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Der Römerbrief: Griechischer Text, Übersetzung, Kommentar.

2021

Grammatik, Diskursanalyse, Stilistik, Pragmatik, Semantik etc. des Römerbriefes werden besprochen. Der griechische Text ist von Robinson-Pierpont bereitgestellt.

1 Der Römerbrief Der Römerbrief Text und Übersetzung mit Kommentar Peter Streitenberger 2 Der Römerbrief Impressum Die Arbeit ist frei verfügbar und kann kostenlos genutzt und kopiert werden. Sie darf nicht verkauft werden. Wenn diese weitergereicht wird oder Passagen zitiert werden, ist ein Hinweis auf die Quelle notwendig. Änderungen des Wortlauts etc. sind nicht zulässig. Diese und andere Arbeiten sind unter www.bibelgriechisch.online abzurufen. Anmerkungen, Lob, Tadel, Verbesserungen aller Art bitte an: streitenberger_Peter@yahoo.de Unterstützung: Kontoinhaber: Peter Streitenberger, DE46721608180008221057, Volksbank Eichtstätt. PayPal: Petra.Streitenberger@live.de. Coverbild: Handschrift Nr. 367, The Bibliotheca Medicea Laurenziana, ms. Conv. Soppr. 53, f. 1r, Reproduced with permission of MiBACT. Further reproduction by any means is prohibited. Foto online unter: http://www.csntm.org/ Ingolstadt, 6.7.2022 M.A. phil. (Univ.) Peter M. Streitenberger 3 Der Römerbrief Inhalt Impressum................................................2 Inhalt ........................................................3 Einleitung .................................................4 Autor, Empfänger und Inhalt des Briefes .4 Griechischer Text, Übersetzung und Kommentar ..............................................4 4 Der Römerbrief Einleitung Wie bisher versucht, liefert die Arbeit nach einer kurzen Einführung eine dreiteilige Übersicht über den griechischen Text, eine Übersetzung davon und einen Kommentar zur Grammatik bzw. Semantik, Syntax und auch zur Analyse diskursiver Elemente. Dabei wurden Parallelen aus der griechischen Literatur vom Autor als Hilfe für den Leser jeweils ins Deutsche übersetzt. Wenn außerbiblische Texte zitiert werden, dann nur aufgrund deren grammatischer oder semantischer Bedeutung, nicht immer nur aufgrund inhaltlicher Übereinstimmung mit den Autoren. Die Arbeit wurde in Anbetracht der Verantwortung vor Gott, der sich auch der Autor bewusst ist, erstellt. Dies bedeutet leider jedoch nicht, dass nicht auch Fehler enthalten sein können. Diese gehen zu meinen Lasten, und ein Hinweis wäre wünschenswert. Eine Begründung, warum als Textgrundlage kein anderer Text als Robinson-Pierpont 2018 verwendet wurde, geschieht an dieser Stelle nicht. Mehr dazu ist über die Internetplattform www.bibelgriechisch.online aufzurufen. Vielen Dank an Wolfgang für seine Fleißarbeit des Korrekturlesens und an Hias, der viele Fehler korrigiert hat! Autor, Empfänger und Inhalt des Briefes Paulus nennt sich als eigentlicher Autor. Am Ende wird sein Schreiber Tertius erwähnt, sodass Paulus den Brief diktiert hat. Die Empfänger sind die Christen in Rom, die er teilweise namentlich kennt und am Ende grüßen lässt. Paulus sagt an einer Stelle im Brief, dass er sie zurechtbringen will, d.h. er will ihren Glauben stärken und sie fest darin machen. Er beschreibt seine Absicht, dies persönlich vor Ort zu tun, und will zu ihnen kommen. Da er noch andere Dienste vorher hat, schreibt er zunächst diesen Brief. Das Zentralthema ist die Rechtfertigung aus Glauben und deren Folgen, das Thema, wie es mit dem ungläubigen Israel weitergeht und wie Christen sich untereinander zu verhalten haben. Griechischer Text, Übersetzung und Kommentar In der linken Spalte ist im folgenden Teil der griechische Text nach Robinson-Pierpont abgedruckt, gefolgt von einer deutschen Übersetzung in der Mitte und einem Kommentar zu verschiedenen Aspekten des griechischen Textes rechts. Im Griechischen nicht vorhandene Elemente, die aber zur Grammatikalität im Deutschen notwendig sind, erscheinen dabei in runden Klammern, die beim Lesen betont zu lesen wären, da das Deutsche inzwischen oft weniger Mittel als das Griechische hat, diese Feinheiten wie Hyperbata analog auszudrücken. Im Griechischen betonte Elemente im Satz werden im Deutschen kursiv gesetzt. Alle griechischen Texte, die zu den Versen als Kommentar herangezogen wurden, sind vom Autor auch auf Deutsch übersetzt. 5 Der Römerbrief 1.1 Παῦλος, δοῦλος Ἰησοῦ χριστοῦ, κλητὸς ἀπόστολος, ἀφωρισμένος εἰς εὐαγγέλιον θεοῦ, Paulus, Diener Jesu Christi, berufener Apostel, abgesondert für Gottes gute Botschaft, Wie üblich nennt sich der Absender, Paulus, im Nominativ. In 1Korinther wird die Apposition κλητὸς ἀπόστολος („berufener Apostel“) durch Ἰησοῦ χριστοῦ („Jesu Christi“) erweitert, da dort die Apostelschaft von Paulus strittig war, dies ist bei den Römern nicht der Fall. Vgl. Dion, Fragmenta 1.4: „Ἀφικομένη δὲ πρὸς τὸν τῶν Ἀσσυρίων βασιλέα κλητὴ […]“. „Beim berufenen König der Assyrer nun ankommen […]“. D.h. wie jemand zum König berufen wurde, wurde Paulus von Christus als Apostel berufen und eingesetzt. Der Zweck war, dass Paulus für die Predigt des Evangeliums abgesondert wurde und dies sein apostolischer Auftrag war. Zum Begriff ἀφορίζω („abgrenzen, absondern, angrenzen, bestimmen“), das dem lat. “definiere“ entspricht vgl. Diodorus Siculus, Bibliotheca Historiae 1.30,1: Ἡ γὰρ Αἴγυπτος κεῖται μὲν μάλιστά πως κατὰ μεσημβρίαν, ὀχυρότητι δὲ φυσικῇ καὶ κάλλει χώρας οὐκ ὀλίγῳ δοκεῖ προέχειν τῶν εἰς βασιλείαν ἀφωρισμένων τόπων“. „Ägypten liegt ja zwar im Großen und Ganzen von Norden nach Süden und soll aber an natürlicher Stärke und landschaftlicher Schönheit alle anderen Orte, die an das Königreich angrenzen, in nicht geringem Maße übertreffen“. D.h. wie Regionen zu einem Bereich gehören bzw. von einem anderen abgegrenzt sind, wurde Paulus aus seinem alten Leben berufen, nun für die Verkündigung des Evangeliums abgesondert und in diesem Bereich nun tätig zu sein. 1.2 ὃ προεπηγγείλατο διὰ τῶν προφητῶν αὐτοῦ ἐν γραφαῖς ἁγίαις, die er vorher verhieß durch seine Propheten in heiligen Schriften, Mittels eines Relativsatzes beschreibt Paulus das Evangelium näher als bereits von Propheten Gottes vorher angekündigt und in heiligen Schriften niedergeschrieben. 6 Der Römerbrief 1.3 περὶ τοῦ υἱοῦ αὐτοῦ, τοῦ γενομένου ἐκ σπέρματος Δαυὶδ κατὰ σάρκα, über seinen Sohn, der aus dem Samen Davids kam nach dem Fleisch, Mit περὶ („über“) beschreibt Paulus den Gegenstand des Evangeliums, nämlich den Sohn Gottes, der wie durch die Propheten angekündigt als Nachkomme Davids kommen würde. 1.4 τοῦ ὁρισθέντος υἱοῦ θεοῦ ἐν δυνάμει, κατὰ πνεῦμα ἁγιωσύνης, ἐξ ἀναστάσεως νεκρῶν, Ἰησοῦ χριστοῦ τοῦ κυρίου ἡμῶν, den als Sohn Gottes Erwiesenen in Macht nach dem Geist (der) Heiligkeit, aufgrund der Auferstehung von (den) Toten, Jesus Christus, unseren Herrn, Der Sohn Gottes hat sich aber auch dadurch, dass Gott ihn aus dem Toten auferweckte, als derjenige beschrieben, den Gott durch seinen Geist auferweckte und dadurch als seinen Sohn erkennbar machte. 1.5 δι᾽ οὗ ἐλάβομεν χάριν καὶ ἀποστολὴν εἰς ὑπακοὴν πίστεως ἐν πᾶσιν τοῖς ἔθνεσιν, ὑπὲρ τοῦ ὀνόματος αὐτοῦ, durch den wir Gnade und Apostelschaft empfingen zum Glaubensgehorsam unter all den Nationen für seinen Namen, Mit dem Relativsatz δι᾽ οὗ („durch den“) beschreibt Paulus, dass Paulus durch Christus Gnade und seinen Dienst als Apostel erhalten hat. Das Ziel dieses Dienstes ist es, dass alle Völker zum Gehorsam des Glaubens kämen. Dies leitet Paulus mit εἰς („zum“) ein. 1.6 ἐν οἷς ἐστὲ καὶ ὑμεῖς, κλητοὶ Ἰησοῦ χριστοῦ· unter denen auch ihr seid, Berufene Jesu Christi, Paulus kommt nun von allen Gläubigen bei den Nationen auf die Leser, die ebenfalls von Jesus Christus berufen wurden. 1.7 πᾶσιν τοῖς οὖσιν ἐν Ῥώμῃ ἀγαπητοῖς θεοῦ, κλητοῖς ἁγίοις· χάρις ὑμῖν καὶ εἰρήνη ἀπὸ θεοῦ πατρὸς ἡμῶν καὶ κυρίου Ἰησοῦ χριστοῦ. allen denen, die in Rom sind, (den) Geliebten Gottes, (den) berufenen Heiligen. Gnade (ist) euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn, Jesus Christus. Nun werden die Adressaten im Dativ genannt. Paulus schließt eine weite Apposition an, um die Leser näher zu identifizieren. Sie leben in Rom und sind von Gott geliebt und berufen, d.h. zum Glauben an das Evangelium gerufen, das sie zu Heiligen machte. Paulus wünscht seinen Lesern Gnade und Friede, wobei er angibt, von wem die Gnade und Liebe stammt, nämlich von Gott dem Vater und seinem Sohn, Jesus Christus. 1.8 Πρῶτον μὲν εὐχαριστῶ τῷ θεῷ μου διὰ Ἰησοῦ χριστοῦ ὑπὲρ πάντων ὑμῶν, ὅτι ἡ πίστις ὑμῶν καταγγέλλεται ἐν ὅλῳ τῷ κόσμῳ. Zuerst nun danke ich meinem Gott durch Jesus Christus für euch alle, dass euer Glaube in der ganzen Welt verkündet wird. Nun beginnt der Hauptteil des Briefes, den der Schreiber mit πρῶτον („zuerst“) einleitet, indem Paulus deutlich macht, was er darin zuerst aufgreifen will. Das ist der Dank an seinen Gott, eingeleitet durch ὅτι („dass“), dass der Glaube der Leser inzwischen in der damaligen Welt bekannt wurde, d.h. dass die Leser in Rom das Evangelium angenommen hatten, wurde überall publik, auch unter den 7 Der Römerbrief Gegnern, sodass es zu Verfolgungen kam, die Paulus auch in seinem Brief ansprechen würde. 1.9 Μάρτυς γάρ μού ἐστιν ὁ θεός, ᾧ λατρεύω ἐν τῷ πνεύματί μου ἐν τῷ εὐαγγελίῳ τοῦ υἱοῦ αὐτοῦ, ὡς ἀδιαλείπτως μνείαν ὑμῶν ποιοῦμαι, Denn Gott ist mein Zeuge, dem ich diene in meinem Geist in der guten Botschaft seines Sohnes, wie ich unablässig eure Erwähnung mache, Um deutlich zu machen, wie stark die Verbundenheit von Paulus mit den Lesern ist, beruft er sich auf Gott als Zeugen, nicht daher, dass er dies quasi als Schwur aufgrund von Zweifeln bekräftigen müsste. Mit ὡς („wie, dass“) kann der reine Inhalt („dass“) oder die Intensität („wie“ im Sinne von „wie sehr“) ausgedrückt werden, da Empfindungen unterschiedlich sein können, ist „wie“ vorzuziehen. Vgl. zu μνείαν ὑμῶν ποιοῦμαι („ich mache eure Erwähnung“) u.a. Isocrates, Archidamus 56.4. Er gebraucht den feststehenden Ausdruck wie hier: „Τίνας γὰρ ἴσμεν, ὧν καὶ ποιήσασθαι μνείαν ἄξιόν ἐστιν, οἵτινες ἅπαξ ἡττηθέντες καὶ μιᾶς εἰσβολῆς γενομένης οὕτως ἀνάνδρως ὡμολόγησαν πάντα τὰ προσταττόμενα ποιήσειν;“ „Denn welche kennen wir, deren es würdig ist, auch eine Erwähnung gemacht zu werden, welche sich nach einer einzigen Niederlage und einer einzigen Invasion in ihrem Land so unmännlich bekannten, alles Erwartete tun?“ 1.10 πάντοτε ἐπὶ τῶν προσευχῶν μου δεόμενος, εἴ πως ἤδη ποτὲ εὐοδωθήσομαι ἐν τῷ θελήματι τοῦ θεοῦ ἐλθεῖν πρὸς ὑμᾶς. allezeit bei meinen Gebeten bittend, ob ich irgendwie endlich einmal den rechten Weg finden werde im Willen Gottes, zu euch zu kommen. Dass Paulus die Leser erwähnt findet bei seinen Gebeten statt, d.h. während er betet. Dies verdeutlich Paulus mit der Präpositionalphrase ἐπὶ τῶν προσευχῶν μου („bei meinen Gebeten“). Dabei schließt er die Bitte an Gott an, dass er persönlich zu ihnen kommen will und ob er dies auf irgendeine Art möglich machen könnte. 1.11 Ἐπιποθῶ γὰρ ἰδεῖν ὑμᾶς, ἵνα τι μεταδῶ χάρισμα ὑμῖν πνευματικόν, εἰς τὸ στηριχθῆναι ὑμᾶς, Ich begehre nämlich, euch zu sehen, damit ich euch etwas an geistiger Gnadengabe (Anteil) gebe, sodass ihr gestärkt werdet, Paulus erklärt mit γὰρ („nämlich“) seinen Wunsch an Gott, zu den Lesern zu kommen, da er sich danach sehnt, sie zu sehen. Dies ist mit der Absicht verbunden, dass er ihnen etwas von seiner Gnadengabe abgebe, um ihren Glauben zu stärken. Diese leitet er 8 Der Römerbrief mit ἵνα („damit“) ein. Die Folge dessen, dass Paulus ihnen geistliche Dienste leisten will, wird mit εἰς τὸ („sodass“) mit einem substantivierten Infinitiv deutlich gemacht. Damit er seinen Namen nicht nennen müsste, drückt er dies mit dem Passiv στηριχθῆναι („gestärkt werdend“) aus, d.h. es geht ihm um die Leser und nicht um sich selbst. 1.12 τοῦτο δέ ἐστιν, συμπαρακληθῆναι ἐν ὑμῖν διὰ τῆς ἐν ἀλλήλοις πίστεως ὑμῶν τε καὶ ἐμοῦ. dies heißt nun, zusammen ermutigt zu werden unter euch durch den gegenseitigen Glauben, euren sowie auch meinen. Mit τοῦτο δέ ἐστιν („dies heißt nun“) leitet ein, was er genau damit meint, dass die Leser gestärkt werden sollen, wenn er kommt: Er will sie von seinem Mut anstecken und sie mitermutigen, ebenso wie er durch den Glauben der Leser. Dieser Gedanke erweitert den ersten. Mit ἐν ἀλλήλοις πίστεως („durch den gegenseitigen Glauben“) nimmt er auf die Wechselseitigkeit bezug, d.h. Paulus will die Leser mit seinem Glauben ermutigen und will von ihrem Glauben ermutigt werden. Das Pronomen ἀλλήλοις(„gegenseitig“) erklärt Paulus näher mit ὑμῶν τε καὶ ἐμοῦ („euren sowie auch meinen“), also ein anderer Ausdruck für die Wechselseitigkeit. 1.13 Οὐ θέλω δὲ ὑμᾶς ἀγνοεῖν, ἀδελφοί, ὅτι πολλάκις προεθέμην ἐλθεῖν πρὸς ὑμᾶς καὶ ἐκωλύθην ἄχρι τοῦ δεῦρο ἵνα τινὰ καρπὸν σχῶ καὶ ἐν ὑμῖν, καθὼς καὶ ἐν τοῖς λοιποῖς ἔθνεσιν. Ich will nun nicht, dass ihr unwissend seid, Brüder, dass ich mir oft vornahm, zu euch zu kommen und wurde bis jetzt verhindert, damit ich etwas Frucht hätte auch unter euch, wie auch unter den übrigen Nationen. Paulus geht nun darauf ein, dass er bisher es nicht geschafft hatte, zu den Lesern zu kommen und so bei ihnen nicht tätig sein konnte bzw. Frucht zu haben, wie es anderswo unter den Nationen der Fall war. Dazu dienst die Einleitung als Metakommentar οὐ θέλω δὲ ὑμᾶς ἀγνοεῖν („ich will nun nicht, dass ihr unwissend seid“). Dies ist eine Litotes, d.h. das Gegenteil wird verneint. 1.14 Ἕλλησίν τε καὶ βαρβάροις, σοφοῖς τε καὶ ἀνοήτοις ὀφειλέτης εἰμί· Griechen sowie auch Fremden, Weisen sowie auch Unverständigen bin ich Schuldner. Da er es Gott schuldig ist bzw. er sich verpflichtet fühlt, den Heiden bzw. Griechen und Barbaren (wie die nichtgriechischen Heiden genannt werden), das Evangelium zu predigen, wozu er ja abgesondert ist. Dies umfasst alle Schichte, wie Paulus mit einem 9 Der Römerbrief Merismus deutlich macht, indem er Gebildete und Ungebildete nennt. 1.15 οὕτως τὸ κατ᾽ ἐμὲ πρόθυμον καὶ ὑμῖν τοῖς ἐν Ῥώμῃ εὐαγγελίσασθαι. So (ist) die Bereitwilligkeit von mir aus (da), auch euch, denen in Rom, die gute Botschaft zu verkünden. Mit οὕτως („so“) beschreibt Paulus, wie er als Schuldner sich auch den Lesern verpflichtet fühlt, ihnen, den Römern, das Evangelium zu predigen. 1.16 Οὐ γὰρ ἐπαισχύνομαι τὸ εὐαγγέλιον τοῦ χριστοῦ· δύναμις γὰρ θεοῦ ἐστιν εἰς σωτηρίαν παντὶ τῷ πιστεύοντι, Ἰουδαίῳ τε πρῶτον καὶ Ἕλληνι. Ich schäme mich nämlich der guten Botschaft Christi nicht, denn es ist Kraft Gottes zur Rettung jedem Glaubenden, sowohl (dem) Juden zuerst als auch (dem) Griechen. Mit γὰρ („nämlich“) erklärt der Apostel, dass er das Evangelium predigt, da er sich dafür nicht schämt. Warum er sich nicht schämt, leitet das zweite γὰρ („denn“) ein. Es gibt für Paulus keinen Grund, das Evangelium zu verschweigen, da es jeden, der daran glaubt retten kann. Dies gilt für alle Menschen, deren Teile er als Jude und Heide nennt. Ἰουδαίῳ („(dem) Jude“) und Ἕλληνι („(dem) Griechen“) sind als Singulare generisch, d.h. die Einzahl steht für die beiden Teile der Menschheit im Sinne eines Repräsentanten (pars pro toto). Da es das Prinzip von Paulus ist, dass das Evangelium zunächst πρῶτον („zuerst“) an die Juden adressiert ist, dann ging das Evangelium aber auch an alle Nichtjuden. 1.17 Δικαιοσύνη γὰρ θεοῦ ἐν αὐτῷ ἀποκαλύπτεται ἐκ πίστεως εἰς πίστιν, καθὼς γέγραπται, Ὁ δὲ δίκαιος ἐκ πίστεως ζήσεται. Gottes Gerechtigkeit wird ja darin offenbart aus Glauben zum Glauben, wie geschrieben ist: Der Gerechte nun wird aus Glauben leben. Mit ἐν αὐτῷ („in ihm“) bezieht sich Paulus auf das Evangelium, d.h. im Evangelium zeigt sich Gottes Gerechtigkeit. Dies belegt Paulus mit einem Zitat aus Habakuk, worin dieses Prinzip, der Rechtfertigung aus Glauben, bereits zum Ausdruck kommt. 1.18 Ἀποκαλύπτεται γὰρ ὀργὴ θεοῦ ἀπ᾽ οὐρανοῦ ἐπὶ πᾶσαν ἀσέβειαν καὶ ἀδικίαν ἀνθρώπων τῶν τὴν ἀλήθειαν ἐν ἀδικίᾳ κατεχόντων· Es ist nämlich Gottes Zorn vom Himmel her geoffenbart über alle Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit (der) Menschen, die die Wahrheit durch Ungerechtigkeit aufhalten, Paulus erklärt von hier bis Vers 32, warum es eine Rechtfertigung geben muss, da Gottes Zorn vom Himmel her über die Gottlosigkeit der Menschen deutlich ist. Dieser Zorn bezieht sich auf Menschen, die die Wahrheit kennen, aber sie unterdrücken. 10 Der Römerbrief 1.19 διότι τὸ γνωστὸν τοῦ θεοῦ φανερόν ἐστιν ἐν αὐτοῖς· ὁ γὰρ θεὸς αὐτοῖς ἐφανέρωσεν. da ja das (von) Gott Erkennbare offenbar ist unter ihnen, denn Gott offenbarte (es) ihnen. Die Unterdrückung der Wahrheit über Gott wird verschlimmert dadurch, dass das Wesen Gottes zu erkennen ist, da es Gott mitgeteilt hat. 1.20 Τὰ γὰρ ἀόρατα αὐτοῦ ἀπὸ κτίσεως κόσμου τοῖς ποιήμασιν νοούμενα καθορᾶται, ἥ τε ἀΐδιος αὐτοῦ δύναμις καὶ θειότης, εἰς τὸ εἶναι αὐτοὺς ἀναπολογήτους· Seine Unsichtbarkeit wird nämlich seit Erschaffung (der) Welt anhand der gemachten (Dinge) (als) Erkennbares angeschaut, sowohl seine unendliche Kraft und Göttlichkeit, sodass sie unentschuldbar sind; Der Apostel erweitert den Gedanken der Offenbarung Gottes, dass dies seit Anfang der Schöpfung anhand der sichtbaren Dinge zu erkennen ist. Hinter der Schöpfung muss eine unendliche Kraft und Göttlichkeit stehen. Da diese allen Menschen klar ist, sind sie nicht zu entschuldigen, wenn sie dies leugnen. Diese Folge wird mit εἰς τὸ („sodass“) eingeleitet. 1.21 διότι γνόντες τὸν θεόν, οὐχ ὡς θεὸν ἐδόξασαν ἢ εὐχαρίστησαν, ἀλλ᾽ ἐματαιώθησαν ἐν τοῖς διαλογισμοῖς αὐτῶν, καὶ ἐσκοτίσθη ἡ ἀσύνετος αὐτῶν καρδία. da sie ja, Gott gekannt habend, (ihn) nicht als Gott verherrlichten oder dankten, sondern sie wurden in ihren Überlegungen nichtig, und ihr unverständiges Herz wurde verfinstert. Paulus führt weitere Gründe an, warum die Menschen unentschuldbar sind. Da sie ihn kennen könnten, tun sie jedoch so, als gäbe es ihn nicht, indem sie ihm nicht die Ehre geben und ihm nicht danken. 1.22 Φάσκοντες εἶναι σοφοὶ ἐμωράνθησαν, Vorgebend, weise zu sein, wurden sie dumm, Obwohl die Menschen, die mit Gott nichts zu tun haben wollen, von sich behaupten, weise zu sein, sind sie in Wirklichkeit alles andere, nämlich dumm und töricht und unweise geworden. 1.23 καὶ ἤλλαξαν τὴν δόξαν τοῦ ἀφθάρτου θεοῦ ἐν ὁμοιώματι εἰκόνος φθαρτοῦ ἀνθρώπου καὶ πετεινῶν καὶ τετραπόδων καὶ ἑρπετῶν. und vertauschten die Herrlichkeit des unvergänglichen Gottes mit dem Abbild eines Bildes eines vergänglichen Menschen und von Vögeln und Vierfüßlern und Kriechtieren. Wie die Dummheit sich zeigt, beschreibt Paulus nun, da sie statt Gottes Herrlichkeit anzuerkennen, diese mit Abbildern ersetzen, die sie verehren. Diese können menschlicher oder tierischer Art sein. Vgl. Psalm 105.20, der vom goldenen Kalb spricht, das statt Gott verehrt wurde: „καὶ ἠλλάξαντο τὴν δόξαν αὐτῶν ἐν ὁμοιώματι μόσχου ἔσθοντος χόρτον“. „und sie vertauschten deren Herrlichkeit mit dem Abbild eines grasfressenden Kalbes“. Die Ehre und Herrlichkeit, die die Israeliten Gott bringen sollten, wurde mit dem gegossenen Abbild einer Stiergestalt eingetauscht. Mit ὁμοίωμα 11 Der Römerbrief („Abbild, Gleichnis, Ähnlich-/Gleichheit, Aussehen“) wird deutlich, dass die Götzenbilder dem eigentlichen Menschen bzw. Tier nachgebildet wurden, wie es im Griechentum ja bekannt war, wenn man an Zeusstatuen etc. denkt. Vgl. Jesaja 40.18f „τίνι ὡμοιώσατε κύριον καὶ τίνι ὁμοιώματι ὡμοιώσατε αὐτόν. μὴ εἰκόνα ἐποίησεν τέκτων ἢ χρυσοχόος χωνεύσας χρυσίον περιεχρύσωσεν αὐτόν ὁμοίωμα κατεσκεύασεν αὐτόν“. „Mit wem habt ihr den Herrn verglichen, und welchem Abbild habt ihr ihn gleich gemacht? Hat etwa ein Künstler ein Bild geschaffen, oder hat ein Goldgießer Gold gegossen und es mit Gold überzogen, hat er es als ein Abbild geschaffen?“ Im Satz stehen sich ἀφθάρτου („unvergänglich“) als Eigenschaft Gottes und φθαρτοῦ („vergänglich“) als menschliche Eigenschaft gegenüber, wodurch klar wird, dass man eine ewige und vergängliche und unveränderliche Person, nicht mit vergänglichen Abbildern darstellen kann. 1.24 Διὸ καὶ παρέδωκεν αὐτοὺς ὁ Deshalb auch übergab sie Gott in die θεὸς ἐν ταῖς ἐπιθυμίαις τῶν Begierden ihrer Herzen zur Unreinheit, ihre καρδιῶν αὐτῶν εἰς ἀκαθαρσίαν, Leiber untereinander zu entehren, τοῦ ἀτιμάζεσθαι τὰ σώματα αὐτῶν ἐν ἑαυτοῖς· Da die Menschen menschliche oder tierische Abbilder statt der Herrlichkeit Gottes als Gegenstand der Verehrung verwenden, hat sie Gott dahingegeben, sodass sie auch andere Sünden tun können, etwa sexuelle Unreinheit, die eine logische Folge des Götzendienstes sind. Die Phrase εἰς ἀκαθαρσίαν („zur Unreinheit“) wird mit dem nächsten Satz näher inhaltlich verdeutlicht. Diese Unreinheit zeigt sich, dass die von Gott abgefallenen Menschen ihren eigenen Körper unehrenhaft missbrauchen. 1.25 οἵτινες μετήλλαξαν τὴν ἀλήθειαν τοῦ θεοῦ ἐν τῷ ψεύδει, καὶ ἐσεβάσθησαν καὶ ἐλάτρευσαν τῇ κτίσει παρὰ τὸν κτίσαντα, ὅς Paulus wiederholt noch einmal in anderen Worten, was er bereits deutlich machte, dass es das Problem der ungläubigen Heiden ist, dass sie die Wahrheit über Gott in Lüge verkehren. Dies zeigt sich darin, dass sie nicht dem Schöpfer Anerkennung geben, sondern welche die Wahrheit Gottes mit der Lüge vertauschten, und sie verehrten und dienten dem Geschöpf statt des Schöpfers, der gelobt ist bis in die Ewigkeiten. Amen! 12 Der Römerbrief ἐστιν εὐλογητὸς εἰς τοὺς αἰῶνας. Ἀμήν. dem, was er geschaffen hat, sodass Menschen oder Tiere verehrt werden, wie es im damaligen Ägypten besonders der Fall war. 1.26 Διὰ τοῦτο παρέδωκεν αὐτοὺς ὁ θεὸς εἰς πάθη ἀτιμίας· αἵ τε γὰρ θήλειαι αὐτῶν μετήλλαξαν τὴν φυσικὴν χρῆσιν εἰς τὴν παρὰ φύσιν· Deshalb übergab sie Gott in Leidenschaften der Unehre, denn sowohl ihre weiblichen (Personen) verwandelten den natürlichen Verkehr in den widernatürlichen, Διὰ τοῦτο („deshalb“) leitet die Folge ein, die der Götzendienst hat, und den er bereits angedeutet hatte. Nun konkretisiert er, was er mit der Unreinheit und der Entehrung der Leiber meinte (ἀτιμάζεσθαι), nämlich das beide Geschlechter den normalen Umgang mit dem anderen Geschlecht aufgegeben haben und einem Umgang, der gegen die Natur ist, eintauschten. Paulus spricht zunächst an, dass die bei weiblichen Personen der Fall ist. Dazu stellt er auf den Begriff θήλειαι („weibliche (Personen“) ab, die das Geschlecht betonen. 1.27 ὁμοίως τε καὶ οἱ ἄρρενες, ἀφέντες τὴν φυσικὴν χρῆσιν τῆς θηλείας, ἐξεκαύθησαν ἐν τῇ ὀρέξει αὐτῶν εἰς ἀλλήλους, ἄρσενες ἐν ἄρσεσιν τὴν ἀσχημοσύνην κατεργαζόμενοι, καὶ τὴν ἀντιμισθίαν ἣν ἔδει τῆς πλάνης αὐτῶν ἐν ἑαυτοῖς ἀπολαμβάνοντες. ebenso wie auch die männlichen (Personen), den natürlichen Verkehr (mit) den weiblichen aufgebend, in ihrem Verlangen zueinander, männliche mit männlichen (Personen) Schande verübend, und die Vergeltung, der ihrem Irrtum gebührte, unter sich selbst zurückbekommend. Auch bei den Männern gebraucht Paulus einen Begriff ἄρρενες („männliche (Personen)“) der das biologische Geschlecht betont. Dabei konkretisiert er, dass, was er bei Frauen nicht näher erläuterte, nämlich, dass nicht mehr Mann und Frau, sondern Mann und Mann miteinander geschlechtlich verkehren. Dies ist eine praktische Ausübung von Schande. 1.28 Καὶ καθὼς οὐκ ἐδοκίμασαν τὸν θεὸν ἔχειν ἐν ἐπιγνώσει, παρέδωκεν αὐτοὺς ὁ θεὸς εἰς ἀδόκιμον νοῦν, ποιεῖν τὰ μὴ καθήκοντα, Und wie sie es nicht schätzten, Gott in Erkenntnis zu haben, übergab sie Gott zu einem unbrauchbaren Verstand, sodass sie das sich nicht Gehörende tun, Paulus wiederholt den Grund für diese Sünden, indem er wiederholt, dass die Gottlosen nichts vom Schöpfer wissen wollen und so kommt es dazu, dass ihre Gesinnung und ihr Verstand unbrauchbar werden. Dies hat zur Folge, dass der Verstand so zerstört ist, dass sie Dinge tun, die so nicht vorgesehen sind und sich nicht gehören. 13 Der Römerbrief 1.29 πεπληρωμένους πάσῃ ἀδικίᾳ, πορνείᾳ, πονηρίᾳ, πλεονεξίᾳ, κακίᾳ· μεστοὺς φθόνου, φόνου, ἔριδος, δόλου, κακοηθείας· angefüllt seiend mit aller Ungerechtigkeit, Unzucht, Bosheit, Habsucht, Schlechtigkeit, voller Neid, Mord, Streit, List, Bösartigkeit; Paulus beschreibt nun das, was zum unbewährten und unbrauchbaren Verstand gehört und wovon dieser voll ist, indem er die Kategorien nennt, die im Verstand der Gottlosen zu den genannten und weiteren Taten führt. Mit πάσῃ („aller“), das er vor diese Begriffe platziert, kommt zum Ausdruck, dass es alle Arten von diesen Dingen gibt. Unrecht gibt es in der Familie, Ehe, unter Nachbarn, in der Justiz, Gesellschaft, Politik und zwar in den verschiedensten Ausprägungen. 1.30 ψιθυριστάς, καταλάλους, θεοστυγεῖς, ὑβριστάς, ὑπερηφάνους, ἀλαζόνας, ἐφευρετὰς κακῶν, γονεῦσιν ἀπειθεῖς, Übelredner, Verleumder, Gotteshasser, Schurken, Arrogante, Prahler, Erfinder von Bösem, (den) Eltern Ungehorsame, Paulus geht nun dazu über, wie diese Personen zu bezeichnen sind, die von den eben genannten Eigenschaften in ihrem Denken geleitet werden. Zum Begriff ὑβριστής („Schurke, Überheblicher, Unhold, Bösewicht“) vgl. eine Illustration bei Andocides, in Alcibiadem 14.3: „Λαβὼν δὲ τοσαύτην προῖκα, ὅσην οὐδεὶς τῶν Ἑλλήνων, οὕτως ὑβριστὴς ἦν, ἐπεισάγων εἰς τὴν αὐτὴν οἰκίαν ἑταίρας, καὶ δούλας καὶ ἐλευθέρας, ὥστ’ ἠνάγκασε τὴν γυναῖκα σωφρονεστάτην οὖσαν ἀπολιπεῖν, ἐλθοῦσαν πρὸς τὸν ἄρχοντα κατὰ τὸν νόμον“. „Eine Mitgift erhaltend wie noch kein Grieche je zuvor, war er so ein Schurke , Mätressen in sein eigenes Haus bringend, sowohl Sklavinnen als auch Freie, sodass er die Ehefrau zwang, die anständig war, zum Obersten zu gehen nach dem Gesetz sich scheiden zu lassen“. Vgl. Xenophon, Cyropaedia 6.1.45: „ὁ δὲ νῦν βασιλεύων καὶ ἐπεχείρησέ ποτε ἐμὲ καὶ τὸν ἄνδρα διασπάσαι ἀπ’ ἀλλήλων· ὑβριστὴν οὖν νομίζων αὐτὸν εὖ οἶδ’ ὅτι ἄσμενος ἂν πρὸς ἄνδρα οἷος σὺ εἶ παλλαγείη“. „Der jetzige König hat einmal sogar versucht, mich und meinen Mann auseinanderzureißen. Insofern er den König für einen Schurken hält, weiß ich genau, dass er seine Loyalität gerne auf einen Mann wie dich übertragen würde“. 14 Der Römerbrief 1.31 ἀσυνέτους, ἀσυνθέτους, ἀστόργους, ἀσπόνδους, ἀνελεήμονας· Unverständige, Haltlose, Gefühllose, Unversöhnliche, Unbarmherzige, Paulus führt seine Bezeichnung fort, wie diese Personen zu benennen sind. Das Adjektiv ἄστοργος („gefühllos“) besteht aus einem ἀ-privativum und στοργή („Emotion, Gefühl, Zuneigung“), ἄσπονδος („Unversöhnlicher“) stammt aus einer Wortbildung mittels ἀ-privativum und σπονδή („Trankopfer“), das den Bund und die Gemeinschaft mit Gott zeigte, d.h. man will keine Einigung, kein Bündnis, keinen Frieden, keine Gemeinschaft. Der Begriff ἀνελεήμονας wird mittels eines ἀ-privativum und ἐλεήμων („Mitleid“) gebildet. 1.32 οἵτινες τὸ δικαίωμα τοῦ θεοῦ ἐπιγνόντες, ὅτι οἱ τὰ τοιαῦτα πράσσοντες ἄξιοι θανάτου εἰσίν, οὐ μόνον αὐτὰ ποιοῦσιν, ἀλλὰ καὶ συνευδοκοῦσιν τοῖς πράσσουσιν. welche die Rechtssatzungen Gottes erkannt habend, dass die solches Tuende des Todes würdig sind, diese (Dinge) nicht nur machen, sondern auch Wohlgefallen haben mit den Tuenden. Mit einem Relativsatz, der mit οἵτινες („welche“) eingeleitet wird, fährt er fort, wie die genannten Personen zwar wissen, wie Gott die erwähnten Dinge sieht und verurteilt, und jeder, der dies tut den Tod verdient hat. Stattdessen tun sie genau dies, was Gott verboten hat und nicht nur das, sie freuen sich auch über andere, die diese Sünden ausüben. Hier und an weiteren Stellen (2.3; 7. 15; 7.19; 13.4) in seinem Brief stellt Paulus die Begriffe ποιέω („machen“) und πράσσω („machen“) gegenüber. 2.1 Διὸ ἀναπολόγητος εἶ, ὦ ἄνθρωπε πᾶς ὁ κρίνων· ἐν ᾧ γὰρ κρίνεις τὸν ἕτερον, σεαυτὸν κατακρίνεις, τὰ γὰρ αὐτὰ πράσσεις ὁ κρίνων. Deshalb bist du unentschuldbar, o Mensch, jeder Richtende. Denn worin du den anderen richtest, verurteilst du dich selbst, denn du tust dieselben (Dinge), der du richtest. Von diesem Vers bis Kapitel 3.18 richtet sich Paulus an die Juden, die ebenfalls trotz aller Vorzüge aufgrund des Gesetzes, das Gott ihnen gab, vor Gott schuldig sind. Bis Vers 21 macht der Apostel deutlich, dass jeder, der Nichtjuden dafür richten will, dass sie Böses tun und Gott nicht kennen, auch von Gott gerichtet werden, da sie dasselbe tun. Der Nominativ ὁ κρίνων („der du richtest“) ist als Vokativ gebraucht. 2.2 Οἴδαμεν δὲ ὅτι τὸ κρίμα τοῦ θεοῦ ἐστιν κατὰ ἀλήθειαν ἐπὶ τοὺς τὰ τοιαῦτα πράσσοντας. Wir nun wissen, dass das Gericht Gottes gemäß (der) Wahrheit über die solches Tuenden ist. Paulus führt Gründe für den nächsten Vers vorweg an, nämlich, dass Gott wahrheitsgemäß richten wird, wenn Menschen, wie beschrieben, handeln. 15 Der Römerbrief 2.3 λογίζῃ δὲ τοῦτο, ὦ ἄνθρωπε ὁ κρίνων τοὺς τὰ τοιαῦτα πράσσοντας καὶ ποιῶν αὐτά, ὅτι σὺ ἐκφεύξῃ τὸ κρίμα τοῦ θεοῦ; Rechnest du aber damit, o Mensch, die solche (Dinge) Tuende richtend und dasselbe tuend, dass du dem Gericht Gottes entfliehen wirst? Das bedeutet, dass niemand damit rechnen kann, wenn er andere richtet, dass er irgendwie selbst besser wäre, da jeder auch selbst Dinge falsch macht und so auch über den, der andere verurteilt, das Gericht kommen wird. Diesen Gedanken drückt Paulus mit einer rhetorischen Frage aus, die mit einem Nein zu beantworten ist. 2.4 Ἢ τοῦ πλούτου τῆς χρηστότητος αὐτοῦ καὶ τῆς ἀνοχῆς καὶ τῆς μακροθυμίας καταφρονεῖς, ἀγνοῶν ὅτι τὸ χρηστὸν τοῦ θεοῦ εἰς μετάνοιάν σε ἄγει; Oder verachtest du den Reichtum seiner Güte und Geduld und Langmut, unwissend, dass die Freundlichkeit Gottes dich zum Umdenken führt? Wer andere richtet sollte nicht die reiche Güte Gottes verachten und wissen, dass auch ihn Gott zur Buße führen will. Auch diesen Gedanken drückt Paulus mit einer rhetorischen Frage aus, die mit einem Nein zu beantworten ist. 2.5 Κατὰ δὲ τὴν σκληρότητά σου καὶ ἀμετανόητον καρδίαν θησαυρίζεις σεαυτῷ ὀργὴν ἐν ἡμέρᾳ ὀργῆς καὶ ἀποκαλύψεως καὶ δικαιοκρισίας τοῦ θεοῦ, Gemäß deiner Verhärtung aber und (deinem) unbußfertigen Herzen sammelst du dir selbst Zorn am Tag (des) Zorns und (der) Offenbarung und (des) Rechtsurteils Gottes, Wer andere richtet und selbst keine Buße tun will, zeigt selbst eine Weigerung, Gott zu gehorchen und sammelt sich durch seine Sünden Zorn an, der am Tag des Gerichts, wo Gott seinen Zorn über die Sünde zeigen und offenbaren wird, zum Ausdruck kommen wird. Im Einklang mit der Verhärtung und der Weigerung, Buße zu tun, führt es dazu, dass man sich Sünden aufhäuft, die am Tag des Gerichts Gottes zur Verurteilung führen. Dieser Gerichtstag wird von drei Genitivattributen gefolgt: ὀργῆς καὶ ἀποκαλύψεως καὶ δικαιοκρισίας („des Zorns und (der) Offenbarung des Rechtsurteils“). D.h. an diesem Tag wird der Zorn Gottes geoffenbart und die Sünden werden ins Licht kommen und das gerechte Gericht darüber ergehen. Das Wort δικαιοκρισία („Rechtsurteil“) wird aus δίκαιος („gerecht“) und κρίσις („Gericht, Urteil“) gebildet. 2.6 ὃς ἀποδώσει ἑκάστῳ κατὰ τὰ ἔργα αὐτοῦ· der jedem gemäß seinen Werken vergelten wird: Das Relativpronomen ὃς („der“) nimmt Gott aus dem Satz davor wieder auf. Gott wird also jedem nach dem am Tag des Gerichts 16 Der Römerbrief vergelten, was dieser getan hat. Dabei unterscheidet Paulus zwei Gruppen. 2.7 τοῖς μὲν καθ᾽ ὑπομονὴν ἔργου ἀγαθοῦ δόξαν καὶ τιμὴν καὶ ἀφθαρσίαν ζητοῦσιν, ζωὴν αἰώνιον· Den einen, die mit Geduld gute Werke, Herrlichkeit und Ehre und Unvergänglichkeit suchen: ewiges Leben. Paulus beschreibt nun, was er damit meint, dass jeder nach seinen Werken gerichtet wird. Die Erlösten in diesem Vers und die Verlorenen im nächsten werden als zwei Gruppen beschrieben, die es dann geben wird. 2.8 τοῖς δὲ ἐξ ἐριθείας, καὶ ἀπειθοῦσιν μὲν τῇ ἀληθείᾳ πειθομένοις δὲ τῇ ἀδικίᾳ, θυμὸς καὶ ὀργή, Den anderen aber, die einerseits aus Streitsucht (handeln) und der Wahrheit widerstehen, andererseits aber der Ungerechtigkeit gehorsam sind: Grimm und Zorn. Paulus kennzeichnet nun die zweite Gruppe der Verlorenen. Sie streiten gegen die Wahrheit und glauben nicht, was Gott gesagt hat, sondern sind ihm ungehorsam. Das bewirkt Grimm und Zorn Gottes am Tag des Gerichts. 2.9 θλίψις καὶ στενοχωρία, ἐπὶ πᾶσαν ψυχὴν ἀνθρώπου τοῦ κατεργαζομένου τὸ κακόν, Ἰουδαίου τε πρῶτον καὶ Ἕλληνος· Trübsal und Bedrängnis (kommen) über jede Seele eines Menschen, der das Böse ausübt, sowohl zunächst eines Juden als auch eines Griechen. Das Gericht kommt zunächst auf Juden, da sie privilegiert sind, aber auch über Griechen, die ebenfalls Gott erkennen können, wie Paulus es bereits begründet hatte. 2.10 δόξα δὲ καὶ τιμὴ καὶ εἰρήνη παντὶ τῷ ἐργαζομένῳ τὸ ἀγαθόν, Ἰουδαίῳ τε πρῶτον καὶ Ἕλληνι· Herrlichkeit aber und Ehre und Friede jedem das Gute Wirkenden, sowohl zunächst einem Juden als auch einem Griechen. Die Folgen im Gericht über die, die Gott glauben, werden mit Herrlichkeit, Ehre und Friede beschrieben. 2.11 οὐ γάρ ἐστιν προσωποληψία παρὰ τῷ θεῷ. Es gibt nämlich kein Ansehen der Person bei Gott. Mit γάρ („nämlich“) erklärt Paulus, warum Gott so handelt. Das Gericht ergeht über alle ohne Ansehen der Person, sodass alle Menschen ein gerechtes Urteil empfangen werden. 2.12 Ὅσοι γὰρ ἀνόμως ἥμαρτον, ἀνόμως καὶ ἀπολοῦνται· καὶ ὅσοι ἐν νόμῳ ἥμαρτον, διὰ νόμου κριθήσονται· Denn wie viele ohne Gesetz sündigten, werden auch ohne Gesetz verloren gehen, und wie viele mit Gesetz sündigten, werden durch (das) Gesetz gerichtet werden. Mit γὰρ („denn“) begründet der Apostel, warum er sagen kann, dass es kein Ansehen der Person bei Gott gibt. Egal, ob jemand das Gesetz kannte oder nicht, wird er gerecht gerichtet. 17 Der Römerbrief 2.13 οὐ γὰρ οἱ ἀκροαταὶ τοῦ νόμου δίκαιοι παρὰ τῷ θεῷ, ἀλλ᾽ οἱ ποιηταὶ τοῦ νόμου δικαιωθήσονται. Nicht die Hörer des Gesetzes (sind) ja gerecht bei Gott, sondern die Täter des Gesetzes werden gerechtfertigt werden. Nun wird bekräftig, dass es nicht darum geht, das Gesetz nur zu hören und nicht zu tun, sondern zu tun, was Gott gesagt hat. 2.14 Ὅταν γὰρ ἔθνη τὰ μὴ νόμον ἔχοντα φύσει τὰ τοῦ νόμου ποιῇ, οὗτοι, νόμον μὴ ἔχοντες, ἑαυτοῖς εἰσιν νόμος· Wenn Nationen nämlich, die kein Gesetz haben, von Natur die (Dinge) des Gesetzes tun, sind diese, kein Gesetz habend, sich selbst Gesetz, Paulus illustriert dies, indem Menschen, die kein Gesetz hatten, es dennoch tun, da sie es auch im Gewissen haben, zeigen, dass auch sie gottgemäß leben können. 2.15 οἵτινες ἐνδείκνυνται τὸ ἔργον τοῦ νόμου γραπτὸν ἐν ταῖς καρδίαις αὐτῶν, συμμαρτυρούσης αὐτῶν τῆς συνειδήσεως, καὶ μεταξὺ ἀλλήλων τῶν λογισμῶν κατηγορούντων ἢ καὶ ἀπολογουμένων, welche das Werk des Gesetzes (als) in ihren Herzen geschrieben erweisen, mit ihrem Gewissen zeugend, und ihre Überlegungen sich untereinander anklagen oder auch verteidigen. Die das tun, was Gott will, zeigen, dass sie das Gesetz in ihrem Gewissen haben. Dieses beurteilt die Absichten und die Handlungen, sodass es ein gewisser Maßstab sein kann, wie jemand handeln sollte. 2.16 ἐν ἡμέρᾳ ὅτε κρινεῖ ὁ θεὸς τὰ κρυπτὰ τῶν ἀνθρώπων, κατὰ τὸ εὐαγγέλιόν μου, διὰ Ἰησοῦ χριστοῦ. (Das geschieht) am Tag, da Gott die verborgenen (Dinge) der Menschen richten wird, nach meiner guten Botschaft, durch Jesus Christus. Paulus greift die Gedanken des Gerichts durch Gott auf und macht deutlich, dass dies an dem Tag stattfinden wird, wenn Gott alles ans Licht bringen wird. Die wird im Einklang mit dem Evangelium geschehen und von Christus ausgeführt werden. 2.17 Ἴδε σὺ Ἰουδαῖος ἐπονομάζῃ, καὶ ἐπαναπαύῃ τῷ νόμῳ, καὶ καυχᾶσαι ἐν θεῷ, Siehe, du wirst als Jude bezeichnet und verlässt dich auf das Gesetz und rühmst dich mit Gott, Bis Vers 24 drückt Paulus sein Befremden aus, wenn Juden, die er direkt als Einzelne anspricht, sich rühmen, Gott und sein Wort zu kennen aber selbst nicht tun, was Gott will. Zum Ausdruck ἐπαναπαύῃ τῷ νόμῳ („du verlässt dich auf das Gesetzt“) vgl. als wörtliches Beispiel Didache XII Apostolorum 4.3: “ Ἐκζητήσεις δὲ καθ’ ἡμέραν τὰ πρόσωπα τῶν ἁγίων, ἵνα ἐπαναπαῇς τοῖς λόγοις 18 Der Römerbrief αὐτῶν“. „Du sollst nun täglich die Angesichter der Heiligen suchen, damit du dich auf ihren Worten ausruhen kannst“. Vgl. für den Sinn wie bei Paulus 1Makkabäer 8.11: “μετὰ δὲ τῶν φίλων αὐτῶν καὶ τῶν ἐπαναπαυομένων αὐτοῖς συνετήρησαν φιλίαν“.„Ihren Freunden aber und allen, die sich auf sie verließen, hielten sie die Freundschaft“. 