Stadtbefestigung Zistersdorf
I Bauhistorische Untersuchung (Ersterfassung)
Ralf Gröninger
Wien
2020
DATENBLATT
Objekt: Stadtbefestigung Zistersdorf
Auftraggeber: Stadtgemeinde Zistersdorf
Herr Bürgermeister Wolfgang Peischl,
Hauptstr. 12 30, 2225 Zistersdorf
stadtgemeinde@zistersdorf.gv.at
Tel.: 02532/2401-127
Bearb.: Klemens Steiner, BSc.
Bundesdenkmalamt (Landeskonservatorat NÖ):
Dipl.-Ing. Franz BEICHT,
Bundesdenkmalamt, Hoher Markt 11,
3500 Krems
franz.beicht@bda.gv.at
Tel: 0676 88325 422
Amt der niederösterreichischen Landesregierung, Abt. Hydrologie und
Geoinformation, St. Pölten:
3-D-Scans und Orthofotos
Bauhistorische Untersuchung (Ersterfassung) (entsprechend der Richtlinien des
Bundesdenkmalamtes für Bauhistorische
Untersuchungen):
Laut Ersterfassung (mit Ergänzungen Beiblatt Stadtbefestigungen):
Dokumentationstiefe Stufe A; Befunddokumentation Stufe 1
Durchführungszeitraum:
Februar 2019
Vorlage Bericht: Januar 2020
Auftragnehmer:
Mag. Ralf GRÖNINGER, Breitenfurter
Straße 378/4/32, 1230 Wien, Historische
Bauforschung
historische.bauforschung@gmail.com
Tel: 0699 18161593
Vermessungsgrundlagen:
Boris STUMMER
E-Mail: post.bd3@noel.gv.at
Telefon: +43 (2742) 9005 – 14184
Stadtgemeinde Zistersdorf: Katasterplan
Josef SCHAUER
E-Mail: post.bd3@noel.gv.at
Telefon: +43 (2742) 9005 – 13454
Digitale Spiegelreflex: Nikon D50
Objektiv: AF-S NIKKOR 18-55 mm 1:3.55.6G ED
Musterflächen-Sanierungen:
Peter ASIMUS, Restaurator
Hauptstraße 79, 2263 Waidendorf
bpasimus@chello.at
Tel: 0664 3079433
Verwendete Kamera:
Stadtbefestigung Zistersdorf – I Bauhistorische Untersuchung (Ersterfassung)
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Inhaltsverzeichnis
1. Die Stadtbefestigung im Spiegel der Quellen ........................................................................................ 4
1.1. Historische Nachrichten ...................................................................................................................................... 4
1.2. Historische Ansichten .......................................................................................................................................... 6
1.3. Historische Karten und Pläne .............................................................................................................................. 9
2. Überblick zur Forschungsgeschichte ..................................................................................................... 12
3. Die erhaltenen Teile der Stadtmauer .................................................................................................... 16
3.1. Allgemeine Beschreibung.................................................................................................................................. 17
3.1.1. Nordseite .................................................................................................................................................. 17
3.1.2. Südseite..................................................................................................................................................... 23
3.2. Datierung, Aufbau, Mauerwerkstechnik und -strukturen ................................................................................. 30
4. Vorschläge für Musterflächen für zukünftige Sanierungen ............................................................ 33
5. Zusammenfassung und Würdigung ....................................................................................................... 36
Literatur ............................................................................................................................................................ 39
Abbildungsnachweis ...................................................................................................................................... 42
Baualtersplan ....................................................................................................................................................... 43
3
Stadtbefestigung Zistersdorf – I Bauhistorische Untersuchung (Ersterfassung)
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1. Die Stadtbefestigung im Spiegel der Quellen
1.1. Historische Nachrichten
Urkundlich wird Zistersdorf erstmals 1160 erwähnt, wobei sich die Nennung auf das
nördlich gelegene Grabenangerdorf, genannt „Alter Markt“, bezieht. 1 Die planmäßig
unter den Kuenringern angelegte Gründungsstadt des 2. Viertels des 13. Jahrhunderts wurde zu einer bedeutenden Grenzfeste in ehemals verkehrstechnisch
wichtiger Lage.
Die Neugründung wird erstmals 1281, dann 1291 und 1296 als Stadt genannt, 1284
jedoch lediglich als forum (Markt). Die Stadt blieb bis 1347 im Besitz der Dürnsteiner
Linie der Kuenringer. Danach hielt das Geschlecht der Pottendorf die Stadt bis 1487
als landesfürstliches Lehen inne. Danach wurde Zistersdorf mehrfach als landesfürstliches Lehen verpfändet. 2
Die erste explizite Nennung der
Stadtmauern erfolgte am 18. März
1284 in einer Urkunde des Bischofs
Godfrid von Passau, der über die Bitte
des Richters von Zistersdorf, Otto, die
mit seiner Einwilligung erbaute Kapelle
des Sankt Nikolaus dotiert habe. Er
gestattet, dass in ihr auch Gottesdienst gehalten werden dürfe und
bestimmt, dass der Pfarrer, der bei der
außerhalb der Stadtmauern gelegenen
Pfarrkirche residiert, in der Nähe der
Kapelle wohnen soll, wozu Leutold
und Heinrich von Kuenring ihre Zustimmung geben. 3
Abb. 1: Stadtsiegel aus dem 15. Jh.
