadiyya als Kuffar (Ungläubige), die bekämpft werden müssen und vor denen permanent gewarnt werden muss[4], sogar eine Ehe mit einem Angehörigen der Ahmadiyya wird nicht gestattet.[5] Ein weiterer Grund zur Verfolgung ist, dass die Ahmadiyya in Kooperation mit Großbritannien Muslime bekämpft haben soll.[6]

Schiiten

Die Schiiten werden als abtrünnige Sekte betrachtet, der eine Reihe von Vergehen, Fehler und Irrglauben vorgeworfen wird.[7] Die Ehe mit Schiiten wird ebenfalls als verboten angesehen.[8] Sie werden auch als Kafir angesehen, wobei erwähnt wird, dass es unter ihnen Ausnahmen geben kann, auf die dies nicht zutrifft.[9]

Finanzierung

Die Schule erhält keine staatliche Unterstützung und wird durch Spenden und Mitgliedsbeiträge finanziert.

Dar ul-'Ulum, weltweit

Weltweit soll es mehrere zehntausend Ableger der Dar ul-'Ulum Deoband geben. Ihnen wird eine konservative, in Teilen islamistische Theologie vorgeworfen.

In Pakistan

Eine dieser islamistischen Ableger soll die Dar ul-'Ulum Haqqania in Pakistan sein, wo der ehemalige Staatschef von Afghanistan, Mohammed Omar (Mullah Omar) ausgebildet wurde und die Bewegung der Taliban gegründet worden sein soll.

Ein weiterer bekannter Ableger in Pakistan ist die Jamia Darul Uloom Karachi in Karachi.

Im Westen

Im Westen wurde die Darul Uloom Al Arabiya Al Islamia in Bury (Greater Manchester) im Jahr 1973 als erster Ableger gegründet. Sie wurde durch eine Spende der saudi-arabischen Botschaft von etwa 40 Millionen Pfund 1976 dauerhaft gesichert.

In Großbritannien wird etwa die Hälfte aller Moscheen von Deobandis kontrolliert.[10]

Ebenfalls nennenswert ist die Darul Uloom Islam University in Kanada.

In Afrika

Ein erwähnenswerter Ableger in Südafrika ist die Darul ifta, Madrasah In´naamiyah.

Siehe auch

Literatur

  • Annemarie Schimmel: Der Islam im indischen Subkontinent. Sonderausgabe, 3. unveränderte Auflage. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1995, ISBN 3-534-12992-X.
  • Willi Germund: Allahs Missionare. Ein Bericht aus der Schule des Heiligen Krieges. Dumont Buchverlag, Köln 2010, ISBN 978-3-8321-9524-3.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Indien: Gute Muslime, böse Muslime, FAZ am 1. März 2005
  2. Pakistan: Lernen für den Kampf, Die Zeit am 3. Juli 2008
  3. ask.imam:#14177 beantwortet durch Mufti Muhammad Kadwa
  4. Islam.tc #5941;
  5. ask.imam: #3839.
  6. islam.tc: #441.
  7. islam.tc: #17292.
  8. Islam.tc: #12713t
  9. Islam.tc: #15245
  10. Radikale Sekte regiert britische Moscheen, Financial Times Deutschland am 7. September 2007
29.69222825308377.677459716667

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