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ShareCity: Sharing-Ansätze, Sharing-Verhalten, Sharing-Strategien, Sharing-Cases in Städten

2019

Dominik Georgi Susanne Bründler-Ulrich Dorothea Schaffner Esther Federspiel Patricia Wolf Richard Abplanalp Bettina Minder Jonas Frölicher ShareCity Sharing-Ansätze, Sharing-Verhalten, Sharing-Strategien, Sharing-Cases in Städten ShareCity Dominik Georgi · Susanne Bründler-Ulrich Dorothea Schaffner · Esther Federspiel Patricia Wolf · Richard Abplanalp Bettina Minder · Jonas Frölicher ShareCity Sharing-Ansätze, Sharing-Verhalten, Sharing-Strategien, Sharing-Cases in Städten Dominik Georgi Institut für Kommunikation und Marketing (IKM), Hochschule Luzern (HSLU) Luzern, Schweiz Richard Abplanalp Institut für Kommunikation und Marketing (IKM), Hochschule Luzern (HSLU) Luzern, Schweiz Susanne Bründler-Ulrich Institut für Kommunikation und Marketing (IKM), Hochschule Luzern (HSLU) Luzern, Schweiz Bettina Minder Design & Kunst Hochschule Luzern Luzern-Emmenbrücke, Schweiz Dorothea Schaffner Hochschule für Angewandte Psychologie Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW Olten, Schweiz Jonas Frölicher Strategie und Managementberatung KCW GmbH Berlin, Deutschland Esther Federspiel Institut für Innovation, Design und Engineering IDEE-FHS, FHS St. Gallen St. Gallen, Schweiz Patricia Wolf Centre for Integrative Innovation Management South Danish University Odense, Dänemark und Zukunftslabor CreaLab, Hochschule Luzern Luzern, Schweiz ISBN 978-3-658-23699-1 ISBN 978-3-658-23700-4 https://doi.org/10.1007/978-3-658-23700-4 (eBook) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer Gabler © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichenund Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Springer Gabler ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany Vorwort Sharing und die Sharing Economy sind in aller Munde. Seit Jahren sind internationale Plattformen wie Airbnb und Uber in der Diskussion. Car-Sharing-Fahrzeuge von Mobility in der Schweiz und Car2Go oder DriveNow in Deutschland sind aus dem Verkehrsalltag kaum mehr wegzudenken. Und auch etablierte Anbieter greifen das Thema Sharing auf. So hat der Kaffeehersteller und -händler Tchibo kürzlich sein Programm „Tchibo Share“ vorgestellt, in dessen Rahmen Babykleidung geteilt werden kann. Auch im B2B-Bereich finden Sharing-Ansätze Anwendung, so beispielsweise das Teilen von Geräten oder Energie durch kooperierende Gewerbebetriebe. Gut möglich, dass das Stadtleben der Zukunft ein „Shared City Life“ sein wird, indem die Bevölkerung mehr und mehr Sharing-Ansätze nutzt. Damit dieses Shared City Life den Interessen einer Stadt selbst entspricht und nicht nur Externe, etwa internationale Sharing-Plattformen von diesem Trend profitieren, sollten Städte sich aktiv mit dem Thema damit auseinandersetzen. Viele Städte haben diese Relevanz erkannt und werden als „Sharing Cities“ bezeichnet oder taufen sich selbst so. Die Vereinigung „Eurocities“ widmete ihre Jahrestagung 2017 dem Thema „Sharing Cities“. Und auch der Schweizerische Städtetag 2017 in Montreux hatte „Sharing“ als Hauptthema – mit einer Keynote aus den Forschungen, auf denen dieses Buch aufbaut. Sharing wird so stark diskutiert, weil es Städte, die Bevölkerung und die Gesellschaft als solches positiv beeinflussen kann. Sharing kann die ökologische, soziale und ökonomische Nachhaltigkeit fördern. Ressourcen können durch Sharing geschont werden, der soziale Austausch, wie etwa zwischen Generationen, kann gefördert werden, sowie neue Geschäftspotenziale oder Kosteneinsparungen können realisiert werden. In der öffentlichen Diskussion hat das Bild von Sharing in letzter Zeit aber gelitten. Häufig wird Sharing gleichgesetzt mit Plattformen wie Airbnb und Uber. Diese haben teilweise auch negative Wirkungen. Über Airbnb werden auch Unterkünfte vermietet, die eigentlich Einheimische als Wohnstätte brauchen könnten. Uber wird vorgeworfen, dass arbeitsrechtliche Vorschriften umgangen werden. Die Sharing Economy kann also auch ökologische, soziale und ökonomische Nachteile haben – „the dark side of Sharing Economy“. V VI Vorwort Gerade das macht das Thema spannend als Forschungs- und Gestaltungsthema. Das Sharing-Economy-Team des Instituts für Kommunikation und Marketing (IKM) an der Hochschule Luzern (HSLU) hat sich in mehreren Projekten diversen Fragestellungen rund um das Thema gewidmet. Ergebnisse dieser Forschungen stellen die Grundlage für das vorliegende Buch dar. Entsprechend gilt der Dank der Autoren jenen Personen, die die Forschung zum Thema ermöglicht haben. Allen voran ist dies die Stiftung Mercator Schweiz und ihre stellvertretende Geschäftsführerin Katia Weibel. Ohne die Unterstützung der Stiftung hätte die Forschung an der HSLU nicht so umfassend erfolgen können. Weiterhin danken die Autoren mehreren Kooperationspartnern rund um das Sharecity-Projekt und weitere Sharing-Forschung an der HSLU. An erster Stelle sind dies Karin Hungerbühler, Harry Künzle sowie Alfred Steingruber von der Stadt St.Gallen, die sich als Sparringspartner in das Projekt eingebracht haben und wertvolle Inputs und Unterstützung gegeben haben. Hervorheben möchten wir zudem: Andreas Amstutz (CEO Sharely.ch), Renate Amstutz (Geschäftsführerin Schweizerischer Städteverband), Manuel Lehmann (Thinkpact Zukunft), Rene Lisi (Sharecon – Schweizerische Vereinigung der Sharing Economy), Peter Masciadri und Andreas Blumenstein (Büro für Dienstleistungen), Frank Wolff (CEO Crowdwerk), Christoph Zeyer (Leiter Business Development, Mobility Car Sharing). Schließlich möchten wir anonym die zahlreichen Gesprächspartner hervorheben, die unseren Forschungsprozess unterstützt haben. Die Beschäftigung von Unternehmen und Stadtverwaltungen mit dem Thema Sharing und ShareCity entwickelt sich gerade intensiv, beispielsweise auch im Zusammenhang mit Smartcity-Konzepten von Städten. Gerne möchten wir von der Hochschule Luzern uns weiter an dieser Themenentwicklung und der entsprechenden Diskussion beteiligen. Luzern Sommer 2018 Mit freundlicher Unterstützung der Dominik Georgi Susanne Bründler-Ulrich Dorothea Schaffner Esther Federspiel Patricia Wolf Richard Abplanalp Bettina Minder Jonas Frölicher Inhaltsverzeichnis 1 Sharing Economy: Entwicklung und Relevanz für Städte . . . . . . . . . . . . . . . Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 7 2 Formen von Sharing-Ansätzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Typologisierungskriterien bezüglich des Sharing-Gegenstands . . . . . . . . . 2.2 Typologisierungskriterien bezüglich den Sharing-Teilnehmenden . . . . . . . 2.3 Typologisierungskriterien bezüglich der Sharing-Organisationsform . . . . . 2.4 Typologisierungskriterien bezüglich der Sharing-Nutzung . . . . . . . . . . . . . Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 9 15 16 17 18 3 Wirkungen von Sharing und Relevanz für Städte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Nachhaltigkeitswirkungen von Sharing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Ökologische Nachhaltigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3 Ökonomische Nachhaltigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Soziale Nachhaltigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5 Rebound-Effekte und Wechselwirkungen zwischen den Nachhaltigkeitsdimensionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 20 22 25 29 30 31 Einflussfaktoren des Sharing-Verhaltens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Externe Einflussfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.1 Angebotsmerkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.2 Plattformmerkmale. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.3 Kommunikation/Marketing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.4 Umfeldfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.5 Regulatorische und politische Faktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 User-bezogene Einflussfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 36 36 36 38 38 39 40 42 4 VII VIII 5 Inhaltsverzeichnis Empirische Erkenntnisse zur Bewertung von Sharing-Angeboten und Einflussfaktoren ihrer Nutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1 Studiendesign . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Studienergebnisse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.1 Bewertung der Sharing-Angebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.2 Bewertung der Einzelmerkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.3 Wirkung der Einflussfaktoren auf das Sharing-Verhalten . . . . . . . . 5.3 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 45 49 49 50 51 54 55 6 Entwicklung einer Sharing-Strategie in Städten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1 Sharing-Strategie-Framework für Städte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2 Grundhaltung der Stadt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3 Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3.1 Überblick und Zielkategorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3.2 Ökonomische Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3.3 Soziale Ziele. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3.4 Ökologische Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3.5 Kontext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3.6 Stakeholder. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3.7 Sharing-Angebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3.8 Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 57 59 60 60 61 63 65 65 67 69 71 78 7 ShareCity-Cases . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1 „ShareCity“-Cases im deutschsprachigen Raum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1.1 St.Gallen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1.1.1 Entwicklung des ShareCity-Strategie-Konzepts . . . . . . . . 7.1.1.2 Beispiele für Sharing-Initiativen in St. Gallen . . . . . . . . . 7.1.2 Berlin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1.3 München. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1.4 Schaffhausen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1.5 Bern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1.6 Basel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2 Internationale Cases . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.1 Seoul. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.2 Kopenhagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.3 Medellin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.4 Amsterdam . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.5 San Francisco . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 81 81 81 83 85 88 90 91 92 94 94 95 96 97 97 98 Inhaltsverzeichnis 8 Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX 99 Anhang: English Summary of the Book and the ShareCity Research Project . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 1 Sharing Economy: Entwicklung und Relevanz für Städte Nutzen statt besitzen – diesem Motto folgen immer mehr Menschen. Vieles zu besitzen ist – gerade für die jüngere Generation – nicht mehr Status, sondern auch Last. Was zählt sind die Erlebnisse. Die Sharing Economy wird ermöglicht durch das Internet, wo Angebot und Nachfrage von unterschiedlichen Sharing-Gegenständen aufeinandertreffen. Anbieter der Sharing Economy, wie Uber oder Airbnb, verzeichnen hohe Wachstumsraten und die Regulierung dieser Akteure gibt zurzeit Anlass für kontroverse Diskussionen in der Öffentlichkeit. Sharing bedeutet grundsätzlich das Teilen von Ressourcen, im Sinne einer gemeinsamen Nutzung. Damit können Sharing-Objekte von Gebrauchsgegenständen wie Staubsaugern oder Rasenmähern über Dienstleistungen bis hin zu Arbeitskraft reichen. Botsman (2013) beschreibt die Sharing Economy „as an economic system based on sharing underused assets or services, for free or for a fee, directly from individuals“ [1]. Im öffentlichen Diskurs und in der Literatur finden sich jedoch verschiedene Begriffe und Definitionen (z. B. Peer-to-Peer Economy, Collaborative Economy, Collaborative Consumption). Die Bezeichnung Sharing Economy betont, dass Menschen Dinge besitzen, die sie nicht permanent nutzen und deshalb jemand anderem zur temporären Nutzung zur Verfügung stellen können, wie zum Beispiel eine Bohrmaschine, ein Zimmer in ihrem Haus oder einen Rasenmäher. So ist der Begriff treffend für Community-Marktplätze, auf denen Übernachtungsmöglichkeiten, Haushaltsgeräte, Fahrzeuge oder Mitfahrgelegenheiten angeboten werden. Für Online-Marktplätze, auf welchen Privatpersonen Güter oder Zeit gegen Geld verkaufen, ist der Begriff Peer-to-Peer Economy gebräuchlicher. Auf Etsy.com verkaufen beispielsweise private Künstler ihre Kunsthandwerke oder auf Mila.com bieten Betreuer für Kinder, Senioren oder Haustiere ihre Dienste an. Diese Leistungen werden weniger als ungenutzte Güter betrachtet, die getauscht oder gemeinsam genutzt werden. Käufer und Verkäufer sind Privatpersonen mit klaren Rollen. Die Begriffe Collaborative Economy oder Collaborative Consumption sind Bezeichnungen, die sich vor allem im anglo-amerikanischen © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 D. Georgi et al., ShareCity, https://doi.org/10.1007/978-3-658-23700-4_1 1 2 1 Sharing Economy: Entwicklung und Relevanz für Städte Sprachgebrauch in den letzten Jahren durchgesetzt haben. Hier wird der Begriff Sharing Economy als Überbegriff jeglicher Formen von Güter- und Dienstleistungstausch unter Privatpersonen und Unternehmen verwendet, welche via Online-Plattformen oder physischer Community vernetzt sind. Die Sharing Economy wächst. Gemäß Recherchen von PwC wurde die weltweite Wertschöpfung der Sharing Economy im Jahr 2013 auf 15 Mrd. US$ pro Jahr geschätzt und wird bis 2025 auf 335 Mrd. US$ ansteigen [2]. Eine weitere Studie der Europäischen Union zeigt, dass sich der EU-weite Umsatz der Sharing Economy im Jahr 2015 mit 28 Mrd. € gegenüber 2014 fast verdoppelt hat [3]. Die steigenden Nutzungszahlen der Anbieter von Sharing-Services verdeutlichen dieses Wachstum. Beispielsweise stiegen die weltweiten Übernachtungsmöglichkeiten bei Airbnb von 0,12 Mio. im Jahr 2011 auf 3 Mio. Objekte im Jahr 2016 an. Ein weiteres Beispiel für das Wachstum der Sharing Economy ist die Car-Sharing-Branche. Die Zahl der Car-Sharing-Nutzer ist in Deutschland im Jahr 2016 auf 1,7 Mio. Kunden angestiegen. Das sind 36 % mehr als noch im Vorjahr [4]. Trotz ihres großen Erfolges steht die Sharing Economy erst am Anfang. Derzeit wird weltweit viel experimentiert, aber vorerst vor allem von Startups in Nischenbereichen, denn traditionelle Händler und Hersteller haben das Potenzial noch kaum verstanden und nicht ansatzweise ausgeschöpft [5]. Untersuchungen deuten darauf hin, dass die Sharing Economy das Marktvolumen insgesamt betrachtet höher macht und keinesfalls nur traditionelle Unternehmen ersetzt. Das europaweite Potenzial liegt gemäß Schätzungen der Europäischen Union bei 570 Mrd. €. Dies entspricht einem Vielfachen des heutigen Marktvolumens von 28 Mrd. € [6]. Das Interesse der Investoren ist dementsprechend hoch. Mittlerweile beteiligen sich namhafte multinationale Unternehmen wie Google, General Electric, Hyatt, Avis, Daimler und BMW an Startups. Die Investitionen in Sharing-EconomyStartups sind weltweit von jährlich 300 Mio. US$ im Jahr 2010 auf über 14 Mrd. US$ im Jahr 2015 gestiegen [7]. Im Automobilbereich wollen sich Daimler und BMW durch car2go und DriveNow, die inzwischen fusioniert haben, auch im aufkommenden CarSharing-Markt etablieren und damit sowohl neue aktuelle und vor allem zukünftige Marktsegmente erschließen. Es wird davon ausgegangen, dass Automobilhersteller zukünftig einen Großteil ihrer Wertschöpfung über Services generieren werden – und Sharing-Services sind eine wichtige Quelle dafür. Die Abb. 1.1 veranschaulicht dieses Wachstum der Finanzierung von Startups. Das rasante Wachstum der Sharing Economy hat dabei zwei wesentliche Treiber: Zum einen die technologische und zum anderen die gesellschaftliche Entwicklung. Das Internet hat sich durch die technologische Entwicklung in den letzten Jahren zu einer globalen Plattform für den Austausch von Informationen und Gütern verändert [8]. Smartphone Apps, mobiles Internet und soziale Netzwerke haben die Transaktionskosten solcher Austauschplattformen stark gesenkt. Der Tausch, Kauf oder Austausch von Dienstleistungen und Gütern kann von überall und zu jeder Zeit stattfinden. Gleichzeitig werden durch eine erhöhte Transparenz Informationsdefizite der beteiligten Personen ausgeglichen. Beispielsweise werden Anbieter und Nutzer im Vergleich zu traditionellen Märkten ständig über Feedbacksysteme bewertet und beurteilt. So können sich bei Uber 1 Sharing Economy: Entwicklung und Relevanz für Städte 3 Abb. 1.1 Startup Finanzierung in Mrd. USD. [7] Fahrer und Passagiere nach jeder Fahrt gegenseitig beurteilen und riskante Fahrer oder Mitfahrer können aufgrund dieses Feedbacks gesperrt werden. Das Teilen und Tauschen wird also nicht nur einfacher, sondern auch vertrauenswürdiger [9]. Zugleich befindet sich auch die Gesellschaft im Wandel. Jeremy Rifkin (2000) [10] prägte dazu den Begriff „Age of Access“. Der Konsum verändert sich und nicht mehr Eigentum, sondern der Zugang zu Gütern ist in Zukunft wichtig. Weiter verändern sich die gesellschaftlichen Werte. Erlebnisse werden gegenüber Eigentum immer wichtiger [11]. Für die sogenannte Generation Y ist Eigentum nicht mehr nur Status, sondern wird als Verpflichtung angesehen, welche die Freiheit einschränkt. Als ein weiterer Treiber für das rasante Wachstum der Sharing Economy kann auch der Druck ungelöster Umweltprobleme angesehen werden [1]. Zahlreiche Studien zeigen auf, dass die Nutzung von Sharing-Angeboten zu effizienterer Ressourcennutzung und geringerem Energieverbrauch führt und dadurch positive ökologische Wirkungen hat [2, 12, 13]. So heben auch die zahlreichen Startups, die in der Sharing Economy zurzeit entstehen, den ökologischen Mehrwert hervor und verschreiben sich der ökologischen Nachhaltigkeit. Parallel zu dieser Entwicklung bestehen traditionelle Sharing-Ansätze, die (bisher) nicht als solche bezeichnet wurden, bei einer vollständigen Betrachtung der Sharing 4 1 Sharing Economy: Entwicklung und Relevanz für Städte Economy aber nicht zu vernachlässigen sind. „Sharing“ im Sinne des Teilens ist kein neuartiges Phänomen. Teilen gilt als ursprünglichste Form des sozialen Austauschs und ist eine grundlegende Form des Verhaltens, das seit Urzeiten die Beziehungen zwischen Menschen untereinander regelt. Teilen bildet sozusagen das Fundament des Zusammenlebens. Zwischen Eltern und Kindern, zwischen Lebenspartnern, zwischen Familienmitgliedern oder auch zwischen sehr engen Freunden wird sehr vieles geteilt (Essen, Wohnraum, Bett, Bad, Garage, etc.) und wir fragen nicht, was wir als Gegenleistung bekommen. Die Verpflichtung zu teilen (v. a. Nahrungsmittel) ist in einer Gemeinschaft die Grundlage der Alltagsmoral [5]. Aber auch institutionalisiertes Teilen ist nichts Neues. Denken wir beispielsweise an Bibliotheken oder Wohngemeinschaften, in denen schon seit jeher das Tauschen und Teilen praktiziert wird. Auch im Kontext von Nachbarschaftshilfe und Community Building in Regionen und Stadtteilen wird es schon immer gelebt, in der Schweiz hat es eine lange Tradition. Beispielsweise ist die starke genossenschaftliche Prägung verschiedener Lebensbereiche, z. B. der Wohnbereich mit den Wohnbaugenossenschaften, ein Zeichen dafür. Eines der ersten Car-Sharing-Projekte überhaupt aus dem Jahre 1948 geht auf eine Wohngenossenschaft in Zürich zurück, und die Wurzeln von Mobility, der größten Schweizer Plattform für Car-Sharing, auf das Jahr 1987. Die Sharing Economy beeinflusst das Leben global. Die größte Wirkung allerdings entfaltet sie bisher in den Städten. So bietet Airbnb die meisten seiner 600.000 Angebote in 34.000 Städten weltweit an und in mehr als 500 Städten wurden bereits Car-Sharingund Bike-Sharing-Projekte ins Leben gerufen [14]. Neben den Angebotszahlen, die in Städten meist höher sind, spielen bei der speziellen Rolle von Städten in der Sharing Economy auch die Demografie und die historische Perspektive eine Rolle. Die steigende Bevölkerungsdichte in Städten führt zu Druck auf Infrastruktur, Wirtschaft und ökologische Systeme. Gleichzeitig verfügen Städte über allgegenwärtige Informations- und Kommunikationstechnologien [14]. Dass dabei Städte zu einer neuen zirkulären Wirtschaft werden, getrieben von zunehmenden und nachhaltig andauernden Sharing-Aktivitäten, verwundert auch aus historischer Perspektive wenig. Städte waren historisch gesehen schon immer Orte des Teilens. Öffentliche Plätze, Sanitär- und Gesundheits- sowie Bildungseinrichtungen waren nicht nur Schlüssel der städtischen Entwicklung, sondern wurden durch Bürger und politische Entscheidungsträger ko-kreiert [15]. Gegen Ende des Mittelalters waren Städte bereits Orte des Handels von Produkten aus dem Lokal-, Regional- und Langdistanz-Bereich. Der Handel in Städten hat sich dabei dadurch vom Handel auf dem Land unterschieden, dass Güter, Dienstleistungen und Arbeitskräfte gegen Geld getauscht wurden. Der Tausch lief also formalisierter ab als auf dem Land, wo noch Güter gegen Güter getauscht wurden. Inzwischen etablieren sich in Städten wieder immer mehr weniger kommerzielle Tausch-Modelle, wie kollektiver Konsum und Ko-Produktion [16]. Es existieren allerdings bisher nur wenige Erfahrungsberichte und Studien über die systematische Nutzung von Sharing Economy durch Städte, und wenn dann im internationalen 1 Sharing Economy: Entwicklung und Relevanz für Städte 5 Kontext: So zum Beispiel „Policies for Shareable Cities“, eine Dokumentation, die von zwei Non-Profit-Organisationen in Zusammenarbeit mit der Berkeley University und der Vanderbilt University herausgegeben wurde (Shareable/Sustainable Economies Law Center 2013, www.shareable.net) oder die Case Study „Sharing Cities“ von McLaren und Agyeman (2015) [17], die verschiedene Sharing-Arten in Städten (Sharing Consumption, Sharing Production, Sharing Politics und Sharing Society) als Fallstudien in San Francisco, Seoul, Copenhagen, Medellin, Amsterdam und Bengaluru beschreibt. Diese Autoren sind es dann auch, die den Begriff „Sharing Cities“ ins Leben gerufen haben und damit die Sharing Economy im urbanen Raum beschreiben [16, 17]. Obwohl es bisher wenig Literatur zu Sharing Cities gibt und die Literatur, die im Bereich der Smart Cities zu finden ist, Sharing Economy meist nur am Rande aufgreift (vgl. z. B. Bail, Détienne, Baker (2016) [18], wurden in den letzten Jahren mehrere größere Initiativen ins Leben gerufen, die Sharing Economy im urbanen Raum zum Thema haben. So zum Beispiel „Sharing Cities“ (www.sharingcities.eu) – ein Projekt, das vom EU-Programm Horizon 2020 mit 24 Mio. € finanziert ist. Das Projekt fördert internationale Kooperationen zwischen der Industrie und Städten, um Smart-City-Lösungen mit hohem Marktpotenzial zu entwickeln. Partnerstädte sind unter anderem Mailand, London und Lissabon. Ein ähnliches Ziel hat Shareable (www.shareable.net), eine Non-Profit-Organisation, die sich als Plattform versteht für weltweite Aktionen, News und das Netzwerk rund um die Sharing Transformation. Im vorliegenden Buch wird ein „ShareCity“-Ansatz vorgestellt, der als Grundlage für Städte dient, ihr „Shared City Life“ aktiv (mit-)zugestalten statt nur zuzusehen, wie sich die Sharing Economy in der eigenen Stadt entfaltet, und u. U. stark von internationalen Plattformen statt von lokalen Anbietern dominiert wird. Die im Buch vorgestellten Erkenntnisse und Konzepte sind teilweise im Forschungsprojekt „ShareCity“ der Hochschule Luzern, das von der Stiftung Mercator Schweiz finanziert wurde, generiert und entwickelt worden (vgl. Kasten auf Folgeseite). Entsprechend wird im nachfolgenden Abschnitt zunächst dieses Forschungsprojekt kurz vorgestellt, da im weiteren Verlauf des Buches teilweise auf die Forschungen im Rahmen des Projekts (z. B. Experteninterviews) Bezug genommen wird. Im Kap. 2 wird die Vielfalt existierender Sharing-Ansätze aufgezeigt und systematisiert. Im Kap. 3 werden die Wirkungen von Sharing auf die ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeit erörtert. Diese Auswirkungen sind Grund für die intensiven Diskussionen über Sharing. Gleichzeitig sind sie Ausgangspunkt von strategischen Überlegungen von Stadtverwaltungen, wie Sharing im Sinne der Städte genutzt werden kann. Im Kap. 4 werden die Einflussfaktoren einer Sharing-Nutzung durch Konsumenten und Bevölkerung vorgestellt, da diese Ansatzpunkte für Steuerungsmaßnahmen sowohl für Sharing-Anbieter als auch für Stadtverwaltungen darstellen. Im Kap. 5 werden die Ergebnisse einer empirischen Studie vorgestellt, die die Rolle der verschiedenen Einflussfaktoren in unterschiedlichen Sharing-Kontexten untersucht. Im Kap. 6 wird ein ShareCityStrategie-Framework vorgestellt, der eine Anleitung für Städte liefert, systematisch Sharing-Strategien abzuleiten. Kap. 7 präsentiert diverse Fallbeispiele von Städten und ihren 6 1 Sharing Economy: Entwicklung und Relevanz für Städte Sharing-Ansätzen in Deutschland, der Schweiz und im internationalen Kontext. Im Kap. 8 werden Kernerkenntnisse thesenartig zusammengefasst. Und am Ende des Buches findet sich eine ausführliche Zusammenfassung in englischer Sprache. Methodischer Steckbrief Das vorliegende Buch basiert auf dem Forschungsprojekt „ShareCity“, welches entwickelt worden ist aus der Sichtweise, dass Städte Sharing (Economy) aktiv gestalten und unterstützen können, sodass die städtische Sharing Economy einen Beitrag zur Erreichung von gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und insbesondere ökologischen Zielen der Stadt leisten kann. Das Projektteam setzte sich zusammen aus einem Forscher- und Forscherinnen-Team der Hochschule Luzern. Finanziert wurde das Projekt größtenteils durch die Stiftung Mercator Schweiz. „Modellstadt“ als Hauptpraxispartner ist die Stadt St. Gallen, vertreten durch das Amt für Umwelt und Energie St. Gallen. Die Begleitgruppe des Projekts bestand aus: • • • • • • • Schweizer Städteverband, Renate Amstutz Büro für Mobilität, Andreas Blumenstein, Peter Masciadri DANACH, Manuel Lehmann Sharecon, René Lisi Sharoo, Carmen Spielmann Crowdwerk, Frank Wolff, Mobility Carsharing, Christoph Zeier Methodisch gliederte sich das Forschungsprojekt in zwei Phasen: 1. Qualitative Studie – Methode: Qualitative Experteninterviews mit 22 Vertreterinnen und Vertreter folgender Gruppen: Die Stadt St. Gallen, das Gewerbe, private Sharing-Economy-Initiativen, Nutzerinnen und Nutzer von Sharing-Economy-Angeboten in der Stadt St. Gallen. – Ziele: Analyse der Bedürfnisse dieser Gruppen im Hinblick auf eine Sharing Economy (Unter welchen Umständen nutzen sie Sharing-Economy-Initiativen? Wie wird die Rolle der Stadt im Zusammenhang mit Sharing Economy beurteilt?). – Auswertung: Transkription und anschließende Auswertung mit MaxQDA (Software für qualitative Datenanalyse). 2. Quantitative Studie – Methode: Quantitative Online-Befragung (Querschnittsstudie) im experimentellen Design mit 500 Personen aus dem Befragungspanel des Marktforschungsinstituts LINK. – Ziele: Messung der Akzeptanz verschiedener Sharing-Angebote bei der städtischen Bevölkerung (Welche Faktoren fördern oder hemmen die Nutzung von nachhaltigen Sharing-Angeboten? Welche Auswirkungen hat die Nutzung dieser Sharing-Angebote?) – Auswertung: Statistische Datenanalyse mit der Statistik-Software IBM SPSS-Statistics. Literatur 7 Literatur 1. Botsmann, R. (2013). Defining the sharing economy. Fast company. http://www.fastcoexist. com/3046119/defining-the-sharing-economy-what-is-collaborative-consumption-and-whatisnt. Zugegriffen: 14. Febr. 2018. 2. PwC. (2015). The sharing economy. Consumer intelligence series. https://www.pwc.com/ us/en/services/consulting/library/consumer-intelligence-series/sharing-economy.html. Zugegriffen: 23. Aug. 2018. 3. Goudin, P. (2016). The cost of Non-Europe in the sharing economy. Economic, social and legal challenges and opportunities. 4. Bundesverband CarSharing. (2018). CarSharing-Jahresbilanz 2016: Mehr als 1.7 Milllionen CarSharing-Nutzer in Deutschland. Hrsg. v. Bundesverband CarSharing. https://carsharing.de/ presse/pressemitteilungen/carsharing-jahresbilanz-2016-mehr-17-millionen-carsaring-nutzer. Zugegriffen:14. Febr. 2018 5. Frick, K., Hauser, M., & Gürtler, D. (2013). Sharity – Die Zukunft des Teilens. GDI (GDI Studie Nr. 39). 8 1 Sharing Economy: Entwicklung und Relevanz für Städte 6. Grampp, M., Zobrist, L., & Abegg, A. (2016). Die Sharing Economy in der Schweiz. mehr, weniger oder neue Regulieurngen? Deloitte. https://www2.deloitte.com/ch/de/pages/consumer-industrial-products/articles/the-sharing-economy-in-switzerland.html. Zugegriffen: 23. Aug. 2018 7. Owyang J. (2016). Collaborative economy spreadsheets: Funding, industry stats, brand deployments. http://www.web-strategist.com/blog/2014/11/21/massive-spreadsheet-collaborative-economy-funding/. Zugegriffen: 14. Jan. 2018. 8. Hettler, U. (2010). Social Media Marketing. Marketing mit Blogs, sozialen Netzwerken und weiteren Anwendungen des Web 2.0. München: Oldenbourg. 9. Farronato, C., & Levin, J. (2015). Ein Geben und Nehmen. Hrsg. v. Credit Suisse (Global Investor 2.15). 10. Rifkin, J. (2000). The age of access. The new culture of hypercapitalism, where all of life is a paid-for experience (4th print). New York: Tarcher/Putnam. 11. Pavlou, P. A., & Gefen, D. (2004). Building effective online marketplaces with institutionbased trust. Information Systems Research, 15(1), 37–59. 12. Belk, R. (2014). Sharing versus pseudo-sharing in web 2.0. Anthropologist, 18(1), 7–23. 13. Zentes, J., Freer, T., & Beham, F. (2013). Neue Mietkonzepte. Nutzen statt Haben – Potenziale und Herausforderungen für Unternehmen. Insititut für Handel & Internationales Marketing (H.I.MA.) der Universität des Saarlandes. 14. Cohen, B., & Muñoz, P. (2016). Sharing cities and sustainable consumption and production. Towards an integrated framework. Journal of Cleaner Production, 134, 87–97. https://doi. org/10.1016/j.jclepro.2015.07.133. 15. Harvey, D. (2012). Rebellische Städte. Vom Recht auf Stadt zur urbanen Revolution (Edition Suhrkamp, 2657) Berlin: Suhrkamp. 16. Agyeman, J., McClaren, D., & Schaefer-Borrego, A. (2013). Sharing cities. Friends of earth briefing paper. https://friendsoftheearth.uk/sites/default/files/downloads/agyeman_sharing_ cities.pdf. Zugegriffen: 26. Sept. 2017. 17. Agyeman, J., & McClaren, D. (2015). Sharing cities. A case for truly smart and sustainable cities. Cambridge: MIT. 18. Bail, C., Détienne, F., & Baker, M. J. (2016). A methodological approach to the conceptualisation of a socio-technical system: A smart and collaborative neighbourhood. New York: ACM. 2 Formen von Sharing-Ansätzen In der Praxis existieren zahlreiche Anwendungen von Sharing. Um einen Überblick über die verschiedenen Ansätze zu erhalten, werden in der Literatur verschiedene Typologisierungskriterien vorgeschlagen und verwendet [1–3], die sich in vier Kategorien einordnen lassen (Abb. 2.1). 