Das runde Stadtsiegel aus dem 15. Jahrhundert (Abb. 1) trägt die Umschrift: sigillvm
◦ czv ◦ zissersdorff. Im Siegelfeld befindet sich eine zinnenbekrönte Mauer mit
Torturm, offenem Tor und aufgezogenem Fallgitter, flankiert von zwei Rundtürmen
mit Zinnenkranz und Spitzdach, dazwischen schwebend der Schild der Herren von
Pottendorf. Dahinter befindet sich eine weitere Mauer. 4
1
Goldmann 1982, S. 362.
Reichert 1981, S. 145ff.
3
Friess 1874, Anhang Regesten und Urkunden S. XLVI (Nr. 378).
4
Lind 1878, S. XIX.
2
4
Stadtbefestigung Zistersdorf – I Bauhistorische Untersuchung (Ersterfassung)
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Kriegerische Ereignisse, bei denen auch Teile der Stadtbefestigung beschädigt sein
können:
1402 und 1407 Plünderung durch Ritter Heinrich von Chunstadt bzw. Sokol von
Lamberg;
1426, 1428 Hussiteneinfälle;
1440 Verwüstung der Vorstadt im Krieg Kaspars von Jedenspeigen gegen die
Pottendorfer;
1486-1491 Eroberung und Besetzung Zistersdorfs durch König Matthias Corvinus;
1621 Plünderung und Brandschatz und der Vorstadt durch Streifkorps Bethlen
Gabors;
1645 Besetzung durch die Schweden, ein Fall von Streifscharen Sigmund Rakoczys;
1683 Zerstörungen durch türkische Streifscharen;
1703 Beginn der Kuruzzeneinfälle, Einnahme der Stadt 1706. 5
Im Jahr 1529 berichtet eine Regierungskommission, „dass die Mauern, Türme und
Tore der Stadt in baufälligen zustande und an etlichen Orten eingefallen sein, dass
aber die Stadt ein ganzes Jahr lang nicht einen Kreuzer entbehren könne um die
Schäden ein wenig auszubessern es müsse deshalb von der Gemeinde eine
besondere Steuer eingehoben werden, was sie sehr beschweren würde.“ 6
1782 wurde die nördliche Stadtmauer durchbrochen und ein neues Tor angelegt.
Damit sollte den Bewohnern des nördlich außerhalb gelegenen „Alten Marktes“ der
Zugang zum Stadtzentrum erleichtert werden. 1845 erhielt der Maurermeister
Alfred Hau den Auftrag, einen Stiegenaufgang mit ausgemauerten Wasserläufen zu
errichten. 7
1723 wurden Gründe um die Stadtmauer zur Verbauung freigegeben. Zu Beginn
des 19. Jahrhunderts wurden die Wälle abgetragen und die Gräben zugeschüttet,
sodass die Stadtgrabengasse entstand. Danach wurden die Stadttore abgebrochen
und der Zinnenkranz der Stadtmauer beseitigt. 8
5
Goldmann 1982, S. 367.
Schad’n 1955, S. 27.
7
Schmid 1970, S. 82ff.
8
Büttner 1982, S. 113.
6
5
Stadtbefestigung Zistersdorf – I Bauhistorische Untersuchung (Ersterfassung)
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1.2. Historische Ansichten
Abb. 2: Ansicht der Stadt von Südosten. G. M. Vischer 1672.
Es liegen nur sehr wenige historische Ansichten der Stadtbefestigung vor. Die
älteste stammt von Georg Matthäus Vischer (publiziert 1672) und zeigt die Stadt von
Südosten (Abb. 2). Am südwestlichen Ende befindet sich ein Rundturm mit
Kegeldach, der heute nicht mehr sichtbar und von dem nichts weiter bekannt ist.
Sollte er wirklich existiert haben, so ist er aufgrund seiner vorgeschobenen Lage
wohl nicht zur ursprünglichen Burg bzw. Stadtbefestigung zu rechnen, sondern eher
dürfte als Geschützturm im 15. oder 16. Jahrhundert entstanden sein. Möglicherweise stand der in Verbindung mit einer Zwingerbefestigung der Burg. Von der Burg
an der höchsten Stelle zieht sich die Stadtmauer den Berghang hinab bis zum
Untertor. Die Stadtmauer zeigt breite Zinnen in regelmäßigen Abständen sowie eine
untere Schießschartenreihe, von der an der erhaltenen Bausubstanz jedoch nichts
festgestellt werden konnte. An einer Stelle könnte ein hölzernes Kampfhäuschen
(eine sogenannte „Hurde“) auf der Stadtmauer dargestellt sein (im Bereich vor dem
alten Rathausturm). Vom Turm des Obertores ragen zwei Geschosse zwischen der
Burg und der ehemaligen Nicolaikapelle hervor. Das Untertor stellt sich als breiter,
in die Mitte der Stadtmauer gestellter Turm mit einem Vorwerk (eine sogenannte
„Barbakane“ bzw. Torzwinger) dar. Aufgrund der Größe der Türme dürfte es sich um
Tortürme mit inliegender Torfahrt gehandelt haben. Nicht ganz auszuschließen ist
6
Stadtbefestigung Zistersdorf – I Bauhistorische Untersuchung (Ersterfassung)
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jedoch, dass es sich um Türme handelte, die einem Tor in der Stadtmauer neben
angestellt waren.
Abb. 3: Ansicht von Südosten. Bernhard Friedrich Werner 1712.
Abb. 4: Ansicht von Norden um 1850.