2.18 καὶ γινώσκεις τὸ θέλημα, καὶ δοκιμάζεις τὰ διαφέροντα, κατηχούμενος ἐκ τοῦ νόμου, und kennst den Willen und erwägst die vorteilhafteren (Dinge), unterwiesen aus dem Gesetz, Paulus führt nun weitere Dinge des jüdischen Selbstverständnisses an, nämlich, dass sie den Willen Gottes zu kennen meinen und das zu tun, was ihm besser gefällt bzw. das, was vorteilhafter ist. Dies alles haben die Juden aus dem Gesetz bzw. dem Wort Gottes. Zum Wort δοκιμάζω („prüfen/erproben und ggf. für geeignet halten“) kann das deutsche Wort „erwägen“ korrespondieren, da es ebenfalls einen Abwägeprozess, der erfolgreich verlief, zum Ausgang nimmt, worauf das bessere zu „erwägen“ ist. Vgl. zu τὰ διαφέροντα („die Unterschiede“, „die entscheidenden Dinge“, „die vorteilhafteren/vorzüglicher (Dinge)“) Herodotus, Historiae 4.42,4: „Θωμάζω ὦν τῶν διουρισάντων καὶ διελόντων Λιβύην καὶ Ἀσίην καὶ Εὐρώπην· οὐ γὰρ σμικρὰ τὰ διαφέροντα αὐτέων ἐστί“· „Ich wundere mich über die, die die Welt in Libyen, Asien und Europa geplant und aufgeteilt haben. Denn die Unterschiede zwischen ihnen sind nicht gering.“. Philo, De fuga et inventione 1.152,1 „γενήσεται δὲ πότε; ἡνίκα ἂν τὰ διαφέροντα ἀδιαφόρων ἀντικαταλλάξηται, τῶν γνησίων ἀγαθῶν τὰ νόθα προτιμήσασα“. „Und wann wird das geschehen? Wenn sie bereitwillig das Entscheidende gegen das Unbedeutende austauscht und das Falsche dem echten Guten vorzieht“. Vgl. Theophilus, Ad Autolycum 1.2,7: „ὥσπερ γὰρ οἱ βλέποντες τοῖς ὀφθαλμοῖς τοῦ σώματος κατανοοῦσι τὴν τοῦ βίου καὶ ἐπίγειον πραγματείαν, ἅμα δοκιμάζοντες τὰ διαφέροντα, ἤτοι φῶς ἢ σκότος, ἢ λευκὸν ἢ μέλαν, ἢ ἀειδὲς ἢ 19 Der Römerbrief εὔμορφον, ἢ εὔρυθμον καὶ εὔμετρον ἢ ἄρυθμον καὶ ἄμετρον ἢ ὑπέρμετρον ἢ κόλουρον…“ „Denn wie die Sehenden mit den Augen des Körpers die irdischen Geschehnisse des Lebens erfassen, zugleich die Dinge prüfen, die sich unterscheiden, ob hell oder dunkel, weiß oder schwarz, deformiert oder schön, wohllautend und wohlbemessen oder maßlos oder unverhältnismäßig und ungeschickt, ….“.Catena in epistulam ad Philippenses beschreibt in 235.28 die Bedeutung des Ausdrucks: „τουτέστιν τὰ συμφέροντα“. „D.h. die vorteilhafteren (Dinge)“. 2.19 πέποιθάς τε σεαυτὸν ὁδηγὸν εἶναι τυφλῶν, φῶς τῶν ἐν σκότει, sowie überzeugt, selbst Wegweiser von Blinden zu sein, Licht derer in Finsternis, Mit diesem Selbstverständnis geht die Überzeugung einher, dass man damit anderen Menschen, die das Gesetz nicht haben ein Wegweiser und Licht sein kann. 2.20 παιδευτὴν ἀφρόνων, διδάσκαλον νηπίων, ἔχοντα τὴν μόρφωσιν τῆς γνώσεως καὶ τῆς ἀληθείας ἐν τῷ νόμῳ· Erzieher Unverständiger, Lehrer Unmündiger, die Verkörperung des Wissens und der Wahrheit im Gesetz habend! Paulus führt weitere Dinge an, die die Überlegenheit der Juden anderen gegenüber ausmacht. Etymius Zigabenus, Commentarius in Pauli epistulam ad Romanos 2.20, 5t: “ „Μόρφωσιν μὲν οὖν λέγει τὴν εἰκόνα, τὸ σχῆμα“. „Verkörperung nun bedeutet doch das Abbild, die Form“. D.h. im Gesetz manifestiert sich das Wissen um Gott und die Wahrheit. 2.21 ὁ οὖν διδάσκων ἕτερον, σεαυτὸν οὐ διδάσκεις; Ὁ κηρύσσων μὴ κλέπτειν, κλέπτεις; (Als) einen anderen also (Be)lehrender (be)lehrst du dich selbst nicht? (Als) nicht zu stehlen Verkündender stiehlst du? Bei all den genannten Vorteilen eines Juden richtet sich Paulus in der zweiten Person („du“) an einen fiktiven Adressaten und zeigt ihm seine Verantwortung. Mit οὖν („also“) greift Paulus darauf zurück, dass der Jude andere unterweist. Obwohl er alles hat, was Gott geschenkt hat, wendet er es auf andere an, auf sich selbst nicht und wird so ebenfalls vom Gesetz gerichtet. Dazu zählt Paulus einige Sünden auf. 20 Der Römerbrief 2.22 Ὁ λέγων μὴ μοιχεύειν, μοιχεύεις; Ὁ βδελυσσόμενος τὰ εἴδωλα, ἱεροσυλεῖς; Als Sagender, nicht ehezubrechen, brichst du die Ehe? (Als) die Götzenbilder Verabscheuender raubst du Heiliges? Aus den Geboten Gottes erwähnt Paulus nach dem Diebstahl nun Ehebruch und Götzendienst. Mit ἱεροσυλέω („Tempel bzw. Heiliges rauben“) kommt zum Ausdruck, dass mit Götzendienst Vorteile gewonnen werden, dies wohl im allgemeinen Sinn, da es nicht geläufig war, dass Juden heidnische Tempel beraubt haben. 2.23 Ὃς ἐν νόμῳ καυχᾶσαι, διὰ τῆς παραβάσεως τοῦ νόμου τὸν θεὸν ἀτιμάζεις; Der du dich mit (dem) Gesetz rühmst, verunehrt du durch die Übertretung des Gesetzes Gott? Paulus zieht nun eine Schlussfolgerung, nachdem er bewiesen hat, dass es nichts bringt, das Gesetz anderen zu lehren und es selbst nicht zu tun. Dadurch wird Gott verunehrt. 2.24 Τὸ γὰρ ὄνομα τοῦ θεοῦ δι᾽ ὑμᾶς βλασφημεῖται ἐν τοῖς ἔθνεσιν, καθὼς γέγραπται. Denn Gottes Name wird wegen euch gelästert unter den Nationen, gleichwie geschrieben ist. Mit γὰρ („denn“) begründet der Apostel nun, wie es sich zeigt, dass Gott verunehrt wird. Durch die Juden, die sich Gottes rühmen und doch nicht tun, was er will, kommt es zur Lästerung durch die Nichtjuden. Dies belegt eine Schriftstelle bereits. 2.25 Περιτομὴ μὲν γὰρ ὠφελεῖ, ἐὰν νόμον πράσσῃς· ἐὰν δὲ παραβάτης νόμου ᾖς, ἡ περιτομή σου ἀκροβυστία γέγονεν. Beschneidung nämlich ist zwar nützlich, wenn du (das) Gesetz tust. Wenn du aber ein Gesetzes-Übertreter bist, ist deine Beschneidung (zur) Vorhaut geworden. Das mosaische Gesetz ist nur dann nützlich, wenn es eingehalten wird. Wenn es nicht getan wird, ist man trotz der Vorteile genauso als ob man nie das Gesetz gehabt hätte. Wenn man als Jude das Gesetz nicht befolgt, rechnet ihn Gott nicht anderes als einen Heiden bzw. metaphorisch ausgedrückt, wird die Beschneidung dann zur Vorhaut. 2.26 Ἐὰν οὖν ἡ ἀκροβυστία τὰ δικαιώματα τοῦ νόμου φυλάσσῃ, οὐχὶ ἡ ἀκροβυστία αὐτοῦ εἰς περιτομὴν λογισθήσεται; Wenn also die Vorhaut die Rechtssatzungen des Gesetzes beachtet, wird nicht seine Vorhaut für Beschneidung gerechnet werden? Ebenso ist es anders herum: Wenn Nichtjuden das tun, was Gott will, ist es für sie kein Nachteil, wenn sie das Gesetz nicht schriftlich haben, da die Einhaltung dessen, was sie durch ihr Gewissen für richtig erkannt haben, so gerechnet wird, als hätten sie das Gesetz. Metaphorisch ausgedrückt, wird die Vorhaut dann zur Beschneidung. 2.27 Καὶ κρινεῖ ἡ ἐκ φύσεως ἀκροβυστία, τὸν νόμον τελοῦσα, Und es wird die Vorhaut aus Natur, das Gesetz vollbringend, dich richten, der du mit Paulus spricht stellvertretend einen Juden an, der das Gesetz nicht tut und von einem Heiden, der es über das Gewissen einhält, 21 Der Römerbrief σὲ τὸν διὰ γράμματος καὶ περιτομῆς παραβάτην νόμου; Buchstabe und Beschneidung ein Gesetzesübertreter bist. verurteilt werden kann. Die Präposition διὰ („mit“) ist zudem konzessiv, d.h. obwohl die Juden Buchstabe (als pars pro toto für die inspirierte Schrift) und Beschneidung (als Zeichen, dass man die Schrift tun will und zum Volk Gottes gehört) haben, werden sie von Gott im Vergleich zu Heiden gerichtet, die dies nicht haben, aber dennoch tun. 2.28 Οὐ γὰρ ὁ ἐν τῷ φανερῷ Ἰουδαῖός ἐστιν, οὐδὲ ἡ ἐν τῷ φανερῷ ἐν σαρκὶ περιτομή· Denn weder ist ein Jude, wer es im Äußeren (ist), noch ist Beschneidung die im Äußeren, am Fleisch, Paulus rechtfertigt das bisher Gesagte, indem er deutlich macht, dass nicht die äußeren Rituale entscheidend sind. In den Versen 28 und 29 wird einmal die Aussage negativ, dann positiv ausgedrückt. Dabei verstärkt sich die Aussage, dass es nicht um die äußeren Zeichen der Beschneidung, sondern um die innere Haltung geht. 2.29 ἀλλ᾽ ὁ ἐν τῷ κρυπτῷ Ἰουδαῖος, καὶ περιτομὴ καρδίας ἐν πνεύματι, οὐ γράμματι· οὗ ὁ ἔπαινος οὐκ ἐξ ἀνθρώπων, ἀλλ᾽ ἐκ τοῦ θεοῦ. sondern Jude (ist), wer es im Verborgenen Paulus stellt klar, wer ein wahrer Jude ist, nämlich, der im Inneren (ist), und Beschneidung (ist die des) Herzens, mit dem Geist nicht die Anerkennung bei Menschen, sondern die bei im Geist, nicht (dem) Buchstaben nach, dessen Gott sucht. Lob nicht von Menschen, sondern von Gott (ist). 3.1 Τί οὖν τὸ περισσὸν τοῦ Ἰουδαίου, ἢ τίς ἡ ὠφέλεια τῆς περιτομῆς; Was (ist) also der Vorzug des Juden, oder was der Nutzen der Beschneidung? Nachdem Paulus klargemacht hatte, dass es keinen Nutzen oder Vorteil hat, wenn man das Gesetz hat, wenn man es nicht hält, kommt er darauf zu sprechen, was dann der Nutzen davon ist. Paulus benutzt hebräische Poesie, indem er im ersten Satz dieselbe Aussage wie im zweiten ausdrückt (synonymer Parallelismus), um die Frage ganz klar zu formulieren. Zu τὸ περισσὸν („der Vorzug, Vorteil, Vorzüglichkeit“) zeigt an, dass jemand etwas mehr hat als andere. Vgl. Aristeas 1.161 „Δέδεικται δέ σοι καὶ τὸ περισσὸν τῆς λογίας τῆς κατὰ τὴν διαστολὴν καὶ μνείαν“. „Die Vorzüglichkeit der Rede in Bezug auf Unterscheidungsvermögen und Gedächtnis ist dir nun aufgezeigt worden“. 22 Der Römerbrief 3.2 Πολὺ κατὰ πάντα τρόπον· πρῶτον μὲν γὰρ ὅτι ἐπιστεύθησαν τὰ λόγια τοῦ θεοῦ. Viel in jeder Hinsicht! Zuerst doch, dass ihnen die Aussprüche Gottes anvertraut wurden. Paulus antwortet auf den Einwand, dass es dann kein Vorteil ist, Jude zu sein, indem er deren Vorteile nennt. Die Partikel μὲν („doch, ja“) dient hier der Hervorhebung der Aussage. 3.3 Τί γὰρ εἰ ἠπίστησάν τινες; Μὴ ἡ ἀπιστία αὐτῶν τὴν πίστιν τοῦ θεοῦ καταργήσει; Doch was, wenn einige untreu waren? Soll etwa deren Untreue die Treue Gottes zunichtemachen? Mit γὰρ („doch“) kommt der Kontrast zum vorigen Vers zum Ausdruck: Gott hat den Juden sein Wort anvertraut, doch einige glauben nicht daran bzw. sind untreu, wie ἠπίστησάν („sie waren untreu“) jeweils verstanden werden kann. Was bedeutet das nun? Auch wenn etliche Juden Gott nicht gehorchen und ihm nicht glauben, heißt dies nicht, dass Gott nicht zu seinem Wort und den Zusagen stehen würde und die Juden nicht, wie verheißen, segnen würde. 3.4 Μὴ γένοιτο· γινέσθω δὲ ὁ θεὸς ἀληθής, πᾶς δὲ ἄνθρωπος ψεύστης, καθὼς γέγραπται, Ὅπως ἂν δικαιωθῇς ἐν τοῖς λόγοις σου, καὶ νικήσῃς ἐν τῷ κρίνεσθαί σε. Das kann nicht sein! Es erweise sich aber Gott als wahrhaftig, jeder Mensch als Lügner, wie geschrieben ist: Damit du gerechtfertigt werdest in deinen Worten und bei deinem Richten den Sieg davonträgst. Paulus rechtfertigt Gott, der zu seinen Zusagen steht, auch wenn ihm nicht alle glauben. Μὴ γένοιτο ist ein griechisches Idiom („es möge/kann/darf nicht geschehen/sein“) und als verneinte Möglichkeit zeigt das Idiom, dass das vorher Gesagte nicht sein kann, es ist unmöglich, dass es stattfinden kann oder so ist. Mit καθὼς („wie“) wird eingeleitet, wie dies anhand der Schrift zu belegen ist. Es ist so, wie es geschrieben ist, nämlich, dass Gott gerechtfertigt ist, wenn er richtet und auch wenn er angeklagt wird, überlegen sein wird. Zu γινέσθω ἀληθής („er erweise sich als wahrhaftig“) vgl. Aeschylus, Septem contra Thebas 438: „τῶν τοι ματαίων ἀνδράσιν φρονημάτων ἡ γλῶσσ’ ἀληθὴς γίγνεται κατήγορος“. „Die Zunge erweist sich am Ende als wahrhaftiger Ankläger der bösen Gedanken der Menschen“. Der Form νικήσῃς („du trägst den Sieg davon“) entspricht im hebräischen Text „du stehst rein da“. Mit κρίνεσθαί („du richtest“) kommt ein Medium, 23 Der Römerbrief kein Passiv („du wirst gerichtet“) zum Ausdruck, wenn man Psalm 51.6 betrachtet. 3.5 Εἰ δὲ ἡ ἀδικία ἡμῶν θεοῦ δικαιοσύνην συνίστησιν, τί ἐροῦμεν; Μὴ ἄδικος ὁ θεὸς ὁ ἐπιφέρων τὴν ὀργήν; κατὰ ἄνθρωπον λέγω Wenn nun unsere Ungerechtigkeit Gottes Gerechtigkeit demonstriert, was sollen wir sagen? Dass Gott ungerecht (sei), der den Zorn auferlegt? Ich rede Menschen gemäß. Paulus begegnet einem weiteren Einwand, wobei er für Untreue bzw. Unglauben auf Ungerechtigkeit kommt, die der göttlichen Gerechtigkeit gegenübersteht. Wenn die menschliche Unzulänglichkeit zeigt, wie gerecht Gott ist, wenn er diese richtet, könnte man sagen, dann ist es ja für Gott von Vorteil, wenn die Menschen so sind und so bräuchte er ja sie nicht richten. Mit dem Metakommentar κατὰ ἄνθρωπον λέγω („ich rede Menschen gemäß“) gibt Paulus zu erkennen, dass er sich in herkömmlicher Art, wie man es unter Menschen landläufig ausdrückt, spricht, um besser verstanden zu werden, vielmehr noch, dass er sich entschuldigt, so zu reden und Gott Ungerechtigkeit zuzuschreiben, wie man es bei Menschen tun könnte. 3.6 Μὴ γένοιτο· ἐπεὶ πῶς κρινεῖ ὁ θεὸς τὸν κόσμον; Das kann nicht sein! Wie könnte Gott sonst die Welt richten? Paulus schließt an seine Frage, ob Gott ungerecht sei, die Antwort an, dass dies unmöglich ist, da ein ungerechter Gott kein gerechtes Urteil beim Gericht über die Welt treffen könnte. Zu ἐπεὶ πῶς („wie sonst“) mit nachfolgendem Futur, das die Modalität ausdrückt (können, sollen, mögen, dürfen etc.) vgl. Philo, Legum allegoriarum 1.83: „τῷ δὲ ἐκ πόνου προεληλυθότι Ἰσσάχαρ δεῖ καὶ ὕλης σωματικῆς· ἐπεὶ πῶς ἀναγνώσεται χωρὶς ὀμμάτων ὁ ἀσκητής; πῶς δὲ ἀκούσεται τῶν προτρεπτικῶν λόγων χωρὶς ἀκοῆς;“ „Issachar aber, der aus der Arbeit hervorging, bedarf der körperlichen Materie; wie sonst könnte ein Gelehrter lesen ohne seine Augen? Und wie könnte jemand Worte hören, die ihn zu irgendeiner Sache ermahnen, wenn er nicht mit dem Gehör begabt wäre?“ 24 Der Römerbrief 3.7 Εἰ γὰρ ἡ ἀλήθεια τοῦ θεοῦ ἐν τῷ ἐμῷ ψεύσματι ἐπερίσσευσεν εἰς τὴν δόξαν αὐτοῦ, τί ἔτι κἀγὼ ὡς ἁμαρτωλὸς κρίνομαι; Wenn nämlich die Wahrhaftigkeit Gottes durch meine Unzuverlässigkeit zu seiner Verherrlichung überströmte, was werde auch ich noch als Sünder gerichtet? Paulus wechselt zum nächsten Kontrast, dem der Aufrichtigkeit bzw. Wahrhaftigkeit gegenüber der menschlichen Unzuverlässigkeit und begegnet auch hier einem Einwand vorab. Paulus begegnet diesem dadurch, dass durch die Lüge Gottes Gnade deutlich hervortritt, indem er die Aussage in Vers 5 mit anderen Worten wiederholt. Es könnte der Eindruck entstehen, dass Sünde zur Verherrlichung Gottes führen würde und wieso richtet Gott dann Sünder noch überhaupt? Das Wort ψεύσμα („Verlogenheit, Unzuverlässigkeit“) kommt nur hier im Neuen Testament vor und bedeutet, dass jemand nicht das tut, was Gott gesagt hat, sondern nur vorgibt, eben so, wie Paulus es dargestellt hatte. Mit ἡ ἀλήθεια τοῦ θεοῦ („die Wahrhaftigkeit Gottes“) kommt der Kontrast zur menschlichen Unzulänglichkeit zum Ausdruck und zeigt, dass Gott zu dem, was er sagt, steht. Die rhetorische Frage am Ende des Verses widerlegt die Annahme, dass es ja Gott recht sein könne, wenn seine Größe durch die Unzuverlässigkeit der Menschen herausgestellt wird, sodass es nicht gerecht wäre, wenn er die Menschen für ihren Unglauben und Sünde richtet. 3.8 Καὶ μή καθὼς βλασφημούμεθα, καὶ καθώς φασίν τινες ἡμᾶς λέγειν ὅτι Ποιήσωμεν τὰ κακὰ ἵνα ἔλθῃ τὰ ἀγαθά; Ὧν τὸ κρίμα ἔνδικόν ἐστιν. Und nicht wie wir gelästert werden und wie einige reden, dass wir sagen würden, dass wir die schlechte (Dinge) machen wollen, damit die guten kämen, deren Gericht verdient ist! Paulus führt einen falschen Vorwurf gegen ihn ad absurdum, dass man Gott ungehorsam sein könnte und dennoch wäre dies etwas Gutes. Dazu greift er Argumente seiner Gegner auf, die dies Paulus unterstellen. Damit drückt er die Gedanken im Vers davor auf andere Weise aus, nämlich, dass ja Sünde etwas positives sei, da sie Gottes Größe deutlich machen könne, indem er dazu steht, was er sagt. Ὧν („deren“) nimmt die Personen auf, die Paulus lästern, er würde der Morallosigkeit Vorschub leisten. 3.9 Τί οὖν; Προεχόμεθα; Οὐ πάντως· προῃτιασάμεθα γὰρ Was nun? Haben wir (etwas) voraus? Sicher nicht! Wir beschuldigten ja vorher Juden Paulus fragt sich nun, ob Juden einen Vorteil vor Gott haben bzw. was aus dem Bisherigen zu folgern ist, wobei τί οὗν („was nun“) zum 25 Der Römerbrief Ἰουδαίους τε καὶ Ἕλληνας πάντας ὑφ᾽ ἁμαρτίαν εἶναι, sowie auch Griechen, dass alle unter (der) Sünde sind. Ausdruck bringt, was das Gesagte, dass alle Menschen unter der Sünde sind, nun für Konsequenzen und Folgen hat. Dies ist nicht der Fall, da alle Sünder vor Gott sind. Juden werden also nicht bevorzugt behandelt. Paulus beantwortet die selbstgestellte Frage, dass Juden und Heiden unter der Sünde sind. Οὐ πάντως („sicher nicht“) bedeutet nicht, wie schon vorgeschlagen, „nicht ganz“. Vgl. Epictetus, Dissertationes ab Arriano digestae, 4.8, 3: „οὗτος ταχέως λούεται.’ κακῶς οὖν ποιεῖ; οὐ πάντως. ἀλλὰ τί; ταχέως λούεται. — Πάντα οὖν καλῶς γίνεται; — Οὐδαμῶς“. „Dieser badet sehr schnell. Hat er dann etwas falsch gemacht? Sicherlich nicht. Aber was tut er dann? Er badet sehr schnell. Sind dann alle Dinge gut gemacht? Ganz und gar nicht.“ 3.10 καθὼς γέγραπται ὅτι Οὐκ ἔστιν δίκαιος οὐδὲ εἷς· Wie geschrieben ist, dass kein Gerechter ist, auch nicht einer. Paulus belegt seine Behauptung, dass alle Menschen, Juden und Griechen, unter der Sünde sind, indem er aus der Schrift zitiert, dass es keinen Menschen gibt, der vor Gott gerecht ist. Dieser Beleg reicht bis Vers 18. 3.11 οὐκ ἔστιν ὁ συνιῶν, οὐκ ἔστιν ὁ ἐκζητῶν τὸν θεόν· Es ist keiner, der verständig ist. Es ist nicht einer, der Gott sucht. Paulus führt weiter aus, dass alle Menschen, Juden wie Heiden, vor Gott schuldig sind. 3.12 πάντες ἐξέκλιναν, ἅμα ἠχρειώθησαν· οὐκ ἔστιν ποιῶν χρηστότητα, οὐκ ἔστιν ἕως ἑνός· Alle wichen ab, gleichzeitig wurden sie nutzlos. Es ist nicht einer, der Güte übt, es ist nicht einmal einer. Durch ihren Abfall von Gott werden Menschen für ihn nutzlos und kein einziger tut Gutes, d.h. alle handeln verkehrt. Das gilt für alle Menschen. Zum Ausdruck ἕως ἑνός (“auch nicht einer“) vgl. Richter 4.16 „καὶ ἔπεσεν πᾶσα παρεμβολὴ Σισαρα ἐν στόματι ῥομφαίας οὐ κατελείφθη ἕως ἑνός“. „und das ganze Heer Siseras fiel durch die Schärfe des Schwertes: Es blieb nicht einmal einer übrig“. 26 Der Römerbrief 3.13 τάφος ἀνεῳγμένος ὁ λάρυγξ αὐτῶν, ταῖς γλώσσαις αὐτῶν ἐδολιοῦσαν· ἰὸς ἀσπίδων ὑπὸ τὰ χείλη αὐτῶν· Ein geöffnetes Grab (war) ihr Rachen, mit ihren Zungen waren sie betrügend, Gift von Vipern (war) unter ihren Lippen, Der Aorist ἐδολιοῦσαν („sie betrügen“) ist offensichtlich gnomisch, d.h. drückt eine allgemeine Wahrheit aus wie im Satz davor und danach, die mit dem Präsens im Deutschen wiedergegeben wird. 3.14 ὧν τὸ στόμα ἀρᾶς καὶ πικρίας γέμει· deren Mund voller Fluch und Bitterkeit ist. Der Begriff στόμα („Mund“) steht als Metonymie für das, was aus dem Mund hervorkommt, nämlich das Reden. Was Menschen reden ist voller Flüche und Verbitterung. 3.15 ὀξεῖς οἱ πόδες αὐτῶν ἐκχέαι αἷμα· Schnell (waren) ihre Füße, um Blut zu vergießen. Die Füße stehen für den Lebenswandel, der darauf aus ist, andere zu töten. Dies beweisen allein die vielen Kriege und Morde und Abtreibungen bis in unsere Tage. 3.16 σύντριμμα καὶ ταλαιπωρία ἐν ταῖς ὁδοῖς αὐτῶν, Zerstörung und Elend (war) auf ihren Wegen, Die Kombination von σύντριμμα καὶ ταλαιπωρία („Zerstörung und Elend“) zeigt an, dass erst Dinge zerstört werden, worauf dann das innere Gefühl von Elend und Not folgt. 3.17 καὶ ὁδὸν εἰρήνης οὐκ ἔγνωσαν· und den Weg von Frieden kannten sie nicht. Diese Aussage ist eine Verneinung der vorigen, womit die Aussage verstärkt wird. 3.18 οὐκ ἔστιν φόβος θεοῦ ἀπέναντι τῶν ὀφθαλμῶν αὐτῶν. Es ist keine Furcht Gottes vor ihren Augen. Durch ihren Unglauben haben die Gottlosen Gott aus den Augen verloren, daraus resultieren all die genannten Sünden. Mit dieser Zusammenfassung beendet Paulus seine Belege, dass Juden und Heiden alle unter der Sünde stehen. 3.19 Οἴδαμεν δὲ ὅτι ὅσα ὁ νόμος λέγει, τοῖς ἐν τῷ νόμῳ λαλεῖ, ἵνα πᾶν στόμα φραγῇ, καὶ ὑπόδικος γένηται πᾶς ὁ κόσμος τῷ θεῷ· Wir wissen nun, dass wieviel das Gesetz sagt, es zu denen unter dem Gesetz spricht, damit jeder Mund gestopft wird, und die ganze Welt durch Gott verurteilt wird. Mit δὲ („weiter“) führt Paulus einen weiteren Punkt seiner Argumente an. Das Gesetz, das Paulus soeben zitierte, redet zu den Juden, sagt aber aus, dass diese und die Heiden, die das Gesetz nicht kennen, unter der Sünde sind. „Jeder Mund“ ist der Stellung nach betont, d.h. dass kein Jude oder kein Heide dagegen reden kann, wenn Gott die Welt aufgrund der Sünde verurteilt. Zu ὑπόδικος 27 Der Römerbrief γένηται („sie werde verurteilt“) vgl. Aeschylus, Eumenides 259: „ὁ δ’ αὖτε γοῦν ἀλκὰν ἔχων περὶ βρέτει πλεχθεὶς θεᾶς μβρότου ὑπόδικος θέλει γενέσθαι χερῶν „Die Arme um das Bild der unsterblichen Göttin geschlungen, wünscht er, für seine Handlungen verurteilt zu werden“. 3.20 διότι ἐξ ἔργων νόμου οὐ δικαιωθήσεται πᾶσα σὰρξ ἐνώπιον αὐτοῦ· διὰ γὰρ νόμου ἐπίγνωσις ἁμαρτίας. Darum wird aus Werken (des) Gesetzes kein Fleisch vor ihm gerechtfertigt. Denn durch (das) Gesetz (kommt) Erkenntnis von Sünde. Mit διότι („darum“) leitet Paulus das Ergebnis seiner Argumente ein. Das Gesetz zeigt, dass kein Mensch ohne Sünde ist und so nicht vor Gott bestehen kann und dass auch das Gesetz niemanden retten kann, sondern zur Erkenntnis der Sündhaftigkeit beiträgt. 3.21 Νυνὶ δὲ χωρὶς νόμου δικαιοσύνη θεοῦ πεφανέρωται, μαρτυρουμένη ὑπὸ τοῦ νόμου καὶ τῶν προφητῶν· Nun aber ist ohne (das) Gesetz (die) Gerechtigkeit Gottes offenbar geworden, bezeugt vom Gesetz und den Propheten, Statt der Gerechtigkeit aus dem Gesetz gilt vor Gott die aus Glauben an Christus. Dies ist bereits im Gesetz und den Propheten selbst erkennbar. Νυνὶ („Nun“) leitet die Lösung Gottes auf die Sünde der Menschen ein, nämlich den Glauben an das Opfer Christi, durch das allein ein Mensch vor Gott gerecht sein kann. Dies wird bereits vom Gesetz selbst und den Propheten vorhergesagt. 3.22 δικαιοσύνη δὲ θεοῦ διὰ πίστεως Ἰησοῦ χριστοῦ εἰς πάντας καὶ ἐπὶ πάντας τοὺς πιστεύοντας· οὐ γάρ ἐστιν διαστολή· Gottes Gerechtigkeit nun durch Glauben an Jesus Christus für alle und auf all die Glaubenden. - Denn es ist kein Unterschied. Paulus führt nun aus, was er mit der Gerechtigkeit Gottes meint und zwar die, die durch Rechtfertigung aus Glauben ist. Dies gilt ohne Unterschied für Juden und Heiden, wenn sie an Christus glauben. Mit διαστολή („Unterschied“) beschreibt Paulus, dass Juden und Heiden Sünder sind und daher in der Hinsicht kein Unterschied besteht. 3.23 πάντες γὰρ ἥμαρτον καὶ ὑστεροῦνται τῆς δόξης τοῦ θεοῦ, Alle sündigten ja und ermangeln der Herrlichkeit Gottes. - Paulus belegt mit einer Parenthese, dass es keinen Unterschied zwischen Juden und Heiden darin gibt, dass sie alle Sünder sind, da beide Gruppen von der Sünde geprägt sind und nicht an die Herrlichkeit herankommen, die Gott hat. Dies ist weiterhin eine Antwort darauf, ob Juden einen Vorteil gegenüber anderen hätten. Das Verb ὑστεροῦνται („sie ermangeln“) wird mit einen 28 Der Römerbrief Genitivobjekt gebildet, hier τῆς δόξης („der Herrlichkeit“), das noch von einem Genitivattribut τοῦ θεοῦ („Gottes“) erweitert wurde, das wohl als ein Genitivus possessoris angibt, dass dies eine Eigenschaft ist, die Gott hat. 3.24 δικαιούμενοι δωρεὰν τῇ αὐτοῦ χάριτι διὰ τῆς ἀπολυτρώσεως τῆς ἐν χριστῷ Ἰησοῦ· umsonst gerechtfertigt werdend (durch) seine Gnade, durch die Erlösung in Christus Jesus, Da sich δικαιούμενοι („gerechtfertigt werdend“) nicht auf „alle“ im Satz davor beziehen kann, erscheint Vers 23 als Einschub. Paulus setzt an alle Gläubigen im Vers 22 an. Diese werden umsonst gerechtfertigt. 3.25 ὃν προέθετο ὁ θεὸς ἱλαστήριον, διὰ τῆς πίστεως, ἐν τῷ αὐτοῦ αἵματι, εἰς ἔνδειξιν τῆς δικαιοσύνης αὐτοῦ, διὰ τὴν πάρεσιν τῶν προγεγονότων ἁμαρτημάτων, den Gott als Sühneort vorstellte, durch Glauben an sein Blut, zum Erweis seiner Gerechtigkeit wegen des Absehens von den vorher geschehenen Versündigungen, Mit einem Relativsatz beschreibt Paulus die Erlösung näher. Gott hat Christus öffentlich als Sühnung der Sünden der Menschen vorgestellt. Diese wird wirksam mittels des persönlichen Glaubens an das Blut, das zur Sühnung am Kreuz vergossen wurde. Mittels εἰς („zur“) gibt Paulus das Ziel und die Absicht damit an, nämlich, dass sich Gott als gerecht erweisen will, weil er die vorher geschehenen Sünden quasi übersehen bzw. davon absehen kann, diese zu bestrafen. Die Sünden, die vor dem Opfer Christi geschahen konnte Gott auf gerechter Grundlage übergehen und nicht zurechnen. Zum Ausdruck διὰ τὴν πάρεσιν („wegen des Übergehens bzw. Absehens oder Übersehens“) vgl. Flavius Josephus, Antiquitates Judaicae 11.236, der die ursprüngliche Bedeutung zeigt „καὶ διακεκαυμένῳ ὑπὸ τῆς ὀργῆς τῷ προσώπῳ πάρεσις αὐτὴν εὐθὺς λαμβάνει καὶ τοῖς παρὰ πλευρὸν οὖσιν ἀχανὴς ἐπέπεσεν“. „und mit vor Zorn glühender Miene, bekam sie sofort eine Bewusstlosigkeit, und sie fiel seitwärts in Ohnmacht“. D.h. die Kräfte schwanden dahin und waren weg und die Person konnte nichts mehr wahrnehmen. Genauso sieht Gott vollkommen davon ab, Sünden zu bestrafen, die durch das Opfer Christi gesühnt wurden, wenn jemand an dessen 29 Der Römerbrief Blut glaubt. Zuvor war der Erweis nicht erbracht, dass Gott gerecht handeln würde. 3.26 ἐν τῇ ἀνοχῇ τοῦ θεοῦ, πρὸς τὴν ἔνδειξιν τῆς δικαιοσύνης αὐτοῦ ἐν τῷ νῦν καιρῷ, εἰς τὸ εἶναι αὐτὸν δίκαιον καὶ δικαιοῦντα τὸν ἐκ πίστεως Ἰησοῦ. durch die Geduld Gottes, zum Erweis seiner Gerechtigkeit in der jetzigen Zeit, damit er gerecht sei und den aus Glauben an Jesus rechtfertige. Vor dem Opfer Christi, das Gottes Gerechtigkeit erweist, wurden die Sünden der Menschen aufgrund der Geduld Gottes nicht bestraft, sondern geduldig ertragen, bis Christus dafür bezahlte, sodass in der jetzigen Zeit, d.h. seit Golgatha der Erweis der Gerechtigkeit erbracht wurde. Dieser Erweis führt dazu, dass Gott sich gerecht zeigt, wenn er die an Christus Glaubenden gerecht spricht, weil deren Sünden gesühnt wurden. Dies leitet Paulus mit εἰς („damit“) ein. 3.27 Ποῦ οὖν ἡ καύχησις; Ἐξεκλείσθη. Διὰ ποίου νόμου; Τῶν ἔργων; Οὐχί, ἀλλὰ διὰ νόμου πίστεως. Wo (ist) also das Rühmen? Es ist ausgeschlossen! Durch was für ein Gesetz? Das der Werke? Keineswegs, sondern durch (das) Gesetz (des) Glaubens! Mit οὖν („also“) zieht Paulus die Folgerung, dass es daher keinen Grund gibt, dass sich Menschen rühmen könnten, indem sie das Gesetz befolgen, um erlöst zu werden, da dies durch Werke des Gesetzes nicht möglich war, sondern nur durch Glauben an das, was ein anderer, Christus, getan hat. 3.28 Λογιζόμεθα οὖν πίστει δικαιοῦσθαι ἄνθρωπον, χωρὶς ἔργων νόμου. Wir rechnen also, dass ein Mensch durch Glauben gerechtfertigt wird, ohne Werke (des) Gesetzes. Da ein Mensch nicht aus Werken, sondern aus Glauben gerecht ist vor Gott, zieht Paulus genau diesen Schluss, den er mit οὖν („also“) einleitet. 3.29 Ἢ Ἰουδαίων ὁ θεὸς μόνον; Οὐχὶ δὲ καὶ ἐθνῶν; Ναὶ καὶ ἐθνῶν· Oder (ist er) der Gott (der) Juden allein, nicht vielmehr auch (der der) Nationen? Ja, auch (der) Nationen, Paulus stellt die Frage, ob nur Juden unter dem Gesetz an Gott glauben können. Die Antwort ist, dass auch Nicht-Juden, d.h. die Heiden bzw. Nationen Zugang zu Gott haben, da er nicht auf Israel beschränkt ist. 3.30 ἐπείπερ εἷς ὁ θεός, ὃς δικαιώσει περιτομὴν ἐκ πίστεως, καὶ ἀκροβυστίαν διὰ τῆς πίστεως. da doch ein einziger Gott (ist), der (die) Beschneidung aus Glauben rechtfertigen wird und (die) Vorhaut durch den Glauben. Nun wird begründet, warum Gott auch der Gott der Heiden sein kann, da er auch Heiden aus Glauben rechtfertigt, nicht nur Juden allein. 30 Der Römerbrief 3.31 Νόμον οὖν καταργοῦμεν διὰ τῆς πίστεως; Μὴ γένοιτο· ἀλλὰ νόμον ἱστῶμεν. Heben wir also (das) Gesetz durch den Glauben auf? Das kann nicht sein! Sondern wir bestätigen (das) Gesetz! Nun könnte der Eindruck entstehen, dass das Gesetz im Widerspruch zum Glauben stünde. Das ist jedoch gar nicht der Fall. Vielmehr führt es zum Glauben. Zum Gebrauch von ἱστῶμεν („wir bestätigen, hervorheben, aufstellen, aufrichten“) vgl. 1Makkabäer 11.34 „ἑστάκαμεν αὐτοῖς τά τε ὅρια τῆς Ιουδαίας“. „Wir bestätigen ihnen (den Besitz) des Gebietes Judäas“. 4.1 Τί οὖν ἐροῦμεν Ἀβραὰμ τὸν πατέρα ἡμῶν εὑρηκέναι κατὰ σάρκα; Was sollen wir nun sagen, dass Abraham, unserem Vater nach (dem) Fleisch, gefunden hat? Von hier bis Vers 8 geht Paulus auf Abraham ein und zieht für die Frage nach der Rechtfertigung einige Schlussfolgerungen. Er leitet diesen Abschnitt mit οὖν („also“) ein, womit er auf das Prinzip der Rechtfertigung eingeht, die er soeben nannte und dies nun anhand von Abraham verdeutlicht. 4.2 Εἰ γὰρ Ἀβραὰμ ἐξ ἔργων ἐδικαιώθη, ἔχει καύχημα, ἀλλ᾽ οὐ πρὸς τὸν θεόν. Denn wenn Abraham aus Werken gerechtfertigt wurde, hat er Ruhm, doch nicht bei Gott. Paulus nimmt an, Abraham wäre aus Werken und nicht aus Glauben gerechtfertigt worden. Wenn dies so wäre, dann könnte er sich seiner Leistungen rühmen. Doch bei Gott ist dies ausgeschlossen. 4.3 Τί γὰρ ἡ γραφὴ λέγει; Ἐπίστευσεν δὲ Ἀβραὰμ τῷ θεῷ, καὶ ἐλογίσθη αὐτῷ εἰς δικαιοσύνην. Was sagt nämlich die Schrift? Es glaubte Abraham nun Gott, und es wurde ihm zur Gerechtigkeit gerechnet. Paulus beruft sich auf die Schrift, um darzulegen, dass es aus Glauben und nicht aus Werken war, wie Abraham vor Gott gerechtfertigt wurde. 4.4 Τῷ δὲ ἐργαζομένῳ ὁ μισθὸς οὐ λογίζεται κατὰ χάριν, ἀλλὰ κατὰ ὀφείλημα. Dem Wirkenden nun wird der Lohn nicht nach Gnade gerechnet, sondern nach Schuldigkeit. Die Rechtfertigung aus Werken wäre wie ein Lohn für einen Arbeiter, auf den jemand Anspruch hätte und damit wäre das Prinzip der Gnade wertlos. 4.5 Τῷ δὲ μὴ ἐργαζομένῳ, πιστεύοντι δὲ ἐπὶ τὸν δικαιοῦντα τὸν ἀσεβῆ, λογίζεται ἡ πίστις αὐτοῦ εἰς δικαιοσύνην. Dem nicht Wirkenden aber, (dem) Glaubenden nun an den, der den Gottlosen rechtfertigt, wird sein Glaube zu Gerechtigkeit gerechnet. Das Prinzip des Glaubens hingegen verzichtet auf Werke, die vor Gott Anerkennung finden müssten, sondern glaubt Gott, dass er aus Glauben rechtfertigt. 31 Der Römerbrief 4.6 Καθάπερ καὶ Δαυὶδ λέγει τὸν μακαρισμὸν τοῦ ἀνθρώπου, ᾧ ὁ θεὸς λογίζεται δικαιοσύνην χωρὶς ἔργων, Genau wie auch David von der Glückseligkeit des Menschen redet, dem Gott Gerechtigkeit zurechnet ohne Werke: Paulus belegt dies auch mit einem Zitat von David, dass es darum geht, dass Gott ohne Werke, sondern durch Glauben rechtfertigt. 4.7 Μακάριοι ὧν ἀφέθησαν αἱ ἀνομίαι, καὶ ὧν ἐπεκαλύφθησαν αἱ ἁμαρτίαι. Glückselig, deren Gesetzlosigkeiten vergeben und deren Sünden zugedeckt wurden! Die Glückseligpreisung Davids zeigt als Illustration dessen, die Vergebung der Sünden durch Gott, ohne Werke. 4.8 Μακάριος ἀνὴρ ᾧ οὐ μὴ λογίσηται κύριος ἁμαρτίαν. Glückselig ein Mann, dem der Herr Sünde gar nicht zurechnet! Paulus führt dieses Zitat an, um zu zeigen, dass ein Mensch ohne Einhaltung des Gesetzes Vergebung der Sünden haben kann. 4.9 Ὁ μακαρισμὸς οὖν οὗτος ἐπὶ τὴν περιτομήν, ἢ καὶ ἐπὶ τὴν ἀκροβυστίαν; Λέγομεν γὰρ ὅτι Ἐλογίσθη τῷ Ἀβραὰμ ἡ πίστις εἰς δικαιοσύνην. (Ist) diese Seligpreisung also auf die Beschneidung (bezogen) oder auch auf die Vorhaut? Wir sagen ja, dass Abraham der Glaube zur Gerechtigkeit gerechnet wurde. Paulus legt dieses Zitat aus, und zwar auf dem Hintergrund, was er zu Abraham sagte, dass Rechtfertigung aus Glauben ist, sodass es darum geht, ob dies durch die Werke des Gesetzes oder davon unabhängig erfolgte. Er beweist damit seine These, dass die Gerechtigkeit nicht vom Gesetz kommt. 4.10 Πῶς οὖν ἐλογίσθη; Ἐν περιτομῇ ὄντι, ἢ ἐν ἀκροβυστίᾳ; Οὐκ ἐν περιτομῇ, ἀλλ᾽ ἐν ἀκροβυστίᾳ· Wie wurde es also zugerechnet? Dem, der in Beschneidung war oder in Vorhaut ? Nicht in Beschneidung (war es), sondern in Vorhaut! Abraham wurde gerechtfertigt, bevor er beschnitten war, sodass dies zeigt, dass die Rechtfertigung nichts mit der Beschneidung zu tun hat, die im Gesetz vorgeschrieben ist. Abraham wurde durch den Glauben gerechtfertigt, noch bevor er beschnitten wurde. 4.11 καὶ σημεῖον ἔλαβεν περιτομῆς, σφραγῖδα τῆς δικαιοσύνης τῆς πίστεως τῆς ἐν τῇ ἀκροβυστίᾳ· εἰς τὸ εἶναι αὐτὸν πατέρα πάντων τῶν πιστευόντων δι᾽ ἀκροβυστίας, εἰς τὸ λογισθῆναι καὶ αὐτοῖς τὴν δικαιοσύνην· Und er empfing (das) Zeichen (der) Beschneidung (als) ein Siegel der Gerechtigkeit des Glaubens, den (er) in der Vorhaut (hatte), sodass er Vater all der Glaubenden aus (der) Vorhaut sei, sodass auch ihnen die Gerechtigkeit zugerechnet werden würde, Die Konjunktion καὶ („und“) beschreibt hier die chronologische Abfolge, dass Abraham erst nach seinem Glauben an Gott die Beschneidung empfing. Die Funktion der Beschneidung war eine Bestätigung des vorhandenen Glaubens. Damit ist er Vater bzw. Vorbild oder Vorläufer aller Gläubigen aus den Heiden, die nicht beschnitten sind, wie es auch Abraham zunächst nicht war. 32 Der Römerbrief 4.12 καὶ πατέρα περιτομῆς τοῖς οὐκ ἐκ περιτομῆς μόνον, ἀλλὰ καὶ τοῖς στοιχοῦσιν τοῖς ἴχνεσιν τῆς πίστεως τῆς ἐν τῇ ἀκροβυστίᾳ τοῦ πατρὸς ἡμῶν Ἀβραάμ. und er Vater (der) Beschneidung denen (sei), die nicht nur aus (der) Beschneidung (sind), sondern auch den Spuren des Glaubens, den in (der) Vorhaut, unseres Vaters Abraham folgen. Ebenso wurde er Vater der Gläubigen aus den Juden, die nicht nur auf die Beschneidung vertrauen, sondern auch den Zusagen Gottes glauben, wie es Abraham vor seiner Beschneidung schon tat. Vgl. zu στοιχοῦσιν („sie stimmen überein/folgen“) ein Beispiel bei Xenophon, Cyropaedia 6.3,34 wo der König Kyrus seinen Offizieren Anweisungen gibt wie die Truppen angeordnet sein sollen: „αἱ δ’ ἕτεραι ἑκατοστύες τῶν ἁρμάτων, ἡ μὲν κατὰ τὸ δεξιὸν πλευρὸν τῆς στρατιᾶς στοιχοῦσα ἑπέσθω τῇ φάλαγγι ἐπὶ κέρως, ἡ δὲ κατὰ τὸ εὐώνυμον. Κῦρος μὲν οὕτω διέταττεν“. „Von den anderen Hunderterschaften der Streitwagen soll eine, nachdem auf der rechten Seite der Armee eingeordnet ist, der Phalanx am Horn hinzugetan werden, die andere aber zur Linken. Kyrus ordnete es so an“. „Καὶ δὴ ὁ μὲν Κράντωρ τὴν ὑγείαν ἐν δευτέρᾳ μοίρᾳ ἐτίθετο, στοιχῶν τοῖς προειρημένοις φιλοσόφοις“. „Doch auch Krantor fügte die Gesundheit als zweites Schicksal hinzu, mit den Philosophen, die vorher geredet hatten, übereinstimmend“. 4.13 Οὐ γὰρ διὰ νόμου ἡ ἐπαγγελία τῷ Ἀβραὰμ ἢ τῷ σπέρματι αὐτοῦ, τὸ κληρονόμον αὐτὸν εἶναι τοῦ κόσμου, ἀλλὰ διὰ δικαιοσύνης πίστεως. Denn nicht durch (das) Gesetz (erging) die Verheißung für Abraham oder seinen Samen, dass er der Erbe (der) Welt sei, sondern durch Gerechtigkeit (des) Glaubens. Abraham erhielt die Zusage Gottes an sich bzw. seine Nachkommen, nicht, indem er dem mosaischen Gesetz gehorchte, das es damals noch gar nicht gab, sondern indem er dem glaubte, was Gott ihm zusagte. Der Inhalt der Zusage wird durch einen AcI inhaltlich bestimmt: τὸ κληρονόμον αὐτὸν εἶναι τοῦ κόσμου („dass er der Erbe (der) Welt sei“). 4.14 Εἰ γὰρ οἱ ἐκ νόμου κληρονόμοι, κεκένωται ἡ πίστις, καὶ κατήργηται ἡ ἐπαγγελία· Denn wenn die aus (dem) Gesetz Erben (wären), ist der Glaube entleert und die Verheißung aufgehoben. Paulus begründet seinen Gedanken mittels eines Konditionalsatzes, in dem er annimmt, diejenigen, die das Gesetz halten, bekommen die Verheißungen Gottes. Da das Gesetz niemand ganz halten konnte, gäbe es somit gar keine Erben der göttlichen Zusagen. Sonst 33 Der Römerbrief wäre der Glaube an Christus sinnlos und die Verheißungen Gottes, die er den Glaubenden gibt, außer Kraft gesetzt. Dies ist unmöglich. 4.15 ὁ γὰρ νόμος ὀργὴν κατεργάζεται· οὗ γὰρ οὐκ ἔστιν νόμος, οὐδὲ παράβασις. Das Gesetz bewirkt ja Zorn. Doch wo kein Gesetz ist, (ist) auch keine Übertretung. Mit γὰρ („ja“) begründet Paulus, warum das Gesetz keine Erben hervorbringen konnte, da es Zorn bewirkt, wenn es übertreten wird. Da Gesetze übertreten werden, ruft dies den Zorn des Gesetzgebers hervor. Daher ist damit keine Rechtfertigung möglich, sondern erweist die Übertretung, die den Zorn Gottes hervorruft. 4.16 Διὰ τοῦτο ἐκ πίστεως, ἵνα κατὰ χάριν, εἰς τὸ εἶναι βεβαίαν τὴν ἐπαγγελίαν παντὶ τῷ σπέρματι, οὐ τῷ ἐκ τοῦ νόμου μόνον, ἀλλὰ καὶ τῷ ἐκ πίστεως Ἀβραάμ, ὅς ἐστιν πατὴρ πάντων ἡμῶν Deshalb (ist es) aus Glauben, damit (es) nach Gnade (sei), sodass die Verheißung dem ganzen Samen fest sei, nicht nur der aus dem Gesetz, sondern auch der aus Glauben Abrahams, der unser aller Vater ist, Nachdem Paulus erklärte, dass das Gesetz dazu diente die Übertretung aufzudecken, verweist er zur Frage der Rechtfertigung auf den Glauben an die Verheißung Gottes. Diese bezieht sich auf alle Nachkommen Abrahams, die aus den Juden, und die aus den Heiden, die den gleichen Glauben wie er als ihr Vorbild haben. Die Erweiterung mittels οὑ μόνον ἀλλὰ καὶ („nicht nur, sondern auch“) fügt zu den Juden, die das Gesetz hatten, alle anderen Menschen mit ein, die glauben wie Abraham, sodass dieser der Vater aller ist, Juden und Heiden, die glauben. 4.17 καθὼς γέγραπται ὅτι Πατέρα πολλῶν ἐθνῶν τέθεικά σε κατέναντι οὗ ἐπίστευσεν θεοῦ, τοῦ ζῳοποιοῦντος τοὺς νεκρούς, καὶ καλοῦντος τὰ μὴ ὄντα ὡς ὄντα. wie geschrieben ist: Zum Vater vieler Nationen habe ich dich gesetzt, angesichts Gottes, dem er glaubte, dem, der die Toten lebendig macht und (dem), der das Nichtseiende ruft, dass es sei, Mit καθὼς („wie“) belegt Paulus, dass Abraham der Vater aller Gläubigen ist, denen aus den Juden und denen aus den Heiden, sodass er der Vater vieler Völker ist bzw. denen, die glauben, egal aus welchem Volk sie sind. Mit κατέναντι („vor/angesichts“) wird ausgedrückt, dass diese Aussage über Abraham, dass er Vater vieler Völker würde, die Sicht Gottes ist. Die Attribute Gottes, der Tote lebendig und aus dem Nichts etwas hervorbringen kann, beziehen sich darauf, dass er Abraham und Sara zeugungsfähig machen konnte, da ihre Körper dafür schon zu abgestorben waren. 