2.1 Typologisierungskriterien bezüglich des SharingGegenstands Der Sharing-Gegenstand bezeichnet das Objekt, das geteilt wird (z. B. Automobil). Die Art des Sharing-Gegenstands hat einen wesentlichen Einfluss auf den SharingProzess, beispielsweise auf die Logistik im Zugangsprozess und auf den Transport des Sharing-Gegenstands. Solche Unterschiede werden beispielsweise deutlich, wenn man sich vor Augen führt, wie unterschiedlich sich der Zugangsprozess der Nutzenden einerseits zu Automobilen im Car-Sharing oder andererseits zu Dateien beim File-Sharing gestaltet: Der Transfer von Dateien von einer Person zur Nächsten läuft ganz anders und vor allem meist einfacher ab als die Weitergabe eines Automobils. Die am häufigsten anzutreffende Form von Typologien ist die jenige nach der Branchenzugehörigkeit des Sharing-Ansatzes. Eine weit verbreitete Typologie ist die sogenannte Honeycomb-Typologie (Honigwaben-Typologie, vgl. Abb. 2.2). In der Abbildung werden für die verschiedenen Typen Sharing-Anbieter aus der Schweiz beispielhaft aufgeführt. In der Branche „Goods“ (Güter) befinden sich Anbieter, die das Teilen von Gebrauchsgegenständen ermöglichen. Im Bereich „Food“ (Essen) kann unterschieden werden zwischen geteilter Essenszubereitung wie gemeinsamem Kochen auf der einen und auf der anderen Seite Essen, das geteilt oder weitergegeben wird, wie es beispielsweise bei öffentlichen Kühlschränken der Fall ist. © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 D. Georgi et al., ShareCity, https://doi.org/10.1007/978-3-658-23700-4_2 9 10 2 Formen von Sharing-Ansätzen Kategorien für Typologisierungskriterien für Sharing-Ansätze Kriterien bezüglich Gegenstand Kriterien bezüglich Teilnehmenden Kriterien bezüglich Organisation Kriterien bezüglich Nutzung Abb. 2.1 Übersicht Typologisierungskriterien für Sharing-Ansätze Worker Support Learning Insurance, Resources, Renter Services Money Municipal Wellness & Beauty P2P Learning, Instructor-led Goods Health City Sponosored Bikes, Platforms Services, P2P Food Space Mobility Services Utilities Energy, Telecommunications Services Valet Services Vehicle Sharing Logistics Storage, Local delivery, Shipping Corporations / Organizations Analytics / Reputation Supply Chain, Employee Services Identity and Reputation, Renter Services Abb. 2.2 Honeycomb-Typologie. (Quelle: eigene Darstellung nach Owyang 2016 [4]) 2.1 Typologisierungskriterien bezüglich des Sharing-Gegenstands 11 Beim Raum-Sharing („Space“) gibt es ebenfalls zwei Ausprägungen. Erstens werden Unterkünfte (Wohnungen, Zimmer, Häuser) von Privatpersonen temporär an Touristen oder Geschäftsreisende vermietet, zweitens bestehen Angebote, bei welchen sich mehrere, voneinander unabhängige Personen zusammen einen Arbeitsplatz (Co-Working-Space) teilen. Zum Bereich „Utilities“ zählt das WiFi-Sharing. Beispielsweise hat sich das Unternehmen Fon zum Ziel gesetzt, weltweit und möglichst flächendeckend WiFi-Hotspots zu installieren. Weiter gibt es im Bereich „Analytics“ und „Worker Support“ Software-Anbieter, die das Ausleihen von Gegenständen oder die Vermietung der Wohnung einfacher machen. Z. B. übernimmt HostTonight.com das Management der Vermietung für eine Person, die ihre Wohnung auf Airbnb anbietet. Auch Unternehmen oder Gemeinden/Städte können Sharing-Möglichkeiten für ihre Stakeholder (Mitarbeiter oder Einwohner) anbieten. Beispielsweise lässt sich ein durch die Stadt gefördertes Bike-Sharing-System dem Bereich „Municipal“ oder eine durch ein Unternehmen aufgebaute Mitfahrzentrale dem Bereich „Corporations/Organizations“ zuordnen. Bei den Finanzdienstleistungen („Money“) gibt es Sharing-Angebote im Bereich Crowdfunding, bei dem z. B. eine Projektfinanzierung über eine sogenannte Crowd finanziert wird, im Bereich Peer-to-Peer-Kredite, bei denen anstelle einer Bank Private und ggf. institutionelle Anleger Kredite finanzieren, sowie im Bereich Kryptowährung, die ein Zahlungssystem im Peer-to-Peer-Netzwerk darstellt. Im Bereich „Services“ werden private (Private Crowd) oder professionelle Services und Arbeitskräfte (Professional Crowd) vermittelt. Darunter fallen auch die Zeitbörsen, bei denen für eine erbrachte Dienstleistung (bspw. Ausfüllen der Steuererklärung) nicht Geld, sondern Zeit auf ein Konto überwiesen wird, die dann vom Leistungserbringer für den Erwerb von Leistungen/Zeit eingesetzt werden kann. Auch in den Bereichen „Learning“, „Wellness & Beauty“ und „Health“ bestehen diverse Online-Plattformen, auf denen von einer privaten oder professionellen Crowd Dienstleistungen angeboten werden. In den Bereich „Mobility Services“ fallen Ride-Sharing-Angebote, wie bspw. jene des Fahrdienstvermittlers Uber, aber auch Apps, über die man freistehende Parkplätze anbieten und finden kann. Beim Vehicle-Sharing hingegen wird das Fahrzeug (nicht die Fahrt an sich, wie beim Ride-Sharing) gemeinsam genutzt. Dabei lassen sich Peer-toPeer-Angebote (C2C) und klassische Car-Sharing-Angebote (B2C) unterscheiden. Beispiel: Sharing-Angebote in unterschiedlichen Branchen Airbnb Airbnb ist die bekannteste und größte Plattform für die Vermittlung von Unterkünften zur temporären Nutzung. Bei Airbnb werden Zimmer, Wohnungen, Häuser und auch Hausboote für einen Tag, mehrere Wochen oder auch für Monate vermietet. Jeder Vermieter und Mieter muss sich auf der Plattform registrieren und sein eigenes Profil anlegen, das er mit einem Kurzbeschrieb über sich und einem Foto ausfüllen kann. Nach der Vermietung einer Unterkunft bewerten sich die Gastgeber und Gäste gegenseitig. Finanziert wird die Plattform über Vermittlungsgebühren sowie über eine Servicegebühr (www.airbnb.ch). 12 2 Formen von Sharing-Ansätzen Sharely Alltagsgegenstände, wie Campingzubehör, Stichsäge, Bohrmaschine, Digitalkamera etc., werden vom Besitzer oft nicht regelmäßig gebraucht. Diese Gegenstände können auf der Plattform Sharely vermietet und gemietet werden. Der Vermieter erfasst das Objekt mit einer Beschreibung auf der Plattform und definiert den Mietpreis pro Tag. Hat ein Mieter ein passendes Objekt gefunden, schickt er eine Mietanfrage, welche vom Vermieter bestätigt – aber auch abgelehnt werden kann. Die Nutzer der Plattform können sich gegenseitig bewerten, was das Vertrauen untereinander stärkt (www.sharely.ch). Cook Eat Cook Eat ist ein Online-Marktplatz in Zürich, wo frisches, selbstgekochtes Essen unter Privatpersonen vermittelt wird. Die privaten Köche können ihr Essen mit einem selbst gewählten Preis entweder bei sich zu Hause oder zum Mitnehmen anbieten oder ausliefern lassen. Damit schließt Cook Eat die Lücke zwischen teuren Restaurants und zeitaufwendiger Selbstversorgung. Durch Bewertungen nach dem Essen wird die Qualität sichergestellt (www.cookeat.ch). Crowdwerk Crowdwerk beschreibt sich als die Crowd-Ideenschmiede für Produkte, Dienstleistungen, Marketing und Prozessoptimierungen. Es ist also eine CrowdsourcingPlattform, wo Auftraggeber (häufig Unternehmen) eine Aufgabe durch die „crowd“ bearbeiten lassen. Crowdwerk hat aktuell eine Community von über 1000 kreativen Köpfen, die sich aus diversen Branchen, Fachgebieten, Bildungsbackgrounds und Regionen im deutschsprachigen Raum zusammensetzen. Die Aufgaben können offen oder vertraulich, mit ausgewählten Community-Mitgliedern oder der gesamten Community bearbeitet werden (www.crowdwerk.net). PodShare Bei PodShare hat man durch den Erwerb einer Mitgliedschaft Zugang zu verschiedenen PodShare-Unterkünften in verschiedenen Städten. Diese Unterkünfte bieten sogenannte Pods (Schlafnischen) in einem gemeinsamen Zimmer an. Ebenfalls sind Arbeitsplätze, Gemeinschaftsräume (Küche, Aufenthaltsraum, etc.) vorhanden. Der Austausch und die Transparenz in der Live-/Work-Community sind wichtig (www. podshare.com). Etsy Etsy funktioniert wie eine Kunsthandwerkmesse auf globalem Niveau. Es ist ein weltweiter Marktplatz für kreative Waren, wo Hobbyhersteller und Unternehmen ihre selbst gefertigten Schmuckstücke, Kleider, Spielwaren und Wohnaccessoires an Käufer aus der ganzen Welt vertreiben können. Verkäufer zahlen eine kleine Gebühr für die Auflistung ihrer Produkte und 3,5 % für jeden Verkauf. Etsy entstand 2005 in 2.1 Typologisierungskriterien bezüglich des Sharing-Gegenstands 13 New York, als drei Freunde eine Website aufschalteten, auf der Künstler und Kunsthandwerker ihre Produkte vertreiben können (www.etsy.com). Pumpipumpe In jedem Haushalt befinden sich Werkzeuge, Küchengeräte, Produkte für Freizeit oder Unterhaltung, die man nur selten braucht. Mit Stickern, welche man an seinen Briefkasten klebt, wird den Nachbarn mitgeteilt, was man nur selten braucht und gerne ausleihen würde. Die Nachbarn treten so direkt miteinander in Kontakt, lernen sich besser kennen und müssen weniger Geräte selber anschaffen (www.pumpipumpe.ch). Spontacts Spontacts ist eine Plattform, die Menschen in der Schweiz und in Deutschland mit Hobbyköchen, die Gäste bei sich zu Hause bewirten möchten, zusammenbringt. Die Gastgeber listen Menü, Preis und Datum auf der Website auf und die Gäste können sich online anmelden (www.spontacts.com/kochen). Wemakeit („we make it“) Wemakeit ist eine Online-Plattform, auf der Projekte durch eine Crowd finanziert werden. Projektinitiatoren können Privatpersonen, Startups, Organisationen oder Unternehmen sein. Mit der Projekteingabe auf wemakeit definieren sie ihr persönliches Finanzierungsziel, die Kampagnenlaufzeit sowie eine Belohnung für die Geldgeber (www.wemakeit.com). FabLabs FabLabs sind kleine offene Werkstätten, in denen jedermann digitale Produktionstechnologien wie 3D-Drucker, CNC-Fräsen und Lasercutter umsonst oder gegen einen geringen Kostenbeitrag nutzen kann. Unterstützt werden die Nutzenden vom FabLab Manager. Inzwischen gibt es über 600 FabLabs weltweit, 17 davon in der Schweiz (www.fablab.ch). Beispiel: Mobilitäts-Sharing-Angebote Uber Uber ist ein Online-Vermittlungsdienst, der Fahrgäste an private und gewerbliche Fahrer vermittelt. Die Dienste UberX und UberBlack vermitteln Fahrgäste an Mietwagen mit Fahrer, UberPop vermittelt sie an private Fahrer mit eigenem Auto. Mit der Registrierung auf der Uber App können Fahrgäste ihren Zielort eingeben, und der nächstgelegene Uber-Fahrer wird ermittelt. Nach der Fahrt wird der Fahrpreis direkt von der hinterlegten Kreditkarte abgebucht. 80 % des Fahrpreises gehen an den Fahrer und 20 % gehen an Uber als Servicegebühren (www.uber.com). 14 2 Formen von Sharing-Ansätzen BlaBlaCar BlaBlaCar ist eine Online-Mitfahrzentrale für längere Strecken. Fahrer, die eine Fahrt planen, können ihre freien Plätze unter Angabe der Wegstrecke und des Preises anderen Mitgliedern anbieten. Interessierte Mitfahrer kontaktieren den Fahrer. Sie reisen zusammen und der Mitfahrer zahlt dem Fahrer eine Kostenbeteiligung. BlaBlaCar schlägt dabei für jeden Mitfahrer einen Preis vor. Um den Dienst von BlaBlaCar nutzen zu können, ist eine Registrierung und das Anlegen eines Nutzerprofils erforderlich. Innerhalb des Profils können Einstellungen vorgenommen werden, beispielsweise wie gesprächsbereit der potenzielle Mitfahrer während einer Fahrt ist. Die Gesprächsfreudigkeit wird in ein bis drei „Blas“ gemessen – daher der Name (www. blablacar.de) Mobility Car-Sharing Mobility ist ein Schweizer Car-Sharing-Unternehmen, das aktuell 2930 Autos an 1500 Standorten in der Schweiz anbietet. Mobility-Kunden können die Fahrzeuge in neun verschiedenen Fahrzeugkategorien (Kleinwagen bis Transporter) an einem Standort rund um die Uhr – per Internet, App oder Telefon – reservieren und das Auto mit der Mobility-Card öffnen. Auf der App kann der nächstgelegene Mobility-Standort gefunden werden und die Reservation verlängert, verkürzt oder vorgezogen werden. Nach der Fahrt wird das Auto wieder an den Standort zurückgebracht und die Nutzer bezahlen einen Kilometer- und Stundentarif (www.Mobility.ch). Mobility Scooter-Sharing Mobility bietet seit April 2018 in Zürich 200 Elektroroller nach dem Free-FloatingKonzept an. Die E-Roller vom Schweizer Hersteller ETRIX sind für zwei Personen konzipiert und verfügen über eine Reichweite von bis zu 150 km. Um die Aufladung der Batterien kümmert sich Mobility. Da die Höchstgeschwindigkeit mit 45 km/h gedeckelt ist, können die Roller auch mit einem Auto-Führerschein genutzt werden. Die Mobility-Nutzer können per App den nächstgelegenen Roller ohne vorherige Reservierung suchen und buchen. Abgerechnet wird im Minutentakt (www.mobility.ch). Car2go Car2go ist ein Car-Sharing-Anbieter des deutschen Automobilherstellers Daimler. Die Car2go-Fahrzeuge werden im Free-Floating-System (ohne feste Mietstationen) zum Minutentarif angeboten. Die Flotte besteht aus elektrisch oder mit Verbrennungsmotor betriebenen Kleinstwagen (Marke smart). Die Reservation und die Öffnung der Fahrzeuge erfolgen über die App. Nach der Fahrt wird auf einem öffentlichen Parkplatz im Geschäftsgebiet geparkt und der Betrag von der Kreditkarte abgezogen (www.car2go.com). 2.2 Typologisierungskriterien bezüglich den Sharing-Teilnehmenden 15 Sharoo Sharoo ist ein Schweizer Anbieter von Peer-to-Peer-Car-Sharing. Die Plattform ermöglicht es Privatpersonen und Firmen, ihre Autos außerhalb der eigenen Nutzungszeiten an Dritte zu vermieten. Die Vermieter können so die Auslastung ihrer eigenen Fahrzeuge optimieren und die Fixkosten senken. In die Autos wird eine sogenannte Sharoo-Box eingebaut. Die Sharoo-App ermöglicht sowohl das Suchen und Buchen als auch das Öffnen und Schließen des Autos [5]. Der Vermieter bestimmt die Preise und die verfügbaren Zeiten. Durch eine Vollkaskoversicherung ist der Fahrzeugeigentümer im Schadenfall rundum geschützt (www.sharoo.com). MOIA MOIA ist ein im Dezember 2016 gestartetes Unternehmen und gehört zum Volkswagen Konzern. MOIA möchte mit einem eigenen Ridepooling-Shuttle eine Ergänzung zum städtischen Nahverkehrsnetz bieten. Dazu wird ein on-demand Service angeboten, und auf Basis eines Algorithmus sollen heutige Einzelfahrten so kombiniert werden, dass die Fahrten mehrerer Personen mit ähnlichem Start- und Zielort in einem Fahrzeug gebündelt werden können. MOIA selbst versteht sich nicht als Automobilhersteller oder reiner Car-Sharing-Anbieter, sondern will bis 2025 einer der weltweit führenden Mobilitätsdienstleister werden (www.moia.io). Wenn es um grundsätzliche Unterschiede im Hinblick auf Herausforderungen und Wirkungsweisen zwischen den Sharing-Typen geht, ist eine Brancheneinteilung nicht immer hilfreich. Auf aggregiertem Niveau und unter Berücksichtigung von generischen Charakteristika des Sharing-Gegenstands bietet sich eine Einordnung nach Güterarten an. Dabei wird nach materiellen und immateriellen Güterarten unterschieden. Zu den materiellen Gütern gehören Immobilien (z. B. Accommodation-Sharing), Gebrauchsgüter (z. B. Bike-Sharing) und Verbrauchsgüter (z. B. Food-Sharing). Zu den immateriellen Gütern zählen Dienstleistungen (z. B. Ride-Sharing), Informationen (z. B. Erfahrungs-Sharing) und digitale Güter (z. B. Video-Sharing) [6]. 2.2 Typologisierungskriterien bezüglich den SharingTeilnehmenden Es existiert zunächst eine große Heterogenität an Sharing-Ansätzen im Hinblick auf die Art der Sharing-Teilnehmenden. Hier können grundsätzlich Private („C“ für Consumer) oder Unternehmen („B“ für Businesses) Sharing-Teilnehmende sein. Danach lassen sich grundsätzlich folgende Sharing-Konstellationen unterscheiden: • C2C: z. B. Private stellen anderen Privaten ihr Auto zur Verfügung. • B2B: z. B. eine Car-Sharing-Firma vermietet Autos an Firmen als Ersatz für die eigene Firmenflotte. 16 2 Formen von Sharing-Ansätzen • B2C: z. B. eine Car-Sharing-Firma vermietet Autos an Private. • C2B: z. B. Private stellen ihre Fahrzeuge über eine Plattform Unternehmen zur Verfügung. Es ist festzustellen, dass in der gleichen Produktkategorie unterschiedliche Teilnehmenden-Konstellationen Anwendung finden können. So kann Car-Sharing beispielsweise in allen vier Ausgestaltungsformen stattfinden, und dies auch beim gleichen Sharing-Anbieter. Beispielsweise bieten bei Sharoo sowohl Private als auch Unternehmen ihre Autos zur geteilten Nutzung an, oder bei Mobility werden Autos sowohl an Private als auch an Firmen vermietet [6]. 2.3 Typologisierungskriterien bezüglich der SharingOrganisationsform Bezüglich der Sharing-Organisationsform lassen sich folgende Kriterien festhalten: • Eigentumsverteilung: Wird der Sharing-Gegenstand gemeinsam angeschafft und gemeinsam genutzt, oder wird er von Personen genutzt, die kein Eigentum an diesem haben? Wird der Sharing-Gegenstand in Zweitverwendung genutzt („Second-HandNutzung“ wie bspw. Kleidertausch oder öffentlicher Bücherschrank)? • Rolle der Sharing-Plattform: Ist die Sharing-Plattform Bereitsteller (Bsp. Mobility) oder nur Vermittler des Sharing-Gegenstands (Bsp. Airbnb)? Oder findet Sharing ohne Plattform statt (Nachbarn schaffen sich gemeinsam einen Rasenmäher an)? • Beziehungsintensität: Zwischen den Sharing-Partnern können unterschiedliche Beziehungsintensitäten bestehen. Diese können eher anonym oder eher persönlich sein. • Formalisierung: Die Formalisierung spricht die Stärke der vertraglichen Bindung des Sharing an. Hier sind zwischen losen (z. B. Organisation gemeinsamer Wanderungen) und sehr ausgefeilten Verträgen (z. B. gemeinsamer Bau eines Kraftwerks) viele Variationsmöglichkeiten gegeben. • Kommerzialisierung: Inwiefern zieht eine Partei aus dem Sharing finanziellen Profit? Dies können sowohl die Sharing-Plattform als auch der Sharing-Anbieter sein. Durch eine Zusammenführung der Typologisierungskriterien resultiert eine integrierte Typologie von Sharing-Ansätzen (vgl. Abb. 2.3). Dabei lassen sich die Güterart und Rolle der Plattform als zwei generische Merkmale identifizieren, die einen wesentlichen Einfluss auf die Grundmerkmale eines Sharing-Ansatzes haben. Die weiteren Kriterien 2.4 Typologisierungskriterien bezüglich der Sharing-Nutzung Generische Typen Differenzierte Sharing-Gestaltung Rolle der Plattform Güterart 17 Vermittler Bereitsteller Immobilie z.B. Airbnb z.B. Zwischennutzung von öffentl. Gebäuden Gebrauchs- und Verbrauchsgut z.B. P2P Car Sharing z.B. institutionalisiertes Car Sharing (Mobility) Dienstleistung z.B. Ride-Sharing z.B. Ride-Sharing, bereitgestellt durch Plattform Informationen z.B. ErfahrungsSharing (TripAdvisor) z.B. Wissen, bereitgestellt durch Plattform Digitales Gut z.B. File-Sharing (Napster) z.B. File-Sharing, bereitgestellt durch Plattform Sharing-Teilnehmer B2B B2C C2B C2C Eigentums-Verteilung Gem. Anschaffung Gem. Nutzung Zweitverwertung Beziehungsintensität Anonym Community Persönlich Formalisierung Informell Formell Kommerzialisierung Nichtkommerziell Voll kommerziell Abb. 2.3 Integrierte Typologie von Sharing-Ansätzen. [6] stellen variable Differenzierungskriterien dar, die bei jedem der generischen Sharing-Typen Anwendung finden können [6]. 2.4 Typologisierungskriterien bezüglich der Sharing-Nutzung Mit dem Fokus auf die Nutzung des Sharing-Gegenstands lassen sich die zwei Kriterien Zeithorizont und Gegenleistung festhalten (vgl. Abb. 2.4). Im Hinblick auf den Zeithorizont kann die Nutzung temporären Charakter haben, dann erfolgt kein Eigentumswechsel des Sharing-Gegenstands, oder definitiven Charakter, dann erfolgt ein Eigentumswechsel des Sharing-Gegenstands. Die Nutzung kann ohne Gegenleistung, mit reeller Gegenleistung oder mit monetärer Gegenleistung erfolgen. Einzelne Experten vertreten die Meinung, dass nur Leihen, Teilen, Tausch (ohne monetäre Gegenleistung) echtes Sharing darstellen. Für dieses Buch wird von einem breiteren Verständnis ausgegangen, dass die temporäre Nutzung mit monetärer Gegenleistung einbezieht. Hierzu zählen Angebote wie Airbnb oder auch typische Car-SharingAngebote. 18 2 Formen von Sharing-Ansätzen Gegenleistung Zeithorizont Temporär (kein Eigentumswechsel) Definitiv (Eigentumswechsel) keine Gegenleistung Leihen Spende Teilen reelle Gegenleistung Tausch Tauschhandel monetäre Gegenleistung Teilen Mieten Kauf/Verkauf Abb. 2.4 Typologisierung der Sharing-Ansätze nach Zeithorizont und Gegenleistung Literatur 1. Zentes, J., Freer, T., & Beham, F. (2013). Neue Mietkonzepte. Nutzen statt Haben – Potenziale und Herausforderungen für Unternehmen. Insititut für Handel & Internationales Marketing (H.I.MA.) der Universität des Saarlandes. 2. Schoenmüller, V. (2014). On the sharing of objects and information on online platforms – Investigating drivers and social impact factors of consumers’ sharing behaviour. Basel, Universität, Basel. Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät. 3. Scholl, G., et al. (2015). Peer-to-peer sharing – Definition und Bestandesaufnahme. Berlin. 4. Owyang J. (2016). Honeycomb 3.0: The collaborative economy market expansion. http://www. web-strategist.com/blog/2016/03/10/honeycomb-3-0-the-collaborative-economy-market-expansion-sxsw/. Zugegriffen: 19. Juli 2018. 5. Grabbe, H. (2014). Das Trendchen. Die Zeit. Nr. 28/2014. https://www.zeit.de/2014/28/sharing-economy-wundercar. Zugegriffen: 16. Aug. 2018. 6. Lauterbach, D., Truong, H., Shah, T., & Adamic, L. (2009). Surfing a web of trust: Reputation and reciprocity on couchsurfing.com. International Conference on Computational Science and Engineering. IEEE. 3 Wirkungen von Sharing und Relevanz für Städte Sharing kann verschiedene Wirkungen haben, die aber auch nicht zwingenderweise eintreten. Wer Sharing gestaltet, bestimmt die Wirkungen mit. Daher ist eine Kenntnis der möglichen Wirkungen Ausgangspunkt für eine zielorientierte Gestaltung des Sharing. Abb. 3.1 gibt einen Überblick über die Wirkungen des Sharing-Verhaltens. Abb. 3.1 Wirkung des Sharing-Verhaltens Verhalten Wirkung SharingTeilnahme: Angebot Ökologische Nachhaltigkeit SharingTeilnahme: Nachfrage / Nutzung Ökonomische Nachhaltigkeit Soziale Nachhaltigkeit © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 D. Georgi et al., ShareCity, https://doi.org/10.1007/978-3-658-23700-4_3 19 20 3.1 3 Wirkungen von Sharing und Relevanz für Städte Nachhaltigkeitswirkungen von Sharing Die Wirkungen von Sharing sind abhängig vom Sharing-Verhalten und sie können je nach Sharing-Angebot und Sharing-Nutzung unterschiedlich sein. Wenn es darum geht, den Einfluss von Sharing auf das nachhaltige Leben in Städten zu beschreiben, spielen sowohl ökologische und soziale als auch wirtschaftliche Faktoren eine Rolle. Die drei Nachhaltigkeitsdimensionen (ökologische, ökonomische und soziale Wirkung) dienen hier deshalb als Basis für die Beurteilung von Sharing-Angeboten. Wirtschaftlich geht es beispielsweise darum zu klären, inwiefern Sharing die traditionelle Wirtschaft, die nicht auf dem Teilen von Angeboten basiert, bedrohen oder fördern kann. Tab. 3.1 fasst die positiven sowie negativen Nachhaltigkeitswirkungen von Sharing in Städten zusammen. Auf der linken Seite steht jeweils die Nachhaltigkeitsdimension und auf der rechten Seite ein konkretes Beispiel dazu. In den nachfolgenden Abschnitten wird ausführlicher auf die Wirkungen eingegangen. Tab. 3.1 Übersicht der Nachhaltigkeitswirkungen von Sharing in Städten Ökologische Nutzungsverhaltenswirkung als zentrale Wirkung: Nachhaltigkeit • Sequenzielle Mehrfachnutzung: Existierende Ressourcen werden mehrfach genutzt und der Verbrauch von weiteren Ressourcen wird vermieden – z. B. beim Car-Sharing, Vermietung einer leerstehenden Wohnung, Parkplatz-Sharing. • Parallele Mehrfachnutzung: Ressourcen werden gleichzeitig von Mehreren genutzt, z. B. Ride-Sharing. • Verlängerung der Nutzungsdauer: Die Weiterverwendung von vom ursprünglichen Besitzer aussortierten Gegenständen („Second-Hand-Nutzung“, z. B. Kleidertauschbörsen). Indirekte positive ökologische Wirkungen: • Reduktion von Ressourcenverbrauch: Ride-Sharing kann dazu führen, dass generell weniger Autofahrten unternommen werden (bzw. in städtischen Randbezirken die Mobilität verbessert wird [1]. • Reduktion von Abfall: Durch Teilen von Produkten und Services kann Abfall vermieden werden. • Reduktion von Energieverbrauch: Die Reduktion von Treibhausgasen und Luftverschmutzung durch aktives Car-Sharing z. B. durch das Schweizer CarSharing-Angebot Mobility (Interface, 2011). • Reduktion von Lärm/Verbesserte Luftqualität: Reduktion des motorisierten Individualverkehrs in Stadtzentren durch Car-Sharing und Bike-Sharing. Negative Wirkungen: • Ersatz eines ökologisch wertvolleren Verhaltens: Z. B. Wechseln von ÖV zu Car Sharing. • Herbeiführen eines zusätzlichen ökologisch weniger wertvollen Verhaltens: Z. B. wenn Car-Sharing der Substitution von ÖV-Fahrten dient oder das CarSharing-Auto als Zweitauto fungiert; z. B. wenn eingespartes Geld für anderen Konsum verwendet wird, etwa wenn mehr Flugreisen aufgrund gesparter Autokosten oder durch günstigere Airbnb-Unterkünfte unternommen werden (Fortsetzung) 3.1 Nachhaltigkeitswirkungen von Sharing 21 Tab. 3.1 (Fortsetzung) Ökonomische positive Wirkungen: Nachhaltigkeit • Zusätzliche Einkommen: Verbesserung der privaten Einkommenssituation von Bürgerinnen und Bürgern z. B. durch neue Einkommensmöglichkeiten (z. B. für Uber-Fahrende oder Airbnb-Vermietende). • Kosteneinsparungen für Private/Konsumenten durch Mehrfachnutzung eines hochwertigen, reparierbaren Produkts, für das ansonsten individuell günstigere Alternativen beschafft würden. • Günstige Ergänzung städtischer Dienstleistungen: z. B. Ergänzung des Öffentlichen Verkehrs zu Randzeiten. • Kosteneinsparungen für Unternehmen: z. B. gemeinsame Finanzierung von Infrastruktur • Zeitgewinn: Geringere Transaktionskosten von Sharing-Angeboten (z. B. für den Transport) können zeitlich-finanzielle Einsparungen bringen • Zusatzeinnahmen für die lokale Wirtschaft: z. B. durch Frequentierung von Quartieren durch Airbnb-Nutzer • Innovationsförderung: Vorteile für Kreativität und Innovation z. B. durch Interaktion und Austausch von Fachkräften und Forschungsressourcen. Negative Wirkungen: • Rückgang von inländischen Umsätzen: Umsätze wandern an SharingEconomy-Plattformen ab (ggf. ins Ausland). • Verlust von Arbeitsplätzen durch die Beeinträchtigung bestehender Geschäftsmodelle Soziale positive Wirkungen: Nachhaltigkeit • Soziale Interaktion: Freundlicher Empfang und Austausch mit Vermieter auf Airbnb. • Soziale Verbindung: Durch steigendes Bewusstsein für die Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft, in der man teilen und sich austauschen kann. • Stärkung von Solidarität und Vertrauen: Gemeinschaftlicher Akt des Teilens verbindet und kann ein Gefühl von Solidarität und Vertrauen entstehen lassen, welche helfen, soziale Netzwerke zu bilden und zu stärken. • Breiterer Zugang zu Ressourcen: z. B. über Plattformen. • Urbane Verbesserungen: Verbessertes Stadtbild oder positive Auswirkung auf die Gesundheit durch ökologische Wirkung von Sharing, finanzielle Einnahmen für Läden, Restaurants, Cafés in von Quartieren/Stadtteilen, die außerhalb touristischer Zentren liegen. • Kultureller Wertewandel in Bezug auf den Besitz (Nutzen statt Besitzen). • Vielfalt an Angeboten: Größere Auswahl und günstigerer Zugang zu Sharing-Gegenständen ermöglicht einkommensschwächeren Bevölkerungsschichten den Zugang zu teureren Gegenständen (Fahrrad, Auto, Freizeitgeräte, etc.). Negative Wirkungen: • Reduktion von sozialer Sicherheit: Schwächung der Errungenschaften des Sozialstaates • Verknappung von bestehenden Ressourcen: Verknappung von Ressourcen für bestimmte Bewohner der Stadt (z. B. Airbnb-Vermietung von Wohnungen, obwohl andere Stadtbewohner Wohnraum suchen) 22 3.2 3 Wirkungen von Sharing und Relevanz für Städte Ökologische Nachhaltigkeit Sharing wird oft zuallererst mit ökologischen Wirkungen in Verbindung gebracht. Eine aktuelle Studie zu Peer-to-Peer Sharing in Deutschland bestätigt beispielsweise, dass über 60 % der 2000 Befragten Tauschen und gemeinsames Nutzen von Gegenständen oder privaten Autos mit Nachhaltigkeit verbinden [2]1 . Die ökologische Nachhaltigkeit ist auch eine zentral angestrebte Wirkung von vielen Sharing-Initiativen. Im Zusammenhang mit Ökologie steht der Begriff Suffizienz (von lat. sufficere, dt. ausreichen) für das Bestreben nach einem möglichst geringen Rohstoff- und Energieverbrauch. Suffizienz ergänzt somit die Nachhaltigkeitsdiskussion durch das Bestreben nach mehr Effizienz und das Bestreben nach dem Herstellen von (z. B. Recycling-) Kreisläufen. Konsumverzicht und Verhaltensänderungen, aber auch das Abwerfen von unnötigem Ballast sind hier wichtige Mittel des Umweltschutzes und bilden ein Gegengewicht zu technischen Lösungen. Dem Sharing wird im Zusammenhang mit Suffizienz große Bedeutung beigemessen (z. B. [3]). Durch Sharing werden Verhaltenswirkungen hervorgerufen, die mit ökologischer Nachhaltigkeit und Suffizienz in direktem Zusammenhang stehen. Ökologische Nachhaltigkeit kann dadurch entstehen, dass bereits existierende Ressourcen mehrfach genutzt werden und der Verbrauch weiterer Ressourcen vermieden wird. Verschiedene Sharing-Initiativen sind mit diesem Ziel entstanden. Im Rahmen eines Experteninterviews wurde etwa betont: „Das Thema Ressourcen-Effizienz ist im Vordergrund: Mit weniger Gütern mehr Nutzer zu erreichen. Dass man nicht sinnlos konsumiert, dass nicht jeder ein Objekt kauft, das es hundertfach in der Nachbarschaft gibt.“ Dabei kann es sich um eine sequenzielle oder parallele Mehrnutzung handeln. Bei der sequenziellen Mehrnutzung wird die gleiche Ressource (z. B. Auto) von verschiedenen Personen nacheinander genutzt (z. B. beim Car-Sharing). Bei der parallelen Mehrnutzung wird das Sharing-Objekt gleichzeitig von mehreren Personen genutzt (z. B. Ride-Sharing). Zudem kann auch eine Verlängerung der Nutzungsdauer durch die Weitergabe an neue Nutzer eine Sharing-Wirkung sein. Beispiele, bei welchen es möglich ist, weniger Ressourcen zu verbrauchen und/oder effizienter zu nutzen, sind Car-Sharing (wenn es zu weniger Autokäufen und nicht weniger ÖV-Nutzung führt), die Vermietung einer ansonsten leerstehenden Wohnung, die gemeinsame Verwendung von Gebrauchsgütern oder auch die Weiterverwendung von vom ursprünglichen Besitzer aussortierten Gegenständen (Second-Hand-Nutzung). So organisiert beispielsweise die Kleidertauschbörse Hirslanden zweimal jährlich Veranstaltungen, auf denen die Teilnehmer ihre aussortierten Kleider gegen die anderer Nutzer tauschen können (www.boersehirslanden.com/). 1Die Studie untersuchte die Einstellung und Nutzung von Peer-to-peer Sharing. In einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage wurden 2000 Personen ab 16 Jahren stellvertretend für die deutsche Wohnbevölkerung gefragt, was sie von Peer-to-Peer Sharing halten [2]. 3.2 Ökologische Nachhaltigkeit 23 Die Studie „Evaluation Car Sharing 2012“ (Originalstudie 2006) zeigt beispielsweise, dass sich ohne Car-Sharing-Angebot 22 % der befragten Personen ein zusätzliches Motorfahrzeug angeschafft hätten [4]. Auch auf der Angebotsseite sind Absichten erkennbar, welche zu weniger Ressourcenverbrauch führen sollen. So hat sich Yerdle, eine App-basierte Plattform, auf welcher Menschen benutzte Güter austauschen können, das Ziel gesetzt, 25 % dessen, was Menschen neu kaufen, durch Sharing-Lösungen zu ersetzen [5]. Weitere Beispiele sind: Ride-Sharing, durch das zusätzliche Autofahrten vermieden werden und das dazu führen kann, dass generell weniger Autofahrten unternommen werden (bzw. in städtischen Randbezirken die Mobilität verbessert wird [1]; Food-Sharing, bei dem etwa Essensreste nach Restaurant-Schluss zum Sonderpreis verkauft werden, anstelle in den Müll geworfen zu werden (www.toogoodtogo.ch). Indirekte positive ökologische Wirkungen sind weiter die Reduktion von Energieverbrauch, die Reduktion von Treibhausgasen und Luftverschmutzung. Dies ist vor allem bei Sharing-Angeboten im Mobilitätsbereich (Bike-Sharing, Car-Sharing, Ride-Sharing) zu erkennen. Eine Studie, welche in verschiedenen europäischen Städten (Lyon, Paris, Barcelona) den Einfluss von Bike-Sharing-Angeboten auf die Pkw-Fahrten untersuchte, zeigte, dass aufgrund des Bike-Sharing-Angebots sieben bis zehn Prozent weniger Fahrten mit dem Auto unternommen wurden [6]. Beispiel: CO2- und Energiebilanz des Car-Sharing-Angebots von Mobility Aktive Schweizer Car Sharer stoßen pro Person 300 kg weniger CO2 aus, im Vergleich zu ihrem Mobilitätsverhalten im Falle ohne Car-Sharing. Dadurch ergibt sich für alle Privatkundinnen und -kunden durch das Schweizer Car-Sharing-Angebot Mobility eine Emissionsreduktion von über 20.500 t CO2. Für alle Kunden zusammen ergibt sich eine Energieeinsparung entsprechend einer Benzinmenge von gut 8,8 Mio. L [4]. Diese Verhaltenswirkungen haben positive ökologische Konsequenzen, welche in Abb. 3.2 dargestellt werden. Ökologische Konsequenzen durch Verhaltensänderung weniger Ressourcenverbrauch weniger Abfall weniger Energieverbrauch Abb. 3.2 Positive ökologische Konsequenzen durch Verhaltenswirkungen weniger Lärm 24 3 Wirkungen von Sharing und Relevanz für Städte Auf Stadtebene kann Sharing die potenziellen Umwelteffizienzvorteile erhöhen, indem weniger Energie für Transport und für Produktion benötigt wird und weniger Abfall generiert wird, da Produkte und Services untereinander geteilt werden [7]. Weiter kann die Nutzung existierender Ressourcen (wie bspw. Parkplätze) maximiert werden, wie zum Beispiel eine befragte Vertreterin der Stadt St. Gallen äußert: „Die Sharing Economy hat schon das Potential, gewisse Probleme einer Stadt zu entschärfen. Zum Beispiel die Parkplatz-Problematik oder allgemein den Überkonsum.