7
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Abb. 5: Detailausschnitt von Abb. 4 mit Stadtmauer
Eine Zeichnung aus dem Jahre 1712, die aus dem Reiseskizzenbuch des
schlesischen Zeichners Friedrich Bernhard Werner stammt (Abb. 3), zeigt die für
Werner charakteristische starke Überhöhung der Hauptgebäude (hier: Schloss,
ehemalige Nicolaikapelle, Franziskanerkirche und alter Rathausturm). Die beiden
Türme an der Stadtmauer im Vordergrund können nicht zugeordnet werden und
dürften somit wenig vertrauensvoll sein. Insgesamt ist die Darstellung als missglückt
zu bezeichnen.
Eine Zeichnung aus der Mitte des 19. Jahrhunderts (Abb. 4) zeigt die Stadt mit der
außerhalb gelegenen Kirche Maria Moos von Norden. Hier zeigt ein etwas höher
dargestellter Abschnitt der Stadtmauer noch Zinnen (links im Bild), während der
westlich anschließende Teil keine Zinnen mehr erkennen lässt, sondern nur mehr
Schlüsselloch-Schießscharten in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen.
Hierbei könnte es sich vielleicht um einen sekundären Ausbau (15./16. Jh.) der
ursprünglichen Zinnenlücken gehandelt haben.
8
Stadtbefestigung Zistersdorf – I Bauhistorische Untersuchung (Ersterfassung)
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1.3. Historische Karten und Pläne
Abb. 6: Vischer-Karte von Niederösterreich 1670 (Ausschnitt)
Die Niederösterreich Karte von Georg Matthäus Vischer, Ausgabe 1670, zeigt die
stilisierte Stadtsilhouette von Zistersdorf (Abb. 6).
Abb. 7: Josephinische Landesaufnahme (1773-81)
9
Stadtbefestigung Zistersdorf – I Bauhistorische Untersuchung (Ersterfassung)
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Abb. 8: Franziszeische Landesaufnahme (1809-18)
Abb. 9: Franziszeisches Kataster 1821
10
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Abb. 10: Franzisco-Josephinische Landesaufnahme (1869-87)
Die Landesaufnahmen des 18. und 19. Jahrhunderts (Abb. 7, Abb. 8, Abb. 10) zeigen
das Stadtgefüge, lassen jedoch keine Details der Stadtbefestigung erkennen.
Dasselbe trifft auch auf das Franziszeische Kataster von 1821 zu (Abb. 9). Hier
stimmt der überlieferte Verlauf der Stadtmauer weitgehend mit den dargestellten
Grundstücksgrenzen überein. Das Neutor im Norden ist deutlich zu erkennen,
während das „Thürl“ am Meierhof im Süden nicht als Durchlass eingezeichnet ist.
11
Stadtbefestigung Zistersdorf – I Bauhistorische Untersuchung (Ersterfassung)
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2. Überblick zur Forschungsgeschichte
Abb. 11: Baualtersplan der Stadt von Adalbert Klaar 1953.
Eine nennenswerte Forschungsgeschichte zur Stadtbefestigung lag bisher nicht vor.
Es bestehen lediglich wenige kurze Beschreibungen. Anton Dachler beschreibt die
Stadtmauer 1916: „Mauer mit Zinnen, darunter Scharten am Fuße, und kleiner
Erdböschung außen am Fuße. Für den Wehrgang Löcher zum Einstecken der
Tragbalken […] und die Wallstraße sind noch vorhanden. Die Tore hatten ein
Vorwerk.“ 9 Die Beschreibung beruht wohl grundlegend auf der Vischer-Ansicht.
9
Dachler 1916, S. 54.
12
Stadtbefestigung Zistersdorf – I Bauhistorische Untersuchung (Ersterfassung)
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Auch Karl Schad‘n geht 1927 davon aus, dass die Mauer „in zwei Gliedern“ verteidigt
werden konnte. Er vermutet, dass eine ältere Stadtbefestigung aus der Zeit um 1200
durch die erhaltene Ringmauer im 14. Jahrhundert von Grund auf neu errichtet
wurde, wie der einheitliche Charakter beweisen würde. An mehreren Stellen sollen
sich feste Türme erhoben haben, die zur Aufnahme des groben Geschützes dienten.
Das untere Tor soll durch ein Vorwerk, das obere durch eine Zugbrücke geschützt
gewesen sein. An der West- und Nordseite liefen Wall und Graben, im Süden und
Osten soll ein Sumpfgürtel diese Anlage unnötig gemacht haben. Zu Beginn des 19.
Jahrhunderts sollen der Zinnenkranz der Mauer wegen Baufälligkeit abgetragen,
etwas später die beiden Stadttore abgebrochen worden sein, da sie dem Verkehr
hinderlich waren. 10
Binder beschreibt in seinem Heimatbuch 1966, ohne dafür Quellen zu benennen:
„Eine aus festem Steinmaterial gebaute Mauer, deren Bruchstücke zumeist heute
noch stehen, umfing die ganze Stadt. Dieselbe hatte durchwegs eine Stärke von 1 m,
eine innere Höhe von 9 m und eine äußere Höhe von 14-18 m, je nach der Tiefe des
Stadtgrabens. Durch fortlaufende, an der Krone und in der Mitte (Manneshöhe)
angebrachte Schießlöcher konnte die Mauer von der Mannschaft in zwei Gliedern
verteidigt werden, indem das eine Glied, auf der Erde stehend, durch die unteren,
das andere, aufgerüsteten stehend, durch die oberen Schießlöcher seine Musketen
gegen den Feind richtete. Ganz besonders feste Stützpunkte der Verteidigung
bildeten die vier an der Mauer sich erhebenden Türme, von denen je einer bei den
zwei Stadttoren, der dritte an der Nordseite der Stadt und der vierte an der gegen
Südwest gelegenen Ecke des Schlosses standen. Fest und geräumig gebaut, konnten
sie die Geschütze aufnehmen, und fasste zum Beispiel der an der Nordseite der
Stadt gelegene Pulverturm allein in seinen zwei Stockwerken zwei grobe und fünf
kleinere Geschütze. Nebst den Türmen ragten an einzelnen Stellen der Stadtmauer,
so in der Gegend des heutigen Armenhauses und bei der jetzigen Apotheke, feste
Schild- oder Blockhäuser empor, welche einen Fassungsraum für sechs Musketiere
enthielten. Auch die Festigkeit der beiden Stadttore ließ nichts zu wünschen übrig.
