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M. Cook u.a.: Cities in a Sunburnt Country

Titel
Cities in a Sunburnt Country. Water and the Making of Urban Australia


Autor(en)
Cook, Margaret; Frost, Lionel; Gaynor, Andrea; Gregory, Jenny; Morgan, Ruth A.; Shanahan, Martin; Spearitt, Peter
Reihe
Studies in Environment and History
Erschienen
Preis
A$ 141.95
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Boris Braun, Geographiches Institut, Universität zu Köln

Wasser ist auf dem trockensten aller bewohnten Kontinente der Erde ein besonders kostbares Gut. Die Verfügbarkeit von sauberem Wasser für private Haushalte und Unternehmen hat ebenso wie Abwassersysteme die Entwicklung der australischen Städte in den letzten 235 Jahren ganz entscheidend mitgeprägt. Es ist der Gruppe von Autorinnen und Autoren aus verschiedenen Gebieten der Geschichtswissenschaften hoch anzurechnen, dass sie sich der wichtigen Thematik gewidmet haben, wie die Wasserversorgung und Abwasserentsorgung die Entwicklung der australischen Großstadtregionen bis heute prägt.

Das Buch beschäftigt sich aber nicht nur mit der Vergangenheit, sondern bietet auch Ausblicke in die Zukunft, in der die Wasserversorgung in Anbetracht des Klimawandels und fortgesetztem Stadtwachstum auch weiterhin eine große Herausforderung bleiben wird, und dies nicht nur in technischer und wirtschaftlicher, sondern auch in politischer, kultureller und sozialer Hinsicht. Ebenfalls ist es verdienstvoll, dass die Verfasserinnen und Verfasser nicht den einfacheren Weg eines Sammelbandes gewählt haben, sondern als Ergebnis einer intensiven gemeinsamen Auseinandersetzung mit der Geschichte der Wassernutzung, des Wassermanagements und der wiederkehrenden Überschwemmungen eine in sich geschlossene Studie vorgelegt haben. Die unterschiedlichen Perspektiven von Wirtschaftshistorikern (Lionel Frost, Martin Shanahan), Umwelthistorikerinnen (Margaret Cook, Andrea Gaynor, Ruth Morgan) und Planungshistorikerinnen und -historikern (Jenny Gregory, Peter Spearritt) ergänzen sich dabei auf hervorragende Weise. Gemeinsam entwickelte Ansätze und Ideen ermöglichen es den Autorinnen und Autoren, neue Fragen zu historischen und aktuellen Ansätzen der Wasserversorgung und des Wassermanagements zu stellen.

Das Werk gibt einen detaillierten Einblick in die Art und Weise, wie die Menschen in Australien die Herausforderung bewältigten, trotz hoher räumlicher und zeitlicher Niederschlagsvariabilität eine sichere Wasserversorgung aufzubauen und effiziente Abwassersysteme für schnell wachsende und sich mit ihren Suburbs weit in die Fläche ausbreitende Großstädte zu schaffen. Die betrachtete Zeitachse beginnt mit der Analyse des Umgangs der aboriginalen Bevölkerung Australiens mit Wasser unmittelbar vor der europäischen Besiedlung ab 1788 und endet mit der Diskussion aktueller Problemstellungen der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung in australischen Städten.

Australien hat, wie auch andere wohlhabende Volkswirtschaften, von technischen Innovationen bei baulichen Strukturen und Leitungssystemen profitiert, die eine bessere Kontrolle über das Wasser ermöglichten und zu einer deutlichen Erweiterung des Wasserangebots für private Haushalte und die Wirtschaft führten. So zeichnen sich die australischen Großstadtregionen heute durch zahlreiche Trinkwasserreservoirs und ausgedehnte Netze von Versorgungsleitungen aus, die den Menschen relativ verlässlich sauberes und hygienisch hochwertiges Trinkwasser aus dem Wasserhahn in ihre Häuser liefern. Eindrucksvoll zeigt das Buch, dass dieser Fortschritt aber keineswegs linear verlief und die Trinkwasserversorgung während längerer Dürren immer wieder auch kritische Phasen mit schwerwiegenden Rationierungen erlebte. Ähnliche Probleme zeigten sich auch bei der Abwasserentsorgung. So führte beispielsweise das rasche suburbane Bevölkerungswachstum im Großraum Sydney nach dem Zweiten Weltkrieg dazu, dass Ende der 1950er-Jahre relativ weniger Haushalte an das Abwassernetz angeschlossen waren als um 1900.

In den fünf größten Städten des Landes, in denen fast zwei Drittel der australischen Bevölkerung leben und mit denen sich das Buch vornehmlich beschäftigt, wurde – mit der Ausnahme von Perth, das schon frühzeitig die Nutzung von Grundwasser und den Bau von Meerwasserentsalzungsanlagen forcierte – lange Zeit sehr einseitig auf die Sammlung von Regenwasser über Staudämme und Trinkwasserreservoirs gesetzt. Dies macht die Wasserversorgung der australischen Großstädte anfällig für extreme Wetterereignisse, die in Zeiten des Klimawandels in Frequenz und Magnitude eher zu- als abnehmen werden.