“ Die verringerte Zahl benötigter Flächen für Parkplätze, die Entlastung des städtischen Verkehrs und des öffentlichen Raumes durch Sharing wurde in mehreren Studien nachgewiesen [8–11]. Stadtverträglicher Verkehr Heute verwischen die Grenzen zwischen öffentlichem Verkehr und privatem Verkehr weltweit zusehends. Aktuell treten zahlreiche Ride-Sharing-Anbieter wie CleverShuttle oder MOIA in den Markt, oft als Angebote von finanzkräftigen Automobilherstellern. Autonomes Fahren dürfte in Zukunft diesen Trend noch weiter stärken, da die Personalkosten für den Fahrer wegfallen. Die Anbieter stehen nach eigenem Bekunden für eine klimaneutrale und stadtverträgliche Mobilität. Für Städte bringen solche Angebote große Chancen, aber auch Risiken mit sich. Endnutzer des öffentlichen Verkehrs der Zukunft dürfen vernetzte, nahtlose multimodale Mobilitätsangebote und attraktive Lösungen für die letzte Meile erwarten. Eine Analyse von diversen Untersuchungen zur Auswirkung von Ride-Sharing und Ride-Selling zeigt allerdings, dass bei Ride-Sharing und Ride-Selling heute vor allem ÖV-Fahrten resp. Fahrrad- und Fußwege substituiert werden [12–14]. Nur unterproportional werden bisherige MIV(Motorisierter Individualverkehr)-Selbstfahrer als Kunden gewonnen, der Besetzungsgrad von PKWs in Städten erhöht sich kaum. Unerwünschte verkehrliche Wirkungen sind die Folge. Verkehr ist notwendig, um einen Ort zu beleben. Orte und Plätze, welche aber von zu viel und nicht verträglichem Verkehr frequentiert werden, belasten die Lebensqualität in Städten und Dörfern. Ride-Sharing und Ride-Selling-Angebote führen nur dann zu einer effizienteren Nutzung des Raumes und der Umwelt, wenn a) ein hoher Besetzungsgrad der Fahrzeuge, b) eine niedrige Quote betriebsnotwendiger Leerfahren und c) eine überwiegende Substitution von vormaligen MIVFahrten erreicht werden kann [15]. Sharing kann jedoch auch negative ökologische Konsequenzen haben. Erstens kommt es vor, dass durch die Nutzung eines Sharing-Angebots ein ökologisch wertvolleres Verhalten ersetzt wird. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn Nutzer des öffentlichen Verkehrs (z. B. Busse und Bahnen) zum Car-Sharing wechseln. Zweitens ist es denkbar, dass durch das Sharing-Angebot ein zusätzliches ökologisch weniger wertvolles Verhalten induziert wird (vgl. auch „Rebound-Effekte“ in Abschn. 3.5). Dies ist beispielsweise der Fall, wenn das Car-Sharing-Auto als Zweit- oder Drittauto genutzt wird, oder wenn dieses zum „Luxus-Konsum“ genutzt wird (z. B. Miete eines Oldtimers für den Wochenendausflug). Die positiven Wirkungen werden auch kompensiert, wenn eingespartes Geld für anderen Konsum verwendet wird, z. B. wenn mehr Flugreisen aufgrund gesparter Autokosten oder durch günstigere Airbnb-Unterkünfte unternommen werden. 3.3 3.3 25 Ökonomische Nachhaltigkeit Ökonomische Nachhaltigkeit Die Nutzung von Sharing-Economy-Angeboten kann auch zu ökonomischer Nachhaltigkeit führen. Die Abb. 3.3 zeigt die verschiedenen möglichen positiven ökonomischen Auswirkungen, welche nachfolgend erläutert werden. Dies betrifft vor allem direkte finanzielle Auswirkungen für Nutzer und Anbieter, die sich durch die Sharing-Economy-Angebote ergeben. Ökonomische Nachhaltigkeit entsteht aus einer Verbesserung der privaten Einkommenssituation der Einwohner [16], z. B. für Uber-Fahrer oder Airbnb-Vermieter. Eine interviewte Vertretung eines Sharing-Anbieters bestätigt dies: „Unser Angebot ermöglicht es, für Einzelpersonen neue Einnahmequellen zu generieren, durch die Vermietung von eigenen Sachen.“ Eine Nutzerin machte dazu folgende Aussage: „Ich denke, so kann ich mein gekauftes Gerät besser amortisieren. Nicht mit dem Gedanken, dann habe ich mal den ganzen Preis wieder, aber zumindest einen Beitrag an das Gerät.“ Eine Studie von Airbnb, welche die ökonomischen Wirkungen von Airbnb in San Francisco untersucht, zeigt, dass ein typischer Vermieter Airbnb dafür nutzt, ein Zusatzeinkommen zu generieren und so die persönliche Einkommenssituation zu verbessern. Personen, welche ihre gesamte Wohnung auf Airbnb anbieten, verdienen im Durchschnitt USD 9300 pro Jahr. Jene, die nur einzelne Zimmer vermieten, kommen im Durchschnitt auf USD 6900 pro Jahr. Das jährliche Haushaltseinkommen ist für 60 % der Airbnb-Gastgeber gleich hoch wie das Medianeinkommen der städtischen Bevölkerung in San Francisco. So stellt das Zusatzeinkommen eine wertvolle Unterstützung für die städtische Mittelklasse dar, die zu 56 % für die Miete/Hypothek ausgegeben wird [17]. Daneben können Kosteneinsparungen für Private/Konsumenten entstehen, etwa durch die Mehrfachnutzung eines hochwertigen, reparierbaren Produkts, für das ansonsten individuell günstigere – und häufig qualitativ schwächere – Alternativen beschafft würden [16]. Speziell aus Stadtsicht können Dienstleistungskosten durch Sharing reduziert werden. Ein gutes Beispiel hierfür sind die Internetplattformen parkit (www.parkit.ch) oder Positive ökonomische Auswirkungen Zusätzliches Einkommen für Privatpersonen Zeiteinsparungen Abb. 3.3 Positive ökonomische Auswirkungen Kosteneinsparungen für Unternehmen Reduktion von Dienstleistungskosten 26 3 Wirkungen von Sharing und Relevanz für Städte parku (www.parku.com). Frei stehende Parkplätze von Privatpersonen können einfach über das Smartphone im Internet gefunden werden. Die Kosten für einen Parkplatz in der Innenstadt können so teilweise um ein Vielfaches reduziert werden. Indirekt kann man hier auch davon sprechen, dass Parkplätze gemeinsam finanziert werden. Eine ähnliche Logik prägt die Plattform Crowd Container (www.crowdcontainer.ch), die es Konsumenten ermöglicht, gemeinsam biologische Lebensmittel in die Schweiz zu importieren. Geteilt werden hier gewissermaßen die Fracht- und Containerkosten. Die Verteilung der Containerfracht in der jeweiligen Stadt bietet außerdem den passenden Anlass, die auf der Plattform vernetzten Konsumenten auch analog zusammenzubringen: Pakete werden direkt von den Konsumenten bei einem dafür organisierten Event abgeholt. Die Idee der gemeinsamen Finanzierung haben sich außerdem zahlreiche CrowdFinanzierungsplattformen auf die Fahne geschrieben. Prominente Beispiele hierfür sind die Plattformen Wemakeit („we-make-it“ – www.wemakeit.ch) für Kulturprojekte, sowie 100 Days (www.100-days.net). Die Plattformen werden oft als Ergänzung zur öffentlichen Kulturförderung gesehen. Die professionell aufgezogenen Internetplattformen erfordern wenig administrativen Aufwand und ermöglichen es nicht-kommerziellen Projekten, Geld-Sammelaktionen im Internet zu organisieren. Wer jedoch nicht über ein gutes Netzwerk verfügt, hat es in der Regel schwer, innerhalb der festgelegten Frist zu Geld zu kommen. Es können zudem Kosteneinsparungen für Unternehmen entstehen, indem beispielsweise durch eine gemeinsame Finanzierung eine hochwertigere Infrastruktur realisiert werden kann. Ein Beispiel dafür ist das Kitchen-Sharing (www.suppenundpedale.ch). Um eine professionelle Gastronomie-Großküche zu finanzieren, lancierte die Zürcher Firma „Suppen und Pedale“ eine Gemeinschaftsküche, in welcher sich Kleinproduzenten mit Fokus auf Nachhaltigkeit für ihre Produktion einmieten können. Das Projekt fokussiert auf Produzenten, die bereits in der Stadt ansässig sind und sich einer nachhaltigen Küche verschrieben haben. Dadurch wird auch möglichen Rebound-Effekten (beispielsweise durch größere Essensüberschüsse oder überflüssige Produktion von Abfall durch den Einsatz von nicht ökologischem Wegwerfgeschirr) vorgebeugt. Anbieterseitig lassen sich Investitionskosten vermeiden oder delegieren, die Auslastung erhöhen und die Betriebskosten senken: „Positiv ist sicher, man kann als Unternehmen Kosten optimieren und man hat vielleicht zusammen einen Zugang zu etwas, was man sich sonst nicht leisten kann.“ Die virtuelle Fabrik – Plattform der Mechatronik (www.virtuellefabrik.ch) ermöglicht es beispielsweise kleineren Unternehmen, zeitlich befristete Aufträge durch eine ad-hoc-Kooperation rechtlich unabhängiger, heterogener Unternehmen verschiedener Kompetenzausrichtung zu einem temporären Unternehmensverbund effizient zu bearbeiten. Beispiel: Airbnb-Tendenz zu einer Professionalisierung der Vermieter In der Schweiz vermieten 60 % der Vermieter (14.584) ein einziges Objekt, während 15 % (3604) der Vermieter über zwei Objekte verfügen. Knapp ein Viertel (6272) vermietet drei oder mehr Objekte. Der Anteil der Vermieter mit mehreren Objekten ist 3.3 Ökonomische Nachhaltigkeit 27 in den vergangenen Jahren angestiegen. 2015 besaßen 85,5 % der Vermieter lediglich ein einziges Objekt, während dieser Anteil 2017 auf 60 % zurückgegangen ist. 2017 sind es bereits 25 % der Vermieter, die mehr als zwei Objekte besitzen, wobei es 2015 lediglich 5 % waren [18]. Weitere ökonomische Vorteile von Sharing sind Zeiteinsparungen und ein reduzierter Aufwand, die sich aufgrund geringerer Transaktionskosten durch Sharing-EconomyPlattformen ergeben [19]. Dies bestätigt auch eine interviewte Nutzerin des Freefloating-Car-Sharing-Anbieters Catch a Car: „Ich habe innerhalb von ganz schneller Zeit ein einsatzbereites, gutes Auto vor Ort. Also ich muss relativ wenig tun, nur meine App öffnen, und ich kann einfach mit dem Auto fahren.“ Neben Zeiteinsparungen aufgrund geringerer Transaktionskosten durch plattformbasierte Sharing-Angebote sind Zeiteinsparungen auch durch den Tausch von Dienstleistungen möglich, bspw. mit einer Zeitbörse (www.benevol-sg.ch/zeitbörse). Dabei entsteht der Zeitgewinn darin, dass Dienstleistungen angeboten werden im Tausch gegen Zeit. Folgendes Beispiel eines interviewten Nutzers einer Zeitbörse verdeutlicht dies: „Ich habe einen großen Garten und ich arbeite nicht gerne im Garten. Und bei der Zeitbörse gibt es Leute, die sehr gerne Bäume schneiden und etwas einpflanzen. Und in dieser Zeit, in welcher ich die Bäume schneiden müsste oder den Garten machen müsste, würde ich lieber etwas Anderes machen. Und um das geht es. Wir haben ja alle gleich viel Zeit, aber so kann ich meine Zeit in etwas investieren, was ich gerne tue, so kann ich Zeit gewinnen.“ Weiter können Zusatzeinnahmen für die lokale Wirtschaft entstehen, indem einzelne Quartierläden und Quartiercafés, die aufgrund der dezentralen Lage gegenüber zentrumsnahen Quartierangeboten finanziell benachteiligt sind, von der Sharing Economy profitieren. Beispielsweise befinden sich Airbnb-Unterkünfte oft in Quartieren/ Stadtteilen, die sonst nicht oder weniger durch Touristen besucht würden. Diese werden belebter durch den Besuch von Touristen, die auch in den lokalen Geschäften einkaufen und sich in lokalen Restaurants und Cafés aufhalten. Eine Studie von Airbnb zeigt, dass Airbnb-Gäste im Durchschnitt nicht nur mehr Geld pro Tag ausgeben als Hotel-Gäste, sondern auch 60 % ihrer Ausgaben in den Quartieren, in denen sich die AirbnbUnterkünfte befinden, tätigen. Die Airbnb-Gastgeber wiederum geben 15 % ihrer Einnahmen, die sie durch die Vermietung generieren, in den Quartieren aus, in denen sie leben [17]. Dadurch tragen die Gäste sowie die Gastgeber dazu bei, dass die Quartierläden und Cafés erhalten bleiben, was auch zur sozialen Nachhaltigkeit beiträgt (vgl. Abschn. 3.4). Die Sharing Economy wird außerdem mit der Steigerung von Kreativität und Innovation verbunden, weil durch sie neue Netzwerke entstehen und vermehrter Austausch gefördert werden kann. Somit kann sie zur Innovationsförderung beitragen. Eine solche Öffnung von Innovations- und Entwicklungsprozessen ist ein wichtiger Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen. Die Clustertheorie zeigt, wie Innovation 28 3 Wirkungen von Sharing und Relevanz für Städte und konventionelles Wirtschaftswachstum durch die Interaktion und den Austausch von Fachkräften und Forschungsressourcen erzeugt werden kann. Als Beispiel hierfür gilt das Silicon Valley [7]. Grundsätzlich gilt es festzuhalten, dass etwa das Schweizer Bundesamt für Statistik keine Daten bezüglich der Nutzung oder ökonomischen Wertschöpfung durch Sharing erhebt. Gleichzeitig sieht man etwa am Beispiel des Neubad Luzern (www.neubad.org), bei dem sich Kreativschaffende aus Luzern an der Zwischennutzung des alten Hallenbades beteiligen, wie ein kulturelles und ökonomisches Zentrum abseits des eigentlichen Stadtzentrums entstehen kann [20]. Die Wertschöpfung der Sharing Economy – Wie viel trägt die Sharing Economy zum BIP der Schweiz bei? Die heutige BIP-Erhebung berücksichtigt die Wertschöpfung der Sharing-Aktivitäten, die vermehrt bestehende wirtschaftliche Leistungen ergänzen und teils verdrängen, nicht. Rein hedonistisch oder sozial motivierte Sharing-Aktivitäten zur Steigerung der Lebensqualität, wie zum Beispiel gemeinsam zu Gärtnern, Wandern oder zu Kochen (etwa via wanderpartner-gesucht.com oder rentafriend.com), sollten notwendigerweise aus dem BIP ausgeklammert werden. Sharing-Angebote, die Transaktionen zwischen Firmen und Konsumenten ähneln, sind für die Wirtschaftsleistung relevant, werden aber heute nur teilweise im BIP erfasst. Wenn die Online-Plattform freelancer. com Arbeitskräfte und Unternehmen für eine projektbasierte Kooperation zusammenführt, findet die Wertschöpfung des Projekts Eingang ins BIP. Die Entschädigung, die ein nicht professioneller Airbnb-Gastgeber für die Vermietung eines Zimmers erhält, wird dagegen im BIP nicht berücksichtigt. Je mehr Sharing-Aktivitäten bestehende, traditionelle Angebote verdrängen oder ergänzen, desto dringender wird es, die aktuelle BIP-Messung anzupassen. Die Credit Suisse hat die Wertschöpfung von BIP-relevanten Sharing-Aktivitäten annähernd geschätzt. Dafür wurde eine Kombination aus Bottom-up- und Top-down-Methode verwendet. Beide Ansätze kamen zu den Resultaten, dass die Sharing Economy – zumindest heute noch – einen bescheidenen Anteil am BIP in der Schweiz ausmacht (der Gesamteffekt wird im Maximalszenario auf 1 % des BIP geschätzt) und in seinem Ausmaß anderen Aktivitäten gleicht, die sich nicht genau messen lassen. Trotz geringem Gesamteffekt impliziert das rasante Wachstum der Sharing Economy, dass die Berechnungen des BIP-Wachstums das reale Wachstum in diesem Bereich unterschätzen, da sich immer mehr Aktivitäten aus traditionellen Branchen in die Sharing Economy verlagern. Zudem erfassen BIP-Berechnungen nicht alle vorteilhaften Aspekte der Sharing Economy. Falls die Sharing Economy weiter wächst und damit eine fortgesetzte Verlagerung zu schwerer messbaren Aktivitäten stattfindet, wird man nicht um neue Ansätze der BIP-Messung herumkommen [21]. Sharing kann auch negative Wirkungen auf die ökonomische Nachhaltigkeit haben. Unter Umständen gehen durch die Beeinträchtigung bestehender Geschäftsmodelle Arbeitsplätze verloren [22], oder Umsätze wandern an Sharing-Economy-Plattformen, ggf. im Ausland, ab. Ein befragter Nutzer einer Peer-to-Peer-Car Sharing-Plattform verdeutlicht dies wie folgt: „Dadurch, dass ich das mache, bin ich eine illoyale Konkurrenz den Autovermietungsfirmen gegenüber. Im Endeffekt mache ich mit meiner Vermietung das Geschäft von ihnen kaputt. Diese Entwicklung besorgt mich.“ 3.4 3.4 Soziale Nachhaltigkeit 29 Soziale Nachhaltigkeit Soziale Nachhaltigkeit kann entstehen, wenn in einer Sharing-Situation die soziale Interaktion in der Bevölkerung erhöht wird. Airbnb-Nutzende erwähnen beispielsweise häufig, dass ihnen bei Airbnb besonders der freundliche Empfang durch die Peers „auf Augenhöhe“ gefällt. Besonders bei Skill-Sharing-Angeboten, bei welchen Dienstleistungen von Privatpersonen angeboten werden, wie Rent a Rentner (www.rentarentner.ch) oder Mila (www.mila.com), entstehen neue soziale Kontakte, auch für ältere Personen, die nicht mehr im Berufsleben eingebunden sind. Der Erfahrungsbericht eines Rentners verdeutlicht dies: „Aus den Bekanntschaften haben sich auch schon Freundschaften entwickelt. Eine alleinstehende Frau verbrachte schon zweimal Weihnachten mit uns und kommt ab und zu auf einen Shopping-Ausflug mit.“ Weitere Möglichkeiten zur sozialen Interaktion ergeben sich bspw. bei der Übergabe eines geteilten Gebrauchsgegenstands oder beim Austausch im gemeinsamen Garten. Eine interviewte Vertretung eines Quartiervereins aus St.Gallen meint: „Solche Angebote fördern das Bewusstsein, dass man zu einer Gemeinschaft gehört, dass man aufeinander zugehen kann und etwas teilen kann.“ Belk (2010) [23] argumentiert, dass Sharing ein gemeinschaftlicher Akt ist, der die soziale Verbindung erhöht und ein Gefühl von Solidarität und Vertrauen entstehen lässt. In der Schweiz gibt es beispielsweise viele lokale und regionale Zeitbörsen, die seit Ende der 1990er Jahre aktiv sind. Aber auch neuere Phänomene wie FabLabs und Repair-Cafés, die in verschiedenen Städten der Schweiz entstehen und in denen freiwillig engagierte Experten bei der Reparatur von Gegenständen helfen. Gemeinschaftliche Wohnformen können zur Entstehung von neuen Verbindungen und Netzwerken beitragen (ein Überblick über Repair-Cafés in der Schweiz gibt die internationale Plattform www. repaircafe.org, einen Überblick über die FabLabs in der Schweiz findet sich unter https:// fablab.ch/#/map). Ein weiteres Beispiel sind neue vertragslandwirtschaftliche Modelle, in denen Stadtbewohner sozusagen zu Landwirten oder Gärtnern werden, indem sie sich in Kooperativen organisieren. Beispiele hierfür sind die Gartenkooperativen Ortoloco (www.ortoloco.ch) und Dunkelhölzli (www.dunkelhoelzli.ch) in Zürich oder die Gartencoop (www.gartencoop.org) in Freiburg. Solche Projekte können neue soziale Netzwerke bilden und stärken, was beispielsweise für die erfolgreiche Arbeitsvermittlung zentral ist und weitere sozioökonomische Auswirkungen hat. Dazu sagt die Nutzerin eines SharingEconomy-Angebots: „Gesellschaftlich ist es ein Gewinn, auch gesamtgesellschaftlich gesehen, wenn man versucht, etwas miteinander zu erreichen, und nicht jeder es alleine versucht.“ Eine weitere soziale Nachhaltigkeitswirkung ist der erweiterte Zugang zu diversen kostengünstigen Angeboten (z. B. über das Teilen von teuren technischen Geräten). Diese Wirkung wird insbesondere unter dem Label der „Access Economy“ [24] diskutiert. 30 3 Wirkungen von Sharing und Relevanz für Städte Zudem kann Sharing zu diversen urbanen Verbesserungen beitragen. Indirekt kann davon ausgegangen werden, dass Sharing sich durch die positiven ökologischen Wirkungen auch positiv auf die Gesundheit auswirken wird. Außerdem kann durch Parkplatz-Sharing oder Car-Sharing die Anzahl benötigter Flächen für Parkplätze verringert werden, was den Gestaltungsspielraum der Städte erhöht und beispielsweise städtische Grünflächen entstehen lassen kann [7, 25]. Gemäß der Studie „Evaluation Car-Sharing“ des Schweizerischen Bundesamtes für Energie, die die positiven Wirkungen von Car-Sharing auf das Mobilitätsverhalten untersucht, zeigt, dass durch die Nutzung des Car-Sharing-Angebots von Mobility 31.000 Fahrzeuge und 46.500 Parkplätze eingespart werden, was einer Fläche von 163 Fußballfeldern entspricht [4]. Zudem ist der kulturelle Wertewandel, der sich durch Sharing in Bezug auf den Besitz einstellen dürfte, festzuhalten. Zugang wird heute bereits oft wichtiger eingestuft als Besitz. Dazu sagt der Nutzer eines Sharing-Angebots: „Ich finde es richtig und sinnvoll, wenn man Gegenstände miteinander teilt. Ich halte Besitz in vielen Bereichen als ein unnötiges Statussymbol von überwiegend älteren Generationen.“ Dies gilt in Bezug auf Autos [25], aber ist auch in Bezug auf Sportausrüstung (z. B. Skis und Snowboards) oder Hightech-Geräte, wie Drohnen, festzustellen. Die auf Sharely bereitgestellte Drohne wird z. B. besonders gern ausgeliehen. Durch die geteilte Nutzung entfällt Aufwand für die technische Wartung. Außerdem ist dadurch der Zugang zum neuesten Modell gewährleistet, ohne dass dieses gleich angeschafft werden muss. Im Hinblick auf negative soziale Wirkungen kann Sharing soziale Errungenschaften unterwandern und infrage stellen. Sharing-Anbieter bewegen sich mit ihren Angeboten oft in einem gesetzlichen Graubereich, was Sozialversicherung, Hygienegesetze oder Sicherheitsmaßstäbe angeht. Die Sharing Economy führt zu einer Art Mikrounternehmertum, in der jede/r relativ einfach als Anbieter tätig werden kann. Entsprechend wird auch stark diskutiert, ob es Gesetzesänderungen braucht, um Unklarheiten im Zusammenhang mit Steuern oder dem Sozialversicherungsgesetz zu beseitigen (vgl. dazu Abschn 4.1.2). Weiter fehlen beispielsweise zurzeit auch Hygiene- und Sicherheitsvorschriften für Airbnb-Wohnungen, vergleichbar mit jenen für Hotels. Negative Wirkungen können außerdem auftreten, wenn Ressourcen durch Sharing verknappt werden, wenn beispielsweise Wohnungen über Airbnb an Touristen vermietet werden, obwohl Stadtbewohner gleichzeitig Wohnraum suchen. 3.5 Rebound-Effekte und Wechselwirkungen zwischen den Nachhaltigkeitsdimensionen Es wird deutlich, dass Sharing unterschiedliche positive und negative Wirkungen haben kann. Teilweise können gleichzeitig positive und negative Wirkungen auftreten. Dies kann innerhalb einer Nachhaltigkeitsdimension oder zwischen den Dimensionen geschehen. Zum Beispiel kann durch die gemeinsame Nutzung von Autos der Umsatz einer Car-Sharing-Plattform steigen, während der Autohandel einen Umsatzrückgang Literatur 31 erlebt. Oder durch die Bildung von Fahrgemeinschaften kann der Energieverbrauch reduziert werden, während die Taxibranche Umsatzrückgänge verzeichnet. Durch Sharing-Angebote können sich auch Rebound-Effekte ergeben. Effizienzsteigerungen können die Kosten für Produkte oder Dienstleistungen senken, was dazu führen kann, dass sich das Verhalten der Nutzer ändert: Sie verbrauchen mehr, und die ursprünglichen Einsparungen werden teilweise wieder aufgehoben. Beispielsweise ist dies der Fall, wenn Nutzer von Airbnb aufgrund günstiger Preise für Unterkünfte häufiger in den Urlaub fliegen und die Zahl der Übernachtungen deshalb steigt und damit der ökologische Nutzen abnimmt. Eine interviewte Person verdeutlicht den Rebound-Effekt folgendermaßen: „Es gibt Leute, die niemals Taxi gefahren sind, aber heute häufig Uber nutzen: Das ist wahrscheinlich nicht nachhaltig.“ In diesem Sinne kann die einfache Verfügbarkeit von Gütern und Dienstleistungen, die man sich sonst nicht leisten könnte, die Lust auf Konsum noch steigern. Diesen Befund bestätigen auch die Resultate es PeerSharing-Arbeitsberichts [2], der den gemeinsamen Konsum und den Tausch von Gütern für Deutschland untersuchte. In Bezug auf Kleidertausch hält die Studie beispielsweise fest, dass sich durch die Weitergabe die Nutzung eines Kleidungsstücks zwar verlängern kann, sie gibt aber auch zu bedenken, dass andere den Zugriff auf mehr Kleider und Mode genießen, den sie sich ohne die Share-Möglichkeit gar nicht leisten könnten. Man kann deshalb auch kritisieren, dass auf diese Weise nicht etwa Textilien eingespart werden, sondern lediglich ihre Weitergabe beschleunigt wird. Im Hinblick auf Wechselwirkungen zwischen den Nachhaltigkeitsdimensionen, die sich durch Sharing-Economy-Angebote ergeben, können folgende exemplarischen Argumente festgehalten werden: • Sharing wirkt positiv, wenn keine Nachhaltigkeitsdimension verschlechtert wird (Idealfall). • Aus verschiedenen Perspektiven ist es nicht wünschenswert, dass der etablierten Wirtschaft und dem Gewerbe durch Sharing geschadet wird. Wenn jedoch Sharing zu Innovationen führt, während bestehende Geschäftsmodelle Schwächen aufweisen, ist bezüglich der jeweiligen Vorteilhaftigkeit abzuwägen. • Sharing kann zu Konsumverzicht führen. Dies ist ökologisch sinnvoll. Aber für die Wirtschaft ist dies zunächst negativ. Dies könnte wiederum „umgewandelt“ werden, wenn Sharing dazu führen würde, dass beispielsweise sogar mehr hochwertige, einheimische Produkte gekauft würden. Literatur 1. Haucap, J., Pavel, F., Aigner, R., Arnold, M., Hottenrott, M., & Kehder, C. (2015). Chancen der Digitalisierung auf Märkten für urbane Mobilität. Das Beispiel Uber. Düsseldorf: DICE. 2. Scholl, G., et al. (2015). Peer-to-Peer Sharing – Definition und Bestandesaufnahme. Berlin. 32 3 Wirkungen von Sharing und Relevanz für Städte 3. Botsmann, R., & Roo, R. (2010). What’s mine is yours. The rise of collaborative consumption. New York: Harper Collins. 4. Haefeli, U., et al. (2012). Evaluation car-sharing. 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Externe Einflussfaktoren sind Einflussfaktoren die auf das Angebot, die Plattform und weitere gesellschaftliche und politische Umfeldfaktoren bezogen sind. User-bezogene Einflussfaktoren umfassen alle Einflussfaktoren, die den individuellen Nutzern zugeschrieben werden. Externe Einflussfaktoren Angebotsmerkmale Plattformmerkmale Kommunikation / Marketing User-bezogene Einflussfaktoren Wirkung Vertrauen Wahrgenommener Nutzen: Funktional Emotional Sozial Soziale Norm Umfeld Persönlichkeit Regulatorische und politische Massnahmen Verhalten SharingTeilnahme: Angebot Ökologische Nachhaltigkeit SharingTeilnahme: Nachfrage / Nutzung Ökonomische Nachhaltigkeit Soziale Nachhaltigkeit Soziodemographische Merkmale Abb. 4.1 Wirkungsmodell des Sharing-Verhaltens © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 D. Georgi et al., ShareCity, https://doi.org/10.1007/978-3-658-23700-4_4 35 36 4.1 4 Einflussfaktoren des Sharing-Verhaltens Externe Einflussfaktoren Innerhalb der externen Einflussfaktoren differenziert das Modell zwischen Angebotsmerkmalen (1), Plattformmerkmalen (2), Marketing und Kommunikation (3), Umfeldfaktoren, sowie (4) regulatorischen und (5) politischen Faktoren. 4.1.1 Angebotsmerkmale Die Merkmale auf Anbieterseite beschreiben, wie ein Sharing-Angebot ausgestaltet ist. So ist zum Beispiel die Verfügbarkeit ein solches wesentliches Merkmal. Bei einem Bike- oder Car-Sharing-Angebot spielt es etwa eine Rolle, in welcher Dichte die verfügbaren Fahrzeuge/Fahrräder und Standorte in einer Stadt vorhanden sind. Gemäß einer Bike-Sharing-Planungsstudie lautet die Empfehlung für ein erfolgreiches, effizientes Bike-Sharing-System wie folgt: Es sollten 10–15 Bike-Stationen pro km2, eine Netzgröße von 10 km2 und 10–30 Bikes pro 1000 Einwohner im Geschäftsgebiet vorhanden sein [1]. Diverse andere Studien, in denen die Bike-Sharing-Nutzung untersucht wurde, betonen die Wichtigkeit der Lokalisierung der Bike-Stationen. Diese sollten in geografischer Nähe zu Stationen des Öffentlichen Verkehrs und Transitstellen stehen [2, 3]. Aber auch beim Sharing von Gebrauchsgegenständen ist die Angebotsdichte ein zentraler Einflussfaktor der Nutzung. Dies verdeutlicht die Nutzerin eines Sharing-Angebots: „Ich nutze es wegen dem fehlenden Angebot eher eingeschränkt. Ich schaue zwar mehrmals pro Woche auf der Plattform vorbei, aber zum eigentlichen Leihen oder Verleihen ist es bisher noch nicht gekommen.“ In der Literatur finden sich neben der Verfügbarkeit noch weitere angebotsspezifische Merkmale, welche die Nutzung von Sharing-Angeboten beeinflussen. Beispielsweise spielt bei der Car-Sharing-Nutzung der Preis eine zentrale Rolle. Eine Studie der Unternehmensberatung Arthur D. Little [4] untersuchte die Zukunft des Car-Sharing-Trends aus Konsumentensicht. Auf die Frage, was die Konsumenten ermutigen könnte, CarSharing zu nutzen, stand an erster Stelle der Preis. Weiter würde man nicht jeden Gegenstand teilen wollen (je privater desto weniger) [5]. Die Bereitschaft zu Teilen ist für unterschiedliche Angebote unterschiedlich groß: während die Bereitschaft, Wissen zu teilen, am größten ist, ist sie für persönliche Gegenstände am geringsten [6]. Ein Vertreter der Stadt St.Gallen, umschreibt dies folgendermaßen: „… Und ich frage mich, was würde man denn dem Nachbarn ausleihen. Klar, bei Mobility ist es nicht dein Auto. Aber bei anderen Plattformen, wo man sein privates Auto zur Verfügung stellt, macht man sich schon so seine Gedanken.“ 4.1.2 Plattformmerkmale Digitale Plattformen spielen in der Sharing Economy eine große Rolle, denn sie verbinden Anbieter und Nachfrager durch digitale Netzwerke und schaffen so einen neuen Marktplatz, der zugleich Angebote lokal organisiert und Anbieter global im Internet 4.1 Externe Einflussfaktoren 37 vernetzt. Das bedeutet beispielsweise, dass ein Nutzer auch aus den Ferien einen Gegenstand aus dem Nachbardorf bereits vorreservieren oder kaufen kann – oder umgekehrt Touristen Angebote in Zielländern von zu Hause aus buchen können. Diese Plattformen stellen damit neben der Anbieter- und Nutzerschaft der Sharing-Angebote einen neuen dritten Akteur dar, der in der klassischen Wirtschaft so bisher nicht gegenwärtig war. Dem Aufbau von Vertrauen kommt dabei eine erfolgskritische Rolle zu. Gerade auf Peer-to-Peer-Plattformen braucht es dazu Technologie, neue Traditionen und Rituale, die soziale Kooperationen überhaupt erst möglich machen. So können „klassische“ Taxi-Fahrer theoretisch bezüglich Preis oder genutzter Route gegen die Interessen der Fahrgäste handeln, ohne dass diese es merken. Solche Problempotenziale werden bei plattformbasierten Ansätzen durch Technik, Standards und Bewertungssysteme vermieden. Fahrpreise werden beispielsweise bei Uber vor der Buchung angezeigt, sind transparent und verbindlich, die Route wird auf dem Navigationssystem abgebildet. Dabei spielen neben der allgemeinen Technologie Merkmale der Website eine Rolle. So ist für den Vertrauensaufbau beispielsweise entscheidend, wie lange eine P2PTransaktions-Plattform bereits besteht und ob eine langfristige „Beziehung“ möglich ist, also wie lange die Plattform noch bestehen wird [7]. Dass die vertrauensvolle Gestaltung von Beziehungen über Sharing-Plattformen äußerst relevant ist für das Stattfinden von Sharing, belegt auch diese Aussage einer Interviewpartnerin: „[Es geht] schlussendlich neben der Technik um viel Vertrauen, [um] Beziehungen zwischen den Menschen.“ Eine weitere Informantin beschreibt die Problematik folgendermaßen: „Ein wichtiger Aspekt neben dem Angebot ist natürlich auch das Vertrauen. Sowohl in die Plattformbetreiber, als auch in die Personen, welche die eigenen Objekte ausleihen.“ Zudem muss eine Plattform auch eine genügend große kritische Masse an Nutzerinnen und Nutzern haben: „Man kann ja nie zu viele Objekte haben. Aber es braucht sicher beide Seiten. Wir brauchen auch Mieter für die Objekte. Es ergibt sich halt erst etwas, wenn beide Seiten vorhanden sind. Wenn es mehr Objekte hat, gibt es mehr Mieter und wenn es mehr Mieter hat, gibt es mehr Objekte.“ Immer mehr an Bedeutung gewinnen dürften in Zukunft die Charakteristiken der Plattform im Umgang mit Nutzerdaten. Denn die Nutzung von Internetplattformen generiert Nutzerdaten, welche im Werbemarkt einen großen Wert darstellen. Durch sie wird beispielsweise sichtbar, wann wir wo einkaufen, wie lange wir uns in welchen Geschäften aufhalten, oder mit welchen (Online-) Einkäufen wir auf schlechtes Wetter reagieren. Internetplattformen wie Google und Facebook nutzen deshalb ihre Plattformen dazu, so viele Nutzerdaten wie möglich abzuschöpfen, auch wenn heute noch nicht immer klar ist, wozu diese später verwendet werden sollen. Wer diesem Trend kritisch gegenüber steht, wird in Zukunft versuchen, Sharing-Plattformen zu nutzen, welche den Schutz von Nutzerdaten hochhalten. Beim Peer-to-Peer-Sharing spielt zudem auch die Art der Organisation des Sharings eine Rolle, d. h. wie der Sharing-Prozess gestaltet ist, damit sich neben Nachfragern auch Anbieter von Sharing-Gegenständen finden. Eine Sharing-Initiantin beschreibt dies zum Beispiel wie folgt: „Ein wichtiger Punkt sind Regelungen, wie man damit umgeht, wenn etwas kaputt geht.