[…] Speziell beim oberen Stadttore konnte ein Eindringen des Feindes noch
erschwert werden durch das Aufziehen der über den 30 Schritt breiten und 10 m
tiefen Stadtgraben führenden Fallbrücke.“ 11
Büttner beschreibt 1982 Zistersdorf als eine zu Beginn des 13. Jahrhunderts
planmäßig auf einer Hochfläche angelegte Stadt, die nach der Bischofsurkunde von
1284 befestigt war. Nach ihm stieg aus dem Stadtgraben die Mauer 14-18 m auf,
wobei die stadtseitige Höhe 10 m, die Mauerstärke 1 m betrug. In halber Höhe
hätten sich Schießscharten, an der Mauerkrone ein Zinnenkranz befunden.
10
11
Schad’n 1927, S. 88ff.
Binder 1966, S. 138.
13
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Abb. 12: Aktualisierter Baualtersplan 1977
14
Stadtbefestigung Zistersdorf – I Bauhistorische Untersuchung (Ersterfassung)
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Es gäbe zwei Stadttore mit je einem Turm. Das obere Tor soll eine Zugbrücke
besessen haben, das untere Tor (der sogenannte Pulverturm) soll einst zwei
größere und zwölf kleinere Geschütze gefasst haben. Zudem soll die
Stadtbefestigung einen Nordturm und einen Südwest-Turm an der Schlossecke
besessen haben. 12
Adalbert Klaar legte 1953 einen Baualtersplan der Stadt vor (Abb. 11), der 1977
aktualisiert worden ist (Abb. 12). Bereits 1948 hatte Adalbert Klaar in einer
städtebaulichen Untersuchung eine Gründung Zisterdorfs in den Jahren zwischen
1225 und 1250 angenommen. 13
12
13
Büttner 1982, S. 112f.
Klaar 1948, S. 382.
15
Stadtbefestigung Zistersdorf – I Bauhistorische Untersuchung (Ersterfassung)
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3. Die erhaltenen Teile der Stadtmauer
[Siehe auch Baualtersplan am Ende!]
Abb. 13: Luftbild mit Kartierung des erhaltenen Verlaufs der Stadtmauer
16
Stadtbefestigung Zistersdorf – I Bauhistorische Untersuchung (Ersterfassung)
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3.1. Allgemeine Beschreibung
[Vgl. auch detaillierte Beschreibungen im Bauhistorischen Objektbuch!]
Der Überblick zur Stadtbefestigung beginnt nördlich des ehemaligen Obertores im
Westen und windet sich im Uhrzeigersinn um die Stadtmauer. Es werden nur für
das Verständnis relevante Abschnitte vorgestellt (für die gesamte Dokumentation
siehe Bauhistorisches Objektbuch).
3.1.1. Nordseite
Abb. 14: Katalog Nr. 3, Feldseite
Abb. 15: Katalog Nr. 2, Feldseite
Abb. 16: Katalog Nr. 2, Innenseite. Sekundär eingefügtes Tor (18. / 19. Jh.), vermauert
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Stadtbefestigung Zistersdorf – I Bauhistorische Untersuchung (Ersterfassung)
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Abb. 17: Katalog Nr. 4, Innenseite mit sekundärem Durchgang, vermauert.
Vom ehemaligen Obertor blieb nichts erhalten. Eine Ansicht ist nur auf dem Stich
von Georg Matthäus Vischer von 1672 wiedergegeben und auch hier nur der obere
Turmteil, der die umgebenden Gebäude überragt (Abb. 2).
Die nördlich an das ehemalige Tor anschließende Stadtmauer ist noch in recht
ansehnlichen Teilen bis zu einer Höhe von 5,50 m und mit einer Dicke von 1 m
erhalten. Die Mauerwerkstrukturen mit ihren Kompartimenten sind noch recht gut
zu erkennen. Auch liegen einige Partien vor, bei denen die Rüstlöcher des
ehemaligen Auslegergerüstes noch gut nachzuvollziehen sind (Abb. 17).
Im südlichen Teil wurde die Mauer im oberen Bereich abgetragen, um ein
Durchfahrtstor im 18. oder 19. Jahrhundert einbauen zu können (Abb. 14 - Abb. 16).
An der Nordwestecke (Abb. 18) beträgt die Höhe an der Feldseite durch die
Hangbildung gut 6,20 m, während sie an der Innenseite nur etwa 5 m misst. Die
ehemalige Höhe des Wehrgangs ist hier also vermutlich nicht mehr erhalten, der an
der Südseite im Bereich des Meierhofs noch in gut 6 m Höhe nachweisbar ist.
Östlich der Nordwestecke fällt die sichtbare Mauerhöhe an der Innenseite auf 2 m
ab, ist aber aufgrund der Hangbildung an der Feldseite in einer Höhe von 5,6 m vorhanden. Im weiteren Verlauf bis zum sogenannten „Pulverturm“ zeigt die
Mauerschale Beschädigungen (Abb. 22) bzw. fehlt (Abb. 21) oder wurde weitgehend
erneuert (Abb. 26).