34 Der Römerbrief 4.18 Ὃς παρ᾽ ἐλπίδα ἐπ᾽ ἐλπίδι ἐπίστευσεν, εἰς τὸ γενέσθαι αὐτὸν πατέρα πολλῶν ἐθνῶν, κατὰ τὸ εἰρημένον, Οὕτως ἔσται τὸ σπέρμα σου. der wider Hoffnung auf Hoffnung hin glaubte, sodass er zum Vater vieler Nationen gemäß dem Gesagten werde: So wird dein Same sein. Obwohl es für Abraham hoffnungslos war, da er und seine Frau biologisch keine Nachkommen mehr haben konnte, glaubte er dennoch an den Gott, der, wie Paulus deutlich machte, Tote lebendig machen kann und aus dem Nichts etwas hervorrufen kann. 4.19 Καὶ μὴ ἀσθενήσας τῇ πίστει, οὐ κατενόησεν τὸ ἑαυτοῦ σῶμα ἤδη νενεκρωμένον ἑκατονταέτης που ὑπάρχων καὶ τὴν νέκρωσιν τῆς μήτρας Σάρρας· Und im Glauben nicht schwach geworden, beachtete er nicht seinen schon abgestorbenen Leib, ungefähr hundertjährig seiend, noch das Absterben des Mutterleibs von Sara. Der Glaube Abrahams wird deutlich, da er nicht an den Zusagen Gottes zweifelte, er würde zahllose Nachkommen haben, indem er auf seinen bereits zeugungsunfägigen Körper achtete, sondern Gott glaubte. Abraham war ja nicht selbst tot, sondern sein Körper war nicht mehr in der Lage, Kinder zu bekommen. Dies drückt Paulus mit der Metapher ἤδη νενεκρωμένον („bereits gestorben“) aus und verstärkt dies mit der Altersangabe, die Paulus nur grob angeben kann, wie es das Adverb που („ungefähr“) klar macht. Ebenso war es mit Sara, die auch keine Kinder mehr bekommen konnte. NestleAland druckt leider die unsinnige Lesart ab, Abraham hätte seinen Leib beachtet, womit der Kontrast verloren geht, den Paulus ausdrückt. 4.20 εἰς δὲ τὴν ἐπαγγελίαν τοῦ θεοῦ οὐ διεκρίθη τῇ ἀπιστίᾳ, ἀλλ᾽ ἐνεδυναμώθη τῇ πίστει, δοὺς δόξαν τῷ θεῷ, An der Verheißung Gottes nun zweifelte er nicht aus Unglauben, sondern er wurde im Glauben gekräftigt, Gott Ehre gebend. Der Dativ τῇ ἀπιστίᾳ („aus Unglauben“) zeigt den Grund an, der nicht vorhanden war, um Abraham zum Zweifeln zu bringen. Abraham gab Gott die Ehre und den Dank für seine Zusage, noch bevor diese eintrat, so wurde er im Glauben gestärkt. 4.21 καὶ πληροφορηθεὶς ὅτι ὃ ἐπήγγελται, δυνατός ἐστιν καὶ ποιῆσαι. Und er war völlig überzeugt, dass, was er versprochen hat, er fähig ist, auch zu tun. Der Satzteil ὃ ἐπήγγελται („was er verheißen hat“) ist vorgezogen und somit betont, d.h. die Verheißung kam von Gott, sodass Abraham auch davon ausging, dass dieser es einhalten könne. 4.22 Διὸ καὶ ἐλογίσθη αὐτῷ εἰς δικαιοσύνην. Deshalb wurde es ihm auch zur Gerechtigkeit zugerechnet. Aufgrund seiner völligen Überzeugung darüber, was Gott verheißen hat, wurde Abraham dieser Glaube so zugerechnet von Gott, der 35 Der Römerbrief hier in der Passivkonstruktion als Agens verschwiegen wird, dass er vor ihm als gerecht dasteht. 4.23 Οὐκ ἐγράφη δὲ δι᾽ αὐτὸν μόνον, ὅτι ἐλογίσθη αὐτῷ· Es wurde aber nicht nur wegen ihm geschrieben, dass es ihm zugerechnet wurde, Dass Abraham durch seinen Glauben vor Gott als gerecht erscheint, wurde ihm zugesagt, aber auch für Christen. 4.24 ἀλλὰ καὶ δι᾽ ἡμᾶς, οἷς μέλλει λογίζεσθαι, τοῖς πιστεύουσιν ἐπὶ τὸν ἐγείραντα Ἰησοῦν τὸν κύριον ἡμῶν ἐκ νεκρῶν, sondern auch wegen uns, denen es zugerechnet werden würde, den an den Glaubenden, der Jesus, unseren Herrn, von (den) Toten erweckte, Mit ἀλλὰ („sondern“) werden die Adressaten von Abraham allein um die Leser des Apostels erweitert. Da sie wie Abraham Gott glauben ist diese Erwähnung ebenfalls für sie eine Zusage Gottes, dass ihr Glaube ebenfalls sie rechtfertigt. Wie Abraham glaubte, dass Gott aus den Toten lebendig machen könne, glauben Christen, dass Gott Christus aus den Toten auferwecken konnte. 4.25 ὃς παρεδόθη διὰ τὰ παραπτώματα ἡμῶν, καὶ ἠγέρθη διὰ τὴν δικαίωσιν ἡμῶν. der wegen unserer Übertretungen überliefert und wegen unserer Rechtfertigung auferweckt wurde. Mit einem Relativsatz beschreibt Paulus Christus näher und schildert den Grund, warum Christus von Gott dem Tod überliefert wurde. Es war wegen den Sünden der Menschen. Seine Auferweckung bewirkte, dass Gott die Leser rechtfertigen kann, da er das Opfer Christi angenommen hatte, und jedem, der glaubt, rechtfertigt, d.h. für unschuldig erklärt. 5.1 Δικαιωθέντες οὖν ἐκ πίστεως, εἰρήνην ἔχομεν πρὸς τὸν θεὸν διὰ τοῦ κυρίου ἡμῶν Ἰησοῦ χριστοῦ, Gerechtfertigt also aus Glauben, haben wir Frieden mit Gott durch unseren Herrn, Jesus Christus, Mittels οὖν („also“) zieht Paulus den Schluss, dass diese Rechtfertigung praktischer Besitz von Christen ist. Diese Rechtfertigung bewirkt Frieden mit Gott, der durch Christus ermöglicht wurde. 5.2 δι᾽ οὗ καὶ τὴν προσαγωγὴν ἐσχήκαμεν τῇ πίστει εἰς τὴν χάριν ταύτην ἐν ᾗ ἑστήκαμεν, καὶ καυχώμεθα ἐπ᾽ ἐλπίδι τῆς δόξης τοῦ θεοῦ. durch den wir auch im Glauben den Zugang zu dieser Gnade bekommen haben, in der wir stehen, und wir rühmen uns über (die) Hoffnung der Herrlichkeit Gottes. Mit δι᾽ οὗ („durch den“) bezieht sich Paulus auf Christus und sein Werk. Mittels des Perfekts ἐσχήκαμεν („wir haben bekommen“) verdeutlicht Paulus, dass die Leser diesen Zugang zum Zeitpunkt der Bekehrung erhielten und nun weiter haben. Da die Herrlichkeit 36 Der Römerbrief Gottes mit Hoffnung verbunden ist, scheint es um das Erreichen der Herrlichkeit zu gehen, die noch aussteht. 5.3 Οὐ μόνον δέ, ἀλλὰ καὶ καυχώμεθα ἐν ταῖς θλίψεσιν, εἰδότες ὅτι ἡ θλίψις ὑπομονὴν κατεργάζεται, Nicht aber nur (das), sondern wir wollen uns auch mit den Trübsalen rühmen, wissend, dass die Bedrängnis Geduld bewirkt, Zum Thema vorher, also dem Frieden mit Gott durch den Glauben, dessen sich Christen rühmen können, ergänzt Paulus einen weiteren Gedanken und Grund zum Rühmen, nämlich den der Trübsale. Der Konjunktiv im Hauptsatz καυχώμεθα („wir wollen rühmen“) drückt eine Aufforderung an sich und die Leser aus. Dies muss betont werden, da im Normalfall Leid nicht dazu führt, sich dessen zu rühmen oder zu erfreuen. Die Trübsale, die Gläubige erfahren müssen, führen zu Geduld bzw. Ausharren. Dieses Element wird nun durch weitere Folgen davon erweitert. 5.4 ἡ δὲ ὑπομονὴ δοκιμήν, ἡ δὲ δοκιμὴ ἐλπίδα· die Geduld wiederum Bewährung, die Bewährung wiederum Hoffnung. Die Trübsale dienen dazu, den Glauben zu bewähren. Ist dies der Fall führt dies zu weiterer Hoffnung für die Zukunft. 5.5 ἡ δὲ ἐλπὶς οὐ καταισχύνει, ὅτι ἡ ἀγάπη τοῦ θεοῦ ἐκκέχυται ἐν ταῖς καρδίαις ἡμῶν διὰ πνεύματος ἁγίου τοῦ δοθέντος ἡμῖν. Die Hoffnung wiederum beschämt nicht, da die Liebe Gottes in unseren Herzen durch (den) uns gegebenen Heiligen Geist ausgegossen ist. Die Hoffnung war mit dem Erreichen der Herrlichkeit Gottes verbunden. Diese Hoffnung wird nicht enttäuschen oder beschämen, da Gott uns den Geist als Garant dafür gab, dass er uns liebt. Der Genitiv der Phrase ἡ ἀγάπη τοῦ θεοῦ („die Liebe Gottes“) besagt, dass Gott uns liebt, weniger wir ihn, sodass dies als Genitivus subiectivus bestimmt werden kann. 5.6 Ἔτι γὰρ χριστός, ὄντων ἡμῶν ἀσθενῶν, κατὰ καιρὸν ὑπὲρ ἀσεβῶν ἀπέθανεν. Denn Christus starb bereits, als wir schwach waren, zur (passenden) Zeit für Gottlose. Paulus begründet, dass Gott uns liebt mit der Konjunktion γὰρ („denn“). Der Grund, der dies beweist, ist, dass Christus für uns starb. Mit dem Genitivus absolutus ὄντων ἡμῶν ἀσθενῶν („als wir schwach waren“), der dazu dient, die Subjekte von Haupt- und Nebensatz, also „wir“ und „Christus“, zu unterscheiden, besagt, dass sich die Leser nicht selbst helfen konnten, da sie dazu zu schwach waren. Noch bevor die Leser das erkannten, fand das Opfer Christi bereits statt, wie es ἔτι („bereits“) deutlich macht. Zur Phrase κατὰ 37 Der Römerbrief καιρὸν („zur rechten/ richtigen/ geeigneten Zeit“) vgl. Jeremia 5.24 „καὶ οὐκ εἶπον ἐν τῇ καρδίᾳ αὐτῶν φοβηθῶμεν δὴ κύριον τὸν θεὸν ἡμῶν τὸν διδόντα ἡμῖν ὑετὸν πρόιμον καὶ ὄψιμον κατὰ καιρὸν πληρώσεως προστάγματος θερισμοῦ καὶ ἐφύλαξεν ἡμῖν“. „Und sie sagten nicht in ihrem Herzen: Lasst uns doch den Herrn, unseren Gott, fürchten, der uns Früh- und Spätregen zur (passenden) Zeit der Erfüllung der Ernteordnung gibt und uns bewahrte“. 5.7 Μόλις γὰρ ὑπὲρ δικαίου τις ἀποθανεῖται· ὑπὲρ γὰρ τοῦ ἀγαθοῦ τάχα τις καὶ τολμᾷ ἀποθανεῖν. Es wird ja kaum jemand für einen Gerechten Paulus erweitert den Gedanken des Todes Christi, indem er deutlich sterben. Für den Guten wagt eventuell jemand macht, dass kaum jemand für einen anderen sterben würde, selbst wenn dieser gerecht wäre. Für eine gute Person wäre dies unter noch zu sterben. Umständen vorstellbar. Paulus unterscheidet eine gerechte und eine gute Person. Eine gerechte Person kann kaum erwarten, dass für sie jemand stirbt, da Gerechtigkeit allein nicht ausreicht, um gut zu den Menschen und beliebt zu sein, wie es der Gute ist. 5.8 Συνίστησιν δὲ τὴν ἑαυτοῦ ἀγάπην εἰς ἡμᾶς ὁ θεός, ὅτι ἔτι ἁμαρτωλῶν ὄντων ἡμῶν χριστὸς ὑπὲρ ἡμῶν ἀπέθανεν. Es erweist aber Gott seine eigene Liebe zu uns, noch Sünder seiend, (darin), dass Christus für uns starb. 5.9 Πολλῷ οὖν μᾶλλον, δικαιωθέντες νῦν ἐν τῷ αἵματι αὐτοῦ, σωθησόμεθα δι᾽ αὐτοῦ ἀπὸ τῆς ὀργῆς. Vielmehr also werden wir, jetzt durch sein Blut Dass die Leser die Herrlichkeit Gottes erreichen werden, ist daher gerechtfertigt, durch ihn vom Zorn gerettet sicher, da der Zorn Gottes über ihrem Leben beseitigt ist, und sie vor Gott so dastehen, als ob sie nichts falsch gemacht bzw. gesündigt werden. hätten, da sie durch das Blut Christi gerechtfertigt sind. Mit πολλῷ οὗν μᾶλλον („vielmehr also“) zeigt, dass es noch mehr an Sicherheiten für die Liebe Gottes gibt. Mit δικαιωθέντες („gerechtfertigt“) kommt eine kausale Beziehung zum Ausdruck, d.h. Mit δὲ („aber“) verdeutlicht Paulus nun den Gegensatz, dass kaum jemand für einen anderen sterben würde, unter Umständen für eine gute Person, indem er dem gegenüberstellt, dass Gott uns so liebte, dass er Christus für uns, seine Feinde, d.h. Sünder, sterben ließ, also für Personen, die weder gerecht noch gut sind. Dies dient als weiterer Beweis der Liebe Gottes. 38 Der Römerbrief weil Gott uns rechtfertigte, werden Christen keinen Zorn Gottes mehr erleben. Da Christen in ihrem Leben oft nicht gerettet werden, wie Märtyrer belegen, bezieht sich die Rettung auf das Leben nach dem Tod. 5.10 Εἰ γὰρ ἐχθροὶ ὄντες κατηλλάγημεν τῷ θεῷ διὰ τοῦ θανάτου τοῦ υἱοῦ αὐτοῦ, πολλῷ μᾶλλον καταλλαγέντες σωθησόμεθα ἐν τῇ ζωῇ αὐτοῦ· Wenn wir nämlich, Feinde seiend, mit Gott durch den Tod seines Sohnes versöhnt wurden, werden wir vielmehr, versöhnt geworden, durch sein Leben gerettet werden. Paulus wiederholt, mit γὰρ („nämlich“) eingeleitet, wie die Rettung zustande kommt. Diese ist durch den Tod Christi zustande gekommen, wodurch er seine Feinde mit sich versöhnen konnte. Das wird noch deutlicher, da er Christus zum Leben erweckte. 5.11 οὐ μόνον δέ, ἀλλὰ καὶ καυχώμενοι ἐν τῷ θεῷ διὰ τοῦ κυρίου ἡμῶν Ἰησοῦ χριστοῦ, δι᾽ οὗ νῦν τὴν καταλλαγὴν ἐλάβομεν. Nicht aber nur (das), sondern (wir sind) auch mit Gott rühmend durch unseren Herrn Jesus Christus, durch den wir jetzt die Versöhnung bekamen. Paulus erweitert das Gesagte um einen weiteren Punkt, mit dem Christen sich neben den Trübsalen rühmen können, indem er Christus nennt, der die Versöhnung mit Gott bewirkte und mit dem sich Christen rühmen können. Das Partizip καυχώμενοι („rühmend“) beschreibt einen anhaltenden Vorgang des Rühmens mit Gott als Gegenstand im Leben eines Christen. Die Präposition ἐν („mit“) leitet den Inhalt des Rühmens ein. 5.12 Διὰ τοῦτο, ὥσπερ δι᾽ ἑνὸς ἀνθρώπου ἡ ἁμαρτία εἰς τὸν κόσμον εἰσῆλθεν, καὶ διὰ τῆς ἁμαρτίας ὁ θάνατος, καὶ οὕτως εἰς πάντας ἀνθρώπους ὁ θάνατος διῆλθεν, ἐφ᾽ ᾧ πάντες ἥμαρτον Deshalb, wie durch einen Menschen die Sünde in die Welt hineinkam und durch die Sünde der Tod, und auf diese Weise der Tod zu allen Menschen durchdrang, woraufhin alle sündigten. Ab hier bis Vers 21 beschreibt Paulus die Freiheit vom Tod. Mit διά τοῦτο („deshalb“) zieht Paulus aus den vorigen Versen, dass aus den genannten Gründen Versöhnung stattfinden kann, die Folgerung, dass Christus somit die Sünde Adams und deren Folgen umkehrte und Leben brachte. Dabei personifiziert Paulus Sünde und Tod. Der mit ὥσπερ („wie“) eingeleitete Vergleich wird in diesem Satz noch nicht zu Ende geführt. Mit ἐφ᾽ ᾧ („woraufhin“) nimmt Paulus auf die Sünde Adams bezug, woran sich anfügt, dass auch alle seine Nachkommen sündigten und so sterben mussten. Mit οὕτως („so, auf diese Weise“) beantwortet der Apostel, wie es dazu kam, dass 39 Der Römerbrief alle Menschen sterben müssen, nämlich indem alle seit Adam Sünder sind und als solche sterben müssen. 5.13 ἄχρι γὰρ νόμου ἁμαρτία ἦν ἐν κόσμῳ· ἁμαρτία δὲ οὐκ ἐλλογεῖται, μὴ ὄντος νόμου. Bis zu (dem) Gesetz war nämlich Sünde in (der) Welt. Sünde wird aber nicht angerechnet, kein Gesetz da(seiend), Mit γὰρ („nämlich“) führt der Apostel weitere Argumente an, um die Rolle des Gesetzes zu erklären. Von Adam bis zum Gesetz Moses war die Sünde auch schon da, nur wurde sie erst mit dem Gesetz als solche verurteilt. 5.14 Ἀλλ᾽ ἐβασίλευσεν ὁ θάνατος ἀπὸ Ἀδὰμ μέχρι Μωϋσέως καὶ ἐπὶ τοὺς μὴ ἁμαρτήσαντας ἐπὶ τῷ ὁμοιώματι τῆς παραβάσεως Ἀδάμ, ὅς ἐστιν τύπος τοῦ μέλλοντος. doch es regierte der Tod seit Adam bis Moses auch über die, die nicht sündigten in Gleichheit der Übertretung Adams, der ein Abbild des Kommenden ist. Paulus stellt klar, dass dennoch der Tod, der hier als König personifiziert wird, die Menschheit beherrschte, auch wenn diese kein bestimmtes Gebot übertraten, dennoch waren sie von den Folgen der Sünde Adams betroffen uns selbst Sünder, wie es der Tod beweist. Mit ἐπὶ τῷ ὁμοιώματι τῆς παραβάσεως Ἀδάμ („in Gleichheit der Übertretung Adams“) beschreibt die Sünde Adams als Übertretung eines bestimmten göttlichen Gebots. Dies war für seine Nachkommen bis Mose dann nicht mehr der Fall, da es da kein Gesetz gab. Adam war als Stellvertreter der Menschen, denen er den Tod brachte, ein Gegenbild zu Christus, der als Stellvertreter der Menschen, das Leben brachte. Zur Zeit Adams war Christus noch der Kommende. 5.15 Ἀλλ᾽ οὐχ ὡς τὸ παράπτωμα, οὕτως καὶ τὸ χάρισμα. Εἰ γὰρ τῷ τοῦ ἑνὸς παραπτώματι οἱ πολλοὶ ἀπέθανον, πολλῷ μᾶλλον ἡ χάρις τοῦ θεοῦ καὶ ἡ δωρεὰ ἐν χάριτι τῇ τοῦ ἑνὸς ἀνθρώπου Ἰησοῦ χριστοῦ εἰς τοὺς πολλοὺς ἐπερίσσευσεν. Doch nicht wie das Übertreten (ist), so (ist) auch die Gnadengabe. Auch wenn ja durch das Übertreten des Einen die Vielen starben, strömte viel mehr die Gnade Gottes und das Geschenk in Gnade des einen Menschen, Jesus Christus, zu den Vielen. Paulus stellt nun klar, dass der Vergleich zwischen Adam und Christus Unterschiede aufweist. Mit τὸ χάρισμα („die Gnadengabe“) bezieht er sich auf das Werk Christi, durch das die Gnade möglich wurde. Εἰ („wenn“) leitet eine Tatsache ein. Mit πολλῷ μᾶλλον („viel mehr“) beschreibt, dass durch das Werk Christi viel mehr gewonnen wurde, als durch Adam zerstört war. Die Phrase εἰς τοὺς πολλοὺς („zu den Vielen“) nimmt Bezug auf die vielen Menschen, die durch die Gnade Gottes gerettet werden können, dies entspricht allen 40 Der Römerbrief Menschen (Vers 12), da der Tod zu allen durchdrang, d.h. alle Menschen sind viele Menschen. 5.16 Καὶ οὐχ ὡς δι᾽ ἑνὸς ἁμαρτήσαντος, τὸ δώρημα· τὸ μὲν γὰρ κρίμα ἐξ ἑνὸς εἰς κατάκριμα, τὸ δὲ χάρισμα ἐκ πολλῶν παραπτωμάτων εἰς δικαίωμα. Und nicht wie durch (den) Einen, der sündigte, (ist) die Gabe. Denn das Urteil zwar (führte) von (der) einen zur Verurteilung, die Gnadengabe aber (führte) von vielen Übertretungen zur Rechtfertigung. Paulus erweitert die Gegenüberstellung des Kontrastes. Mit ἐξ ἑνὸς („von (der) einen“) bezieht sich wohl eher auf die eine Übertretung Adams im Gegensatz zu den vielen Übertretungen, die später erwähnt werden. Das Opfer Christi führt also dazu, dass alle Sünden vergeben werden können. Es überwiegt also die eine Sünde Adams, die schon zur Verdammnis aller führte. 5.17 Εἰ γὰρ τῷ τοῦ ἑνὸς παραπτώματι ὁ θάνατος ἐβασίλευσεν διὰ τοῦ ἑνός, πολλῷ μᾶλλον οἱ τὴν περισσείαν τῆς χάριτος καὶ τῆς δωρεᾶς τῆς δικαιοσύνης λαμβάνοντες ἐν ζωῇ βασιλεύσουσιν διὰ τοῦ ἑνὸς Ἰησοῦ χριστοῦ. Denn wenn der Tod durch die Übertretung des Einen regierte, werden vielmehr die, die Fülle der Gnade und die des Geschenks der Gerechtigkeit bekamen, im Leben regieren durch den Einen, Jesus Christus. Paulus erweitert die Unterschiede, indem er mittels πολλῷ μᾶλλον („viel mehr“) das beschreibt, was durch Christus mehr gekommen ist, als durch Adam verloren ging. Der Genitiv τῆς δικαιοσύνης („der Gerechtigkeit“) ist epexegetisch, d.h. beschreibt, worin das Geschenk besteht, nämlich darin, dass Gott Christen rechtfertigt. Wie der Tod durch Adam die Menschen beherrschte, wird durch die Tat Christi ein Leben möglich sein, dass frei davon ist, sodass das Leben regieren wird, für die, die es annehmen. 5.18 Ἄρα οὖν ὡς δι᾽ ἑνὸς παραπτώματος εἰς πάντας ἀνθρώπους εἰς κατάκριμα, οὕτως καὶ δι᾽ ἑνὸς δικαιώματος εἰς πάντας ἀνθρώπους εἰς δικαίωσιν ζωῆς. Wie es daher also durch (des) Einen Übertretung für alle Menschen zur Verurteilung (kam), so (kam es) auch durch die gerechte Tat (des) Einen für alle Menschen zur Rechtfertigung (des) Lebens. Paulus resümiert die bisherigen Aussagen mittels ἄρα οὗν („daher also“). Mittels δι᾽ ἑνὸς („durch des einen“) kann Paulus Adam und Christus als Einzelpersonen gegenüberstellen, sodass das erste Vorkommen kaum auf die einzelne Sünde Adams bezogen werden kann. Der Ausdruck εἰς πάντας ἀνθρώπους εἰς δικαίωσιν ζωῆς („für alle Menschen zur Rechtfertigung (des) Lebens“) beschreibt das Ergebnis des Werkes Christi, das die Möglichkeit für alle Menschen bietet, vor Gott gerechtfertigt zu sein und ewiges Leben zu haben. 41 Der Römerbrief 5.19 Ὥσπερ γὰρ διὰ τῆς παρακοῆς τοῦ ἑνὸς ἀνθρώπου ἁμαρτωλοὶ κατεστάθησαν οἱ πολλοί, οὕτως καὶ διὰ τῆς ὑπακοῆς τοῦ ἑνὸς δίκαιοι κατασταθήσονται οἱ πολλοί. Denn wie durch den Ungehorsam des einen Menschen die Vielen zu Sündern gemacht wurden, so werden auch durch den Gehorsam des Einen die Vielen zu Gerechten gemacht werden. Paulus stellt dem Ungehorsam Adams und der Folge davon, den Gehorsam Christi und die Folge davon gegenüber. Das Futur κατασταθήσονται („sie werden gemacht werden“) bezieht sich auf die Zukunft nach dem Werk Christi. Ab diesem war es möglich, dass alle Menschen gerechtfertigt werden können, indem sie glauben. Dem Prädikat καθίστημι („versetzen, machen zu) liegt das Muster „A macht B zu C“ bzw. „A versetzt B in die Stellung eines C“ zugrunde. Vgl. Homerus, Odyssea 13.257, der berichtet, dass der Akteur darum bittet, mit einem Schiff an das gewünschte Ziel gebracht zu werden: „τούς μ’ ἐκέλευσα Πύλονδε καταστῆσαι καὶ φέσσαι“. „Ich bat diese, mich nach Pylos mitzunehmen und dort auszusetzen“. In einer Fabel Aesops wird beim Resümee auch das selbe Prädikat gebraucht (145.1,13): „ὁ λόγος δηλοῖ, ὅτι οἱ ῥᾳδίως τοῖς ἐχθροῖς πιστεύοντες, ὅταν τῶν ἰδίων πλεονεκτημάτων ἑαυτοὺς ἀπογυμνώσωσιν, εὐάλωτοι τούτοις γίνονται, οἷς πρότερον φοβεροὶ καθεστήκεσαν”. “Die Geschichte macht deutlich, dass diejenigen, die schnell einem Feind vertrauen (wenn sie sich selbst ihrer eigenen Vorzüge entkleiden) denen eine leichte Beute werden, die sie vorher in Angst versetzten“. Im Deutschen ist ein semantisch schwaches Wort wie „machen“ in der Lage, die Formel „A bewirkt B, dass er C wird“ auszudrücken. 5.20 Νόμος δὲ παρεισῆλθεν, ἵνα πλεονάσῃ τὸ παράπτωμα· οὗ δὲ ἐπλεόνασεν ἡ ἁμαρτία, ὑπερεπερίσσευσεν ἡ χάρις· Ein Gesetz nun kam neben herein, damit das Übertreten zunähme. Wo nun die Sünde zunahm, überströmte die Gnade, In allgemeiner Form („ein Gesetz“) bezieht sich Paulus auf die Einführung und den Sinn des mosaischen Gesetzes, das zwischen der Übertretung Adams und dem Werk Christi eingeführt wurde, damit die Übertretung deutlich zutage träte und die Sünde als solche erkennbar machte und das Übertreten in seiner Erkennbarkeit zunehme, sodass dann die Gnade Christi noch mehr auf die Menschen im Überfluss kommen könnte. 42 Der Römerbrief 5.21 ἵνα ὥσπερ ἐβασίλευσεν ἡ ἁμαρτία ἐν τῷ θανάτῳ, οὕτως καὶ ἡ χάρις βασιλεύσῃ διὰ δικαιοσύνης εἰς ζωὴν αἰώνιον, διὰ Ἰησοῦ χριστοῦ τοῦ κυρίου ἡμῶν. damit, wie die Sünde regierte im Tod, so auch die Gnade regiere durch Gerechtigkeit zu ewigem Leben durch Jesus Christus, unseren Herrn. Mittels ἵνα („damit“) wird der Zweck eingeleitet, den die überströmende Gnade hat, nämlich im Gegensatz zur Sünde und dem nachfolgenden Tod, Leben und Gerechtigkeit einzuführen, wie dies durch die Person Christi möglich ist. Mit der Phrase ἐν τῷ θανάτῳ („im Tod“) zeigt Paulus, dass die Sünde im Bereich des Todes regiert. 6.1 Τί οὖν ἐροῦμεν; Ἐπιμένομεν τῇ ἁμαρτίᾳ, ἵνα ἡ χάρις πλεονάσῃ; Was sollen wir nun sagen? Verharren wir (in) der Sünde, damit die Gnade zunehme? Ab hier bis 7.25 behandelt Paulus das folgende Thema der Heiligung, die eine Folge ist, wenn jemand die Rechtfertigung erfahren hat. Dies leitet er mit einer rhetorischen Frage ein, die impliziert, dass das bisher Gesagte gerade nicht dazu führt, dass die Gläubigen nun weiter in der Sünde leben bzw. darin verharren wollen, sodass Gott noch mehr Gnade zeigen könnte, wenn er diese wieder vergibt. 6.2 Μὴ γένοιτο. Οἵτινες ἀπεθάνομεν τῇ ἁμαρτίᾳ, πῶς ἔτι ζήσομεν ἐν αὐτῇ; Das kann nicht sein! Die wir der Sünde starben, wie sollten wir noch in ihr leben? Diese Annahme ist absurd, wie Paulus gleich deutlich macht, da Christen für und wegen der Sünde mit Christus im Hinblick auf diese mitgestorben sind und somit nicht mehr in ihr leben wollen. 6.3 Ἢ ἀγνοεῖτε ὅτι ὅσοι ἐβαπτίσθημεν εἰς χριστὸν Ἰησοῦν, εἰς τὸν θάνατον αὐτοῦ ἐβαπτίσθημεν; Oder seid ihr unwissend, dass wie viele in Christus Jesus getauft wurden, in seinen Tod getauft wurden? Paulus wendet sich an die Leser und erinnert sie an die Taufe im Heiligen Geist bzw. die darauffolgende Taufe mit Wasser, die jeweils besagt, dass die Getauften sich mit dem Tod Christi wegen der Sünde einsmachen. 6.4 Συνετάφημεν οὖν αὐτῷ διὰ τοῦ βαπτίσματος εἰς τὸν θάνατον· ἵνα ὥσπερ ἠγέρθη χριστὸς ἐκ νεκρῶν διὰ τῆς δόξης τοῦ πατρός, ὥσπερ καὶ ἡμεῖς ἐν καινότητι ζωῆς περιπατήσωμεν. Wir wurden also mit ihm begraben durch die Taufe in den Tod, damit, wie Christus auferweckt wurde von (den) Toten durch die Herrlichkeit des Vaters, so wollen auch wir in Neuheit (des) Lebens wandeln. Mit οὗν („also“) zieht der Apostel den Schluss, dass Christen, die in den Tod Christi getauft wurden, folglich auch mit ihm begraben wurden, damit sie, wie Christus auferstand, auch sie zum neuen Leben, getrennt von Sünde durchdringen. Das Begräbnis ist der Hinweis, dass der Tod eingetreten ist und leitet die Auferstehung aus dem Grab thematisch ein. Der Zweck der Taufe ist, ein neues Leben führen zu können, dies wird mit ἵνα („damit“) eingeleitet. Der Tod und die Auferstehung Christi werden dadurch dem Gläubigen 43 Der Römerbrief zugeeignet und mit der Taufe in Wasser nach außen zum Ausdruck gebracht, das mit dem Zweck der Sünde für tot zu gelten und ein neues Leben unter der Herrschaft Christi zu führen. Die ὥσπερὥσπερ Verbindung drückt einen Vergleich zwischen der Auferweckung Christi und dem neuen Leben der Christen aus Mit dem Konjunktiv περιπατήσωμεν („wir wollen/sollen wandeln“) kommt ein modales Verhältnis zum Ausdruck, wohl eine Verpflichtung. 6.5 Εἰ γὰρ σύμφυτοι γεγόναμεν τῷ ὁμοιώματι τοῦ θανάτου αὐτοῦ, ἀλλὰ καὶ τῆς ἀναστάσεως ἐσόμεθα· Wenn wir nämlich zusammengewachsen sind mit der Gleichheit seines Todes, werden wir es doch auch mit der der Auferstehung sein, Mit γάρ („ja, nämlich“) leitet einen Beleg bzw. eine Begründung ein, dass Christen nicht nur mit dem Tod, sondern auch mit der Auferstehung Christi einsgemacht sind, wie es Paulus im Vers davor deutlich machte. Εἰ („wenn“) beschreibt die Bedingung als gegeben, sodass es in Richtung „da, weil“ tendiert. Das neue Leben ist eine Konsequenz, dass Christen sowohl mit dem Tod als auch der Auferstehung Christi verbunden sind, was Paulus mit σύμφυτοι („zusammengewachsen, zusammengepflanzt, eingepflanzt, vereinigt“) deutlich macht, das u.a. beim Zusammenwachsen von Wunden gebraucht wird. Vgl. auch Lysias, In Theomnestum 29.1: „οὕτω σύμφυτος αὐτοῖς ἡ δειλία“. „So eingepflanzt ist bei ihnen die Feigheit“. Womit die Christen vereinigt bzw. zusammengewachsen sind, wird mit dem Dativ τῷ ὁμοιώματι τοῦ θανάτου αὑτοῦ („mit der Gleichheit seines Todes“) angegeben, d.h. Christen haben Anteil am Tod Christi und sind damit verbunden. Da dies anerkanntes Faktum ist, kann Paulus darauf schließen, dass dies auch für seine Auferstehung gilt. Die Konjunktion ἀλλὰ und καί („doch auch“) dient der Sicherheit der Aussage und Folgerung aufgrund der Sicherheit der vorigen. Vor dem Genitiv τῆς ἀναστάσεως („der Auferstehung“) ist τῷ ὁμοιώματι („der Gleichheit“) elidiert, aber mit „der“ in der Übersetzung angedeutet. Das Futur ἐσόμεθα („wir werden sein“) 44 Der Römerbrief dient der Sicherheit der Aussage, d.h. wenn A gilt, wird auch B gelten. 6.6 τοῦτο γινώσκοντες, ὅτι ὁ παλαιὸς ἡμῶν ἄνθρωπος συνεσταυρώθη, ἵνα καταργηθῇ τὸ σῶμα τῆς ἁμαρτίας, τοῦ μηκέτι δουλεύειν ἡμᾶς τῇ ἁμαρτίᾳ· dies wissend, dass unser alter Mensch mitgekreuzigt wurde, damit der Leib der Sünde abgeschafft werden würde, sodass wir nicht mehr der Sünde dienen. Paulus verstärkt das Gesagte mittels einer Betonung, dass die folgende Wahrheit bekannt ist bzw. die Leser dies bereits wissen. Der Ausdruck ὁ παλαιὸς ἡμῶν ἄνθρωπος („unser alter Mensch“) betont „alter“ und bezieht sich auf den Menschen, vor der Bekehrung, der von Sünde geprägt war und daher dem Tod verfallen war, den Christus erlitt und mit dem Christen verbunden bzw. mitgekreuzigt sind. Mit ἵνα („damit“) wird der Zweck des Mitgekreuzigt-Seins erklärt. Dadurch wurde der alte Mensch bzw. der Leib, der von der Sünde geprägt war, abgeschafft. Darauf folgt das Ziel davon, nämlich die Befreiung davon, der Sünde weiter dienen zu müssen. Mit μηκέτι („nicht mehr“) betont der Apostel, dass dies die Fortsetzung des Lebens in der Sünde ausschließt. Dem alten Menschen entspricht der Leib der Sünde, wobei dies stärker darauf abstellt, dass die Sünde im menschlichen Körper ihren Sitz hat. 6.7 ὁ γὰρ ἀποθανὼν δεδικαίωται ἀπὸ τῆς ἁμαρτίας. Wer nämlich gestorben ist, ist von der Sünde freigesprochen worden. Paulus erweitert den Gedanken vom Vers davor, indem er erklärt, dass Christen der Sünde nicht mehr dienen, da sie davon befreit und losgekommen bzw. freigesprochen wurden, so wie ein Toter, der gestorben ist, nicht mehr für Vergehen belangt werden kann, und freigesprochen werden muss. Vgl. Sirach, 26.29 „μόλις ἐξελεῖται ἔμπορος ἀπὸ πλημμελείας καὶ οὐ δικαιωθήσεται κάπηλος ἀπὸ ἁμαρτίας“. „Nur schwerlich bleibt ein Kaufmann frei von Schuld, noch kann ein Händler von Sünde freigesprochen werden“. 45 Der Römerbrief 6.8 Εἰ δὲ ἀπεθάνομεν σὺν χριστῷ, πιστεύομεν ὅτι καὶ συζήσομεν αὐτῷ· Wenn wir nun mit Christus starben, glauben wir, dass wir auch mit ihm leben werden, Die Subjunktion εἰ („wenn“) leitet eine wahre Aussage ein, die gegeben ist. Mit δὲ („nun“) erweitert Paulus den Gedanken vom Vers davor, d.h. dass Christen freigesprochen werden, da sie gestorben sind, womit Paulus das Mitgekreuzigt-Sein mit Christus meint. Davon ausgehend folgert Paulus wieder, dass wir auch mit ihm leben werden. Christen leben in diesem Leben und ihm kommenden mit Christus. 6.9 εἰδότες ὅτι χριστὸς ἐγερθεὶς ἐκ νεκρῶν οὐκέτι ἀποθνῄσκει· θάνατος αὐτοῦ οὐκέτι κυριεύει. wissend, dass Christus, aus (den) Toten auferweckt worden, nicht mehr stirbt. (Der) Tod beherrscht ihn nicht mehr. Paulus begründet seine Aussage, dass wir mit Christus leben, mit dem, was er und die Leser wissen, nämlich, dass Christus nicht mehr sterben wird, nachdem er auferweckt wurde und so der Tod keine Macht mehr über ihn ausüben kann. Man kann ja nicht mit einem Toten zusammen leben. Der letzte Satz ist eine Wiederholung des vorigen, nur in anderen Worten. 6.10 Ὃ γὰρ ἀπέθανεν, τῇ ἁμαρτίᾳ ἀπέθανεν ἐφάπαξ· ὃ δὲ ζῇ, ζῇ τῷ θεῷ. Was er nämlich starb, starb er für die Sünde ein für alle Mal. Was er nun lebt, lebt er für Gott. Ὃ („was“) kann adverbial aufgefasst werden, d.h. indem/als er starb, tat er dies, um die Sünde abzuschaffen. Mit γὰρ („nämlich“) erklärt Paulus, warum Christus starb, nämlich um die Sünde ein für alle Mal zu besiegen. Mit ἐφάπαξ („ein für alle Mal“) zeigt der Autor an, dass der Tod Christi einmal stattfand und nie wieder zu wiederholen sei. Nach seiner Auferstehung lebt er für Gott. 6.11 Οὕτως καὶ ὑμεῖς λογίζεσθε ἑαυτοὺς νεκροὺς μὲν εἶναι τῇ ἁμαρτίᾳ, ζῶντας δὲ τῷ θεῷ ἐν χριστῷ Ἰησοῦ τῷ κυρίῳ ἡμῶν. So auch ihr: Haltet euch selbst zwar (dafür), dass ihr für die Sünde tot seid, für Gott aber lebendig (seid) in Christus Jesus, unserem Herrn! Paulus wendet nun den Tod und die Auferstehung Christi auf die Leser an, die sich nun für tot der Sünde gegenüber und lebendig für Gott halten sollen. Mit οὕτως („so“) kommt Paulus vom Werk Christi auf die Anwendung durch seine Leser. Mit λογίζομαι („haltet euch (dafür)“) fordert Paulus auf, wie sich die Leser selbst betrachten sollen, nämlich der Sünde gegenüber für tot, Gott gegenüber aber für lebendig. Dies geschieht in der Verbindung mit Christus. 46 Der Römerbrief 6.12 Μὴ οὖν βασιλευέτω ἡ ἁμαρτία ἐν τῷ θνητῷ ὑμῶν σώματι, εἰς τὸ ὑπακούειν αὐτῇ ἐν ταῖς ἐπιθυμίαις αὐτοῦ· Es soll also die Sünde nicht in eurem sterblichen Leib regieren, sodass er ihr in seinen Begierden gehorche. Von diesem Vers bis zu Vers 23 beschreibt Paulus, dass die Befreiung dazu führt, dass Christen Gott dienen können. Mit οὗν („also“) zieht Paulus eine Schussfolgerung daraus, dass Christen der Sünde gestorben sind und Gott dienen sollen. In diesem Vers gebraucht Paulus βασιλευέτω („es soll regieren“), in Vers 14 ein vergleichbares Wort κυριεύσει („es wird herrschen“). Das erste Verb ist mit dem Gehorsam des Körpers verbunden, den die Sünde von ihm fordert. Das zweite Verb meint eher, dass die Sünde nicht mehr die Herrschaft innehat, sondern die Leser vom Gesetz befreit sind, da sie unter der Gnade leben. Beide Begriffe sagen jedoch aus, dass die Sünde keine Autorität mehr hat, wenn die Leser an Christus glauben, und sie so deren Herrschaftsbereich verlassen haben, sodass die Gemeinsamkeiten wohl eher mehr als die Unterschiede sind. Mit αὐτῇ („ihr“) referenziert Paulus die Sünde, der der Leib und seine Begierden nicht mehr gehorcht werden soll. 6.13 μηδὲ παριστάνετε τὰ μέλη ὑμῶν ὅπλα ἀδικίας τῇ ἁμαρτίᾳ· ἀλλὰ παραστήσατε ἑαυτοὺς τῷ θεῷ ὡς ἐκ νεκρῶν ζῶντας, καὶ τὰ μέλη ὑμῶν ὅπλα δικαιοσύνης τῷ θεῷ. Noch stellt eure Glieder als Werkzeuge (der) Ungerechtigkeit für die Sünde bereit, sondern stellt euch für Gott als Lebende aus (den) Toten bereit, und eure Glieder als Werkzeuge (der) Gerechtigkeit für Gott! Paulus erweitert die Aufforderung um einen weiteren Punkt, der den Vers davor anders formuliert bzw. wie dies konkret aussehen kann. Dabei kommt er vom ganzen Leib auf dessen einzelne Glieder. Mit ὅπλα („Werkzeuge, Instrumente, Waffen“) kommt zum Ausdruck, dass die Glieder des Leibes, z.B. die Hand, ausführende Organe einer höheren Sache sind, entweder, um Unrecht oder Sünde zu tun, oder um Gott zu dienen, wozu Paulus auch aufruft. Paulus spricht die Leser als Personen an, die von den Menschen, die tot in Sünden sind, zum Glauben fanden und somit lebendig wurden, sodass sie Gott dienen können. 47 Der Römerbrief 6.14 Ἁμαρτία γὰρ ὑμῶν οὐ κυριεύσει· οὐ γάρ ἐστε ὑπὸ νόμον, ἀλλ᾽ ὑπὸ χάριν. Denn Sünde wird euch nicht beherrschen. Ihr seid ja nicht unter Gesetz, sondern unter Gnade. Mit γάρ („denn“) begründet Paulus den Aufruf aus den vorigen Versen, nämlich Gott zu dienen und nicht der Sünde. Dies begründet Paulus damit, dass die Leser unter Gnade und nicht unter Gesetz sind. Erst die Gnade ermöglichte die Freiheit von der Sünde, das Gesetz war dazu nicht in der Lage. 6.15 Τί οὖν; Ἁμαρτήσομεν, ὅτι οὐκ ἐσμὲν ὑπὸ νόμον, ἀλλ᾽ ὑπὸ χάριν; Μὴ γένοιτο. Was nun? Sollen wir sündigen, weil wir nicht unter Gesetz sind, sondern unter Gnade? Das kann nicht sein! Von hier bis 7.6 bespricht Paulus die Frage, ob man sündigen könne, weil man ja unter Gnade ist, wo diese vergeben werden kann. Τί οὖν („was nun“ bzw. „bedeutet das also“) ist eine falsche und nun angenommene Folgerung aus dem Bisherigen. 6.16 Οὐκ οἴδατε ὅτι ᾧ παριστάνετε ἑαυτοὺς δούλους εἰς ὑπακοήν, δοῦλοί ἐστε ᾧ ὑπακούετε, ἤτοι ἁμαρτίας εἰς θάνατον, ἢ ὑπακοῆς εἰς δικαιοσύνην; Wisst ihr nicht, dass ihr (für) den, dem ihr euch selbst als Sklaven zum Gehorsam bereitstellt, Sklaven seid, dem ihr gehorcht, entweder der (der) Sünde zum Tod oder der (des) Gehorsams zur Gerechtigkeit? Paulus appelliert mit einer rhetorischen Frage an das Wissen der Leser, das ihnen klarmachen müsste, dass man der Sklave ist, wem man gehorcht. Gehorcht man weiter der Sünde, ist man deren Sklave. Dies führt εἰς θάνατον („zum Tod“), d.h. wenn jemand der Sünde dient, wird er den ewigen Tod erleiden bzw. in der Sünde sterben. Die allgemeine Aussage konkretisiert Paulus dann, indem er das Prinzip auf den Dienst für die Sünde oder für die Gerechtigkeit anwendet. 6.17 Χάρις δὲ τῷ θεῷ, ὅτι ἦτε δοῦλοι τῆς ἁμαρτίας, ὑπηκούσατε δὲ ἐκ καρδίας εἰς ὃν παρεδόθητε τύπον διδαχῆς· Gott nun (sei) Dank, dass ihr Sklaven der Sünde wart, aber von Herzen gehorchtet, wozu ihr übergeben wurdet, (dem) Ausdruck an Lehre. Die Diskurs-Relation zwischen dem ersten und dem zweiten Satz ist konzessiv: Obwohl die Leser einst Sklaven waren, wurden sie einem neuen Herrn gehorsam, nämlich der Lehre Christi. Mit τύπος („Typ, Muster, Form, Standard, Ausdruck, Abbild“) bzw. τύπον διδαχῆς („Muster an Lehre“) kommt zum Ausdruck, dass die Leser dem Evangelium als neuem Muster bzw. Standard an Lehre gehorchten, nicht mehr der Sünde. Der Relativsatz εἰς ὃν παρεδόθητε („wozu ihr übergeben wurdet“) stellt darauf ab, dass sie einem neuen Herrn unterstellt und ihm übergeben wurden, dies fand unter dem Einfluss der christlichen Predigt statt, indem sie sich Christus bzw. seiner 48 Der Römerbrief Lehre unterwarfen. Vgl. Didache 4.11 „ὑμεῖς δὲ οἱ δοῦλοι ὑποταγήσεσθε τοῖς κυρίοις ὑμῶν ὡς τύπῳ θεοῦ ἐν αἰσχύνῃ καὶ φόβῳ“. „Ihr Sklaven nun unterwerft euch euren Herrn als Typus Gottes in Beschämung und Furcht“. Mit τύπον διδαχῆς („Ausdruck an Lehre“) deutet Paulus an, dass das, was Gott die Leser lehren will, sich in den Lehren Christi widerspiegelt bzw. ausdrückt und zeigt. Der Wille Gottes, dem die Leser nun dienen, drückt sich demnach in der Lehre aus, die die Leser übernommen haben. 6.18 ἐλευθερωθέντες δὲ ἀπὸ τῆς ἁμαρτίας, ἐδουλώθητε τῇ δικαιοσύνῃ. Von der Sünde nun befreit, wurdet ihr der Gerechtigkeit dienstbar. Paulus nennt einen weiteren Punkt und bleibt weiterhin bei der Metapher des Sklaverei, indem er mittels einer Passivform durch ἐλευθερωθέντες („befreit“), die Gott als Akteur nicht nennt, dass Christen von der Sünde befreit nun Diener der Gerechtigkeit werden konnten. Auch ἐδουλώθητε („ihr wurdet dienstbar“) ist eine Form im Passiv, die den Akteur, sicher Gott, nicht nennt. 6.19 Ἀνθρώπινον λέγω διὰ τὴν ἀσθένειαν τῆς σαρκὸς ὑμῶν· ὥσπερ γὰρ παρεστήσατε τὰ μέλη ὑμῶν δοῦλα τῇ ἀκαθαρσίᾳ καὶ τῇ ἀνομίᾳ εἰς τὴν ἀνομίαν, οὕτως νῦν παραστήσατε τὰ μέλη ὑμῶν δοῦλα τῇ δικαιοσύνῃ εἰς ἁγιασμόν. Ich rede (nach) menschlicher (Weise) wegen der Schwachheit eures Fleisches. Wie ihr ja eure Glieder für die Unreinheit dienstbar bereitstelltet und für die Gesetzlosigkeit zu Gesetzlosigkeit, so stellt nun eure Glieder als für die Gerechtigkeit dienstbar zu Heiligung bereit! Paulus macht nun klar, dass er die Analogie mit der Sklaverei daher benutzt, um der schwachen Auffassungsgabe bei diesen Zusammenhängen Rechnung zu tragen. Er drückt sich in dieser menschlichen Weise aus, da das Fleisch der Leser schwach ist, die geistlichen Zusammenhänge sonst verstehen zu können. Dies ist also ein Metakommentar, der deutlich machen soll, warum Paulus sich so ausdrückt. Der zweite Satz dieses Verses leitet zu einer Aufforderung mittels des Imperativs παραστήσατε („stellt bereit“) über. Dabei benutzt Paulus einen Vergleich zum alten Leben der Leser: So wie sie vor ihrer Bekehrung unreine Dinge taten und gegen die Vorschriften Gottes lebten, so soll es nun nach ihrer Bekehrung so sein, dass sie ihre Glieder benutzen, um gerecht zu leben, das das Ziel hat, heilig zu sein. D.h. indem die Leser gerecht leben, verfolgen sie das göttliche Ziel, für Gott abgesondert und heilig zu sein. Der 49 Der Römerbrief Ausgang des Vergleichs wird mit ὥσπερ („wie“) eingeleitet. Dabei ist das zweifache Vorkommen vom Neutrum im Plural δοῦλα („versklavt, dienstbar“) ein Adjektiv (und kein Nomen), das mit μέλη („Glieder“) kongruiert, sodass dies nicht mit „Sklave“ übersetzt werden kann. Die Phrase εἰς τὴν ἀνομίαν („zur Gesetzlosigkeit“) zeigt das Ziel an, d.h. durch das Ausüben dessen, was gegen Gottes Gesetz ist, kommt es zu weiteren Gesetzlosigkeiten. 