Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
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Studien und Texte zu Antike und Christentum
Studies and Texts in Antiquity and Christianity
H e r a u s g e b e r / E d i t o r : CHRISTOPH MARKSCHIES (Berlin)
Beirat /Advisory Board
H U B E R T CANCIK ( B e r l i n ) • GIOVANNI CASADIO ( S a l e r n o )
SUSANNA ELM ( B e r k e l e y ) JOHANNES H A H N ( M ü n s t e r )
JÖRG RÜPKE (Erfurt)
34
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Dmitrij Bumazhnov
Der Mensch als Gottes Bild
im christlichen Ägypten
• •
Studien zu Gen 1,26 in zwei koptischen Quellen
des 4.-5. Jahrhunderts
Mohr Siebeck
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
DMITRIJ BUMAZHNOV, geboren 1967; 2001 Promotion in Tübingen, Mitarbeiter der Abteilung
für Biblische Philologie an der Philologischen Fakultät der Universität St.-Petersburg.
978-3-16-158666-8 Unveränderte eBook-Ausgabe 2019
ISBN 3-16-148658-7
ISBN-13 978-3-16-148658-6
ISSN 1436-3003 (Studien und Texte zu Antike und Christentum)
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie;
detaillierte bibliographische Daten sind im Internet untertpnhedb
http://dnb.ddb.de abrufbar.
© 2006 Mohr Siebeck Tübingen
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung
außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags
unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Das Buch wurde von Guide-Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Held in Rottenburg/N. gebunden.
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
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Vorwort
Die vorliegende Untersuchung stellt eine leicht überarbeitete und durch neuere
Literatur ergänzte Fassung meiner „Die Gottebenbildlichkeit des Menschen in
zwei koptischen Texten des 4.-5. Jahrhunderts" betitelten Doktorarbeit dar, die
im Juli 2001 von der Fakultät für Kulturwissenschaften der Eberhard-KarlsUniversität Tübingen angenommen wurde.
Ihre Entstehung verdanke ich zwei Stipendien - des Diakonischen Werkes
der EKD und der dreijährigen Förderung durch das Graduiertenkolleg der DFG
„Die Bibel - ihre Entstehung und ihre Wirkung" - , die meinen Studienaufenthalt in Deutschland ermöglicht haben. Den beiden Einrichtungen mochte ich
bei dieser Gelegenheit ausdrücklich danken.
Zu danken habe ich auch dem wissenschaftlichen Betreuer der Arbeit Prof.
Dr. Stephen Gero und meinen Lehrern in Tübingen: Frau Prof. Dr. Luise Abramowski, Prof. Dr. Bernd Janowski, Prof. Dr. Martin Hengel, Frau Prof. Dr.
Gabriele Winkler, sowie Prof. Tito Orlandi (Rom), der mir sowohl durch seine
zahlreichen Publikationen als auch in persönlichen Gesprächen wichtige Impulse
vermittelt hat. Prof. Dr. Christoph Markschies bin ich für seine freundliche
Bereitschaft dankbar, die Arbeit in seine Reihe „Studien und Texte zu Antike
und Christentum" aufzunehmen. Den Mitarbeitern des Mohr Siebeck Verlags
Herrn Matthias Spitzner und Herrn Dr. Henning Ziebritzki danke ich herzlichst
für die geduldige verlegerische Betreuung des Buches. Die Namen meines im
Januar 2000 heimgegangenen St.-Petersburger Lehrers Alexander Iosifovitsch
Zaicev und des Tübinger Theologieprofessors Otto Betz (f am 27.5.2005), die
als Wissenschaftler, Menschen und Christen mich tief geprägt haben, seien
schließlich hier mit Anerkennung und Liebe genannt.
Dmitrij Bumazhnov
Tübingen, im Oktober 2005
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
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Inhalt
Einleitung
1.
Allgemeine Charakteristik des Forschungsstandes
2.
Die Vorgeschichte des Mönchskonfliktes in Ägypten
an der Wende vom 4. zum 5. Jahrhundert
2.1.
Das Modell Dechows
2.2.
Die früheste Vorgeschichte des Mönchskonfliktes:
der Streit des Origenes mit den simpliciores
2.3
Das Modell Simonettis
2.3.1. Die Unterscheidung zweier christlicher Kulturen
2.3.2. Gen 1,26 in der asiatischen und alexandrinischen Kultur
2.3.3. Der origenistische Streit
2.4.
Theologiegeschichtliche Hypothesen über die Ursprünge
des mönchischen Anthropomorphismus der Wende des
4. Jahrhunderts
2.4.1. Hl. Melito von Sardes
2.4.2. Hl. Irenäus von Lyon
2.4.3. Alttestamentliche und jüdische Wurzeln
2.5.
Zusammenfassung
3.
Die Nachgeschichte des Mönchskonfliktes in Ägypten
der Wende vom 4. zum 5. Jahrhundert
4.
Allgemeine Zusammenfassung und Ziele der Arbeit
21
23
Kapitel I: Die Erschaffung des Menschen nach dem Ebenbild Gottes
und einige ihrer Implikationen in der pseudo-athanasianischen
HomilietrponmiecaD
De anima et corpore
25
1.
2.
3.
3.1.
3.1.1.
3.1.2.
3.1.3.
Zum Stand der Forschung
Problemstellung
Der sogenannte Kompositionsrahmen des Ps.-Ath
Der sogenannten Kompositionsrahmen
Die Stellung des sogenannten Kompositionsrahmens
in der kompositioneilen Struktur des Ps.-Ath
Das Motiv der tätigen Liebe
Die Erschaffung des Menschen nach dem Ebenbild Gottes
im Kompositionsrahmen und in mit ihm zusammenhängenden
Abschnitten
1
2
3
3
4
11
12
13
14
15
16
17
19
20
25
35
36
36
37
38
48
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Vili trponmlihecaID
4.
5.
5.1.
6.
6.1.
6.2.
6.3.
6.4.
7.
Inhalt
Die Gottebenbildlichkeit des Menschen nach dem Zeugnis des
Ps.-Ath. und der Pascha-Homilie des hl. Melito von Sardes . . . 65
Die Weheklage der Seele und das Problem ihrer Fortschreibung
69
Die Authentizität der Weheklage
69
Zum theologiegeschichtlichen Kontext der Fortschreibung
der Vorlage des Ps.-Ath
81
Beispiele verwandter Gebetsfrömmigkeit und Leibesauffassung
81
Beispiele entgegengesetzter Gebetsfrömmigkeit und
Leibesauffassung
99
Ein Kontextualisierungsversuch
102
Schlußfolgerungen
107
Zusammenfassung
108
Anhang I: Obersetzung der pseudoathanasianischen Homilie
De anima et corpore
110
Anhang II: Rekonstruktion der Vorlage von De anima et corpore
nach Gregor Wurst
125
Anhang III: Zur Textgeschichte des sogenannten Kompositionsrahmens
135
Kapitel II: Der Mensch als Ebenbild Gottes in der Vita des seligen
Aphu von Pemdje
138
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
Zur Geschichte des Textes
Datierung
Apa Aphu in der antiken christlichen Literatur
Lebensgeschichte des seligen Aphu
Forschungsgeschichte
Zielsetzungen der Untersuchung
Die Komposition der Vita des seligen Aphu und ihre
durchlaufenden Themen
7.1.
Die Komposition
7.2.
Die durchlaufenden Themen und Motive
7.2.1. Die durchlaufenden Themen und Motive: der erste und der
dritte Hauptteil
7.2.1.1. Die Eigenart des Gebrauchs der Heiligen Schrift durch
den seligen Aphu
7.2.1.2. Einfalt in der monastischen Literatur Ägyptens des
4.-5. Jahrhunderts. Eine Übersicht
7.2.2. Die durchlaufenden Themen und Motive: der zweite Hauptteil
8.
Der Mensch als Ebenbild Gottes in der Vita des seligen Aphu
9.