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Stadtbefestigung Zistersdorf – I Bauhistorische Untersuchung (Ersterfassung)
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Abb. 18: Katalog Nr. 6-7, Innenseite bis zur Nordwestecke (im Bild rechts)
Abb. 19: Katalog Nr. 7, Innenseite östlicher Abb. 20: Katalog Nr. 7, Feldseite östlicher
Teil mit Anbau
Teil mit erneuertem Abschnitt
Der sogenannte „Pulverturm“ (im Volksmund auch „Spatzenburg“) wird in der
Literatur als Teil der Stadtbefestigung bezeichnet, jedoch ohne urkundliche
Nachweise zu nennen. Am Objekt konnten keine wehrhaften Elemente nachgewiesen werden; auch die Lage macht fortifikatorisch wenig Sinn, denn um möglichst
weite Bereiche der Stadtmauer bestreichen zu können, hätte man einen Turm an
der Nordwestecke erbaut. Vermutlich ist die Bezeichnung „Pulverturm“ auf einen
der beiden Tortürme der Stadtbefestigung zurückzuführen. Bei dem Objekt selbst
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Stadtbefestigung Zistersdorf – I Bauhistorische Untersuchung (Ersterfassung)
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dürfte es sich um einen Wohn- bzw. Wirtschaftsbau aus dem 15. oder 16.
Jahrhundert handeln.
Abb. 21: Katalog Nr. 7, Feldseite östlicher Abb. 22: Katalog Nr. 7, Feldseite westlicher
Teil innerhalb Anbau mit teils fehlender Teil innerhalb Anbau mit teils beschädigter
Mauerschale
Mauerschale
Abb. 23: Katalog Nr. 8, „Pulverturm“ von N
Abb. 24: Katalog Nr. 8, „Pulverturm“ von NW
Abb. 25: Stadtmauer überbaut von „Pulver- Abb. 26: Großflächig erneuerte Mauerschaturm“
le westlich des „Pulverturms“
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Stadtbefestigung Zistersdorf – I Bauhistorische Untersuchung (Ersterfassung)
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Abb. 27: „Gestutzte“ Stadtmauer entlang der Naglergasse (von West nach Ost)
Abb. 28: Das Neutor (Feldseite), Anfang 20. Jh. und Anfang 2019
Im weiteren Verlauf nach Osten ist die Stadtmauer nur in einer Höhe um 1 m an der
Innenseite erhalten, während an der Feldseite Höhen von 3 - 4,5 m sichtbar sind.
Unterbrochen wird die Stadtmauer entlang der Naglergasse nur durch ein Haus,
private Durchgänge und das 1782 eingefügte Neutor, dass 1845 eine Stiegenanlage
erhielt (Abb. 28).
Im östlichen Teil der Stadtgrabengasse liegen große Abschnitte mit dichtem
Bewuchs an der Feldseite vor. Des Weiteren bestehen hier einige Stützpfeiler an der
Stadtmauer. Etwas weiter südöstlich, gegen das ehemalige Untertor hin, liegt ein gut
erhaltener Abschnitt mit einer Höhe um 6 m und einer Mauerdicke von 1,25 m vor.
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Stadtbefestigung Zistersdorf – I Bauhistorische Untersuchung (Ersterfassung)
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Abb. 29: Östlicher Teil der Stadtgrabengasse mit Stadtmauer in Hanglage
Abb. 30: Stadtmauer (Feldseite) nördlich des ehemaligen Untertors
Vom ehemaligen Untertor ist ebenfalls nichts erhalten. Die einzige bildliche
Darstellung liegt wiederum nur bei Vischer vor und zeigt einen großen Torturm mit
einem Vorwerk.
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3.1.2. Südseite
Abb. 31: Katalog Nr. 24, Feldseite der Stadtmauer mit Rüstholzraster
Abb. 32: Katalog Nr. 28, Innenseite der Stadtmauer
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Stadtbefestigung Zistersdorf – I Bauhistorische Untersuchung (Ersterfassung)
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Abb. 33: Innenseite der Stadtmauer (Hinterlanggasse)
Abb. 34: Mauerpartie (Feldseite) östlich des „Türls“
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Stadtbefestigung Zistersdorf – I Bauhistorische Untersuchung (Ersterfassung)
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Abb. 35: Das „Türl“, Feldseite und Innenseite
Abb. 36: Ehemaliger Meierhof mit überbauter Stadtmauer, sichtbar im Dachboden
Entlang der Hinterlanggasse sind noch größere Abschnitte in Höhen von 3 - 4,5 m
vorhanden, teils als Hauswand dienend (Mauerdicke 1,25 m). Die mittelalterlichen
Mauerwerksstrukturen sowie einige Rüstholzraster sind meist gut zu erkennen.
Östlich des Meierhofs befindet sich eine Fußgängerpforte, die wohl erst im 19.
Jahrhundert eingefügt worden ist (Abb. 35). Bei Meierhof selbst besteht die
Außenwand noch vollständig aus der mittelalterlichen Stadtmauer, sogar noch bis
zur Höhe des ehemaligen Wehrgangs in rund 6 m Höhe und einem Ansatz der
Brüstungsmauer (Abb. 36; für Details vergleiche nächstes Kapitel).