6.20 Ὅτε γὰρ δοῦλοι ἦτε τῆς ἁμαρτίας, ἐλεύθεροι ἦτε τῇ δικαιοσύνῃ. Denn als ihr Diener der Sünde wart, wart ihr Freie hinsichtlich der Gerechtigkeit. Von diesem bis zu Vers 22 fügt Paulus weitere Gründe für den Appell in Vers 19 zur Bereitstellung der Glieder zur Gerechtigkeit an. Dies leitet er mit γὰρ („denn“) ein, um zunächst einen Kontrast aufzuzeigen, das Leben in Sünde, das in Vers 22 dem Dienst für Gott gegenübersteht. Der Dativ τῇ δικαιοσύνῃ („hinsichtlich der Gerechtigkeit“) zeigt den Bezug an, in welcher Hinsicht die Leser als Diener der Sünde befreit waren, nämlich von der Gerechtigkeit, d.h. sie dienten der Sünde und nicht der Gerechtigkeit. 6.21 Τίνα οὖν καρπὸν εἴχετε τότε ἐφ᾽ οἷς νῦν ἐπαισχύνεσθε; Τὸ γὰρ τέλος ἐκείνων θάνατος. Welche Frucht wart ihr also damals habend? Worüber ihr euch jetzt schämt! Denn das Ergebnis jener (Dinge ist der) Tod. Mit οὖν („also“) folgert Paulus, dass das Leben in der Ungerechtigkeit Konsequenzen hatte. Paulus stellt dazu eine Frage, die er im zweiten Satz beantwortet. Das Ergebnis des Lebens in der Sünde waren schändliche Dinge, wie die Leser es selbst empfinden. Der letzte Satz begründet die Antwort des zweiten und kontrastiert τότε („damals“) und νῦν („jetzt“). Die Leser schämten sich ihrer Schandtaten, da diese den Tod zur Folge hatten. Mit ἐκείνων („jener“) bezieht sich Paulus auf die schändlichen Dinge, die die Frucht des Lebens in der Sünde waren. 6.22 Νυνὶ δὲ ἐλευθερωθέντες ἀπὸ τῆς ἁμαρτίας, δουλωθέντες δὲ τῷ θεῷ, ἔχετε τὸν καρπὸν ὑμῶν εἰς Jetzt aber, freigemacht von der Sünde, Gott aber dienstbar geworden, habt ihr eure Frucht Nun kommt Paulus auf die zweite Seite des Kontrastes, die er mit δὲ („aber“) kennzeichnet und mit νυνὶ („jetzt“) auf die gegenwärtige Lage als Gläubige bezieht. Wie der Dienst für die Sünde zum ewigen 50 Der Römerbrief ἁγιασμόν, τὸ δὲ τέλος ζωὴν αἰώνιον. zur Heiligkeit. Das Ergebnis aber (ist) ewiges Leben. Tod und zur Schändlichkeit führte, so führt ihr jetziges Leben zum Gegenteil davon, nämlich zur Heiligkeit und nicht zur Verdammnis, sondern zum ewigen Leben. 6.23 Τὰ γὰρ ὀψώνια τῆς ἁμαρτίας θάνατος, τὸ δὲ χάρισμα τοῦ θεοῦ ζωὴ αἰώνιος ἐν χριστῷ Ἰησοῦ τῷ κυρίῳ ἡμῶν. Der Lohn der Sünde (ist) ja (der) Tod, die Gnadengabe Gottes aber ewiges Leben in Christus Jesus, unserem Herrn. In diesem Vers fasst Paulus alles bisher Gesagte noch einmal zusammen. Mit γὰρ („ja“) verdeutlicht Paulus diesen zusammenfassenden Vers als starke zusammenfassende Aussage. Es stehen sich ὀψώνια („Lohn“) und χάρισμα („Gnadengabe“) gegenüber, d.h. die Sünde zahlt sich schlimm aus, dass man den ewigen Tod erleidet. Gott hingegen schenkt ewiges Leben. Dieses Leben ist in Christus zu finden, wie es die Präposition ἐν („in“) zeigt. 7.1 Ἢ ἀγνοεῖτε, ἀδελφοί γινώσκουσιν γὰρ νόμον λαλῶ ὅτι ὁ νόμος κυριεύει τοῦ ἀνθρώπου ἐφ᾽ ὅσον χρόνον ζῇ; Oder seid ihr unwissend, Brüder, - zu denen ein Gesetz Kennenden spreche ich ja, - dass das Gesetz den Menschen beherrscht, über so lange Zeit, (wie) er lebt? Paulus setzt nun seine Verteidigung der Folgen der Rechtfertigung aus Glauben ab nun wieder fort, indem er bis zu Vers 3 den Grundsatz wiederholt und in den Versen 4-6 anwendet, nämlich, dass Christen vom Gesetz frei sind, um Christus zu dienen. Paulus definiert, zu wem er redet, nämlich zu denen, die die Grundsätze von Gesetzen kennen. Diese sind hier allgemein und nicht nur auf das des Mose anwendbar. Ein Gesetz gilt nur solange jemand lebt, ist er tot, ist jedes Gesetz nicht mehr anwendbar. Die Frage ist mit „nein“ zu beantworten, da solche Binsenweisheiten jeder wissen kann. 7.2 Ἡ γὰρ ὕπανδρος γυνὴ τῷ ζῶντι ἀνδρὶ δέδεται νόμῳ· ἐὰν δὲ ἀποθάνῃ ὁ ἀνήρ, κατήργηται ἀπὸ τοῦ νόμου τοῦ ἀνδρός. Die Frau unter einem Mann ist ja an den lebenden Mann durch ein Gesetz gebunden. Wenn aber der Mann stirbt, ist sie vom Gesetz (bezüglich) des Manns gelöst. Den Grundsatz wendet Paulus auf ein konkretes Beispiel an, nämlich das einer Ehe, das er mit γὰρ („ja“) einleitet. Eine Frau ist an den Mann gebunden, solange er lebt. Ist er tot, ist die Verbindung gelöst. Der Ausdruck ἀπὸ τοῦ νόμου τοῦ ἀνδρός („vom Gesetz (bezüglich) des Mannes“) beschreibt das Gesetz, das das Verhältnis zum Mann 51 Der Römerbrief regelt. Vgl. Leviticus 14.57 ὁ νόμος τῆς λέπρας („das Gesetz über den Aussatz“). 7.3 Ἄρα οὖν ζῶντος τοῦ ἀνδρὸς μοιχαλὶς χρηματίσει, ἐὰν γένηται ἀνδρὶ ἑτέρῳ· ἐὰν δὲ ἀποθάνῃ ὁ ἀνήρ, ἐλευθέρα ἐστὶν ἀπὸ τοῦ νόμου, τοῦ μὴ εἶναι αὐτὴν μοιχαλίδα, γενομένην ἀνδρὶ ἑτέρῳ. Sie heißt also nun, solange der Mann lebt, Ehebrecherin, wenn sie eines anderen Mannes wird. Wenn aber der Mann stirbt, ist sie vom Gesetz frei, sodass sie keine Ehebrecherin ist, wenn sie eines anderen Mannes wurde. Paulus verdeutlicht die Angelegenheit, indem er die Konsequenzen des Gesetzesverstoßes zu Lebezeiten des Mannes erwähnt. Nimmt sich die Frau einen anderen Mann, ist sie eine Ehebrecherin. Dies ist nach dem Tod ihres Mannes nicht mehr der Fall, da das Gesetz durch den Tod nicht mehr in Kraft ist, sodass sie das Gesetz nicht übertritt. 7.4 Ὥστε, ἀδελφοί μου, καὶ ὑμεῖς ἐθανατώθητε τῷ νόμῳ διὰ τοῦ σώματος τοῦ χριστοῦ, εἰς τὸ γενέσθαι ὑμᾶς ἑτέρῳ, τῷ ἐκ νεκρῶν ἐγερθέντι, ἵνα καρποφορήσωμεν τῷ θεῷ. Daher, meine Brüder, wurdet auch ihr dem Gesetz getötet durch den Leib Christi, sodass ihr eines anderen wurdet, dem aus Toten Erweckten, damit wir Gott Frucht brächten. Paulus wendet den bekannten Grundsatz nun auf die Frage des Gesetzes und der Gnade an. Christen sind wie die Ehefrau nicht mehr dem Gesetz verpflichtet, so konnten sie, wie die Frau einen neuen Mann haben konnte, vom Gesetz befreit, zu Christus kommen, da durch seinen Tod das mosaische Gesetz außer Kraft kam. 7.5 Ὅτε γὰρ ἦμεν ἐν τῇ σαρκί, τὰ παθήματα τῶν ἁμαρτιῶν τὰ διὰ τοῦ νόμου ἐνηργεῖτο ἐν τοῖς μέλεσιν ἡμῶν εἰς τὸ καρποφορῆσαι τῷ θανάτῳ. Als wir nämlich im Fleisch waren, waren die Leidenschaften der Sünden wirkend, die durch das Gesetz (hervorkamen) in unseren Gliedern, sodass wir dem Tod Frucht brachten. Mit γὰρ („nämlich“) leitet Paulus keine Begründung zum Vers davor ein, sondern erweitert ihn. Im unbekehrten Zustand bewirkte das Gesetz, dass die sündigen Leidenschaften ans Licht kamen und dauerhaft bewirkt wurden, wie das Imperfekt ἐνηργεῖτο („sie/er war am Wirken“) deutlich macht. Die Form ist Singular, da es sich auf ein Neutrum im Plural τὰ παθήματα („die Leidenschaften“) bezieht. Die Folge dessen war, dass man sich Gründe anhäufte, die zum ewigen Tod geführt hätten. Dabei wird der Tod personifiziert. 7.6 Νυνὶ δὲ κατηργήθημεν ἀπὸ τοῦ νόμου, ἀποθανόντες ἐν ᾧ κατειχόμεθα, ὥστε δουλεύειν Jetzt aber wurden wir vom Gesetz losgemacht, Paulus kontrastiert den vorigen Vers mittels νυνὶ δὲ („jetzt aber“), gestorben, worin wir festgehalten waren, d.h. er stellt dem alten Leben in der Sünde das vom Gesetz befreite gegenüber. Das Gesetz wird als etwas beschrieben, von dem man losgemacht werden musste, um den Ansprüchen nicht mehr 52 Der Römerbrief ἡμᾶς ἐν καινότητι πνεύματος, καὶ οὐ παλαιότητι γράμματος. sodass wir Diener in Neuheit (des) Geistes sind gehorchen zu müssen, bzw. etwas, das wie ein Gefängnis jemand festhalten kann. Wie ein Gestorbener nicht mehr durch ein und nicht (im) Alten (des) Buchstabens. Gefängnis wie das Gesetz festgehalten werden kann, konnten die Leser neu anfangen und durch den Geist Gottes dienen und nicht mehr dem alten und bisherigen Gesetz bzw. dessen Vorschriften, die in Buchstaben zu erfüllen waren. 7.7 Τί οὖν ἐροῦμεν; Ὁ νόμος ἁμαρτία; Μὴ γένοιτο· ἀλλὰ τὴν ἁμαρτίαν οὐκ ἔγνων, εἰ μὴ διὰ νόμου· τήν τε γὰρ ἐπιθυμίαν οὐκ ᾔδειν, εἰ μὴ ὁ νόμος ἔλεγεν, Οὐκ ἐπιθυμήσεις· Was sollen wir also sagen? (Ist) das Gesetz Sünde? Das kann nicht sein! Doch die Sünde erkannte ich nicht, außer durch Gesetz. Und so hätte ich Begierde ja nicht gekannt, wenn nicht das Gesetz sagend war: Du sollst nicht begehren! Mittels einer rhetorischen Frage, widerlegt Paulus falsche Schlüsse, die daraus entstehen konnten, dass man meinen könnte, dass Gesetz selbst ist Sünde, da es diese ans Tageslicht bringt. Das Gesetz war also kein Fehler Gottes in der Geschichte oder etwas Falsches. Denn es diente dazu die Sünde für die Juden erkennbar zu machen. Dadurch, dass es Sünde verboten hatte, kam diese, da sie da ist, zum Vorschein, sodass es die Menschen erkennen konnten. Paulus gibt ein Beispiel dafür, nämlich das der Begierde. Dieses leitet er mit τε („und so“) ein. Er erkannte seine Begierden, als er auf das Gebot traf, das diese verbot. 7.8 ἀφορμὴν δὲ λαβοῦσα ἡ ἁμαρτία διὰ τῆς ἐντολῆς κατειργάσατο ἐν ἐμοὶ πᾶσαν ἐπιθυμίαν· χωρὶς γὰρ νόμου ἁμαρτία νεκρά. Die Sünde, einen Impuls nun durch das Gebot bekommen habend, bewirkte in mir jede Begierde. Ohne Gesetz (ist) Sünde nämlich tot. Paulus erklärt nun, immer noch zur Widerlegung, dass das Gesetz nichts Falsches war, wie es funktionierte. Indem das Gebot an ihn herantrat, bewirkte es in ihm genau das, was es verboten hatte, nämlich, man soll nicht begehren. Das Gebot „du sollst nicht“ war die Ursache, dass Paulus die Sünde in sich erkannte, die genau das Verbotene in ihm bewirkte. Durch das Gebot wurde der Sünde ein Impuls gegeben, sich als solche zu zeigen. Das Wort ἀφορμή wird aus ἀπό („von her“) und ὁρμή („Angriff, Ansatz, Impuls, Wunsch, Neigung“) gebildet und bedeutet „Mittel zur Erreichung eines militärischen Zwecks“ bzw. „Basis für Operationen“, „Ausgangspunkt“ und in der Rhetorik „Grundlage für Argumente“. 53 Der Römerbrief Vgl. Valerius Apsines, Ars rhetorica 362.22: „ἐκ τούτου ἔσχεν ἀφορμὴν τῆς λύσεως“. „Daraus haben wir eine Begründung der Lösung“. Vgl. Lucianus, Rhetorum praeceptor 18.2: “Ἐπειδὰν δὲ καὶ δέῃ λέγειν καὶ οἱ παρόντες ὑποβάλωσί τινας ὑποθέσεις καὶ ἀφορμὰς τῶν λόγων, παντα μὲν ὁπόσα ἂν ᾖ δυσχερῆ, ψεγέσθω“. „Dann aber, wenn du auch reden musst, und die Anwesenden bestimmte Hypothesen und Begründungen ihrer Reden vorschlagen, solltest du alle, sollten sie schwer handhabbar sein, zensieren“. Zur genauen Verbalphrase vgl. Polybius, Historiae 1.79,11:“ λαβόμενος δὲ τῆς ἀφορμῆς ταύτης ὁ Σπένδιος πρῶτον μὲν παρεκάλει μὴ πιστεύειν τὴν ὑπὸ τοῦ στρατηγοῦ τοῦ τῶν Καρχηδονίων γεγενημένην φιλανθρωπίαν πρὸς τοὺς αἰχμαλώτους“. „Diesen (Brief) als Anlass nehmend, ermahnte Spendius zuerst, kein Vertrauen in die Menschenliebe des karthagischen Generals gegenüber den Kriegsgefangenen zu setzen“. Dito 3.32,7: „θεωροῦμεν δὲ τὸν μὲν Ἀντιοχικὸν πόλεμον ἐκ τοῦ Φιλιππικοῦ τὰς ἀφορμὰς εἰληφότα“. „Wir sehen, dass die Impulse zum antiochischen Kriege vom philippischen gekommen sind“. Die Sünde wurde, wie es der letzte Satz deutlich macht, durch das Gebot erst zum Leben erweckt. 7.9 Ἐγὼ δὲ ἔζων χωρὶς νόμου ποτέ· ἐλθούσης δὲ τῆς ἐντολῆς, ἡ ἁμαρτία ἀνέζησεν, ἐγὼ δὲ ἀπέθανον· Ich nun war vorher ohne Gesetz lebend. Als das Gebot aber kam, lebte die Sünde auf, ich aber starb. Mit ποτέ („vorher“) beschreibt der Apostel seine Erfahrungen, bevor er sich mit den Geboten befasste. Bevor er damit zu tun hatte, lebte die Sünde nicht auf. Als dies geschah, wusste Paulus, das er sterben musste bzw. tot war für Gott, da er die Gebote übertreten hatte. Mittels des Genitivus absolutus ἐλθούσης τῆς ἐντολῆς („das Gebot gekommen/als das Gebot kam“) kann Paulus die Subjekte von Neben- und Hauptsatz auseinanderhalten (Gebot bzw. Sünde), d.h. das Gebot bewirkte das Aufleben der Sünde. 54 Der Römerbrief 7.10 καὶ εὑρέθη μοι ἡ ἐντολὴ ἡ εἰς ζωήν, αὕτη εἰς θάνατον· Und es wurde von mir das Gebot zum Leben, (eben) dieses als zum Tod befunden. Paulus wollte durch das Halten der Gebote ewiges Leben erhalten. Als er es versuchen wollte einzuhalten, erkannte er, dass es ihm den Tod brachte, d.h. zeigte, dass er tot für Gott ist, da er es übertrat. Das Pronomen αὕτη („(eben) dieses“) zeigt durch die Linksversetzung die Betonung und den Kontrast an. Genau das Gebot, das mir Leben bringen sollte, brachte mir den Tod. 7.11 ἡ γὰρ ἁμαρτία ἀφορμὴν λαβοῦσα διὰ τῆς ἐντολῆς ἐξηπάτησέν με, καὶ δι᾽ αὐτῆς ἀπέκτεινεν. Denn die Sünde, einen Impuls durch das Gebot bekommen habend, betrog mich und tötete (mich) durch dasselbe. Mit γὰρ („denn“) begründet Paulus, warum das Gebot, durch das er leben wollte, ihm den Tod brachte. Paulus fühlte sich dabei von der Sünde betrogen, indem sie Paulus versprach, er könnte sie durch das Gesetz bezwingen und ewig leben, stattdessen musste er erkennen, dass er nicht leben könne, sondern sterben müsste, wie ihm das Gebot deutlich machte. Mit δι᾽ αὐτῆς („durch dasselbe“) bezieht sich Paulus auf das Gebot, durch das er einsehen musste, dass er dem Tod verfallen ist. 7.12 Ὥστε ὁ μὲν νόμος ἅγιος, καὶ ἡ ἐντολὴ ἁγία καὶ δικαία καὶ ἀγαθή. Somit (ist) das Gesetz ja heilig. Und das Gebot heilig und gerecht und gut. Nachdem Paulus nun die Auffassung widerlegte, dass das Gesetz falsch ist, fasst er nun sein Ergebnis mittels ὥστε („somit/daher“) zusammen. Weder das Gesetz als Ganzheit, noch das Gebot als Detail sind falsch, sondern heilig und zeigen, was heilig und gerecht und gut vor Gott ist. Das Gesetz hebt Paulus durch ὁ μὲν („einerseits“) vom Gebot ab, das er nicht eigens markiert. 7.13 Τὸ οὖν ἀγαθὸν ἐμοὶ γέγονεν θάνατος; Μὴ γένοιτο. Ἀλλὰ ἡ ἁμαρτία, ἵνα φανῇ ἁμαρτία, διὰ τοῦ ἀγαθοῦ μοι κατεργαζομένη θάνατον ἵνα γένηται καθ᾽ ὑπερβολὴν ἁμαρτωλὸς ἡ ἁμαρτία διὰ τῆς ἐντολῆς. Wurde mir also das Gute zum Tod? Es ist unmöglich! Doch die Sünde, damit sie als Sünde erscheine, bewirkte mir durch das Gute (den) Tod, damit die Sünde übermäßig sündig würde durch das Gebot. Von hier bis Vers 25 beschreibt Paulus das Leben unter dem Gesetz. Er greift das Motiv des Guten aus dem Satz davor auf. Wenn das Gesetz und das Gebot gut ist, wieso führt es dann zum Tod? Ἀλλὰ („doch, aber, sondern“) markiert den Kontrast zum guten Gesetz. Es bewirkte nicht den Tod, sondern machte die Sünde erkennbar, denn durch das Gebot wird die Sünde als übermäßig falsch und sündig erkannt. 55 Der Römerbrief 7.14 Οἴδαμεν γὰρ ὅτι ὁ νόμος πνευματικός ἐστιν· ἐγὼ δὲ σαρκικός εἰμι, πεπραμένος ὑπὸ τὴν ἁμαρτίαν. Denn wir wissen, dass das Gesetz geistlich ist. Ich aber bin fleischlich, unter die Sünde verkauft. Mit γὰρ („denn“) begründet Paulus, warum das Gesetz gut ist, da es geistlich ist, d.h. vom Geist Gottes kommt. Paulus hingegen ist fleischlich, als ob er wie ein Sklave unter die Sünde verkauft wurde. 7.15 Ὃ γὰρ κατεργάζομαι, οὐ γινώσκω· οὐ γὰρ ὃ θέλω, τοῦτο πράσσω· ἀλλ᾽ ὃ μισῶ, τοῦτο ποιῶ. Was ich nämlich bewirke, erkenne ich nicht (an). Nicht das, was ich will, tue ich nämlich, sondern das, was ich hasse, mache ich. Die Konjunktion γάρ („nämlich“) erklärt die Gründe, warum Paulus unter die Sünde verkauft ist und ihr Sklave war. Was die Sünde in ihm hervorbringt, erkennt er nicht als richtig an, sondern er hasst es. 7.16 Εἰ δὲ ὃ οὐ θέλω, τοῦτο ποιῶ, σύμφημι τῷ νόμῳ ὅτι καλός. Wenn ich nun das, was ich nicht will, mache, stimme ich dem Gesetz zu, dass es richtig (ist). Paulus und das Gesetz haben die gleiche Auffassung, nämlich, dass Sünde falsch ist. 7.17 Νυνὶ δὲ οὐκέτι ἐγὼ κατεργάζομαι αὐτό, ἀλλ᾽ ἡ οἰκοῦσα ἐν ἐμοὶ ἁμαρτία. Jetzt aber bewirke nicht mehr ich es, sondern die in mir wohnende Sünde. Νυνὶ („jetzt“) kann pragmatisch mit „da dies so ist“ umschrieben werden und setzt logisch an 7.15f an. 7.18 Οἶδα γὰρ ὅτι οὐκ οἰκεῖ ἐν ἐμοί, τοῦτ᾽ ἔστιν ἐν τῇ σαρκί μου, ἀγαθόν· τὸ γὰρ θέλειν παράκειταί μοι, τὸ δὲ κατεργάζεσθαι τὸ καλὸν οὐχ εὑρίσκω. Ich weiß nämlich, dass in mir, dies ist in meinem Fleisch, nichts Gutes wohnt. Das Wollen ist ja bei mir vorhanden, das Bewirken aber des Richtigen finde ich nicht. Mit γὰρ („nämlich“) erklärt Paulus die Aussage davor, da er weiß, dass in ihm nichts Gutes wohnt. Das zweite γὰρ („ja“) ist eine emphatische Aussage, die keine Begründung liefert, sondern eine Feststellung einleitet, von der Paulus überzeugt ist. 7.19 Οὐ γὰρ ὃ θέλω, ποιῶ ἀγαθόν· ἀλλ᾽ ὃ οὐ θέλω κακόν, τοῦτο πράσσω. Nicht Gutes, das ich will, mache ich ja, sondern Schlechtes, das ich nicht will, das tue ich. Mittels γὰρ („ja“) wiederholt Paulus die Aussage vom Satz davor in anderen Worten. 7.20 Εἰ δὲ ὃ οὐ θέλω ἐγώ, τοῦτο ποιῶ, οὐκέτι ἐγὼ κατεργάζομαι αὐτό, ἀλλ᾽ ἡ οἰκοῦσα ἐν ἐμοὶ ἁμαρτία. Wenn ich nun das, was ich nicht will, mache, bewirke nicht mehr ich es, sondern die in mir wohnende Sünde. Εἰ („wenn“) führt eine gegebene Tatsache ein und ist nahezu kausal („da“). Mit οὑκέτι („nicht mehr“) kann eine temporale Logik ausgedrückt werden, d.h. Paulus hat es früher selbst bewirkt, oder vielmehr eine Folgerung aus den Versen 17f sein, d.h. es bewirkt die Sünde in Paulus die negativen Dinge und nicht mehr er selbst. 56 Der Römerbrief 7.21 Εὑρίσκω ἄρα τὸν νόμον τῷ θέλοντι ἐμοὶ ποιεῖν τὸ καλόν, ὅτι ἐμοὶ τὸ κακὸν παράκειται. Also finde ich das Prinzip bei mir, dem das Richtige machen Wollenden, dass bei mir das Schlechte vorhanden ist. Mit ἄρα („also“) zieht Paulus nun ein Resümee. Εὑρίσκω („ich finde“) leitet ein, was Paulus in seiner Erfahrung mit dem Gesetz herausgefunden hat, wobei νόμον hier nicht das mosaische Gesetz meint (auch wenn ein Akkusativ der Referenz, also „im Hinblick auf das Gesetz“, hier auch möglich wäre), sondern einen Grundsatz bzw. ein Prinzip, dass dieses aufdeckt: Er will das Gute, schafft es nicht wegen der Sünde in ihm, sodass er erkennt, dass er böse ist. 7.22 Συνήδομαι γὰρ τῷ νόμῳ τοῦ θεοῦ κατὰ τὸν ἔσω ἄνθρωπον· Ich erfreue mich nämlich am Gesetz Gottes dem inneren Menschen nach. Mit γὰρ („nämlich“) erklärt Paulus, was er im Vers davor aussagte, nämlich, dass er sich am Gesetz erfreut und es tun will, es aber nicht schafft, sodass er die Sünde in sich erkannte. Er schildert hier den einen Teil des Gesetzes, der das Gute von innen heraus befürwortet, ebenso wie Paulus auch. 7.23 βλέπω δὲ ἕτερον νόμον ἐν τοῖς μέλεσίν μου ἀντιστρατευόμενον τῷ νόμῳ τοῦ νοός μου καὶ αἰχμαλωτίζοντά με ἐν τῷ νόμῳ τῆς ἁμαρτίας τῷ ὄντι ἐν τοῖς μέλεσίν μου. Ich sehe aber ein anderes Prinzip in meinen Gliedern, das gegen das Prinzip meines Denkens kämpft und mich durch das Prinzip der Sünde in meinen Gliedern gefangen nimmt. Paulus erkennt nun, dass er das Gute nicht schafft, und in seinen Gliedern die Sünde regiert, das er dem Denken nach nicht will, sodass er sich wie ein Gefangener fühlt, der entkommen will, aber nicht kann. Der Gefängniswärter, der Paulus gefangen hält, ist die Sünde in ihm. Die verhindert, dass er das Gute tun kann. 7.24 Ταλαίπωρος ἐγὼ ἄνθρωπος· τίς με ῥύσεται ἐκ τοῦ σώματος τοῦ θανάτου τούτου; Ich elender Mensch, wer wird mich retten aus diesem Leib (des) Todes? Mit einem betrübten Ausruf kommt Paulus zum Ergebnis dessen, was er mit dem Gesetz erlebt hat. Er braucht Erlösung von seinem Körper, in dem die Sünde herrscht. Daher sucht er nach jemandem, der ihn retten kann. 7.25 Εὐχαριστῶ τῷ θεῷ διὰ Ἰησοῦ χριστοῦ τοῦ κυρίου ἡμῶν. Ἄρα οὖν αὐτὸς ἐγὼ τῷ μὲν νοῒ δουλεύω Ich danke aber Gott durch Jesus Christus, unseren Herrn! Also diene ich nun selbst zwar dem Verstand nach (dem) Prinzip Gottes, aber dem Fleisch nach (dem) Prinzip (der) Sünde. Die Antwort auf die Frage nach einer Person, die ihn rettet von diesem Leib ist gefunden und wird mit διά („durch“) ausgedrückt, d.h. durch Christus ist die Rettung möglich, und so kann Paulus Gott für diese Lösung auf sein Problem danken. Die Korrelate μὲν δὲ („zwar aber“) zeigen zwei Kontraste: Einerseits, so die Folgerung aus 57 Der Römerbrief νόμῳ θεοῦ, τῇ δὲ σαρκὶ νόμῳ ἁμαρτίας. seinem inneren Kampf mittels ἄρα οὗν („also nun“), dient er dem Gesetz Gottes dem Willen bzw. Verstand nach, d.h. er will das tun, was Gott will. Aber durch die Sünde ist dies unmöglich, sodass er Rettung brauchte. 8.1 Οὐδὲν ἄρα νῦν κατάκριμα τοῖς ἐν χριστῷ Ἰησοῦ, μὴ κατὰ σάρκα περιπατοῦσιν, ἀλλὰ κατὰ πνεῦμα. Also (ist) nun keine Verurteilung für die in Christus Jesus, die nicht nach dem Fleisch wandeln, sondern nach dem Geist. Mit ἄρα νῦν („also nun“) zieht Paulus die Konsequenz aus den bisherigen Kapiteln und leitet auf den Dienst des Heiligen Geistes, der ein Leben im Sieg über die Sünde ermöglicht. Menschen, die in Verbindung mit Christus gekommen sind werden in einer Apposition als solche beschrieben, die nach den Grundsätzen des Geistes und nicht des Fleisches leben. Οὐδὲν („keine“) ist durch die Linksversetzung betont. Mit νῦν („nun“) bezieht sich Paulus auf die neue Stellung in Christus. 8.2 Ὁ γὰρ νόμος τοῦ πνεύματος τῆς ζωῆς ἐν χριστῷ Ἰησοῦ ἠλευθέρωσέν με ἀπὸ τοῦ νόμου τῆς ἁμαρτίας καὶ τοῦ θανάτου. Denn das Prinzip des Geistes des Lebens in Christus Jesus befreite mich vom Prinzip der Sünde und des Todes. Mittels γάρ („denn“) begründet Paulus, warum es keine Verdammnis gibt, da er und alle anderen Christen vom ewigen Tod befreit sind und ewiges Leben durch den Geist erhielten. 8.3 Τὸ γὰρ ἀδύνατον τοῦ νόμου, ἐν ᾧ ἠσθένει διὰ τῆς σαρκός, ὁ θεὸς τὸν ἑαυτοῦ υἱὸν πέμψας ἐν ὁμοιώματι σαρκὸς ἁμαρτίας καὶ περὶ ἁμαρτίας κατέκρινεν τὴν ἁμαρτίαν ἐν τῇ σαρκί· Das dem Gesetz nämlich Unmöglichen, dadurch dass es durch das Fleisch schwach gewesen war, (tat) Gott: Den eigenen Sohn in Gleichheit (des) Fleisches (der) Sünde und für (die) Sünde schickend, verurteilte er die Sünde im Fleisch, Mit γὰρ („nämlich“) erklärt Paulus, wieso das mosaische Gesetz die Befreiung nicht schaffte, da das menschliche Wesen zu schwach ist, es zu erfüllen, sodass es Gott tun musste, indem er seinen Sohn sandte, der Fleisch und Blut annahm und die Sünde an ihm verurteilte. Mit ἐν ᾧ („dadurch dass“) gibt den Grund an, warum das Gesetz keine Befreiung brachte, da das Fleisch zu schwach ist. Mit ἐν ὁμοιώματι σαρκὸς ἁμαρτίας („in Gleichheit (des) Fleisches (der) Sünde“) drückt Paulus aus, das Christus genauso wie alle Menschen Fleisch annahm, wobei er keine Sünde hatte, sodass er die Strafe für Sünde auf sich nehmen konnte. 58 Der Römerbrief 8.4 ἵνα τὸ δικαίωμα τοῦ νόμου πληρωθῇ ἐν ἡμῖν, τοῖς μὴ κατὰ σάρκα περιπατοῦσιν, ἀλλὰ κατὰ πνεῦμα. damit die Recht(ssatzung) des Gesetzes in uns erfüllt würde, den nicht nach (dem) Fleisch Wandelnden, sondern nach (dem) Geist. Mit ἵνα („damit“) kommt der Zweck zum Ausdruck, dass Christus die Verurteilung der Sünde bei Christen bewirken konnte, nämlich das, was das Gesetz von Menschen verlangt, wenn er es nicht hält. Da es nicht vollkommen zu erfüllen ist, verlangt das Gesetz den Tod des Sünders. Diese Forderung wurde durch Christus erfüllt und für Christen wirksam. Diese werden in einer Apposition als nach den Grundsätzen des Geistes Gottes und nicht des Fleisches Lebende bezeichnet. 8.5 Οἱ γὰρ κατὰ σάρκα ὄντες τὰ τῆς σαρκὸς φρονοῦσιν· οἱ δὲ κατὰ πνεῦμα τὰ τοῦ πνεύματος. Denn die nach (dem) Fleisch sind, sinnen auf die (Dinge) des Fleisches. Die aber nach (dem) Geist, auf die (Dinge) des Geistes. Mit γὰρ („denn“) begründet Paulus, warum die Gläubigen im Einklang mit dem Geist leben, da sie darauf bedacht sind, nicht nach den Prinzipien des Fleisches, sondern nach denen des Geistes zu leben. 8.6 Τὸ γὰρ φρόνημα τῆς σαρκὸς θάνατος· τὸ δὲ φρόνημα τοῦ πνεύματος ζωὴ καὶ εἰρήνη· Denn das Sinnen des Fleisches (ist) Tod. Das Sinnen des Geistes aber Leben und Friede, Paulus setzt den Kontrast zwischen Gläubigen und Ungläubigen fort, indem er deren Trachten dahingehend beschreibt, was die Folge jeweils ist: Ewiger Tod oder ewiges Leben und Friede mit Gott. 8.7 διότι τὸ φρόνημα τῆς σαρκὸς ἔχθρα εἰς θεόν, τῷ γὰρ νόμῳ τοῦ θεοῦ οὐχ ὑποτάσσεται, οὐδὲ γὰρ δύναται· daher da das Sinnen des Fleisches Feindschaft gegen Gott (ist), denn es ordnet sich dem Gesetz Gottes nicht unter, es kann es ja auch nicht. Mit διότι („deshalb“) gibt Paulus den Grund an, warum das Fleisch zum Tod führt, da dessen Sinnen Feindschaft gegen Gott deutlich macht, da es sich nicht dem unterordnet, was Gott angeordnet hat, da es dies auch gar nicht kann. 8.8 οἱ δὲ ἐν σαρκὶ ὄντες θεῷ ἀρέσαι οὐ δύνανται. Die nun, die im Fleisch sind, können Gott nicht gefallen. Die Folge der Feindschaft des Fleisches gegen Gott ist, dass Gott an Menschen im Fleisch, d.h. die ohne den Geist Gottes, keinen Wohlgefallen haben kann. 8.9 Ὑμεῖς δὲ οὐκ ἐστὲ ἐν σαρκί, ἀλλ᾽ ἐν πνεύματι, εἴπερ πνεῦμα θεοῦ οἰκεῖ ἐν ὑμῖν. Εἰ δέ τις Ihr aber seid nicht im Fleisch, sondern im Geist, wenn doch (der) Geist Gottes in euch Paulus wendet sich an die Leser und bezeichnet sie als nicht mehr im Fleisch, sondern im Geist, da sie in der Bekehrung den Geist Gottes bzw. Christi empfangen haben. Der Konditionalsatz, den Paulus mit εἴπερ („wenn doch“) einleitet, wird als real gesehen, nicht in Frage 59 Der Römerbrief πνεῦμα χριστοῦ οὐκ ἔχει, οὗτος οὐκ ἔστιν αὐτοῦ. wohnt. Wenn aber jemand Christi Geist nicht hat, der ist nicht sein. gestellt. Wer den Geist Christi nicht hat, ist kein Eigentum Christi und noch im Fleisch. 8.10 Εἰ δὲ χριστὸς ἐν ὑμῖν, τὸ μὲν σῶμα νεκρὸν διὰ ἁμαρτίαν, τὸ δὲ πνεῦμα ζωὴ διὰ δικαιοσύνην. Wenn nun Christus in euch (ist), ist der Leib zwar tot wegen der Sünde, der Geist (gibt) aber Leben wegen der Gerechtigkeit. Εἰ („wenn“) leitet eine gegebene Bedingung ein. Wenn Christus durch den Geist im Gläubigen wohnt, ist die Folge, dass der Leib dennoch sterben muss und dem Tod geweiht ist, aber der Geist Gottes gibt dem Gläubigen ewiges Leben, da die Gerechtigkeit erfüllt ist, die Gott verlangt. 8.11 Εἰ δὲ τὸ πνεῦμα τοῦ ἐγείραντος Ἰησοῦν ἐκ νεκρῶν οἰκεῖ ἐν ὑμῖν, ὁ ἐγείρας τὸν χριστὸν ἐκ νεκρῶν ζῳοποιήσει καὶ τὰ θνητὰ σώματα ὑμῶν, διὰ τὸ ἐνοικοῦν αὐτοῦ πνεῦμα ἐν ὑμῖν. Wenn nun der Geist dessen, der Jesus aus Toten erweckte, in euch wohnt, wird der, der Christus aus Toten erweckte, auch eure sterblichen Leiber lebendig machen aufgrund seines in euch innewohnenden Geistes. Εἰ („wenn“) leitet eine Tatsache ein, die gegeben ist, nämlich, dass der Geist, der Leben bringt, in den Gläubigen wohnt. Die Folge, dass der Geist Gottes in den Gläubigen wohnt, ist, dass Gott auch die Gläubigen, wie er auch Christus auferweckte, zum ewigen Leben lebendig machen wird. 8.12 Ἄρα οὖν, ἀδελφοί, ὀφειλέται ἐσμέν, οὐ τῇ σαρκί, τοῦ κατὰ σάρκα ζῇν· Also, Brüder, sind wir nun Schuldner nicht für das Fleisch, um nach (dem) Fleisch zu leben. Ἄρα („also“) setzt am bisher Gesagten an und zeigt die logische Folge, dessen, was der Geist tut, nämlich im Einklang mit diesem und nicht mit dem, was das Fleisch will, zu leben. 8.13 εἰ γὰρ κατὰ σάρκα ζῆτε, μέλλετε ἀποθνῄσκειν· εἰ δὲ πνεύματι τὰς πράξεις τοῦ σώματος θανατοῦτε, ζήσεσθε. Denn wenn ihr nach (dem) Fleisch lebt, werdet ihr sterben. Wenn ihr aber durch (den) Geist die Taten des Leibes tötet, werdet ihr leben. Mit γὰρ („denn“) beschreibt Paulus den Grund, warum nicht nach dem Fleisch zu leben ist, da man sonst sterben würde, d.h. ein Leben im Fleisch ohne den Geist Gottes würde in das ewige Verderben führen. Dem stellt Paulus das Leben im Geist gegenüber, das dazu führt, dass die gegen Gott gerichteten Taten beendet werden können und ewiges Leben die Folge ist. 8.14 Ὅσοι γὰρ πνεύματι θεοῦ ἄγονται, οὗτοί εἰσιν υἱοὶ θεοῦ. So viele nämlich durch (den) Geist Gottes geführt werden, die sind Söhne Gottes. Paulus wiederholt, was er im Vers davor angesprochen hat, nämlich ein Leben, das vom Geist Gottes bestimmt ist, und diejenigen Söhne 60 Der Römerbrief Gottes sind, die dies tun, und als solche nach den Grundsätzen des Geistes leben. 8.15 Οὐ γὰρ ἐλάβετε πνεῦμα δουλείας πάλιν εἰς φόβον, ἀλλ᾽ ἐλάβετε πνεῦμα υἱοθεσίας, ἐν ᾧ κράζομεν, Ἀββᾶ, ὁ πατήρ. Ihr empfingt ja nicht einen Geist (der) Sklaverei wieder zu Furcht, sondern ihr empfingt einen Geist (der) Sohnschaft, in dem wir rufen: Abba, Vater! Wie es möglich ist, Sohn Gottes zu werden, erklärt Paulus mit γὰρ („ja“). Da Christen den Geist Gottes haben und nicht den der Sklaverei, ist es möglich, dass sie zu Gott Vater sagen können, also dessen Söhne sind. 8.16 Αὐτὸ τὸ πνεῦμα συμμαρτυρεῖ τῷ πνεύματι ἡμῶν, ὅτι ἐσμὲν τέκνα θεοῦ· Der Geist selbst bezeugt mit unserem Geist, dass wir Kinder Gottes sind. Dieser selbe Geist macht auch denen, die ihn empfingen, deutlich, dass sie Kinder bzw. Söhne Gottes sind. 8.17 εἰ δὲ τέκνα, καὶ κληρονόμοι· κληρονόμοι μὲν θεοῦ, συγκληρονόμοι δὲ χριστοῦ· εἴπερ συμπάσχομεν, ἵνα καὶ συνδοξασθῶμεν. Wenn nun Kinder, auch Erben. Einerseits Erben Gottes, andererseits Miterben Christi, wenn wir denn mitleiden, damit wir auch mitverherrlicht werden. Paulus führt das Motiv der Kindschaft weiter, indem er deutlich macht, dass Kinder auch Erben sind, und das, was Gott seinem Sohn, Jesus Christus, als Erbe zukommen lässt, auch von den Kindern Gottes mitgeerbt wird, d.h. sie teilen das Erbe Christi. Mit εἴπερ („wenn ja“) kommt eine gegebene Bedingung zum Ausdruck, d.h. wie Gott seinen Sohn leiden ließ, müssen auch Christen leiden, damit sie auch verherrlicht werden. 8.18 Λογίζομαι γὰρ ὅτι οὐκ ἄξια τὰ παθήματα τοῦ νῦν καιροῦ πρὸς τὴν μέλλουσαν δόξαν ἀποκαλυφθῆναι εἰς ἡμᾶς. Ich rechne ja, dass die Leiden der jetzigen Zeit nichts wert sind verglichen mit der künftigen Herrlichkeit, die an uns offenbart werden wird. Paulus setzt das Motiv Leiden-Verherrlichung fort, indem er seine Einschätzung deutlich macht, dass die Leiden derzeit nicht mit der kommenden Herrlichkeit verglichen werden können, die an Christen gezeigt werden wird. 8.19 Ἡ γὰρ ἀποκαραδοκία τῆς κτίσεως τὴν ἀποκάλυψιν τῶν υἱῶν τοῦ θεοῦ ἀπεκδέχεται. Die Erwartung der Schöpfung sehnt sich ja nach der Offenbarung der Söhne Gottes. Die kommende Herrlichkeit ist die, wenn die Versammlung öffentlich dargestellt wird, wenn Christus mit ihr wiederkommt. Die zerstörte Schöpfung sehnt sich nach Wiederherstellung, die dann Realität wird. 61 Der Römerbrief 8.20 Τῇ γὰρ ματαιότητι ἡ κτίσις ὑπετάγη, οὐχ ἑκοῦσα, ἀλλὰ διὰ τὸν ὑποτάξαντα, ἐπ᾽ ἐλπίδι· Denn der Nichtigkeit wurde die Schöpfung unterworfen, nicht willentlich, sondern durch den unterworfen Habenden, auf Hoffnung, Mit ματαιότης („Nichtigkeit, Vergänglichkeit“) kommt zum Ausdruck, dass die Schöpfung verflucht ist, ohne dass sie es will, sondern weil Gott sie verfluchte, dies mit der Hoffnung auf Befreiung vom Fluch. 8.21 ὅτι καὶ αὐτὴ ἡ κτίσις ἐλευθερωθήσεται ἀπὸ τῆς δουλείας τῆς φθορᾶς εἰς τὴν ἐλευθερίαν τῆς δόξης τῶν τέκνων τοῦ θεοῦ. dass auch die Schöpfung selbst befreit werden wird von der Knechtschaft des Verderbens zur Freiheit der Herrlichkeit der Kinder Gottes. Mit ὅτι („dass“) leitet Paulus den Inhalt der Hoffnung ein. Wenn Gott die Kinder Gottes vorstellen wird, ist auch der jetzige Fluch beendet. 8.22 Οἴδαμεν γὰρ ὅτι πᾶσα ἡ κτίσις συστενάζει καὶ συνωδίνει ἄχρι τοῦ νῦν. Wir wissen ja, dass die ganze Schöpfung mitseufzt und mitleidet bis auf den heutigen (Tag). Paulus belegt, dass die Schöpfung bis jetzt dem Verderben und der Nichtigkeit ausgeliefert ist, da sie leidet und daher seufzt, dies ist so bis zum jetzigen Tag. 8.23 Οὐ μόνον δέ, ἀλλὰ καὶ αὐτοὶ τὴν ἀπαρχὴν τοῦ πνεύματος ἔχοντες, καὶ ἡμεῖς αὐτοὶ ἐν ἑαυτοῖς στενάζομεν, υἱοθεσίαν ἀπεκδεχόμενοι, τὴν ἀπολύτρωσιν τοῦ σώματος ἡμῶν. Nicht nur aber (das), sondern auch wir selbst, die die Erstlingsgabe des Geistes haben, seufzen in uns selbst, (die) Sohnschaft erwartend, die Erlösung unseres Leibes. Οὐ μόνον δέ („nicht nur aber“) erweitert den Gedanken, dass die ganze Schöpfung seufzt um einen weiteren Gedanken, dass auch die Erlösten seufzen, während sie auf die Erlösung vom Körper warten, der dem Tod entgegengeht und viele Leiden hervorbringt. Mit υἱοθεσίαν („Sohnschaft“), die Christen erwarten, wird die öffentliche Darstellung derselben gemeint sein, da Paulus mit τὴν ἀπολύτρωσιν τοῦ σώματος ἡμῶν („die Erlösung unseres Leibes“) dies gleichsetzt, die damit einhergeht, d.h. bei der Wiederkunft Christi wird deutlich, wer den Geist und die Kindschaft besitzt, indem er einen Auferstehungskörper erhält. 8.24 Τῇ γὰρ ἐλπίδι ἐσώθημεν· ἐλπὶς δὲ βλεπομένη οὐκ ἔστιν ἐλπίς· ὃ γὰρ βλέπει τις, τί καὶ ἐλπίζει; Auf Hoffnung hin wurden wir ja gerettet. Eine sichtbare Hoffnung nun, ist keine Hoffnung. Denn was jemand sieht, was erhofft er es noch? Paulus setzt am Motiv der Erwartung der Erlösung an und beschreibt dies als Hoffnung. Dies ist nicht Realität, da es sonst keine Hoffnung bräuchte. Mit γὰρ („denn“) begründet er dies, dass man das Vorhandene, was man sieht, ja nicht erhoffen braucht, da man es 62 Der Römerbrief schon hat. Der Körper ist hingegen unerlöst, und nicht vorhanden, sodass man Hoffnung braucht, um dies zu erwarten. 8.25 Εἰ δὲ ὃ οὐ βλέπομεν ἐλπίζομεν, δι᾽ ὑπομονῆς ἀπεκδεχόμεθα. Wenn wir nun, was wir nicht sehen, erhoffen, erwarten wir es durch Geduld. Εἰ („wenn“) leitet eine reale Aussage ein, da das Prädikat im Indikativ erscheint. Paulus erweitert den bisherigen Gedanken, dass es bis zur Erfüllung der Hoffnung Geduld erfordert. Dadurch kann man es erwarten, bis der Körper erlöst wird. 8.26 Ὡσαύτως δὲ καὶ τὸ πνεῦμα συναντιλαμβάνεται ταῖς ἀσθενείαις ἡμῶν· τὸ γὰρ τί προσευξόμεθα καθὸ δεῖ, οὐκ οἴδαμεν, ἀλλ᾽ αὐτὸ τὸ πνεῦμα ὑπερεντυγχάνει ὑπὲρ ἡμῶν στεναγμοῖς ἀλαλήτοις· Ebenso nimmt sich aber auch der Geist unserer Schwachheiten mit an. Denn, was wir beten sollen, wie man soll, wissen wir nicht, sondern der Geist selbst verwendet sich für uns mit unaussprechlichen Seufzern. Ὡσαύτως („ebenso“) fügt zur christlichen Hoffnung den Dienst des Geistes hinzu, der in der Zwischenzeit sich der Gläubigen annimmt und sie im Gebet unterstützt, indem er deutlich macht, was zu beten ist. Der Geist verwendet sich bei Gott für die Christen, indem er ihre Seufzer aufgrund ihrer Trübsale aufnimmt und vor Gott bringt. 8.27 ὁ δὲ ἐρευνῶν τὰς καρδίας οἶδεν τί τὸ φρόνημα τοῦ πνεύματος, ὅτι κατὰ θεὸν ἐντυγχάνει ὑπὲρ ἁγίων. Der nun die Herzen Erforschende weiß, was die Gesinnung des Geistes (ist), da er sich gottgemäß für Heilige verwendet. Gott wird als der Herzenskenner umschrieben, der die Gläubigen kennt und auch, was der Geist für sie tut, denn er verwendet sich so, wie Gott es will. Mit ὅτι („da“) kommt der Grund zum Ausdruck, warum Gott die Gesinnung des Geistes kennt, da dieser sich in Übereinstimmung mit ihm für die Gläubigen verwendet. 8.28 Οἴδαμεν δὲ ὅτι τοῖς ἀγαπῶσιν τὸν θεὸν πάντα συνεργεῖ εἰς ἀγαθόν, τοῖς κατὰ πρόθεσιν κλητοῖς οὖσιν. Wir wissen nun, dass den Gott Liebenden alle (Dinge) zum Guten mitwirken, denen, die nach Vorsatz berufen sind, Mit δέ („nun“) setzt Paulus den Gedanken vom Vers davor fort, indem er mittels des Dativs τοῖς ἀγαπῶσιν τὸν θεὸν („den Gott Liebenden“) die Nutznießer der Handlung deutlich macht. Für sie ist alles zum Guten. Die Empfänger werden in anderen Worten als die nach dem Vorsatz Gottes Berufenen bezeichnet, d.h. die auf das Wort Gottes gehört hatten, sind die, die Gott lieben. 8.29 ὅτι οὓς προέγνω, καὶ προώρισεν συμμόρφους τῆς da er die, die er vorherkannte, auch vorherbestimmte, mit dem Bild seines Sohnes Mittels ὅτι („da“) führt Paulus Gründe an, warum alles für die Gläubigen zum Guten mitwirkt, da Gott zunächst wusste, wer auf 63 Der Römerbrief εἰκόνος τοῦ υἱοῦ αὐτοῦ, εἰς τὸ εἶναι αὐτὸν πρωτότοκον ἐν πολλοῖς ἀδελφοῖς· gleichgestaltet (zu sein), auf dass er der Erstgeborene unter vielen Brüdern sei. sein Wort positiv reagieren würde. Mit προγινώσκω („vorhererkennen“) kommt keine Vorherbestimmung, wer glauben sollte und wer nicht, zum Ausdruck, sondern das Wissen, wer sich bekehren würde, obwohl dieser Gedanke in bestimmten Gruppierungen dahingehend uminterpretiert wird, um bestimmte Auffassungen zu untermauern. Diese hat er dann auch dazu vorher bestimmt, Christus ähnlicher zu werden. Dies hat das Ziel, dass Christus als der Prototyp aller anderen das Vorbild ist, zu dem hin Gott die vielen Brüder umgestalten will. 8.30 οὓς δὲ προώρισεν, τούτους καὶ ἐκάλεσεν· καὶ οὓς ἐκάλεσεν, τούτους καὶ ἐδικαίωσεν· οὓς δὲ ἐδικαίωσεν, τούτους καὶ ἐδόξασεν. Die nun, die er vorherbestimmte, die berief er auch. Und die er berief, die rechtfertigte er auch. Die er nun rechtfertigte, die verherrlichte er auch. Die Kette setzt sich weiter fort, indem er mittels Aoristformen den Grund weiterführt, warum alles zum Guten dient. 8.31 Τί οὖν ἐροῦμεν πρὸς ταῦτα; Εἰ ὁ θεὸς ὑπὲρ ἡμῶν, τίς καθ᾽ ἡμῶν; Was sollen wir also zu diesen (Dingen) sagen? Wenn Gott für uns (ist), wer (ist) gegen uns? Mit ταῦτα („diese (Dinge“) greift Paulus die bisherigen Dinge über die Hinweise auf, die belegen, dass Gott nicht gegen Christen, sondern für sie ist. Dies bedeutet auch, dass niemand gegen sie sein kann, auch wenn dies oft der Fall ist, zumindest nicht in den Gedanken Gottes. 