Zusammenfassung
138
139
140
143
144
150
151
151
152
153
156
161
180
192
218
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Inhalt
IX
Anhang: Die Übersetzung der Vita des seligen Aphu von Pemdje
219
Ergebnisse
229
Literaturverzeichnis
1. Hilfsmittel und Lexika
2. Quellenausgaben
3. Übersetzungen
4. Weitere Literatur
233
233
233
236
237
Stellenregister
Personen-, Orts- und Sachregister
Register moderner Autoren
249
258
260
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Einleitung
Die vorliegende Untersuchung ist auf das Engste mit dem aktuellen Stand der
Erforschung der als „Anthropomorphiten" bekannten mönchischen Gruppe
verbunden, die während des sogenannten ersten origenistischen Streites am
Ende des 4. Jahrhunderts in Konflikt mit den von den Schriften des Orígenes
geprägten Mönchen kam 1 . Um die Zielsetzungen der Arbeit vorzustellen, gilt
es deswegen im folgenden, auf die bisher offenen Probleme in diesem Gebiet
der Kirchen- und Theologiegeschichte hinzuweisen.
1. Allgemeine Charakteristik des Forschungsstandes
Als erster origenistischer Streit wird in der Geschichte der Alten Kirche jener
Konflikt um die Orthodoxie des alexandrinischen Theologen Orígenes ( 1 8 5 253 /4) bezeichnet, der sich etwa von 392 bis 404 hauptsächlich in Unterägypten
und in Palästina und zum Teil auch in Rom und Konstantinopel abspielte und
zur Verurteilung einiger theologischer Meinungen des Orígenes in den Jahren
399-400 in Alexandrien und Rom führte 2 . Die Beteiligung an der theologischen
1
Über den Streit berichten Socr., h.e. VI 7,1-29 (GCS Sokrates I, 322,7-324,24 Hansen),
Soz., h.e. VIII 11,1-12,12 (GCS Sozomenus IV, 363,26-366,12 Bidez/Hansen) und Cassian,
Coli. X 2 - 3 (SC 54, 7 5 - 7 8 Pichery). Der TerminusutsrqponmlihgfedcaIEDA
anthropomorphitae < 'AvOpwjionofxpfiTai
(bei Socr., h.e. VI 7,27 (324, 19 Han.) und Soz., h.e. VIII 12,12 (366, 12 Bid./Han.) ist die
Form 'Av9(xojto(j.op(piavoi belegt) begegnet schon bei Orígenes (comm. in Rom I 19 (FC 2/1
Heither 162,24-26)): sed et Anthropomorphitas
intelligendus est confutare, qui in Ecclesia
positi imaginem corpoream hominis Dei esse imaginem dicunt\ vgl. auch ebd. (164, 2 4 - 2 5
Heith.): Anthropomorphitae,
id est qui corpoream hominis imaginem Dei esse Imaginem
dicunt. Die beiden genannten Stellen werden allerdings für eine Interpolation gehalten, siehe
A. LEHAUT, Art. Anthropomorphites, DHGE III, Paris 1924, 535; G. AF HÄLLSTRÖM, Fides
simpliciorum according to Origen of Alexandria, Societas Scientiarum Fennica, Commentationes Humanarum Litterarum 76, 1984, 65 n.13.
2
Zur Datierung des Streites siehe: K. HOLL/A. JÜLICHER, Die Zeitfolge des ersten origenistischen Streites, in: K. HOLL, Gesammelte Aufsätze zur Kirchengeschichte II. Der Osten,
Tübingen 1928, 310-350. K. BAUS/E. EWIG, Die Reichskirche nach Konstantin dem Großen.
Erster Halbband: Die Kirche von Nikaia bis Chalkedon, HKG(J) II, Freiburg 1973, 127-134,
K. S. FRANK, Lehrbuch der Geschichte der Alten Kirche, Paderborn /Zürich 1996,265-267 und
S. HAUSAMMANN, Alte Kirche, Bd. 3 Gottes Dreiheit - des Menschen Freiheit. Zur Geschichte
und Theologie im 4./5. Jahrhundert: Trinitätslehre, Anfange des Mönchtums, Augustin und
Augustinismus, Neukirchen-Vluyn 2003,271-293,305-310 bieten eine allgemeine Darstellung
der Begebenheiten, Quellenverzeichnis (nicht erschöpfend) und Liste der Literatur; ausfuhrlich
ist die Darstellung von H. G. EVELYN WHITE, The Monasteries of the Wädi 'n Natrün. Vol. II
The History of the Monasteries of Nitria and of Scetis, New York 1932, 125-144.
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2 utnligeE
Einleitung
und kirchenpolitischen Auseinandersetzung solch prominenter Kirchenmänner
wie (um nur die berühmtesten zu nennen) des hl. Johannes Chrysostomus,
des sei. Hieronymus und des Rufin von Aquileia sorgte für unvermindertes
Interesse der Wissenschaftler für die relativ gut belegten Begebenheiten in
den 90er Jahren des 4. und ersten Jahren des 5. Jahrhunderts. Bezeichnend für
diese wissenschaftliche Aufmerksamkeit ist die Konzentration nicht auf den
Konflikt selbst, sondern auf die Rolle des jeweiligen Teilnehmers darin 3 . Wie
schon angedeutet, hängt diese Sachlage nicht zuletzt mit der guten Bezeugung
der Kernphase des Streites zusammen. Es wäre aber verfehlt, die Auseinandersetzung um das Erbe des Origenes an der Wende des 4. zum 5. Jahrhundert
ausschließlich als einen polemischen Meinungsaustausch unter den Theologen
und Bischöfen anzusehen. Die Quellen sprechen ausdrücklich, wenn auch nur
kurz, von den heftigen Streitigkeiten in den Klöstern Unterägyptens, die die
richtige Auslegung von Gen 1,26 zum Gegenstand hatten und die sogenannten
Origenisten und die sogenannten Anthropomorphiten gegeneinander aufbrachten4. Diese Dimension des Konfliktes, auf die wohl als erster G. Florovsky im
Jahre 1958 aufmerksam gemacht hat5, lenkte in den letzten zehn Jahren immer
mehr die Aufmerksamkeit der Forscher auf sich, wobei sich zunehmend, wenn
auch erst im Ansatz, die Fragestellung nach der Vor- und Nachgeschichte des
Streites in der Wüste abzeichnet 6 .
3
Man kann z. B. auf die entsprechenden, dem Konflikt gewidmeten Kapitel aus den Monographien über Theophilus von Alexandrien (den damaligen Erzbischof von Alexandrien)
oder den hl. Hieronymos (siehe A. FAVALE, Teofilo d'Alessandria (345c.-412). Scritti, Vita
e Dottrina, Biblioteca del „Salesianum" 41, Torino 1958, 84ff; J . N . D . KELLY, Jerome. His
Life, Writings, and Controversies, London 1975, 195 f f ) , sowie auf den Artikel von M. VILLAIN, Rufin d'Aquilee. La querelle autour d'Origene, RSR 27, 1937, 5 - 3 7 verweisen, wobei
eine übergreifende Darstellung des ersten origenistischen Streites, seiner Gründe und seiner
Nachgeschichte noch fehlt.
4
Die beiden Bezeichnungen haben in unseren Quellen eine offensichtlich polemische
Ausprägung, die beim wissenschaftlichen Gebrauch der Termini nicht zu übersehen ist; zum
Problem siehe z.B.: G. GOULD, The Image of God and the Anthropomorphite Controversy
in Fourth Century Monasticism, in: Origeniana Quinta. Historica - Text and Method - Biblica - Philosophica - Theologica - Origenism and Later Developments. Papers of the 5th
International Origen Congress Boston College, 14-18 August 1989, ed. by R.J. Daly, Leuven
1992, 549-557.