Das Buch skizziert in diesem Zusammenhang die Probleme, die sich aus der Pfadabhängigkeit bestimmter technischer Lösungen ergeben. Australien tut sich heute schwer, seine Trinkwasserversorgung zu diversifizieren und damit resilienter zu gestalten. Hierzu trägt auch bei, dass der Glaube an die Segnungen von Dammbauten vor allen in den Jahrzehnten des langen Booms nach dem Zweiten Weltkrieg nicht nur eine zentrale Rolle im Prozess des Nation Building spielte, sondern auch das Vertrauen in großtechnische Lösungen in der australischen Bevölkerung kulturell tief verankerte. Hinzu kommt, dass ein Großteil der Bevölkerung bis heute dem Trinkwasserrecycling bzw. der Wasserrückgewinnung recht kritisch gegenübersteht.

Das Buch beschäftigt sich ebenfalls mit Verteilungsaspekten eines zunehmend ökonomisierten und ab den späten 1970er-Jahren konsequenter am Verursacherprinzip ausgerichteten urbanen Wassermanagements. Wo Wasser teuer und zum Luxusgut wird, wird seine exzessive Nutzung zum Statussymbol. Ein grüner Rasen oder ein Swimmingpool im Garten werden so zu Merkmalen sozialer Distinktion. Darüber hinaus sind Nutzen und Lasten auch beim Wasser sozial ungleich verteilt, wobei vor allem ohnehin bereits benachteiligte Gruppen einem höheren Risiko von Überschwemmungen, schwerwiegenden Umweltschäden oder Gesundheitsrisiken durch defekte Abwasserkanäle ausgesetzt sind.

Die Herausforderung, wirksame Wassermanagementstrategien für nachhaltigere, resilientere, produktivere, lebenswertere und gerechtere Städte zu fördern, sehen die Autorinnen und Autoren als ein komplexes Problem, das sich einfachen Lösungen widersetzt und dass nur in der Zusammenarbeit über Grenzen etablierter wissenschaftlicher und technischer Disziplinen hinaus wirksam angegangen werden kann. Dieser Ansatz verdient Unterstützung, weil die bisherigen, in hohem Maße pfadabhängigen technischen Lösungen in Anbetracht der Komplexität der Herausforderungen der Zukunft kaum mehr dauerhaft tragfähige Optionen liefern werden.

Neue Technologien, insbesondere das Wasserrecycling, könnten eine nachhaltigere Wasserversorgung ermöglichen. Aber entsprechende Veränderungen werden kostspielig sein und in einer Demokratie nur mit der Unterstützung der Politik und der Wählerinnen und Wähler umgesetzt werden können. In einer insbesondere mit Blick auf den Klimawandel unsicheren Zukunft müssen auch in Australien etablierte Strategien überdacht werden. Cities in a Sunburnt Country skizziert die dafür notwendigen technischen, politischen und sozialen Veränderungsprozesse und verweist dabei nicht zuletzt auch auf das Jahrtausende alte Wissen der aboriginalen Bevölkerung beim sparsamen und nachhaltigen Umgang mit Wasser. Schade ist, dass die Bezüge zum indigenen Verhältnis zu Wasser und Natur etwas erwartbar und holzschnittartig daherkommen. Damit bleibt ihr Erkenntniswert an dieser Stelle eher begrenzt.

Allen diejenigen, die sich für Wassermanagement und/oder australische Stadtentwicklung interessieren, ist das ausgesprochen anregende und gut lesbare Buch sehr zu empfehlen – auch und vor allem über die Geschichtswissenschaften hinaus. Es belegt eindrucksvoll, dass aus der präzisen historischen Analyse viele wichtige Erkenntnisse abgeleitet werden können, die für die Bewältigung der Zukunftsaufgaben von großem Nutzen sein können. Wasserversorgung und Abwasserentsorgung sind ebenso wie urbane Überschwemmungen eben keine rein technischen oder ingenieurwissenschaftlichen Themen.

Dass sich die Analyse mit Sydney, Melbourne, Brisbane, Perth und Adelaide im Kern nur auf fünf Millionenstädte bezieht und beispielsweise die vielen Mittel- und Kleinstädte auf dem Land weitgehend ignoriert werden, mag aus europäischer Sicht verwundern, ist aber für australische Arbeiten zu städtischen Entwicklungen nicht ungewöhnlich. Dasselbe gilt für die ausgeprägte Innensicht der Studie. Internationale Referenzen und Vergleiche enden, wo sie überhaupt eine Rolle spielen, sehr deutlich an den Grenzen des englischen Sprachraums. Dies sind aber für die meisten Leserinnen und Leser sicher verschmerzbare Kritikpunkte.

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