“ 38 4 Einflussfaktoren des Sharing-Verhaltens Zudem ist die Einfachheit (Convenience), das Sharing-Angebot zu nutzen, ein wichtiger Faktor. Dies betrifft vor allem die einfache und bequeme Anmeldung und den Reservations-, und Zahlungsprozess in Zusammenhang mit dem Sharing-Gegenstand. Webbasierte Technologien für mobile Geräte sind dabei die Voraussetzung [8, 9]. 4.1.3 Kommunikation/Marketing Ob und wie ein Sharing-Gegenstand vermarktet wird, entscheidet mit darüber, ob und wie er von Nutzerinnen und Nutzern genutzt oder angeboten wird. Vielfach führt mangelnde Kenntnis von Sharing-Angeboten dazu, dass sie in ihrer Verbreitung eingeschränkt sind. Sowohl das Wissen um Sharing-Angebote als auch das bereits angesprochene Vertrauen in die Angebote können durch Kommunikationsmaßnahmen gefördert werden. Für neue Sharing-Angebote – wie beispielsweise Lastenfahrräder – muss Vertrauen in das Angebot bei den potenziellen Nutzenden erst aufgebaut werden. Dazu eignen sich Beispielgeschichten, die aufzeigen, wie der Gegenstand genutzt werden kann: Eine Vertreterin einer Stadtverwaltung fügt diesbezüglich an: „Da denke ich, dass es sehr wichtig ist, dass man die Gemeinschaft gut informiert. Etwa indem man gute Beispiele aufzeigt.“ Auch die Lifestyle-Vermarktung anstelle einer reinen Gegenstands- oder Plattform-Vermarktung kann insbesondere bei Sharing-Ansätzen mit Nachhaltigkeits-Zielen wesentliches Element der Kommunikationsstrategie sein: „Wenn es um Kommunikation geht, muss so etwas cool sein. Also wenn ich es mache, gibt es mir ein gutes Gefühl und es kommt gut an. Das habe ich in Kopenhagen bemerkt. Da ist es cool, mit dem Fahrrad zu fahren, viel cooler als mit dem Auto.“ Weiter stärken auch Empfehlungen (Word of Mouth) das Vertrauen in Angebote. Nutzerinnen und Nutzer von Transaktionsplattformen im Internet verlassen sich deshalb immer häufiger auf Bewertungen (Reviews) anderer Nutzerinnen und Nutzern. Diese Bewertungen sind für nachfolgende potenzielle NutzerInnen einsehbar und werden als vertrauenswürdige Angaben zu entsprechenden Angeboten oder Anbietern konsultiert [10]. Reviews führen dabei nicht nur zu Vertrauen aufgrund ihrer qualitätskontrollierenden Wirkung. Ein Vertreter einer Sharing-Economy-Initiative beschreibt dies wie folgt: „Wir haben das Problem, wie es klassische Autovermieter haben, nicht, weil das System sich selbst kontrolliert. Das ist wie bei Airbnb. Alle geben sich extrem Mühe, dass man gute Bewertungen bekommt.“ 4.1.4 Umfeldfaktoren Umfeldfaktoren beschreiben geografische, topografische oder meteorologische Aspekte eines Sharing-Gebietes wie Größe, Bevölkerungsdichte, sozioökonomische Kriterien der Bewohner, etc. Diese Faktoren sind meist nicht beeinflussbar. So wirkt sich eine flache 4.1 Externe Einflussfaktoren 39 Topografie beispielsweise günstig auf das Bike-Sharing aus. Sind Steigungen größer als 8 %, sind Personen weniger bereit, Fahrrad zu fahren und nutzen dementsprechend auch kein Bike-Sharing [2]. Beim Sharing von Gegenständen oder Autos spielt die Bevölkerungsdichte eine große Rolle: Je dichter ein Gebiet bewohnt ist, desto größer die potenzielle Nachfrage und auch das Angebot [11]. Insgesamt wirken sich Merkmale des urbanen Raums, wie allgegenwärtige Informations- und Kommunikationstechnologie sowie die Bevölkerungsdichte positiv auf die Nutzung von Sharing-Economy-Angeboten aus. In letzter Zeit wird Sharing aber auch als Instrument gesehen, um Stadt und Land näher zusammenzubringen. Ein Projekt in dieser Richtung ist „Mia Engadina“, mit dem das Ziel verfolgt wird, Stadtbewohner tages-/phasenweise als temporäre Bewohner und „Heimarbeiter“ in einer ländlichen Bergregion zu gewinnen. 4.1.5 Regulatorische und politische Faktoren Regulierungen der Sharing Economy – in positiver wie in negativer Richtung – haben Einfluss auf deren Nutzung. Wie stark reguliert oder eben nicht reguliert werden soll, ist denn auch ein wichtiger Streitpunkt in der Diskussion um Sharing in Städten (vgl. z. B. [12]). Auf politischer Ebene betreffen beispielsweise Entscheidungen zur Förderung von multimodalem Verkehrsverhalten die Sharing Economy. Gemäß Marktstudien zu Car-Sharing werden in Städten folgende Maßnahmen zur Parkraumbewirtschaftung umgesetzt, die die Car-Sharing-Nutzung fördern [1, 13]: • • • • Reduzierung von Parkplätzen Ersatz von normalen Parkplätzen durch Car-Sharing-Parkplätze Ausnahme von Parklimiten für Car-Sharing-Fahrzeuge Allgemeine Parkbewilligung für Car-Sharing-Fahrzeuge Im Mobilitätsbereich ist ein weiteres Beispiel für regulatorische Maßnahmen die Erlaubnis für die Benutzung von Busspuren. Dürfen Autos mit mehreren Insassen beispielsweise Busspuren nutzen, kommen sie schneller voran. Entsprechend wird durch solche Regelungen Sharing attraktiver [14]. Auch in der Übernachtungsbranche stehen Regulierungen im Kontext mit Sharing in der Diskussion. Beispielsweise ist es für Airbnb-Vermieter wichtig, Gesetze und Regulierungen zu kennen, welche in der eigenen Stadt gelten. Viele Städte verlangen beispielsweise Business-Lizenzen für die private Vermietung von Unterkünften. Weiter gelten oftmals Regeln bezüglich minimalen Anforderungen an die Unterhalts-, Gesundheit- und Sicherheitsstandards von Gebäuden, die als Wohnraum genutzt werden. Auch braucht es in einigen Städten spezielle Bewilligungen, um seine Wohnung vermieten zu können. Bei Regulierungen in der Sharing Economy stellen sich oft auch die herausfordernden Fragen, wie das soziale Recht zur Anwendung kommen soll sowie ob und wie eine 40 4 Einflussfaktoren des Sharing-Verhaltens rechtliche Unterscheidung von Gewerbe und privat in der Sharing Economy möglich ist. Da Letzteres kaum möglich ist, wird oft die Meinung vertreten, dass die konkreten Gefährdungslagen Ausgangspunkt für Mindestvorschriften bilden sollten. Ein weiteres Beispiel für die aktuellen Fragen zu Vorschriften und Regulierung in der Sharing Economy ist Uber. Zurzeit sind in verschiedenen Ländern Diskussionen darüber in Gang, ob Uber nur als Vermittler von Sharing-Leistungen auftritt, oder ob ein Arbeitsvertrag zwischen Uber und den Uber-Fahrern vorliegt. Auch in der Schweiz wird diese Frage diskutiert. Die Gerichte werden letztlich darüber zu entscheiden haben und somit bestimmen, wann die zwingenden Vorgaben des Arbeits- und Sozialversicherungsrechts zu berücksichtigen sind. Auf der einen Seite ist es offensichtlich, dass nicht alle, die ihre Sharing-Leistungen über Internetplattformen anbieten, des Schutzes durch das Arbeitsrecht bedürfen. Auf der anderen Seite hat sich während der letzten gut hundert Jahre bewährt, jenen Personen spezifische soziale Rechte (Kündigungsfristen, Lohnfortzahlung bei Krankheit und Sozialversicherungen) zu gewähren, die in das Unternehmen ihres Arbeitgebers eingegliedert und dessen Weisungen und Instruktionen untergeordnet sind [15]. Neben den Fragen zu neuen Regulierungen bieten die Entwicklungen im Bereich Sharing Economy gleichzeitig einen Anlass, um ein Überdenken existierender Regularien zu initiieren und eine eventuelle Überregulierung abzuschwächen (dann auch für die existierenden Anbieter). Ganz offensichtlich kann Regulierung von Nutzen sein, wenn andere Marktteilnehmer in nicht zumutbarer Weise beeinträchtigt werden. Dies war beispielsweise in der Frühphase des Musik-File-Sharing (z. B. durch Napster) der Fall, als Eigentumsrechte missachtet wurden. Die Regelung des Marktes hat gleichzeitig zu innovativen Geschäftsmodellen geführt. 4.2 User-bezogene Einflussfaktoren Die externen Einflussfaktoren wirken sich auf die internen, User-bezogenen Einflussfaktoren aus. Ist ein Sharing-Angebot einfach konzipiert, so wird entsprechend von den individuellen Nutzerinnen und Nutzern so wahrgenommen. Verschiedene verhaltenspsychologische Konstrukte sowie soziodemografische Faktoren beeinflussen das Sharing-Verhalten. Funktionaler, emotionaler und sozialer Nutzen Der persönlich wahrgenommene funktionale und finanzielle Nutzen von Sharing ist für die Nutzung von Sharing-Angeboten mitverantwortlich [6, 16–19]. Dies äußern auch verschiedene Interviewpartner, etwa: „Dafür spricht auch, dass ich mir viel Ärger ersparen kann. Ich muss nicht dem Zeug nachlaufen.“ Hamari et al. (2005) [17] kommen in ihrer Studie zum Schluss, dass die ökonomischen Vorteile die stärksten Treiber der SharingNutzung sind. Intrinsische Motivatoren wie das ökologische Bewusstsein oder der soziale Gedanke beeinflussen die Haltung gegenüber der Sharing Economy durchaus positiv, ohne zusätzlichen persönlichen Nutzen führen sie jedoch nicht zu einer Verhaltensintention [17]. 4.2 User-bezogene Einflussfaktoren 41 Dies bestätigen auch Eindrücke aus qualitativen Interviews: „Dann muss auch noch der Preis stimmen. Man kann die Leute ja schon bei den Kosten abholen.“ Weiter zeigen Umfragen, dass beispielsweise bei der Nutzung von Airbnb oder Wimdu die soziale Komponente eine wesentliche Rolle spielt. Viele Nutzerinnen und Nutzer buchen ihre Zimmer auf diesen Plattformen, weil sie dadurch neue Leute kennen lernen, und durch die Vernetzung mit der Community ein Zugehörigkeitsgefühl entsteht [20]. Dieser Nutzen wird auch von Interviewpartnern betont: „Nochmals wegen der sozialen Komponente: Ich glaube, bei Mieter und Vermieter ist dieser Faktor wichtig und dieser schwingt mit und gibt Bindung und soziale Kontrolle, auch durch das Bewertungssystem.“ Und „… Vielleicht auch, um neue Leute kennen zu lernen. Das ist ein Aspekt, den ich nicht ausschließen würde.“ Soziale Motive können durch ein Gemeinschaftserlebnis beim Nutzen von Sharing befriedigt werden oder wenn es eine Plattform schafft, das Selbstkonzept eines Nutzers/einer Nutzerin zu stärken [20, 21]. Zieht man Studien aus dem weiteren Umfeld des Kauferlebnisses hinzu, spielen auch hedonistische Motive eine wichtige Rolle. Der hedonistische Nutzen betrifft die positiven Emotionen, die während des Kauferlebnisses ausgelöst werden [21]. Dazu ein Interviewpartner: „Aber man hat schon das Gefühl, dass es Vielen Spaß macht, weil man Dinge ausprobieren kann, die man sonst nicht unbedingt kaufen würde.“ Vertrauen Noch mehr als bei herkömmlichen Produkten und Dienstleistungen ist das Vertrauen in das Angebot ein wichtiger Faktor bei der Entscheidung für die Nutzung. Ist ein Service oder ein Objekt aus einem Peer-to-Peer-Sharing Teil eines Austauschs zwischen Wirtschaftspartnern, ist das (wahrgenommene) Risiko oft höher, als wenn der Austausch mit einem lang bekannten, institutionell verankerten Unternehmen getätigt wird. Die Käuferinnen und Käufer kennen den Leistungsanbieter meistens noch nicht (Informationsasymmetrien, vgl. Eichhorst und Spermann 2015 [22]) und können sich auch nicht auf die lang gewachsene Reputation eines herkömmlichen Unternehmens stützen. Da diese Situation ein gewisses Risiko birgt, kommt dem Aufbau von Vertrauen eine erfolgskritische Komponente zu [23]. Dabei werden unter anderem Merkmale des PeerAnbieters eines Sharing-Objekts oder -Services (z. B. Glaubwürdigkeit, Kompetenz; vgl. [24–26]) und Merkmale des Kontextes (z. B. Reviews/Bewertungen ermöglichen, Beziehungsgrad zwischen Transaktionspartnern aufzeigen) beleuchtet. Dass die vertrauensvolle Gestaltung von Beziehungen über Sharing-Plattformen hochrelevant ist, damit Sharing-Verhalten überhaupt stattfindet, zeigt sich auch in Interviewaussagen, wie z. B. „…weil es schlussendlich neben der Technik um viel Vertrauen, Beziehungen zwischen den Menschen geht.“ oder „Aber das ist dann die Schwierigkeit: Den Leuten zu vermitteln: Ihr könnt euch austauschen, ohne dass es Streit gibt. Und dass es klar geregelt ist, wie man das handhaben will.“ Weiter spielen zeitliche Komponenten (Zahlung wird erst fällig bei Erfüllung des Vertrags, etc.; vgl. [10, 23, 27, 28]) oder inhaltliche/technische Merkmale der Web-Plattform (z. B. Vorhandensein von Werbung, Möglichkeiten der sozialen Präsenz; vgl. [10, 29]) eine Rolle. Dass die soziale Präsenz 42 4 Einflussfaktoren des Sharing-Verhaltens für die Bildung von Vertrauen wichtig ist, bestätigen auch Aussagen aus den geführten Interviews: „Persönlicher Kontakt ist wichtig – aufgrund der Bedeutung des Vertrauens.“ Soziale Norm Weiter zeigen Studien, dass die sog. soziale Norm ausschlaggebend für die SharingNutzung sein kann, d. h. Individuen umso eher an Sharing teilnehmen, je stärker der „soziale Druck“ oder auch die „sozialen Vorbilder“ sind. Wenn es in meinem sozialen Umfeld üblich ist, Car-Sharing zu nutzen, werde ich eher darauf gestoßen, es selbst zu nutzen. Persönlichkeitsfaktoren Die Nutzung von Sharing-Angeboten hängt zudem von der spezifischen Ausgestaltung der jeweiligen individuellen Persönlichkeit ab. Folgende Persönlichkeitsfaktoren sind besonders relevant für die Sharing-Nutzung: das ökologische Bewusstsein; das Bedürfnis, sich um andere zu sorgen; das Zugehörigkeitsgefühl; die Offenheit gegenüber Neuem; die Selbstdarstellung; die Ungebundenheit und die Flexibilität [30–32]. Gerade die ökologische Einstellung kann ein Grund dafür sein, weshalb Sharing genutzt wird. Ein Interviewpartner unterstreicht dies: „… Also das sind Menschen, die überzeugt sind, dass das Teilen sinnvoll ist. Dort schwingt die Komponente Sinnhaftigkeit, Nachhaltigkeit stark mit.“ Ein Sharing-Nutzer bestätigt diese Aussage: „Ich finde es richtig, sinnvoll, verantwortungsvoll und ressourcenschonend, wenn man Gegenstände miteinander teilt.“ Soziodemografische Merkmale Auch soziodemografische Merkmale haben Einfluss auf die Nutzung von Sharing-Angeboten. Dabei spielen vor allem Alter, Geschlecht, Einkommen und Bildungsabschluss eine Rolle. Tendenziell sind die Nutzerinnen und Nutzer der Sharing Economy eher jung, häufiger männlich, haben ein leicht überdurchschnittliches Einkommen und einen höheren Bildungsabschluss [33–35]. So sind beispielsweise die Hälfte der Catch-a-CarNutzer (Freefloating Car-Sharing in der Schweiz) zwischen 18 und 36 Jahren alt [29]. Eine Studie von Airbnb zeigt, dass Airbnb-Gäste im Vergleich zu Hotelgästen im Durchschnitt jünger (35 versus 43 Jahre) und vermehrt internationaler Herkunft (38 % versus 24 %) sind [36]. Literatur 1. Shaheen, S., Cohen, A., & Roberts, J. (2005). Carsharing in North America. Market growth, current developments, and future potential. Institute of Transportation Studies, UC Davis, Institute of Transportation Studies, Working Paper Series 1986. https://doi.org/10.3141/1986-17. 2. Midgley, P. (2011). 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Exploring public perception and market characteristics in the San Francisco Bay area, California. Journal of the Transportation Research Board, 2416, 27–36. 36. Airbnb. (2015). Kennzahlen zu Airbnb weltweit Stand 2015. Zugegriffen: 21. Juni 2016. 5 Empirische Erkenntnisse zur Bewertung von Sharing-Angeboten und Einflussfaktoren ihrer Nutzung 5.1 Studiendesign Wie werden Sharing-Angebote von potenziellen Nutzerinnen und Nutzern wahrgenommen? Wie gefallen unterschiedliche Sharing-Angebote? Welche Faktoren beeinflussen die Bereitschaft, ein Sharing-Angebot zu nutzen? Wie stark ist dieser Einfluss? Welche Rolle spielen die persönlichen Einstellungen für die Nutzung von Sharing-Angeboten? Um diese Fragen zu beantworten, wurde bei der Stadtbevölkerung in der deutschsprachigen Schweiz eine Befragung durchgeführt. Ziel der Studie war es, die Wirkung und das Ausmaß der Wirkung der identifizierten Einflussfaktoren auf das Sharing-Verhalten empirisch zu prüfen. Dazu wurde eine quantitative Online-Befragung durchgeführt. Die Befragung beinhaltete ein Szenario-Experiment, in dem den Studienteilnehmenden drei verschiedene Sharing-Angebote zur Beurteilung vorgestellt wurden. Sharing-Cases In Zusammenarbeit mit Partnern aus der Sharing-Praxis wurden drei Sharing-Kontexte ausgewählt. Die Auswahl erfolgte auf Basis von Relevanz für die Praxis sowie auf Basis des Potenzials des Angebots in Bezug auf die Suffizienz: • eCargo-Bike-Sharing • Wohnraum-Sharing • Garten-Sharing Das eCargo-Bike-Sharing beinhaltete ein Angebot, bei dem elektronisch angetriebene Lastenfahrräder bei sogenannten Bike-Hosts gemietet werden konnten (vgl. Abb. 5.1). Über eine App kann das Fahrrad für einen bestimmten Zeitpunkt reserviert werden. © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 D. Georgi et al., ShareCity, https://doi.org/10.1007/978-3-658-23700-4_5 45 46 5 Empirische Erkenntnisse zur Bewertung von Sharing-Angeboten … Abb. 5.1 eCargo-Bike-Sharing. (Quelle: Carvelo) Das Angebot trägt zur Suffizienz bei, wenn durch dessen Nutzung auf Autofahrten verzichtet wird. Das Wohnraum-Sharing betrifft ein Angebot mit teilweise geteilt nutzbaren Räumen (z. B. Büroräumlichkeiten, Gästezimmer, Werk- und Bastelraum, etc.) (vgl. Abb. 5.2). Im Wohnkomplex befinden sich zudem kleinere Läden, ein Café und ein Restaurant. Die Abb. 5.2 Wohnraum-Sharing. (Quelle: Müller Sigrist Architekten) 5.1 Studiendesign 47 Abb. 5.3 Garten-Sharing. (Quelle: www.merkurgarten.ch) Suffizienzpotenziale werden realisiert, indem jede individuelle Person für sich selbst weniger privaten Wohnraum in Anspruch nimmt. Das dritte Sharing-Angebot, das für die Beurteilung durch die Studienteilnehmenden entwickelt wurde, ist ein Angebot, bei dem Nutzerinnen und Nutzer die Möglichkeit erhalten, selbst in einer öffentlichen Anlage (Park o. ä.) ein Stück Gartenfläche zu bewirtschaften (vgl. Abb. 5.3). Es besteht die Möglichkeit, seinen eigenen Bereich abzustecken und dort zu „gärtnern“. Ferner gibt es einen öffentlichen Bereich, der durch die Beteiligten gemeinsam bewirtschaftet wird. Die Studienteilnehmenden wurden zufällig in drei Gruppen zugeordnet: Einer Gruppe wurde das eCargo-Bike-Sharing-Angebot zugeteilt, der zweiten Gruppe wurde das Wohnraum-Sharing-Angebot und der dritten Gruppe wurde das Garten-SharingAngebot vorgestellt. Nach der Vorstellung des jeweiligen Sharing-Angebotes wurden die Studienteilnehmenden gebeten, das Angebot auf Basis von identischen Dimensionen zu beurteilen. Die folgenden Forschungsfragen bildeten die Ausgangslage dieses Befragungsteils: • Wie werden die Sharing-Angebote allgemein bewertet? • Wie reagieren die Zielgruppen auf die unterschiedlichen Sharing-Angebote? 48 5 Empirische Erkenntnisse zur Bewertung von Sharing-Angeboten … • Wahrnehmung des Nutzens der Sharing-Angebote: – Wie hoch ist der wahrgenommene funktionale Nutzen? – Wie hoch ist der wahrgenommene soziale Nutzen? – Wie hoch ist der wahrgenommene emotionale Nutzen? – Wie hoch ist der wahrgenommene ökologische Nutzen? • Wie hoch ist das Vertrauen in die Sharing-Angebote? • Verhaltensintention: – Wie stark ist die Absicht, das Sharing-Angebot zu nutzen? – Welche Faktoren haben signifikanten Einfluss auf die Nutzung der einzelnen Sharing-Angebote? – Wie beeinflusst die Persönlichkeit (Sharing-Neigung, ökologisches Bewusstsein, Materialismus) die Verhaltensintention? Untersuchungsmodell Verschiedene Faktoren wurden in der Studie untersucht (vgl. Abb. 5.4). Die Faktoren bilden sich jeweils aus mehreren Items. So misst der funktionale Nutzen das Kosten-Nutzen-Verhältnis und ob das Angebot einen Mehrwert bringt und nützlich ist. Der emotionale Nutzen beschreibt den Spaßfaktor und die Neugierde bezüglich des Angebots, der soziale Nutzen die Möglichkeiten zum sozialen Austausch in der Gemeinschaft und der ökologische Nutzen den ökologischen Mehrwert, der dem Angebot beigemessen wird. Externe Einflussfaktoren User-bezogene Einflussfaktoren Verhalten Vertrauen Angebotsmerkmale - Bike-Sharing - Wohn-Sharing - Garten-Sharing Wahrgenommener Nutzen: Funktional Emotional Sozial Soziale Norm Persönlichkeit Soziodemographische Merkmale Abb. 5.4 Untersuchungsmodell empirische Studie SharingTeilnahme: Nachfrage / Nutzung 5.2 Studienergebnisse 49 Die soziale Norm beschreibt, inwiefern die Probanden davon ausgehen, dass Menschen in ihrem Umfeld das Angebot nutzen und die Nutzung befürworten. Weiter gibt das Vertrauen Auskunft darüber, ob die Probanden Bedenken hätten, das Angebot zu nutzen. Das Konstrukt „Persönlichkeit“ misst das ökologische Bewusstsein, den Grad des Materialismus in der persönlichen Einstellung und die persönliche Sharing-Neigung. Stichprobe Für die Studie wurde ein Sample von 512 Personen aus dem Befragungspanel des Marktforschungsinstituts LINK rekrutiert. Die Studie wurde in der deutschsprachigen Schweiz durchgeführt. Die Stichprobe ist repräsentativ für die Schweizer Bevölkerung im Hinblick auf Alter und Geschlecht. Bewohner ländlicher Gemeinden wurden aus der Studie ausgeschlossen. 5.2 Studienergebnisse 5.2.1 Bewertung der Sharing-Angebote Abb. 5.5 zeigt, wieviel Prozent der Befragten zustimmen (Werte 4 oder 5 auf einer 5er Skala), dass • ihnen das jeweilige Sharing-Szenario gefällt („Gefallen“), • sie das jeweilige Szenario nutzen würden („Nutzungsabsicht“), • sie vermuten, dass andere es nutzen würden („Nutzungsvermutung“). Abb. 5.5 Gesamtbewertung der Sharing-Angebote 50 5 Empirische Erkenntnisse zur Bewertung von Sharing-Angeboten … Grundsätzlich sind die „Gefallen“-Werte am höchsten und die „Nutzungsabsicht“-Werte am geringsten. Die Gefallen-Anteile liegen zwischen knapp 65 % und über 75 %. Die Nutzungsabsicht-Anteile liegen zwischen 32 % und 41 %. Mehr Befragte denken, dass die Sharing-Ansätze von anderen genutzt würden (Nutzungsvermutung), als dass sie sie selbst nutzen würden. Diese Analyse lässt Aussagen im Hinblick auf die potenzielle Suffizienz von Sharing-Angeboten zu. Wenn eine relativ hohe Nutzungsbereitschaft gegeben ist, können durch Sharing-Ansätze Suffizienz-Potenziale realisiert werden. Weiter lässt diese Differenz zwischen der Einstellung/Haltung eines Konsumenten und dessen tatsächliche Verhaltensintention auf ein bekanntes und typisches Phänomen für ökologisch nachhaltige Angebote schließen. Dies wird als sogenanntes attitude-behavioural intention gap (fehlende Verhaltensintention trotz positiver Haltung) bezeichnet. In der Literatur sind vielfältige Gründe identifiziert worden: Zu hohe Preise, die fehlende Überzeugung der Wirksamkeit des eigenen Handelns oder fehlende Informationen über Implikationen von ethischen und ökologischen Produkten [1]. 5.2.2 Bewertung der Einzelmerkmale Die Mittelwerte der verschiedenen Einflussfaktoren geben einen Einblick, wie die Sharing-Angebote wahrgenommen werden, wie das Vertrauen in die Angebote ist und welche Rolle die soziale Norm spielt (vgl. Abb. 5.6). Abb. 5.6 Mittelwertvergleiche der Einflussfaktoren der unterschiedlichen Sharing-Optionen. (Skala 1 = trifft überhaupt nicht zu, 5 = trifft voll und ganz zu; ** = signifikanter Unterschied zwischen den Sharing-Optionen p < ,01, ***p < ,001) 5.2 Studienergebnisse 51 Es zeigt sich, dass über die Sharing-Angebote hinweg die Nutzendimensionen (funktional, ökologisch, emotionale und sozial) im Vergleich zum Vertrauen etwas höher bewertet werden. Bei den Nutzendimensionen wird der ökologische Nutzen insgesamt am höchsten eingestuft, mit mindestens 4,15. Vergleicht man die Angebote untereinander in Bezug auf den ökologischen Nutzen, wird das Bike-Sharing-Angebot als am ökologisch attraktivsten eingestuft (4,39) und dem Wohnraum-Sharing wird der geringste ökologische Nutzen beigemessen (4,01). Der emotionale Nutzen wird insgesamt ebenfalls grundsätzlich positiv beurteilt. Am höchsten ist der wahrgenommene Nutzen für das Garten-Sharing. In diesem Angebot wird also ein relativ hoher Spaß-Faktor (3,8) gesehen. Beim sozialen Nutzen bestehen die höchsten Unterschiede zwischen den Sharing-Angeboten. Diese Komponente wird beim Bike-Sharing relativ schwach eingestuft (3,1), beim Wohn-Sharing (4,0) und Garten-Sharing (4,1) signifikant höher. Die soziale Norm wird mittel eingestuft. Die Befragten empfinden nur geringen „sozialen“ Druck, Sharing-Ansätze zu nutzen. Dies kann auch so interpretiert werden, dass in ihrem Umfeld Sharing-Ansätze nicht so ausgeprägt genutzt werden. Auch das Vertrauen in die Angebote liegt in einem mittleren Bereich (3,32), wird jedoch im Vergleich zu den anderen Faktoren am schwächsten beurteilt. Vergleicht man die Sharing-Angebote untereinander, ist das Vertrauen in das Teilen von Wohnraum signifikant geringer als bei den anderen Angeboten. 5.2.3 Wirkung der Einflussfaktoren auf das Sharing-Verhalten Analysiert man die statistischen Zusammenhänge zwischen allen gemessenen Einflussfaktoren und der Nutzungsabsicht über alle Sharing-Angebote hinweg, zeigen sich folgende Ergebnisse in einem Gesamtmodell: Den weitaus stärksten Einfluss hat die soziale Norm, d. h. der Eindruck, dass relevante Andere erwarten, dass man Sharing-Angebote nutzt. Weiter sind es das Vertrauen und der wahrgenommene emotionale Nutzen, welche die Bereitschaft, das Sharing-Angebot anzunehmen, beeinflussen. Alle anderen Faktoren haben (über alle getesteten Szenarien) einen nicht-signifikanten Einfluss auf die Nutzung (vgl. Abb. 5.7). Bei einem Vergleich der Zusammenhänge zwischen den Einflussfaktoren und der Nutzungsabsicht für die drei untersuchten Sharing-Cases zeigt sich, dass die soziale Norm und das Vertrauen in allen drei Konstellationen die wichtigsten Faktoren sind (vgl. Abb. 5.8, 5.9 und 5.10). Kleinere Unterschiede ergeben sich hinsichtlich der Relevanz der Nutzendimensionen. Beim eCargo-Bike-Sharing (vgl. Abb. 5.8) wirken nur die soziale Norm und das Vertrauen signifikant. Beim Wohnraum-Sharing (vgl. Abb. 5.9) haben sowohl der funktionale als auch der emotionale Nutzen einen signifikanten Effekt. Beim Garten-Sharing (vgl. Abb. 5.10) ist es ebenfalls der emotionale Nutzen, der eine Rolle spielt. 52 5 Externe Einflussfaktoren Empirische Erkenntnisse zur Bewertung von Sharing-Angeboten … User-bezogene Einflussfaktoren Verhalten Vertrauen .20* Funktionaler Nutzen Angebote - Bike-Sharing - Wohn-Sharing - Garten-Sharing Sozialer Nutzen n.s. n.s. .12* SharingTeilnahme: Nachfrage / Nutzung Emotionaler Nutzen .58* Soziale Norm n.s. Persönlichkeit Abb. 5.7 Stärke des Einflusses der Faktoren auf die Nutzungsabsicht über alle Sharing-Angebote hinweg. (Anmerkung: *signifikante/statistisch relevante Regressionskoeffizienten: 1 = perfekter Zusammenhang, 0 = überhaupt keinen Zusammenhang) Externe Einflussfaktoren User-bezogene Einflussfaktoren Vertrauen Bike-Sharing Verhalten .19* Funktionaler Nutzen n.s. Sozialer Nutzen n.s. .17* SharingTeilnahme: Nachfrage / Nutzung Emotionaler Nutzen .58* Soziale Norm n.s. Persönlichkeit Abb. 5.8 Stärke des Einflusses der Faktoren auf die Nutzungsabsicht für Bike-SharingAngebote. (Anmerkung: *signifikante/statistisch relevante Regressionskoeffizienten: 1 = perfekter Zusammenhang, 0 = überhaupt kein Zusammenhang) 5.2 Studienergebnisse Externe Einflussfaktoren 53 User-bezogene Einflussfaktoren Vertrauen Wohnraum-Sharing Verhalten .32* Funktionaler Nutzen .15* Sozialer Nutzen n.s. .11* SharingTeilnahme: Nachfrage / Nutzung Emotionaler Nutzen .40* Soziale Norm n.s. Persönlichkeit Abb. 5.9 Stärke des Einflusses der Faktoren auf die Nutzungsabsicht für Wohnraum-SharingAngebote. (Anmerkung: *signifikante/statistisch relevante Regressionskoeffizienten: 1 = perfekter Zusammenhang, 0 = überhaupt keinen Zusammenhang) Externe Einflussfaktoren User-bezogene Einflussfaktoren Verhalten Vertrauen .19* Garten-Sharing Funktionaler Nutzen n.s. Sozialer Nutzen n.s. .25* SharingTeilnahme: Nachfrage / Nutzung Emotionaler Nutzen .45* Soziale Norm n.s. Persönlichkeit Abb. 5.10 Stärke des Einflusses der Faktoren auf die Nutzungsabsicht für Garten-SharingAngebote 54 5.3 5 Empirische Erkenntnisse zur Bewertung von Sharing-Angeboten … Fazit Zur Beantwortung der Forschungsfragen können als Zusammenfassung folgende Punkte festgehalten werden: Wie reagieren die Zielgruppen auf die unterschiedlichen Sharing-Angebote? Grundsätzlich begrüßen die Befragten die in der Umfrage vorgestellten SharingAngebote: Einem Großteil der Studienteilnehmer gefallen die Angebote. Die Absicht, diese Sharing-Angebote zu nutzen, ist über die gesamte Stichprobe auf einem mittleren Niveau. Sharing ist nicht für alle Personen von Interesse. Grundsätzlich gibt es aber einen relativ hohen Anteil in der befragten städtischen Bevölkerung in der deutschsprachigen Schweiz, die durchaus bereit sind, Sharing-Angebote zu nutzen. Damit kann eine Tendenz zu suffizienzförderndem Verhalten durch Sharing festgestellt werden. Deutlich mehr Personen sind sogar der Meinung, dass andere solche Angebote gerne nutzen würden. Wie wird der Nutzen der Sharing-Angebote wahrgenommen? Von den Nutzenkomponenten wird der ökologische Nutzen der Sharing-Angebote hoch eingestuft. Dies stützt zusätzlich das festgestellte Suffizienz-Potenzial. Dabei wurde in der Befragung allen Angeboten (Wohn-Sharing, eCargo-Bike-Sharing und Garten-Sharing) ein positiver funktionaler Nutzen zugeschrieben. Für das Wohn- und Garten-Sharing sieht die befragte Bevölkerung auch einen positiven sozialen Nutzen. Der emotionale Nutzen steht vor allem beim Garten-Sharing im Vordergrund. Eher in einem mittleren Bereich sind die soziale Norm und das Vertrauen. Insbesondere dem Wohn-Sharing Angebot wird wenig Vertrauen geschenkt. Wie stark ist die Absicht, das Sharing-Angebot zu nutzen, und welche Faktoren haben einen signifikanten Einfluss auf die Nutzung der einzelnen SharingAngebote? Die soziale Norm und das Vertrauen sind für alle Sharing-Angebote die wichtigsten Einflussfaktoren bezüglich der Absicht, die Sharing-Angebote zu nutzen. Abgesehen von diesen beiden Faktoren beeinflussen bei den verschiedenen Angeboten jedoch zusätzlich jeweils unterschiedliche Einflussfaktoren die Verhaltensabsicht. Beim Bike-Sharing ist es der emotionale Nutzen und für das Wohn-Sharing-Angebot hingegen ist der funktionale Nutzen ein relevanter Einflussfaktor. Beim Garten-Sharing haben keine weiteren Faktoren einen bedeutenden Einfluss. Ansonsten konnten keine signifikanten Zusammenhänge zwischen den Persönlichkeitsfaktoren (Sharing-Neigung, Materialismus etc.) und der Verhaltensabsicht nachgewiesen werden. Aus den Ergebnissen lässt sich ableiten, dass das Vertrauen eine hohe Bedeutung hat, für die betrachteten Cases aber relativ schwach ausgeprägt ist. Vertrauensbildende Maßnahmen würden die Verbreitung der Angebote also unterstützen. Ähnliches gilt für Literatur 55 die soziale Norm, also das Gefühl, dass das soziale Umfeld der Befragten es gutheißen würde, wenn man sich am Sharing beteiligt. Hier bestehen vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten, wie Vorbildfunktion übernehmen, Rollenbilder zeigen, Opinion Leader in der Kommunikation einsetzen oder eine Sharing Community aufbauen. Literatur 1. ITDP Institute for Transportation & Development Policy. (2013). The bike-share planning guide. New York: ITDP. 6 Entwicklung einer Sharing-Strategie in Städten 6.1 Sharing-Strategie-Framework für Städte Das Strategie-Framework gibt Städten ein Instrument an die Hand, das das komplexe Thema analysier- und steuerbar macht. Das Framework dient zum einen dazu, sich in Bezug auf die Sharing Economy zu positionieren. Zum anderen helfen die einzelnen Module des Frameworks, die Komplexität des Themas zu entschlüsseln und Abhängigkeiten zwischen einzelnen Aspekten aufzuzeigen. Vorab soll hier darauf hingewiesen werden, dass politische Ziele des Bundes für Bundesländer/Kantone und Städte oft Grundlage für die Formulierung politischer Agenden auch in Bezug auf Sharing bilden. So stützen sich beispielsweise die politischen Ziele im Bereich Sharing der Stadt St.Gallen auf das Energiekonzept 2050. Sharing wird hier deshalb insbesondere mit einer nachhaltigeren Stadt und Gesellschaft diskutiert. Die Verknüpfung mit übergreifenden Rahmenwerken entscheidet deshalb oft auch, aus welcher Perspektive Sharing betrachtet und in welchem Kontext Sharing gefördert werden kann. Das Framework besteht aus sechs Elementen (vgl. Abb. 6.1). Die zu definierende Sharing-Strategie wird grundsätzlich von der Grundhaltung der Stadtverwaltung determiniert. Es existieren starke Unterschiede zwischen dem Charakter von Städten, wie etwa ökologisch orientierte Städte oder stärker wirtschaftlich orientierte Städte. Die Grundhaltung ist teilweise historisch bedingt und hängt auch mit den politischen Mehrheitsverhältnissen in der Stadt zusammen. Die eigentliche Sharing-Strategie wird von der Stadt formuliert, um die von der Stadt angestrebte Richtung im Bereich Sharing explizit zu machen. Für ein strategisches Vorgehen empfiehlt es sich, konkrete Ziele im Rahmen der Sharing-Strategie zu definieren. Der Kontext, für den Sharing betrachtet wird, ist ebenfalls zu definieren. Weiterhin sind die Stakeholder zu identifizieren, die bei den strategischen Überlegungen einbezogen werden sollten. Und schließlich gilt es, konkrete Maßnahmen festzulegen, die die Strategie operationalisieren. © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 D. Georgi et al., ShareCity, https://doi.org/10.1007/978-3-658-23700-4_6 57 58 6 Entwicklung einer Sharing-Strategie in Städten ShareCity-Strategie Grundhaltung der Stadt Ziele Kontext Stakeholder SharingAngebote Maßnahmen Abb. 6.1 Kernmodule der Sharing-Strategie Die folgenden Abschnitte dienen dazu, das Entwickeln einer Sharing-Strategie zu ermöglichen. Die von der Stadt angestrebte Richtung im Bereich Sharing soll definiert und beschrieben werden, um so als Richtschnur für die zukünftigen Projekte und Maßnahmen der Stadt dienen zu können. Die Sharing-Strategie beschreibt Ziele, priorisierte Sharing-Kontexte, relevante Stakeholder sowie Maßnahmen bzw. sogenannte Stellhebel, wie z. B. Förderung und Regulierungen. Die folgenden Abschnitte diskutieren die entsprechenden Elemente. 