8.32 Ὅς γε τοῦ ἰδίου υἱοῦ οὐκ ἐφείσατο, ἀλλ᾽ ὑπὲρ ἡμῶν πάντων παρέδωκεν αὐτόν, πῶς οὐχὶ καὶ σὺν αὐτῷ τὰ πάντα ἡμῖν χαρίσεται; Er, der doch seinen eigenen Sohn nicht schonte, sondern ihn für uns alle überliefert hat. Wie sollte er uns nicht auch mit ihm die ganzen (Dinge) schenken? Ὅς („er, der“) kommt als relativer Satzanschluss und weniger nur als Einleitung eines Relativsatzes zum Ausdruck, wobei γε („doch“) die Aussage verstärkt, dass Gott nicht gegen Christen ist, indem dabei die Hingabe des Sohnes Gottes in Tod und Gericht als Beleg angeführt wird. D.h. mit Christus wird Christen alles geschenkt. Dabei bedient sich Paulus eines Kontrastes, d.h. Gott hat nicht A, sondern B getan. Zu erwarten wäre, dass jemand seinen Sohn 64 Der Römerbrief schont. Das tat Gott nicht, sondern gab ihn hin in Tod und Gericht, daher wird er auch alles schenken. 8.33 Τίς ἐγκαλέσει κατὰ ἐκλεκτῶν θεοῦ; Θεὸς ὁ δικαιῶν· Wer wird gegen Gottes Erwählte Klage erheben? Gott (ist) der Rechtfertigende. Paulus nennt einen spezifischen Punkt, der sich daraus ergibt, dass Gott für die Seinen ist. Dies zeigt sich darin, dass niemand sie verurteilen kann, da Gott sie freigesprochen hat, sodass es keine höhere Instanz gibt, die dies tun könnte. Die Gläubigen werden als Auserwählte bezeichnet, d.h. aufgrund des Glaubens hat sie Gott annehmen können und da er sie freigesprochen hat, kann niemand sie vor Gott anklagen. 8.34 τίς ὁ κατακρίνων; Χριστὸς ὁ ἀποθανών, μᾶλλον δὲ καὶ ἐγερθείς, ὃς καὶ ἔστιν ἐν δεξιᾷ τοῦ θεοῦ, ὃς καὶ ἐντυγχάνει ὑπὲρ ἡμῶν. Wer (ist) der Verurteilende? Christus (ist es), der gestorben ist, vielmehr der sogar auch auferweckt wurde, der auch zur Rechten Gottes ist, der auch für uns eintritt. Die nächste Behauptung, die aufgrund der Tatsache, dass Gott für die Seinen ist, aufgestellt wird, ist, dass niemand sagen kann, dass Christen schuldig sind und verurteilt werden müssen. Als Grund führt Paulus an, dass aus dem Grund, um einen Freispruch zu bewirken, Christus gestorben und sogar auferweckt wurde, zudem als Hohepriester vor Gott für die Seinen eintritt. Dies alles zeigt, dass es niemand gerechtfertigt tun kann, Christen vor Gott anzuklagen. 8.35 Τίς ἡμᾶς χωρίσει ἀπὸ τῆς ἀγάπης τοῦ χριστοῦ; Θλίψις, ἢ στενοχωρία, ἢ διωγμός, ἢ λιμός, ἢ γυμνότης, ἢ κίνδυνος, ἢ μάχαιρα; Wer soll uns von der Liebe Christi trennen? Trübsal oder Bedrängnis oder Verfolgung oder Hunger oder Blöße oder Gefahr oder Schwert? Paulus beendet diesen Abschnitt, indem er bis Vers 39 deutlich macht, dass es nichts gibt, was Christus davon abhält, die Seinen zu lieben. Als Illustration nennt Paulus sieben schwere Lebenslagen wie Trübsal, Bedrängnis, Hunger oder Blöße, Gefahren oder Gewalt bis zur Hinrichtung, die metaphorisch durch das Schwert ausgedrückt wird. 8.36 Καθὼς γέγραπται ὅτι Ἕνεκέν σου θανατούμεθα ὅλην τὴν ἡμέραν· ἐλογίσθημεν ὡς πρόβατα σφαγῆς. Wie geschrieben ist, dass wir wegen dir getötet werden den ganzen Tag. Wir wurden als Schafe zur Schlachtung gerechnet. Paulus belegt die Aussage, dass es viele Gefahren gibt, mittels eines Zitates, das dies belegt. David schrieb bereits, dass es die Absicht vieler Menschen ist, Gläubige wie ihn zu beseitigen, wie es bei Saul der Fall war. Dies vergleicht David mit Schafen, die geschlachtet 65 Der Römerbrief werden. Die Perspektive der Gottlosen ist, dass Gläubige wie Schafe zu behandeln sind, die man töten sollte. 8.37 Ἀλλ᾽ ἐν τούτοις πᾶσιν ὑπερνικῶμεν διὰ τοῦ ἀγαπήσαντος ἡμᾶς. Doch in all diesen (Dingen) triumphieren wir wegen dem, der uns liebte. Ἀλλα („doch“) beschreibt etwas nicht zu Erwartendes hier, nämlich, dass Paulus in den negativen Umständen siegreich triumphiert, da es Christus möglich machte, der ihn liebt. Dass alle die genannten Umstände eintreten, macht die Angabe ἐν τούτοις πᾶσιν („in all diesen (Dingen)“) deutlich, d.h. Christen werden verfolgt und leiden. 8.38 Πέπεισμαι γὰρ ὅτι οὔτε θάνατος οὔτε ζωὴ οὔτε ἄγγελοι οὔτε ἀρχαὶ οὔτε δυνάμεις οὔτε ἐνεστῶτα οὔτε μέλλοντα Ich bin ja überzeugt, dass weder Tod noch Leben noch Engel noch Gewalten noch Mächte noch Gegenwärtiges noch Zukünftiges Mit γὰρ („ja“) wiederholt Paulus emphatisch, dass er triumphieren kann, da ihn nichts von der Liebe Gottes trennen kann. Mittels eines Merismus nennt Paulus die Dinge, die eintreten können. Selbst wenn er sterben müsste, noch die Dinge im Leben, noch bestimmte Mächte oder das, was gegenwärtig oder künftig geschehen kann, wird Gott davon abhalten, ihn zu lieben und ihm zu helfen. 8.39 οὔτε ὕψωμα οὔτε βάθος οὔτε τις κτίσις ἑτέρα δυνήσεται ἡμᾶς χωρίσαι ἀπὸ τῆς ἀγάπης τοῦ θεοῦ τῆς ἐν χριστῷ Ἰησοῦ τῷ κυρίῳ ἡμῶν. noch Hohes noch Tiefes noch irgendeine andere Schöpfung uns wird trennen können von der Liebe Gottes in Christus Jesus, unserem Herrn. Paulus nennt weitere Dinge, die es nicht schaffen, Gott davon abzuhalten, Paulus zu lieben. Hohes oder Tiefes wird im Zusammenhang mit geschaffenen Dingen genannt, sodass deren Ort des Daseins damit bestimmt wird, also ob sie sich ganz unten oder ganz oben befinden, ist nicht entscheidend, sie können keine Trennung von der Liebe Gottes bewirken. Diese zeigt Gott in Christus, den Paulus als seinen und aller anderen Christen Herrn bezeichnet. 9.1 Ἀλήθειαν λέγω ἐν χριστῷ, οὐ ψεύδομαι, συμμαρτυρούσης μοι τῆς συνειδήσεώς μου ἐν πνεύματι ἁγίῳ, Ich sage (die) Wahrheit in Christus, ich lüge nicht, mein Gewissen mir mitbezeugend im Heiligen Geist, Mit einer Art doppelter Bekräftigung leitet Paulus nun ein, was er für sein irdisches Volk der Juden empfindet und wie die Ablehnung der Juden dem Evangelium gegenüber zu verstehen ist. Dieser Abschnitt zeigt – im Gegensatz zur calvinistischen Sicht– dass die Auswahl Gottes in seinem Handeln völlig am individuellen Glaubensgehorsam des Einzelnen bzw. des ganzen Volkes Israel ansetzt. Die 66 Der Römerbrief Geschichtsschreibung Gottes basiert auf Menschen, die seinem Ruf – wie Jakob – gehorchen. Menschliche Leistungen, gute Werke oder die biologische Abstammung (Israel) können die Notwendigkeit zum Glauben nicht ersetzen oder Gottes Wohlwollen auf sich ziehen, da Gott in seinem Auswahlhandeln Glauben als Grundlage voraussetzt. Ebenso wie Gott den persönlichen Glauben zur Grundlage der Auswahl seines Heilshandelns voraussetzt, hat der Unglaube und die Rebellion gegen Gottes Reden die Zubereitung zum Verderben (V.22) zur Folge. Hier kann sowohl irdisches Gericht verstanden werden, wie das des jüdischen Volkes ab 70 n.Chr., als der jüdische Tempel zerstört wurde, eine große Zahl Juden umkam und der Rest in alle Welt zerstreut wurde, aber evtl. auch ewiges Gericht, das Menschen ohne Buße und Bekehrung zu Christus erwartet. Insgesamt sagt Paulus, dass Gottes Zurücksetzung seines erwählten Volkes im Einklang mit seiner Gerechtigkeit ist, da dieses Volk sich im Unglauben seinen Plänen widersetzt hat und das Evangelium von Jesus Christus nicht angenommen hat. Zu diesen Abschnitten im Römerbrief meint M.R. Vincent: „Diese Kapitel, da sie die schwierigsten in den Schriften des Paulus sind, wurden am meisten missverstanden und falsch angewandt. Ihre gefährlichste Verdrehung ist, dass davon die Lehre Gottes willkürlicher Vorherbestimmung Einzelner zum ewigen Leben oder ewiger Verdammnis gefolgert wurde. Es kann gezeigt werden, dass dies nicht der Inhalt dieser Abschnitte ist.“ (zitiert in: Fisk, 2002, S.120). 9.2 ὅτι λύπη μοι ἐστὶν μεγάλη, καὶ ἀδιάλειπτος ὀδύνη τῇ καρδίᾳ μου. dass mir große Trauer ist, und meinem Herzen ununterbrochener Schmerz. Mit ὅτι („dass“) leitet Paulus nun ein, was er zuvor feierlich bekräftigt hatte, dass es der Wahrheit entspricht, nämlich seiner Betroffenheit gegenüber dem Unglauben seines Volkes, der ihm Schmerz und Trauer bereitet. 67 Der Römerbrief 9.3 Εὐχόμην γὰρ αὐτὸς ἐγὼ ἀνάθεμα εἶναι ἀπὸ τοῦ χριστοῦ ὑπὲρ τῶν ἀδελφῶν μου, τῶν συγγενῶν μου κατὰ σάρκα· Denn ich war selbst wünschend, ein Fluch zu sein, weg von Christus, für meine Brüder, meine Verwandten nach (dem) Fleisch, Die zweite Reaktion auf den Unglauben seines Volkes zeigt sich daran, dass Paulus sogar, auch wenn dies nicht geht, selbst verdammt sein wollte, falls dies sein Volk retten könnte. Seine Liebe zu seinem Volk geht sogar so weit, dass er selbst, obwohl dies unmöglich ist, verflucht sein würde, wenn es ihnen etwas bringen würde. Εὐχόμην („ich war wünschend“) beschreibt ein anhaltendes Geschehen in der Vergangenheit. 9.4 οἵτινές εἰσιν Ἰσραηλῖται, ὧν ἡ υἱοθεσία καὶ ἡ δόξα καὶ αἱ διαθῆκαι καὶ ἡ νομοθεσία καὶ ἡ λατρεία καὶ αἱ ἐπαγγελίαι, welche Israeliten sind, deren die Sohnschaft und die Herrlichkeit und die Bündnisse und die Gesetzgebung und der Gottesdienst und die Verheißungen (sind), Paulus listet mittels eines Relativsatzes die großen Segnungen seines Volkes auf, sodass er damit anführt, dass es für ihren Unglauben keinen Grund gibt. Dabei geht er von dem, was Gott Mose geschenkt hat (den alten Bund, das Gesetz vom Sinai) und die Verheißungen auf den kommenden Messias bis zum Messias selbst, der aus diesem Volk kam (Vers 5). 9.5 ὧν οἱ πατέρες, καὶ ἐξ ὧν ὁ χριστὸς τὸ κατὰ σάρκα, ὁ ὢν ἐπὶ πάντων, θεὸς εὐλογητὸς εἰς τοὺς αἰῶνας. Ἀμήν. deren die Väter und aus denen auch Christus nach dem Fleisch (ist), der Gott über alles ist, gepriesen bis in die Ewigkeiten. Amen! Paulus erwähnt weitere Segnungen seines Volkes, die zeigen, dass es keinen Grund für ihren Unglauben gäbe. Der menschlichen Abstammung nach kommt der Herr Jesus aus dem Volk Israel, wie Paulus es mittels κατὰ σάρκα („nach dem Fleisch“) ausdrückt. Gleichzeitig ist der Messias der ewige Gott selbst, der Mensch wurde, wie es Paulus nun deutlich macht. Alternative Übersetzungsvorschläge wie "Gott, der da ist über allem, sei gelobt in Ewigkeit. Amen.“ sind zum Scheitern verurteilt, da damit ein abrupter Bruch im natürlichen Satz erfolgt, der unnatürlich wirkt. Aus heiterem Himmel würde Paulus demnach den Satz beenden und abrupt eine Doxologie einsetzen, die mehr Probleme als Lösungen liefert. Man könnte den Satz stattdessen besser problemlos weiterführen, zudem wäre ja bereits ein Relativsatz im Raum ("derer") und so erscheint es naheliegend, dass auch Christus mit einem Relativsatz beschrieben wird. Zudem wäre ὢν ("seiend") bei 68 Der Römerbrief einer Doxologie nicht zu verstehen, bei der Gleichsetzung Christi als Gott hingegen einleuchtend, da das Sein Gottes in einer Doxologie keine Rolle spielt, sondern klar und vorausgesetzt ist. Zudem beziehen sich solche Lobpreise auf ein Bezugswort, sodass es hier unpassend wäre, aus dem Nichts heraus eine Doxologie einzuschalten. Auch das Prädikativ εὐλογητὸς ("gelobt") wäre bei einer Doxologie nicht so weit rechts wie hier, sondern eher am Anfang, jedenfalls nicht nach "Gott" wie hier. 9.6 Οὐχ οἷον δὲ ὅτι ἐκπέπτωκεν ὁ λόγος τοῦ θεοῦ. Οὐ γὰρ πάντες οἱ ἐξ Ἰσραήλ, οὗτοι Ἰσραήλ· (Es ist) aber nicht so, dass das Wort Gottes hinfällig geworden ist. Denn nicht alle aus Israel, die (sind) Israel. In dem Abschnitt von Vers 6 bis 13 stellt Paulus zunächst die Behauptung auf, dass Gott sein Wort der Verheißung erfüllt, auch wenn nicht alle dies in Anspruch nehmen, da nicht alle Nachkommen Juden auch gläubig sind bzw. Abraham auch Nachkommen hat, die ungläubig sind. Auch wenn nicht alle Israeliten glauben, sondern Christus ablehnen, bedeutet dies nicht, dass Gottes Wort damit als falsch erwiesen wurde, bzw. was er verheißen hat. Da nicht alle die zum Volk gehören auch geistlich zu Israel gehören bzw. Glauben haben. 9.7 οὐδ᾽ ὅτι εἰσὶν σπέρμα Ἀβραάμ, πάντες τέκνα· ἀλλ᾽ Ἐν Ἰσαὰκ κληθήσεταί σοι σπέρμα. Auch nicht, weil sie Samen Abrahams sind, (sind) alle Kinder, sondern: In Isaak wird dir ein Same gerufen werden. Der zweite Grund ist, dass nicht die reine Nachkommenschaft von Abraham dazu führt, zum Volk Gottes zu gehören, sondern die eigentlichen Nachkommen werden über Isaak definiert, nicht über einen anderen Nachkommen wie Ismael. D.h. Isaak ist der Repräsentant des Volkes Gottes und wer glaubt, wie Isaak, der ist das Israel Gottes. 9.8 Τοῦτ᾽ ἔστιν, οὐ τὰ τέκνα τῆς σαρκός, ταῦτα τέκνα τοῦ θεοῦ· ἀλλὰ τὰ τέκνα τῆς ἐπαγγελίας λογίζεται εἰς σπέρμα. Dies ist: Nicht die Kinder des Fleisches, die (sind) Kinder Gottes, sondern die Kinder der Verheißung werden als Same gerechnet. Paulus erklärt mittels τοῦτ᾽ ἔστιν („das ist, das heißt“), was er mit dem Vers davor meint, nämlich, dass nicht die natürlichen Abkömmlinge Abrahams tatsächlich zum Volk Gottes gehören, sondern die an die Verheißungen glauben, die sich in Christus erfüllt 69 Der Römerbrief haben. Damit zieht er die Folgerung aus dem Bisherigen und fasst es zusammen. 9.9 Ἐπαγγελίας γὰρ ὁ λόγος οὗτος, Κατὰ τὸν καιρὸν τοῦτον ἐλεύσομαι, καὶ ἔσται τῇ Σάρρᾳ υἱός. Das Wort (der) Verheißung (ist) nämlich dieses: Um diese Zeit werde ich kommen, und es wird Sara ein Sohn sein. Paulus illustriert das Prinzip, dass nicht die bloße natürliche Abstammung den Empfang der Verheißungen ausmacht, indem er die Zusage an Abraham, dass er einen Sohn bekäme, anführt. Dies war als Ismael bereits als biologischer Nachkömmling Abrahams da war, aber er war nicht der Sohn der Verheißung. Mit γὰρ („nämlich“) leitet Paulus hier keine Begründung ein, sondern eröffnet eine Illustration des Prinzips, dass es nicht um die biologische Abstammung allein geht. Gott kündigt mit einer Metonymie an, dass er eingreifen würde und selbst die betagten Eltern befähigen würde, Nachkommen zu haben. Dies wird mit dem Ausdruck „ich werde kommen“ beschrieben, also ein Kommen Gottes, um einzugreifen. Die Zeitangabe wird über κατὰ τὸν καιρὸν τοῦτον („um diese Zeit“) geleistet, d.h. der Termin der Geburt Isaaks wird in etwa angegeben. Im Griechischen bedeutet „A wird ein B sein“ eine Angabe eines Besitzes, d.h. „A wird B haben“. 9.10 Οὐ μόνον δέ, ἀλλὰ καὶ Ῥεβέκκα ἐξ ἑνὸς κοίτην ἔχουσα, Ἰσαὰκ τοῦ πατρὸς ἡμῶν Aber nicht allein (das), sondern auch Rebekka, von einem Nachkommen habend, Isaak, unserem Vater. Paulus erweitert den Gedanken, dass es nicht um reine Abstammungsverhältnisse geht, indem er als zweites Beispiel Rebekkas Nachkommen mit einem Mann, Isaak, anführt. Ein Vater zeugte zwei Kinder, nur der eine wurde als echter Nachfahre gezählt, Jakob, da Esau ungläubig blieb. Zum κοίτην ἔχουσα vgl. Sophocles, Oedipus Coloneus, 1705: „κοίταν δ’ ἔχει νέρθεν εὐσκίαστον αἰέν“. „Unter der Erde hat er sein wohlschattiges Bett für immer“. Vgl. ebenso Sapientia Salomonis 3.13: „ὅτι μακαρία στεῖρα ἡ ἀμίαντος ἥτις οὐκ ἔγνω κοίτην ἐν παραπτώματι ἕξει καρπὸν ἐν ἐπισκοπῇ ψυχῶν“. „Weil Glückselig die Unfruchtbare ist, die nicht ein Bett erkannte mit Übertretung“. D.h. es geht bei dem Ausdruck um eine 70 Der Römerbrief eheliche Bettgemeinschaft, die auch Rebekka und Isaak hatten, woraus Nachkommen hervorgingen, sodass „Ehebett haben“ eine Metonymie für das ist, was daraus hervorgeht, nämlich Nachkommen. So sieht es auch Etymius Zigabenus, Commentarius in Pauli epistulam ad Romanos 9.10, 10: “ Ἐξ ἑνὸς ἀνδρὸς σπερμογονίαν ἔχουσα. Τοῦτο γὰρ ἡ κοίτη δηλοῖ“. „Von einem Mann Nachkommen habend. Dies macht ja das Ehebett deutlich“. 9.11 μήπω γὰρ γεννηθέντων, μηδὲ πραξάντων τι ἀγαθὸν ἢ κακόν, ἵνα ἡ κατ᾽ ἐκλογὴν πρόθεσις τοῦ θεοῦ μένῃ, οὐκ ἐξ ἔργων, ἀλλ᾽ ἐκ τοῦ καλοῦντος, Denn als sie noch nicht geboren waren und weder Gutes noch Böses taten, - damit der Vorsatz Gottes gemäß Erwählung bleibe, nicht aufgrund von Werken, sondern aufgrund des Rufenden -, Paulus führt als Beweis, dass es nicht um die natürliche Nachkommenschaft als Jude geht, wie man zum Volk Gottes gezählt wird, an, dass Gott noch bevor Jakob und Esau geboren waren und etwas getan hatten, die Verheißung erging, dass derjenige erwählt ist, zu Gott zu gehören, wer dem Ruf Gottes folgt. Im Fall von Jakob und Esau war dies leider nur Jakob. 9.12 ἐρρήθη αὐτῇ ὅτι Ὁ μείζων δουλεύσει τῷ ἐλάσσονι. wurde ihr gesagt, dass der Ältere dem Jüngeren dienen wird. In Vers 12 nennt Paulus das Ziel der Erwählung: irdischer Dienst, nicht jedoch eine ewige Errettung (z.B. »der Ältere wird verdammt – der Jüngere gerettet«). Gott setzt den Erstgeborenen zurück und handelt mit dem Nachgeborenen. Dies ist keine absolute Vorherbestimmung (»der Ältere muss dem Jüngeren dienen«), sondern eine Prophetie, die sich genau so erfüllt und Gott im Nachhinein (V. 13) ebenso bestätigt hat. Der Vorsatz Gottes in Vers 11 ist unabhängig von Werken, sondern steht in Verbindung mit dem Glauben an sein Wort, wie es bei Jakob im Gegensatz zu Esau der Fall war. Ein Gesichtspunkt, der zusätzlich der These der Vorherbestimmung zum persönlichen Heil bzw. Unheil widersprechen würde, kann in der weiteren geschichtlichen Entwicklung gesehen werden, nämlich dass Esau selbst nie Jakob gedient hat, sondern diese Feststellung vielmehr den weiteren Verlauf der Völker aufgrund der Glaubenshaltung ihrer Stammväter, 71 Der Römerbrief wiedergibt. 1Mo 25,23. »Der HERR aber sprach zu ihr: Zwei Nationen sind in deinem Leib, und zwei Volksstämme scheiden sich aus deinem Innern; und ein Volksstamm wird stärker sein als der andere, und der Ältere wird dem Jüngeren dienen. « In der Tat hat sich vielmehr Jakob vor Esau verneigt (1Mo 33,3), ihn als seinen Herrn und sich als dessen Diener bezeichnet (1Mo 33,5; 8; 13). Jakob hat Esau gebeten, seine Gaben anzunehmen (1Mo 33,11) und Esaus Gesicht schien ihm wie das Antlitz Gottes: 1Mo 33,10 »Denn ich habe ja doch dein Angesicht gesehen, wie man das Angesicht Gottes sieht, und du hast Gefallen an mir gehabt. Nimm doch mein Geschenk, das dir überbracht worden ist! Denn Gott hat es mir aus Gnaden geschenkt, und ich habe alles. Und als er in ihn drang, da nahm er es. « Der Hauptgedanke des Paulus in diesem Vers ist der weitere Geschichtsverlauf und die Auswahl Gottes, die auf dem Glauben oder Unglauben basierend, in seinem Ratschluss einbezogen und im Voraus eingeplant wurde. Diese Auswahl Jakobs ist von dessen Werken oder Verhalten unabhängig, sondern hat allein dessen Glauben zur Grundlage. 9.13 Καθὼς γέγραπται, Τὸν Ἰακὼβ ἠγάπησα, τὸν δὲ Ἠσαῦ ἐμίσησα. Wie geschrieben ist: Jakob liebte ich, Esau aber hasste ich. Paulus belegt die Aussage, dass Jakob aufgrund seines Glaubens erwählt war und zum Volk Gottes zählte, indem er dies mit der heiligen Schrift belegt, was Gott vor dessen Geburt ankündigte. Die Aussage in Vers 13 steht im Propheten Maleachi – also nicht im Sinne einer vorher getroffenen Auswahl: Sondern nach dem Leben der beiden wurde diese Feststellung getroffen – aufgrund der anhaltenden Gottlosigkeit Esaus und seiner Nachkommen. Esau steht hier als Bild für Unglauben und Rebellion – Jakob als Bild für Glauben und Treue. Wieder steht die gesamte Nation der Edomiter und Israels mit ihren Repräsentanten im Blick. Paulus belegt mit der Anführung der Geschichte von Jakob und Esau, die als 72 Der Römerbrief Repräsentanten der jeweiligen Völker gesehen werden, dass Gottes Heilsgeschichte nicht aufgrund der natürlichen Abstammung, sondern aufgrund des Glaubens geschieht. Bullinger weist in seinem Standardwerk zu sprachlichen Stilmitteln darauf hin, dass in der Bibel »Eltern und Vorfahren häufig für ihre Nachkommen und Kinder verwendet werden« und verweist dabei auch auf Röm 9,13 (vgl. 2004, S. 544). Jakob und seine Nachkommen, das Volk Israel, wurden als »Gefäß zur Ehre«, Esau und die Edomiter hingegen als »Gefäße zur Unehre« (vgl. V. 21ff) in Gottes Pläne einbezogen. Das biologische Primat Esaus wurde beiseite gesetzt und Jakob wurde Träger der Heilsgeschichte Gottes. Wenn es in Vers 13 heißt: »Jakob habe ich geliebt, Esau aber habe ich gehasst«, dann kommt damit ein sprachliches Stilmittel zum Ausdruck, das die Bevorzugung des einen angibt und die Zurücksetzung des anderen (vgl. Bullinger, 2004, S.423ff). Der Linguist Deibler umschreibt den Sinn dieses Verses unter Verweis auf das verwendete Stilmittel mit »Ich bevorzugte Jakob, den Jüngeren, aber Esau, den Älteren, missbilligte ich." (1998, S.217). Damit ist jedenfalls kein vorweltlicher Hass Gottes gemeint, der Grundlage für die Bestimmung Esaus zur Hölle beinhalten würde, sondern die Wege des Unglaubens Esaus und seiner Nachkommen werden von Gott im Rückblick missbilligt. Im Zusammenhang lehrt uns die Geschichte Jakobs und Esaus: »Ohne Glauben aber ist es unmöglich, ihm wohlzugefallen« (Heb 11,6). Über das ewige Schicksal Esaus kann zwar spekuliert werden, dies ist jedoch nicht Gegenstand der paulinischen Gedankenführung in Römer 9. Im Gesamtzusammenhang von Römer 9 führt Paulus das Beispiel von Jakob und Esau an, um zu zeigen, dass trotz der biologisch bevorzugten Stellung von Esau und dessen Anspruch auf den Segen des Erstgeburtsrechts, Gott diesen zurücksetzt. Ebenso 73 Der Römerbrief setzt Gott in der gegenwärtigen Zeit das ungläubige Israel zurück, das trotz seiner Vorzüge, die Paulus anführt, aufgrund des Unglaubens von Gott zurückgesetzt wird. 9.14 Τί οὖν ἐροῦμεν; Μὴ ἀδικία παρὰ τῷ θεῷ; Μὴ γένοιτο. Was sollen wir nun sagen? Ist etwa Unrecht bei Gott? Das kann nicht sein! In den weiteren Versen begegnet Paulus einem möglichen Einwand, der gegen seine Kriterien der Erwählung vorgebracht werden könnte: »Was wollen wir nun sagen? Deibler meint zu diesem Einwand: »Es ist vorausgesetzt, dass der, der fragt ein Jude sei. « (1998, S. 218). Wer auf eigene Werke pocht, wie das jüdische Volk zur damaligen Zeit (vgl. Röm 10.3), könnte gegen die göttliche Erwählung allein aufgrund des Glaubens Einspruch erheben. Da die Auswahl Gottes nicht an den Werken ansetzt – wie das Beispiel Jakob und Esau zeigt – könnte Gott Ungerechtigkeit vorgeworfen werden. Dem widerspricht Paulus hingegen sofort: Gott ist dabei nicht ungerecht, wenn er Gläubige erwählt und Ungläubige hingegen in seinen Plänen als „Gefäße zur Unehre“ gebraucht. Das sollte bereits nach der Erwähnung von Jakob und Esau deutlich geworden sein. 9.15 Τῷ γὰρ Μωϋσῇ λέγει, Ἐλεήσω ὃν ἂν ἐλεῶ, καὶ οἰκτειρήσω ὃν ἂν οἰκτείρω. Denn Moses sagt er: Ich werde mich erbarmen, wessen immer ich mich erbarme, und ich werde Mitleid haben, mit wem immer ich Mitleid habe. Als Rechtfertigung dafür, dass bei Gott keine Ungerechtigkeit in seinem Heilshandeln vorhanden ist, führt Paulus ein Beispiel aus 2Mo 33 an, das zeigen soll, wie barmherzig Gott mit den Nachkommen Jakobs, dem Volk Israel, gehandelt hat. Im Hinblick auf die vorangehenden Verse widerlegt Paulus anhand von zwei Beispielen, Mose und Pharao, vielmehr, dass bei Gott Ungerechtigkeit vorhanden wäre, sondern, dass Gott einerseits barmherzig ist, wie dies bei Mose deutlich wurde, aber andererseits auch Widerstand seine Pläne nicht ins Wanken bringen und er auch mit »Gefäßen zur Unehre« gerecht verfährt. Nach 2Mo 33,18f redete Gott dies zu Mose, als dieser seine Herrlichkeit sehen wollte. 74 Der Römerbrief Moses Wunsch wurde erfüllt, und als er in einer Felsenkluft war, konnte er die Herrlichkeit des gnädigen Herrn sehen. Die Vorherbestimmung bestimmter Sünder zum Heil ist nicht das Thema im Kontext der von Paulus zitierten Schriftstelle. Mose als begnadeter Führer des aus Ägypten erlösten Volkes erfuhr die Güte Gottes, indem dieser ihm zu verstehen gibt, dass er mit dem Volk Israel ist. „Nachdem Gott vorübergegangen war, konnte Mose die Herrlichkeit Gottes von hinten sehen. Auf dieselbe Weise betrachtet der Apostel mit seinen Lesern die Wege Gottes. Und wenn Paulus auf diese Wege zurückblickt, bewundert er die Herrlichkeit Gottes. 9.16 Ἄρα οὖν οὐ τοῦ θέλοντος, οὐδὲ τοῦ τρέχοντος, ἀλλὰ τοῦ ἐλεοῦντος θεοῦ. Also (ist es) nun nicht (Sache) des Wollenden und nicht die des Laufenden, sondern des sich erbarmenden Gottes. Also liegt es nun nicht, sagt der Apostel, an dem Wollenden (denn Israel hatte voller Begeisterung das Halten des Gesetzes versprochen: 2.Mose 19.8; 24,7), noch an dem Laufenden (das Volk hatte gerade mit dem Lauf begonnen und war schon wieder gestrauchelt), sondern an dem begnadigenden Gott. Für Sünder – und solche sind wir – gibt es keine andere Zuflucht.“ (Medema, 1992, S. 155f). 9.17 Λέγει γὰρ ἡ γραφὴ τῷ Φαραὼ ὅτι Εἰς αὐτὸ τοῦτο ἐξήγειρά σε, ὅπως ἐνδείξωμαι ἐν σοὶ τὴν δύναμίν μου, καὶ ὅπως διαγγελῇ τὸ ὄνομά μου ἐν πάσῃ τῇ γῇ. Es sagt ja die Schrift dem Pharao: Gerade dazu erweckte ich dich, damit ich an dir meine Kraft erweise und damit mein Name auf der ganzen Erde verkündet würde. Ein weiteres Beispiel, das Paulus ab Vers 17 nennt, um dem Einwand zu begegnen, Gott wäre ungerecht in seinem Handeln. Ist dessen Reaktion und Antwort, wenn seine Barmherzigkeit abgewiesen und gegen ihn rebelliert wird, ungerecht? Auch hier verfährt er gerecht und kommt mit seinen Plänen zum Ziel. »Das zweite Beispiel – aus einem etwas früheren Stadium der Geschichte – ist der Pharao, der große Gegenspieler Gottes und seines Volkes. Hat Gott den Pharao willkürlich behandelt? Die Geschichte zeigt das Gegenteil. Die erste Begebenheit ist ein Beispiel für das Erbarmen, die zweite ein Beispiel für die Verhärtung. Aber auch als Gott das Herz des Pharao verhärtete, übte Gott seine Souveränität und Gerechtigkeit aus. 75 Der Römerbrief Denn wenn Gott dem Pharao gegenüber dem Recht entsprechend gehandelt hätte, hätte er den Pharao viel eher vertilgen müssen, aber er gab ihm noch Zeit. Nutzte der Pharao die Zeit, um sich zu Gott zu wenden? Nein, er verhärtete sein Herz. Gott war barmherzig, aber dadurch, dass der Pharao sein Herz verhärtete, endete die ganze Geschichte damit, dass Gott schließlich Pharaos Herz verhärtete... Gott hat gewissermaßen zum Pharao gesagt: ‚Wenn du dich gerne verhärten willst, bitte, aber dann ziehe ich meine Hand auch von dir zurück« (Medema, 1992, S.156). Paulus spricht von Gottes Souveränität, die auch in der Lage ist, Unglauben und Widerstand gegen seinen Willen in seine Pläne einzubeziehen – ohne selbst diesen hervorgerufen oder gewollt zu haben. Das zeigt das Beispiel von Pharao, der sich gegen das Reden Gottes verhärtet hatte und schließlich von Gott selbst verstockt wurde. Dieser Mensch musste dennoch als Gerichtswerkzeug und Gegenstand der Machterweise des Herrn dienen. Wie ist dieser Abschnitt in Übereinstimmung mit anderen klaren Aussagen der heiligen Schrift zu bringen, wonach Gott das Heil aller Menschen und nicht des Sünders Tod will (z.B. Hes 33.11), hier aber eine Einschränkung seiner Auswahl beschrieben wird? Zur Klärung und Harmonisierung des Abschnittes werden die deutlichen Bibelstellen über den Willen Gottes zur Rettung jedes Menschen vorausgesetzt. Im Hinblick auf Pharao würde dies bedeuten, dass Gott grundsätzlich auch das Heil dieses Mannes gewollt hat. Durch den rebellischen Pharao, der sich Gottes Wort nicht beugen wollte, hat Gott seine Macht gezeigt. Seine Souveränität wird selbst durch Pharao nicht beeinträchtigt, der sich nicht dem Gott Israels unterwerfen will und viel Leiden über das alttestamentliche Gottesvolk gebracht hat, indem er am ägyptischen Götzendienst festhielt. Dieses rebellische Verhalten 76 Der Römerbrief zugrundelegend, zeigt Gott nach langer Geduld dann keine Gnade mehr, sondern verhärtet Pharao, nachdem dieser das gnädige Reden Gottes mehrfach von sich gestoßen hat. 9.18 Ἄρα οὖν ὃν θέλει ἐλεεῖ· ὃν δὲ θέλει σκληρύνει. Also nun, wen er will, (dessen) erbarmt er sich, wen er aber will, verhärtet er. Paulus zieht nun eine Folgerung aus dem Bisherigen: Gott erbarmt sich der Gläubigen und verhärtet, wenn man ihm Widerstand leistet. Die Beispiele bisher haben dies illustriert. 9.19 Ἐρεῖς οὖν μοι, Τί ἔτι μέμφεται; Τῷ γὰρ βουλήματι αὐτοῦ τίς ἀνθέστηκεν; Du wirst mir nun sagen: Was tadelt er noch? Denn wer kann seinem Ratschluss widerstehen? Paulus greift in Vers 19 wieder einen möglichen Einwand auf: „Nun wirst du mich fragen: Warum tadelt er dann noch? Wer kann seinem Willen widerstehen?“ und widerlegt diesen ab Vers 20ff, indem er göttliche Prinzipien am Bild vom Töpfer und vom Ton deutlich macht. Natürlich ist der vermeintliche Einwand absurd: Sicher kann ein gerechter Gott mit voller Berechtigung Unglauben und Rebellion tadeln. „Wer kann seinem Ratschluss widerstehen?“ ist nicht bereits die paulinische Antwort, sondern ein hypothetischer Einwand, der Fatalismus unterstellt, wenn ohnehin alles nach göttlichem Plan, wie Paulus ausgeführt hat, laufen muss. Whedon meint zu dem vorgebrachten Einwand gegen die bisherige Darlegung von Paulus in Vers 19: „Die jüdische Fragestellung ist Folgende: Wenn Gott, wie du sagst, alles auf seine eigene Weise durchführt, warum zieht er uns Juden dann zur Verantwortung? Es kommt aufgrund einer falschen calvinistischen Auffassung dieser Angelegenheit, dass hier der Jude Einwand erhebt. Er versteht Paulus, wie er den Sachverhalt darstellt, als Vertreter der Prädestination.“ (zitiert in: Deibler, 1998, S. 222). Gegen den Einwand der Willkür und des Fatalismus wendet sich Paulus in den weiteren Versen, bestreitet jedoch nicht Gottes Souveränität. Nach calvinistischem Verständnis müsste Paulus auf diesen Einwand jedoch gar nicht reagieren, da alles von Gott gewollt und vorherbestimmt sei. Dann wäre es in der Tat ungerecht von 77 Der Römerbrief Gott, dies alles zu tadeln, wenn er es selbst ja so gewollt habe. Gott tadelt jedoch zu Recht, wenn seinem Willen widerstanden wird. Auch kann man Gott keine Ungerechtigkeit oder Willkür vorwerfen, wenn er Menschen oder Völker – wie das Volk der Juden in der gegenwärtigen Zeit – aufgrund ihres Unglaubens verwirft und andere Menschen oder gar die Heiden für seine Zwecke erwählt. Gegen diese göttlichen Prinzipien kann nicht der Vorwurf des Fatalismus erhoben werden, auch wenn sowohl Glaube und Gehorsam als auch Unglaube und Rebellion in den Plänen Gottes zum Tragen kommen. Paulus gibt für seine Antithese plausible Gründe: Vers 18 wird von manchen so interpretiert, dass Gott Menschen verhärtet und von der Möglichkeit zu glauben ausschließt, bevor sie geboren werden. Gott verhärtet jedoch erst nach Rebellion und Widerstand gegen sein Reden – wie bei Pharao, den er nach wiederholtem Reden dann ab der sechsten Plage verstockt hat. Israel als Nation wurde von Gott verstockt – nicht aufgrund vorweltlicher Beschlüsse, sondern aufgrund gegenwärtigen Ungehorsams (Röm 11,31). Diese Verstockung wird beendet sein, wenn sich Israel zu Jesus Christus bekehren wird (Röm 11,23). Gottes Erbarmen steht über jedem, der an seinen Sohn glaubt. Ab Vers 20 beginnt Paulus seine Gegenrede: Kein Mensch hat das Recht, solche Vorwürfe gegen Gott zu erheben und im nächsten Vers argumentiert Paulus, dass wie Ton, der von einem Töpfer geformt wird, auch der Mensch als Geschöpf Gottes, keine Anklage – in diesem Fall auch noch unbegründet – hervorbringen darf. Wie der Ton, so er denn sprechen könnte, kein Recht habe, gegen den Töpfer Anklage zu erheben, so darf kein Mensch Gott auf die Anklagebank setzen und gegen ihn die in Vers 19 geäußerten Vorwürfe machen. 78 Der Römerbrief Dies sollten sich Ausleger vergegenwärtigen, die Gott als Urheber der Sünde bezeichnen. 9.20 Μενοῦνγε, ὦ ἄνθρωπε, σὺ τίς εἶ ὁ ἀνταποκρινόμενος τῷ θεῷ; Μὴ ἐρεῖ τὸ πλάσμα τῷ πλάσαντι, Τί με ἐποίησας οὕτως; In der Tat, o Mensch, wer bist du, der du Gott widersprichst? Wird etwa das Gebilde zum Bildenden sagen: Was machtest du mich so? Μενοῦνγε (“ja freilich, in der Tag, wahrlich, also wirklich nun”) bedeutet nach dem Etymologium Gudianum Mu, 387: ” τρεῖς εἰσὶ σύνδεσμοι σημαίνει δὲ βεβαιότητα καὶ ἀληθές“. „Es sind drei Konjunktionen. Es zeigt nun die Sicherheit und Wahrheit an“. Damit korrigiert Paulus den falschen und hochmütigen menschlichen Einwand, den Paulus widerlegt hatte, also, dass Gott angeblich willkürlich verfahren würde. Gott hat sehr wohl das Recht die einen seiner Geschöpfe, die ihm glauben, so und die ihm nicht gehorchen, anders zu behandeln. 9.21 Ἢ οὐκ ἔχει ἐξουσίαν ὁ κεραμεὺς τοῦ πηλοῦ, ἐκ τοῦ αὐτοῦ φυράματος ποιῆσαι ὃ μὲν εἰς τιμὴν σκεῦος, ὃ δὲ εἰς ἀτιμίαν; Oder hat nicht der Töpfer Vollmacht über den Paulus illustriert seine Behauptung, dass ein Mensch nicht Gott Lehm, aus derselben Masse das eine Gefäß zur anklagen kann, indem er Gott mit einem Töpfer und den Mensch mit Ehre zu machen, das andere aber zur Unehre, Ton vergleicht. Der Töpfer hat sicher – fährt Paulus ab V.21 fort – das Recht, Ton zu nehmen und für bestimmte Zwecke zu formen. Genauso hat Gott das Recht, Menschen oder Völker für bestimmte Zwecke in seinen Plänen zu gebrauchen. Die Gegensätze der Verwendung der Gefäße mittels „Ehre“ vs. „Unehre“ beschreiben den Gebrauch für besondere bzw. gewöhnliche Zwecke. 9.22 Εἰ δὲ θέλων ὁ θεὸς ἐνδείξασθαι τὴν ὀργήν, καὶ γνωρίσαι τὸ δυνατὸν αὐτοῦ, ἤνεγκεν ἐν πολλῇ μακροθυμίᾳ σκεύη ὀργῆς κατηρτισμένα εἰς ἀπώλειαν· wenn Gott nun, den Zorn erweisen und seine Macht bekanntmachen wollend, mit viel Geduld (die) Gefäße (des) Zorns, die zum Verderben bereitet sind, ertrug, Εἰ („wenn“) setzt am Satz davor an, d.h. Paulus setzt die Frage fort, ob nicht ein Töpfer mit dem Ton tun kann, was er will, indem er dies auf Gott überträgt, wenn dieser dies auch so tut. Ab Vers 22 folgt die paulinische Rechtfertigung für dieses göttliche Prinzip, also, dass er Menschen so oder so behandelt. Gott erträgt die Menschen, trotz ihrer Sünde und Rebellion, die seinen gerechten Zorn erregen und erzeigt sich an denen gnädig, die Gegenstand seines Erbarmens sind, d.h. die seinem Wort glauben. Diese Verse sprechen davon, dass 79 Der Römerbrief Gläubige und Ungläubige – die zwei Gefäße aus dem einen Ton Mensch – in Gottes Heilsplan ihre Relevanz finden. Die eine Gruppe als „Gefäße zur Ehre“, die andere Gruppe als „Gefäße zur Unehre“. Paulus hat im Römerbrief bereits deutlich gemacht, dass von Natur aus alle Menschen sündig und in Rebellion gegen Gott leben. Im weiteren Verlauf seiner Gedanken macht Paulus ab Vers 24 deutlich, dass die Christen aus den Juden und den Heiden, als „Gefäße zur Ehre“, Gegenstand des Heilshandelns und Gottes Volk sind und nennt wiederum die traurige Tatsache, dass dabei nur ein Überrest des jüdischen Volkes zum Heil in Christus gefunden hat. Im Hinblick auf Vers 22 ist zu bedenken, dass, obwohl Gott das rebellische Herz des Pharao kannte, er ihm mehrfach seine Heilsbotschaft durch Mose hat ausrichten lassen, damit er zur Buße gelangen sollte. Dadurch, dass er Pharao nicht sofort vernichtete und sich durch ihn verherrlichen wollte, kann gezeigt werden, dass selbst Ungehorsam Einbeziehung in Gottes Pläne findet. Die Zubereitung zu einem „Gefäß zur Unehre“ in Gottes Plänen hat nicht ihren Ausgang in Gott, sondern im Menschen selbst, der die Gnade – wie Pharao – abgelehnt hat und dennoch mehrfach von Gott zur Umkehr gebracht werden wollte. Die Diskursrelation ist konzessiv, d.h. obwohl Gott seinen Zorn über Sünde deutlich machen will, erträgt er die Menschen, die dies in ihm hervorrufen, und verdammt sie noch nicht. Syntaktisch fehlt diesem Satz der Hauptsatz. Εἰ („wenn“) leitet ja einen Nebensatz ein, sodass der Hauptsatz zu rekonstruieren ist bzw. dieser im Vers davor in Frage kommt, auch wenn die Subjekte sich ändern. Es geht im Kontext darum, dass Gott in seinem Tun gerechtfertigt wird und niemand Gott beschuldigen kann, wie er handelt. 80 Der Römerbrief 9.23 καὶ ἵνα γνωρίσῃ τὸν πλοῦτον und damit den Reichtum seiner Herrlichkeit an τῆς δόξης αὐτοῦ ἐπὶ σκεύη ἐλέους, (den) Gefäßen (des) Erbarmens bekanntmachte, die er zu Herrlichkeit ἃ προητοίμασεν εἰς δόξαν, vorherbereitete, Gott ist aus dem Grund geduldig mit den Gottlosen, damit er den herrlichen Reichtum öffentlich bekanntmachen könne an den Gefäßen des Erbarmens, d.h. Menschen, über die er sich aufgrund ihres Glaubens erbarmen kann. Diese sind zur Herrlichkeit vorherbereitet. 9.24 οὓς καὶ ἐκάλεσεν ἡμᾶς οὐ μόνον ἐξ Ἰουδαίων, ἀλλὰ καὶ ἐξ ἐθνῶν; die er auch berief, uns, nicht nur von Juden, sondern auch von Nationen? Mit οὓς („die“) leitet Paulus einen Relativsatz ein, in dem er die Gefäße des Erbarmens näher beschreibt und zwar als solche, die aus Juden und Heiden berufen wurden, d.h. die Gott gerufen hatte und die dem Ruf gefolgt sind. 9.25 Ὡς καὶ ἐν τῷ Ὡσηὲ λέγει, Καλέσω τὸν οὐ λαόν μου λαόν μου· καὶ τὴν οὐκ ἠγαπημένην ἠγαπημένην. Wie er auch in Hosea sagt: Ich werde die nicht mein Nicht-Volk (sind), mein Volk nennen und die Nicht-Geliebten Geliebte. Paulus belegt die Aussage in Vers 24, nämlich, dass Gott aus Juden und Heiden Gefäße des Erbarmens beruft, indem er Hosea als Beleg anführt. Dort sagt Gott bereits, dass er Heiden als sein Volk bezeichnet, wenn sie an ihn glauben. Diesen Heiden konnte aufgrund ihres Unglaubens nicht gezeigt werden, dass Gott sie liebt, sodass sie „Nicht-Geliebte“ sind, auch wenn Gott jeden Menschen liebt. Nun aber kann Gott diese als seine Geliebten bezeichnen, da sie an ihn glauben. 