5
Siehe: G. FLOROVSKY, The Anthropomorphites in the Egyptian Desert. Part I, in: Collected
Works of Georges Florovsky, Vol. 4, Belmont 1975, 8 9 - 9 6 , 289 (Erstpublikation: Akten des
XI. Internationalen Byzantinistenkongresses, München 1958. München 1960, 154-159).
6
Siehe z.B.: J.F. DECHOV, Dogma and Mysticism in Early Christianity. Epiphanius of
Cyprus and the Legacy of Origen (North American Patristic Society, Patristic Monograph
Series 13), Macon 1988, 93-124; E. CLARK, The Origenist Controversy. The Cultural
Construction of an Early Christian Debate, Princeton 1992, 4 3 - 8 4 , 151-158; G. GOULD,
Image (wie Anm. 4), 549-557. Eine allgemeine Zusammenfassung des Forschungsstandes
bietet S. RUBENSON, Origen in the Egyptian Monastic Tradition of the fourth Century, in:
Origeniana Septima. Origenes in den Auseinandersetzungen des 4. Jahrhunderts, BEThL
137, hrsg. von W.A. Bienert und U. Kühneweg, Leuven 1999, 319-337, 333: „Since it is
the Origenist controversy of the late 390's that provides us with most of our material on
monastic Origenism and anti-Origenism, the answers to the questions about the historical
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2. Die Vorgeschichte des Mönchskonfliktes
in Ägypten
3
2. Die Vorgeschichte des Mönchskonfliktes in Ägypten
an der Wende vom 4. zum 5. Jahrhundert
2.1. Das Modell Dechows
Jon F. Dechow verbindet die Konstituierung des ausgeprägten monastischen
Antiorigenismus in Ägypten mit dem Einfluss der gegen Origenes geschriebenen
Kapitel der zwei antihäretischen Sammelwerke des hl. Epiphanius von Zypern
„Panarion" und „Ancoratus" (entstanden in den 70er Jahren des 4. Jahrhunderts)7.
Weil die frühesten vorherigen antiorigenistischen Passagen, die in den Werken
des hl. Petrus von Alexandrien (f 311) und des Pamphilus (t 309 oder 310)
bezeugt sind, nicht später als im ersten Jahrzehnt des 4. Jahrhunderts geschrieben sein können 8 , läßt die Annahme Dechows eine ungefähr 50 Jahre lange
Lücke in der antiorigenistischen Tradition entstehen, die erklärungsbedürftig
ist. Außerdem gerät Dechow in einen gewissen circulus vitiosus, wenn er einerseits die antiorigenistische Animosität des Epiphanius durch seine jugendlichen
Kontakte mit den intransigenten Gruppen der einfachen Mönche in Ägypten
und Palästina erklärt und andererseits den Orientierungswechsel dieser Kreise
vom Antiarianismus zum Antiorigenismus auf den Einfluß der polemischen
antiorigenistischen Schriften des Epiphanius zurückführt 9 .
Trotz dieser Schwierigkeiten verdient die Hypothese Dechows, die, wohlgemerkt, den einzigen ernstzunehmenden, historisch argumentierenden Erklärungsversuch der Entstehung des Konfliktes zwischen den „Anthropomorphiten"
und den Origenisten darstellt10, Beachtung, weil sie - im Unterschied z. B. zu
roots of Origen's influence on the monks, how and to what degree it spread, and how the
monks reacted to it, is to a great extent dependent on the interpretation of the crisis of 399.
Although we do possess sources from both sides of the conflict, and know many of the most
important persons involved, the real causes and effects of the crisis remain unclear."
7
8
S i e h e : J. DECHOV, D o g m a ( w i e A n m . 6), 9 6 - 1 0 7 .
Das ebenfalls gegen Origenes gerichtete De engastrimytho des hl. Eustathius von
Antiochien ist vor dem arianischen Streit - also vor 318 - verfaßt worden.
9
Siehe: J. DECHOV, Dogma (wie Anm. 6), 93, 106.
10
Erwähnt sei außerdem die eher beiläufig geäußerte Bemerkung von A. GUILLAUMONT,
Les „Kephalaia gnostica" d'Evagre le Pontique et l'histoire de l'Origenisme chez les grecs
et chez les syriens, PatSor 5, Paris 1962, 61, der „die Bewegung der Anthropomorphiten"
(le mouvement anthropomorphite) als eine Reaktion auf die Lehre des Evagrius Ponticus
vom reinen (d.h. vorstellungslosen) Gebet erklärt. Wie den nachfolgenden Ausführungen
zu entnehmen sein wird, unterschätzt diese Erklärung die Möglichkeit einer historischen
Perspektive des Konfliktes und läßt die Frage nach der Tradition, in der die „Anthropomorphiten" eventuell standen, ohne gebührende Beachtung. Auf die konfliktstiftende Rolle der
unterschiedlichen Gebetsfrömmigkeiten verweist auch F. LEDEGANG, Anthropomorphites and
Origenists in Egypt at the End of the Fourth Century, in: Origeniana Septima. Origenes in
den Auseinandersetzungen des 4. Jahrhunderts, BEThL 137, hrsg. von W.A. Bienert und U.
Kühneweg, Leuven 1999, 377-379, der die Frage letztendlich offen läßt (ebd., 378). Auf die
von G. FLOROVSKY, Anthropomorphites (wie Anm. 5), 9 4 - 9 6 vorgeschlagene Deutung des
Mönchskonfliktes wird weiter unten eingegangen.
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4 utsrponmlkihgfedcVSOMED
Einleitung
den Ausfuhrungen von W.A. Bienert", der die Rolle der Masse der einfachen
Gläubigen bei der Ausformung des Antiorigenismus im 3. Jahrhundert völlig
übersieht - die Bedeutung der simpler monks als Tradenten der antiorigenistischen Ansichten hervorhebt. Diese letztere Dimension öffnet neue Perspektiven
in der Erforschung der Vorgeschichte des ersten origenistischen Streites, auf
die es jetzt einzugehen gilt.
2.2. Die früheste Vorgeschichte des Mönchskonfliktes:
der Streit des Orígenes mit den simpliciores
Gunnar af Hällström beschloß sein Buch über die einfaltigen Gläubigen bei
Orígenes mit einem programmatischen Urteil:
„It has not been the task of the present study to follow the subsequent history of the
debate between ordinary Christians and Origen. But it is obvious that the Origenist crisis dealt with the same issues as the discussion between Origen and the simplices. The
allegorical method, including the historicity of the literal sense, w a s one of the themes
that w a s to be dealt with later. The pre-existence of souls, the Christology, the nature
of the future resurrected body and the eternal life were all to be central topics during
subsequent centuries 12 . The present study has shown that the Origenist crises did not
come from nowhere. The discussion had already been begun by the simplices." 1 3
Diese Feststellung stellt einen Erforscher der späteren Auseinandersetzungen
um das theologische Erbe des Orígenes vor die Aufgabe, nach genaueren
Charakteristika der simplices als einer Gruppe zu fragen, um dann den eventuellen Traditionen dieser Gruppe - sei es im Sinne ihrer Wurzeln, sei es im
Sinne ihrer weiteren Überlieferung besonders in Hinblick auf die am ersten
und zweiten origenistischen Konflikt beteiligten antiorigenistischen Mönchsparteien - nachzugehen. Ohne dieser Aufgabe in vollem Maß im Rahmen
" Siehe: W.A. BIENERT, Dionysius von Alexandrien. Zur Frage des Origenismus im
dritten Jahrhundert, PTS 21, Berlin 1978,15-18.
12
In dieser Liste wäre auch der Glaube an den anthropomorphen Gott zu erwähnen,
weil dieses während des ersten origenistischen Streites diskutierte Problem eigentlich schon
von Orígenes angesprochen ist (Belege siehe bei G. AF HÄLLSTRÖM, Fides (wie Anm. 1),
64-69). HÄLLSTRÖM unterläßt dies aber, weil nach seiner Meinung die anthropomorphen
Ansichten nicht unter den Hauptmerkmalen des einfachen Glaubens zu nennen sind; vgl. G.