6.2 Grundhaltung der Stadt 59 ShareCity-Strategie-Elemente Der ShareCity-Strategie-Framework umfasst sechs Kernmodule einer Sharing-Strategie von Städten. Die sechs Module bedingen und beeinflussen sich gegenseitig. Trotzdem sollen sie hier einzeln diskutiert werden. Ziel ist es, einen Überblick über die Komponenten der einzelnen Module zu geben. Dadurch wird das komplexe Thema in Einzelteile zergliedert und handhabbar gemacht. Gleichzeitig werden Zusammenhänge mit anderen Modulen der Strategie hervorgehoben und zentrale Fragestellungen, die es zu beantworten gilt, thematisiert. 6.2 Grundhaltung der Stadt Sharing ist ein neues – und gleichzeitig ein altes Phänomen. Denken wir nur an Bibliotheken, wo wir schon seit jeher das Tauschen von Büchern praktizieren. Der neue Begriff „Sharing“ markiert deshalb insbesondere die große Bedeutung, die das Teilen im digitalen Zeitalter erhalten hat. Wir teilen Neuigkeiten auf Plattformen wie Facebook, Twitter oder Instagram. Wir teilen aber auch Bücher, Filme, Wohnungen, Autos, E-Bikes oder technische Geräte über digitale Plattformen. Dieser Entwicklung kann man unterschiedlich gegenübertreten. Im Zusammenhang mit den Forschungen zu diesem Buch wurden drei Haltungen identifiziert, die von Städten hauptsächlich eingenommen werden: Aktiv, reaktiv und beobachtend. Selbstverständlich sind die drei Haltungen in der Realität nicht exakt anzutreffen, vielmehr treten sie in Mischformen auf. Die drei Typen sollen beschreiben, also eher die Hauptstoßrichtung skizzieren, die die Stadt in Bezug auf Sharing einnimmt. Ein Experte betonte beispielsweise, dass man sich als Stadt zwischen „gestalten“ und „verwalten“ entscheiden muss. Die drei typischen Grundhaltungen können gekennzeichnet werden als: 1) Die Stadt als aktiver Gestalter; 2) die Stadt, die bei Handlungsbedarf reagiert; 3) die Stadt als Beobachter von Sharing. Die Tabelle (vgl. Tab. 6.1) gibt eine Übersicht über die drei Typen und ihre Hauptmerkmale. Reaktives Verhalten von Städten ist oft dann zu beobachten, wenn unschöne Begleiterscheinungen der Digitalisierung, wie jene des verzerrten Wettbewerbs, zu offensichtlich werden. Ein klassisches Beispiel hierfür ist die Konkurrenz zwischen angestammten Taxis und neuen Fahr-Service-Angeboten, wie z. B. Uber. Es geht Städten dann oft darum, solche Begleiterscheinungen der Digitalisierung durch Regulierung in den Griff zu bekommen. Dieses Verhalten ist auch in der nationalen Gesetzgebung erkennbar: Weil in der Schweiz beispielsweise das Geldspielgesetz durch die Angebote im Internet leicht umgangen werden kann, hat der Bundesrat und das Parlament jüngst einen virtuellen Grenzzaun rund um ein vermeintlich national kontrollierbares Internet diskutiert. Die Wirksamkeit solcher Netzsperren wird von Fachleuten stark angezweifelt, weil das Internet zahlreiche Möglichkeiten bietet, diese zu umgehen. Es gilt deshalb kritisch abzuwägen, ob es bei der Einführung neuer Regelungen tatsächlich, wie in diesem Fall behauptet wird, um den Schutz der Spielsüchtigen geht, oder ob die Maßnahmen insbesondere traditionelle Kasinobetreiber vor neuer Konkurrenz schützen 60 6 Entwicklung einer Sharing-Strategie in Städten Tab. 6.1 Übersicht Grundhaltungen der Stadt Typen Charakteristiken Beispiele Aktiv Gestaltend Schwerpunkte setzend Kommentierend Die Stadt bringt sich aktiv in das SharingGeschehen ein, indem sie selbst Sharing-Angebote entwickelt. Stadträumlichkeiten werden beispielsweise außerhalb der Bürozeiten für Kulturanlässe zur Verfügung gestellt. Sharing-Initiativen können auch finanziell oder mit Sachunterstützung gefördert werden Reaktiv Aktiv bei Handlungsbedarf Die Stadt reagiert, wenn durch Sharing-Initiativen Handlungsdruck entsteht, und erlässt beispielsweise Regulatorien im Hinblick auf die Vermietung von Wohnungen auf Airbnb Beobachtend Das Geschehen registrierend In der Stadt mag es Sharing-Initiativen geben, die Stadt bleibt dahin gehend aber passiv. Stattdessen wird die Entwicklung aktiv verfolgt sollen (vergleiche dazu [1]). Regelungen, die beispielsweise der Buchungsplattform booking.com verbieten wollen, ihre Geschäftsbedingungen so zu definieren, wie sie das tut (dass die Hotelzimmer beispielsweise nirgendwo sonst im Internet günstiger angeboten werden dürfen), werden hier als protektionistisch diskutiert, weil es den Hotels weiterhin freigestellt ist, diesen Dienst in Anspruch zu nehmen. Die Balance zu finden, zwischen dem Erhalt traditioneller, hochwertiger Services und dem Zulassen von innovativem Unternehmertum, dürfte für Städte in Zukunft eine zentrale Herausforderung darstellen. Erkannt wurde die Spannung in der Sharing Economy zwischen Regulierung und Innovation vor einigen Jahren. Bereits 2014 veranstaltete der private Interessensverbund der Sharing Economy Sharecon einen Anlass mit dem entsprechenden Titel „Regulation“. Die beobachtende Haltung kann insofern interessant sein, als eine solche im Zusammenhang mit der Förderung von Kreativität und Innovation in Städten positiv diskutiert wird. Die passive, beobachtende Haltung ermöglicht es externen Akteuren aus der Bevölkerung und Wirtschaft, aktiv zu werden. Glaeser und Kerr (2010) [2] schlagen im Zusammenhang mit unternehmerischen Städten deshalb sogar vor, dass die „wirtschaftlich beste Strategie wäre, intelligente Leute zu finden und ihnen aus dem Weg zu gehen.“ [2]. 6.3 Ziele 6.3.1 Überblick und Zielkategorien Sharing kann die Ziele einer Stadt direkt oder indirekt unterstützen. Städte sollten sich deshalb überlegen, welche Ziele mit Sharing verfolgt werden sollen. Ziele sollten zumindest mit den übergeordneten Zielen der Stadt kompatibel sein – sie können diese aber auch weiterführen oder ergänzen. 6.3 Ziele 61 Die Sharing Economy im urbanen Raum kann die Ziele einer Stadt fördern, aber auch behindern. Sharing-Angebote wie beispielhaft Uber oder Airbnb können Strukturen und Regeln, die Städte beispielsweise aus Sicherheitsgründen oder Gründen der Marktregulierung eingeführt haben, aushebeln. So führen subventionierte Stadtwohnungen beispielsweise nicht zu sozialer Kohäsion, wenn diese illegal auf Airbnb untervermietet werden. Business-Logiken kollidieren somit mit Logiken des öffentlichen Interesses. Mit anderen Worten unterwandert eine zahlungsbereite Kundschaft die sozialen und ökologischen Ziele der Stadt [3]. Cohen und Munoz (2016) [3] sehen hier die Möglichkeit, hybride Modelle zu entwickeln. Diese sollen sowohl die Logik der Marktkräfte als auch soziale oder ökologische Ziele adressieren. Wollen Städte Sharing also aktiv mitgestalten, sollten sie deshalb nach Möglichkeit ökonomische, ökologische und soziale Ziele im Blick haben. Aussagen aus den qualitativen Interviews bestätigen die Bedeutung solcher hybriden Modelle für die Realisierung von Sharing: „Im Moment verharrt die Verwaltung in der Verwaltungslogik. Die Unternehmen und Zivilgesellschaft hingegen verharren in ihrer Logik. Stattdessen bräuchte es jemand, der die Kommunikation zwischen diesen Logiken organisieren könnte. […] Die Stadt muss sich in der Rolle vom Kommunikator sehen. In die Richtung ‚intermediär‘ müsste es gehen.“ Wenn es darum geht, Ziele von Sharing festzulegen, kann eine Fokussierung auf die Wirkung von Sharing in Bezug auf das nachhaltige Leben in Städten erfolgen. Die drei Nachhaltigkeitsdimensionen (ökologisch, ökonomisch, sozial) dienen hier deshalb als Grundstruktur für die Beschreibung von Sharing-Zielen. Ziele lassen sich deshalb auf der ökologischen, auf der sozialen und auf der wirtschaftlichen Ebene beschreiben. Eine positive Wirkung von Sharing Economy im Stadtraum sollte grundsätzlich auf keine der drei Dimensionen eine negative Auswirkung haben. Sharing sollte sozial, ökologisch und ökonomisch sinnvoll sein. Es ist klar, dass es auch hier immer Vor- und Nachteile abzuwägen gilt. Führt beispielsweise eine Initiative aus der Sharing Economy zu Innovationen, ist abzuwägen, ob ein kurzfristiger ökonomischer Nachteil sich allenfalls längerfristig zu einem Vorteil entwickeln könnte. Tab. 6.2 illustriert Nachhaltigkeitsziele mit Beispielen. Die Beispiele sind entsprechend den drei Ebenen der Nachhaltigkeit organisiert. 6.3.2 Ökonomische Ziele Städte haben auf wirtschaftlicher Ebene unterschiedliche Ziele. Ein zentrales Ziel ist ein hoher Beschäftigungsgrad in der Bevölkerung. Hierzu kann Sharing durch die Schaffung neuer Einkommensmöglichkeiten beitragen, insbesondere durch Peer-to-PeerPlattformen. Für die Stadt bedeutet dies eine Reduzierung der Sozialkosten. Weiterhin ist die Innovationsfähigkeit der lokalen Wirtschaft ein Ziel von Städten. Viele internationale Innovationen sind im Bereich Sharing Economy angesiedelt. Durch eine Fokussierung auf Sharing kann die lokale Wirtschaft einer Stadt an international relevanten Neuentwicklungen mitwirken. Die Folge ist die Absicherung der 62 6 Entwicklung einer Sharing-Strategie in Städten Tab. 6.2 Exemplarische Ziele von Städten, die durch Sharing unterstützt werden können Zielkategorie Ziel Beispiel für mögliche Sharing-Wirkung Ökonomisch Hoher Beschäftigungsgrad Neue Einkommensmöglichkeiten für Einwohner In der Folge weniger Ausgaben für Sozialleistungen Sozial Ökologisch Innovationsfähigkeit der lokalen Wirtschaft Förderung des Startup-Mikrokosmos im Bereich Sharing Economy; Steuereinnahmen; Standortattraktivität Profitabilität der lokalen Wirtschaft Kosteneinsparungen durch geteilte Ressourcen Verbessertes Stadtbild durch bessere Raumnutzung Durch Parkplatz-Sharing und andere Verkehrs-Sharing-Ansätze beispielsweise Notwendigkeit von weniger Parkplätzen Verbesserung der Mobilität in Randbezirken Durch Sharing beispielsweise bessere Verkehrsinfrastruktur in Gegenden oder zu Zeiten, in/zu denen kein öffentlicher Verkehr angeboten wird Erhöhung der sozialen Interaktion Durch Ansätze wie Wohn-Sharing oder Eat-Sharing wird der soziale Austausch erhöht und damit der Segregation entgegengewirkt Generationen-Integration Wohnkomplexe mit SharingElemente und insbesondere Mehrgenerationen-Wohnen Weniger Verkehr Car-Sharing (wenn es zu weniger Autokäufen und nicht weniger ÖV-Nutzung führt) Weniger Ressourcenverbrauch durch Unternehmen Gemeinsame Verwendung von Gebrauchsgütern; Weiterverwendung von aussortierten Gegenständen („Second-Hand-Nutzung“) Dadurch weniger Energie für Transport, für Produktion und weniger Abfall Weniger Ressourcenverbrauch durch Private Durch Sharing-Ansätze Wieder-/ Weiterverwendung von Gegenständen/ Ressourcen, z. B. gemeinsame Nutzung von Gegenständen, Food-Sharing Steuereinnahmen sowie die Sicherstellung der Standortattraktivität. Gerade auch das Sharing von Ressourcen zwischen Unternehmen kann zu einer Stärkung der Wirtschaft beitragen. Die Clustertheorie zeigt, wie Innovation und konventionelles Wirtschaftswachstum durch die Interaktion und den Austausch von Fachkräften und Forschungsressourcen erzeugt werden kann. Als Beispiel hierfür gilt das Silicon Valley [4]. 6.3 Ziele 63 Auch die Profitabilität der lokalen Wirtschaft ist ein Ziel von Städten. Viele Einzelhändler an erstklassiger Lage in der Innenstadt sind oft mit hohen Mieten konfrontiert. Dazu kommt der Online-Handel, der dem Einzelhandel zusetzt. Das Aufgeben der Geschäftstätigkeit von lokalen Unternehmen und leerstehende Geschäftsräume in Innenstädten sind die Folge. Dies ist jedoch nicht im Interesse der Städte. Hier kann Sharing auf der Kostenseite zur Profitabilität der lokalen Einzelhändler beitragen. Ein Beispiel sind Shop-Sharing-Ansätze, durch die Einzelhändler ihre Mietkosten reduzieren können, indem kleine Marken und Popup-Stores, die nicht das nötige Kapital haben, Verkaufsflächen an zentraler Lage anzumieten, sich bei bestehenden Einzelhändlern einmieten (vgl. Abb. 6.2). Dies bietet viele Vorteile für alle Beteiligten. Das bestehende Unternehmen kann seine Ladenflächen optimaler nutzen, hat durch die Vermietung eine neue Einnahmequelle und profitiert zudem von neuen potenziellen Kunden. Die Popup-Stores profitieren von Präsenz an bester Lage, und die Straßen in den Innenstädten bleiben attraktiv und belebt. 6.3.3 Soziale Ziele Auch in sozialer Hinsicht kann Sharing einen Beitrag zu den Zielen einer Stadt leisten. So kann das Ziel „Verbessertes Stadtbild durch bessere Raumnutzung“ durch Sharing unterstützt werden. Durch Sharing-Ansätze, wie Wohn-Sharing oder Parkplatz-Sharing, kann das Stadtbild durch eine verringerte Zahl benötigter Flächen für Parkplätze und somit mehr Grünflächen verschönert werden [4, 5]. Weiterhin kann die Mobilität in Randbezirken verbessert werden. Mit Sharing-Ansätzen kann ein schwaches Angebot des öffentlichen Nahverkehrs in bestimmten Gegenden oder zu bestimmten Zeiten kompensiert werden. Dadurch wird die Integrationsfähigkeit der Einwohner dieser Gegenden erhöht. Viele Städte streben die Erhöhung der sozialen Interaktion an, sprich den Austausch in der Bevölkerung generell oder zwischen bestimmten Bevölkerungsgruppen speziell. Der Grad der sozialen Interaktion wird generell als Quelle von sozialer Stabilität gesehen und einer Stärkung der Gesellschaft gegenüber potenziellen negativen Einflüssen. Auch der soziale Austausch zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen, z. B. unterschiedlicher Herkunft, erhöht die Integration verschiedener Subgruppen und damit die Stabilität der Gesellschaft. Ein Teilziel diesbezüglich ist auch die Integration der Generationen, insbesondere sicherzustellen, dass ältere Mitglieder der Gesellschaft nach wie vor am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können. Hier können beispielsweise Wohn-Sharing-Ansätze im Sinne eines Mehrgenerationen-Wohnens einen Beitrag leisten. Bei solchen Ansätzen wohnen bewusst jüngere und ältere Generationen in einem Mehrfamilienhaus bzw. einem gesamten Wohnkomplex und unterstützen sich gegenseitig. Beispielsweise übernehmen Jüngere Einkaufsgänge für Ältere, und Senioren übernehmen die Kinderbetreuung für junge Familien. 64 6 Entwicklung einer Sharing-Strategie in Städten Abb. 6.2 Beispiel Shop-Sharing in Basel. (Quelle: 20min.ch) Beispiel: Mehrgenerationenhaus Giesserei in Winterthur In der „Giesserei“, einem Mehrgenerationenhaus, wohnen Menschen aller Altersgruppen und Lebensformen. Die nach ökologischen Grundsätzen errichtete Überbauung umfasst rund 150 Wohnungen und diverse Gewerberäume verschiedenster Größen und bietet rund 300 Menschen ein Zuhause. Den Kern bildet eine altersdurchmischte 6.3 Ziele 65 Siedlung, die das Verständnis zwischen den Generationen und die Solidarität unter den Bewohnern fördert. Dazu gehört auch die Integration von unterstützungsbedürftigen Personen, für die ebenfalls Wohn- und Arbeitsraum zur Verfügung steht. Alle Bewohner übernehmen, soweit sie dazu in der Lage sind, 36 Arbeitsstunden im Jahr, um gemeinschaftliche Aufgaben zu erledigen. Eine vielfältige Gemeinschaftsinfrastruktur, zu der u. a. Veranstaltungsräume und Werkstätten gehören, bietet die räumliche Voraussetzung für alle möglichen Aktivitäten, die das Zusammenleben in der Siedlung bereichern (www.giesserei-geswo.ch). 6.3.4 Ökologische Ziele Gerade vor dem Hintergrund von Suffizienz ist die ökologische Nachhaltigkeit eine zentrale Wirkung von Sharing. Ökologische Wirkungen, welche die der Nutzung von Sharing-Economy-Angeboten zugeschrieben werden, sind vor allem Ressourceneffizienz und Ressourcenschonung. Ökologische Nachhaltigkeit kann dadurch entstehen, dass bereits existierende Ressourcen mehrfach genutzt werden und die Anschaffung weiterer Ressourcen vermieden wird. Auch verschiedene Sharing-Initiativen sind mit diesem Ziel entstanden. Ein typisches Ziel von Städten ist die Reduzierung des Verkehrs in der Stadt. Dadurch würden diverse Wirkungen erzielt, angefangen von weniger Energieverbrauch über weniger Umweltverschmutzung zu weniger Verkehrsrisiken. Verschiedene Sharing-Ansätze im Mobilitätsbereich können dieses Ziel unterstützen. Weiterhin streben viele Städte eine Reduzierung des Ressourcenverbrauchs durch Unternehmen an. Sharing-Ansätze im gewerblichen Bereich, die beispielsweise die gemeinsame Nutzung von Werkzeugen durch benachbarte Unternehmen ermöglichen, können hierzu beitragen. Auch eine Reduzierung des Ressourcenverbrauchs durch Private kann mit SharingAnsätzen forciert werden. Durch Plattformen wie sharely.ch, auf denen Alltagsgegenstände getauscht und vermietet werden, oder durch Food-Sharing-Plattformen kann der Ressourcenverbrauch verringert werden. 6.3.5 Kontext Der Kontext beschreibt, auf welchen Ebenen Sharing allgemein oder eine bestimmte Sharing-Initiative wirken sollen. Geografische, topografische, meteorologische Aspekte oder Gegebenheiten wie Bevölkerungsdichte oder sozioökonomische Kriterien der Bewohner haben Einfluss auf die Möglichkeiten einer Sharing-Initiative. So wirkt sich eine flache Topografie beispielsweise günstig auf das Bike-Sharing aus [6]. Beim Car-Sharing spielt die Bevölkerungsdichte eine Rolle. Je dichter ein Gebiet bewohnt ist, desto größer sind die potenzielle Nachfrage und dementsprechend auch das Angebot [7]. Insgesamt wirken sich Merkmale des urbanen Raums, wie allgegenwärtige Informationsund Kommunikationstechnologie sowie die Bevölkerungsdichte, positiv auf die Nutzung 66 6 Entwicklung einer Sharing-Strategie in Städten von Sharing-Economy-Angeboten aus. Teilweise können Sharing-Angebote auch bestimmte Teile einer Stadt betreffen. Von den in der Presse stark diskutierten negativen Wirkungen von Airbnb auf den Wohnungsmarkt sind in großen Städten, wie Zürich oder Berlin, meist nur bestimmte Stadtviertel betroffen. Auch im Hinblick auf positive Wirkungen können Sharing-Ansätze eine unterschiedliche Relevanz in unterschiedlichen Teilen der Stadt haben. Garten-Sharing-Ansätze sind beispielsweise eher für Bezirke der Innenstadt relevant. Eine wichtige Entscheidung in Bezug auf den Kontext der Sharing-Strategie sind damit die Kontextebenen, die bei einzelnen Entscheidungen relevant sind. Folgende Ebenen können dabei differenziert werden: • • • • • Greater Area Stadt Quartier Straße Wohnkomplex/-gebäude Übergeordnet spielen auch der Charakter einer Stadt und die vorhandenen wirtschaftlichen Strukturen eine Rolle. In einer eher konservativ geprägten Stadt ist die Verbreitung von Sharing als innovatives Konzept schwieriger als in einer Stadt, die primär ökologisch orientiert ist und schon immer viel experimentiert hat. Die wirtschaftlichen Strukturen einer Stadt, bspw. ob die Wirtschaft mehrheitlich von Kleingewerbe oder von großen Einzelhändlern geprägt ist, oder ob klassische Strukturen die lokale Wirtschaft auszeichnen, können das Aufkommen oder Wegbleiben von Sharing-Initiativen beeinflussen. Beispiel: Sharing City Seoul – Städtische Probleme lösen durch Sharing Die „Sharing City“ Seoul mildert unterschiedliche soziale Probleme durch die Förderung geteilter Nutzung von öffentlichen und privaten Ressourcen. Gleichzeitig wird bürgerliches Engagement und die Unterstützung lokaler Unternehmen gefördert. Die Städtische Regierung Seouls lancierte die „Sharing City Seoul Initiative“, um die Grundlage für Sharing aufzubauen und zu erweitern. Es besteht ein Plan, um Sharing-Projekte zu implementieren, die engen Bezug zum städtischen Leben der Bürger/innen aufweisen. Die Regierung sieht die „Sharing City Seoul Initiative“ als Maßnahme zur sozialen Innovation. Sie ist konzipiert, um neue ökonomische Möglichkeiten zu kreieren, um verlässliche Beziehungen wiederherzustellen und um Abfall und Ressourcenverbrauch zu reduzieren, mit Blick auf die Lösung von ökonomischen, sozialen und ökologischen Problemen im städtischen Raum. Die Sharing City ist eine Kollaboration von verschiedenen Parteien. Die Regierung entwickelt und implementiert unterschiedliche Strategien und Politiken, die die Grundlage der „Sharing City Initiative“ bilden. Unternehmen und Organisationen teilen ihre Erfahrungen und beteiligen sich an gemeinschaftlichen Sharing-Projekten. 6.3 Ziele 67 Der ShareHub vermarktet durch online- und offline-Kanäle die positiven Wirkungen von Sharing gegenüber der Bevölkerung und verbindet die städtische Regierung, die Unternehmen und Bürger/innen miteinander (http://english.sharehub.kr/). 6.3.6 Stakeholder Sharing ist ein Querschnittsthema, das in einer Stadtverwaltung unterschiedliche Abteilungen betrifft. Zusätzlich betrifft es auch unterschiedlichste Stakeholder außerhalb der Stadtverwaltung, wie das Gewerbe, Vereine und Verbände sowie Einwohnerinnen und Einwohner. Es empfiehlt sich, die Betroffenen sinnvoll einzubinden und frühzeitig zu „Mitgestaltern“ zu machen, wenn eine Sharing-Initiative in einer Stadt eine positive Wirkung entfalten soll. Dabei sind folgende „Stakeholder-Gruppen“ zu berücksichtigen: Einwohner Ihre Einbeziehung ist wichtig, da eine Verbreitung des Sharing davon abhängig ist, dass sich möglichst viele Einwohner daran beteiligen. Eine frühzeitige Einbindung im Rahmen der Sharing-Strategie kann dazu beitragen, das Sharing in der Stadt eher an den Bedürfnissen der Bevölkerung auszurichten und damit eine Beteiligung an für die Stadt sinnvollen Sharing-Ansätzen frühzeitig sicherzustellen. Stadt-Administration Die Mitarbeitenden der Stadt kennen die Erfahrungen, Herausforderungen, Probleme und Lösungsmöglichkeiten in ihrem Funktionsbereich. Die Angestellten des Umweltamtes beispielsweise sind Fachleute in diesem Gebiet und haben einen Überblick über Initiativen, die mit Umweltthemen zu tun haben. Ihr Einbezug stellt sicher, dass auf Sharing-Ansätze fokussiert wird, die eine positive Umweltwirkung haben können. Gleiches gilt für weitere Funktionen innerhalb der Stadtorganisation, wie Quartiersentwicklung, Verkehr, Wirtschaft usw. So können die verschiedenen Zielkategorien durch die verschiedenen Fachleute der Stadt-Administration abgedeckt werden. Die Mitarbeitenden der Stadtverwaltung haben gleichzeitig einen Vorbildcharakter gegenüber der Bevölkerung und können somit bei entsprechender Einbeziehung – im Sinne der „sozialen Norm“ als wichtigem Einflussfaktor der Sharing-Nutzung – die Nutzung der Sharing-Ansätze mitunterstützen. Sharing-Initiativen Sharing-Initiativen spielen eine wichtige Rolle bei der Gestaltung und Umsetzung einer Sharing-Strategie in der Stadt. Meist gibt es in den Städten bereits Sharing-Initiativen. Dies können Online-Plattformen sein, sei es nationale oder internationale Plattformen, die eben auch in der betroffenen Stadt Anwendung finden, oder lokale Plattformen. Außerdem können „Offline“-Initiativen eingebunden werden, sei es neuere (wie z. B. Ostsinn in St.Gallen) oder traditionelle Initiativen (z. B. Quartiersbibliothek). Die Einbeziehung von Sharing-Initiativen stellt sicher, dass bereits gemachte Erfahrungen im Sharing-Bereich für die Sharing-Strategie der Stadt genutzt werden. 68 6 Entwicklung einer Sharing-Strategie in Städten Zudem wirkt sich ein solch kooperativer Ansatz positiv auf die Motivation der Sharing-Initiativen und ihre Mitwirkung bei der Strategieentwicklung und -umsetzung aus. Lokale Wirtschaft/Verbände Von der traditionellen lokalen Wirtschaft wird Sharing – falls überhaupt wahrgenommen – bisher eher negativ betrachtet. Insbesondere Branchen, die von Sharing-Ansätzen konkurrenziert werden, wie dies beispielsweise bei der Hotelbranche durch Airbnb oder bei Taxis durch Uber der Fall ist, haben eine eher ablehnende Haltung. Durch entsprechende Berichterstattung ist auch in der breiteren Öffentlichkeit teilweise eine negative Sicht auf die Sharing Economy zu beobachten. Dabei kann die Sharing Economy Chancen für die bestehende Wirtschaft mit sich bringen. Beispielsweise ist es vorstellbar, dass durch Sharing-Ansätze in bestimmten Produktkategorien einheimische höherpreisige Produkte im Vergleich zu „Billigimporten“ mehr Verbreitung finden könnten. Die Aufgabe einer Sharing-Strategie in Bezug auf die bestehende Wirtschaft kann es zunächst sein, diese dabei zu unterstützen, bestehende Chancen zu nutzen. Dies kann beispielsweise durch Shop-Sharing-Ansätze zur Belebung der Innenstädte geschehen oder durch Seminarangebote im Sinne von „Innovationspotenzialen durch Sharing“. Gleichzeitig kann es sinnvoll sein, Widerstände gegen Sharing-Entwicklungen, die sich positiv auf die Stadt insgesamt auswirken können, abzubauen, und gleichzeitig die lokale Wirtschaft dabei zu unterstützen, sich auf neue Entwicklungen einzustellen. Einer Stadt hilft es mittelfristig meist nicht, wenn sich die lokale Wirtschaft auf alten Gepflogenheiten ausruht und sich nicht weiterentwickelt. Ein solcher Einbezug der Stakeholder kann auch institutionalisiert werden, beispielsweise als Sharing Promotion Committee oder Sharing Hub, etc. in dem alle erwähnten Stakeholder-Gruppen mit einer Person Einsitz haben und sich regelmäßig zu Sharing-Initiativen in der Stadt austauschen. Dabei geht es unter anderem auch darum, zwischen unterschiedlichen Stakeholder-Gruppen Vertrauen zu entwickeln und damit die mit den Stadtzielen übereinstimmenden Sharing-Initiativen grundlegend zu fördern. Datenschützer Für Sharing-Anbieter sind Daten unabkömmlich. Ohne das Sammeln von Informationen über die Nutzer kann z. B. ein Freefloating-Car-Sharing-Anbieter nicht wissen, welche Person wann wie lange und wie weit und wohin gefahren ist. Nur mit diesen Informationen kann die App anzeigen, wo sich das erstbeste Fahrzeug befindet. Der Einbezug eines Datenbeauftragten bei neu auftretenden Sharing-Anbietern ist wichtig, um Klarheit zu schaffen, welche Daten erhoben werden dürfen und wie sie ausgewertet resp. weiterver-wertet werden dürfen. Beispiel: Sharing partizipativ angehen -Ein konkretes Projekt aus dem Quartier Remishueb der Stadt St.Gallen Das Quartier Remishueb der Stadt St. Gallen ist ein Pilotquartier der Stadt St.Gallen im Rahmen der Smart-City-Initiativen der Stadt. In diesem Kontext ist auch Sharing immer wieder Thema, etwa in den bearbeiteten Themenclustern Partizipation, Mobilität, Wohnen, Energie und Ökologie sowie unter dem Dach der Remis-App, die 6.3 Ziele 69 im Rahmen des Pilotquartier-Projektes entwickelt werden soll. Ziel ist es, als Stadt gemeinsam mit der Bevölkerung einen Beitrag zur „schlauen Remishueb“ zu leisten. Bestehende Strukturen sollen sinnvoll miteinander verbunden, bestehende Infrastrukturen genutzt und eingebunden werden. Mit diesem Ziel wurde gemeinsam mit der Bevölkerung eine Vision der Remishueb für das Jahr 2036 entwickelt und es wurde zu jedem Themencluster eine Arbeitsgruppe initialisiert. Die koordinative Funktion übernimmt pro Arbeitsgruppe ein Mitglied der Stadtverwaltung. Die Arbeitsgruppen setzen sich durchmischt zusammen aus Quartierbewohnern, ansässigen Unternehmen und Institutionen. Angelaufen ist die Integration des Quartiers im September 2016 mit dem ersten Quartiersworkshop. Am zweiten Quartiersworkshop im August 2017 wurden von einzelnen Projektgruppen konkrete Umsetzungsziele inkl. Projektanträge definiert und parallel eine entsprechende Organisation aufgebaut. Zwischenzeitlich wurde vom Stadtrat auch ein Chief Digital Officer gewählt. Mit der Querschnittsstelle soll in einem solch partizipativen Projekt auch die Übereinkunft mit den Strukturen der Stadt ermöglicht werden. Im Rahmen des zweiten Workshops fällt die partizipative Haltung der Stadt auf. Einerseits tritt diese selbst sehr aktiv im Bereich Infrastrukturförderung auf (eine zusätzliche Fotovoltaik-Anlage wird installiert, ein Standort für ein SharingElektroauto wird zur Verfügung gestellt, eine neue Überbauung mit dem Dachkonzept „Generationen-Wohnen“ wird für die noch vorhandenen Baulandreserven des Quartiers, die der Stadt gehören, geprüft). Andererseits wird das Quartier in die gesamte Ideenentwicklung von Anfang an einbezogen. So präsentieren dann – neben Stadtvertreterinnen und -vertretern – vor allem Quartierbewohnerinnen und -bewohner die konkreten Umsetzungsziele und zu prüfenden Projektanträge zu den Themen Partizipation, Mobilität, Wohnen, Energie, Ökologie und Remishueb-App. Auch für das proaktive Zugehen auf die Medien wird eine Vertretung aus dem Quartier gesucht. Der Workshop zeigt sich dann auch als Austauschplattform, die den Austausch sowohl zwischen Vertretern und Vertreterinnen der Stadt und den Quartierbewohnerinnen und -bewohnern sowie dem hier ansässigen Gewerbe (insbesondere der Klinik Stephanshorn), als auch zwischen den einzelnen Ämtern der Stadt ermöglicht. Wo am Anfang auch Konfliktpunkte standen, wie beispielsweise ein erhöhtes Verkehrsaufkommen durch die quartiersansässige Klinik Stephanshorn, hat das Projekt bereits eine wesentliche Entwicklung geleistet: Es hat Dialogkultur entwickelt, wie es der Vertreter der Klinik Stephanshorn treffend auf den Punkt bringt. 6.3.7 Sharing-Angebote Es besteht eine Vielzahl möglicher Sharing-Ansätze und -Angebote (vgl. Kap. 2). Teilweise handelt es sich um Sharing-Ansätze, die in der Stadt bereits existieren, teilweise um Ansätze, die „im Markt“ vorhanden sind, noch nicht aber in der eigenen Stadt 70 6 Entwicklung einer Sharing-Strategie in Städten angeboten werden. Zudem kann es sinnvoll sein, für die Ziele der Sharing-Strategie neue Sharing-Angebote zu entwickeln. In der Sharing-Strategie geht es darum, die Ansätze auszuwählen, die für die Stadt am relevantesten und daher zu priorisieren sind. Dabei bietet sich eine Orientierung an den Zielen der Sharing-Strategie an. Ausgehend von den festgelegten Zielen können die Sharing-Ansätze identifiziert werden, die am ehesten einen Beitrag zur Zielerreichung leisten. Wenn beispielsweise der Verkehr eine Herausforderung in einer Stadt ist, können Ansätze wie Car Pooling relevant sein. Ebenso spielen die Stakeholder eine Rolle. Wenn mit/für bestimmte Stakeholder Sharing als Ansatz eingesetzt werden soll, liegen jene Ansätze näher, die einen Beitrag zur Erfüllung der jeweiligen Stakeholderbedürfnisse leisten. Bei der Bewertung und Priorisierung der Sharing-Ansätze kann folgendermaßen vorgegangen werden: 1. Erstellung einer Liste mit Sharing-Ansätzen: Hierbei können sowohl in der Stadt existierende als auch noch nicht existierende Ansätze aufgenommen werden. Wenn es beispielsweise weniger Gärten in einer Stadt gibt, würde man „Garten-Sharing“ in die Liste aufnehmen, auch wenn dieser Ansatz noch nicht angeboten wird. 2. Bewertung der Ansätze anhand spezifischer Kriterien: In einem nächsten Schritt werden die ausgewählten Ansätze bewertet. Kriterien hierfür können sein: a) Relevanz-Kriterien, die angeben, wie wichtig ein Ansatz für die Stadt und die Stakeholder ist, z. B. Beitrag zu einer wichtigen Problemlösung, Kompatibilität mit Zielen. b) Umsetzungs-Kriterien, bei denen es darum geht, wie realistisch die Umsetzung des Sharing-Ansatzes ist. Die Bewertung erfolgt beispielsweise anhand einer Skala von 1 („trifft überhaupt nicht zu“) bis 10 („trifft sehr zu“). 