9.26 Καὶ ἔσται, ἐν τῷ τόπῳ οὗ ἐρρήθη αὐτοῖς, Οὐ λαός μου ὑμεῖς, ἐκεῖ κληθήσονται υἱοὶ θεοῦ ζῶντος. Und es wird geschehen: An dem Ort, da ihnen gesagt wurde: (Ihr seid) nicht mein Volk, dort werden sie Söhne (des) lebendigen Gottes genannt werden. Paulus führt ein weiteres Zitat bei Hosea 1.10 an, um zu belegen, dass Gott auch Menschen aus den Heiden annimmt, indem er das Zitat für Orte anwendet, wo das Volk Gottes nicht ist, aber aufgrund des Glaubens dann doch so bezeichnet werden kann. 9.27 Ἠσαΐας δὲ κράζει ὑπὲρ τοῦ Ἰσραήλ, Ἐὰν ᾖ ὁ ἀριθμὸς τῶν υἱῶν Ἰσραὴλ ὡς ἡ ἄμμος τῆς θαλάσσης, τὸ κατάλειμμα σωθήσεται· Jesaja nun ruft über Israel: Wenn die Zahl der Söhne Israels wie der Sand des Meeres (ist), wird (nur) der Überrest gerettet werden. Mittels eines weiteren Zitates belegt Paulus, dass Gott sein Volk, wenn es ihm nicht glaubt, nicht mehr annimmt, selbst wenn dieses Volk unzählbar wie der Sand an den Meeresufern ist. Aufgrund der betonten Stellung von τὸ κατάλειμμα („der Überrest“) kann ein „nur“ hinzugedacht werden, d.h. ist das Volk Gottes noch so groß, 81 Der Römerbrief kann Gott nur die Gläubigen darin retten, die zahlenmäßig leider sehr gering sind. 9.28 λόγον γὰρ συντελῶν καὶ συντέμνων ἐν δικαιοσύνῃ· ὅτι λόγον συντετμημένον ποιήσει κύριος ἐπὶ τῆς γῆς. Denn er ist eine Sache erfüllend und abkürzend in Gerechtigkeit, weil (der) Herr eine abgekürzte Sache auf der Erde machen wird. Mit γὰρ („denn“) begründet Paulus, warum Gott nur einen Überrest rettet, indem er Jesaja 10.23 frei anwendet. D.h. Gott rettet nur den Überrest, da er dies in seinem Wort so angekündigt hatte, indem er dieses erfüllt. Mittels συντέμνων („verkürzend“) beschreibt Paulus, dass die Zeit verkürzt wird, in denen Gott sein Wort beschleunigt und zeitlich verkürzt zur Erfüllung bringt, da seine Gerechtigkeit dies verlangt. Das Wort λόγος („Sache“) bedeutet i.d.R. „Wort“, ist hier aber konkret, d.h. etwas, das getan wird, sodass es die Bedeutung „Angelegenheit, Sache“ bzw. „Abrechnung“ annimmt. Mit ἐν δικαιοσύνῃ („in Gerechtigkeit“) beschreibt Paulus die Art und Weise, wie Gott sein Wort über das ungläubige Israel erfüllt. Da sie ihm nicht glauben, ist es gerecht, dass er das Gericht bringt. Mit ὅτι („weil“) leitet Paulus ein, warum Gott schnell und gerecht handelt, da er aufgrund des Unglaubens auf Erden in seinem Volk schnell handeln will. 9.29 Καὶ καθὼς προείρηκεν Ἠσαΐας, Εἰ μὴ κύριος Σαβαὼθ ἐγκατέλιπεν ἡμῖν σπέρμα, ὡς Σόδομα ἂν ἐγενήθημεν, καὶ ὡς Γόμορρα ἂν ὡμοιώθημεν. Und wie Jesaja vorhergesagt hat: Wenn nicht (der) Herr Zebaoth uns Samen übriggelassen hätte, wären wir wie Sodom geworden und wie Gomorra wären wir wohl gleichgemacht worden. Paulus illustriert die These, dass Gott aus Gnade einen Überrest rette, indem er Jesaja anführt, der prophezeite, dass Gott aus Gnade nicht alle vernichtete, sondern einen Überrest begnadigte. Wäre dies anders, hätte es eine verdiente völlige Vernichtung der Feinde Gottes wie in Sodom und Gomorra gegeben. Diese Begebenheit führt Paulus mittels eines Irrealis der Vergangenheit an, d.h. Gott hat nicht wie in Sodom und Gomorra alle Bewohner vernichtet, da einige doch glaubten. 9.30 Τί οὖν ἐροῦμεν; Ὅτι ἔθνη τὰ μὴ διώκοντα δικαιοσύνην, Was sollen wir nun sagen? Dass Nationen, die nicht (der) Gerechtigkeit nachgingen, Τί οὖν ἐροῦμεν („was sollen wir nun sagen“) leitet eine Schlussfolgerung mittels einer rhetorischen Frage ein, nämlich, dass 82 Der Römerbrief κατέλαβεν δικαιοσύνην, δικαιοσύνην δὲ τὴν ἐκ πίστεως· Gerechtigkeit erhielten, eine Gerechtigkeit nun, die aus Glauben (ist), Heiden, die von Gott nichts wussten, und ungerecht lebten, die Rechtfertigung vor Gott erhielten, die aus Glauben an Christus kommt. 9.31 Ἰσραὴλ δέ, διώκων νόμον δικαιοσύνης, εἰς νόμον δικαιοσύνης οὐκ ἔφθασεν. Israel aber, (das) Gesetz (der) Gerechtigkeit verfolgend, gelangte nicht hin zu (dem) Gesetz (der) Gerechtigkeit. Der zweite Teil der Schlussfolgerung bezieht sich auf die jüdischen Menschen, die das mosaische Gesetz befolgen wollten, um gerechtfertigt zu werden, aber es nicht erreichten. 9.32 Διὰ τί; Ὅτι οὐκ ἐκ πίστεως, ἀλλ᾽ ὡς ἐξ ἔργων νόμου· προσέκοψαν γὰρ τῷ λίθῳ τοῦ προσκόμματος, Weswegen? Weil es nicht aus Glauben (war), sondern als aus Werken (des) Gesetzes. Sie stießen ja am Stein des Anstoßes an, Διὰ τί („weswegen“) leitet die Antwort ein, warum Israel es nicht schaffte, die Forderungen Gottes im Gesetz zu erfüllen und so vor Gott gerechtfertigt zu werden, da sie zwar bestimmte Dinge des Gesetzes tun wollten, aber dies war im Unglauben dem Messias gegenüber. Die Partikel ὡς („wie, als“) zeigt, dass diese Methode der Werke nicht erfolgreich ist, um vor Gott gerecht zu sein, da die Werke, die das Gesetz vorsah, nicht dazu geeignet sind, vor Gott gerecht zu sein, da dies nur durch Glauben an den Messias möglich ist. Mit γὰρ („ja“) beschreibt Paulus den Beleg, wie ihr Unglaube deutlich wird, da sie ja Christus als Erlöser ablehnten und so nicht bei dem ankamen, was das mosaische Gesetz vorsah. 9.33 καθὼς γέγραπται, Ἰδοὺ τίθημι ἐν Σιὼν λίθον προσκόμματος καὶ πέτραν σκανδάλου· καὶ πᾶς ὁ πιστεύων ἐπ᾽ αὐτῷ οὐ καταισχυνθήσεται. wie geschrieben ist: Siehe, ich lege in Zion einen Stein (des) Anstoßes und einen Felsen (des) Ärgernisses, und jeder an ihn Glaubende wird nicht beschämt werden! Als Beleg für seine Aussage, dass Israel dem Messias nicht glaubte, führt Paulus Jesaja an, der dies vorhersagte. Dabei vergleicht Gott seinen Gesalbten mit einem Stein, der von ihm platziert wurde und an dem Menschen, die ihn ablehnen zu Fall kommen, wenn sie an ihm Anstoß und Ärgernis nehmen. Mittels eines adversativen καὶ („und (doch)“) beschreibt Paulus, dass die an den Messias glauben, jedoch nicht enttäuscht werden, was das Heil anbelangt. 83 Der Römerbrief 10.1 Ἀδελφοί, ἡ μὲν εὐδοκία τῆς ἐμῆς καρδίας καὶ ἡ δέησις ἡ πρὸς τὸν θεὸν ὑπὲρ τοῦ Ἰσραήλ ἐστιν εἰς σωτηρίαν. Brüder, das Wohlgefallen meines Herzens und das Flehen zu Gott für Israel ist um Rettung. In den Versen 1-4 drückt Paulus seine Gefühle hinsichtlich des Unglaubens und des Problems von Israel aus, sodass er Gott um deren Rettung bittet. 10.2 Μαρτυρῶ γὰρ αὐτοῖς ὅτι ζῆλον θεοῦ ἔχουσιν, ἀλλ᾽ οὐ κατ᾽ ἐπίγνωσιν. Ich bezeuge ihnen ja, dass sie Eifer (für) Gott haben, aber nicht nach Erkenntnis. Der Hintergrund der Bitte an Gott um Rettung ist seine Überzeugung, dass die Juden zwar Eifer für Gott haben, aber die Erkenntnis ablehnen, wie sie ihm gefallen können. 10.3 Ἀγνοοῦντες γὰρ τὴν τοῦ θεοῦ δικαιοσύνην, καὶ τὴν ἰδίαν δικαιοσύνην ζητοῦντες στῆσαι, τῇ δικαιοσύνῃ τοῦ θεοῦ οὐχ ὑπετάγησαν. Die Gerechtigkeit Gottes nämlich nicht kennend und die eigene Gerechtigkeit aufzurichten suchend, ordneten sie sich der Gerechtigkeit Gottes nicht unter. Mit γὰρ („nämlich“) erklärt Paulus, wie es dazu kommt, dass sie für Gott ohne Erkenntnis eifern, da sie nicht erkennen, was vor Gott als gerecht gilt, und so meinen, sie selbst können vor Gott gerecht sein, indem sie ihre eigene Gerechtigkeit, die es nicht gibt, geltend machen. Dies führt dazu, dass sie den Forderungen Gottes nach Gerechtigkeit nicht entsprechen können und sich dieser nicht beugen wollen, da diese nur durch Glauben möglich ist, den Israel als Ganzes ablehnt. 10.4 Τέλος γὰρ νόμου χριστὸς εἰς δικαιοσύνην παντὶ τῷ πιστεύοντι. (Das) Gesetzes Ziel (ist) ja Christus, zur Gerechtigkeit jedem Glaubenden. Mit einem emphatischen Satz, der mit γὰρ („ja“) eingeleitet wird, beschreibt Paulus das Problem genauer. Das mosaische Gesetz zielt auf den Glauben an Christus ab, wodurch Rechtfertigung vor Gott möglich ist. Dies heißt, dass Israel das Ziel und den Sinn des Gesetzes ablehnt, indem sie nicht an den Messias glauben, obwohl jeder, der glaubt, gerechtfertigt werden kann. 10.5 Μωϋσῆς γὰρ γράφει τὴν δικαιοσύνην τὴν ἐκ τοῦ νόμου, ὅτι ὁ ποιήσας αὐτὰ ἄνθρωπος ζήσεται ἐν αὐτοῖς. Moses schreibt nämlich über die Gerechtigkeit aus (dem) Gesetz, dass der sie getan habende Mensch durch sie leben wird. Paulus erklärt nun den Sinn des Gesetzes und stellt dazu die Gerechtigkeit, die durch das Gesetz käme, dem aus Glauben gegenüber. So stellt er zunächst fest, dass nur derjenige, der das Gesetz genau getan hat, was durch den Aorist ποιήσας („getan habend“) zum Ausdruck kommt, dadurch ewiges Leben hat und vor Gott gerechtfertigt ist. Mit ἐν αὐτοῖς („durch sie“) kommen implizit 84 Der Römerbrief die Taten zur Ansprache, die das mosaische Gesetze verlangt, z.B. die Beschneidung etc. 10.6 Ἡ δὲ ἐκ πίστεως δικαιοσύνη οὕτως λέγει, Μὴ εἴπῃς ἐν τῇ καρδίᾳ σου, Τίς ἀναβήσεται εἰς τὸν οὐρανόν; τοῦτ᾽ ἔστιν χριστὸν καταγαγεῖν Die Gerechtigkeit aus Glauben aber redet so: Sprich nicht in deinem Herzen: Wer wird in den Himmel hinaufsteigen? Dies ist: Christus herabzuführen. Mittels δὲ („aber“) stellt er die Gerechtigkeit aus Glauben dem aus Gesetz gegenüber, indem er jemanden, der aus Glauben gerechtfertigt ist, sagen lässt, was sein Gegenüber in seinem Inneren nicht denken soll. Dazu personifiziert Paulus den Glauben als ob er reden könnte. Die Aussage ist eine verzweifelte Frage, wer in den Himmel gehen könnte, um dort Rettung zu holen bzw. Christus herzubringen. Diese Frage ist falsch und zweifelnd, wie Paulus später zeigen wird, da Christus ja gekommen ist, sodass dies eine Aussage des Unglaubens ist. 10.7 ἤ, Τίς καταβήσεται εἰς τὴν ἄβυσσον; τοῦτ᾽ ἔστιν χριστὸν ἐκ νεκρῶν ἀναγαγεῖν. Oder, wer wird in den Abgrund hinabsteigen? Dies ist: Christus aus (den) Toten heraufzuführen. Ebenso ist die nächste Frage ein Ausdruck des Zweifels und Unglaubens, die Paulus mit ἤ („oder“) anschließt, nämlich, ob nicht jemand in die Unterwelt gehen könnte, um dort den Retter heraufzuholen. Dies ist eine Aussage des Unglaubens, da dies bereits geschehen ist, nachdem Christus auferstanden ist. 10.8 Ἀλλὰ τί λέγει; Ἐγγύς σου τὸ ῥῆμά ἐστιν, ἐν τῷ στόματί σου καὶ ἐν τῇ καρδίᾳ σου· τοῦτ᾽ ἔστιν τὸ ῥῆμα τῆς πίστεως ὃ κηρύσσομεν· Doch, was sagt sie? Nahe ist dir der Ausspruch, in deinem Mund und in deinem Herzen. Dies ist: Der Ausspruch des Glaubens, den wir verkünden, Paulus lässt nun die personifizierte Gerechtigkeit aus Glauben sagen, was stattdessen zutreffend ist, nämlich dass das was Gott gesprochen hat, d.h. sein Ausspruch im Evangelium, zugänglich ist und man davon reden kann, nämlich der Glauben an Christus. Dieser wird von Paulus und den anderen ja überall verkündigt, sodass jeder glauben kann. 10.9 ὅτι ἐὰν ὁμολογήσῃς ἐν τῷ στόματί σου κύριον Ἰησοῦν, καὶ πιστεύσῃς ἐν τῇ καρδίᾳ σου ὅτι ὁ dass du, wenn du in deinem Mund Jesus als Herrn bekennst und in deinem Herzen glaubst, dass Gott ihn aus (den) Toten erweckte, gerettet werden wirst. Die Subjunktion ὅτι („dass“) leitet den Inhalt der Predigt ein, der verkündigt wird, nämlich, dass jeder, der an Christus glaubt und ihn in Folge auch bekennt, gerettet wird. Paulus gebraucht das Stilmittel Hysteron proteron, indem er das Bekenntnis vor dem Glauben erwähnt, obwohl erst der Glaube da sein muss, um dann bekannt zu 85 Der Römerbrief θεὸς αὐτὸν ἤγειρεν ἐκ νεκρῶν, σωθήσῃ· werden. Dadurch zieht er die Folge vor die Ursache, um diese als zentral zu beschreiben, d.h. durch das öffentliche Bekenntnis wird der Glaube sichtbar. Mit dem zweiten ὅτι („dass“) wird ebenfalls wieder der Inhalt eingeleitet, hier der des Glaubens im Herzen, nämlich, dass Christus auferstanden ist. Der Akkusativ 2 κύριον („als Herrn“) ist zur Betonung vor Ἰησοῦν („Jesus“), d.h. dem Akkusativ 1, vorangestellt. 10.10 καρδίᾳ γὰρ πιστεύεται εἰς δικαιοσύνην, στόματι δὲ ὁμολογεῖται εἰς σωτηρίαν. Mit (dem) Herzen wird nämlich zur Gerechtigkeit geglaubt, mit (dem) Mund nun wird zur Rettung bekannt. Mit γὰρ („nämlich“) erklärt Paulus, warum man im Herzen glauben muss, wodurch er die Aussage von Vers 9 erweitert. Dabei unterscheidet Paulus wieder das unsichtbare und sichtbare Moment. 10.11 Λέγει γὰρ ἡ γραφή, Πᾶς ὁ πιστεύων ἐπ᾽ αὐτῷ οὐ καταισχυνθήσεται. Es sagt ja die Schrift: Jeder an ihn Glaubende wird nicht beschämt werden. Mit γὰρ („ja“) belegt Paulus seine Aussage, dass der Gläubige gerettet wird, indem er Jesajas Aussage über den Messias anführt: Wer an ihn glaubt, wird gerettet werden und muss sich nicht vor Gott schämen. 10.12 Οὐ γάρ ἐστιν διαστολὴ Ἰουδαίου τε καὶ Ἕλληνος· ὁ γὰρ αὐτὸς κύριος πάντων, πλουτῶν εἰς πάντας τοὺς ἐπικαλουμένους αὐτόν. Denn es ist kein Unterschied zwischen Juden und Griechen, denn (er ist) derselbe Herr von allen, reich seiend für alle ihn Anrufenden. Mit γάρ („denn“) leitet Paulus eine Begründung dafür ein, dass Gott ohne Unterschied die rettet, die glauben, indem er deutlich macht, dass alle, Juden wie Heiden, wenn sie glauben, unterschiedslos denselben Herrn haben, der alle reich segnen wird, die ihn als solchen anrufen. 10.13 Πᾶς γὰρ ὃς ἂν ἐπικαλέσηται τὸ ὄνομα κυρίου σωθήσεται. Denn jeder, wer auch immer den Namen (des) Herrn anrufen wird, wird gerettet werden. Dies belegt Paulus, indem er Joel anführt, der sagt, dass egal wer, Gott anrufen kann, wodurch jeder Rettung erfahren kann. 10.14 Πῶς οὖν ἐπικαλέσονται εἰς ὃν οὐκ ἐπίστευσαν; Πῶς δὲ πιστεύσουσιν οὗ οὐκ ἤκουσαν; Doch wie können sie anrufen, an den sie nicht glaubten? Wie nun können sie (dem) glauben, Paulus führt im Folgenden Belege an, warum es keinen Grund für Unglauben beim jüdischen Volk gibt. Die Konjunktion οὖν („doch“) ist hier weniger eine Folgerung als vielmehr eine Vorwegnahme eines Einwandes, der besagen könnte, dass Juden ja nicht glauben 86 Der Römerbrief Πῶς δὲ ἀκούσουσιν χωρὶς κηρύσσοντος; von dem sie nicht hörten? Wie nun können sie hören ohne einen Verkünder? können, da sie das Evangelium ja nicht kennen würden. Dies widerlegt Paulus im weiteren Verlauf. Die Futurformen sind hier offenbar modal (sollen, können) und zeigen innerhalb der Frage, die Paulus dann widerlegt, ob Juden überhaupt glauben können. Die Lesart von Nestle-Aland mit einer Aoristform ist vom Kontext her ausgeschlossen, da es um Modalität geht und die Frage, ob Juden glauben können. 10.15 Πῶς δὲ κηρύξουσιν ἐὰν μὴ ἀποσταλῶσιν; Καθὼς γέγραπται, Ὡς ὡραῖοι οἱ πόδες τῶν εὐαγγελιζομένων εἰρήνην, τῶν εὐαγγελιζομένων τὰ ἀγαθά. Und wie nun können sie verkünden, wenn sie nicht gesandt sind? Wie geschrieben ist: Wie lieblich (sind) die Füße derer, die Frieden verkünden, derer, die das Gute als gute Botschaft verkünden. Paulus greift weitere Fragen auf, die er dann beantwortet. Hier geht es um die Aufgabe der Juden, der Welt das Heil zu predigen. Ist dies überhaupt zu erwarten, d.h. sind sie überhaupt beauftragt? Diese Aufgabe ist in der Schrift ja bereits genannt. Dies zeigt Paulus, indem er darauf verweist, wie erfreulich es ist, wenn Frieden mit Gott verkündigt wird. 10.16 Ἀλλ᾽ οὐ πάντες ὑπήκουσαν τῷ εὐαγγελίῳ. Ἠσαΐας γὰρ λέγει, Κύριε, τίς ἐπίστευσεν τῇ ἀκοῇ ἡμῶν; Doch nicht alle gehorchten der guten Botschaft. Jesaja sagt ja: Herr, wer glaubte unserer Kunde? Paulus belegt mit einem Zitat von Jesaja, dass es tragischerweise dazu kommt, dass, wie Jesaja, auch den Predigern des Evangeliums nicht alle glauben, obwohl das Evangelium gepredigt wurde. Dies führt Paulus dazu an, um den Unglauben des jüdischen Volkes zu belegen. Zu τῇ ἀκοῇ („der Kunde“) vgl. Thucydides, Historiae 1.20,1: „Τὰ μὲν οὖν παλαιὰ τοιαῦτα ηὗρον, χαλεπὰ ὄντα παντὶ ἑξῆς τεκμηρίῳ πιστεῦσαι. οἱ γὰρ ἄνθρωποι τὰς ἀκοὰς τῶν προγεγενημένων, καὶ ἢν ἐπιχώρια σφίσιν ᾖ, ὁμοίως ἀβασανίστως παρ’ ἀλλήλων δέχονται“. „Solcher war dann der Zustand vergangener Dinge, die schwer durch jeden Beweis zu glauben sind. Denn die Männer erhielten die Kunden über die vorher geschehenen Dinge, auch wenn sie von ihrem eigenen Land war, nur genauso ungeprüft einer vom anderen“. D.h. dem Inhalt der Verkündigung, der Kunde, wurde nur von wenigen Glauben geschenkt. Dies heißt, 87 Der Römerbrief dass nicht viele aus Israel dem Evangelium glaubten, wie es Jesaja schon vorhergesehen hatte. 10.17 Ἄρα ἡ πίστις ἐξ ἀκοῆς, ἡ δὲ ἀκοὴ διὰ ῥήματος θεοῦ. Also (ist) der Glaube aufgrund (der) Kunde (da), die Kunde wiederum durch (den) Ausspruch Gottes. Der Satz ermangelt ein Verb, schließt aber am Vorigen mit ἄρα („also“) an. Paulus sagt also, dass, obwohl viele Juden nicht glauben, es doch so ist, dass aus der Predigt dessen, was Gott gesagt ist, Glauben kommt, sodass es um das Vorhandensein des Glaubens geht, auch wenn nicht alle Menschen glauben. Daher kann „ist da“ als Prädikat angenommen werden. Die Ursache für den Glauben ist, dass es zuvor gepredigt wurde. Dies erfolgt durch ἐξ („aufgrund“). 10.18 Ἀλλὰ λέγω, μὴ οὐκ ἤκουσαν; Μενοῦνγε· Εἰς πᾶσαν τὴν γῆν ἐξῆλθεν ὁ φθόγγος αὐτῶν, καὶ εἰς τὰ πέρατα τῆς οἰκουμένης τὰ ῥήματα αὐτῶν. Doch sage ich etwa, dass sie nicht hörten? In der Tat: In die ganze Erde ging ihr Klang aus und bis zu den Grenzen des Erdkreises ihre Aussprüche. Wenn Glaube vorhanden ist, aber nicht alle glauben, könnte das daran liegen, dass man nicht zuhört oder es nicht versteht. Paulus widerlegt die Auffassung, dass die Juden das Evangelium nicht zu hören bekamen, da sie nicht glauben, indem er ein Zitat anführt, das besagt, dass die ganze Erde und der gesamte Erdkreis, d.h. die damals bekannte Welt, die Botschaft hören konnte, also auch die Juden darin. Zur Begründung führt Paulus Psalm 19.4 an, wo es um die Sterne geht, die überall von Gottes Herrlichkeit sprechen und überall gesehen werden können. Genauso konnte das Evangelium durch die Verkündigung überall gehört werden, also auch von Juden, auch wenn sie nicht glauben. 10.19 Ἀλλὰ λέγω, μὴ οὐκ ἔγνω Ἰσραήλ; Πρῶτος Μωϋσῆς λέγει, Ἐγὼ παραζηλώσω ὑμᾶς ἐπ᾽ οὐκ ἔθνει, ἐπὶ ἔθνει ἀσυνέτῳ παροργιῶ ὑμᾶς. Doch sage ich etwa, dass Israel es nicht verstand? Als erster sagt Moses: Ich werde euch eifersüchtig machen auf eine NichtNation, auf eine unverständige Nation werde ich euch zornig machen. Als nächsten Einwand greift Paulus auf, ob die Juden das Evangelium vielleicht nicht begriffen haben könnten. Dies widerlegt er, indem er Mose anführt. Er bezeugte noch vor Jesaja als erster, dass die Juden sehr wohl verstanden, wenn andere an ihren Gott glauben, selbst wenn sie es selbst nicht täten, da sie dies eifersüchtig und zornig macht. 88 Der Römerbrief 10.20 Ἠσαΐας δὲ ἀποτολμᾷ καὶ λέγει, Εὑρέθην τοῖς ἐμὲ μὴ ζητοῦσιν, ἐμφανὴς ἐγενόμην τοῖς ἐμὲ μὴ ἐπερωτῶσιν. Jesaja wiederum erkühnt sich und sagt: Ich wurde gefunden von denen, die mich nicht suchen, offenbar wurde ich denen, die nicht nach mir fragen. Nach Mose als Beleg führt Paulus noch Jesaja an, der ebenso bestätigt, dass das jüdische Volk wissen konnte, dass die Heiden nun an ihren Gott glauben würden. Die gottlosen Heiden glaubten an den Gott Israels, dies wussten auch die Juden, sodass der Einwand widerlegt ist, die Juden hätten das Evangelium nicht verstanden. 10.21Πρὸς δὲ τὸν Ἰσραὴλ λέγει, Ὅλην τὴν ἡμέραν ἐξεπέτασα τὰς χεῖράς μου πρὸς λαὸν ἀπειθοῦντα καὶ ἀντιλέγοντα. Über Israel aber sagt er: Den ganzen Tag streckte ich meine Hände zu einem Volk aus, das ungehorsam und widersprechend ist. Mit δὲ („aber“) leitet Paulus einen Kontrast ein. Die Heiden glauben an den Gott Israels, aber diese selbst nicht. Dies drückt Paulus konkret dadurch aus, dass Gott die ganze Zeit durch sein Reden quasi als mit Händen nach seinem Volk greifen wollte, um sie zu ihm zu führen, da sie ihm nicht gehorchen und gegen ihn reden. 11.1 Λέγω οὖν, μὴ ἀπώσατο ὁ θεὸς τὸν λαὸν αὐτοῦ; Μὴ γένοιτο. Καὶ γὰρ ἐγὼ Ἰσραηλίτης εἰμί, ἐκ σπέρματος Ἀβραάμ, φυλῆς Βενιαμίν. Sage ich also etwa, dass Gott sein Volk verstieß? Das kann nicht sein! Denn auch ich bin ein Israelit, vom Samen Abrahams, (vom) Stamm Benjamin. Bis zum Vers 32 bespricht Paulus einen weiteren Einwand, nämlich den, es läge an Gott, der Israel verworfen hätte. Dies ist nicht der Fall, da Paulus selbst ein Gegenbeispiel ist, das er mit γὰρ („denn“) anführt, indem er seine jüdische Herkunft nennt. 11.2 Οὐκ ἀπώσατο ὁ θεὸς τὸν λαὸν αὐτοῦ ὃν προέγνω. Ἢ οὐκ οἴδατε ἐν Ἠλίᾳ τί λέγει ἡ γραφή; Ὡς ἐντυγχάνει τῷ θεῷ κατὰ τοῦ Ἰσραήλ, λέγων, Gott verstieß sein Volk nicht, das er vorhererkannte. Oder wisst ihr nicht, was die Schrift bei Elia sagt, als er bei Gott gegen Israel auftritt, sagend: Als weiteres Gegenbeispiel, dass Gott sein Volk nicht verstoßen hat, führt Paulus die Begebenheit bei Elia an, der sich fälschlicherweise für den einzigen Gläubigen hielt, obwohl ein Überrest von siebentausend Mann im Land war. Dies ist ein Hinweis, dass auch in der gegenwärtigen Zeit ein jüdischer Überrest an Christus glaubt, und so der Gegenbeleg vorhanden ist, dass Gott sein Volk nicht aufgegeben hat, da es diesen Überrest sonst nicht gäbe. Die Auffassung Elias, die auch heute in bestimmten Kreisen vorhanden ist, wird als Angriff auf das Volk Gottes gesehen, da dies von Hochmut Elias spricht, der nur sich selbst noch für treu befand. 11.3 Κύριε, τοὺς προφήτας σου ἀπέκτειναν, καὶ τὰ θυσιαστήριά Herr, deine Propheten töteten sie, deine Altäre rissen sie nieder, und ich wurde allein Paulus zitiert das Gebet des Elia, in dem er Gott vorbringt, alle in seinem Volk seien abgefallen. Dies würde sich daran zeigen, dass die 89 Der Römerbrief σου κατέσκαψαν· κἀγὼ ὑπελείφθην μόνος, καὶ ζητοῦσιν τὴν ψυχήν μου. übriggelassen, und sie trachten nach meinem Leben. Propheten getötet werden, die Altäre Gottes zerstört werden und nur er Gott treu sei, da das Volk Gottes auch ihn töten will. 11.4 Ἀλλὰ τί λέγει αὐτῷ ὁ χρηματισμός; Κατέλιπον ἐμαυτῷ ἑπτακισχιλίους ἄνδρας, οἵτινες οὐκ ἔκαμψαν γόνυ τῇ Βάαλ. Doch was sagt ihm die Weissagung? Ich behielt mir siebentausend Männer übrig, welche dem Baal nicht (das) Knie beugten. Ἀλλὰ („doch“) leitet die göttliche Antwort auf die falsche Auffassung von Elia ein, nämlich, dass er nicht alleine ist, sondern weitere siebentausend. 11.5 Οὕτως οὖν καὶ ἐν τῷ νῦν καιρῷ λεῖμμα κατ᾽ ἐκλογὴν χάριτος γέγονεν. So (ist) nun auch in der jetzigen Zeit ein Überrest nach (der) Erwählung (der) Gnade geworden. Οὕτως („so“) leistet eine Anwendung auf die gegenwärtige Zeit. So wie es damals bei Elia war, ist es auch heute, wie Paulus mit ἐν τῷ νῦν καιρῷ („in der jetzigen Zeit“) deutlich macht. Damals wie heute gibt es im Volk Israel Gläubige, sodass die Auffassung falsch ist, Gott hätte sein Volk verstoßen. Auch in der jetzigen Zeit ist ein Überrest vorhanden, den Gott aufgrund des Glaubens erwählen konnte. 11.6 Εἰ δὲ χάριτι, οὐκέτι ἐξ ἔργων· ἐπεὶ ἡ χάρις οὐκέτι γίνεται χάρις. Εἰ δὲ ἐξ ἔργων, οὐκέτι ἐστὶν χάρις· ἐπεὶ τὸ ἔργον οὐκέτι ἐστὶν ἔργον. Wenn aber (aus) Gnade, (ist es) nicht mehr aus Werken, da sonst die Gnade nicht mehr Gnade wird. Wenn aber aus Werken, ist es keine Gnade mehr, da sonst das Werk nicht mehr Werk ist. Paulus setzt das Motiv der Erwählung aus Gnade fort, indem er diesem Werke gegenüberstellt, die keine Erwählung bewirken können. Dies begründet Paulus damit, dass Werke einen Verdienst fordern. Gnade hingegen kann nicht verdient werden, sondern muss angenommen werden. 11.7 Τί οὖν; Ὃ ἐπιζητεῖ Ἰσραήλ, τοῦτο οὐκ ἐπέτυχεν, ἡ δὲ ἐκλογὴ ἐπέτυχεν, οἱ δὲ λοιποὶ ἐπωρώθησαν· Was also? Was Israel erstrebt, das erlangte es nicht. Die Auswahl aber erlangte es. Die übrigen aber wurden verhärtet. Τί οὖν („was also“) leitet ein, was das bisher Gesagte zu bedeuten hat. Paulus fasst es so zusammen, dass Israel als Ganzes es nicht schaffte, Gott zu gefallen, indem es aus Werken des Gesetzes gerettet werden will, aber eine kleine Auswahl erlangte das Wohlgefallen Gottes. Die große Masse, d.h. alle ungläubigen Juden, aber musste von Gott verstockt werden, da sie ihm nicht glaubten. 11.8 καθὼς γέγραπται, Ἔδωκεν αὐτοῖς ὁ θεὸς πνεῦμα Gleichwie geschrieben ist: (Es) gab ihnen Gott einen Geist (der) Betäubung, Augen, um nicht Mit καθὼς („wie“) leitet ein, dass diese Aussage im Einklang mit Gottes Wort ist. Dies belegt die traurige Tatsache, dass Gott das 90 Der Römerbrief κατανύξεως, ὀφθαλμοὺς τοῦ μὴ βλέπειν, καὶ ὦτα τοῦ μὴ ἀκούειν, ἕως τῆς σήμερον ἡμέρας. zu sehen, und Ohren, um nicht zu hören, bis auf den heutigen Tag. ungläubige Israel verstocken musste. Dies betrifft den Geist, der wie in einem Rausch untauglich wurde. Die Augen, sodass sie nicht mehr richtig sehen können und die Ohren, dass sie nicht mehr richtig hören können. Dieser Zustand gilt bis zum Termin der Niederschrift und hält bis heute an. 11.9 Καὶ Δαυὶδ λέγει, Γενηθήτω ἡ τράπεζα αὐτῶν εἰς παγίδα καὶ εἰς θήραν, καὶ εἰς σκάνδαλον, καὶ εἰς ἀνταπόδομα αὐτοῖς· Auch David sagt: Es werde ihr Tisch zur Falle und zum Fallstrick und zum Anstoß und ihnen zur Vergeltung, Καὶ („auch“) ist hier adverbial, d.h. fügt zum vorigen Zitat das von David, der belegt, dass Israel verhärtet ist. Der Opfertisch wurde Israel zur Falle, da sie weiterhin Tieropfer brachten und so das Opfer Christi verachten. Dies erregte Gottes Zorn, sodass er dies vergelten musste. Dies drückt David mit Wünschen aus, die von Rache sprechen. 11.10 σκοτισθήτωσαν οἱ ὀφθαλμοὶ αὐτῶν τοῦ μὴ βλέπειν, καὶ τὸν νῶτον αὐτῶν διὰ παντὸς σύγκαμψον. verfinstert sollen ihre Augen werden, um nicht zu sehen, und ihren Rücken beuge die ganze (Zeit) über. Aufgrund der Ablehnung Israels dem Opfer Christi gegenüber wünscht David Vergeltung, sodass die Gottlosen nicht mehr richtig sehen können und sie von Gott niedergebeugt werden sollen. 11.11 Λέγω οὖν, μὴ ἔπταισαν ἵνα πέσωσιν; Μὴ γένοιτο· ἀλλὰ τῷ αὐτῶν παραπτώματι ἡ σωτηρία τοῖς ἔθνεσιν, εἰς τὸ παραζηλῶσαι αὐτούς. Sage ich nun etwa, dass sie strauchelten, damit sie fallen? Das kann nicht sein! Durch ihre Übertretung (kam) vielmehr die Rettung für die Nationen, sodass er sie eifersüchtig mache. In diesem und dem nächsten Vers widerlegt Paulus die falsche Folgerung, die Juden sollten im Unglauben für immer zugrunde kommen. Dies ist vollkommen falsch. Richtig ist, dass in der Zeit von Israels Unglauben die Zeit der Rettung der Menschen aus den NichtJuden möglich ist. Dies mit dem Ziel, dass die gläubigen Menschen aus den Heiden, die ungläubigen Juden eifersüchtig machen sollten, auch an ihren Gott zu glauben. 11.12 Εἰ δὲ τὸ παράπτωμα αὐτῶν πλοῦτος κόσμου, καὶ τὸ ἥττημα αὐτῶν πλοῦτος ἐθνῶν, πόσῳ μᾶλλον τὸ πλήρωμα αὐτῶν; Wenn nun ihre Übertretung Reichtum (der) Welt (ist) und ihre Niederlage Reichtum (der) Nationen, wieviel mehr ihre Vollzahl? Paulus greift mit παράπτωμα („Übertretung“) auf, dass die Juden das Gebot an ihren Erlöser zu glauben nicht befolgen, sondern übertreten. Die Konsequenz war nun, dass das Heil auch zu den Heiden ging. Ihre Übertretung führte zu ihrer Niederlage. Jedoch 91 Der Römerbrief greift Paulus auf, dass eines Tages alle Juden glauben werden, was noch zu größeren Segnungen führen würde. 11.13 Ὑμῖν γὰρ λέγω τοῖς ἔθνεσιν. Ἐφ᾽ ὅσον μέν εἰμι ἐγὼ ἐθνῶν ἀπόστολος, τὴν διακονίαν μου δοξάζω· Denn euch sage ich, den Nationen: Insofern ich zwar (der) Apostel (der) Nationen bin, verherrliche ich meinen Dienst, Nach der Beschreibung, wie es mit dem Volk Israel aus Gottes Sicht weitergeht, nachdem sie ihren Messias abgelehnt hatten, wendet er sich an die Christen aus den Heiden und betont, dass er zwar ihr Apostel ist, aber sein Dienst auch im Hinblick auf die Juden geschieht, indem diese durch den Glauben der Heiden an den Gott Israels und seinen Messias, zur Eifersucht auf die Heidenchristen kommen und selbst gerettet werden, wenn sie glauben. 11.14 εἴ πως παραζηλώσω μου τὴν σάρκα, καὶ σώσω τινὰς ἐξ αὐτῶν. ob ich irgendwie mein Fleisch eifersüchtig machen und einige von ihnen retten (kann). Die Phrase μου τὴν σάρκα („mein Fleisch“) benutzt Paulus, um seine starke Beziehung zum Volk Israel auszudrücken, sodass er sie sogar als sein eigenes Fleisch bezeichnet. 11.15 Εἰ γὰρ ἡ ἀποβολὴ αὐτῶν καταλλαγὴ κόσμου, τίς ἡ πρόσληψις, εἰ μὴ ζωὴ ἐκ νεκρῶν; Denn wenn ihre Verwerfung Versöhnung (der) Welt (ist), was (ist) die Annahme, wenn nicht Leben aus Toten? Mit γὰρ („denn“) liefert Paulus die Begründung für den nächsten Vers bereits. Da Gott die ungläubigen Juden verworfen hat, wandte er sich zu den Heiden und nimmt dort Menschen an, die an den Messias glauben. Paulus blickt auch in die Zukunft, wenn Gott ganz Israel annehmen wird, wenn sie glauben. Paulus beschreibt diese Bekehrung so, als ob Tote lebendig werden. 11.16 Εἰ δὲ ἡ ἀπαρχὴ ἁγία, καὶ τὸ φύραμα· καὶ εἰ ἡ ῥίζα ἁγία, καὶ οἱ κλάδοι. Wenn nun der Erstling heilig (ist), (so) auch der Teig. Und wenn die Wurzel heilig (ist), (so) auch die Zweige. Paulus illustriert, dass Israel ihm gehört, da es ihre Vorfahren auch waren. Dies tut er mit einem Teil-Ganzes Vergleich und schließt von den gläubigen Vorfahren bzw. dem Überrest, der an Christus glaubte, auf den ganzen Rest, der ebenfalls glauben sollte bzw. es auch wird. Dazu benutzt er das Bild von Teig und Brot und das von Wurzeln und Zweigen. Wenn der erste Teil für Gott geheiligt war, ist es auch der ganze Teig. Dies kann sich auf Numeri 15 beziehen, wo Brote für Gott geheiligt wurden und ihm gebracht wurden. Damit ist auch der ganze Teig heilig. Wenn die Wurzel eines Baumes gut bzw. 92 Der Römerbrief heilig ist, dann sind es auch die Zweige, d.h. wenn die Vorfahren bzw. die ersten, die an Jesus als ihren Messias glaubten, Gott gehörte bzw. heilig waren, so sind auch deren Nachkommen für Gott bestimmt. 11.17 Εἰ δέ τινες τῶν κλάδων ἐξεκλάσθησαν, σὺ δὲ ἀγριέλαιος ὢν ἐνεκεντρίσθης ἐν αὐτοῖς, καὶ συγκοινωνὸς τῆς ῥίζης καὶ τῆς πιότητος τῆς ἐλαίας ἐγένου, Wenn nun einige der Zweige ausgebrochen wurden, du aber ein wilder Ölbaum seiend, unter sie eingepfropft wurdest und Mitteilhaber der Wurzel und des Marks des Ölbaums wurdest, Εἰ („wenn“) leitet einige gegebene Bedingung ein, d.h. dass Gott die ungläubigen Juden vom Segen abgeschnitten hat wie Zweige an einem Baum. Die Heidenchristen hingegen wurden den Segnungen zugeführt, wie ein Zweig eines wilden Ölbaums in einem guten Ölbaum eingepfropft wurde, sodass dieser vom Mark des guten Ölbaums profitieren kann. 11.18 μὴ κατακαυχῶ τῶν κλάδων· εἰ δὲ κατακαυχᾶσαι, οὐ σὺ τὴν ῥίζαν βαστάζεις, ἀλλ᾽ ἡ ῥίζα σέ. überhebe dich nicht über die Zweige! Wenn du dich aber überhebst: Nicht du trägst die Wurzel, sondern die Wurzel dich. Das hat zur Folge, dass die Heidenchristen nicht meinen sollen, sie könnten über das ungläubige Judentum triumphieren. Im Gegenteil: Sie haben gegen die Natur Anteil an den Segnungen für Israel erhalten und die Wurzel sind die Zusagen Gottes an sein Volk, zu dem Heiden nicht gehörten. 11.19 Ἐρεῖς οὖν, Ἐξεκλάσθησαν κλάδοι, ἵνα ἐγὼ ἐγκεντρισθῶ. Du wirst nun sagen: Ausgebrochen wurden Zweige, damit ich eingepfropft werde. Paulus nimmt eine Auffassung von Heidenchristen auf. Mit κλάδοι („Zweige“) mit fehlendem Artikel kommt zum Ausdruck, dass nicht alle Zweige abgebrochen wurden, sondern nur die ungläubigen Juden. Dadurch kam die Möglichkeit der Heiden zum Zugang zu Gott, wie fremde Zweige in einen Baum eingepfropft werden. 11.20 Καλῶς· τῇ ἀπιστίᾳ ἐξεκλάσθησαν, σὺ δὲ τῇ πίστει ἕστηκας. Μὴ ὑψηλοφρόνει, ἀλλὰ φοβοῦ· Gut! Aus Unglauben wurden sie ausgebrochen, du aber (be)stehst durch Glauben. Sei nicht hochmütig, sondern fürchte dich, Paulus räumt ein, dass die Juden vom Zugang zu Gott und den Segnungen aufgrund des Unglaubens abgeschnitten wurden, der Heidenchrist, der hier mit „du“ angesprochen wird, durch den Glauben bestehen kann. Das soll aber nicht zum Hochmut führen, sondern zur Bescheidenheit und Furcht. 93 Der Römerbrief 11.21 εἰ γὰρ ὁ θεὸς τῶν κατὰ φύσιν κλάδων οὐκ ἐφείσατο, μήπως οὐδέ σου φείσεται. - wenn doch Gott die naturgemäßen Zweige nicht schonte -, dass er vielleicht auch dich nicht schonen könnte! Paulus schiebt eine Parenthese ein, die die Furcht der Heidenchristen begründet, nämlich, dass Gott sein Volk Israel nicht verschont hat, dies könnte auch die Heiden betreffen. Die Subjunktion μήπως („dass wohl/vielleicht“) bezieht sich wie in 2Korinther 11.3 auf das Verb „fürchten“ und leitet ein, was zu fürchten ist. Das Futur φείσεται („er könnte schonen“) erscheint hier in Verbindung mit μήπως modal, d.h. die Möglichkeit besteht, dass Gott auch die Heiden nicht schonen wird, wenn diese von ihm abfallen würden. 11.22 Ἴδε οὖν χρηστότητα καὶ ἀποτομίαν θεοῦ· ἐπὶ μὲν τοὺς πεσόντας, ἀποτομίαν· ἐπὶ δὲ σὲ χρηστότητα, ἐὰν ἐπιμείνῃς τῇ χρηστότητι· ἐπεὶ καὶ σὺ ἐκκοπήσῃ. Siehe also Gottes Güte und Strenge: Über die Gefallenen zwar (kam) Strenge, über dich aber Güte, wenn du bei der Güte verbleibst, sonst wirst auch du ausgehauen. Heidenchristen sollen also Gottes Güte aber auch Strenge betrachten. Strenge zu den Ungläubigen, Güte zu den Gläubigen, d.h. die Heiden sollten beim Glauben und der Güte bleiben, wenn sie nicht mehr glauben, werden auch sie, wie damals das Judentum, vom Zugang zu Gott getrennt, wie Zweige abgehauen werden. Der Vergleich mit dem Judentum wird mittels καὶ („auch“) geleistet. Nach dem Konsens der Handschriften ist „Gottes“ ein erklärender Zusatz und wurde von Nestle-Aland aufgrund von 2% minderwertiger Handschriften, die untereinander den Fehler vererbten abgedruckt, fehlt aber in 98% der Handschriften. 11.23 Καὶ ἐκεῖνοι δέ, ἐὰν μὴ ἐπιμείνωσιν τῇ ἀπιστίᾳ, ἐγκεντρισθήσονται· δυνατὸς γὰρ ὁ θεός ἐστιν πάλιν ἐγκεντρίσαι αὐτούς. Und jene aber, wenn sie nicht im Unglauben verbleiben, werden eingepfropft werden. Gott ist ja fähig, sie wieder einzupfropfen. Das Judentum wird von Gott, wie damals die Heiden, wieder angenommen, wenn sie glauben. Dies kann Gott mit ihnen tun, wenn sie glauben, wie man Zweige einpflanzen kann. 11.24 Εἰ γὰρ σὺ ἐκ τῆς κατὰ φύσιν ἐξεκόπης ἀγριελαίου, καὶ παρὰ φύσιν ἐνεκεντρίσθης εἰς καλλιέλαιον, πόσῳ μᾶλλον οὗτοι, Denn wenn du aus dem naturgemäß wilden Ölbaum abgeschlagen wurdest und gegen (die) Natur an einen guten Ölbaum eingepfropft wurdest, wieviel mehr werden Paulus argumentiert von weniger wahrscheinlichen zum wahrscheinlichen Zusammenhang, indem es möglich war, die fernen Heiden anzunehmen, die nichts mit ihm zu tun hatten und wieviel 94 Der Römerbrief οἱ κατὰ φύσιν, ἐγκεντρισθήσονται τῇ ἰδίᾳ ἐλαίᾳ; diese naturgemäß dem eigenen Ölbaum eingepfropft werden. mehr wird es möglich sein, sein Volk, wenn es zum Glauben kommt, wieder anzunehmen. Dabei bleibt er bei der Metapher vom Ölbaum. 11.25 Οὐ γὰρ θέλω ὑμᾶς ἀγνοεῖν, ἀδελφοί, τὸ μυστήριον τοῦτο, ἵνα μὴ ἦτε παρ᾽ ἑαυτοῖς φρόνιμοι, ὅτι πώρωσις ἀπὸ μέρους τῷ Ἰσραὴλ γέγονεν, ἄχρι οὗ τὸ πλήρωμα τῶν ἐθνῶν εἰσέλθῃ· Denn ich will nicht, dass ihr unwissend seid, Brüder, in Bezug auf dieses Geheimnis, damit ihr nicht bei euch selbst klug seid: Verhärtung ist Israel zum Teil geschehen, bis die Vollzahl der Nationen eingeht. Der Gedanke des Einpfropfens bringt Paulus auf die Prophetie, dass dies eines Tages geschehen wird. Die Heiden werden vom Glauben abfallen, die Juden werden zum Glauben kommen, dies findet statt, wenn alle aus den Heiden, deren Zahl Gott kennt, zum Glauben kamen. 11.26 καὶ οὕτως πᾶς Ἰσραὴλ σωθήσεται· καθὼς γέγραπται, Ἥξει ἐκ Σιὼν ὁ ῥυόμενος, καὶ ἀποστρέψει ἀσεβείας ἀπὸ Ἰακώβ· Und so wird ganz Israel gerettet werden, wie geschrieben ist: Es wird kommen aus Zion der Rettende und abwenden die Gottlosigkeiten von Jakob. Paulus beschreibt mit οὕτως („so“), das nach rechts zeigt, wie Israel dann gerettet werden wird, nämlich, indem Christus als ihr Retter erscheint, wenn sie ihn annehmen werden, um ihren Zugang zu Gott herzustellen. 11.27 καὶ αὕτη αὐτοῖς ἡ παρ᾽ ἐμοῦ διαθήκη, ὅταν ἀφέλωμαι τὰς ἁμαρτίας αὐτῶν. Und dies (ist) für sie das Bündnis von mir, wenn ich ihre Sünden wegnehmen werde. Zu dem Zeitpunkt werden die gläubigen Juden dann mit Gott in ein Bundesverhältnis kommen, d.h. Teil des Neuen Bundes im Blut Christi werden. Das, wenn ihre Sünden vergeben sind. 11.28 Κατὰ μὲν τὸ εὐαγγέλιον, ἐχθροὶ δι᾽ ὑμᾶς· κατὰ δὲ τὴν ἐκλογήν, ἀγαπητοὶ διὰ τοὺς πατέρας. In Bezug auf die gute Botschaft (sind sie) zwar Feinde wegen euch. In Bezug auf die Auserwählung aber Geliebte wegen der Väter. Paulus benutzt eine Feind-Geliebter Gegenüberstellung, wenn er über das jüdische Volk redet. Einerseits sind sie Gottes Feinde, die er ewig verdammen wird. Das Ergebnis ist der Nutzen der Heidenchristen, da so das Evangelium auch zu ihnen kam, was Paulus mit δι᾽ ὑμᾶς („wegen euch“) deutlich macht. Andererseits sind sie Geliebte, wegen den Verheißungen, die er ihren Patriarchen Abraham etc. gegeben hatte. 