AF HÄLLSTRÖM, Fides (wie Anm. 1), 66: „The general picture of the simplices as literalists
and champions of aicOrycá appears slightly shaken by the fact that the simple believers are
no more decisively „anthropomorphites" than they are" und ebd., 65: „The anthropomorphic
view of God was surely not dominant but yet it existed in the Church."
13
G. AF HÄLLSTRÖM, Fides (wie Anm. 1 ), 95. Soweit wir den Forschungsstand überblicken,
hat noch niemand die Studie Hällströms zum Anlaß genommen, um die Weiterentwicklung
des Konfliktes des Orígenes mit den simplices zu verfolgen; vgl. aber die Bemerkung von
H. CROUZEL, Art. Théophile d'Alexandrie, DSp XV, Paris 1991, 525: „anthropomorphites ...
héritiers des simpliciores que blâmait Origène"; siehe auch H.J. CARPENTER, Popular Christianity and the Theologians in the Early Centuries, JThS 14, 1963, 310 und G. FLOROVSKY,
Anthropomorphites (wie Anm. 5), 94. F. LEDEGANG, Anthropomorphites (wie Anm. 10), 379
sieht den Konflikt als „originally a controversy between simple and learned monks."
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2. Die Vorgeschichte des Mönchskonfliktes in Ägypten
5
dieser Arbeit gerecht werden zu können, möchten wir durch die nachfolgende
Übersicht auf einige Probleme hinweisen, deren Lösung sich, wie es scheint,
für die spätere Forschung als weiterführend erweisen könnte.
Wir fangen mit einer terminologischen Bemerkung an. Es ist bekannt, daß
Origenes mehrere Begriffe für den „einfachen Glauben" und dessen Vertreter
nebeneinander in Gebrauch hatte14. Während aber die meisten Bezeichnungen
nicht nur in bezug auf Christen vorkommen, hat das Adjektiv änXoi bzw.
äntaruatepoi 15 den Status eines terminus technicusl6. Für die sachgemäße Behandlung der Frage, wie Origenes den Begriff cmA.oT bzw. catA.OTXrcepoi gebraucht,
und wer sich hinter dieser Bezeichnung verbirgt, muß man zugleich auch die
Synonyme von änkovq und öt7tA.o,uoxepoq berücksichtigen.
Das Thema „Einfalt und einfacher Glaube in der alten Kirche" wurde in der
wissenschaftlichen Literatur nicht selten behandelt 17 . Wir verzichten hier auf ein
14
yt^-fi JtÎ0Tiç, bzw. Ttiöte'üeiv \|ntaoç, itiaxeiiEiv dAôycoç, mcTEtieiv àxXéç oder öatXovKXttpov, die „einfach" Glaubenden wurden xè Ti^fjSoç xrôv TIICT£UÖVT(OV, oi 7toXAoi, ô ôx^oç bzw. oi
öx^-oi, dcKEpoaoi, (xiKpoi, mxiôia, ßpecpri, iSirâxai, âTE^éarepoi, ànÀo'ûcxepoi, aàpiavoi u. a. m.
genannt, vgl.: M. HIRSCHBERG, Studien zur Geschichte der simplices in der Alten Kirche.
Ein Beitrag zum Problem der Schichtungen in der menschlichen Erkenntnis, (Dissertation,
maschinenschriftl.), Berlin 1944, 182-184; G. AF HÄLLSTRÖM, Fides (wie Anm. 1), 11-19.
15
Entspricht simplices bzw. simpliciores im lateinischen Sprachgebrauch; zur Bedeutungslosigkeit des Komparativs siehe M. HIRSCHBERG, Studien (wie Anm. 14), 8. In der
vorliegenden Arbeit werden die beiden lateinischen Termini gleichberechtigt gebraucht.
16
M. HIRSCHBERG, Studien (wie Anm. 14), 184; bestätigt bei G. AF HÄLLSTRÖM, Fides
(wie Anm. 1), 15, Anm. 34.
17
Zur antiken heidnischen Tradition siehe R. VISCHER, Das einfache Leben. Wort- und
motivgeschichtliche Untersuchungen zu einem Wertbegriff der antiken Literatur, SAW 11,
Göttingen 1965 und O. HILTBRUNNER, Latina graeca. Semasiologische Studien über lateinische Wörter im Hinblick auf ihr Verhältnis zu griechischen Vorbildern, Bern 1958 (über
die christliche simplicitas siehe S. 85-105). Biblisches Material ist behandelt bei: C. SPICQ,
La vertu de simplicité dans l'Ancien et Nouveau Testament, RSPhTh 22, 1933, 5 - 2 6 und
C. EDLUND, Das Auge der Einfalt. Eine Untersuchung zu Matth. 6,22-23 und Luk. 11,34-35,
ASNU XIX, Uppsala 1952. Klassisch ist die Studie von J. AMSTUTZ, AÜAOTHE. Eine begriffsgeschichtliche Studie zum jüdisch-christlichen Griechisch, Theoph. 19, Bonn 1968,
die das judenchristliche und frühchristliche Material bis zum Pastor des Hermas behandelt;
umfassend (vom Neuen Testament bis inklusive Origenes) ist auch die Dissertation von M.
HIRSCHBERG, Studien (wie Anm. 14), die einen Versuch der Geschichte der simpliciores in
der alten Kirche darstellt. Eine Abhandlung über die Einfalt bei den apostolischen Vätern
bietet G. ANDRÉ, La vertu de simplicité chez les pères apostoliques, RSR 11, 1921, 306-327.
Den simpliciores bei Clemens von Alexandrien sind zwei Kapitel im Buch von E. DE FAYE,
Clément d'Alexandrie: étude sur les rapports du christianisme et de la philosophie grecque
au IIe siècle, BEHE.R 12, Paris 1898, 126-148 gewidmet. G. AF HÄLLSTRÖM, Fides (wie
Anm. 1) und W. VÖLKER, Das Bild vom nichtgnostischen Christentum bei Celsus, Halle
(Saale) 1928 haben den Glauben der simpliciores anhand der Schriften des Origenes untersucht. Zu unterschiedlichen Aspekten des Problems der Einfalt in der christlichen Theologie
der ersten drei Jahrhunderte haben J. LEBRETON, Les degrés de la connaissance religieuse
d'après Origène, RSR 12, 1922, 265-296 und derselbe, Le désaccord de la foi populaire et
de la théologie savante dans l'Eglise chrétienne du IIIe siècle, RHE 19, 1923, 481-506; RHE
20, 1924, 5-37, H. CARPENTER, Populär Christianity (wie Anm. 13), N. BROX, Der einfache
Glaube und die Theologie. Zur altkirchlichen Geschichte eines Dauerproblems, Kairos 14,
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6 utspnmligecE
Einleitung
ausfuhrliches Referat über alle Überlegungen, die zur Frage „Origenes und die
simplices" angestellt worden sind18, sondern gehen auf einige grundsätzliche
Probleme ein. Als erstes stellt sich die Frage nach dem Verbreitungsgrad des
„einfältigen Glaubens" und die nach seinem Hauptcharakteristikum.
Die beiden Forscher, die sich mit dem Problem der simplices bei Origenes
eingehend befaßt haben, sind sich einig, daß die „einfachen" Christen die
absolute Mehrheit der Gläubigen ausmachen 19 . Sowohl Hirschberg als auch
Hällström sind der Meinung, daß das Hauptmerkmal der simplices ihr mangelndes Bildungsniveau war, und ihr Hauptunterschied zu Origenes in ihrem
literalistischen Schriftverständnis lag20.
Hällström zieht darüber hinaus in der Zusammenfassung zu seiner Untersuchung eine wichtige Schlußfolgerung, die wir vollständig zitieren möchten:
„That simple believers were in the majority did not imply that simple faith
included strongly diverging or opposed elements. The picture which Origen
gives of it is a rather uniform one. Naturally he is aware of the existence of
more and less radical simpliciores, a diversity which is discernible among other
1972, 161-187 und A. MONACI, Origene ed „i molti": due religiosità a contrasto, Aug. 21,
1981, 99-117 wichtige Beiträge geleistet. Die vorläufigen Bilanzen sind in zwei Lexikonartikeln gezogen (dort auch weitere Literatur zur Frage): H. BACHT, Art. Einfalt, RAC IV,
Stuttgart 1959, 821-840 und Y. DE ANDIA, Art. Simplicité, DSp XIV, Paris 1990, 892-903.