3. Gegenüberstellung der Relevanz- und Umsetzungskriterien 4. Priorisierung von Sharing-Ansätzen/-Angeboten Durch die Gegenüberstellung der Relevanz- und der Umsetzungskriterien erfolgt eine zweidimensionale Bewertung von Sharing-Ansätzen. Die Bewertung von SharingAnsätzen kann für unterschiedliche Städte unterschiedlich ausfallen. Die Logik wird hier dennoch verallgemeinert anhand von vier Sharing-Ansätzen erläutert. Im Telekommunikationsbereich wird/wurde lange ein WLAN-Sharing diskutiert. Die Idee ist dabei, dass WLAN-Nutzer ihr WLAN Anderen bereitstellen, z. B. indem das eigene WLAN für Passanten frei verfügbar wäre. Dadurch könnte im Extremfall eine flächenmäßige Abdeckung mit WLAN sichergestellt werden. Die Umsetzbarkeit ist hier eher tief. Zu viele rechtliche und Sicherheitsbedenken würden Individuen von einer Beteiligung abhalten. Gleichzeitig wird die Relevanz zunehmend geringer. Durch die Durchsetzung von Flatrates im mobilen Internet und/oder die öffentliche Bereitstellung von Hotspots wird das Aufwand-Nutzen-Verhältnis eines WLAN-Sharing immer schwächer. 6.3 Ziele 71 Ein Sharing-Ansatz, der relativ leicht umsetzbar ist, sind sog. „Park-Bibliotheken“, öffentliche Schränke, beispielsweise in Parks, aus denen Bücher ausgeliehen werden können und gleichzeitig eigene Bücher Anderen zur Verfügung gestellt werden können. Ein solches Angebot ist relativ leicht umsetzbar. Gleichzeitig ist die Relevanz für Städte und das Stadtleben relativ gering. Es ist eine „nette Idee“, die der Stadt aber kaum bei der Bewältigung ihrer Herausforderungen hilft. Genau das Gegenteil ist beispielsweise bei „Food-Sharing“ der Fall. Die Gesellschaft insgesamt und damit auch Städte speziell müssen dem Food Waste Einhalt gebieten. Food-Sharing-Ansätze sind dabei eine mögliche Lösung. Die bisherigen Ansätze sind allerdings nur als erste Schritte zu sehen: Beispielsweise „offene Kühlschränke“, in denen Einwohner Nahrungsmittel, die sie nicht mehr benötigen, einlegen können; Restaurants, die, bevor die Küche abends schließt, Suppen zu reduzierten Preisen ausgeben; Plattformen, auf denen Private andere Privaten, Geschäftsleute oder Touristen zum Lunch oder Dinner zu sich „einladen“. Damit mit solchen Ansätzen in der Breite Food Waste eingeschränkt wird, sind noch einige Entwicklungsschritte erforderlich. Die Umsetzbarkeit scheint also noch eingeschränkt – auch wenn die Relevanz als hoch einzustufen ist. Ein Sharing-Ansatz, der eine hohe Relevanz hat und leicht umsetzbar, ist beispielsweise Bike-Sharing. Die leichte Umsetzbarkeit lässt sich aktuell auch daran beobachten, dass „geteilte Fahrräder“ aktuell in den Städten aus dem Boden schießen. Gleichzeitig ist die Relevanz hoch: Für jede Stadt wäre es sinnvoll, mehr Verkehr von motorisierten Fahrzeugen auf Fahrräder zu bringen. Und Bike-Sharing kann eine solche Entwicklung unterstützen. Gleichzeitig besteht hoher Handlungsbedarf, wie die negativen Wirkungen einiger Bike-Sharing-Anbieter wie oBike (vgl. Abb. 6.3), aber ebenso die häufig schwache Infrastruktur zum Fahrradfahren deutlich machen. Es zeigt sich, dass eine Bewertung von Sharing-Angeboten nach Relevanz und Umsetzbarkeit hilfreich sein kann, um Handlungsmöglichkeiten sowie -bedarf zu identifizieren und auf dieser Basis eine Priorisierung von Sharing-Ansätzen vorzunehmen. Das Ergebnis der Priorisierung kann in jeder Stadt unterschiedlich ausfallen, gerade eben abhängig von den Kontexten, Zielen und Stakeholdern in der Stadt. Die Darstellung hier geht von einem eher proaktiven Vorgehen der Stadt aus, indem Sharing-Ansätze ausgewählt werden sollen, die beispielsweise gefördert werden oder nicht. Daneben ist eine reaktive Herangehensweise denkbar. Diese ist dann relevant, wenn bestimmte Sharing-Angebote in einer Stadt auftreten und sich die Stadt fragt, ob diese nun wünschenswert und sinnvoll sind oder nicht. 6.3.8 Maßnahmen Städten stehen verschiedene Maßnahmen zur Verfügung, mit denen sie das Sharing in der Stadt forcieren oder auch beschränken können. Diese Maßnahmen lassen sich in vier Maßnahmenkategorien einteilen (vgl. Abb. 6.4). 72 6 Entwicklung einer Sharing-Strategie in Städten Abb. 6.3 Beispiel oBike Zürich. (Quelle: Tages Anzeiger) Maßnahmenkategorien einer Sharing-Strategie Positionieren Regulieren Abb. 6.4 Maßnahmen der Sharing-Strategie Fördern Vorleben / Inspirieren 6.3 Ziele 73 1. Positionieren Eine Herausforderung vieler lokaler Sharing-Initiativen ist die mangelnde Verbreitung und Bekanntheit. Oder wenn sie bekannt sind, bestehen dennoch Barrieren für potenzielle Nutzer, beispielsweise mangelnde Kenntnis über die Funktionsweise oder Scheu vor dem Zeitaufwand, der mit der Auseinandersetzung mit dem Sharing-Angebot einhergeht. Städte können Sharing-Initiativen und damit das „Shared City Life“ fördern und unterstützen, indem sie eine Positionierung der Sharing Community in der Stadt beflügeln. Hierzu sind beispielsweise folgende Maßnahmen denkbar: • Kommunikative Positionierung: Unterstützung bei der Positionierung von Sharing-Angeboten über einen coolen Lifestyle („wer Sharing nutzt, ist cool“). Bei den Kommunikationsbotschaften sollen zudem der emotionale, soziale, ökonomische und funktionale Nutzen, die als Hauptmotive für die Sharing-Nutzung bekannt sind, in den Vordergrund gestellt werden. • Schaffen einer Sharing-Plattform, die online und/oder offline Sharing-Interessierte vernetzt und damit eine Sharing-Community bildet, die sich regelmäßig trifft und austauscht. Damit würde das Vertrauen zwischen den einzelnen Sharing-Aktiven und damit auch die Interaktionen gefördert. • Bündeln von Sharing-Angeboten, z. B. auf einer Online-Plattform „Sharing in unserer Stadt“: Eine solche Initiative würde ebenfalls bei der Bekanntmachung von Sharing-Angeboten helfen. • Positionierung zu Sharing in wichtigen Strategiepapieren aus Bereichen wie Stadtentwicklung, Mobilitätskonzept etc. Beispiel: München erprobt Sharing-Systeme in Modellquartieren Weniger Verkehr mit weniger Emissionen für mehr Lebensqualität mit besserer Mobilität – so lautet das Ziel des Forschungsprojekts „City2Share“. Von 2016 bis 2020 untersuchen zehn Partner aus Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft in ausgewählten Innenstadtrandgebieten Münchens den Erfolg neuer Konzepte auf Basis der e-Mobilität. City2Share verbindet in einem völlig neuen Ansatz Multimodalität, urbane Elektromobilität, autonomes Fahren, e-Car-Sharing und Bike-Sharing mit der Erhöhung der Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum. In München wird dieser Ansatz in den Modellquartieren Untersendling und Isarvorstadt erprobt. Dort arbeitet die Stadt mit verschiedenen Partnern an einem Angebot von integriertem Individual und Lieferverkehr. Mittels Partizipation werden Konzepte und Lösungen und deren Wirkungen gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürgern, Anwohnerinnen und Anwohnern sowie dem Einzelhandel diskutiert und umgesetzt. Es folgen Tests zur Akzeptanz der Nutzer und zur verkehrlichen Wirkung (www.city2share.de). 74 6 Entwicklung einer Sharing-Strategie in Städten 2. Regulieren Selbst wenn Städte sich nicht aktiv an der Sharing Economy beteiligen möchten, können sie durch das Gestalten der Rahmenbedingungen von Sharing die Entwicklung des Shared City Life wesentlich beeinflussen. Hierzu sind beispielsweise folgende Maßnahmen denkbar: • Ausgestaltung der Nutzungsbedingungen des öffentlichen Raumes, z. B. zur Zulassung geteilter Fahrzeuge auf öffentlichen Parkplätzen • Ausgestaltung von Zulassungsverfahren für neue Sharing-Anbieter, welche den öffentlichen Raum kommerziell nutzen wollen. • Ausgestaltung von Vorgaben zu Arbeitsgesetzen, Steuern und Sozialversicherungen sowohl auf Nutzer- als auch auf Anbieterseite „Regulierung“ hat jedoch meist einen negativen Touch, sie wird als Beschränkung angesehen. Bei der öffentlichen Diskussion zur Sharing Economy wird auch häufig nach Regulierung gerufen. Im Tourismusbereich, Stichwort Airbnb, wird häufig gefordert, dass für Airbnb-Angebote die gleichen Regeln gelten müssten wie für Hotels, z. B. im Hinblick auf Hygienevorschriften. Oder in Bezug auf „Ride Selling“, Stichwort Uber, wird von Taxiverbänden gefordert, dass Uber-Fahrer die gleichen Anforderungen erfüllen müssten wie Taxifahrer (vgl. Abb. 6.5). Diese „Negativ-Regulierung“ hat teilweise ihre Berechtigung, wenn Sharing-Ansätze dem Gemeinwohl, oder spezifischer ausgewählten Stakeholdern der Stadt in ökologischer, ökonomischer oder sozialer Hinsicht schaden. Stark diskutiert werden solch negative Effekte beispielsweise im Hinblick auf die Vermietung von Wohnungen über Airbnb. Hierzu müssen unterschiedliche Nutzungsformen von Airbnb unterschieden werden: Eine typische „Sharing“-Anwendung von Airbnb ist es, wenn die eigene Wohnung während der eigenen Ferien weitervermietet wird. Der Wohnraum würde ansonsten nicht genutzt. Häufig und zunehmend werden über Airbnb aber auch Wohnungen vermietet, die dadurch dem regulären Wohnungsmarkt entzogen werden. Dadurch entstehen negative soziale und ökonomische Wirkungen. Viertel werden zersiedelt und die Mietpreise in diesen Vierteln steigen. In einem solchen Fall kann es im Interesse der Stadt sein, die Nutzung der Sharing-Plattform eher zu beschränken. Beispiel: Airbnb führt zu Wohnungsnot und höheren Mietpreisen London, UK Obwohl in Großbritannien der Anteil an Airbnb-Unterkünften am gesamten Wohnungsmarkt relativ gering ist, korreliert in Großbritannien eine Zunahme von Airbnb-Angeboten moderat mit einem Anstieg der Mietpreise seit 2011. Eine Untersuchung zu den Angeboten in London kommt zum Schluss, dass bis zu 13.000 Wohnobjekte aufgrund ihrer Nutzung für kurzfristige Vermietungen nicht für den normalen Mietmarkt zur Verfügung stehen. Insgesamt 38 % der Angebote werden von Anbietern inseriert, die mehr als ein Objekt verwalten, und rund 61 % der Angebote stand für mehr als 90 Tage zur Verfügung. 6.3 Ziele 75 Abb. 6.5 Beispiel Uber-Verbot in Frankreich. (Quelle: Handelszeitung) Vancouver, Kanada In Vancouver zeigt sich, dass im Dezember 2015 die Mehrzahl der Anbieter nur ein Objekt auf Airbnb anboten, jedoch die Anzahl von Anbietern mit mehr als einem Inserat auf 35 % angestiegen ist. Insgesamt wurden 22 % aller Angebote sowohl regelmäßig wie auch häufig gebucht und waren beinahe ganzjährig verfügbar und damit mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit rein kommerziell genutzt. Diese 22 % des Angebots entsprechen rund 1000 Objekten, oder 1,25 bis 1,77-mal mehr als im gleichen Zeitraum verfügbare Mietwohnungen vorhanden waren. Es erscheint daher gegeben, dass diese Angebote dem Mietmarkt entzogen wurden und allenfalls auch die Mietpreise beeinflussen. Boston, MA, USA Obwohl in Boston im Oktober 2015 82 % der Airbnb-Anbieter jeweils nur ein Angebot auf der Plattform hatten, verfügten die 18 % der Anbieter mit mehr als einer 76 6 Entwicklung einer Sharing-Strategie in Städten ausgeschriebenen Unterkunft über rund 46 % des gesamten Angebotes. Dies lässt die Vermutung zu, dass viele dieser Objekte ansonsten normal vermietet worden wären. Eine weitergehende Analyse ergibt, dass eine Zunahme von Airbnb-Objekten zu einer durchschnittlichen Zunahme der (geforderten) Mietpreise um 0,4 % führte, wobei die Zunahme bei den obersten 10 % sogar zwischen 1,3 % bis 3,1 % lag. Zudem ist ein Anstieg (innerhalb der Standardabweichung) der Airbnb-Angebote mit einer Reduktion von 5,9 % der angebotenen Mietobjekte korreliert [8]. Die Stadt kann allerdings auch Regelungen im Sinne einer „Positiv-Regulierung“ festlegen. In dem Fall werden Rahmenbedingungen so gestaltet, dass sie die Entwicklung von Sharing fördern. Beispiele hierfür sind „Extraspuren“ für Fahrgemeinschaften oder die Erlaubnis für Fahrgemeinschaften, die Busspur zu nutzen. Fahrgemeinschaften sind eine Form von Mobilitäts-Sharing, entweder privat gebildet oder über „Ride-Sharing“und Carpooling-Plattformen wie BlaBlaCar. Fahrgemeinschaften haben grundsätzlich positive Wirkungen, vor allem in ökologischer Hinsicht (in ökonomischer Hinsicht können sie natürlich für die Autoindustrie negativ sein). Gleichzeitig wirken sie der Convenience in der individuellen Mobilität entgegen. Daher werden sie weniger genutzt, als es sich manche öffentlichen Gestalter wünschen. Die genannten Extraspuren bieten einen funktionalen Nutzen, sie verbessern die Funktionalität des Verkehrs für die Reisenden in Fahrgemeinschaften. Dies kann als Anreiz wirken, in Fahrgemeinschaften unterwegs zu sein – privat gebildet oder über Plattformen. Fahrgemeinschaftsspuren In den USA sind Fahrgemeinschaftsspuren – HOV Lanes (High Occupancy Vehicle), wie sie in den USA genannt werden – schon lange im Einsatz und ihr Netz umfasst rund 5000 km. Damit Fahrzeuge diese Spur nutzen können, müssen mindestens zwei, manchmal auch drei oder mehr Personen im Auto sitzen. In Europa sind Fahrgemeinschaftsspuren noch wenig anzutreffen. Aber auch hier gibt es schon seit einigen Jahren Projekte mit gutem Erfolg. In Madrid zum Beispiel ist seit 1995 eine 15 km lange Fahrgemeinschaftsspur in Betrieb. Die Fahrzeit auf der Extraspur hat sich in der Rush Hour von 40 auf 22 min reduziert und auch auf den normalen Spuren hat sich die Verkehrssituation verbessert [9]. Beispiel: Das eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) testet ein Carpooling-Projekt Im Kampf gegen verstopfte Straßen lancierte in der Schweiz das eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) im Herbst 2017 ein Mitfahrprojekt und will mit gutem Beispiel vorangehen. Die Mitarbeiter der UVEK-Bundesämter sollen sich für den Arbeitsweg ein Auto teilen. Mittels einer App können sich Interessierte vernetzen und gemeinsam zum Arbeitsort fahren. Den Preis machen die Mitarbeiter unter sich aus. Mit dem Pilotprojekt, welches 1–2 Jahre laufen soll, will das UVEK herausfinden, ob sich Pendler auf Carpooling-Angebote einlassen. Das Projekt soll Erkenntnisse bringen für ein größeres Carpooling-Angebot [10]. 6.3 Ziele 77 3. Fördern Sharing-Initiativen haben häufig ein Nischendasein. In ihrer Community werden sie wertgeschätzt, aber einer weiteren Verbreitung stehen häufig Finanzierungshürden im Weg. Um die „kritische Masse“ an Nutzern zu erreichen, sind häufig Investitionen erforderlich, die von den Initiativen nicht gestemmt werden können. Städte können Sharing-Initiativen auch direkt fördern. Hier können Städte durch einen „Sharing-Fonds“ oder die Ausschreibung eines Sharing-Wettbewerbs unterstützen, bei dem es Finanz- oder Sachmittel (z. B. Räumlichkeiten) als Preise zu gewinnen gibt. Generell sind beispielsweise folgende Maßnahmen denkbar: • Investitionsunterstützung für Sharing-Anbieter, bei denen ein kostendeckender Betrieb zwar möglich ist, aber die Anfangsinvestition nicht refinanziert werden kann • Finanzielle Unterstützung von innovativen Initiativen, z. B. Sharing-Vereine • Ideelle, personelle oder logistische Unterstützung für neue Sharing-Anbieter, z. B. ideell durch Öffentlichkeitsarbeit oder Fördern der Sichtbarkeit im öffentlichen Raum, personell oder logistisch beim Aufbau oder dem Bereitstellen der notwendigen Infrastruktur • Finanzielle Anreize für Unternehmen, sich selbst an Sharing-Plattformen zu beteiligen, z. B. durch das Teilen der Unternehmensfahrzeugflotte oder dem Beteiligen an Co-Working Spaces. Die Stadt St.Gallen könnte beispielsweise Sharing-Initiativen über ihren Energiefonds fördern. Häufig sehen sich Städte in solchen Fällen höchstens für Startfinanzierung zuständig und nicht für die laufende finanzielle Unterstützung. Eine Beispielmaßnahme wäre die Ausschreibung eines Sharing-Wettbewerbs, dessen Gewinner eine Startfinanzierung für ihr Projekt erhalten. Ein weiteres Beispiel ist die sog. „Defizit-Garantie“ für Sharing-Ansätze. Ein Beispiel: In der Schweiz ist Mobility ein weit verbreiteter CarSharing-Anbieter. Und gleichzeitig finden sich nicht in jeder Kleinstadt Mobility-Autos. Manche kleinere Stadt sieht Mobility-Fahrzeuge als Chance, um Lücken im öffentlichen Verkehr zu schließen, beispielsweise zu Tagesrandzeiten wie spät abends, wenn keine Busse mehr vom Bahnhof fahren. Für diese Städte gibt es die Möglichkeit, dass Mobility einen Standort mit Fahrzeugen errichtet, wenn die Stadt ein zu erwartendes Defizit finanziert. Beispiel: Die Aargauer Gemeinde Wittnau erhält dank der Defizitgarantie von Mobility ein erweitertes Mobilitätsangebot Nicht mehr jede Familie möchte zwei Autos kaufen, Parkplatz-Mangel ist ein Problem, das heute viele kennen und auch an die Umwelt muss gedacht werden. Die Lösung lautet in diesem Fall für die 1100-Einwohner Gemeinde Wittnau: Mobility. So sieht das zumindest der Wittnauer Gemeinderat. Dabei gilt das Motto: Angebot fördert die Nachfrage. Dennoch weiß der Gemeinderat, dass der Anfang schwer ist. Bei der Realisierung des Projekts muss die Gemeinde eine jährliche Defizitgarantie von 78 6 Entwicklung einer Sharing-Strategie in Städten 14.000 Franken tragen. Die Defizitgarantie wird kleiner, sobald das Fahrzeug jährlich 10.000 km oder mehr zurücklegt. Mittel- bis langfristig hofft man darauf, sich den 10.000 km pro Jahr immer mehr zu nähern. Der Gemeinderat geht auch mit gutem Beispiel voran und wird das Mobility-Auto für die Fahrten zu Terminen nutzen. Der Gemeinderat sieht, dass mit dem Mobility-Auto ein erweitertes Mobilitätsangebot und somit eine sinnvolle Ergänzung zum öffentlichen Verkehr geschaffen werden konnte. Das sei auch ein Standortargument für künftige und bestehende Einwohner [11]. 4. Vorleben/Inspirieren Städte können eine Vorbildrolle bei der Verbreitung von Sharing übernehmen. Hierzu sind beispielsweise folgende Maßnahmen denkbar: • Motivieren der Verwaltungsmitarbeitenden selbst an Sharing-Angeboten teilzunehmen, z. B. durch finanzielle Zuschüsse, Kommunikationsmaßnahmen oder Nutzung der Vorbildfunktion als Vorgesetzter • Bereitstellen der eigenen Infrastruktur, z. B. Teilen der städtischen Fahrzeugflotte außerhalb der Dienstzeiten (am Wochenende) Ein Beispiel von St.Gallen: Zwei „autofreie“ Wochen des Stadtpräsidenten in St. Gallen im Rahmen der Aktion bike4car. Beispiel: Stadt Antwerpen: Reduzierung der eigenen Dienstwagenflotte Städtische Fahrzeuge sind relativ teuer und weisen eine tiefe Nutzungsintensität auf, da sie meist nur zu Bürozeiten genutzt werden. Darum hat sich die Stadt Antwerpen entschieden ihre eigene Dienstwagenflotte zu reduzieren und stattdessen Fahrzeuge eines Car-Sharing-Anbieters für zumindest einen Teil seiner Dienstfahrten zu nutzen. Auf dem Parkplatz des Verwaltungsgebäudes wurde eine Car-Sharing Station eines bekannten Car-Sharing Anbieters eingerichtet. Damit konnte die städtische Verwaltung nicht nur die Anzahl der Dienstfahrzeuge verringern und Kosten sparen, sondern auch die Verwaltung, Wartung und Reinigung der Fahrzeuge auslagern. Geprüft wird auch, ob ein Teil der eigenen Dienstflotte über den entsprechenden P2P CarSharing-Anbieter den Einwohnerinnen und Einwohner zur Verfügung gestellt werden soll [12]. Literatur 1. Flückiger, J. (11 Mai 2017). Den Wandel nicht verschlafen. Neue Zürcher Zeitung, Kommentar. https://www.nzz.ch/meinung/digitalisierung-den-wandel-nicht-verschlafen-ld.1292328. Zugegriffen: 7. Febr. 2018. 2. Glaeser, E. L., & Kerr, W. R. (2010). What makes a city entrepreneurial? Harvard Kennedy School (Hrsg.): Policy Briefs, Boston. Literatur 79 3. Cohen, B., & Muñoz, P. (2016). Sharing cities and sustainable consumption and production. Towards an integrated framework. Journal of Cleaner Production, 134, 87–97. https://doi. org/10.1016/j.jclepro.2015.07.133. 4. Agyeman, J., McClaren, D., & Schaefer-Borrego, A. (2013). Sharing cities. Friends of earth briefing paper. https://friendsoftheearth.uk/sites/default/files/downloads/agyeman_sharing_cities.pdf. Zugegriffen: 26. Sept. 2017. 5. Gossen, M. (2012). Nutzen statt Besitzen. Motive und Potenziale der internetgestützten gemeinsamen Nutzung am Beispiel des Peer-to-Peer Car-Sharing. In Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (Hrsg), Schriftenreihe des IÖW 202/12. Berlin: Institut für ökologische Wirtschaftsforschung. 6. Midgley, P. (2011). Bicycle-sharing schemes: Enhancing sustainable mobility in urban areas: United Nations, Departement of economic and social affairs. https://sustainabledevelopment. un.org/content/dsd/resources/res_pdfs/csd-19/Background-Paper8-P.Midgley-Bicycle.pdf. Zugegriffen: 23. Aug. 2018. 7. Moser, M., et al. (2016). Shared Mobility – Kollaborative Mobilitätsservices europäischer Städte im Vergleich. Winterthur. https://www.zhaw.ch/storage/hochschule/medien/sharedmobility-deut.pdf. Zugegriffen: 23. Aug. 2018. 8. Donati, S., & Klaus, P. (2017). Unterkunfts-Vermittlungsplattformen: Effekte, Regulierungen und Erfahrungen. Zürich: INURA Zürich Institut. 9. Twogo Blog. (2015). Fahrgemeinschaftsspuren: Die Lösung für die Rush Hour? Blog, 23.04.2015. https://blog.twogo.com/2015/04/23/fahrgemeinschaftsspuren-die-losung-fur-die-rush-hour/. Zugegriffen: 5. Jan. 2018. 10. Bundesamt für Strassen ASTRA. (2017). UVEK-Ämter praktizieren Carpooling. https://www. astra.admin.ch/astra/de/home/themen/intelligente-mobilitaet/carpooling.html. Zugrgriffen: 5. Febr. 2018. 11. Probst, R. (20. November 2016). Mobility fährt in Wittnau ein – Aber nur mit Defizitgarantie. Argauer Zeitung AZ. https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/fricktal/mobility-faehrt-inwittnau-ein-aber-nur-mit-defizitgarantie-130728982. Zugrgriffen: 15. Apr. 2018. 12. Vanhee, J. (2011). momo Car-sharing. More options for energy efficient mobility through Car-sharing. Intelligent Energy Europe. 7 ShareCity-Cases 7.1 „ShareCity“-Cases im deutschsprachigen Raum Dieses Kapitel zeigt exemplarisch auf, wie die Stadtverwaltungen und die Wirtschaft in verschiedenen Städten im deutschsprachigen Raum und darüber hinaus mit dem Thema Sharing umgehen und inwiefern sie Sharing-Strategien verfolgen. Die Cases orientieren sich grundsätzlich am Sharecity-Strategie-Framework, variieren jedoch in Abhängigkeit der Informationen, die für die jeweiligen Städte gewonnen werden konnten. Als Informationsbasis dienen neben Sekundärmaterial Experteninterviews, die im Rahmen des ShareCity-Forschungsprojekts geführt wurden. 7.1.1 St.Gallen Die Stadt St.Gallen als „Modellstadt“ im ShareCity-Projekt war „Sparringspartner“ bei der Entwicklung des ShareCity-Strategie-Konzepts. An verschiedenen Stellen im Buch wurde dabei auf den Fall St.Gallen Bezug genommen. An dieser Stelle wird zuerst der entsprechende Prozess zusammenfassend dargestellt. In einem zweiten Teil werden Beispiele für Sharing-Initiativen ausgeführt, die in St.Gallen bereits umgesetzt wurden. 7.1.1.1 Entwicklung des ShareCity-Strategie-Konzepts Die Entwicklung der Sharing-Strategie für St.Gallen war ein iterativer und partizipativer Prozess, bei dem mehrere Stakeholder eingebunden wurden. Das Strategie-Framework wurde auf Basis einer qualitativen Befragung von Vertretenden der Gruppen Stadtverwaltung, Gewerbe, private Sharing-Economy-Initiativen sowie Nutzenden der Sharing-Angebote von der Hochschule Luzern entwickelt. Ein erster Prototyp wurde in einem Workshop von der Projekt-Begleitgruppe getestet. Die darauffolgende Weiterentwicklung fand in enger Zusammenarbeit mit der Pilotstadt St.Gallen statt. Neben einem Workshop © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 D. Georgi et al., ShareCity, https://doi.org/10.1007/978-3-658-23700-4_7 81 82 7 ShareCity-Cases mit dem Amt für Umwelt und Energie, St.Gallen, wurde auch ein Strategieworkshop durchgeführt, bei dem 18 Personen aus diversen Stakeholder-Gruppen der Stadt eingeladen wurden. Unter den Teilnehmenden waren Vertretungen von diversen Sharing-EconomyInitiativen, von Wirtschaftsverbänden, des lokalen Gewerbes, von Quartiervereinen und der Stadt St.Gallen. An diesem Workshop wurde der ShareCity-Strategieentwurf für St.Gallen diskutiert und einzelne Strategie-Elemente konkretisiert. Die diskutierten StrategieElemente waren (bestehende) Herausforderungen, Ziele und Stellhebel (vgl. Abb. 7.1). Das Ergebnis dieses Prozesses sind Konkretisierungen der verschiedenen Strategie-Elemente im Sharing-Strategie-Framework (vgl. Tab. 7.1). Im Hinblick auf konkrete Maßnahmen zur Gestaltung des Sharing in der Stadt sieht sich St.Gallen vor allem als Vorbild, Katalysator, Vernetzer und Förderer. Um diese Rollen umzusetzen, existieren diverse Maßnahmen. Zwei Maßnahmen, die konkret im Zusammenhang mit dem ShareCity-Projekt realisiert wurden, sind folgende: • Ableitung von Empfehlungen aus dem Projekt heraus für bestehende Initiativen der Stadt (SmartCity-Konzept, bei dem neue Wohnformen entwickelt werden sollen, speziell bezogen auf das Projekt „Remishueb-App“) (vgl. Abschn. 6.3.6). • Durchführung eines Sharing-Tages „ShareGallen“ (vgl. Abb. 7.2). Die Auswahl erfolgte anhand einer Beurteilung verschiedener Anforderungen, die sich aus den Diskussionen zur Sharing-Strategie ergeben. Im Einzelnen werden durch die festgelegten Maßnahmen folgende Kriterien berücksichtigt: • • • • Bottom-up-Ansatz, Einbeziehung bestehender Sharing-Initiativen Plattform schaffen, Raum geben Unterstützung von Sharing-Initiativen bei der Verbreitung Vorbildfunktion der Stadt Abb. 7.1 Konkretisierung einzelner Strategie-Elemente im partizipativen Strategieworkshop 7.1 „ShareCity“-Cases im deutschsprachigen Raum 83 Tab. 7.1 ShareCity-Strategie-Steckbrief St. Gallen Strategie-Element Konkretisierung für St. Gallen Grundhaltung • Vision 2030 und Legislaturziele 2017–2020: „St. Gallen ist als lebenswerte, weltoffene, ökologische und innovative Stadt das wirtschaftliche, kulturelle und gesellschaftliche Zentrum der Ostschweiz“ • Strategische Handlungsfelder mit Sharing-Bezug: – Kooperation – Smarte Stadt – Gesellschaft – Mobilität – Umwelt – Lebensraum Nachhaltigkeitsziele • Ökologische, ökonomische und soziale Ziele werden grundsätzlich gleichgewichtet verfolgt • Auch ökologische Ziele lassen sich nur durch Einbezug der lokalen Wirtschaft realisieren • Idealtypisch werden mit Sharing Ziele in einer oder mehreren Kategorien erreicht, ohne Nachteile in anderen Zielkategorien Spezifische Ziele in Bezug auf Sharing • Unterstützung bestehender Konzepte (Smart City, Energiekonzept 2050, Mobilitätskonzept 2040) durch Sharing-Projekte • Sharing und bestehende Initiativen bekannt machen • Befähigung, Motivation und Vernetzung privater Anbieter Stakeholder • Innerhalb der Stadtverwaltung: Stadtrat, Amt für Umwelt und Energie, St. Galler Stadtwerke, Amt für Gesellschaftsfragen, Standortförderung, Kommunikation u. a. • Außerhalb der Stadtverwaltung: Sharing-Initiativen, weitere ökologische/soziale Organisationen, lokale Wirtschaft, Wirtschaftsverbände, EinwohnerInnen Maßnahmenfelder • Stadt als Vorbild; interner Sharing-Katalog, z. B. Pooling von Fahrzeugen, Veranstaltungsmaterial oder teuren Werkzeugen • Stadt als Katalysator: z. B. Plattformen/Foren • Stadt als Vernetzer/Kommunikator: z. B. Sharing-Katalog, Internet-Plattform, Ideenmesse • Stadt als Förderer: z. B. Zwischennutzungen, Pop-up-Stores, Co-Working Space, Benevol, Benewohnen, Garten teilen, Quartierprojekt Remi-App, Kleidertausch 7.1.1.2 Beispiele für Sharing-Initiativen in St. Gallen Aktuelle Sharing-Beispiele sind in St. Gallen aktuell im Bereich der Mobilität, des Foods, der Dienstleistungen, der Güter sowie des Raumes zu finden. Eine der ersten St.Galler Sharing-Initiativen war Ostsinn (www.ostsinn.ch). Was mit einem Co-Working-Space begann, wurde ein Verein, der Wissen teilt und Zukunftsmachende darin unterstützt, ihre Ideen für eine „enkeltaugliche“ Zukunft zu verwirklichen. Einzigartig in der Schweiz ist auch das Projekt Zeitvorsorge (www.zeitvorsorge.ch). 84 7 ShareCity-Cases Abb. 7.2 Einladung zum „Sharing-Tag“ St. Gallen Die Zeitvorsorge will aktive Rentnerinnen und Rentner dazu ermutigen, andere Seniorinnen und Senioren in ihrer Alltagsbewältigung zu unterstützen und damit möglichst lange ein selbstbestimmtes Leben zu Hause zu ermöglichen. Die Währung in diesem Modell ist die Zeit. Mit der Unterstützung, die man für andere leistet, wird ein Zeitguthaben angespart. Die Stadt St.Gallen garantiert dabei die Einlösbarkeit. Wenn keine neuen Unterstützerinnen und Unterstützer gefunden werden, springt die Stadt ein und stellt die entsprechenden Leistungen sicher. Sie finanziert auch den laufenden Betrieb der Stiftung Zeitvorsorge. Ein weiteres Sharing-Projekt der ersten Stunde sind die Quartierkomposte. Mit der Position einer Kompostbeauftragten hat die Stadt den Zugang verwaltet sowie Schulungen durchgeführt und damit in den gemeinschaftlich geführten Komposten eine hohe Professionalität gewährleistet. Neben der Förderung von Sharing-Ideen durch Startfinanzierung (z. B. carvelo2go) oder Unterstützung im Betrieb ist die Stadt St.Gallen auch als Vorbild tätig. Vergleichbar mit einem organisationsinternen „sharely“ verwaltet sie einen Materialpool für Zelte, Marktstände, E-Bikes, Geräte, u. v. m. Vernetzend ist die Stadt vor allem im Bereich der Immobilien aktiv. Zwischennutzungen werden zur Belebung von Innenstädten und größeren Betriebsarealen immer wichtiger. In Zeiten des Online-Handels stehen viele Ladenlokale leer. Die Standortförderung der Stadt St. Gallen bringt Nachfragende und Anbietende zusammen. Das jüngste Beispiel ist das ehemalige italienische Konsulat, das für kulturelle Zwecke zwischengenutzt wird. Der Projektraum Nextex ist dort beispielsweise beheimatet sowie eine Ausstellung zu Performances in fahrenden Zügen, die „Stellwerkstörung“. Die Trägerschaft des Konsulats übernimmt für diese Zeit ein Verein, in dem auch die Stadt St. Gallen vertreten ist. Weitere erfolgreiche Beispiele von Zwischennutzungen sind das 7.1 „ShareCity“-Cases im deutschsprachigen Raum 85 Weihnachtscafé oder der temporäre Coiffeursalon, der durch Lehrlinge an der Multergasse betrieben wurde. Die Stadt denkt ihr Unterstützungsangebot weiter in Richtung einer Vernetzungsplattform. Auch die Hilfestellung bei der Vertragsausarbeitung mithilfe von Musterverträgen ist eine mögliche angedachte Weiterentwicklung der städtischen Unterstützung. Zahlreiche weitere Sharing-Projekte (für eine Übersicht siehe www.sharegallen.ch), wie ein Kleider-Swap (gebrauchte Kleider werden getauscht), diverse Co-Working-Spaces (Creative Space, Village Office), oder cookeat, wo Mahlzeiten-Sharing die Idee von Airbnb auf den Mittagstisch überträgt, wurden von Privaten initiiert. Die Stadt steht den Initiativen auf Wunsch unterstützend zur Seite. Die aus dem vorliegenden Projekt entstandene Plattform www.sharegallen.ch sowie der zugehörige Event sind im Moment Vernetzungsort und Katalysator für bestehende Sharing-Initiativen im Raum St. Gallen. 7.1.2 Berlin In Berlin hat die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt in Zusammenarbeit mit einem wissenschaftlichen Begleitgremium, Experten des internationalen Städtenetzwerkes ICLEI – Local Governments for Sustainability, dem Berliner Institut für Zukunftsstudien und Technologieforschung IZT und dem Kommunikationsbüro suedlicht ein Nachhaltigkeitsprofil mit Kernindikatoren zur nachhaltigen Entwicklung Berlins erarbeitet. Das Berliner Nachhaltigkeitsprofil beschreibt neue Wege der Zukunftsgestaltung und des Nachhaltigkeitsmanagements. Berlin hat mit dem Nachhaltigkeitsprofil und den dazugehörigen Kernindikatoren ein neues Instrument entwickelt, das besonders auf den Nachhaltigkeitsprozess in Metropolen zugeschnitten ist und effizient und flexibel auf urbane Entwicklungsprozesse reagieren kann. Das Nachhaltigkeitsprofil lässt sich dem Stadtentwicklungskonzept „Berlin 2030“ unterordnen, und es macht den thematischen Schwerpunkt „Nachhaltigkeit“ des Konzepts greifbar. Im Nachhaltigkeitsprofil bestehen drei Profilierungspfeiler: Ermöglichendes Berlin, produktives Berlin und zugängliches Berlin. Unter dem letzten Profilierungspfeiler (zugängliches Berlin) ist das Thema „Sharing“ angesiedelt. Dabei gilt der Grundsatz, dass die zugängliche Stadt die Bereitstellung grundsätzlich öffentlicher Dienstleistungen und Infrastruktur (Bildung, Kultur, Parks und Gärten, Wohnraum, Mobilität, etc.) garantiert. Die Berliner brauchen kein eigenes Auto, keinen eigenen Garten, denn die meisten Berlinerinnen und Berliner haben Zugang zu allem, was es für ein erfülltes Leben und zur Daseinsversorgung braucht. Abb. 7.3 zeigt bildhaft wie das „zugängliche Berlin“ aussieht. Sharing-Initiativen/-Angebote in Berlin Dienstleistungsunternehmen wie Car-Sharing-Anbieter, Vermieter von Co-workingSpaces oder kommerzielle Internetplattformen für die Vermittlung von Unterkünften prägen über ihre Angebote Berlins Stadtbild. Doch egal ob kommerziell oder nicht: Wer aufmerksam durch die Kieze und Bezirke geht, sieht die Zeichen der Sharing-Bewegung. 