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Stadtbefestigung Zistersdorf – I Bauhistorische Untersuchung (Ersterfassung)
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Abb. 37: Landesberufsschule mit gut erhaltenem Kompartimentmauerwerk
Abb. 38: Landesberufsschule, Anschluss an Schloss mit neuerem Teilstück im Bereich des
ehemaligen Schlossgrabens
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Stadtbefestigung Zistersdorf – I Bauhistorische Untersuchung (Ersterfassung)
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Abb. 39: Maueranschluss an den nördlichen Schlossgraben
Abb. 40: Weiterer Verlauf nach Norden
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Stadtbefestigung Zistersdorf – I Bauhistorische Untersuchung (Ersterfassung)
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Im Bereich der Landesberufsschule liegt ein knapp 100 m langer Abschnitt der
Stadtmauer mit besonders klar erkennbarem Kompartimentmauerwerk vor (Höhe
Feldseite: 4,10 m, Mauerdicke: 1,20 m). Im Bereich des ehemaligen Schlossgrabens
wurde die Lücke wohl im 17. oder 18. Jahrhundert durch ein Teilstück aus
Mischmauerwerk geschlossen (Abb. 38).
Nördlich an den Schlossgraben anschließend, liegen Stadtmauerreste in Höhen von
2 - 5,50 m vor, wobei die Feldseite bis zu 2 m tiefer liegt. Nach knapp 50 m bricht die
Mauer unvermittelt ab (Abb. 41).
Sie wurde hier für den Neubau von Pferdeställen im 18. oder 19. Jahrhundert
abgebrochen. Der Neubau wurde zur Feldseite hin hinausgeschoben, erhielt im
Böschungsbereich einen Sockel aus Bruchsteinmauerwerk und ist im Übrigen
darüber vollständig aus Ziegeln errichtet (Abb. 42).
Im weiteren Verlauf bis zum ehemaligen Obertor wurde ebenfalls eine Ziegelmauer
errichtet, die nichts mehr mit der Stadtbefestigung zu tun hat (Abb. 43).
Abb. 41: Abbruch der Stadtmauer und neu errichteter, vorgeschobener Bau (Pferdeställe)
Abb. 42: Neu errichteter Bau aus Ziegel, Außenseite mit Sockel aus Bruchsteinmauerwerk
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Abb. 43: Neu errichtete Ziegelmauer (nicht ident mit Stadtmauer)
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3.2. Datierung, Aufbau, Mauerwerkstechnik und -strukturen
Das Mauerwerk der Entstehungszeit (um 1240) zeigt lagerhaft angeordnete, grob
behauene Bruchsteine mit leichten Auszwickelungen. Dabei deuten horizontale
Absätze die Anwendung von Kompartimentmauerwerk an (Kompartimente sind
erkennbare Arbeitshöhen bei der Aufmauerung; eine Technik, die etwa seit dem 2.
Drittel des 13. Jahrhunderts in Österreich nachweisbar ist und ein effizienteres
Bauen ermöglichten). Die Kompartimenthöhen liegen in Zistersdorf bei 40-60 cm,
was gut zu einer frühen Anwendung dieser Mauerwerkstechnik passt. Die
schriftliche Ersterwähnung der Stadtmauer erfolgte im Jahr 1284. Weitere
Bauphasen sind nicht (mehr) zu konstatieren, die vielleicht in den Vorbefestigungen
der Tore oder einem Ausbau der Zinnenlücken zu Schießscharten bestanden. Die
erhaltenen Teile der Stadtmauer stammen nahezu vollständig aus der Erbauungszeit im 2. Drittel des 13. Jahrhunderts, lediglich partiell liegen Erneuerungen
(meist nur der Mauerschale) vor.
Abb. 44: Kompartimentmauerwerk der Südseite (Bereich Landesberufsschule)
Nur im Bereich des Meierhofs an der Südseite konnte noch der ehemalige
Wehrgang mit dem Ansatz der Brüstungsmauer nachgewiesen werden. Während
die Mauerdicke im Erdgeschoß bei 1,25 m liegt, verjüngt sie sich im Bereich des
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Wehrgangs leicht auf 1,1 m. Die Brüstungsmauer ist noch etwa 55 cm hoch erhalten
und 60 cm breit.
Abb. 45: Meierhof (Südseite, Katalog-Nr. 42) Dachboden mit Stadtmauer Höhe Wehrgang
und Brüstungsmauer (links im Bild mit sekundärem Fenstereinbau)
Somit bleibt für den ehemaligen Wehrgang nur eine Breite von 50 cm übrig. Daher
muss man davon ausgehen, dass der ursprüngliche Wehrgang aus Holz bestand
und mit einer Balkenkonstruktion über die innere Mauerschale hinausragte (vgl.
Abb. 47). Die Brüstungsmauer entspricht mit einer Breite von 60 cm vergleichbaren
Objekten (z.B. Wiener Neustadt). Sie durfte nicht zu breit und zu hoch sein, damit
sich der Verteidiger noch über sie hinauslehnen konnte, um den Feind beschießen
bzw. bewerfen zu können. In der Regel beträgt die Höhe etwa 1 m. Auf der
Brüstungsmauer waren in regelmäßigen Abständen Zinnen aufgemauert, die
nochmals eine Höhe von mindestens 1 m besaßen (Beispiel Wiener Neustadt: die
Zinnen der ersten Bauphase um 1200 hatten eine Höhe von 1,2 m, nach der
Aufstockung der Stadtmauer um 1260 wurden Zinnen mit einer Höhe von 2,3 m
errichtet). Für die Zistersdorfer Stadtmauer ergibt sich somit eine ehemalige
Mindesthöhe (im Bereich des Meierhofes) von etwa 8 m (Höhe bis Brüstungsmauer
5,9 m + Brüstungsmauer 1 m + Zinnen 1,1 m). Die Zinnen könnten natürlich auch
etwas höher gewesen sein.