Ganz allgemein ist zuletzt auf die Beiträge von A. MOMIGLIANO, Popular religious beliefs
and the late Roman historians, in: Popular Belief and Practice. Papers read at the ninth
Summer Meeting and the tenth Winter Meeting of the Ecclesiastical History Society, ed. by
G.J. Cuming and D. Baker, Cambridge 1972, 1-18, W.H.C. FREND, Popular Religion and
Christological Controversy in the fifth Century, in: DERS., Religion Popular and Unpopular in the Early Christian Centuries, Variorum Reprints, London 1976,
XVII und D.H.
RAYNOR, The Faith of the Simpliciores: A Patriarch's Dilemma, StPatr 22, 1989, 165-169
hinzuweisen, die der Behandlung des Problems zu einer späteren als die uns hier interessierende Zeit gewidmet sind.
18
Außer den schon mehrfach erwähnten Studien von M. HIRSCHBERG, Studien (wie
Anm. 14) und G. AF HÄLLSTRÖM, Fides (wie Anm. 1) siehe darüber z.B.: J. LEBRETON,
Degrés (wie Anm. 17); DERS., Le désaccord (wie Anm. 17), 501-506, 5 - 3 7 ; H. BACHT, Einfalt
(wie Anm. 17), 834-836; H. CARPENTER, Popular Christianity (wie Anm. 13), 308-310; N.
BROX, Glaube (wie Anm. 17), 174-176; K. KOSCHORKE, Die Polemik der Gnostiker gegen
das kirchliche Christentum. Unter besonderer Berücksichtigung der Nag-Hammadi-Traktate
„Apokalypse des Petrus" (NHC VII,3) und „Testimonium Veritatis" (NHC IX,3), NHS XII,
Leiden 1978, 235-237; A. MONACI, I molti (wie Anm 17); Y. DE ANDIA, Simplicité (wie
Anm. 17), 900-901. G. AF HÄLLSTRÖM, Fides (wie Anm. 1), 8, Anm. 8 verweist auf die
ältere Literatur.
19
Entscheidend für M. HIRSCHBERG, Fides (wie Anm. 14), 207 ist folgende Stelle aus
der Josua-Homelie des Origenes (Or., hom. in Jos. XVII 2 (SC 71, 374 Jaubert)): „in omni
populo - eorum dico, qui salvantur - maior sine dubio pars est et longe numerosior eorum,
qui simpliciter credentes ... Domino placent". Sein Urteil lautet entsprechend: „Die Mehrzahl
der Christen in den Gemeinden, die er (d. h., Origenes) kannte, ... waren simplices" (ebd.).
G. AF HÄLLSTRÖM, Fides (wie Anm. 1), 93 bestätigt diese Schlußfolgerung: „Simple faith
is the faith of the great masses of ordinary Christians".
20
M. HIRSCHBERG, Studien (wie Anm. 14), 89-91; 190; G. AF HÄLLSTRÖM, Fides (wie
Anm. 1), 93; 64, Anm. 8.
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2. Die Vorgeschichte des Mönchskonfliktes
in Ägypten
1
things in the exegesis of the simplices. The general impression is, nevertheless,
that simple faith is one phenomenon." 21
Daß der Glaube der absoluten Mehrheit der alexandrinischen Gemeinde 22 im
ersten Drittel des 3. Jahrhunderts ein „einheitliches Phänomen" sein soll, sieht
schon auf den ersten Blick wenig plausibel aus. Tatsächlich wurde eben diese
Position in einem übrigens von Hällström benutzten Aufsatz hinterfragt.
Ohne die drei Jahre später publizierte Studie von Hällström kennen zu können, stellt Adele Monaci in einem 1981 erschienenen Artikel einige von ihm
vertretene Meinungen in Frage. Dies gilt vor allem der Vorstellung von der
Homogenität und der „Natürlichkeit" (in Sinne einer Traditionslosigkeit) des
„einfachen" Glaubens, einer Vorstellung also, die alle Ansichten der simpliciores
durch ihre Ungebildetheit zu erklären sucht. Monaci verweist darauf, daß die
zentralen doktrinalen Punkte des Glaubens der simplices einer bestimmten
theologischen Ausrichtung entsprechen, der auch prominente Theologen des
2. Jahrhunderts angehörten, m.a. W. in einer Tradition stehen23. Sehr wertvoll
sind ferner die Beobachtungen Monacis hinsichtlich der die simplices betreffenden Terminologie des Origenes. Monaci weist nach, daß die Informationen,
die uns Origenes von der Religiosität der „Einfaltigeren" liefert, unauflöslich
mit seiner Interpretation und herabsetzenden Bewertung dieser Religiosität
verstrickt sind24. Deswegen ist die Frage berechtigt, ob nicht „die Realität, die
bald als simplices, bald als „Kinder" u. s. w. bezeichnet wird, in sich viel mehr
divergent wäre, als es auf den ersten Blick scheinen könnte?" 25
Die Schlußfolgerung Monacis lautet wie folgt: „Tuttavia non si deve concludere che la polemica origeniana contro i molti sia esclusivamente una polemica
fra correnti teologiche divergenti nei metodi e nelle conclusioni ... Essa ha di
mira „la maggioranza di coloro che credono in Cristo", maggioranza di cui
facevano parte, in primo luogo, tutti i cristiani di condizione sociale e culturale
modestissima, che non uscivano dall'ordinario né nel campo della scienza, né
in quello del fervore religioso, ma anche vescovi e teologi che a proposito di
21
G. AF HÄLLSTRÖM, Fides (wie Anm. 1), 93, hervorbehoben von Autor.
Leider machen weder HIRSCHBERG noch HÄLLSTRÖM in ihren Untersuchungen einen
Unterschied zwischen den in Alexandrien geschriebenen Werken des Origenes und denen, die
in Caesarea entstanden sind. Weil unser Interesse den Verhältnissen in der alexandrinischen
Gemeinde gilt, beziehen wir die Ergebnisse beider Forscher auf sie, was dem allgemeineren
22
A n s a t z HIRSCHBERGS u n d HÄLLSTRÖMS nicht widerspricht.
23
A. MONACI, I molti (wie Anm. 17), 114-115. Genannt werden der Glaube ausschließlich
an den fleischgewordenen und gekreuzigten Sohn Gottes (unter Hinweis auf den hl. Irenaus
von Lyon, haer. II 26,1) und der Millenarismus der simplices (vertreten auch von den hll.
Justin, Irenaus und Hippolyt). Zum Problem des Millenarismus der „einfachen" Christen
und ihrer Lehrer siehe den wichtigen Aufsatz von M. SIMONETTI, II Millenarismo in Oriente
da Origene a Metodio, in: Corona gratiarum. FS E. Dekkers, Vol. 1, Brügge 1975, 37-58,
besonders
24
25
45-46.
A . MONACI, I molti ( w i e A n m . 17), 112.
A . MONACI, I molti ( w i e A n m . 17), 113.
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8 xvutsrponmligedcaOE
Einleitung
argomenti scritturistici e dottrinali la pensavano diversamente da Origene. Essi
avevano certamente maggior seguito nella comunità e perciò stesso venivano
collocati insieme agli altri nella stessa categoria dei semplici da Origene." 26
Die Ausfuhrungen Monacis korrigieren das von Hirschberg und Hällström
entworfene Simplicioresbild an einigen wichtigen Stellen. Der methodisch
wichtigste und von Hällström übersehene Punkt ist dabei die Notwendigkeit,
die Besonderheiten der Terminologie des Origenes zu berücksichtigen, für den
„ungebildet" (= simplex) mit „andersdenkend" nicht selten zusammenfallen
kann 27 . Dieser Ansatz läßt von den drei Merkmalen des „einfachen" Glaubens,
die, sei es implizit oder explizit, in dem oben angeführten Zitat aus dem Buch
Hällströms angedeutet worden sind, nämlich seine Homogenität, Traditionslosigkeit und denkbar große Verbreitung, nur das letzte fraglos bestehen.