86 7 ShareCity-Cases Abb. 7.3 Zugängliches Berlin. (Quelle: ICLEI – Local Governments for Sustainability und Strunk Stadtplanung + Kommunikation, für Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen, Berlin) 7.1 „ShareCity“-Cases im deutschsprachigen Raum 87 Nachfolgend werden einige Initiativen, Projekte und Plattformen vorgestellt, die die Sharing-Idee in Berlin Tag für Tag leben. Im Bereich Lebensmittel gibt es in Berlin Food-Sharing-Initiativen, die öffentliche Kühlschränke (sogenannte „Fair-Teiler“) an frei zugänglichen Orten und in Geschäften anbieten, oder Internetplattformen, die „Lebensmittelretter“ aus privaten Haushalten oder kleineren und größeren Betrieben mit Bedürftigen oder Mitgliedern der Food-Sharing-Community zusammenbringen (www.foodsharing.de). Neben Food-Sharing-Initiativen gibt es Meal-Sharing-Initiativen, bei denen sich Menschen zum Kochen und gemeinsamen Essen treffen, wobei der soziale Aspekt im Vordergrund steht. Bei „über den Tellerrand kochen“ wird das Kochen als eine Form des kulturellen Austausches gesehen, mit dem es gelingt, das Thema „Asyl“ aus einer positiven Perspektive zu beleuchten und die breite Gesellschaft in den Begegnungsprozess einzubinden. Der in Berlin gegründete Verein organisiert regelmäßig Kochkurse, bei denen Flüchtlinge aus aller Welt zeigen, wie man ein Menü in ihrem Heimatland zubereitet (www.ueberdentellerrand.org). In Berlin sind auch viele kollektiv betriebene Gemeinschaftsgärten zu finden. Das prominenteste Beispiel ist der Prinzessinnengarten in Kreuzberg (www. prinzessinnengarten.net). Auf einer 6000 m2 großen ehemaligen Brachfläche ist ein Nutzgarten entstanden, in dem fleißig gegärtnert wird. Auch ein Gartenrestaurant und regelmäßige Veranstaltungen gehören zum Angebot. Um Gegenstände zu teilen, gibt es in Berlin Umsonst- und Leihläden, Tauschringe und Tauschbörsen für Alltags- und Gebrauchsgegenstände. Bei dem Leihladen „Leila“ (www.leila-berlin.de) mit Sitz in Prenzlauer Berg kommt man mit einem eigenen Gebrauchsgegenstand, wie Bohrmaschine oder Waffeleisen, in den Laden, leiht etwas aus dem Leihfundus aus und bringt es nach der vereinbarten Leihfrist wieder zurück. Weiter gibt es beispielsweise den Tausch- und Verschenkmarkt der Berliner Stadtreinigung (https://www.bsr.de/verschenkmarkt). Mit dem kostenlosen Online-Angebot will das Landesunternehmen die Vermeidung von Abfällen im Land Berlin fördern und gleichzeitig einen Beitrag zur Ressourcenschonung leisten. Weiter gibt es Angebote von offenen Werkstätten, wo alles zur Verfügung gestellt wird, was fürs DIY-Abenteuer nötig ist, oder Repair Cafés und Reparaturdienste, wo sich Teilnehmer an die Reparatur von defekten Alltags- und Gebrauchsgegenständen machen. Im Bereich Mobilität sind in der Stadt Berlin die Car-Sharing-Anbieter Car2Go, DriveNow und Flinkster vertreten. Fahrräder können von den Fahrradverleihsystemen Nextbike, Lidl-Bikes, oBike, Mobike oder Byke ausgeliehen werden. Das Roller-Sharing wird von Coup oder emmy angeboten. Wer einen Überblick über bestehende Sharing-Angebote in Berlin haben möchte, findet auf der interaktiven SharingBerlin Map (www.sharingberling.de) über 200 Projekte, Startups und Unternehmen, welche der kollaborativen Wirtschaft angehören. 88 7.1.3 7 ShareCity-Cases München Das Referat für Stadtplanung und Bauordnung der Stadt München hat in ihrem strategischen Stadtentwicklungskonzept „Perspektive München“, das auf eine nachhaltige, zukunftsfähige Stadtentwicklung abzielt, Leitlinien zu relevanten Themen, wie z. B. Wohnen, Zusammenleben, Beschäftigung oder Mobilität, definiert. Die Leitlinien enthalten Zielaussagen, die für die Umsetzung von Massnahmen verbindlich sind und von nachhaltigem Charakter sind. Beispiele dafür sind die Förderung innovativer, insbesondere ökologisch fortschrittlicher Wirtschaftsweisen, Konzepte zur Umnutzung und Umstrukturierung bestehender Baugebiete, wie ehemalige Gewerbe- und Industrieflächen, oder das integrative Mobilitätsmanagement, das durch Parkinformationssysteme, Verkehrsleitsysteme, Car-Sharing-Projekte oder Fahrgemeinschaften ermöglicht wird. Als wichtiger Bestandteil der „Perspektive München“ gilt auch eine aktive Beteiligungskultur und der Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern. Das Stadtentwicklungskonzept definiert auch verschiedene geografische Handlungsräume. Eines davon ist beispielweise das „Werksviertel München“ (vgl. Abb. 7.4). Hier waren früher Produktionsstätten von großen Firmen angesiedelt. In den brach liegenden Hallen etablierte sich seit 1996 der Kunstpark Ost (heute Kultfabrik und Optimolgelände) mit Restaurants, Clubs, Ateliers, Konzerthallen, Ausstellungsflächen, Werkstätten und Büros. Diese Zwischennutzung machte das Gelände weit über die Stadtgrenzen Münchens hinaus bekannt. Viele gewerbliche Nutzungen kamen hinzu, unter anderem Büros, Großhändler und eine Kletterhalle. Abb. 7.4 Zwischennutzung im Werksviertel München. (Quelle: sueddeutsche.de) 7.1 „ShareCity“-Cases im deutschsprachigen Raum 89 München hat zahlreiche weitere spannende Beispiele erfolgreicher Zwischennutzung, wo an sonst leerstehenden Orten Platz für Konzerte, Ausstellungen und Nachtleben geschaffen wird. Ein ungewöhnliches Beispiel ist „The Lovelance“. Bei diesem Zwischennutzungsprojekt entsteht im Gebäude der ehemaligen königlichen Filialbank ein kultureller Treffpunkt mit Bars, Clubs, Studios und Läden. Im Gebäude stehen fast 5000 Quadratmeter zur Verfügung und es ist deshalb bislang in München ein einzigartiges Projekt. Ein weiteres Beispiel ist das Köşk (Köşk bedeutet auf Türkisch Pavillon). Hier werden in den ehemaligen Räumlichkeiten der Stadtteilbibliothek im Stadtbezirk Westend Kunst und Fotografie von Münchner Jugendlichen ausgestellt. Im Köşk befindet sich auch das „offene Museumslabor“, ein Gemeinschaftsprojekt, das sich mit der Migrationsgeschichte des Westends beschäftigt. Neben den unterschiedlichen Zwischennutzungsprojekten stehen den MünchnerInnen eine große Auswahl an Car-, Bike- und Roller-Sharing-Angeboten in der Stadt zur Verfügung. Um dieses Angebot zu verbessern, einen verträglicheren Stadtverkehr mit weniger Emissionen für mehr Lebensqualität und Erhöhung der Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum zu erreichen, besteht in München unter dem Namen „City2Share“ ein Forschungsprojekt, in dem ein Sharing-System auf Basis der e-Mobilität entwickelt und erprobt wird. Die Stadtwerke München, die Münchner Verkehrsgesellschaft und die Landeshauptstadt München richten unterschiedlich ausgestattete e-Mobilitätsstationen ein sowie erweitern und optimieren die bestehenden e-Sharing-Systeme mit e-Car- und Bike-Sharing-Angeboten. Dabei kommen im Rahmen des Fahrradverleih-Services der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG Rad) erstmals Elektrofahrräder zum Einsatz. Zudem werden spezielle Stellplätze für Car-Sharing-Fahrzeuge eingerichtet und die e-Ladeinfrastruktur in den Quartieren verbessert. Ebenfalls werden insgesamt die Serviceangebote verbessert. Die Fahrzeuge des Car-Sharing-Anbieters DriveNow etwa haben seit Mai 2017 einen Parksuchdienst. Das Feature hilft Kunden dabei, freie und speziell für Car-Sharing-Fahrzeuge ausgewiesene Parkplätze an naheliegenden Mobilitätsstationen zu finden. Weitere Sharing-Aktivitäten bestehen im Bereich Garten-Sharing. In München hat sich in den letzten Jahren, gemessen an der Anzahl Gemeinschaftsgärten, eine ausgeprägte Urban-Gardening-Szene entwickelt. Es besteht in München eine Initiative „Urbane Gärten München“, die sich die Etablierung von urbanen Gärten zur Aufgabe gemacht hat. Sie wollen auf die soziale und ökologische Wichtigkeit von Gärten aufmerksam machen. Auf der Vernetzungs- und Informationsplattform www.urbanegaerten-muenchen.de werden einzelne Projekte beschrieben, und es besteht eine Übersichtskarte mit allen Gemeinschaftsgärten in München. Weiter hat der Stadtrat in München 2014 in einem Grundsatzbeschluss festgelegt, dass das Referat für Stadtplanung und Bauordnung potenzielle Standorte für das urbane Gärtnern in die Konzepte im Rahmen der Bauleitplanung einfließen lässt, dies insbesondere bei neuen Stadtentwicklungsprojekten. 90 7.1.4 7 ShareCity-Cases Schaffhausen In Schaffhausen sind diverse Sharing-Initiativen anzutreffen. Beim Versuch, die Projekte in eine übergeordnete Zielsetzung der Stadt einzuordnen, werden vor allem die soziale Integration sowie die ökologische Nachhaltigkeit gefördert. Weitere Ziele, bei denen Sharing-Aktivitäten als Strategie relevant werden könnten, sind derzeit auch die auf Anfang 2017 verabschiedeten Legislaturschwerpunkte bzw. -ziele, bei denen es konkret heißt: „Eine umweltgerechte wirtschaftliche Energieversorgung sowie eine effiziente Energienutzung tragen zur Erreichung der übergeordneten Klimaziele bei.“ Eines der verabschiedeten Ziele in diesem Zusammenhang ist es, „die Chancen der Elektromobilität zu nutzen“. Auch Energieeffizienz ist ein solches übergeordnetes Thema. Insgesamt ist es schwierig, Sharing-Initiativen zu lancieren, die nicht zu den Grundzielen eines Referates passen. Diese sind in der Stadtverfassung verankert. So sind die Sharing-Initiativen in Schaffhausen dann auch entweder aus der Initiative eines Referats der städtischen Verwaltung entstanden, etwa aus dem Potenzial eines „Förderungstopfes“, für welchen sich Projektinitiantinnen und -initianten mit ihren Ideen bewerben konnten. Oder aber es wurden Regulierungen für beschränkte Ressourcen nötig. Eine explizite Sharing-Strategie gibt es in Schaffhausen nicht. Für außerordentliche Initiativen, die nicht den Grundzielen eines Referats entsprechen, müssen politisch zuerst der Stadtrat und je nach Budget auch das Stadtparlament überzeugt werden. Da in Schaffhausen die Regierung oft alle vier Jahre zwischen links und rechts wechselt, ist es schwierig, für Sharing-Initiativen eine Mehrheit politisch überzeugen zu können. Neben vielen anderen Initiativen, die im Bereich der Sharing-Initiativen eingeordnet werden können, sind folgende Projekte für Schaffhausen bemerkenswert: Schaffhausen ist eine Stadt am Rhein. Weidlinge, das sind 10 m lange Flachboote, sind in der Stadt ein Volkshobby. Dementsprechend lange warten Privatpersonen auf einen Bootspfahl. Auf regulärem Weg beträgt die Wartezeit Jahrzehnte. Schnelleren Weidling-Zugang ermöglicht die Stadtpolizei, indem sie frei werdende Weidling-Pfähle abwechslungsweise an Privatpersonen und an Gruppen, die sich einen Weidling teilen, vergibt. Ein weiteres Beispiel ist die Restess-Bar. Auch hier unterstützt die Stadtpolizei im Rahmen von Bewilligungen. Zusätzlich wurde das aus der Bevölkerung initiierte Sharing-Projekt mit einem freien Stromanschluss und einem freien Platz unterstützt. Ein nächstes Beispiel für eine Sharing-Initiative ist bei der Quartierentwicklung angesiedelt. Diese hat 2015/2016 die Sharing-Plattform „obugoo“ entwickelt. Die Plattform ist Mittler zwischen Schaffhauserinnen und Schaffhausern, die ihr Wissen und ihre Kompetenzen unentgeltlich zur Verfügung stellen wollen. Ziel des Projektes ist es, insbesondere ältere Menschen in der Gesellschaft integriert zu halten. Die Stabstelle Quartierentwicklung bewirtschaftet einerseits das Content-Management-System und ist andererseits auch für die Bekanntmachung der Plattform zuständig. 7.1 „ShareCity“-Cases im deutschsprachigen Raum 7.1.5 91 Bern Im Hinblick auf Sharing-Initiativen der Stadt Bern bemerkt Jürg Wichtermann, Stadtschreiber der Stadt: „Sharing wird in Bern dann zur Strategie, wenn es sich vom Thema oder vom Projekt her anbietet.“ So ist das aktuelle Vorgehen in Bezug zu Sharing bei der Stadt Bern im Moment inkrementell. Die Stadt führt dort Sharing ein bzw. fördert dort Sharing-Initiativen, wo es inhaltlich Sinn macht. Häuft sich das Vorkommen von Sharing in der Stadt Bern, wäre es denkbar, dass dieses längerfristig konzeptionell gefasst und verankert wird. Aktuell bietet sich in der Stadt Bern Sharing in Bezug zu folgenden übergeordneten Zielen an: Im Immobilienbereich versucht die Stadt Bern, durch Zwischennutzungen Vandalismus oder das Besetzen von Häusern zu verhindern. Im Mobilitätsbereich wird Sharing zur Förderung der Lebensqualität und Verkehrsentlastung eingesetzt. In den 2017 verabschiedeten Legislaturzielen sind die Lebensqualität und die Nachhaltigkeit verankert. Zusätzlich kann Sharing auch einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung des Ziels leisten, dass Bern als Antwort auf die Demokratisierungskrise eine Stadt der Beteiligung werden soll. Auf das Ziel der Durchlässigkeit der Gesellschaft, der sozialen Kohäsion, zielen insbesondere Sharing-Projekte im Bereich des Gemeinwesens ab. Bekannte Rollen der Stadt im Kontext von Sharing-Initiativen sind in Bern im Moment die des Facilitators, des finanziellen Förderers oder des Anbieters (Beispiel Velo-Sharing). Der Fokus liegt auf den unterstützenden Rollen, ganz nach dem Prinzip der Subsidiarität. Neben vielen anderen Projekten lassen sich folgende Sharing-Initiativen für die Stadt Bern besonders hervorheben: Im Bereich der Mobilität erwähnt Jürg Wichtermann neben neuen Projekten auch den öffentlichen Verkehr als typisches „altes“ Sharing-Beispiel. Dieser sei in Bern sehr gut ausgebaut und akzeptiert. Weiter fördert die Stadt Bern Car-Sharing. Sie stellt Car-Sharing-Unternehmen wie Mobility öffentlichen Grund zur Verfügung. Auch Fahrrad-Sharing ist in Bern ein Thema, im Moment wohl das am meisten gehypte. So baut die Stadt zum einen ihre Infrastruktur für Velofahrer aus (beispielsweise Fahrradrouten u. ä.) und zum anderen werden eigentliche Fahrrad-Sharing-Aktivitäten installiert. Bereits 2017 konnten in der Stadt Bern an verschiedenen Punkten in der Stadt Velos kostenlos ausgeliehen werden. 2018 wird Fahrrad-Sharing mit dem Partner PubliBike noch größer ausgerollt. Im Bereich des Sozialen ist in Bern der Familiengartenbereich (Schrebergarten) stark verankert. Dieser Gedanke wurde in der Stadt Bern unter dem Stichwort „Urban Gardening“ mit gemeinsam genutzten Pflanzkästen in Quartieren weitergetrieben. Auch auf der Ebene Quartiers- und Gemeinwesenarbeit gibt es zahlreiche kleinere Sharing-Aktivitäten, die die Stadt unterstützt und fördert, dies insbesondere durch finanzielle Anreize oder Subventionen. Intensiv aktiv ist die Stadt Bern auch im Immobilienbereich. Organisatorisch zuständig für alle solchen Zwischen- und Mehrfachnutzungen ist die Fachstelle 92 7 ShareCity-Cases Zwischennutzung, welche in der Stadtverwaltung bei der Immobilienverwaltung angesiedelt ist. Diese hilft, Zwischen- und Mehrfachnutzungen zu unterstützen und das vorhandene Potenzial optimal auszuschöpfen. So wird sie aktiv, sobald Gebäudeareale frei werden, diese nicht mehr im ursprünglichen Sinn genutzt werden oder für eine Mehrfachnutzung geöffnet werden. Leuchtturm-Beispiele, neben vielen anderen, sind in Bern die alte Feuerwehrkaserne Viktoria, die alte Kehrrichtverbrennung Warmbächli, das Tramdepot Burgernziel oder das alte Ziegler-Spital. In der alten Feuerwehrkaserne beispielsweise ist Quartiernähe Programm. Projekte aus dem Bereich Essen, Kultur, Kunst und Soziales sind dort niedergelassen. Organisiert ist die Zwischennutzung über einen Verein. Ein solcher koordiniert auch die Projekte auf der Brache der ehemaligen Kehrrichtverbrennungsanlage Warmbächli. Diese ist im Moment Naherholungszone, Robinson-Spielplatz und Fahnen-Projekt. Sie bietet Platz für Urban Gardening, Graffiti-Projekte, die Bus Stop Bar und vieles mehr. Am vielfältigsten zwischengenutzt wird im Moment wohl das Areal des alten Zieglerspitals. Neben einem Hostel beherbergt das frühere Personalhaus 13 Künstlerateliers und 16 Zimmer für betreutes Wohnen. Verschiedene Ateliers und Werkstätten bieten Asylsuchenden Raum. Und eines der Spitalhäuser soll den hundert zusätzlichen Medizinstudierenden Platz bieten, die der Kanton künftig ausbilden will. In Planung ist auch noch eine Quartierküche, die im Ziegler-Spital untergebracht werden soll. Etwas eindimensionaler, nämlich primär für Kulturanlässe, wird das ehemalige Tramdepot Burgernziel genutzt. Ebenfalls ein klassisches Angebot von Sharing im Bereich der Immobilien sind die Sportinfrastrukturen. Die Stadt nimmt hier die Rolle der Anbieterin, Unterhalterin und Optimiererin ein, die Platz anbietet für Spitzen-, Breiten- und Hobbysport. 7.1.6 Basel In Basel ist die nachhaltige Entwicklung in der neuen Kantonsverfassung seit 2005 in den „Leitlinien staatlichen Handelns“ verankert (§ 15). Im Legislaturplan wird die Strategie für die Entwicklung des Kantons Basel-Stadt definiert. Als Grundlage dient dabei die Nachhaltigkeitsstrategie. Es gibt eine Strategie „Smart City Basel-Stadt“, welche die nachhaltige Entwicklung des Stadtkantons gemäß § 15 der Kantonsverfassung weiter vorantreiben soll. Die Aktivitäten bezüglich der Sharing Economy werden dabei als Teil von diesen übergeordneten Strategien (Smart City, Nachhaltigkeitsstrategie) angesehen. Die Ziele der übergeordneten Strategien sind Treiber für Sharing-Economy-Projekte und sie werden dafür eingesetzt, um diese Ziele zu erreichen. Konkretes Beispiel: Es bestehen übergeordnete Ziele der CO2-Reduktion und der Ressourcenschonung. Im Amt für Umwelt und Energie besteht ein Förderfonds ‚Energieeffizienz‘, mit dem Energieeffizienz und erneuerbare Energien gefördert werden. Dabei ist Sharing ein Thema und entsprechende Sharing-Angebote werden aus dem Fonds gefördert. 7.1 „ShareCity“-Cases im deutschsprachigen Raum 93 Die Grundhaltung der Stadt Basel ist, dass Sharing vor allem bottom-up entsteht, in der Bevölkerung stattfindet, und für die Stadtbewohner/innen einen Nutzen stiften soll. Die Stadt sieht ihre Rolle in Bezug auf Sharing-Initiativen im Schaffen von optimalen Rahmenbedingungen und Voraussetzungen, damit Sharing entstehen kann. Die Stadt selbst lanciert primär keine Sharing-Projekte, sondern sie vermittelt z. B. nützliche Kontakte oder sie sorgt mit der entsprechenden Verordnung dafür, dass Private im Rahmen von Sharing etwas anbieten können. Teils folgt auch eine finanzielle Unterstützung von Sharing-Initiativen als Anschubfinanzierung. Ein entsprechender Business-Plan soll dann aber aufzeigen, dass Sharing selbstständig betrieben werden kann. Basel ist in der Schweiz aktuell die Sharing-Stadt mit den sharing-affinsten Stadteinwohnerinnen und -einwohnern. Dementsprechend viele Sharing-Initiativen der Schweiz lassen ihren Testballon zuerst in Basel steigen, bevor sie sich an andere Schweizer Regionen wagen. So startete auch das Freefloating-Car-Sharing-Angebot „Catch a Car“ ihr zweijähriges Pilotprojekt neben Genf in Basel. Während der Testphase wurde der Catch-a-Car-Bereich in Basel mehrfach ausgeweitet: Neben dem EuroAirport BaselMulhouse-Freiburg kamen auch Allschwil, Birsfelden, Riehen, Binningen und Muttenz hinzu. Aufgrund der positiven Ergebnisse des Pilotprojektes hat sich Catch a Car entschlossen, das stationsungebundene Car-Sharing-Angebot weiterhin in Basel anzubieten. Weiter nimmt das Amt für Umwelt und Energie eine Vorbildrolle ein, was das stationsbasierte Car-Sharing betrifft. Das Amt ist Mitglied bei Mobility und es werden Standorte direkt beim Amt angeboten. Auch elektrische Cargo-Bikes stehen den Baslerinnen und Baslern zur Verfügung. Für die beiden urbanen, innovativen Quartiere Erlenmatt und Wettstein bestehen sogenannte Quartier-Apps. Über diese Apps kann man mit wenigen Klicks erfahren, wo man die nächste Bohrmaschine oder Heckenschere ausleihen kann. Diese Apps fördern zudem den sozialen Austausch und die Begegnung zwischen den Bewohnern des Quartiers und geben ihnen praktische Informationen rund um ihre Wohnung, ihr Gebäude und ihr Quartier. Diese Apps wurden vom Amt für Umwelt mitfinanziert. Im Bereich Food-Sharing bestehen in Basel ebenfalls vielfältige Sharing-Initiativen: Öffentliche Kühlschränke und „Fair-Teiler“-Stationen sowie ein Bäckereien-Outlet (www.backwarenoutlet.ch) treten an gegen das Problem des „food waste“. Eine weitere Initiative unterstützt das Urban Gardening. Der Verein „Urban Agriculture Basel“ fördert explizit die Erzeugung von Lebensmitteln, Kräutern und Blumen durch Menschen, die in der Stadt Basel und deren Agglomeration leben. Ein bekanntes Projekt der Stadt Basel ist auch die Initiative „Tauschen am Fluss“ (www.tauschenamfluss.ch). Über eine Zeitwährung werden Dienstleistungen, Wissen und Können, Selbstproduziertes und Secondhandwaren getauscht. Ziel ist es, dass jede und jeder anbieten kann, was er/sie besonders gut kann. Bezahlt wird mit Zeit, die dann wieder individuell im Tausch eingesetzt werden kann. Ebenfalls hervorzuheben ist die Basel Sharing Night, die 2018 zum vierten Mal durchgeführt wurde. 94 7.2 7 ShareCity-Cases Internationale Cases Im internationalen Kontext werden verschiedene Städte als „Sharing Cities“ bezeichnet und positioniert (vgl. auch im Folgenden [1]). Im Folgenden werden einige Stadtbeispiele exemplarisch herausgegriffen und deren Sharing-Aktivitäten, die Stadtkultur, die Rolle oder Haltung der Stadt wie auch die organisatorische Abbildung der SharingInitiativen beschrieben. 7.2.1 Seoul In Seoul hat das Sharing-Phänomen eine starke soziokulturelle Basis. Eine Art Altruismus-Karma ist stark in der Bevölkerung verankert und unter dem Begriff „Jeong“ bekannt. Co-Kreation ist in Seoul ein Ausdruck demokratischer Erneuerung, und CoGovernance ist tief verankert. Dies hängt stark mit dem Bürgermeister Par Won-soon zusammen, der unter dem Slogan „Citizens are the mayor“ gewählt wurde und als sozialer Aktivist gilt. So ist Seoul unter anderem auch für sein Open Government bekannt. Die Stadt bietet öffentlichen Zugang zu allen offiziellen Stadtdokumenten, auch zu jenen, welche in Bearbeitung sind. Weiter gibt es einen Speakers Corner, wo Stadtbürger Videobotschaften aufnehmen können und Anliegen an die Stadtverwaltung senden können. Der Bürgermeister ist zudem auf Twitter präsent und im Austausch mit den Bürgerinnen und Bürgern von Seoul [1]. Sharing-Aktivitäten: Seoul ist im Rahmen des Sharing-Phänomens auf drei Ebenen aktiv: Ausbau von physischer und digitaler Sharing-Infrastruktur, Unterstützung von Sharing-Economy-Startups sowie öffentliches Zurverfügungstellen freier Kapazitäten, wie beispielsweise Räumlichkeiten der Stadt. Zusätzlich bindet die Stadt die Innovationskraft ihrer Bürgerinnen und Bürger in Entwicklungen ein. Im Bereich der Infrastruktur bewirtschaftet Seoul gemeinsam mit Creative Commons Korea das Onlineportal ShareHub. Dieses bietet Stadtbürgerinnen und -bürgern Informationen zum Sharing-City-Projekt mit News und als Verzeichnis zu Sharing-Economy-Initiativen und -Services. Weiter wurde allgemein in eine digitalisierte Umgebung investiert. Eine elektronische Währung vereinfacht Transaktionen, kontaktlose Smartcards ermöglichen ein unkompliziertes Nutzen des öffentlichen Verkehrs, und kostenloses WLAN auf dem ganzen Stadtgebiet sowie 1 Mio. kostenlos abgegebene Smart Devices für digital unterversorgte Bürgerinnen und Bürger fördern die Vernetzung auf dem ganzen Stadtgebiet. Weiter unterstützt die Stadt Sharing-Economy-Startups. So profitieren 20 ausgewählte Jungunternehmen von kostenlosem Büro-Raum, technischer Unterstützung und finanziellen Zuschüssen. Zusätzlich wurden auch etablierte Sharing-Unternehmen gefördert und bei der Skalierung ihrer Plattformen unterstützt. Freie Räumlichkeiten der Stadt werden außerdem Sharing-Economy-Initiativen zur Verfügung gestellt. So baut die Stadt ihr Bibliotheksnetz aus und nutzt freie Appartmentwohnflächen für das Einrichten neuer Quartierbibliotheken. Ausgewählte Parking Lots und Gebäude werden außerhalb der Geschäftszeiten der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Die Stadt selbst profitiert von 7.2 Internationale Cases 95 der Einbindung der Innovationskraft ihrer Bürgerinnen und Bürger. So wurden beispielsweise 50 Digitalunternehmen im Social Innovation Camp zusammengeführt, um sich in der Entwicklung einer Web- und Mobile-basierten Lösung für den öffentlichen Sektor zu messen. Thema waren die Herausforderungen der heutigen Städte. Das Gewinner-Team entwickelte die App Finger-Town. Auf unterhaltsame Art und Weise können mit der App Probleme im öffentlichen Service rapportiert und damit der Kundenservice der Stadt verbessert werden [1]. Rolle und organisatorische Verankerung: Neben der Rolle als Förderin (finanziell und infrastrukturell), Unterstützerin (kulturell) und Nutzerin von Sharing, greift Seoul bei internationalen Sharing-Initiativen auch regulierend ein. Die Stadt verbietet beispielsweise Uber, lanciert dafür aber eine eigene Taxi-Ruf-App. Wichtige Entscheidungsträger aus dem privaten Sektor und der Verwaltung bilden ein 12-köpfiges Sharing Promotion Committee. Dieses soll Sharing in der Stadt noch stärker katalisieren und die Beziehungen zwischen Tech Startups und Bürger-Bewegungen weiter etablieren [1]. Weiter verfügt die Stadt über eine Innovation Planning Division. Diese untersucht, wie Innovationen aus der ganzen Welt in Seoul implementiert werden können und soll die Kommunikation zwischen Startups und der Stadtregierung vereinfachen. Sie greift Inputs von Bürgerinnen und Bürgern auf und adressiert gesetzliche Hindernisse zur Ausbreitung des Impacts von Sharing-Aktivitäten und -Unternehmen. Ziel der Division ist es außerdem, die Kommunikation zwischen Startups und der Stadtregierung zu vereinfachen [1]. 7.2.2 Kopenhagen Die Sharing-Aktivitäten in Kopenhagen wurden vor allem rund um den europäischen Green Capital Award bekannt (gemacht) mit dem Ziel, die geforderten Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Die Stadt wurde im Rahmen des Awards 2014 in einen riesigen „Sharing-Showcase“ verwandelt [1]. Im Rahmen dieser Anstrengungen zeigte sich auch die kollektive Kultur der Stadt. Bewohnerinnen und Bewohner investierten teilweise ihr eigenes Geld, um die Stadt in der Erreichung ihrer Nachhaltigkeitsziele zu unterstützen. So wurde die Hälfte der Turbinen in der Windfarm des Middelgrunden Harbor von Stadtbewohnern finanziert. Die kollektive Kultur zeigt sich auch im Co-Housing-Prinzip, das in Kopenhagen seit den 70er Jahren gelebt wird und – so wird behauptet – dort auch ihren Ursprung hat. Mehrere Familien leben dabei separat mit extensiv genutztem kommunalem Raum [1]. Im Kontext von Open Data öffnet auch Kopenhagen den Zugang zu Stadtdokumenten und macht die übersetzte Zusammenfassung des City’s Urban Landscape Design Manual öffentlich zugänglich [1]. Sharing-Initiativen: Treiber der Sharing-Aktivitäten in Kopenhagen ist insbesondere das Stadtplanungsamt. Es treibt die Umnutzung von Stadtraum voran, fordert den Austausch zwischen der Verwaltung und den Bewohnerinnen und Bewohner der Stadt durch bauliche Vorschriften oder Bewilligungen oder aber entwickelt Raumprojekte, die zur 96 7 ShareCity-Cases Partizipation einladen oder diese symbolisch festhalten. So wurden beispielsweise ehemalige Parkplätze zu geteilten öffentlichen Räumen, Besitzer von Häusern in der Stadt werden ermutigt, Tische, Stühle und Pflanzen auf das Trottoir zu stellen, und damit zum Austausch einzuladen. Als bauliches Symbol für den gewünschten Austausch zwischen Bevölkerung und Verwaltung werden die Erdgeschosse öffentlicher Gebäude mit Glasfassaden ausgestattet. Mit der spielerischen Infrastruktur wie öffentlichen Trampolinen am Wasser oder bekletterbaren Skulpturen propagiert die Stadt ein längeres Verweilen sowie das Gemeinsame [1]. Nutzen von öffentlichen Räumen. Interkulturelle Diversität wird gefeiert und die bottom-up-Demokratie symbolisch festgehalten, indem sich die ethisch diversen Bewohnerinnen und Bewohner des Quartiers Norrebro im Superkilen-Park einbringen konnten mit ihren eigenen Ideen und Artefakts aus ihrer ethischen Subkultur. Auch „The Wall“, eine 12 m lange mobile Struktur mit Multi-Touch-Screen, zelebriert eine partizipative Kultur, indem sie die Geschichte Kopenhagens in Form von 20.000 Bildern zeigt, die von der Bevölkerung zur Verfügung gestellt wurden. Weiter ist Kopenhagen auch eine Stadt der Fahrradfahrer und hat intensiv in diese Infrastruktur investiert. Es stehen 1850 Bikes zum Sharen zur Verfügung. Außerdem wurde ein Netzwerk von 26 Bike-Routen, sogenannte Superhighways geschaffen. Diese sind gegenüber den Autostraßen erhöht, breit ausgebaut und werden bei Schnee schneller als die Autostraßen geräumt. Damit sollen Pendler aus dem suburbanen Raum zur Fahrrad-Nutzung motiviert werden [1]. 7.2.3 Medellin Medellin wurde zu einer Modellstadt für Stadtplanungsstrategien. Mithilfe gezielter Investitionen konnten problematische Stadtquartiere revitalisiert werden. Es wurden isolierte Quartiere durch Verkehrsanbindungen wieder mit der Innenstadt sowie untereinander verbunden. Zudem wurden Orte des positiven Austauschs geschaffen, die alternative Beschäftigungsmöglichkeiten als die Beteiligung in Straßengangs bieten. Die Verbindung mit der Innenstadt wurde auch mithilfe architektonischer Schlüsselwerke geschaffen, die Besucherströme wieder in die ärmeren Quartiere leiten sollen und diesen mit neuen Besucherströmen auch entsprechende Einkünfte ermöglichen sollen [1]. Vernetzung und öffentlicher geshareter Raum für Bibliotheken und Initiativen der Quartierbevölkerung sind in Medellin Schlüsselaspekte. Die Stadt investiert fünf Prozent ihres Budgets in Initiativen, die bottom-up entstehen und Sharing zum Thema haben. So teilt eine afro-kolumbianische Band beispielsweise ihr Musik-Talent und erteilt kostenlos Musikunterricht. Die Stadt subventioniert die Instrumente. Mit solchen Initiativen sollen insbesondere Jugendliche von der Straße geholt und motiviert werden, ihre Freizeit anderweitig als mit gewalttätigem Gang-Leben zu verbringen [1]. Die oben genannten Anstrengungen haben der Stadt 2013 den US’s Urban Land Institute’s „Innovative City of the Year“-Titel eingebracht [1]. 7.2 Internationale Cases 7.2.4 97 Amsterdam Amsterdam ist Europas erste offizielle „Sharing City“. Die Stadt zeichnet sich aus durch eine offene Partizipationskultur. Alle Stadtbewohner dürfen politisch partizipieren. Gleiches gilt für Immigranten, welche seit fünf Jahren legal im Land leben. Inklusion steht insgesamt weit oben auf Amsterdams Agenda. Sharing in Form von Co-Produktion sowie der Vernetzung zwischen Stadtverwaltung, Unternehmen sowie Bürgerinnen und Bürgern hat dabei einen hohen Stellenwert. Ein weiteres Rahmenziel, das Amsterdam mit seinen Sharing-Aktivitäten verfolgt, ist die Entwicklung zu einer Smart City, in welcher die CO2-Emission in Energie- und Transportsystemen erheblich gesenkt werden soll. Amsterdam hat wie Kopenhagen und Seoul ein Open-Data-Programm, wo Bürgern städtische Daten zur Verfügung stehen, damit sie Entscheidungen in Bezug auf die Stadt auf Basis von Facts and Figures treffen können [1]. Sharing-Initiativen: Wie Kopenhagen hat Amsterdam eine lange Co-HousingTradition. Die Stadt war dann auch die erste, die Kurzzeit-Mieten von Wohnungen offiziell legalisiert hat. Solches Untervermieten ist maximal 60 Tage im Jahr möglich, Einkommens- und Touristen-Taxen sind Pflicht. 