11.29 Αμεταμέλητα γὰρ τὰ χαρίσματα καὶ ἡ κλῆσις τοῦ θεοῦ. Denn unbereubar (sind) die Gnadengaben und die Berufung Gottes. Mit γὰρ („denn“) begründet er, warum das Volk Israel auch Geliebte sind, da Gott seine Zusagen nicht widerrufen wird. 95 Der Römerbrief 11.30 Ὥσπερ γὰρ καὶ ὑμεῖς ποτὲ ἠπειθήσατε τῷ θεῷ, νῦν δὲ ἠλεήθητε τῇ τούτων ἀπειθείᾳ· Wie ja auch ihr einst Gott ungehorsam wart, jetzt aber durch deren Ungehorsam begnadigt wurdet, Paulus vergleicht das Schicksal der Juden mit dem der Heiden: Früher gehorchten die Heiden Gott nicht. Da die Juden Gott ungehorsam wurden, entstand die Möglichkeit für Heiden, das Evangelium zu bekommen, das von den Juden auch auf Heiden kam. 11.31 οὕτως καὶ οὗτοι νῦν ἠπείθησαν, τῷ ὑμετέρῳ ἐλέει ἵνα καὶ αὐτοὶ ἐλεηθῶσιν· so wurden auch diese jetzt ungehorsam wegen eures Erbarmens, damit auch sie begnadigt würden. Genauso ist es mit den Juden: Sie gehorchten Gott nicht, nun kann Gott den Heiden sein Erbarmen zeigen. Eines Tages werden auch sie begnadigt werden. 11.32 συνέκλεισεν γὰρ ὁ θεὸς τοὺς Denn es schloss Gott alle in Ungehorsam πάντας εἰς ἀπείθειαν, ἵνα τοὺς zusammen, damit er alle begnadige. πάντας ἐλεήσῃ. Das führt Paulus zum Ergebnis, dass Juden und Heiden beide ungehorsam sind, dabei hat er deren Gehorsam zum Ziel, damit er alle begnadigen könnte. 11.33 Ὦ βάθος πλούτου καὶ σοφίας καὶ γνώσεως θεοῦ. Ὡς ἀνεξερεύνητα τὰ κρίματα αὐτοῦ, καὶ ἀνεξιχνίαστοι αἱ ὁδοὶ αὐτοῦ. O Tiefe an Reichtum und Weisheit und Erkenntnis Gottes! Wie unfassbar (sind) seine Gerichte und unausspürbar seine Wege. Die genannte Heilsgeschichte führt Paulus zu einem erstaunten Ausruf über den tiefen Reichtum, Weisheit und Erkenntnis, die Gott hat. Es ist für Paulus nicht zu fassen, wie Gott Gericht ausübt und welche Wege er geht. 11.34 Τίς γὰρ ἔγνω νοῦν κυρίου; Ἢ τίς σύμβουλος αὐτοῦ ἐγένετο; Denn wer kannte (den) Sinn (des) Herrn? Oder wer wurde sein Mitberater? Mit γὰρ („denn“) begründet Paulus, warum die Wege und Gerichte Gottes nicht zu erklären sind, da seine Absichten niemand erkennen kann oder er von niemand diese Dinge bekam, um sie zu tun. 11.35 Ἢ τίς προέδωκεν αὐτῷ, καὶ ἀνταποδοθήσεται αὐτῷ; Oder wer hat ihm zuvor gegeben, und es wird ihm vergolten werden, Paulus erweitert die Begründung, indem er feststellt, dass niemand Gott etwas vorgegeben hat, was er dann ihm zurückerstatten müsste. 11.36 Ὅτι ἐξ αὐτοῦ καὶ δι᾽ αὐτοῦ καὶ εἰς αὐτὸν τὰ πάντα· αὐτῷ ἡ δόξα εἰς τοὺς αἰῶνας. Ἀμήν. da von ihm und durch ihn und für ihn alle Dinge sind. Ihm (ist) die Ehre bis in die Ewigkeiten! Amen! Ὅτι („da“) begründet in einem Nebensatz, wieso Gott nicht verpflichtet ist, jemandem etwas zurückgeben zu müssen, da alles von ihm kommt. Paulus endet seine Ausführung mit einem Lobpreis. 12.1 Παρακαλῶ οὖν ὑμᾶς, ἀδελφοί, διὰ τῶν οἰκτιρμῶν τοῦ Ich ermuntere euch also, Brüder, durch die Erbarmungen Gottes, eure Leiber als lebendes Mittels der Erweise an Erbarmen ermuntert Paulus die Leser, als Konsequenz Gott mit ihrem ganzen Wesen bzw. Leib zu dienen, 96 Der Römerbrief θεοῦ, παραστῆσαι τὰ σώματα ὑμῶν θυσίαν ζῶσαν, ἁγίαν, εὐάρεστον τῷ θεῷ, τὴν λογικὴν λατρείαν ὑμῶν, heiliges Opfer bereitzustellen, wohlgefällig für Gott, euren vernünftigen Dienst. indem er dies mit einem Opfer vergleicht, dass die Leser bringen können, das Gott gerne annimmt. Dies setzt Paulus mit einem vernünftigen Gottesdienst gleich. 12.2 καὶ μὴ συσχηματίζεσθαι τῷ αἰῶνι τούτῳ, ἀλλὰ μεταμορφοῦσθαι τῇ ἀνακαινώσει τοῦ νοὸς ὑμῶν, εἰς τὸ δοκιμάζειν ὑμᾶς τί τὸ θέλημα τοῦ θεοῦ τὸ ἀγαθὸν καὶ εὐάρεστον καὶ τέλειον. Und seid nicht gleichförmig mit diesem Zeitalter, sondern lasst euch umgestalten durch die Erneuerung eures Verstandes, sodass ihr prüft, was der Wille Gottes, der gute und wohlgefällige und vollkommene! Die zweite Aufmunterung bezieht sich darauf, dass die böse Welt kein Maßstab für das Verhalten ist, da dort nur Sünde bestimmend ist, sondern die Leser sollen sich von Gott umgestalten lassen, indem der Verstand erneuert wird. Die Absicht dabei sollte sein, dass jeder erkennen kann, was Gott und nicht die Welt gut findet und was ihm gefällt und perfekt oder vollkommen ist. 12.3 Λέγω γάρ, διὰ τῆς χάριτος τῆς δοθείσης μοι, παντὶ τῷ ὄντι ἐν ὑμῖν, μὴ ὑπερφρονεῖν παρ᾽ ὃ δεῖ φρονεῖν, ἀλλὰ φρονεῖν εἰς τὸ σωφρονεῖν, ἑκάστῳ ὡς ὁ θεὸς ἐμέρισεν μέτρον πίστεως. Ich sage ja durch die mir gegebene Gnade, jedem, der unter euch ist, nicht über das hinaus zu denken, außer dem, was man denken soll, sondern zu denken, um besonnen zu sein, wie Gott es jedem als Maß an Glauben zuteilte. Der nächste Aufruft ist, demütig zu sein und nicht mehr von sich zu halten, als plausibel ist. Mit γάρ („ja“) kommt keine Begründung des vorigen Verses, sondern ein neuer Gedanke, der emphatisch eingeleitet wird. Dabei leitet er die Aufforderung unter Anspielung auf seine von Gott gegebene Gnade ein, die ihn befugt, solche Anweisungen geben zu können. 12.4 Καθάπερ γὰρ ἐν ἑνὶ σώματι μέλη πολλὰ ἔχομεν, τὰ δὲ μέλη πάντα οὐ τὴν αὐτὴν ἔχει πρᾶξιν· Denn genauso wie wir an einem Leib viele Glieder haben, die Glieder aber nicht alle dieselbe Tätigkeit haben, Als Basis für seine Aufforderungen bedient sich Paulus des Bildes vom Körper, der viele Teile hat, die sich gegenseitig helfen, wobei jeder Teil eine eigene Aufgabe hat. 12.5 οὕτως οἱ πολλοὶ ἓν σῶμά ἐσμεν ἐν χριστῷ, ὁ δὲ καθ᾽ εἷς ἀλλήλων μέλη. so sind wir, die Vielen, ein Leib in Christus, der eine wie der andere aber untereinander Glieder, Paulus wendet das Bild des Körpers an, um die Christen als Glieder des Leibes Christi zu beschreiben, worin sie sich gegenseitig helfen sollen. Zum Ausdruck ὁ δὲ καθ᾽ εἷς („der eine wie der andere“) vgl. Aesopus, Fabulae 57.1,3. Er berichtet von einem Augenarzt, der bei jedem Besuch eine Patientin bestahl: „ὁ δὲ εἰσιών, ὁπότε αὐτὴν ἔχρισε, διετέλει ἐκείνης συμμυούσης καθ’ ἓν ἕκαστον τῶν σκευῶν ὑφαιρούμενος“. „Beim Besuchen nun, als er sie salbte, pflegte, nachdem jene zugesperrt hatte, einen der Gegenstände nach dem 97 Der Römerbrief anderen zu entwenden“. Testamentum Solominis, 16.3: „ἐπεὶ δὲ ὁ Βεελζεβοὺλ ὁ τῶν ἀερίων καὶ ἐπιγείων καὶ καταχθονίων πνευμάτων δεσπότης συμβουλεύει εἰς τὰς καθ᾽ ἑνὸς ἑκάστου ἡμῶν πράξεις, διὰ τοῦτο κἀγὼ ἀνέβην ἐκ τῆς θαλάσσης σκέψιν τινὰ λαβεῖν παρ᾽ αὐτῷ“. „Aber da Beelzebul, der Herr der Geister der Luft und auf der Erde und unter der Erde, Ratschläge für die Aktivitäten eines jeden von uns gibt, bin ich aus diesem Grund auch vom Meer aufgestiegen, um von ihm eine Beratung zu erhalten“. 2Makkabäer 5.34: „ὁ καθ᾽ εἷς δὲ τῶν φίλων σκυθρωπῶς ὑπεκρέων, τοὺς συνηθροισμένους ἀπέλυσαν ἕκαστον ἐπὶ τὴν ἰδίαν ἀσχολίαν.“. „Während sich aber von den Freunden einer nach dem anderen mit finsterer Miene entfernte, entließen sie die Versammelten, einen jeden zu seiner eigenen Beschäftigung“. Der Ausdruck ist somit distributiv, d.h. die einzelnen Gläubigen sind für sich gesehen untereinander Glieder des einen Leibes. 12.6 Ἔχοντες δὲ χαρίσματα κατὰ τὴν χάριν τὴν δοθεῖσαν ἡμῖν διάφορα, εἴτε προφητείαν, κατὰ τὴν ἀναλογίαν τῆς πίστεως· verschiedene Gnadengaben nun nach der uns gegebenen Gnade habend: Sei es Weissagung: nach der Entsprechung des Glaubens, Wie Glieder eines Leibes haben Christen verschiedene Aufgaben bekommen. Paulus listet einzelne Gnadengaben auf und wo und wie sie stattfinden. Wenn die Gnade Weissagung gegeben hat, soll diese ausgeführt werden. Dies findet im Einklang mit dem Glauben statt, d.h. was man glaubt, dass es Gott will. 12.7 εἴτε διακονίαν, ἐν τῇ διακονίᾳ· εἴτε ὁ διδάσκων, ἐν τῇ διδασκαλίᾳ· sei es ein Dienst: im Dienst, sei es der Lehrende: in der Lehre, Wie Glieder eines Leibes haben Christen verschiedene Aufgaben bekommen. Paulus listet einzelne Gnadengaben auf und wo und wie sie stattfinden. Wenn die Gnade Weissagung gegeben hat, soll diese aufgeführt werden. 12.8 εἴτε ὁ παρακαλῶν, ἐν τῇ παρακλήσει· ὁ μεταδιδούς, ἐν sei es der Ermunternde: in der Ermunterung, der Gebende: in Selbstlosigkeit, der Paulus setzt die Liste der auszuführenden Gnadengaben fort. Zum Begriff ἁπλότης („Schlichtheit, Einfalt, Einfachheit, Lauterkeit, Großzügigkeit, Freigebigkeit, Selbstlosigkeit“) vgl. Testamentum XII 98 Der Römerbrief ἁπλότητι· ὁ προϊστάμενος, ἐν σπουδῇ· ὁ ἐλεῶν, ἐν ἱλαρότητι. Vorstehende: in Eifer, der sich Erbarmende: in Herzlichkeit. Patriarcharum 5.4,1: „ Καὶ νῦν ἀκούσατέ μου, τέκνα, καὶ πορεύεσθε ἐν ἁπλότητι καρδίας, ὅτι εἶδον ἐν αὐτῇ πᾶσαν εὐαρέστησιν κυρίου. ὁ ἁπλοῦς χρυσίον οὐκ ἐπιθυμεῖ, τὸν πλησίον οὐ πλεονεκτεῖ, βρωμάτων ποικίλων οὐκ ἐφίεται, ἐσθῆτα διάφορον οὐ θέλει“. „Und nun hört auf mich, Kinder, und wandelt in Selbstlosigkeit des Herzens, weil ich darin jedes Wohlgefallen des Herrn sah. Der Selbstlose begehrt nicht Gold, den Nächsten übervorteilt er nicht, er isst nicht viele Speisen, er will keine verschiedenen Kleider“. In diesem Kontext ist die Freigebigkeit und Großzügigkeit das vorherrschende Moment dieser Eigenschaft. Vgl. Flavius Josephus, Antiquitates Judaicae 7.332, als David die Tenne kostenlos hätte haben können, darauf antwortete: „ὁ δὲ βασιλεὺς ἀγαπᾶν μὲν αὐτὸν τῆς ἁπλότητος καὶ τῆς μεγαλοψυχίας ἔλεγε καὶ δέχεσθαι τὴν χάριν τιμὴν δ᾽ αὐτὸν ἠξίου λαμβάνειν πάντων“. „Der König antwortete aber, dass er seine Großzügigkeit und Großmut liebe und sein Wohlwollen annehme; aber er hielt es für angemessen, dass er den Preis von allem bekäme“. 12.9 Ἡ ἀγάπη ἀνυπόκριτος. Ἀποστυγοῦντες τὸ πονηρόν, κολλώμενοι τῷ ἀγαθῷ. Die Liebe (sei) ungeheuchelt. (Seid) das Böse verabscheuend, dem Guten anhaftend, Von hier bis Vers 18 bespricht Paulus die verschiedenen Bezüge, in denen sich die Liebe zeigen soll bzw. die Verabscheuung des Bösen, wovon die Welt geprägt ist. Die verwendeten Partizipien weisen die Aufforderungen als dauerhaft praktizierbar aus. 12.10 Τῇ φιλαδελφίᾳ εἰς ἀλλήλους φιλόστοργοι· τῇ τιμῇ ἀλλήλους προηγούμενοι· hinsichtlich der Bruderliebe zueinander herzlich, hinsichtlich der Ehre einander zuvorkommend, Die im Folgenden gebrauchten Dative geben die Referenz an, d.h. sie stellen den Bezug klar, den Paulus meint. 12.11 τῇ σπουδῇ μὴ ὀκνηροί· τῷ πνεύματι ζέοντες· τῷ κυρίῳ δουλεύοντες· hinsichtlich des Fleißes nicht faul, hinsichtlich des Geistes glühend, dem Herrn dienend, Die Liebe zeigt sich darin, dass man etwas mit Eifer und nicht nachlässig tut, dazu dass man in geistlichen Belangen glüht und nicht lau ist, und dabei dem Herrn dient. 99 Der Römerbrief 12.12 τῇ ἐλπίδι χαίροντες· τῇ θλίψει ὑπομένοντες· τῇ προσευχῇ προσκαρτεροῦντες· hinsichtlich der Hoffnung freuend, hinsichtlich der Bedrängnis geduldig, hinsichtlich des Gebets beharrlich, Die jeweils mit dem Artikel τῇ eingeleiteten Begriffe Hoffnung, Bedrängnis, Gebet erscheinen wieder als Dative der Referenz. 12.13 ταῖς χρείαις τῶν ἁγίων κοινωνοῦντες· τὴν φιλοξενίαν διώκοντες. hinsichtlich der Bedürfnisse der Heiligen Anteil nehmend, der Fremdenfreundlichkeit nachjagend! Zur Ausübung von Liebe gehört auch, dass die Probleme anderer nicht übersehen werden, ebenso, dass man Fremde gerne aufnimmt. 12.14 Εὐλογεῖτε τοὺς διώκοντας ὑμᾶς· εὐλογεῖτε, καὶ μὴ καταρᾶσθε. Segnet die euch Verfolgenden! Segnet und flucht nicht! Das nächste Set an Anweisungen betritt zunächst die Verfolger, die nicht beschimpft oder gelästert, sondern gesegnet werden sollen. 12.15 Χαίρειν μετὰ χαιρόντων, καὶ κλαίειν μετὰ κλαιόντων. Es ist sich zu freuen mit den sich Freuenden, und zu weinen mit den Weinenden. Paulus wechselt hier den Stil und gebracht Infinitive, die hier als Aufforderung gebraucht werden, wie es gelegentlich insbesondere noch im klassischen Griechisch vorkommt. Da die Wörter denselben Stamm aufweisen und nur anders flektiert werden, kann hier auch vom Stilmittel Paregmenon gesprochen werden. In dieser Figur werden die flektierten Wörter wiederholt, wogegen bei der fast ähnlichen Figur «figura etymologica» oder auch Etymologiefigur ein intransitives Verb mit einem Objekt verbunden wird. Nebst diesen beiden Figuren Alliteration und Paregmenon ist auch noch ein antithetischer Parallelismus zu erkennen. Das bedeutet, dass der Inhalt dieser beiden Teile entgegengesetzt zueinander ist: Freude vs. Trauer, auf beide Situationen ist angemessen zu reagieren. 12.16 Τὸ αὐτὸ εἰς ἀλλήλους φρονοῦντες. Μὴ τὰ ὑψηλὰ φρονοῦντες, ἀλλὰ τοῖς ταπεινοῖς συναπαγόμενοι. Μὴ γίνεσθε φρόνιμοι παρ᾽ ἑαυτοῖς. Dasselbe (seid) füreinander denkend, nicht die hohen (Dinge) denkend, sondern euch mit den niedrigen (Dingen) mitfortführen lassend! Werdet nicht verständig bei euch selbst! Das Akkusativobjekt Τὸ αὐτὸ („das selbe“), das an das Denken angeschlossen wird, meint, dass man nicht für sich etwas anders ausdenkt als für andere. Zudem sind es nicht stolze, hohe Weisheiten und Dinge, die zu erwägen sind, sondern die einfachen und bescheidenen. Diese werden personifiziert, indem sie als Führer 100 Der Römerbrief beschrieben werden, die die Gläubigen mitnehmen können. Zuletzt sollten sich Christen nicht selbst für klug halten. 12.17 Μηδενὶ κακὸν ἀντὶ κακοῦ ἀποδιδόντες. Προνοούμενοι καλὰ ἐνώπιον πάντων ἀνθρώπων. Niemandem Böses für Böses vergeltend, auf Gutes achtend vor allen Menschen. Als weiteren Unterpunkt dieses Sets betont Paulus, dass man nicht wie die Welt Böses mit Bösem vergelten soll, sondern darauf zu achten, dass man vor aller Augen Gutes tut. Paulus spielt auf Sprüche 3.3 an: „καὶ προνοοῦ καλὰ ἐνώπιον κυρίου καὶ ἀνθρώπων“. „und achte auf Gutes vor dem Herrn und den Menschen“. 12.18 Εἰ δυνατόν, τὸ ἐξ ὑμῶν, μετὰ πάντων ἀνθρώπων εἰρηνεύοντες. Wenn möglich, von euch aus mit allen Menschen Frieden habend. Zuletzt ruft Paulus zum Frieden auf, das mit der Restriktion, sofern es von den Gläubigen zu kontrollieren ist. Zu τὸ ἐξ ὑμῶν („von euch aus“) vgl. Dionysius Halicanassensis 6.9.3: „οὐ πρὸς ὑμῶν, ὦ ἄνδρες Ῥωμαῖοι, τὰ μὲν πολλὰ ὑπάρχειν καὶ θαυμαστὰ ἔργα παρ’ ἑτέροις, οὓς οὐδεὶς ὑμνήσει λόγος ἀξίως; πολλὰς δὲ καὶ περιβοήτους πράξεις οἰκείας τὸ ἐξ ὑμῶν καρπώσεται γένος, ἢν τοῦτον ἔτι κατορθώσητε τὸν πόλεμον“. Ist es nicht ein Ansporn für euch, römische Männer, dass, so wie ihr die Aufzeichnung der vielen wunderbaren Taten vor Augen habt, die eure Väter vollbracht haben, die keine Worte angemessen preisen können, auch eure Nachkommen die Früchte vieler glänzender Taten von euch aus ernten werden, wenn ihr auch in diesem Krieg Erfolg habt?“. D.h. die Initiative geht von den Lesern aus, Frieden zu halten. 12.19 Μὴ ἑαυτοὺς ἐκδικοῦντες, ἀγαπητοί, ἀλλὰ δότε τόπον τῇ ὀργῇ· γέγραπται γάρ, Ἐμοὶ ἐκδίκησις, ἐγὼ ἀνταποδώσω, λέγει κύριος. Nicht euch selbst rächend, Geliebte, sondern gebt Raum dem Zorn! Denn es ist geschrieben: Mir (gehört die) Rache, ich werde vergelten, sagt (der) Herr. Paulus kommt nun auf Situationen, in denen es keinen Frieden gibt, nämlich, wenn man es mit Personen zu tun hat, die den Frieden nicht wollen. Dann gilt es, sich an ihnen nicht selbst zur rächen, sondern Gott die Möglichkeit zur Rache zu geben. Diese Rache findet wohl erst nach diesem Leben statt, da immer noch das Böse triumphiert. 101 Der Römerbrief 12.20 Ἐὰν οὖν πεινᾷ ὁ ἐχθρός σου, ψώμιζε αὐτόν· ἐὰν διψᾷ, πότιζε αὐτόν· τοῦτο γὰρ ποιῶν, ἄνθρακας πυρὸς σωρεύσεις ἐπὶ τὴν κεφαλὴν αὐτοῦ. Wenn also dein Feind hungert, gib ihm zu essen! Wenn er dürstet, gib ihm zu trinken! Denn dies tuend, wirst du Kohlen von Feuer auf seinen Kopf häufen. Was es konkret heißt, sich nicht selbst zu rächen, sondern zu segnen, illustriert Paulus nun, indem er mittels οὖν („also“) die Konsequenzen einleitet, die es mit sich bringt, dass Gott der Rächer ist und nicht wir. Konkret illustriert der Apostel dies, indem hungernden oder dürstenden Feinden Essen und Trinken gegeben wird, damit werden auf ihren Kopf feurige Kohlen gehäuft. 12.21 Μὴ νικῶ ὑπὸ τοῦ κακοῦ, ἀλλὰ νίκα ἐν τῷ ἀγαθῷ τὸ κακόν. Lass dich nicht vom Schlechten besiegen, sondern besiege mit dem Guten das Schlechte! Paulus beendet diesen Exkurs mit einem Aufruf, sich nicht mit Bösem zu rächen, sondern angesichts des Bösen mit Gutem zu reagieren. 13.1 Πᾶσα ψυχὴ ἐξουσίαις ὑπερεχούσαις ὑποτασσέσθω· οὐ γάρ ἐστιν ἐξουσία εἰ μὴ ὑπὸ θεοῦ, αἱ δὲ οὖσαι ἐξουσίαι ὑπὸ τοῦ θεοῦ τεταγμέναι εἰσίν. Jede Seele soll sich (den) übergeordneten Autoritäten unterordnen. Denn es ist keine Autorität, außer von Gott, die bestehenden Autoritäten nun sind von Gott angeordnet! Paulus greift die nächste Ermutigung auf, indem er dazu aufruft, sich den Autoritäten zu beugen, da diese dem Grundsatz nach von Gott eingesetzt ist. Dies war auch zur Zeit von Paulus, als römische Kaiser brutal herrschten und Christen töteten, der Fall. D.h. es ist auch so, dass es Autoritäten gibt, wenn diese gegen Gottes Wort handeln. Die Unterordnung geht bis dahin, dass diese anzuerkennen sind, außer Gott hat etwas anderes gesagt. Dann greift das Prinzip von Petrus, dass man Gott mehr zu gehorchen hat. Gott hat aber zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, Autoritäten eingesetzt, da sonst die Welt in völliges Chaos geraten würde, wie Zeiten der Anarchie zeigen, sodass es besser ist, eine gottlose Obrigkeit zu haben als gar keine, da der Mensch böse ist, und sonst nur Mord und Totschlag herrschen würden. 13.2 Ὥστε ὁ ἀντιτασσόμενος τῇ ἐξουσίᾳ, τῇ τοῦ θεοῦ διαταγῇ ἀνθέστηκεν· οἱ δὲ ἀνθεστηκότες ἑαυτοῖς κρίμα λήψονται. Wer sich daher der Autorität widersetzt, widersteht der Anordnung Gottes. Die sich aber widersetzen, werden für sich selbst ein Urteil erhalten. Ὥστε („daher“) leitet die Folgerung des Apostels ein, dass Rebellion keine Aufgabe von Christen ist, da Gott die Ordnung über Autoritäten angeordnet hat, sodass diejenigen, die zur Rebellion aufrufen, gegen Gottes Willen handeln. 102 Der Römerbrief 13.3 Οἱ γὰρ ἄρχοντες οὐκ εἰσὶν φόβος τῶν ἀγαθῶν ἔργων, ἀλλὰ τῶν κακῶν. Θέλεις δὲ μὴ φοβεῖσθαι τὴν ἐξουσίαν; Τὸ ἀγαθὸν ποίει, καὶ ἕξεις ἔπαινον ἐξ αὐτῆς· Denn die Machthaber sind nicht (zur) Furcht für die guten Werke, sondern für die schlechten. Willst du nun die Autorität nicht fürchten, tue das Gute, und du wirst Lob von ihr haben. Paulus begründet den Vers davor, nämlich, dass man Autoritäten anzuerkennen hat, indem er beschreibt, wozu diese eingesetzt sind, auch wenn dies oft vollkommen anders realisiert ist. Die Obrigkeit hat die Aufgabe Gutes zu belohnen und Schlechtes zu bestrafen. Dies führt dazu, dass man, wenn man keine Angst vor der Strafe der Obrigkeit haben will, Gutes tun sollte, sodass man statt Strafe ein Lob erhält. Ob dies erfolgt in der Realität, ist nicht der Gegenstand bei Paulus, der Grundsatz ist jedoch eindeutig. Nur Nestle-Aland 28 hat Werk im Singular (4% der Handschriften), alle anderen haben Plural (96%). 13.4 θεοῦ γὰρ διάκονός ἐστίν σοι εἰς τὸ ἀγαθόν. Ἐὰν δὲ τὸ κακὸν ποιῇς, φοβοῦ· οὐ γὰρ εἰκῇ τὴν μάχαιραν φορεῖ· θεοῦ γὰρ διάκονός ἐστιν, ἔκδικος εἰς ὀργὴν τῷ τὸ κακὸν πράσσοντι. Gottes Dienerin nämlich ist sie dir zum Guten. Wenn du aber das Schlechte tust, fürchte dich! Sie trägt ja das Schwert nicht umsonst. Sie ist ja Gottes Dienerin, ein Rächer zum Zorn dem das Schlechte Tuenden. Mit γὰρ („nämlich“) erklärt Paulus genauer, wie er den Satz vorher meinte. Die Obrigkeit und Autorität hat zwei Aufgaben: Das Gute zu fördern und das Schlechte zu verfolgen und mit Zorn zu bestrafen. Damit tut sie Gottes Auftrag. Vom Positiven kommt Paulus auf das Böse. Wenn das getan wird, sollte man Angst vor der Obrigkeit aufgrund der Strafe haben. Mit der Metapher des Schwertes, mit dem man tötet, beschreibt Paulus, dass die Obrigkeit zurecht das Recht hat, zu töten, wenn dies notwendig ist, etwa bei Mord und anderen Kapitaldelikten, wie es bereits vor dem Gesetz angeordnet war. Mit dem zweiten γὰρ („ja“) erläutert Paulus, wie er es meint, dass die Obrigkeit das Schwert zu Recht und nicht umsonst trägt: Sie übt Rache für Böses. 13.5 Διὸ ἀνάγκη ὑποτάσσεσθαι, οὐ μόνον διὰ τὴν ὀργήν, ἀλλὰ καὶ διὰ τὴν συνείδησιν. Deshalb (ist es) eine Notwendigkeit, sich unterzuordnen, nicht allein wegen des Zorns, sondern auch wegen des Gewissens. Διὸ („deshalb“) setzt an den genannten Argumenten an und beschreibt es noch einmal als notwendig, dass sich Christen nicht gegen den Staat wenden, sondern sich den Gesetzen unterordnen, die diese erlässt. Der Grund ist nicht allein, dass man den Zorn der Strafe zu fürchten hätte, sondern auch, dass man kein schlechtes Gewissen haben sollte, wenn man unerlaubte Dinge tut. 103 Der Römerbrief 13.6 Διὰ τοῦτο γὰρ καὶ φόρους τελεῖτε· λειτουργοὶ γὰρ θεοῦ εἰσιν, εἰς αὐτὸ τοῦτο προσκαρτεροῦντες. Deswegen zahlt ihr ja auch Steuern. Denn Gehilfen Gottes sind sie, eben dafür beschäftigt. Διὰ τοῦτο („deswegen“) setzt den Gedanken fort, dass die Obrigkeit Aufgaben im Sinne Gottes zu erledigen hat und es nötig ist, dass diese dazu finanziert werden und Steuern nötig sind. Mit ihrer Hilfe wird das Böse noch unterdrückt. Ob die Obrigkeit im Sinne Gottes dies de facto überhaupt tut, ist eine vollkommen andere Frage. Wenn sie das Böse belohnt bzw. nicht bestraft und das Gute bestraft bzw. in die Rechte Christi eingreift, etwa Lieder zur Ehre Gottes bzw. das Brotbrechen verbietet, das Christus selbst eingesetzt hat, kann man Daniel als Vorbild heranziehen, wie er in Babylon handelte. 13.7 Ἀπόδοτε οὖν πᾶσιν τὰς ὀφειλάς· τῷ τὸν φόρον τὸν φόρον· τῷ τὸ τέλος τὸ τέλος· τῷ τὸν φόβον τὸν φόβον· τῷ τὴν τιμὴν τὴν τιμήν. Erstattet also allen die geschuldeten (Dinge): Dem die Steuer (geschuldet ist), die Steuer. Dem der Zoll, den Zoll. Dem die Furcht, die Furcht. Dem die Ehre, die Ehre. Da, wie begründet, der Staat die Aufgaben im Sinne Gottes zu erledigen hat, ist es eine Verpflichtung, dies zu ermöglichen, indem man deren Aufgabe mittels Steuern und Zöllen und Anerkennung von Furcht und Ehre unterstützt. 13.8 Μηδενὶ μηδὲν ὀφείλετε, εἰ μὴ τὸ ἀγαπᾷν ἀλλήλους· ὁ γὰρ ἀγαπῶν τὸν ἕτερον, νόμον πεπλήρωκεν. Niemandem schuldet etwas, außer das Einander-Lieben, denn der den andern Liebende hat (das) Gesetz erfüllt. Dass man niemandem etwas wie Steuern schuldig bleiben sollte, bedeutet nun nicht, dass man nicht schuldig bleiben sollte, andere zu lieben, da damit der Sinn des Gesetzes erfüllt wird. 13.9 Τὸ γάρ, Οὐ μοιχεύσεις, οὐ φονεύσεις, οὐ κλέψεις, οὐκ ἐπιθυμήσεις, καὶ εἴ τις ἑτέρα ἐντολή, ἐν τούτῳ τῷ λόγῳ ἀνακεφαλαιοῦται, ἐν τῷ, Ἀγαπήσεις τὸν πλησίον σου ὡς σεαυτόν. Denn das: Du sollst nicht ehebrechen, du sollst nicht morden, du sollst nicht stehlen, du sollst nicht begehren, und wenn es irgendein weiteres Gebot (gibt), wird in dieser Aussage zusammengefasst: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst! Die Futurformen der Gebote sind wie im Hebräischen (JIQTOL) als starke Befehle zu verstehen, etwa wie „Du wirst jetzt sofort dein Zimmer aufräumen“. Mit ἐν τούτῳ τῷ λόγῳ („in dieser Aussage“) ist kein einzelnes Wort gemeint, sondern der ganze Satz bzw. die folgende Aussage. Mit ἀνακεφαλαιοῦται („zusammengefasst werden“) bedeutet, dass die einzelnen Gebote auf den Punkt gebracht werden können, den anderen zu lieben. Der Ausdruck ἐν τῷ („in dem“) entspricht dem Deutschen „nämlich“, d.h. Paulus führt damit an, welches Wort er genau meint. 104 Der Römerbrief 13.10 Ἡ ἀγάπη τῷ πλησίον κακὸν οὐκ ἐργάζεται· πλήρωμα οὖν νόμου ἡ ἀγάπη. Die Liebe tut dem Nächsten nicht Schlechtes. (Des) Gesetzes Summe (ist) also die Liebe. Paulus folgert mit οὖν („also“) aus dem bisher Gesagten, dass die Liebe das Gesetz ausmacht bzw. darin zusammengefasst werden kann. Die Liebe tut niemandem etwas Schlechtes an, daher sind die einzelnen Gebote nur Beispiele, was nicht sein darf, wenn Liebe vorhanden ist. 13.11 Καὶ τοῦτο, εἰδότες τὸν καιρόν, ὅτι ὥρα ἡμᾶς ἤδη ἐξ ὕπνου ἐγερθῆναι· νῦν γὰρ ἐγγύτερον ἡμῶν ἡ σωτηρία ἢ ὅτε ἐπιστεύσαμεν. Und dies (tut), die Zeit kennend, dass (die) Stunde (da ist), vom Schlaf aufzustehen, denn jetzt (ist) unserer Rettung näher, als da wir glaubten. Mi τοῦτο („dies“) verweist Paulus auf die bisherigen Aufforderungen. Die Basis dafür ist die Erkenntnis, in welcher Zeit wir leben, nämlich in einer, zu der man aufstehen soll, um aktiv zu werden, da die Rettung vom Bösen und der Sünde und der Welt insgesamt näher gerückt ist. Seitdem die Leser und Paulus zum Glauben kamen, ist bereits Zeit vergangen. Diese Zeitperiode erklärt Paulus im nächsten Vers. 13.12 Ἡ νὺξ προέκοψεν, ἡ δὲ ἡμέρα ἤγγικεν· ἀποθώμεθα οὖν τὰ ἔργα τοῦ σκότους, καὶ ἐνδυσώμεθα τὰ ὅπλα τοῦ φωτός. Die Nacht schritt voran, der Tag nun ist nahegekommen. Lasst uns also die Werke der Finsternis ablegen und die Waffen des Lichts anziehen! Die Zeit, dass Christen von der Welt erlöst werden, rückt immer näher, sodass die Zeit bis dahin genutzt werden sollte. Paulus operiert zur Veranschaulichung mit den Gegensätzen Nacht-Tag bzw. Finsternis-Licht. Im Hinblick auf den kommenden Tag, die Wiederkunft Christi, sind Sünden, die zur gegenwärtigen finsteren Zeit gehören, abzulegen und bereits die Waffen des Lichts anzulegen. 13.13 Ὡς ἐν ἡμέρᾳ, εὐσχημόνως περιπατήσωμεν, μὴ κώμοις καὶ μέθαις, μὴ κοίταις καὶ ἀσελγείαις, μὴ ἔριδι καὶ ζήλῳ. Wie am Tag lasst uns anständig wandeln, nicht mit Gelagen und Trunkenheiten, nicht mit Beischläfereien und Ausschweifungen, nicht mit Streit und Eifersucht, Als zum kommenden Tag gehörig, fordert nun Paulus auf, die Kennzeichen der Nacht und Finsternis abzulegen. Dazu nennt er einige dieser Dinge, die vornehmlich nachts von Ungläubigen getan werden. Der Begriff κοίταις („Betten“) bedeutet die Sünden, die im Bett stattfinden. 105 Der Römerbrief 13.14 Ἀλλ᾽ ἐνδύσασθε τὸν κύριον Ἰησοῦν χριστόν, καὶ τῆς σαρκὸς πρόνοιαν μὴ ποιεῖσθε, εἰς ἐπιθυμίας. sondern zieht den Herrn Jesus Christus an, betreibt keine Vorsorge des Fleisches für Begierden! Nach den Unterlassungen fordert Paulus die Leser auf, die positiven Dinge zu eigen zu machen. Dies drückt er aus, indem man die Eigenschaften Christi wie ein Gewandt anziehen möge. Dazu gehört es nicht, für die Dinge des alten Menschen zu sorgen, die zur Erfüllung der genannten Begierden führen. 14.1 Τὸν δὲ ἀσθενοῦντα τῇ πίστει προσλαμβάνεσθε, μὴ εἰς διακρίσεις διαλογισμῶν. Den nun im Glauben schwach Seienden nehmt auf, nicht zur Entscheidung von Streitfragen. Schwache im Glauben sind zwar aufzunehmen, dies geht jedoch nicht soweit, dass sie mitentscheiden, wenn es um die Klärung von strittigen Fragen geht. 14.2 Ὃς μὲν πιστεύει φαγεῖν πάντα, ὁ δὲ ἀσθενῶν λάχανα ἐσθίει. Der eine glaubt, alles essen (zu können), der schwach Seiende aber isst Gemüse. Paulus führt eine solche strittige Frage als Illustration an, indem er auf die Frage der Ernährung kommt. 14.3 Ὁ ἐσθίων τὸν μὴ ἐσθίοντα μὴ ἐξουθενείτω, καὶ ὁ μὴ ἐσθίων τὸν ἐσθίοντα μὴ κρινέτω· ὁ θεὸς γὰρ αὐτὸν προσελάβετο. Der Essende verachte den nicht Essenden nicht, und der nicht Essende richte den Essenden nicht, denn Gott nahm ihn an. Die Frage, was jemand isst, ob alles oder nur Pflanzen, ist offen, sodass jeder essen kann, was er will, ohne, dass dies zu Streit führen darf. 14.4 Σὺ τίς εἶ ὁ κρίνων ἀλλότριον οἰκέτην; Τῷ ἰδίῳ κυρίῳ στήκει ἢ πίπτει. Σταθήσεται δέ· δυνατὸς γάρ ἐστιν ὁ θεὸς στῆσαι αὐτόν. Wer bist du, der einen fremden Hausdiener richtet? Er steht oder fällt dem eigenen Herrn. Er wird nun bestehen, denn Gott ist fähig, ihm Stand zu geben. Zur Syntax des letzten Satzes vgl. Aesopus, Fabulae 207.t, 1: „ὀρνιθοθήρας πτηνοῖς πάγην ἵστα“. „Ein Vogelfänger stellte Vögeln eine Falle auf“. Vgl. Leviticus 27.14 „ὡς ἂν τιμήσεται αὐτὴν ὁ ἱερεύς οὕτως σταθήσεται“ „So, wie es der Priester einschätzt, so soll es festgestellt werden“. Bzw. Matthäus 12.26 „πῶς οὖν σταθήσεται ἡ βασιλεία αὐτοῦ;“ „Wie nun wird sein Reich Bestand haben?“. 14.5 Ὃς μὲν κρίνει ἡμέραν παρ᾽ ἡμέραν, ὃς δὲ κρίνει πᾶσαν ἡμέραν. Ἕκαστος ἐν τῷ ἰδίῳ νοῒ πληροφορείσθω. Der eine hält einen Tag vor (einem anderen) Tag, der andere hält jeden Tag. Jeder soll in seinem eigenen Sinn überzeugt sein. Dasselbe Prinzip vom Essen gilt auch für die Bewertung bestimmter Tage als etwas Besonderes oder nicht. Paulus stellt zwei Überzeugungen dar, eine Person meint, alle Tag sind gleich geeignet, Gott anzubeten etc. der andere legt bestimmte Tage dazu fest. 106 Der Römerbrief Beides ist eine Gewissensentscheidung. Das Passiv bei Personen πληροφορείσθω bedeutet „völlig überzeugt sein“. 14.6 Ὁ φρονῶν τὴν ἡμέραν, κυρίῳ φρονεῖ· καὶ ὁ μὴ φρονῶν τὴν ἡμέραν, κυρίῳ οὐ φρονεῖ. Καὶ ὁ ἐσθίων κυρίῳ ἐσθίει, εὐχαριστεῖ γὰρ τῷ θεῷ· καὶ ὁ μὴ ἐσθίων κυρίῳ οὐκ ἐσθίει, καὶ εὐχαριστεῖ τῷ θεῷ. Der den Tag beachtet, beachtet (ihn) für (den) Herrn. Und der den Tag nicht Beachtende, beachtet (ihn) für (den) Herrn nicht. Und der Essende, isst für (den) Herrn, denn er dankt Gott. Und der nicht Essende, isst für (den) Herrn nicht, und er dankt Gott. Da diese Frage nicht biblisch festgelegt ist, darf keiner den andern verurteilen, der es anders sieht, da beide es für den Herrn so oder so tun. Dabei greift Paulus auf das Motiv des Essens zurück, wobei da das gleiche Prinzip greift. 14.7 Οὐδεὶς γὰρ ἡμῶν ἑαυτῷ ζῇ, καὶ οὐδεὶς ἑαυτῷ ἀποθνῄσκει. Denn keiner von uns lebt für sich selbst, und keiner stirbt für sich selbst. Mit γὰρ („denn“) leitet Paulus die Begründung ein, warum jeder es so machen kann, wie er es richtig findet, da es allen darum geht, nicht für sich, sondern für den Herrn zu leben und zu sterben. 14.8 Ἐάν τε γὰρ ζῶμεν, τῷ κυρίῳ ζῶμεν· ἐάν τε ἀποθνῄσκωμεν, τῷ κυρίῳ ἀποθνῄσκομεν· ἐάν τε οὖν ζῶμεν, ἐάν τε ἀποθνῄσκωμεν, τοῦ κυρίου ἐσμέν. Sowohl wenn wir nämlich leben, leben wir dem Herrn, als auch, wenn wir sterben, sterben wir dem Herrn. Sowohl wenn wir nun leben als auch wenn wir sterben, sind wir des Herrn. Das Bindewort τε (sowie, und, sowohl-als auch“) verknüpft die Aussagen eng zusammen, so dass beide Aussagen stark zusammengehören und auf jeden Fall beides gilt. Im Leben und Tod gehören wir dem Herrn und wollen ihm gefallen. 14.9 Εἰς τοῦτο γὰρ χριστὸς καὶ ἀπέθανεν καὶ ἀνέστη καὶ ἔζησεν, ἵνα καὶ νεκρῶν καὶ ζώντων κυριεύσῃ. Denn dazu starb Christus auch und stand auf und wurde lebendig, damit er sowohl über Tote als auch Lebende herrsche. Paulus begründet nun, warum wir Christus als Herrn angehören, da er nämlich für unsere Sünden starb und auferstand, um Herr sein zu können, sodass er über Menschen, die leben oder die schon tot sind, Herr sein kann. 107 Der Römerbrief 14.10 Σὺ δὲ τί κρίνεις τὸν ἀδελφόν σου; Ἢ καὶ σὺ τί ἐξουθενεῖς τὸν ἀδελφόν σου; Πάντες γὰρ παραστησόμεθα τῷ βήματι τοῦ χριστοῦ. Du nun, was richtest du deinen Bruder? Oder auch du, was verachtest du deinen Bruder? Denn alle werden wir vor der Tribüne Christi stehen. Mit γὰρ („denn“) begründet Paulus, warum es wichtig ist, niemanden ungerechtfertigt zu richten und zu verachten, weil er zu bestimmten nebensächlichen Dingen andere Überzeugungen hat, da wir eines Tages vor ihm erscheinen werden. Dort wird dies beurteilt, zumal niemand die Motive eines anderen genau beurteilen kann. Dies wird vor einem erhöhten Ort geschehen. Mit βῆμα („Tribüne, Plattform, Bühne“) kommt wörtlich zum Ausdruck, dass zu einer erhöhten Position gestiegen wurde (βαίνω „laufen“), die zu einer Tribüne oder erhöhten Plattform gehört. Bei Herodotus wird das Wort auch für den Schritt eines Menschen gebraucht (Historiae, 4.82, 5); vgl. auch Heraclitus, Testimonia, 3b.4: „ἀναβὰς ἐπὶ τὸ βῆμα“. „auf die Tribüne hinaufsteigend“. Auch ging es von dort nach unten, sodass man hinabsteigen musste, vgl. Diodorus Siculus, Bibliotheca Historica 17.109,2: „καταβὰς ἀπὸ τοῦ βήματος“. „Herabsteigend von der Tribüne“. Dort wurde nach Wettkämpfen das Urteil über die Spieler gesprochen. Es muss nicht ein Stuhl oder Sitz etc. sein, denn dafür stünden andere Worte bereit, sodass es offen bleibt, ob der Preisrichter stand oder saß. Dass es ein Richterstuhl war, wird durch eine Stelle bei Antiphon, De choreuta 40.4 fraglich: „Τὸ τελευταῖον, ὦ Ζεῦ καὶ θεοὶ πάντες, Φιλοκράτης αὐτὸς οὑτοσὶ ἐν τῷ βουλευτηρίῳ ἐναντίον τῆς βουλῆς, ἑστὼς μετ’ ἐμοῦ ἐπὶ τοῦ βήματος, ἁπτόμενος ἐμοῦ διελέγετο, ὀνόματι οὗτος ἐμὲ προσαγορεύων“. „Der Abschluss, oh Zeus und ihr Götter alle, wurde in der Kammer vor dem Rat erreicht, als Philokrates selbst mit auf der Tribüne stehend, mich berührend, sich mit mir unterhielt, als dieser mich mit meinem Namen anredete“. Vgl. Flavius Josephus, Antiquitates Judaicae 4.209,3: „ὁ ἀρχιερεὺς ἐπὶ βήματος ὑψηλοῦ σταθείς“. „Der Hohepriester, der auf einer hohen Tribüne stand“. Da die Personen auf der Tribüne standen, zu ihr hinauf und 108 Der Römerbrief herunterstiegen, ist ein Stuhl per se unplausibel, auch wenn es wohl dort auch zusätzlich Stühle gegeben haben kann, wie dies bei einigen Autoren anzunehmen ist, sodass man sich auf der Tribüne zusätzlich auch setzen konnte, im Begriff selbst ist dies jedoch wohl nicht inbegriffen, so könnte man auch Johannes 19.13 etc. verstehen. Diese Dinge kannten die Korinther aus der Begebenheit in Apostelgeschichte 18.12ff. Dazu kommt noch Folgendes: Flavius Josephus verwendet an einer Stelle beide Begriffe in einem Satz: "Der Thron (θρόνος), den der König sich anfertigen ließ, war aus Elfenbein, ungemein groß und von einem aus sechs Stufen bestehenden Auftritt (βῆματος) umgeben. Auf jeder Stufe standen zwei Löwen zu beiden Seiten und ebenso viele oben neben dem Thronsessel." (Antiquitates Judaicae, 8.140.2). Der Begriff θρόνος („Thron“) ist hier also der Stuhl oder Sitz des Königs selbst und βῆμα („die Tribüne“) der Auftritt mit Stufen dazu. Dann verwendet auch Chrysostomus in seinem Kommentar zum Römerbrief (60.669.9) beide Nomen: "Wie kann also der Apostel sagen: ‘Zu lehren gestatte ich dem Weibe aber nicht?’ Damit untersagt er ihr nur, den Vorsitz in der Versammlung zu führen und den Sitz auf der Rednerbühne (τοῦ θρόνου τοῦ ἐν τῷ βήματι „des Throns auf der Bühne“) einzunehmen, nicht aber überhaupt mit Worten zu lehren." Der θρόνος ist also der Sitz selbst und βῆμα die Bühne (vgl. auch Bauer/Aland, Sp. 280). Somit könnte man festhalten, dass θρόνος Sitz eines Königs, βῆμα die Bühne bzw. Tribüne oder das Podest bedeutet. Vom βῆμα aus kann man also reden, jedoch auch zu Gericht sitzen: Platon schreibt an einer Stelle von den βῆματα als den Gerichtsstellen (Politeia, 564.d.10). An anderer Stelle schreibt auch Platon, dass ein Redner auf eine hohe βῆμα hinaufsteigen muss: ἀναβάντα ἐπί τι βῆμα ὑψηλὸν, „Hinaufsteigend auf eine 109 Der Römerbrief erhöhte Bühne“ (Politeia, 617.d.5). In der griechischen Polis wurden βῆματα als Bühnen zur politischen Rede genutzt. Das macht Platon deutlich, wenn er schreibt: καὶ ἔγωγε ἐξ ἐκείνου λις ἔσχον τοῦ βήματος καὶ χαλεπώτερον οὐδὲν ἐφάνη μοι πολιτείας". „und ich hatte seitdem genug von der Rednerbühne und es scheint mir, es ist nichts ärgerlicher als die Politik“ (Spuria, 369.a, 4). Der Sprecher hat also genug davon, auf der Rednerbühne zu stehen und Politik zu betreiben. Polybius beschreibt eine ganz interessante Begebenheit: μέλλοντός τινος τῶν ἐκ τῆς γερουσίας ἀντιλέγειν τοῖς προτεινομένοις καὶ καταρχομένου, προελθόντα τὸν Ἀννίβαν κατασπάσαι τὸν ἄνψρωπον ἀπὸ τοῦ βήματος . „Als um diese Zeit ein Mitglied des Rates gegen die Friedensbedingungen Einspruch erheben wollte und zu reden begann, da, erzählt man, trat Hannibal auf und zog ihn von der Rednerbühne herab“ (Historiae 15.19,3). Ein Ratsmitglied wollte also eine Rede gegen die Friedensbedingungen halten. Als er zu reden begann, wurde er von Hannibal von der βῆμα (Rednerbühne) heruntergeholt. An anderer Stelle schreibt Polybius, dass eine βῆμα aufgerichtet wurde (es handelt sich also um eine Konstruktion, wohl aus Holz), um von dort den Tod des Königs zu verkündigen (Historiae 15.25.3). Das Genitivattribut τοῦ χριστοῦ („Christi“) ist possessiv zu verstehen, d.h. es handelt sich um den Ort der Bewertung, den Christus hat, um dort die Gläubigen zu bewerten. 14.11 Γέγραπται γάρ, Ζῶ ἐγώ, λέγει κύριος· ὅτι ἐμοὶ κάμψει πᾶν γόνυ, καὶ πᾶσα γλῶσσα ἐξομολογήσεται τῷ θεῷ. Denn es ist geschrieben: (So wahr) ich lebe, sagt (der) Herr, dass sich mir jedes Knie beugen wird und jede Zunge Gott bekennen wird. Nun wird begründet, warum es klar ist, dass wir vor Christus erscheinen werden, da sich jedes Knie vor ihm beugen wird, d.h. er spricht das Urteil über diese Fragen, nicht wir. 110 Der Römerbrief 14.12 Ἄρα οὖν ἕκαστος ἡμῶν περὶ ἑαυτοῦ λόγον δώσει τῷ θεῷ. Also wird nun jeder von uns für sich selbst Gott Rechenschaft geben. Aus dem im Vers davor genannten Zitat wird die Konsequenz deutlich, nämlich, dass jeder Gott Antwort geben muss, was er im Leben getan hat. 14.13 Μηκέτι οὖν ἀλλήλους κρίνωμεν· ἀλλὰ τοῦτο κρίνατε μᾶλλον, τὸ μὴ τιθέναι πρόσκομμα τῷ ἀδελφῷ ἢ σκάνδαλον. Also wollen wir nicht mehr einander richten. Richtet doch vielmehr dies, dass ihr dem Bruder keinen Anstoß gebt oder ein Ärgernis! Mit οὖν („also“) zieht Paulus die Konsequenz, dass jeder Gott Rechenschaft geben muss, nämlich, dass man nicht der Richter anderer ist, sondern dies Gottes Aufgabe ist. Wenn man richten will, sollte man sich stattdessen selbst richten, indem man das, was den anderen ärgert verurteilt und unterlässt. 