Die These Monacis von der Nicht-Homogenität der simplices fand in der
neueren Forschung über die frühe Geschichte der alexandrinischen Gemeinde
eine gewisse Bestätigung. Seit den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts wird
nämlich auf die jüdisch-christlichen Wurzeln des alexandrinischen Christentums wiederholt hingewiesen 28 . Schon die jüdische Gemeinde Alexandriens,
in deren „Schatten sich das alexandrinische Christentum im 1. Jahrhundert
entwickelte" 29 , zeigt „a degree of religious and theological variety" 30 , was
auch die jüdisch-christlichen Gruppen nicht unberührt lassen konnte. Abgesehen von den Judenchristen wird für die früheste Zeit des alexandrinischen
Christentums auch die Existenz einer heidenchristlichen Gruppe postuliert,
die mit dem Ägypterevangelium und dem alexandrinischen Stadtteil Rakotis
in Verbindung gebracht wird31. Es ist dabei wichtig zu betonen, daß es sich
26
27
A . MONACI, I m o l t i ( w i e A n m . 17), 1 1 6 - 1 1 7 , h e r v o r g e h o b e n v o n
uns.
A. MONACI, I molti (wie Anm. 17), 114 n. 63 bemerkt, daß es bei den Streitigkeiten
des Origenes mit den simplices oft nicht um die Auseinandersetzung zwischen einer gelehrten
Theologie und dem Volksglauben ging, sondern vielmehr um die zweier gelehrter Theologien.
28
Siehe z. B. C. ROBERTS, Manuscript Society and Belief in Early Christian Egypt, SchL
1977, London 1979, 45 ff; zur Forschungsgeschichte des Problems siehe die kurze Skizze bei
A. F. J. KLIJN, Jewish Christianity in Egypt, in: The Roots of Egyptian Christianity, ed. by
B.A. Pearson and J.E. Goering, Philadelphia 1986, 161-162, wo die einschlägige Literatur
angeführt und zitiert wird.
29
R. VAN DEN BROEK, Juden und Christen in Alexandrien im 2. und 3. Jahrhundert, in:
Juden und Christen in der Antike, hrsg. von J. van Amersfoort und J. van Oort, Kampen
1990, 103.
30
B. PEARSON, Earliest Christianity in Egypt: Some Observations, in: The Roots of
Egyptian Christianity, ed. by B.A. Pearson and J.E. Goering, Philadelphia 1986, 155; siehe
auch die Aufzählung verschiedener jüdischer Gruppen auf der Seite 148 und die Folgerung:
„The earliest Christians of Alexandria are to be placed in this variegated Jewish context",
ebd., 149.
31
So bereits C. ANDRESF.N, „Siegreiche Kirche" im Aufstieg des Christentums: Untersuchungen zu Eusebius von Caesarea und Dionysius von Alexandrien, ANRW 2 / 2 3 / 1 , Berlin
1979, 439-440; ihm folgen B. PEARSON, Earliest Christianity (wie Anm. 30), 150, A.M.
RITTER, De Polycarpe à Clément: aux origines d'Alexandrie chrétienne, in AAEHANAPI-
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2. Die Vorgeschichte des Mönchskonfliktes in Ägypten
9
in b e i d e n F ä l l e n n i c h t u m e i n g n o s t i s c h g e p r ä g t e s C h r i s t e n t u m h a n d e l t e 3 2 . D i e
S c h l u ß f o l g e r u n g f ü r d i e f r ü h e s t e Z e i t lautet also: „ W e s h o u l d s u r m i s e t h a t a
v a r i e t y o f b e l i e f s a n d p r a c t i c e s w e r e r e p r e s e n t e d in A l e x a n d r i a n C h r i s t i a n i t y
almost f r o m the beginning."33
Es wird ferner a n g e n o m m e n , daß der j ü d i s c h e A u f s t a n d 1 1 5 - 1 1 7 unter Traj a n und dessen blutige U n t e r w e r f u n g durch die R ö m e r zu einem b e d e u t e n d e n
E i n s c h n i t t i m L e b e n d e r a l e x a n d r i n i s c h e n C h r i s t e n g e w o r d e n ist 34 . I m H i n b l i c k
a u f d i e Z u s a m m e n s e t z u n g d e r christlichen a l e x a n d r i n i s c h e n G e m e i n d e im 2. Jahrh u n d e r t bis z u r Z e i t d e s C l e m e n s v o n A l e x a n d r i e n ist d i e W i s s e n s c h a f t w e g e n
äußerster Spärlichkeit der Quellen auf Vermutungen angewiesen, die j e d o c h für
d i e K o n t i n u i t ä t m i t d e r M a n n i g f a l t i g k e i t v o r 117 p l ä d i e r e n 3 5 .
R o e l o f v a n d e n B r o e k hält es f ü r sicher, d a ß im A l e x a n d r i e n d e s 2. J a h r hunderts „Anhänger judenchristlicher, apokalyptischer, streng-asketischer, gnostischer und philosophischer Interpretationen des christlichen G l a u b e n s zu unNA. Hellénisme, judaïsme et christianisme à Alexandrie. FS P.C. Mondésert, Paris 1987,
166-167 und R. VAN DEN BROEK, Juden und Christen (wie Anm. 29), 104, siehe dort auch
die Literatur zur Frage. Als „Ägypter" wurden die einheimischen Bewohner des Landes im
Unterschied zu den Griechen bezeichnet (A.M. RITTER, Origines (wie in Anm. 31), 167, R.
VAN DEN BROEK, Juden und Christen (wie in Anm. 29), 167). W. H.C. FREND, Athanasius
as an Egyptian Christian Leader in the Fourth Century, in: DERS., Religion Popular and Unpopular in the Early Christian Centuries, Variorum Reprints, London 1976, 26 verweist auf
Literalismus als ein Merkmal, das das „non-Hellenistic and non-Platonic element in Egyptian
Christianity" mit dem Mönchtum verbindet.
32
Dies wird gegen die bekannte These von Walter Bauer über den heterodoxen Ursprung
des alexandrinischen Christentums (siehe W. BAUER, Rechtgläubigkeit und Ketzerei im ältesten
Christentum, Tübingen 2 1963, 57) in der neueren Forschung ausdrücklich unterstrichen; siehe
z.B. B. PEARSON, Earliest Christianity (wie in Anm. 30), 150.
33
B. PEARSON, Earliest Christianity (wie in Anm. 30), 149.
34
S o z . B . A . RITTER, O r i g i n e s ( w i e A n m . 3 1 ) ,
1 6 5 , R . VAN DEN BROEK, J u d e n
und
Christen (wie Anm. 29), 103 und B. PEARSON, Earliest Christianity (wie Anm. 30), 150. Der
Aufstand begann in Cyrenaica und griff auf Ägypten über. Die römische Niederwerfung der
Aufständischen war für das Schicksal der Juden in Alexandrien verheerend. Zum Verlauf
des Aufstandes in Ägypten sowie zu seinen literarischen und papyrologischen Quellen siehe
SH. APPLEBAUM, Jews and Greeks in Ancient Cyrene, SJLA 28, Leiden 1979, 294-296; die
Gründe des Aufstandes werden bei M. HENGEL, Messianische Hoffnung und politischer
„Radikalismus" in der, jüdisch-hellenistischen Diaspora". Zur Frage der Voraussetzungen des
jüdischen Aufstandes unter Trajan 115-117 n. Chr., in: Apocalypticism in the Mediterranean
World and the Near East. Proceedings of the International Colloquium on Apocalypticism.