2009 wurde in Amsterdam das erste Repair Café gegründet (heute gibt es 15). Auch Peerby, welche Anbieter und Nachfrager aller Arten von Dingen zusammenbringt, wurde damals gegründet, ebenso wie Floow2, eine B2B-Sharing-Plattform, welche untergenutzte Fähigkeiten und Equipment vermittelt. Unter dem Motto „to help one another in exchange for free co-working space“ wurde dann auch die neue Bibliothek von Almere eröffnet. Auch im Bereich der Mobilität, im Bike-Sharing, hat Amsterdam bereits 1965 das erste Projekt gegründet. Seit 2009 ist auch noch das (Peer-to-Peer-) Car-Sharing-Programm MyWheels dazugekommen. Neben der Unterstützung oben genannter Initiativen investiert die Stadt auch in Infrastruktur wie beispielsweise das Amsterdam Free Wifi oder die oben genannte Co-Working-Bibliothek [1]. 7.2.5 San Francisco San Francisco ist sozusagen Epizentrum des wachsenden High-Tech-Sharing. Unternehmen wie Twitter, Dropbox oder Airbnb sind in der Stadt beheimatet. Millenials verbreiten neue Normen, welche die Nutzung von Sharing-Angeboten unterstützen, und die Nähe zum Silicon Valley fördert die wachsende Szene der Sharing-Startups. San Francisco vertraut in Bezug auf Sharing vor allem auf den privaten Sektor und ist lediglich mit einigen wenigen Projekten und Regulationen aktiv. Die Sharing-EconomyArbeitsgruppe, die von der Stadt als Austausch-Organ ins Leben gerufen wurde, konnte sich nicht etablieren [1]. Regulationen für Kurzzeit-Vermietungen: Die Stadt hat früh Regeln eingeführt, was die Kurzzeit-Vermietungen von Wohnungen angeht. So dürfen nur „permanent residents“ ihre Unterkünfte kurzzeitig vermieten. Die Vermieter müssen sich bei der Stadt registrieren und Hoteltaxen bezahlen. Das Vermieten einer ganzen Wohnung ist auf 90 Tage im Jahr beschränkt [1]. 98 7 ShareCity-Cases Aktivitäten der Stadt: In einigen wenigen Projekten ist San Francisco auch selbst aktiv im Sharing-Economy-Bereich. So hat das Departement of Emergency Management der Stadt beispielsweise in Kooperation mit Airbnb ein Tool für die Vermittlung gebührenfreier Unterkünfte in Regionen entwickelt, die von Naturkatastrophen betroffen sind. Dann hat sich die Stadtverwaltung selbst die Innovationskraft von Startups zunutze gemacht. In einem Entrepreneurship-In-Residence-Programm wurden ausgewählte Startup-Unternehmen 16 Wochen mit der Stadtverwaltung zusammengebracht. Ziel war es, die Verwaltung effizienter und responsiver zu machen. Die Startups erhielten im Gegenzug kostenlose Co-Working-Arbeitsplätze, Mentorship, Workshops und Trainings. Nicht nur die Verwaltung selbst, sondern auch die öffentlichen Räume sollen durch Sharing-Aktivitäten verbessert und belebt werden. Das Office of Civic Innovation hat dazu das Living-Innovation-Zone (LIZ)-Programm ins Leben gerufen. In öffentlichen Räumen können Sharing-Unternehmen ihre Projekte zeigen. Das Ganze funktioniert im Pop-Up-Stil. Die Ausstellungsräume wechseln je nach Verfügbarkeit. Eine dazugehörige App mit dem Namen POPOS fungiert als digitale Karte. Besucherströme können mit dem Projekt abseits der kommerziellen Touristik-Areale geführt werden. Damit werden neue Geschäftsmöglichkeiten eröffnet [1]. Eine organisationale Abbildung unterschiedlicher Sharing-Interessensgruppen in der Stadt wurde 2013 als Sharing-Economy-Arbeitsgruppe ins Leben gerufen. Ziel war es, die ökonomischen Benefits der wachsenden Sharing-Economy-Branche zu untersuchen und auf die Ängste von Unternehmen in Bezug auf Policies und Regulationen einzugehen. Die Gruppe wurde zusammengesetzt aus Vertretern der Stadtverwaltung, der Community-Organisationen und der Sharing Economy [1]. Die Betrachtung der internationalen Cases zeigt, dass sowohl das Label „Sharing City“ als auch entsprechende Aktivitäten der Stadtverwaltungen teilweise expliziter angewandt werden, als dies in den Schweizerischen Städten der Fall ist. Dies hat unterschiedliche Ursachen. In Städten wie Medellin liegt selbstverständlich eine andere Dringlichkeit vor. Teilweise ist es aber auch eine Prioritätensetzung der Stadtverwaltungen, ob sie in Bezug auf Sharing einen Schwerpunkt setzen, wie die Beispiele Kopenhagen und Amsterdam zeigen [1]. Literatur 1. Agyeman, J., & McClaren, D. (2015). Sharing cities. A case for truly smart and sustainable cities. Cambridge: MIT. 8 Ausblick Zusammenfassend können die folgenden Learnings für ShareCity-Aktivitäten einer Stadt festgehalten werden. 1. Auf dem Weg zum Shared City Life In den untersuchten Städten findet viel Sharing statt. Gleichwohl kann meist nicht von einem flächendeckenden „Shared City Life“ gesprochen werden. An vielen Stellen engagieren sich Menschen aber beim Teilen, und es kann eine zunehmende Verbreitung des Sharing-Gedankens und der Sharing-Nutzung konstatiert werden. 2. Vielfältiges Sharing Auch wenn die typischen Sharing-Beispiele im Bereich Unterkünfte und Verkehr/ Mobilität angesiedelt sind, finden sich in den Städten vielfältige Sharing-Anwendungen. Dies wird den Trend zu einem intensiverem Shared City Life mit stärken. 3. Städte engagieren sich beim Sharing In allen beobachteten Städten existieren verschiedene Sharing-Initiativen, teils auch von den Städten aktiv initiiert oder gefördert. Viele Städte nennen sich aber nicht explizit „Sharing Cities“. Städte verfolgen verschiedene Strategien/Konzepte, wie Umweltkonzepte oder Smart-City-Konzepte, für die Sharing ein wesentlicher Input ist. 4. Potenziale und Risiken im Blick haben Sharing hat grundsätzlich viele Potenziale im Hinblick auf ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeit, aber teils auch Risiken in diesen Bereichen. Als Stadt ist es wichtig, die Chancen und Risiken im Blick zu haben, und das Shared City Life entsprechend zu kanalisieren. 5. Kombinieren von „Vernunft“ und „Spaß“ Sharing kann sehr wichtige gesellschaftliche Wirkungen haben. Allerdings ist dies für den Einzelnen häufig kein ausreichender Antrieb. Der „erhobene Zeigefinger“ alleine trägt zu wenig zu einer Sharing-Orientierung der Bevölkerung bei. Städte können mit © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 D. Georgi et al., ShareCity, https://doi.org/10.1007/978-3-658-23700-4_8 99 100 8 Ausblick dafür sorgen, dass Mehrwerte durch Sharing sowie eine Sharing Community in der Stadt entstehen. 6. Sharing hat eine Querschnittsfunktion In den gegebenen Organisationsformen der Stadtverwaltungen existiert kein „Sharing-Amt“ o. ä. Dagegen betrifft Sharing vielen organisatorische Einheiten einer Stadtverwaltung. Sharing hat eine Querschnittsfunktion zu vielen Bereichen, wie Umwelt, Verkehr, Stadtentwicklung, Wohnen usw. Eine solche Querschnittsfunktion bedeutet potenziell viel Bedeutung, bringt aber auch die Gefahr mit sich, dass ein solches Thema nicht entsprechend eingebracht wird, da sich niemand dafür verantwortlich fühlt. Daher werden jene Städte eher eine Sharing-Orientierung realisieren, in denen sich Einzelpersonen oder Bereiche der Stadtverwaltung des Themas aktiv annehmen. 7. Balance aus Bottom-up und Top-down Es zeigt sich, dass es in vielen Städten Sharing-Initiativen gibt, die eine gute Grundlage für die Entwicklung einer Stadt zur „Sharing City“ sind. Gleichzeitig können Städte diese Entwicklung unterstützen, indem sie selbst aktiv werden, und sei es zumindest bei der Gestaltung der Rahmenbedingungen der Sharing Economy. Eine gute Balance zu finden zwischen Bottom-up- und Top-down-Herangehensweisen ist ein wichtiger Erfolgsfaktor auf dem Weg zur Sharing City. 8. Frühzeitige Auseinandersetzung mit aufkommenden Digitalisierungstrends Aktuelle und zukünftige Trends wie autonomes Fahren, das Internet der Dinge oder Big Data werden zweifelsohne die Sharing Economy in den nächsten Jahren stark prägen. Plötzlich sind völlig neue Ansätze denkbar, die vor kurzer Zeit noch nach „Science Fiction“ geklungen haben. Dabei sollte sich die Diskussion nicht darauf beschränken, was (technisch) machbar ist, sondern Städte sollten vielmehr diskutieren, was ein gewünschter Zielzustand wäre. Es braucht ein „Herantasten“ und „Hineinwachsen“ in neue Ansätze, bei dem alle Akteure noch hinzulernen dürfen sollen. Anhang: English Summary of the Book and the ShareCity Research Project Introduction A short while ago the retailer Tchibo launched a rental service for baby clothing under the sub-brand “Tchibo Share”.—The Swiss sharing icon Mobility continuously tests new sharing innovations. Since the 1980s Mobility has been offering so-called stationbased car sharing, in which cars have to be picked up from certain stations and returned to them. For a few years now the provider has been piloting “Catch a Car”, a so-called free-floating car sharing, which is also offered by Car2Go and DriveNow in Germany, for example.—The latter are the sharing arms of Daimler and BMW—the car manufacturers see their future in the service business instead of the product business—and sharing is a promising service field. Societal trends are leading to an increasing number of customer segments no longer buying a car—using instead of possessing is the motto. The feared declining sales are to be compensated by sharing offers.—Everyone has heard of Airbnb by now—and many have already used it. The online platform for— mainly, or at least originally—temporary private accommodation for private individuals is the epitome of the modern sharing economy.—Platforms also offer the exchange of goods and services in the so-called “P2P economy” in other areas. On Sharoo, your own car is temporarily offered to other users. At Sharely, daily used items and services can be found—from a ladder to a drone to a haircut. At Blabla-Car so called “Ride Sharing” is offered. Members announce their planned trips on the site to give other users a lift if necessary. Is Sharing Anything New? So the sharing economy has come right to the heart of life. But, wait a minute: BlaBlaCar—is that so new? In some countries, there always have existed agencies that organize car pooling by telephone. Right. Sharing is an old thing. Many have cited libraries as being one of the oldest forms of sharing. If you go that far, every street and every park is sharing. But you don’t have to go that far. There are several new developments in sharing. On the one hand, they were created for technological reasons. Online platforms © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 D. Georgi et al., ShareCity, https://doi.org/10.1007/978-3-658-23700-4 101 102 Anhang: English Summary of the Book and the ShareCity Research Project make it possible to bring together suppliers and consumers who would not be able to come together without online support. On the other hand societal tendencies also play a role. It can be observed—at least in part—that we are moving away from pronounced individualism and increasingly accepting responsibility for society. This second reason is also the cause of sharing initiatives that are explicitly not taking place online, but locally, or “in the public space”, as we were told in an expert interview. Sharing Economy as an Economic Growth Engine From an economic point of view, the sharing economy is seen as one of the main engines of growth. For some time now the sharing economy has been predicted to develop steeply in the future. In 2013, the management consultancy PWC estimated the global value added by the sharing economy at 15 billion dollars and it assumes an increase to 335 billion dollars in 2025. Shared City Life and ShareCity Approach From the perspective of cities one can assume that the future urban life will be a “shared city life”. This raises the question whether cities want their city life to be determined by international platforms in the future? Or whether they take up the reins themselves and play an active role in shaping the sharing economy in their city. In terms of a ShareCity strategy, cities can determine how their future “shared city life” will look like. In international contexts some cities already refer to themselves as “sharing cities”, such as e.g. Barcelona, Milan, Singapore or Seoul. ShareCity Project with the Mercator Foundation Switzerland and the City of St. Gallen In order to investigate more closely how cities can develop a ShareCity strategy and thus influence shared city life in their towns, a research team from the Lucerne University of Applied Sciences and Arts has carried out the research project “ShareCity—Sharing Strategy for Swiss Cities”. The project was supported by the Mercator Foundation Switzerland. The city of St. Gallen was a sparring partner in the project. “ShareCity” Research Project Project Members • Research-Lead: Lucerne University of Applied Sciences and Arts (HSLU)—Business, Institute for Communication and Marketing (IKM) • Main financing partner: Mercator Foundation Switzerland • Main practice partner: City of St. Gallen – Karin Hungerbühler, Deputy Head, Office for Environment and Energy – Harry Künzle, Head of Environment and Energy Office Anhang: English Summary of the Book and the ShareCity Research Project 103 • Accompanying group: – Renate Amstutz, Director of the Swiss Association of Cities – Andreas Blumenstein, Peter Masciadri, Office for Mobility AG – Manuel Lehmann, Management Board DANACH – René Lisi, President Sharecon – Carmen Spielmann, Managing Director Sharoo – Frank Wolff, Managing Director Crowdwerk – Christoph Zeier, Head of Strategic Projects Mobility Approach • Qualitative study: Approx. 30 qualitative interviews with representatives of city administrations, the local economy, sharing companies and initiatives as well as sharing users • Quantitative-empirical study: Standardized, representative survey of 512 members of the LINK panel • Strategy workshop with over 20 representatives from the St. Gallen city administration, business, sharing companies and institutions • Four expert workshops with approx. eight participants each Effects of Sharing What Makes Sharing so Interesting? The Positive Effects The fact that sharing is on everyone’s lips—despite its future development looking rather vague—is due to the potential effects of sharing and the sharing economy. The first reaction is usually: Sharing is a good thing! Sharing is so tempting because it promises a number of real benefits—in ecological, economic and social terms (cf. Fig. A.1). Sharing Helps the Environment Most discussed are ecological advantages, which are mainly due to the economization of resources through multiple use. If several people share a car as part of car sharing or ride sharing, less energy is consumed and less exhaust fumes are produced. If several delivery services use the same kitchen infrastructure, material and energy are saved. When private living space in residential complexes is reduced and shared areas are increased, energy is also saved. Economic Advantages for New Players and the Established Economy Sharing approaches can also generate economic benefits. This applies e.g. to private users, as sharing users can use certain products and services more cheaply than if they had to procure them themselves. Sharing approaches can create business opportunities for companies. This is true, of course, primarily for sharing platforms that mediate between supply and demand. But classic B2C or B2B providers can also develop new 104 Anhang: English Summary of the Book and the ShareCity Research Project Positive effects Ecological sustainability Sharing Economic sustainability Social sustainability Negative effects • Less consumption • Better space utilization • Rebound effects • Increased consumption through private business models • Expansion of supply - expansion of demand (induced demand) • Income opportunities for private individuals • Revenue/savings opportunities for companies • New business models • Transparency (e.g. through feedback systems) • Fairness / participation / democratization of access • Flexible employment models • Higher demand in other areas through savings • General: Growth opportunities • Threat to existing industries • Shift of risk to employees/consumers • Exploitation of workers ('race to the bottom'; platform capitalism) • Bypassing regulations • New monopolies • Social exchange • Multigenerational interaction • Social networking/cohesion (community) • Changing values towards sustainability • Unequal access for lower income groups • Signs of social division Fig. A.1 Effects of sharing opportunities through sharing, e.g. by identifying new target groups for whom the purchase of the products offered is not possible for cost reasons. Companies can also realize cost savings through sharing approaches. Social Effects of Sharing Sharing creates social interaction. Social interaction promotes stability within societies. Sharing can advance societal integration in various ways, ethnic, age-related, according toeducational backgrounds. In some residential complexes of housing cooperatives, multi-generational housing is intentionally promoted. This generates very specific “sharing advantages” for those involved in everyday life: seniors support younger families in childcare, for example, while younger people do their shopping for them. Or is Sharing not “Caring” at all, but “Scaring”? Negative Effects of Sharing However, sharing offers can also generate negative effects. In environmental terms, sharing can even lead to increased consumption, for example if users of buses and trains switch to car sharing; or if the money saved through sharing is used for other activities entailing increased consumption (e.g. long-distance travel). In economic terms established industries may be weakened as well. Uber, for example, reduces the use of taxis while the new revenues are generated in other countries. Even though it can be argued that established industries should meet this challenge and develop innovative services and business models themselves in order to remain competitive, this initially represents an economic disadvantage, also accompanied, for example, by job cuts. From a social point of view, some argue that sharing platforms help wealthier people who e.g. Anhang: English Summary of the Book and the ShareCity Research Project 105 own accommodations which can be let, rather than the less wealthy. Airbnb and the like reduce long-term housing offers in some quarters in favour of holiday offers. The coexistence of tourists and locals can be stimulating but can also disturb the everyday life of the locals, depending on the behaviour of the tourists. In this regard, the “Kurier” in Berlin headlined: “Trolley bag noise, boozing parties: trendy district wants to teach tourists manners”. Influencing Factors of Sharing What Motivates People to Share? Even though there are negative effects of sharing, it can potentially contribute to meeting societal challenges. If cities or the public sector in general wish to participate in shaping sharing, knowledge of the motivational factors of sharing users is relevant. It is therefore all about the influencing factors of sharing behaviour, i.e. the willingness to participate in sharing initiatives or to participate in sharing via platforms or similar. The following factors play a role in the decision to share (Fig. A.2): • Functional benefit: If sharing is practical and “makes life easier”, if it adds value, one is more likely to participate. If it is easier and cheaper to board a car-sharing vehicle at the station than to call a taxi, this increases the probability of use. An example of overall conditions that bring functional benefits are extra traffic lanes for car pools, such as those found in some international metropolises. Such a measure automatically makes sharing more attractive. • Hedonistic benefit: If sharing is “fun”, it is more likely to be used. A surveyed expert emphasized that sharing could not develop in an ecological niche, but had to be attractive and modern. Another expert reported that it was simply cooler to ride a bicycle (“shared” or an own one) than to drive by car in Copenhagen. • Social benefit: If sharing contributes to experiencing positive social interactions, it is more likely to be used. Airbnb users report, for example, how refreshing contact with Airbnb landlords is, compared to “anonymous” hotel employees. Or if the social interaction between the inhabitants of housing complexes with shared rooms is valued, this increases the use of such offers. • Trust: In sharing, resources are used simultaneously or at intervals which are also used by others. Therefore trust is needed that this multiple use does not worsen the user experience (cue: dirt in a shared car). Due to the role of trust, sharing platforms often use valuation systems. Sharing-specific insurances are also being developed. And bodies such as cities can act as a source of trust. • Social norm: The so-called social norm describes the orientation of people with regard to the behaviour of others. If our social environment or role models or other like-minded people participate in sharing, the individual is also more likely to participate. If, for example, the mayor of a city doesn’t use her car for two weeks, she sets an example. It also helps to spread sharing offers when a kind of “sharing community” is created, i.e. a common understanding in the city that sharing should take place. 106 Anhang: English Summary of the Book and the ShareCity Research Project Fig. A.2 Drivers of sharing Empirical Study of Influencing Factors The ShareCity project investigated the relative importance of these factors. An experimental approach based on the model shown in Fig. A.3 was chosen for this purpose. One of three sharing services was briefly introduced to the test persons. The three approaches were: 1) E-cargo bike sharing, in which electric freight bicycles are offered, for example to transport purchases; 2) residential sharing, in which relatively small private units and generous common rooms (e.g. shared office, shared kitchen, etc.) are offered in a residential complex; 3) garden sharing, in which garden space is offered in the middle of the city for (joint) gardening. These scenarios were then evaluated on the basis of various criteria with which the above-mentioned influencing factors were measured, by statements such as “This offer would bring me great added value”. In addition, the likelihood of using the sharing offers was questioned. The relative impact of the influencing factors on this behaviour intention were then analysed by means of a regression analysis. The factors with the greatest influence were the social norm, trust and hedonistic benefits. Sharing offers are therefore more likely to be used if sharing is valued by the social environment, there is confidence in the sharing offers and the sharing offers promise fun. The knowledge of these factors supports designers of the sharing economy in the design of sharing and its framework. These designers can be platform operators or the public sector, such as city administrations. From the point of view of city administrations, the study results can be used in the following ways: The relevance of the social norm means that the more sharing communities there are in a city, the more widespread sharing becomes. Even if there are many private or business communities, the city can offer a good platform for community building. If a city explicitly describes itself as a sharing city, exemplifies this and makes the benefits visible, a city-wide sharing awareness can be created. The relevance of trust can encourage cities to take on the role of an anchor of trust by helping potential sharing participants to feel less uncertainty about the use of sharing offers. Finally, the importance of added value provides the basis for Anhang: English Summary of the Book and the ShareCity Research Project 107 Functional benefit Ecological benefit Hedonistic benefit Social benefit Sharing participation Social norm Trust Personality traits / personality Fig. A.3 Empirical research model indicating the most important sharing drivers generating and communicating additional benefits from sharing offers. For example, through communication measures, regulatory measures (e.g. extra traffic lanes) or a role model function. ShareCity Strategies Framework for a Systematic Derivation of ShareCity Strategies The ShareCity approach is based on the idea that cities are more likely to use the potential of sharing for more ecological, economic and social sustainability if they develop systematic sharing strategies. For this purpose, a strategy framework was developed during the ShareCity project, which was then applied to various constellations, in particular together with the city of St. Gallen. To define a sharing strategy, the following questions are asked using the framework (Fig. A.4): 1. Which goals? First of all it should be clarified what goals are to be achieved by sharing? Or at least which targets should not be affected by sharing. As a starting point it is worthwhile to take the general objectives (e.g. legislative goals,visions) of the city into consideration. In addition, other specific goals can be derived from a city’s current challenges, e.g. reducing traffic, revitalising the city centre, increasing interaction between the generations, creating jobs, etc. 2. Which context? The context in which sharing is to be applied should also be defined. It could refer to the entire city, for which a holistic sharing strategy is to be developed. It could also be applied to a specific quarter which is to be revitalised by sharing. Furthermore it could relate to streets that are particularly affected by Airbnb rentals, for example. The focus could also be on integration between the city and the surrounding area. 108 Anhang: English Summary of the Book and the ShareCity Research Project Fig. A.4 Sharecity strategy framework 3. Which stakeholders? It must be examined which stakeholders are to be involved in the organization of the sharing. An isolated approach by the city administration alone is usually not sensible. In our work with, for example, the city of St. Gallen it was emphasized that the existing sharing initiatives should be included, in the sense of a “bottom-up” approach. It was also considered relevant that the existing “non-sharing” economy plays a strong role in the sharing strategy process. This allows possible resistances in the process to be taken into account. Simultaneously, the local economy can be supported in its innovation process. 4. Which sharing approaches? From the whole variety of sharing approaches those are to be selected by which the defined goals can be achieved. Depending on the initial situation and challenges, different sharing approaches are more or less relevant. 5. Which measures? Finally, the measures to be taken to achieve the desired objectives must be defined. Five areas of measures can hereby be discerned: Initiate, position, regulate, promote and inspire (cp. the following section for a more detailed explanation). The five phases of this strategy process can be run through in different order. The given sequence can be used, for example, if a city wants to develop a holistic sharing strategy. Accordingly, it would follow the five phases. This order also applies when sharing strategies are to be developed for individual sub-areas. If, for example, the traffic situation is to be improved by sharing (goal), questions in the other four areas would follow accordingly. The starting point could also be the fourth module “sharing approach”. This is the case, for example, if a city is considering how it should deal with possible excess Airbnb offers. Then the strategy process starts with potential problems caused by Airbnb. Afterwards it is defined what the city's goals are in this respect, etc. Anhang: English Summary of the Book and the ShareCity Research Project 109 Specific Sharecity Measures Various measures are available to cities to shape sharing, i.e. to promote, restrict, shape, etc. These measures can be subdivided into the following five areas (Fig. A.5): 1. Initiate Cities can develop and offer sharing services themselves. One example of this is the development of a neighbourhood app offering sharing elements. Or: The Swiss Federal Office for Energy (BfE) has carried out pilot projects with companies to promote the use of car pools by employees. 2. Position Cities can help sharing providers to position themselves in the city, gain attention and make the citizens more aware of them. Cities can give existing sharing initiatives a platform, either online through a kind of “sharing portal” or in “real life”. For example, the city of St. Gallen has organized a “ShareGallen” sharing market as a specific measure derived from the ShareCity project. At the event, more than 20 sharing initiatives presented their sharing approaches at exhibition stands. The event, which bore a “festive character” due to musical and gastronomic accompaniment, was well received by the population and well attended. 3. Regulate Regulation is often called for when new developments endanger existing business models and a restriction of new providers is to be achieved by regulation, or when new offers circumvent the guidelines that existing providers must comply with. Due to the spread of Airbnb, the hotel industry wants to regulate such offers. And the spread of Uber brings the taxi lobby to the fore, which demands to limit such offers. In addition to such negative regulation, positive regulation is also possible, which contributes to the spread of sharing. A prominent example are separate traffic lanes for users of car-pooling. This increases the functional benefit of sharing, as shared driving in car pools usually results in faster transport, as these lanes are less busy. Fig. A.5 ShareCity measures 110 Anhang: English Summary of the Book and the ShareCity Research Project 4. Finance Cities can promote general or individual sharing initiatives through financial support. One example of this are idea competitions, which support projects with certain topics, such as saving energy. 5. Inspire A city can also explicitly promote the dissemination of sharing by inspiring citizens to participate, e.g. by setting an example. One such example are cities that offer car-sharing to their employees or in which important personalities, such as the mayor or other city celebrities, take part in sharing initiatives. ShareCity Workshops The Sharecity strategy framework can be used to systematically develop a ShareCity strategy in cities. In the case of St. Gallen, for example, a ShareCity strategy workshop was held with over 20 participants from the city administration, local business and sharing initiatives. Based on the questions of the framework, fundamental considerations were made for the city of St. Gallen with regard to sharing in the city. Organizational Requirements for a Sharing Orientation As with other topics, sharing is only systematically implemented if someone in the city administration feels responsible for it. In many cities there is no sharing department or person responsible for sharing. Sharing often has a typical cross-departmental function. It permeates many municipal functions, such as building construction, education, health, urban development, transport. In order to integrate new ideas such as sharing into established structures, it is necessary that particular people in authority take care of the topic. In St. Gallen this was, for example, the co-head of the Office for Environment and Energy. In addition, organizational embedding can help to establish the idea of sharing more firmly, for example, by setting up rules which force those responsible to check sharing potential in new projects or to assign people being explicitly responsible for sharing. In some international cities, for example, sharing departments have been created. By actively addressing sharing in the sense of a ShareCity strategy, city administrations (and, more generally, the public sector) can create a framework that allows them to exploit the positive potential of sharing and the sharing economy.