14.14 Οἶδα καὶ πέπεισμαι ἐν κυρίῳ Ἰησοῦ, ὅτι οὐδὲν κοινὸν δι᾽ αὐτοῦ· εἰ μὴ τῷ λογιζομένῳ τι κοινὸν εἶναι, ἐκείνῳ κοινόν. Ich weiß und ich bin überzeugt im Herrn Jesus, dass nichts durch sich unrein (ist), außer für den Urteilenden, dass etwas unrein sei: Jenem (ist es) gemein. Paulus drückt nun das Prinzip aus, von dem er vollkommen überzeugt ist, nämlich, dass nichts aus sicher heraus abzulehnen ist, nur, wenn jemand es subjektiv für falsch hält, dann ist es für den Betreffenden so. Der Begriff κοινός („gemein, unrein, unheilig“) ist der Gegenbegriff zu ἅγιος („heilig“). 14.15 Εἰ δὲ διὰ βρῶμα ὁ ἀδελφός σου λυπεῖται, οὐκέτι κατὰ ἀγάπην περιπατεῖς. Μὴ τῷ βρώματί σου ἐκεῖνον ἀπόλλυε, ὑπὲρ οὗ χριστὸς ἀπέθανεν. Wenn nun durch Essen dein Bruder betrübt wird, wandelst du nicht mehr nach (der) Liebe. Zerstöre nicht durch deine Speise jenen, für den Christus starb! Wenn jemand etwas isst, was ein anderer ablehnt, wandelt der Essende nicht nach dem Grundsatz der Liebe, etwa wenn erwartet wird, der andere soll es auch so tun, das bringt Gewissensnöte, die zerstörerisch sind. Da der Bruder Christus gehört, ist das zu vermeiden. Mit βρῶμα („Speise“) wird das, was konkret gegessen wird, gemeint. Mit βρῶσις („Essen“) hingegen ist der Vorgang gemeint. 14.16 Μὴ βλασφημείσθω οὖν ὑμῶν τὸ ἀγαθόν· Es soll also euer Gutes nicht verlästert werden. Paulus lässt einen Zwischenschritt aus, der rekonstruiert werden kann. Das Ergebnis ist, dass das, was jemand Gut findet, nicht gelästert wird, wenn andere dies anders einschätzen sollten. 111 Der Römerbrief 14.17 οὐ γάρ ἐστιν ἡ βασιλεία τοῦ θεοῦ βρῶσις καὶ πόσις, ἀλλὰ δικαιοσύνη καὶ εἰρήνη καὶ χαρὰ ἐν πνεύματι ἁγίῳ. Denn das Reich Gottes ist nicht Essen und Es geht in der gesamten Frage also nicht darum, was es zu Essen Trinken, sondern Gerechtigkeit und Friede und oder Trinken gibt, sondern um gerechtes Verhalten, das Friede und Freude im Heiligen Geist. Freude im Heiligen Geist schenkt. 14.18 Ὁ γὰρ ἐν τούτοις δουλεύων τῷ χριστῷ εὐάρεστος τῷ θεῷ, καὶ δόκιμος τοῖς ἀνθρώποις. Denn der in diesen (Dingen) Christus Dienende Wer also persönlich Rücksicht nimmt und damit Christus dienen will, (ist) Gott wohlgefällig und bewährt bei gefällt Gott und auch Menschen erkennen die Bewährung. Menschen. 14.19 Ἄρα οὖν τὰ τῆς εἰρήνης διώκωμεν, καὶ τὰ τῆς οἰκοδομῆς τῆς εἰς ἀλλήλους. Also lasst uns nun den (Dingen) des Friedens nachjagen und denen der Erbauung für einander! Als Konsequenz ruft Paulus mittels eines Adhortativs auf, das zu suchen und dem nachzujagen, was dem Frieden dient. 14.20 Μὴ ἕνεκεν βρώματος κατάλυε τὸ ἔργον τοῦ θεοῦ. Πάντα μὲν καθαρά, ἀλλὰ κακὸν τῷ ἀνθρώπῳ τῷ διὰ προσκόμματος ἐσθίοντι. Zerstöre nicht wegen Essen das Werk Gottes! Alle (Dinge) (sind) zwar rein, doch schlecht dem mit Anstoß essenden Menschen. Die negative Seite ist zu vermeiden, indem man nicht wegen Essen andere in Nöte bringt und das Werk Gottes gefährdet. In anderen Worten heißt das, was Paulus schon deutlich gemacht hatte, nämlich, dass das Gewissen zu beachten ist. 14.21 Καλὸν τὸ μὴ φαγεῖν κρέα, μηδὲ πιεῖν οἶνον, μηδὲ ἐν ᾧ ὁ ἀδελφός σου προσκόπτει ἢ σκανδαλίζεται ἢ ἀσθενεῖ. Gut (ist es), Fleisch nicht zu essen und Wein nicht zu trinken, noch (zu tun), woran dein Bruder sich anstößt oder zu Fall kommt oder schwach ist. Das Wort σκανδαλίζεται („er kommt zu Fall“) kommt vom Wort für Stellholz einer Falle, worin sich ein Tier, wenn es daran kommt, verfängt. 14.22 Σὺ πίστιν ἔχεις; Κατὰ σεαυτὸν ἔχε ἐνώπιον τοῦ θεοῦ. Μακάριος ὁ μὴ κρίνων ἑαυτὸν ἐν ᾧ δοκιμάζει. Du hast Glauben? Habe ihn bei dir selbst vor Gott! Glückselig der sich selbst nicht Richtende, in (dem), was er prüft! Die Frage, was jemand gut und richtig findet ist eine Glaubenssache zwischen ihm und Gott und dies bleibt dort und ist keinen Streit wert. 14.23 Ὁ δὲ διακρινόμενος, ἐὰν φάγῃ, κατακέκριται, ὅτι οὐκ ἐκ Der Zweifelnde aber, wenn er isst, ist verurteilt, da (es) nicht aus Glauben Wer unsicher ist, ob Gott das will, was er genau an Speisen isst, ist verurteilt (von Gott bzw. dem Gewissen), da es nicht im Einklang mit 112 Der Römerbrief πίστεως· πᾶν δὲ ὃ οὐκ ἐκ πίστεως, ἁμαρτία ἐστίν. (geschieht). Alles nun, was nicht aus Glauben (geschieht), ist Sünde. dem Glauben ist, denn wenn man etwas tut, was das Gewissen für falsch einstuft, ist es falsch bzw. Sünde, es dennoch zu tun. 14.24 Τῷ δὲ δυναμένῳ ὑμᾶς στηρίξαι κατὰ τὸ εὐαγγέλιόν μου καὶ τὸ κήρυγμα Ἰησοῦ χριστοῦ, κατὰ ἀποκάλυψιν μυστηρίου χρόνοις αἰωνίοις σεσιγημένου, Dem nun euch zu stärken Vermögenden gemäß meiner guten Botschaft und der Verkündung Jesu Christi, gemäß (der) Offenbarung (des) Geheimnisses, (das) ewige Zeiten verschwiegen, Nach dem Konsens der Handschriften ist hier die Doxologie angesiedelt, die leider in Nestle-Aland am Ende des 16. Kapitels abgedruckt wurde, wohl da ein Schreiber meinte, sei müsste besser an den Schluss gerückt werden. 14.25 φανερωθέντος δὲ νῦν, διά τε γραφῶν προφητικῶν, κατ᾽ ἐπιταγὴν τοῦ αἰωνίου θεοῦ, εἰς ὑπακοὴν πίστεως εἰς πάντα τὰ ἔθνη γνωρισθέντος, nun aber offenbar gemacht worden, und durch prophetische Schriften nach dem Auftrag des ewigen Gottes zum Glaubensgehorsam an all die Nationen kundgetan wurde. Dieser Vers gibt die lange Nominalphrase um μυστηρίου („des Geheimnisses“) weiter an, da die Partizipien damit kongruieren. Die Partikel τε („sowohl“) scheint die Bekanntmachung durch prophetische Schriften sowie deren Verkündigung an alle Nationen zu kombinieren. Das Ziel der Verkündigung des Geheminsses Gottes ist der Glaubensgehorsam aller Nationen, d.h. der Menschen aller Nationen. 14.26 μόνῳ σοφῷ θεῷ, διὰ Ἰησοῦ χριστοῦ, ᾧ ἡ δόξα εἰς τοὺς αἰῶνας. Ἀμήν. Ihm, dem allein weisen Gott, durch Jesus Christus, (ist) die Ehre bis in die Ewigkeiten. Amen! Paulus greift mit dem Dativ μόνῳ σοφῷ θεῷ („ihm, dem allein weisen Gott“) das in Vers 24 begonnene Dativobjek des Lobpreises, also Gott, wieder auf und führt den Lobpreis zu Ende. 15.1 Ὀφείλομεν δὲ ἡμεῖς οἱ δυνατοὶ τὰ ἀσθενήματα τῶν ἀδυνάτων βαστάζειν, καὶ μὴ ἑαυτοῖς ἀρέσκειν. Wir sind nun schuldig, wir, die Kräftigen, die Schwachheiten der Kraftlosen zu tragen und nicht uns selbst zu gefallen. Paulus richtet nun einen Appell an die, die überzeugt sind, dass es keine Einschränkungen mehr wie im mosaischen Gesetz im Hinblick darauf gibt, was man essen darf, und bezeichnet sie als „die Kräftigen“. Das bedeutet, dass man andere ertragen sollte, die soweit noch nicht sind, da es nicht darum geht, nur für sich allein zu leben, egal, wie es den anderen dabei geht. 15.2 Ἕκαστος ἡμῶν τῷ πλησίον ἀρεσκέτω εἰς τὸ ἀγαθὸν πρὸς οἰκοδομήν. Jeder von uns gefalle dem Nächsten zum Guten, zur Erbauung, Als zweiten Bestandteil des Appells fordert Paulus dazu auf, den Nächsten zu erfreuen und ihm Gutes zu tun, was zu seiner Erbauung führen soll. 113 Der Römerbrief 15.3 Καὶ γὰρ ὁ χριστὸς οὐχ ἑαυτῷ ἤρεσεν, ἀλλά, καθὼς γέγραπται, Οἱ ὀνειδισμοὶ τῶν ὀνειδιζόντων σε ἐπέπεσον ἐπ᾽ ἐμέ. denn sogar Christus gefiel sich nicht selbst, sondern wie geschrieben ist: Die Beschimpfungen der dich Beschimpfenden fielen auf mich. Mit γὰρ („denn“) begründet Paulus die Ermunterungen mit dem Vorbild Christi, der auch nicht das tat, was ihm guttat, sondern sogar bereit war, sich beschimpfen und lästern zu lassen, während er Gutes für andere tat. 15.4 Ὅσα γὰρ προεγράφη, εἰς τὴν ἡμετέραν διδασκαλίαν προεγράφη, ἵνα διὰ τῆς ὑπομονῆς καὶ διὰ τῆς παρακλήσεως τῶν γραφῶν τὴν ἐλπίδα ἔχωμεν. Denn alles was zuvor geschrieben wurde, wurde zu unserer Belehrung zuvor geschrieben, damit wir durch die Geduld und durch die Ermutigung der Schriften die Hoffnung hätten. Paulus belegt diese Aufforderung mit der Schrift, worin diese Belehrung bereits enthalten ist. Der Zweck der Schrift ist, dass wir Geduld und Ermutigung erlernen. 15.5 Ὁ δὲ θεὸς τῆς ὑπομονῆς καὶ τῆς παρακλήσεως δῴη ὑμῖν τὸ αὐτὸ φρονεῖν ἐν ἀλλήλοις κατὰ χριστὸν Ἰησοῦν· Der Gott nun der Geduld und der Ermutigung gebe euch, untereinander dasselbe zu denken, Jesus Christus gemäß, Von der Schrift kommt er auf deren Urheber, nämlich Gott. Dieser wird gebeten, dass alle Christen eine Gesinnung wie Christus haben mögen. 15.6 ἵνα ὁμοθυμαδὸν ἐν ἑνὶ στόματι δοξάζητε τὸν θεὸν καὶ πατέρα τοῦ κυρίου ἡμῶν Ἰησοῦ χριστοῦ. damit ihr einmütig mit einem Mund den Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus verherrlicht. Dies würde zur Einmütigkeit führen und zu einem gemeinsamen Lob Gottes, als ob es aus nur einem Mund käme. 15.7 Διὸ προσλαμβάνεσθε ἀλλήλους, καθὼς καὶ ὁ χριστὸς προσελάβετο ὑμᾶς, εἰς δόξαν θεοῦ. Deshalb nehmt einander an, wie auch Christus euch zur Herrlichkeit Gottes annahm! Wie Christus jeden Christen annahm, sollten sie sich auch untereinander annehmen. Mit καθὼς („wie“) führt Paulus den Maßstab für das Handeln an. 15.8 Λέγω δέ, χριστὸν Ἰησοῦν διάκονον γεγενῆσθαι περιτομῆς ὑπὲρ ἀληθείας θεοῦ, εἰς τὸ Ich sage nun, dass Christus Jesus Diener (der) Beschneidung geworden ist für Gottes Wahrheit, um die Verheißungen der Väter festzumachen. Als Grundlage seiner Bitte, sich gegenseitig zu akzeptieren, erinnert er an das, was Christus getan hat, sowohl für Juden als auch für Heiden. Zum einen hat Christus die Verheißungen an die Patriarchen 114 Der Römerbrief βεβαιῶσαι τὰς ἐπαγγελίας τῶν πατέρων· erfüllt. Mit βεβαιῶσαι („festzumachen“) kommt zum Ausdruck, dass Christus die Versprechen Gottes realisiert hat. 15.9 τὰ δὲ ἔθνη ὑπὲρ ἐλέους δοξάσαι τὸν θεόν, καθὼς γέγραπται, Διὰ τοῦτο ἐξομολογήσομαί σοι ἐν ἔθνεσιν, καὶ τῷ ὀνόματί σου ψαλῶ. Die Nationen aber sollen Gott für (das) Erbarmen verherrlichen, wie geschrieben ist: Deshalb werde ich mich zu dir unter (den) Nationen bekennen und deinem Namen lobsingen. Als zweiter Teil der Begründung kommt Paulus auf das, was Christus für die Heiden tat, indem er sich über sie erbarmen will. Dies ist im Einklang mit dem was David sagte, der als Jude sich zu Gott bekannte, als er bei nichtjüdischen Völkern war, indem er ihm Loblieder sang. 15.10 Καὶ πάλιν λέγει, Εὐφράνθητε, ἔθνη, μετὰ τοῦ λαοῦ αὐτοῦ. Und wiederum sagt er: Seid fröhlich, Nationen, mit seinem Volk! An einer anderen Stelle heißt es ebenso, dass sich nichtjüdische Menschen mit dem jüdischen Volk freuen sollen. 15.11 Καὶ πάλιν, Αἰνεῖτε τὸν κύριον Und wiederum: Lobt den Herrn, alle Nationen, πάντα τὰ ἔθνη, καὶ ἐπαινέσατε und preisen sollen ihn alle Völker! αὐτὸν πάντες οἱ λαοί. Paulus führt ein weiteres Zitat an, aus dem hervorgeht, dass alle Nationen Gott loben sollen. 15.12 Καὶ πάλιν Ἠσαΐας λέγει, Ἔσται ἡ ῥίζα τοῦ Ἰεσσαί, καὶ ὁ ἀνιστάμενος ἄρχειν ἐθνῶν· ἐπ᾽ αὐτῷ ἔθνη ἐλπιοῦσιν. Und wiederum sagt Jesaja: (Es) wird die Wurzel des Isais sein und der Aufstehende, um die Nationen zu beherrschen. Auf ihn werden (die) Nationen hoffen. Als letzten Beleg führt er Jesaja an, um anzugeben, dass die Wurzel Davids, das ist Christus, kommt, um auch Herr über Nationen zu sein. Damit beendet Paulus die Begründung, warum sich Christen annehmen sollen, da Gott auch Juden und Heiden annimmt. 15.13 Ὁ δὲ θεὸς τῆς ἐλπίδος πληρώσαι ὑμᾶς πάσης χαρᾶς καὶ εἰρήνης ἐν τῷ πιστεύειν, εἰς τὸ περισσεύειν ὑμᾶς ἐν τῇ ἐλπίδι, ἐν δυνάμει πνεύματος ἁγίου. Der Gott der Hoffnung nun erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben, damit ihr überfließt in der Hoffnung durch die Kraft (des) Heiligen Geistes. Mit einer weiteren Bitte an Gott wünscht sich Paulus, dass die Leser vollkommen mit Freude und Frieden erfüllt werden, sodass sie stark von der Hoffnung auf die kommende Welt erfüllt werden. Dies wird durch die Wirkung des Geistes hervorgerufen. 15.14 Πέπεισμαι δέ, ἀδελφοί μου, καὶ αὐτὸς ἐγὼ περὶ ὑμῶν, ὅτι καὶ αὐτοὶ μεστοί ἐστε ἀγαθωσύνης, Es bin nun auch ich selbst von euch überzeugt, meine Brüder, dass auch ihr selbst voll seid an Paulus greift das Thema Zurechtweisung auf, bei dem er davon ausgeht, dass die Leser gütig und einsichtig genug sind, um dies für andere zu tun. 115 Der Römerbrief πεπληρωμένοι πάσης γνώσεως, δυνάμενοι καὶ ἄλλους νουθετεῖν. Güte, erfüllt von aller Kenntnis, fähig, auch einander zurechtzuweisen. 15.15 Τολμηρότερον δὲ ἔγραψα ὑμῖν, ἀδελφοί, ἀπὸ μέρους, ὡς ἐπαναμιμνήσκων ὑμᾶς, διὰ τὴν χάριν τὴν δοθεῖσάν μοι ὑπὸ τοῦ θεοῦ, Recht mutig aber schrieb ich euch, Brüder, zum Teil, um euch zu erinnern durch die mir von Gott gegebene Gnade, So wie die Leser sich gegenseitig zurechtbringen sollten, tat es auch Paulus mittels des Briefes an sie. Obwohl Paulus den Lesern ein positives Zeugnis ausstellt, schreibt er ihnen doch mutig diesen Brief, um sie an einige Dinge, die sie schon wussten, zu erinnern. Dieser Dienst geschah durch die dem Apostel gegebene Gnade. Mit ἀπὸ μέρους („zum Teil“) bezieht sich Paulus wohl darauf, dass er an manchen Stellen in seinem Brief mutig bestimmte Wahrheiten angesprochen hat, z.B. dass sie als Heidenchristen nicht hochmütig zu sein haben. 15.16 εἰς τὸ εἶναί με λειτουργὸν Ἰησοῦ χριστοῦ εἰς τὰ ἔθνη, ἱερουργοῦντα τὸ εὐαγγέλιον τοῦ θεοῦ, ἵνα γένηται ἡ προσφορὰ τῶν ἐθνῶν εὐπρόσδεκτος, ἡγιασμένη ἐν πνεύματι ἁγίῳ. um ein Gehilfe Jesu Christi für die Nationen zu sein, die gute Botschaft Gottes priesterlich verwaltend, damit die Darbringung der Völker wohlannehmbar werde, geheiligt durch (den) Heiligen Geist. Der Zweck des Dienstes des Apostels ist, für Jesus Christus priesterlich tätig zu sein, damit Gott die Nationen, die an Christus glauben, wie eine Darbringung eines Opfers annehmen kann. Dass Gott sie annehmen kann bewirkt die Heiligung durch das Opfer Christi, das durch den Geist Gottes geschieht. 15.17 Ἔχω οὖν καύχησιν ἐν χριστῷ Ἰησοῦ τὰ πρὸς τὸν θεόν. Ich habe nun Rühmen in Christus Jesus in bezug auf die (Dinge) für Gott. Mit οὖν („nun“) drückt Paulus keine logische Folgerung vom letzten Satz aus, sondern schließt einen neuen Abschnitt an. Mit τὰ („bezüglich der Dinge“) ist ein Akkusativ der Referenz und besagt, worauf sich das Rühmen bezieht. 15.18 Οὐ γὰρ τολμήσω λαλεῖν τι ὧν οὐ κατειργάσατο χριστὸς δι᾽ ἐμοῦ, εἰς ὑπακοὴν ἐθνῶν, λόγῳ καὶ ἔργῳ, Ich werde es ja nicht wagen, etwas zu sprechen, das Christus nicht durch mich bewirkte zum Gehorsam (der) Nationen, durch Wort und Werk, Mit γὰρ („ja“) folgt keine Begründung, sondern eine Wiederholung der Aussage in Vers 17. D.h. Paulus ist stolz auf seine Arbeit für Gott und wagt nichts anders zu sagen, als was Gott durch ihn bewirken konnte, damit Menschen aus den Heiden Gott gehorsam würden. 116 Der Römerbrief Dies bezieht sich auf seinen Dienst in der Predigt und durch seine Wirksamkeit. 15.19 ἐν δυνάμει σημείων καὶ τεράτων, ἐν δυνάμει πνεύματος θεοῦ· ὥστε με ἀπὸ Ἱερουσαλὴμ καὶ κύκλῳ μέχρι τοῦ Ἰλλυρικοῦ πεπληρωκέναι τὸ εὐαγγέλιον τοῦ χριστοῦ· in (der) Macht von Zeichen und Wundern, in (der) Kraft (des) Geistes Gottes, so dass ich von Jerusalem und ringsumher bis Illyrikum die gute Botschaft Christi vollständig (verbreitet) habe, Paulus setzt den Satz fort, indem er beschreibt, wie Gott durch Zeichen und Wunder seinen Dienst begleitet und bestätigt hat, die er durch seinen Geist bei Paulus bewirkte. Die Folge war, dass er von Jerusalem ausgehend bis nach Illyrikum das Evangelium vollständig bekannt machte. Mit κύκλῳ μέχρι („ringsumher bis“) beschreibt Paulus, dass er ringförmig vorging und bis nach Illyrikum kam, d.h. von Jerusalem aus predigte er ringsherum und zog so immer weiter bis nach Illyrikum, sodass er immer größere Kreise zog. 15.20 οὕτως δὲ φιλοτιμούμενον εὐαγγελίζεσθαι, οὐχ ὅπου ὠνομάσθη χριστός, ἵνα μὴ ἐπ᾽ ἀλλότριον θεμέλιον οἰκοδομῶ· nun so bestrebt seiend, sie als gute Botschaft zu verkünden, nicht wo Christus genannt wurde, damit ich nicht auf ein fremdes Fundament baue, Mittels φιλοτιμούμενον („bestrebt seiend“) drückt Paulus aus, wie er bei der Verbreitung des Evangeliums vorgeht, nämlich nicht dort zu predigen, wo dies bereits erfolgt ist. Dies vergleicht er mit einem Hausbau, auf das Fundament eines anderen Bauherrn. 15.21 ἀλλά, καθὼς γέγραπται, Οἷς οὐκ ἀνηγγέλη περὶ αὐτοῦ, ὄψονται· καὶ οἳ οὐκ ἀκηκόασιν συνήσουσιν. sondern wie geschrieben ist: Denen nicht von ihm berichtet wurde, - sie werden sehen. Und die nicht gehört haben, - sie werden verstehen. Mit ἀλλά („sondern“) leitet Paulus ein und begründet, warum er es im Kontrast dazu so tut. Dazu führt er eine Begründung aus der Schrift an, dort zu verkündigen, wo es nicht der Fall war. 15.22 Διὸ καὶ ἐνεκοπτόμην τὰ πολλὰ τοῦ ἐλθεῖν πρὸς ὑμᾶς· Deshalb war ich auch die vielen (Male) vom zu euch Kommen abgehalten werdend. Διὸ („deshalb“) macht deutlich, dass der bisherige Dienst es nicht ermöglichte, zu den Lesern zu kommen. 15.23 νυνὶ δὲ μηκέτι τόπον ἔχων ἐν τοῖς κλίμασιν τούτοις, ἐπιποθίαν δὲ ἔχων τοῦ ἐλθεῖν πρὸς ὑμᾶς ἀπὸ πολλῶν ἐτῶν, Jetzt aber, keinen Raum mehr in diesen Gegenden habend, aber Sehnsucht habend, seit vielen Jahren zu euch zu kommen, Paulus führt nun Gründe an, wieso er nun bald kommen wollte: Im bisherigen Wirkungskreis hat Paulus keinen Raum bzw. keine Aufgaben mehr und würde daher weiterreisen, da er schon seit vielen Jahren die Sehnsucht hat, die Christen in Rom zu sehen. 117 Der Römerbrief 15.24 ὡς ἐὰν πορεύωμαι εἰς τὴν Σπανίαν, ἐλεύσομαι πρὸς ὑμᾶς· ἐλπίζω γὰρ διαπορευόμενος θεάσασθαι ὑμᾶς, καὶ ὑφ᾽ ὑμῶν προπεμφθῆναι ἐκεῖ, ἐὰν ὑμῶν πρῶτον ἀπὸ μέρους ἐμπλησθῶ. sodass wenn ich nach Spanien reise, ich zu euch kommen werde. Ich hoffe ja, durchreisend, euch zu sehen und von euch dorthin geleitet zu werden, wenn ich von euch zunächst ein wenig gesättigt wurde. Mit ὡς („sodass“) führt Paulus die Folge ein, die er hat, wenn er nun keine Aufgaben anderswo hat und so zu den Lesern kommen will, d.h. er will sie in Rom treffen, um dann von ihnen ausgestattet zu werden, wenn er nach Spanien reisen will, was er mit ἐκεῖ („dorthin“) wieder aufnimmt. Mit προπεμφθῆναι („geleitet zu werden“) sagt Paulus aus, dass er erwartet, dass er mit allem ausgerüstet würde, was er zur Weiterreise braucht. Mit ἀπὸ μέρους ἐμπλησθῶ („ich wurde gesättigt“) nimmt aus der vorweggenommenen Rückschau mittels πρῶτον („zunächst“) den Standpunkt ein, das Paulus, nachdem er zuerst die Gemeinschaft mit den Lesern genossen hat, dann weiterreisen würde, sodass der Aufenthalt weniger ist als er sich wünscht, was er mit ἀπὸ μέρους („ein wenig“) deutlich macht, d.h. es ist für ihn besser, die Leser etwas zu sehen, auch wenn es nur kurz sein kann. 15.25 Νυνὶ δὲ πορεύομαι εἰς Ἱερουσαλήμ, διακονῶν τοῖς ἁγίοις. Jetzt aber reise ich nach Jerusalem, den Heiligen dienend. Paulus räumt ein, dass er noch nicht über Rom nach Spanien reisen kann, da seine Pläne ihn nach Jerusalem bringen. Νυνὶ („jetzt“) ist der Form und Stellung nach betont, d.h. unmittelbar sofort geht er erst nach Jerusalem, um einen Dienst für die Gläubigen zu tun. 15.26 Εὐδόκησαν γὰρ Μακεδονία καὶ Ἀχαΐα κοινωνίαν τινὰ ποιήσασθαι εἰς τοὺς πτωχοὺς τῶν ἁγίων τῶν ἐν Ἱερουσαλήμ. Es hat nämlich Mazedonien und Achaja wohlgefallen, eine bestimmte Anteil(nahme) für die Armen der Heiligen in Jerusalem zu leisten. Wie Paulus eingehend im 2Korintherbrief erklärt, hat er für die Heiligen in Jerusalem einen hohen Betrag gesammelt, den er dorthin überbringen will. Dies ist der Grund, den Paulus mit γὰρ („nämlich“) als Hinderung angibt, nicht direkt kommen zu können. Mit κοινωνίαν („eine Anteil(nahme“) meint Paulus wie im zweiten Korintherbrief die Spende für die Heiligen in Jerusalem. 15.27 Εὐδόκησαν γάρ, καὶ ὀφειλέται αὐτῶν εἰσιν. Εἰ γὰρ τοῖς πνευματικοῖς αὐτῶν ἐκοινώνησαν Es erschien ihnen ja gut und sie sind ihre Schuldner, denn wenn die Nationen an ihren geistigen (Dingen) Anteil bekamen, sind sie Paulus erklärt nun den Hintergrund für den Dienst in Jerusalem, der ihn noch abhält zu den Lesern sogleich zu kommen, da die Gläubigen in Mazedonien und Achaia Geld für Jerusalem gesammelt hatten, da 118 Der Römerbrief τὰ ἔθνη, ὀφείλουσιν καὶ ἐν τοῖς σαρκικοῖς λειτουργῆσαι αὐτοῖς. schuldig, ihnen auch in den fleischlichen (Dingen) einen Dienst zu tun. sie sich als deren Schuldner sahen, da sie an deren Gott glauben dürften, und so auch für ihre irdischen Bedürfnisse sorgen wollten. 15.28 Τοῦτο οὖν ἐπιτελέσας, καὶ σφραγισάμενος αὐτοῖς τὸν καρπὸν τοῦτον, ἀπελεύσομαι δι᾽ ὑμῶν εἰς τὴν Σπανίαν. Dies nun vollendet und diese Frucht für sie versiegelt habend, werde ich bei euch nach Spanien abreisen. Wenn Paulus das Geld in Jerusalem abgegeben haben wird, wird er nach Rom kommen, um dann nach Spanien zu gelangen. 15.29 Οἶδα δὲ ὅτι ἐρχόμενος πρὸς ὑμᾶς ἐν πληρώματι εὐλογίας τοῦ εὐαγγελίου τοῦ χριστοῦ ἐλεύσομαι. Ich weiß nun, dass, wenn ich zu euch komme, ich in der Fülle von Segen der guten Botschaft Christi kommen werde. Paulus drückt seine Überzeugung aus, dass der Aufenthalt segensreich sein wird, da Gott es ihm ermöglicht, mit dem Segen des Evangeliums zu kommen. 15.30 Παρακαλῶ δὲ ὑμᾶς, ἀδελφοί, διὰ τοῦ κυρίου ἡμῶν Ἰησοῦ χριστοῦ, καὶ διὰ τῆς ἀγάπης τοῦ πνεύματος, συναγωνίσασθαί μοι ἐν ταῖς προσευχαῖς ὑπὲρ ἐμοῦ πρὸς τὸν θεόν· Ich ermuntere euch nun, Brüder, durch unseren Herrn Jesus Christus und durch die Liebe des Geistes, für mich mitzukämpfen in den Gebeten für mich zu Gott, Paulus ermuntert die Leser nun, für ihn zu beten, dass seine Spende an Jerusalem nicht von Gegnern verhindert wird und von den Heiligen gut angenommen werde. Mit συναγωνίσασθαί („mitzukämpfen“) drückt der Apostel aus, dass die Leser in seinen Gebetskampf mit eintreten sollen. 15.31 ἵνα ῥυσθῶ ἀπὸ τῶν ἀπειθούντων ἐν τῇ Ἰουδαίᾳ, καὶ ἵνα ἡ διακονία μου ἡ εἰς Ἱερουσαλὴμ εὐπρόσδεκτος γένηται τοῖς ἁγίοις· dass ich gerettet werde von den Ungehorsamen in Judäa, und dass mein Dienst für Jerusalem den Heiligen wohlannehmbar werde, Die zwei Vorkommen von ἵνα („dass“) leiten den Inhalt der erwünschten Gebete ein: Rettung vor Ungläubigen und Annahme der Gabe durch die Gläubigen. 15.32 ἵνα ἐν χαρᾷ ἔλθω πρὸς ὑμᾶς διὰ θελήματος θεοῦ, καὶ συναναπαύσωμαι ὑμῖν. damit ich in Freude zu euch komme durch (den) Willen Gottes und ich zusammen mit euch erfrischt werde. Die Bitte, dass der Dienst in Jerusalem erfolgreich sein sollte und nicht von Feinden zu verhindern sein sollte, dient dazu, dass Paulus unbeschwert und mit Freude zu den Römern kommen könnte, wenn es Gott will, und beide, Paulus und die Leser, dadurch geistliche 119 Der Römerbrief Erfrischung haben könnten. Diesen Zweck leitet Paulus mit ἵνα („damit“) ein. 15.33 Ὁ δὲ θεὸς τῆς εἰρήνης μετὰ πάντων ὑμῶν. Ἀμήν. Der Gott des Friedens nun (ist) mit euch allen. Amen! Mit diesem Satz des Segenswunsches schließt Paulus den Hauptteil des Briefes ab, um auf die Schlussworte zu kommen. 16.1 Συνίστημι δὲ ὑμῖν Φοίβην τὴν ἀδελφὴν ἡμῶν, οὖσαν διάκονον τῆς ἐκκλησίας τῆς ἐν Κεγχρεαῖς· Ich empfehle euch nun Phöbe, unsere Schwester, die eine Dienerin der Versammlung in Kenchreä ist, Paulus empfiehlt im Schluss des Briefes Phöbe, da sie der Versammlung in Kenchrea dient. 16.2 ἵνα αὐτὴν προσδέξησθε ἐν κυρίῳ ἀξίως τῶν ἁγίων, καὶ παραστῆτε αὐτῇ ἐν ᾧ ἂν ὑμῶν χρῄζῃ πράγματι· καὶ γὰρ αὐτὴ προστάτις πολλῶν ἐγενήθη, καὶ αὐτοῦ ἐμοῦ. damit ihr sie aufnehmt im Herrn würdig der Heiligen und ihr beisteht, worin immer sie euer bedarf. Auch sie wurde ja Beistand von vielen, auch von mir selbst. Der Zweck der Empfehlung ist ihre freundliche Aufnahme in Rom, so wie es sich für sie als Heilige gehört. Mit γὰρ („ja“) wird wohl kaum der Grund für eine freundliche Aufnahme, sondern eine emphatische Aussage, dass Phöbe dies selbst ja auch tut, gegeben, auch Paulus hat sie Beistand geleistet. 16.3 Ἀσπάσασθε Πρίσκαν καὶ Ἀκύλαν τοὺς συνεργούς μου ἐν χριστῷ Ἰησοῦ, Grüßt Priska und Aquila, meine Mitarbeiter in Christus Jesus, Nun beginnt Paulus, die Leser zu bitten bestimmte Personen namentlich zu grüßen. Πρίσκαν ist offenbar die Kurzform von Priszilla, das auch bestimmte Schreiber meinten, ausschreiben zu müssen. 16.4 οἵτινες ὑπὲρ τῆς ψυχῆς μου τὸν ἑαυτῶν τράχηλον ὑπέθηκαν, οἷς οὐκ ἐγὼ μόνος εὐχαριστῶ, ἀλλὰ καὶ πᾶσαι αἱ ἐκκλησίαι τῶν ἐθνῶν· welche für mein Leben ihren eigenen Nacken beugten, denen nicht ich allein danke, sondern auch alle Versammlungen der Nationen, Zu τράχηλον ὑπέθηκαν („sie beugten den Nacken“) vgl. Sirach 51.26, der dieses Idiom aufgreift und das Joch, das Paulus nur implizit aufgreift, eigens nennen: „τὸν τράχηλον ὑμῶν ὑπόθετε ὑπὸ ζυγόν καὶ ἐπιδεξάσθω ἡ ψυχὴ ὑμῶν παιδείαν ἐγγύς ἐστιν εὑρεῖν αὐτήν“ „Beugt euren Nacken unter ihr Joch, und nehmt ihre Last auf euch!“. D.h. Priska und Aquila haben für Paulus seine Last getragen, wie ein Zugpferd seinen Nacken beugt, um in das Joch zu kommen, um arbeiten zu können. Der Dank für die beiden kommt nicht nur von Paulus allein, sondern kommt von allen Versammlungen der Heiden, 120 Der Römerbrief sodass dies eine große Aufgabe war, die eine umfassende Implikation hatte, die Paulus hier anspricht. 16.5 καὶ τὴν κατ᾽ οἶκον αὐτῶν ἐκκλησίαν. Ἀσπάσασθε Ἐπαίνετον τὸν ἀγαπητόν μου, ὅς ἐστιν ἀπαρχὴ τῆς Ἀχαΐας εἰς χριστόν. und die Versammlung in deren Haus! Grüßt meinen geliebten Epänetus, der Erstling Achajas für Christus ist! Paulus erweitert die Grüße um die Versammlung im Haus von Priskilla und Aquila. Auch der erste Gläubige in Achaia ist den Lesern bekannt und kann gegrüßt werden. 16.6 Ἀσπάσασθε Μαριάμ, ἥτις πολλὰ ἐκοπίασεν εἰς ἡμᾶς. Grüßt Maria, welche sich viel für uns mühte! Die Leser sind in Kontakt mit Maria, die ebenfalls eine hervorragende Beschreibung erhält, da sie viel zum Vorteil für Paulus und seinen Mitarbeitern getan hatte. 16.7 Ἀσπάσασθε Ἀνδρόνικον καὶ Ἰουνίαν τοὺς συγγενεῖς μου καὶ συναιχμαλώτους μου, οἵτινές εἰσιν ἐπίσημοι ἐν τοῖς ἀποστόλοις, οἳ καὶ πρὸ ἐμοῦ γεγόνασιν ἐν χριστῷ. Grüßt Andronikus und Junia, meine Verwandten und meine Mitgefangenen, welche bei den Aposteln angesehen sind, die sogar vor mir in Christus gewesen sind! Die Liste der Grüße setzt sich fort. Einige Ausleger warfen die Frage auf, ob Junia bzw. Junias eine Frau oder ein Mann ist. In außerbiblischer Literatur kommt der Name fast nur für eine Frau vor (anders sieht es Epiphanius). In den lateinischen Schriften ist Junia ein allgemein gebräuchlicher Name, Junias hingegen kommt nicht vor. Johannes Chrysostomus sagte in einer Predigt über Römer 16.7 mit einem Bezug auf Junias: „Oh! Wie großartig ist die Hingabe dieser Frau, dass sie sogar wert geachtet ist, vom Apostel genannt zu werden!“. Junia war zumindest keine „Apostelin“, wie einige ein Zitat von Chrysostomus dazu interpretieren, da der Ausdruck ἐπίσημοι ἐν τοῖς ἀποστόλοις nicht als deren Zugehörigkeit zu den Aposteln bestimmt werden kann. Das Adjektiv ist vom Nomen ἐπίσημα abgeleitet, das Abzeichen (auf einem Schild oder einer Münze) bedeutet. Einige Stellen für das Adjektiv ἐπίσημος zum Vergleich, im Zusammenhang mit einem folgenden ἐν: Psalmen Salomos 2.6 „Die Söhne und die Töchter (kamen) in schlimme Gefangenschaft, in einem Verschlusssiegel (steckte) ihr Hals, sichtbar unter den Heidenvölkern (ἐπισήμῳ ἐν τοῖς ἔθνεσιν)“. Vgl. Eusebius, 121 Der Römerbrief Praeparatio evangelica 10.14.11: „ἐγένετο δ’ ὁ ἀνὴρ ἐπισημότατος ἐν τοῖς Ἕλλησι“. “Dieser Mann wurde sehr von den Griechen ausgezeichnet“. Vgl. ebenso Eusebius, Historia ecclesiastica 8,1,5: „πῶς δ’ ἄν τις διαγράψειεν τὰς μυριάνδρους ἐκείνας ἐπισυναγωγὰς καὶ τὰ πλήθη τῶν κατὰ πᾶσαν πόλιν ἀθροισμάτων τάς τε ἐπισήμους ἐν τοῖς προσευκτηρίοις συνδρομάς;“ „Aber wie kann jemand jene großen Zusammenkünfte beschreiben und die Menge derer, die in jeder Stadt zusammenströmten und die von den Gebetshäusern angesehenen Zusammenkünfte“. 3Makkabäer 6.1: „Ελεαζαρος δέ τις ἀνὴρ ἐπίσημος“. „Eleasar war ein anerkannter Mann“. Ein Kommentar von Theodoret, Interpretatio in xiv epistulas sancti Pauli. 82.220 zeigt, dass dieser Leser die beiden als im Kreis der Apostel bewährt und anerkannt versteht, indem er dies als Belobigung durch die ersten Apostel versteht: „Πολλὰ κατὰ ταυτὸν τὰ ἐγκώμια· καὶ πρῶτον μὲν ὅτι κοινωνοὶ τῶν τοῦ θείου Παύλου κινδύνων. Συναιχμαλώτους γὰρ, ὡς τῶν παθημάτων αὐτῷ συμμετασχόντας, ἐκάλεσεν. Ἔπειτα ἐπισήμους εἶναι λέγει, οὐκ ἐν τοῖς μαθηταῖς, ἀλλ’ ἐν τοῖς διδασκάλοις, οὐδὲ ἐν τοῖς τυχοῦσι διδασκάλοις, ἀλλ’ ἐν τοῖς ἀποστόλοις. Ἐπαινεῖ δὲ αὐτοὺς καὶ ἀπὸ τοῦ χρόνου τῆς πίστεως·“. Bei der Übersetzung „unter“ bleibt offen, ob sich die „Ausgezeichneten/Angesehenen“ innerhalb der Gruppe der Apostel befinden oder außerhalb. Eine einschließende Deutung ist nicht zwingend; d. h.: „unter den Aposteln“ nötigt keineswegs zur Annahme, dass Andronikus und Junia selber zu der Schar jener Apostel gerechnet werden. Wenn sie „unter den Aposteln“ angesehen und geschätzt sind, müssen sie selber nicht notwendigerweise zur Gruppe der Apostel zählen. Einen ähnlichen Fall finden wir in 2Kr 2,15, wo Paulus schreibt: „wir sind ein angenehmer Duft Christi für Gott … unter denen, die ins Verderben 122 Der Römerbrief gehen“. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Junia eine Frau war und aufgrund ihres Glaubens bereits die frühe Anerkennung der Apostel hatte, worauf sich Paulus beruft, um beide zu empfehlen. Der Apostel kann daher einfach sagen wollen: Andronikus und Junia sind Ausgezeichnete/Angesehene – nicht nur bei/unter den Heiligen allgemein, sondern vor allem bei/unter den Aposteln; unter ihnen werden sie hoch geschätzt, sind sie angesehen, ausgezeichnet. Auffällig ist, dass Paulus sich selbst nicht mit einschloss. Er schrieb nicht „uns Aposteln“. 16.8 Ασπάσασθε Ἀμπλίαν τὸν ἀγαπητόν μου ἐν κυρίῳ. Grüßt Amplias, meinen Geliebten im Herrn! Der nächste Gruß geht an einen Bruder namens Amplias, wohl einer Kurzform von Ampliatus, dessen Verbundenheit im Glauben ein von Liebe geprägtes Verhältnis hervorgerufen hatte. 16.9 Ἀσπάσασθε Οὐρβανὸν τὸν συνεργὸν ἡμῶν ἐν χριστῷ, καὶ Στάχυν τὸν ἀγαπητόν μου. Grüßt Urbanus, unseren Mitarbeiter in Christus, und Stachys, meinen Geliebten! Als nächstes ist Urbanus zu grüßen, der ein Mitarbeiter von Paulus und der Leser war, wie ἡμῶν („unser“) inklusiv verstanden werden kann. Stachys stand in einem besonderen Verhältnis zu Paulus, da er ihn sehr liebte. 16.10 Ἀσπάσασθε Ἀπελλῆν τὸν δόκιμον ἐν χριστῷ. Ἀσπάσασθε τοὺς ἐκ τῶν Ἀριστοβούλου. Grüßt Apelles, den in Christus Bewährten! Grüßt die von denen (des) Aristobulus! Apelles kann als im Glauben an Christus Bewährter gegrüßt werden, was ihn sicher sehr gefreut hatte. Danach soll eine ganze Gruppe rund um Aristobulus gegrüßt werden, wohl dessen Haushalt, wobei es dort auch Christen gab, die Paulus kannte. 16.11 Ἀσπάσασθε Ἡρῳδίωνα τὸν συγγενῆ μου. Ἀσπάσασθε τοὺς ἐκ τῶν Ναρκίσσου, τοὺς ὄντας ἐν κυρίῳ. Grüßt Herodion, meinen Verwandten! Grüßt die von denen (des) Narzissus, die im Herrn sind! Als nächstes wird ein jüdischer Gläubiger namens Herodion gegrüßt, gefolgt von einer Gruppe Gläubiger, wohl dem Haushalt von Narzissus, die Christus kennen. 123 Der Römerbrief 16.12 Ἀσπάσασθε Τρύφαιναν καὶ Τρυφῶσαν τὰς κοπιώσας ἐν κυρίῳ. Ἀσπάσασθε Περσίδα τὴν ἀγαπητήν, ἥτις πολλὰ ἐκοπίασεν ἐν κυρίῳ. Grüßt Tryphena und Tryphosa, die sich Mühenden im Herrn! Grüßt Persis, die Geliebte, welche sich viel mühte im Herrn! Nun folgen Grüße an zwei Frauen, die viel für den Herrn arbeiten und an Peris, die Paulus als Gläubige liebt, wohl da sie viel Mühe aufbringt, um dem Herrn zu dienen. 16.13 Ἀσπάσασθε Ῥοῦφον τὸν ἐκλεκτὸν ἐν κυρίῳ, καὶ τὴν μητέρα αὐτοῦ καὶ ἐμοῦ. Grüßt Rufus, den Erwählten im Herrn, und seine und meine Mutter! Rufus ist ein typisch römischer Name, der als Erwählter zu grüßen ist, d.h. aufgrund seines Glaubens hat ihn Gott erwählt. Er hat eine Mutter, die Paulus auch im übertragenen Sinne als seine Mutter grüßt, wohl, da sie es gut mit ihm meinte, wie es eine Mutter tut. 16.14 Ἀσπάσασθε Ἀσύγκριτον, Φλέγοντα, Ἑρμᾶν, Πατρόβαν, Ἑρμῆν, καὶ τοὺς σὺν αὐτοῖς ἀδελφούς. Grüßt Asynkritus, Phlegon, Hermas, Patrobas, Hermes und die Brüder bei ihnen! Es folgen Grüße an mehrere Brüder, die sich mit weiteren Brüdern treffen, ggf. eine Zusammenkunft. 16.15 Ἀσπάσασθε Φιλόλογον καὶ Ἰουλίαν, Νηρέα καὶ τὴν ἀδελφὴν αὐτοῦ, καὶ Ὀλυμπᾶν, καὶ τοὺς σὺν αὐτοῖς πάντας ἁγίους. Grüßt Philologus und Julia, Nereus und seine Schwester und Olympas und alle Heiligen bei ihnen! Dann werden zwei Paare gegrüßt, entweder Ehepartner oder Geschwister mit einer Paulus bekannten Person namens Olympas und weiteren Heiligen bei ihnen. 16.16 Ἀσπάσασθε ἀλλήλους ἐν φιλήματι ἁγίῳ. Ἀσπάζονται ὑμᾶς αἱ ἐκκλησίαι τοῦ χριστοῦ. Grüßt einander mit heiligem Kuss! Es grüßen euch die Versammlungen Christi! Die Grüße sind mit dem vertrauten Kuss bzw. einer Umarmung auszurichten, die die christliche Verbundenheit ausdrückt. Die Versammlungen, die Paulus kannte, wussten von seinem Brief an die Römer und lassen grüßen. 16.17 Παρακαλῶ δὲ ὑμᾶς, ἀδελφοί, σκοπεῖν τοὺς τὰς διχοστασίας καὶ τὰ σκάνδαλα, παρὰ τὴν διδαχὴν ἣν ὑμεῖς Ich ermuntere euch nun, Brüder, auf die zu achten, welche die Entzweiungen und die Ärgernisse, abseits der Lehre, die ihr lerntet, machen. Und wendet euch von ihnen weg! Die innere Verbundenheit und Grüße bringen Paulus darauf, dass es nicht nur so ist, sondern es auch Sektierer gibt, die zwar schmeicheln, aber doch nur Streit und Trennung unter Christen bewirken wollen, indem sie etwas anderes lehren als die Bibel, die 124 Der Römerbrief ἐμάθετε, ποιοῦντας· καὶ ἐκκλίνατε ἀπ᾽ αὐτῶν. die Leser lernten. Diese sind allen bekannt, wie der Artikel τὰς („die“) deutlich macht. 16.18 Οἱ γὰρ τοιοῦτοι τῷ κυρίῳ ἡμῶν Ἰησοῦ χριστῷ οὐ δουλεύουσιν, ἀλλὰ τῇ ἑαυτῶν κοιλίᾳ· καὶ διὰ τῆς χρηστολογίας καὶ εὐλογίας ἐξαπατῶσιν τὰς καρδίας τῶν ἀκάκων. Denn solche dienen nicht unserem Herrn Jesus Christus, sondern ihrem eigenen Bauch. Und durch die Schmeichelrede und Wohlrede täuschen sie die Herzen der Arglosen. Paulus begründet mit γὰρ („denn“), warum man sich von denen, die Entzweiungen und Ärgernisse unter Christen bringen, wegwenden soll, da sie dem Herrn nicht dienen, sondern ihren eigenen Bedürfnissen. Und sie täuschen andere, indem sie ihnen schmeicheln und dennoch Gott ungehorsam sind. 16.19 Ἡ γὰρ ὑμῶν ὑπακοὴ εἰς πάντας ἀφίκετο. Χαίρω οὖν τὸ ἐφ᾽ ὑμῖν· θέλω δὲ ὑμᾶς σοφοὺς μὲν εἶναι εἰς τὸ ἀγαθόν, ἀκεραίους δὲ εἰς τὸ κακόν. Euer Gehorsam gelangte ja zu allen. Ich freue mich also über das bei euch. Ich will nun, dass ihr zwar weise seid hinsichtlich des Guten, einfältig aber hinsichtlich des Schlechten. Der Ungehorsam der einen bringt Paulus auf den Gehorsam der Leser, der zu allen seinen Bekannten durchdrang, sodass dies die Freude des Paulus auslöste. 16.20 Ὁ δὲ θεὸς τῆς εἰρήνης συντρίψει τὸν Σατανᾶν ὑπὸ τοὺς πόδας ὑμῶν ἐν τάχει. Ἡ χάρις τοῦ κυρίου ἡμῶν Ἰησοῦ χριστοῦ μεθ᾽ ὑμῶν. Der Gott des Friedens nun wird den Satan in kurzem unter eure Füße zertreten. Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus (ist) mit euch! Das Schlechte, wovon sich die Leser fern halten sollten, bringt Paulus auf dessen Urheber, Satan. Diesen würde Gott bald unter die Füße der Leser zertreten. 16.21 Ἀσπάζονται ὑμᾶς Τιμόθεος ὁ συνεργός μου, καὶ Λούκιος καὶ Ἰάσων καὶ Σωσίπατρος οἱ συγγενεῖς μου. Es grüßen euch Timotheus, mein Mitarbeiter, und Lukius und Jason und Sosipater, meine Verwandten. Nun nimmt Paulus die Grüße einiger Mitarbeiter auf. Jason und Sosipater sind offenbar von jüdischer Abstammung. 125 Der Römerbrief 16.22 Ἀσπάζομαι ὑμᾶς ἐγὼ Τέρτιος, ὁ γράψας τὴν ἐπιστολήν, ἐν κυρίῳ. Ich grüße euch, ich Tertius, der den Brief schrieb, im Herrn! In diesem Vers unterbricht Paulus sein Diktat und Tertius der Schreiber grüßt selbst die Leser. Mit ἐν κυρίῳ („im Herrn“) wird weniger auf das Abfassen des Briefes Bezug genommen, sondern vielmehr auf die Grüße, um die christliche Verbundenheit auszudrücken. 16.23 Ασπάζεται ὑμᾶς Γάϊος ὁ ξένος μου καὶ τῆς ἐκκλησίας ὅλης. Ἀσπάζεται ὑμᾶς Ἔραστος ὁ οἰκονόμος τῆς πόλεως, καὶ Κούαρτος ὁ ἀδελφός. (Es) grüßt euch Gaius, mein Gastgeber und der der ganzen Versammlung. (Es) grüßt euch Erastus, der Verwalter der Stadt, und Quartus, der Bruder. Auch Gaius grüßt die Römer, bei dem Paulus untergebracht ist. Er beherbergt aber nicht nur Paulus, sondern die ganze Versammlung. 16.24 Ἡ χάρις τοῦ κυρίου ἡμῶν Ἰησοῦ χριστοῦ μετὰ πάντων ὑμῶν. Ἀμήν. Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus (ist) mit euch allen. Amen! Nach den Grüßen beendet Paulus den Brief mit dem Segenswunsch bzw. der Feststellung, dass die Gnade Christi mit allen Lesern ist.