Uppsala, A u g u s t 12-17, 1979, ed. by D. Hellholm, T ü b i n g e n 21989, 6 5 5 - 6 8 5 besprochen. O b
die Rolle des Aufstandes für die Entwicklung des alexandrinischen Christentums eindeutig
positiv zu bewerten ist, wie A. RITTER, Origines (wie Anm. 31), 165 zu meinen scheint, ist
nicht sicher; zum Problem siehe z.B. C. ROBERTS, Manuscripts (wie Anm. 28), 58-59 und
A. MARTIN, Aux origines de l'église copte: l'implantation et le développement du christianisme en Egypte (I e -IV e siècles), REA 83, 1981, 39, dort auch die einschlägige Literatur
zur Frage.
35
So ausdrücklich D.T. RUNIA, Philo in Early Christian Literature. A Survey, CRI, Sect.
3, Jewish Traditions in Early Christian Literature, Vol. 3, Assen-Minneapolis 1993, 120 und
R. VAN DEN BROEK, Juden und Christen (wie Anm. 29), 103, mit etwas anderer Akzentuierung auch C.W. GRIGGS, Early Egyptian Christianity from its Origins to 451 C.E., CoptSt
2, Leiden 1990, 32.
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10 vutsrponmligecXE
Einleitung
terscheiden sind" 36 . Diese fünf Gruppen werden von van den Broek in einem
anderen Aufsatz um eine sechste erweitert: nämlich um die simpliciores37.
Bedenkt man aber, daß die „einfachen" Gläubigen, wie alle Forscher einstimmig betonen (siehe die Besprechung der Frage oben, S. 6), die Mehrheit der
alexandrinischen Kirche darstellten sowie, wie es von Monaci herausgestellt
wurde, daß die Bezeichnung simplices und ihre Entsprechungen beileibe nicht
als deskriptive religionsgeschichtliche Termini, sondern vielmehr als polemisch
geladene Phraseologie zu betrachten sind, so sieht man sich vor die Frage
gestellt, ob sich nicht diese sechste Gruppe mit einigen anderen deckt und das
fiinf-Gruppen-Modell van den Broeks somit der Wirklichkeit näher steht38.
Der andere Hinweis Monacis, die zur Vorsicht im Umgang mit der simplic/ores-Terminologie des Origenes mahnte (siehe oben, Anm. 24), erfahrt eine
Unterstützung durch die heutigen Vorstellungen über die Entwicklung der
Begriffe „äjiÄ.o'üi; - öwtX.OT'ng" bzw. „simplex - simplicitas" in der christlichen
Literatur der ersten drei Jahrhunderte. Obwohl, wie Ysabel de Andia bemerkt,
eine genauere Untersuchung zum Umgang des Origenes mit der die simpliciores
bezeichnenden Begrifflichkeit ein Desideratum bleibt39, ist schon jetzt soviel
klar, daß mit Origenes ein markanter Wandel im Begriffsgebrauch einsetzt.
„Einfalt" und „einfältig", die vor Origenes - zwar mit gewissen Ausnahmen,
wie bei Tertullian - vorwiegend im Sinne ethischer Tugend positiv verstanden
wurden, werden von dem Alexandriner im Sinne intellektueller Mangelhaftigkeit uminterpretiert 40 . Die Gründe dieses Begriffswandels gilt es noch genau
36
R. VAN DEN BROEK, Juden und Christen (wie Anm. 29), 103.
R. VAN DEN BROEK, Alexandrie in de tweede en de derde eeuw: van christelijke pluriformiteit naar kerkelijke eenheid, in: Breekpunten en keerpunten. Beslissende historische
momenten en factoren in het oecumenisch procès, hrsg. von A. Houtepen, Leiden, Utrecht
1989, 75-76, übernommen bei D. RUNIA, Philo (wie Anm. 35), 121. Wir gehen des weiteren
nicht auf das Modell im einzelnen ein, sondern besprechen nur die Stellung der simplices
darin. Es sei dennoch bemerkt, daß die einzigen zwei Gruppen, die man u. E. ohne Fragen
stehen lassen könnte, die Gnostiker und die philosophierenden Christen sind. Es wäre einer
gesonderten Untersuchung wert, ob sich die Judenchristen und die Apokalyptiker als Nachfolger der judenchristlichen Traditionen vor 117 in eine Gruppe verbinden lassen würden, und
ob nicht die Askese für alle Gruppen mehr oder weniger gleich typisch wäre. Des weiteren
wäre zu fragen, wer das Erbe der „Ägypter" (siehe Anm. 31) weiter tradiert hat? Zu den
simplices siehe weiter unten.
38
VAN DEN BROEK macht selbst einerseits auf die Verwandtschaft seiner ersten und
zweiten Gruppe nach dem sechsteiligen Schema (Judenchristen und Apokalyptiker) mit den
simplices aufmerksam (Alexandrie (wie Anm. 37), 74), und andererseits setzt er diese drei
Gruppen den Gnostikern und den platonisierenden Christen entgegen (Gruppe 5 und 6), die
sich von den ersteren durch ihre „philosophische Interpretation des Glaubens" unterschieden
37
haben (ebd., 7 4 - 7 5 ,
78-81).
39
Y. DE ANDIA, Simplicité (wie Anm. 17), 901. DE ANDIA fuhrt in ihrer Literaturliste
die Studie Hällströms nicht an.
40
Siehe die sehr überzeugende Ausfuhrung darüber bei G. AF HÄLLSTRÖM, Fides (wie
Anm. 1), 24-25. Zum antiken Gebrauch von ànXovç im Sinne „dumm, ungebildet, naiv" siehe
O . HILTBRUNNER, S t u d i e n ( w i e A n m . 1 7 ) , 4 3 ; R . VISCHER, L e b e n ( w i e A n m . 17),
13-22.
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2. Die Vorgeschichte des Mönchskonfliktes in Ägypten
11
herauszuarbeiten, zur Zeit stehen auf jeden Fall typologische Ähnlichkeiten mit
der Entwicklung im Gnostizismus fest41. Der Traditionsbruch, den Origenes
vollzieht, muß für die Forscher ein Signal zu besonderer Aufmerksamkeit bei
der Bewertung des Befundes in den Schriften des alexandrinischen Theologen
sein.
Vor dem Hintergrund der beschriebenen Forschungslage läßt sich die Frage
„Wer waren die simplices, gegen die Origenes polemisiert hat?" lediglich in einer
ganz allgemeinen Form (die Mehrheit der Gläubigen, darunter auch Bischöfe
und Theologen) beantworten. Es scheint zu sein, daß die die Homogenität der
simplices postulierende Position (Hirschberg, Hällström) die polemische Ausrichtung der den simplices geltenden Terminologie des Origenes ungenügend
berücksichtigt und die ihm eigene Sicht der Lage etwas unkritisch übernimmt.
Das gleiche ist auch zur Erklärung der Ansichten der simplices aus ihrer angeblichen Unbildung zu sagen. Weil die Erforschung der Zusammensetzung
der alexandrinischen Gemeinde der Wende vom 2. zum 3. Jahrhundert noch in
ihren Anfangen liegt, muß man bei der Analyse der Vorstellungen von Leuten,
die Origenes „einfaltig" u. ä. nennt, in jedem einzelnen Fall die Frage nach der
eventuellen Tradition, in der die betreffende Vorstellung stehen kann, stellen.
2.3. Das Modell
Simonettis
Im Anschluß an diese Feststellungen ist des weiteren auf ein Modell einzugehen, das einerseits einen breiten Erklärungsrahmen für die Entwicklung der
früheren Phasen der Kontroverse um die Theologie des Origenes bietet 42 , und
andererseits die Exegese der Erschaffung des Menschen nach dem Ebenbild
Gottes (Gen 1,26), die im Mittelpunkt des mönchischen Streites der Wende des
4. Jahrhunderts stand, als eines der wichtigsten Beispiele für die die Fronten
trennenden Meinungsverschiedenheiten anführt.