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Stadtbefestigung Zistersdorf – I Bauhistorische Untersuchung (Ersterfassung)
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Abb. 46: Kartierung (Kreise) der vermauerten Balkenlöcher des ehemaligen Wehrgangs
Abb. 47: Schematischer Aufbau der Stadtmauer mit Rekonstruktion von Zinnen und
hölzernem Wehrgang (nach Befunden im Meierhof, Südseite)
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Stadtbefestigung Zistersdorf – I Bauhistorische Untersuchung (Ersterfassung)
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4. Vorschläge für Musterflächen für zukünftige Sanierungen
Abb. 48: Bereits im August 2019 sanierte Musterfläche im südlichen Bereich (Landesberufsschule) [Foto: Peter Asimus]
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Stadtbefestigung Zistersdorf – I Bauhistorische Untersuchung (Ersterfassung)
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Der aufgrund der klar ersichtlichen Mauerwerksstrukturen mit Kompartimenten mit
am besten erhaltene Abschnitt der Stadtmauer liegt im Südteil im Bereich der
Landesberufsschule vor. Hier wurde bereits im August 2019 eine Mustersanierung
durch Restaurator Peter Asimus ausgeführt (Abb. 48).
Abb. 49: Rüstholzraster an der Südostseite
Ein besonders gut nachvollziehbares Rüstholzraster liegt an der Südseite (Feldseite)
auf Grundstück 208 (Katalog Nummer 24) vor (Abb. 49). Hier wird deutlich, dass die
Balken eines Auslegergerüstes zeitgleich mit einem neuen Kompartiment mitgemauert worden sind. Hier sollte eine Mustersanierung exemplarisch für alle
anderen Bereiche der Stadtmauer die Sicherung der Rüstholz-Befunde präsentieren, die einen interessanten Aspekt der Mauerkonstruktion darstellen.
Die Stadtmauer tritt nicht gerade als ortsbildprägend in Erscheinung, große Teile
sind hinter Grundstücksmauern und Gebäuden versteckt. Für den Touristen ist die
Stadtmauer als solche eigentlich nur in der Hinterlanggasse und (sofern er es findet)
der Abschnitt im Bereich der Landesberufsschule. Daher wäre eine größere Zugänglichkeit wünschenswert, um die Stadtmauer „erlebbarer“ zu machen. Dafür böte
sich zum Beispiel der stark bewachsene Bereich in der Stadtgrabengasse an (Abb.
50). Das „Wieder-sichtbar-machen“ der Stadtmauer hätte hier durch die Hanglage
einen besonderen Effekt.
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Stadtbefestigung Zistersdorf – I Bauhistorische Untersuchung (Ersterfassung)
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Abb. 50: Stark verwachsener Bereich entlang der Stadtgrabengasse (Katalog Nr. 16)
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5. Zusammenfassung und Würdigung
Die Zistersdorfer Stadtbefestigung entstand im Rahmen einer planmäßig angelegten
Gründungsstadt im zweiten Drittel des 13. Jahrhunderts unter dem Geschlecht der
Kuenringer. Neben städtebaulichen Aspekten spricht vor allem die zeittypische Mauerwerksstruktur mit Kompartimenthöhen von 40-60 cm für diesen Zeitansatz. Eine urkundliche Erstnennung der Stadtmauern erfolgte 1284.
Die Stadtbefestigung band an eine Burganlage im Südwesten an und bestand aus einer
1.320 m langen Stadtmauer (inklusive Burgbereich von 130 m), zwei Stadttoren (Obertor
im Westen, Untertor im Osten) sowie vorgelagerten Gräben an der West- und Nordseite.
Erhalten blieben nur Teile der Stadtmauer, die sämtlich noch aus der ursprünglichen
Erbauungszeit stammen -es sind lediglich partielle Ausbesserungen der Mauerschale in
jüngerer Zeit zu konstatieren. Von dem 1.194 m langen Stadtmauerverlauf (ohne
Burgbereich) sind knapp 852 m (71,35 %) der Stadtmauer in unterschiedlichen Höhen
erhalten, bei Mauerdicken zwischen 1 m und 1,25 m.
Name
Länge
Mauerdicke
Höhe
Entstehungszeit
Zistersdorf
1.320 m
1,00-1,25 m
~8 m
2. Drittel 13. Jh.
Ebenfurth
1.230 m
0,85-1,00 m
6m
2. H. 14. / 15. Jh.
Wien
4.000 m
1,60-2,00 m
~10 m
1. H. 13. Jh.
Hainburg
2.500 m
2,20-2,50 m
10 m
1. H. 13. Jh.
Wiener Neustadt
2.534 m
1,42-1,62 m
13,60 m
Ende 12. - 3. Viertel
13. Jh.
Marchegg
3.026 m
2,25 m
9,50 m
3. Drittel 13. Jh.
Bruck/Leitha
1.800 m
1,60-2,30 m
9,50 m
2. Drittel 13. Jh.
Drosendorf
1.200 m
1,00/1,40-1,70 m
8m
Mitte 13. Jh.
Horn
1.500 m
1,50-2,00 m
10 m
2. H. 13. Jh.
Waidhofen/Thaya
1.200 m
1,80 m
-
Ende 13. / 14. Jh.
Neunkirchen
1.400 m
0,60-1,10 m
6m
15. Jh.
Wilhelmsburg
1.850 m
0,60-0,70 m
3,30 m
16. Jh. (Mauer auf
Wall 1. H. 14. Jh.)
Vergleich der Dimensionen von Befestigungsmauern
niederösterreichischer Städte und Märkte
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Stadtbefestigung Zistersdorf – I Bauhistorische Untersuchung (Ersterfassung)
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Abb. 51: Größenvergleich von Stadtbefestigungen an der Ostgrenze Niederösterreichs
Die größte erhaltene Höhe liegt an der Südseite im Bereich des Meierhofes mit etwa
6,40 m vor. Hier sind auch noch etwa 50 cm der ehemaligen Brüstungsmauer
erhalten, sodass sich die ehemalige Höhe mit Brüstungsmauer und Zinnen auf
mindestens 8 m rekonstruieren lässt. In Bereichen, in denen die Mauer in einen
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Stadtbefestigung Zistersdorf – I Bauhistorische Untersuchung (Ersterfassung)
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abfallenden Hang hinein gebaut wurde, ist sie je nach Untergrund 2 - 4 m höher zu
veranschlagen.
Fundierte Aussagen zu den weiteren Elementen der Stadtbefestigung (Tore, Gräben)
lassen sich mangels Erhaltung und dürftiger Quellenlage leider nicht treffen. Die in
der Literatur und auch teils in fragwürdigen Ansichten dargestellten vermeintlichen
Stadtmauertürme konnten durch die Untersuchung nicht bestätigt werden.
Lediglich bei dem bei Vischer 1672 dargestellten Rundturm vor der Südwestecke der
Burg könnte es sich um ein relevantes Element handeln, jedoch sind weder
sichtbare Baureste noch eindeutige Quellen dazu erhalten.
Die Zistersdorfer Stadtbefestigung beeindruckt vor allem mit ihrem partiell noch
großflächig erhaltenem Kompartimentmauerwerk. Auch ist der noch recht hohe
Anteil der erhaltenen Stadtmauerverläufe zu erwähnen.
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Stadtbefestigung Zistersdorf – I Bauhistorische Untersuchung (Ersterfassung)
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Literatur
Biller 2016
Thomas Biller, Die mittelalterlichen Stadtbefestigungen. Ein Handbuch, 2 Bde.,
Darmstadt 2016
Binder 1966
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Büttner 1982
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Niederösterreich 13), Wien [Birken-Verlag] 1982.
Dachler 1916
Anton
Dachler,
Befestigungen
mittelalterlicher
Städte
und
Märkte
in
Niederösterreich mit Ausnahme der Stadt Wien. In: Berichte und Mitteilungen des
Altertums-Vereines zu Wien 49 (1916), 21-54.
Dehio 1990
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Österreichs, hrsg. vom Bundesdenkmalamt). Horn/Wien 1990.
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Friess 1874
Gottfried Edmund Friess, Die Herren von Kuenring. Wien 1874.
Goldmann 1982
Friederike Goldmann, Zistersdorf. In: Die Städte Niederösterreichs Teil 3: R – Z
(Österreichisches Städtebuch Band 4, Teil 3). Wien 1982, 359-371.
Jahn 1993
Friedrich W. Jahn, Zistersdorf in alten Ansichten. Zaltbommel ²1993.
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Klaar 1948
Adalbert Klaar, Die siedlungstechnischen Grundzüge der niederösterreichischen
Stadt im Mittelalter. In: Jahrbuch für Landeskunde von Niederösterreich, N.F. 29
(1944-48), S. 365-384.
Lind 1877
Karl Lind, Mittelalterliche Städtebefestigungen (III) -in: Mittheilungen der k.k.
Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Kunst- und historischen
Denkmale, N.F. 3, Wien (1877), S. LXXII-LXXVI.
Lind 1878
Karl Lind, Blätter für ältere Sphragistik. Wien 1878.
Lind 1885-90
Karl Lind, Die mittelalterliche Städtebefestigung in ihren heutigen Denkmalen
[Aufsatzserie].
In:
Oesterreichisches
Jahrbuch
für
den
österreichischen
Volksschriften-Verein (Hrsg. Frhr. v. Helfert) 9 (1885) 233-274, 10 (1886) 76-106, 14
(1890) 111-197.
Reichert 1981
Folker Reichert, Zur Geschichte und inneren Struktur der Kuenringerstädte. In:
Jahrbuch für Landeskunde von NÖ, N.F. 46/47 (1980/81), 142-187.
Schad’n 1927
Karl Schad’n, Zistersdorf. In: Monatsblatt des Vereines für Landeskunde von NÖ und
Wien 12 (1926-27), 87-90.
Schad’n 1955
Hans P. Schad’n, Geschichte der Stadt Zistersdorf im Zeitalter der Reformation und
des Dreissigjährigen Krieges (1500-1650). Horn 1955.
Schmid 1970
Josef Schmid, Der Streit um ein Zistersdorfer Stadttor. In: Unsere Heimat Jg. 41
(1970), 82-84.
40
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Streithammer 1970
Rudolf Streithammer, Studien zur Geschichte der Stadt Zistersdorf. Diss. Universität
Wien 1970.
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Abbildungsnachweis
Bundesdenkmalamt: Abb. 11
Mährisches Landesmuseum Brünn: Abb. 2
Mapire.eu: Abb. 7, Abb. 8, Abb. 9, Abb. 10
Stadtgemeinde Zistersdorf (Archiv, Bauamt): Titelbild, Abb. 3, Abb. 4, Abb. 12, Abb. 28
Aus der Literatur entnommen:
Lind 1878 (Taf. 24, Fig. 6): Abb. 1
Vischer-Karte von 1670 (Quelle: Digitalisat der Universitätsbibliothek Wien): Abb. 6
Alle anderen Fotos und Grafiken ohne Quellenangabe stammen vom Autor.
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Historische Bauforschung & Archäologie
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Baualtersplan
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