Bei dem genannten Modell handelt es sich um eine Konzeption Simonettis, die in der italienischen Wissenschaft bereits eine sehr positive Rezeption
gefunden hat43. Ihre unterschiedlichen Aspekte hat der Forscher in einer Reihe
41
Siehe K. KOSCHORKE, Polemik (wie Anm. 18), 235-237.
H. CROUZEL, Origene e l'origenismo: le condanne di Origene, Aug. 26, 1986, 295-298
unterscheidet in der Entwicklung des Origenismus sechs Phasen angefangen von Origenes
selbst bis zu „l'origenismo condannato da Giustiniano". Die folgenden Ausführungen werden
hauptsächlich die erste und die zweite (bis Anfang des 4. Jahrhunderts) Phase betreffen. Das
abschließende Urteil Crouzels (ebd., 303): „II rapporto fra Origene e gli Origenisti non è
molto differente di quello di Agostino con eretici di stirpe agostiniana come i Giansenisti"
klingt zu pauschal und ist wenig überzeugend.
43
Siehe z. B. T. ORLANDI, Letteratura copta e cristianesimo nazionale egiziano, in: L'egitto
cristiano. Aspetti in età tardo-antica, a cura di A. Camplani, SEAug 58, Roma 1997, 49 und
E. PRINZIVALLI, The Controversy about Origen before Epiphanius, in: Origeniana Septima.
Origenes in den Auseinandersetzungen des 4. Jahrhunderts, hrsg. von W.A. Bienert und
U. Kühneweg, BEThL 137, Leuven 1999, 197-200.
42
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12 zwutsrnlihgfedcaUKED
Einleitung
von Publikationen entwickelt44. Der Übersichtlichkeit willen geben wir die
A u s f ü h r u n g e n S i m o n e t t i s in d r e i A b s c h n i t t e n w i e d e r .
2.3.1. Die Unterscheidung zweier christlicher Kulturen
D e r G r u n d g e d a n k e S i m o n e t t i s b e s t e h t in d e r U n t e r s c h e i d u n g u n d d e r G e g e n überstellung „zweier Kulturgebiete"45 oder zweier christlicher Kulturen - einer
a l e x a n d r i n i s c h e n u n d e i n e r a s i a t i s c h e n 4 6 , w o b e i d i e K u l t u r als „ l a s o m m a di t u t t e
le a t t i v i t à , u s a n z e e c r e d e n z e di u n g r u p p o d i p e r s o n e " 4 7 v e r s t a n d e n w i r d .
Die Kulturen erreichen ihre H ö h e p u n k t e zu unterschiedlichen Zeiten: die
a s i a t i s c h e in d e r z w e i t e n H ä l f t e d e s 2. J a h r h u n d e r t s , d i e a l e x a n d r i n i s c h e in d e r
e r s t e n H ä l f t e d e s 3. J a h r h u n d e r t s 4 8 . D i e a s i a t i s c h e K u l t u r ist i m U n t e r s c h i e d
zur alexandrinischen nicht an einen geographisch streng lokalisierbaren
g e b u n d e n , z u i h r e n V e r t r e t e r n z ä h l e n z . B . d i e hll. J u s t i n ( E p h e s u s ) ,
Ort
Melito
von Sardes, Theophilus von Antiochien, Irenäus von Lyon, Tertullian
von
K a r t a g o 4 9 . D i e s e r c h r i s t l i c h e n K u l t u r ist, n a c h S i m o n e t t i , v o r a l l e m e i n b e t o n t e r M a t e r i a l i s m u s e i g e n , d e r sie v o n d e r p r i m ä r in d e r ä g y p t i s c h e n M e t r o p o l e
vertretenen h o m o g e n e n alexandrinischen Kultur mit ihrem platonischen Spiri-
44
S i e h e M . SIMONETTI, Il M i l l e n a r i s m o ( w i e A n m . 2 3 ) , 3 7 - 5 8 ; DERS., A r t . A s i a t i c a ( c u l -
tura), DPAC I, Casale Monferrato 1983,414-416; DERS., La controversia origeniana: caratteri
e significato, Aug. 26, 1986, 7-31; DERS., Studi sulla cristologia del II e III secolo, SEAug
44, Roma 1993 (besonders die Kapitel X und XI); DERS., Modelli culturali nella cristianità
orientale del II—III secolo, in: DERS., Ortodossia ed Eresia tra I e II Secolo, Rubbettino Editore
1994, 315-331. Wir können hier das Modell Simonettis allerdings nur in seinen wichtigsten
und für unsere Arbeit aktuellen Zügen besprechen.
45
„Due ambienti in ambito culturale" - M. SIMONETTI, Modelli (wie Anm. 44), 317.
46
Mit dem Terminus „asiatische Kultur" bezeichnet Simonetti „la facies culturale caratteristica del cristianesimo dell'Asia romana, ma ramificata anche in altre regioni, fra II e
il III sec. ... un tipo di cultura cristiana diversa da quella alessandrina," - M . SIMONETTI,
Cultura (wie Anm. 44), 414.
47
M . SIMONETTI, Modelli (wie Anm. 44), 317, n. 5. Ohne daß wir hier das Modell Simonettis ausführlich diskutieren können, möchten wir nur darauf aufmerksam machen, daß
die „asiatische Kultur" von Simonetti nur von der alexandrinischen unterschieden wird. Zwar
spricht Simonetti in seiner christologischen Untersuchung neben Ägypten und Kleinasien
auch von Palästina und Syrien (DERS., Studi, (wie Anm. 44), 309 ff. und 321 ff.), aber diese
Unterscheidung wird auf dem theoretischen Niveau nicht weiter reflektiert. Weil nach Simonetti
zur „asiatischen Kultur" die Mehrheit der uns bekannten christlichen Schriftsteller der zweiten
Hälfte des 2. Jahrhunderts und darüber hinaus breite Volksmassen zählen (siehe unten), zur
„alexandrinischen" dagegen nur Klemens und Origenes, d.h. eine relativ schmale Schicht
der intellektuellen Elite Alexandriens, scheint es angemessener zu sein, von alexandrinischer
Tradition (und nicht Kultur) zu sprechen, die eine große Neuerung auf dem Hintergrund der
christlichen Traditionen des 2. Jahrhunderts darstellte.
48
Ebd.
49
M. SIMONETTI, Il Millenarismo (wie Anm. 44), 40, n. 2; an einer anderen Stelle (Modelli (wie Anm. 44), 319) bemerkt Simonetti, daß die beiden Kulturen nur in ihren frühen
Perioden im eng geographischen Sinne zu verstehen sind, dann aber ihre Einflüsse über ihre
Grenzen hinaus auszuüben anfangen.
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
2. Die Vorgeschichte des Mönchskonfliktes in Ägypten
13
tualismus unterscheidet 5 0 . Der Materialismus der asiatischen Kultur hat, nach
M e i n u n g Simonettis, unterschiedliche Wurzeln. Der italienische Forscher verweist einerseits auf „influssi popolari d'origine a n c h e giudaica" und andererseits
auf „influssi colti di carattere filosofico (stoicismo)" 5 1 . In einem anderen Aufsatz
vermutet Simonetti in der asiatischen Anthropologie Einflüsse des Aristoteles 5 2 .
A u ß e r der erwähnten grundlegenden Differenz nennt Simonetti auch weitere
Unterschiede in der Dogmatik und Exegese 5 3 .
In der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts beginnt die alexandrinische Kultur sich über ihre Grenzen hinaus - vor allem im syro-palästinischen R a u m auszubreiten, was zugleich einen Niedergang der asiatischen Kultur mit sich
bringt 54 . Simonetti skizziert die Schicksale beider Kulturen über den arianischen
Streit und die antiochenische Schule bis z u m A n f a n g des 5. Jahrhunderts 5 5 .
2.3.2. Gen 1,26 in der asiatischen und alexandrinischen Kultur
Unter den Beispielen, die die Verschiedenheiten beider Kulturen verdeutlichen
sollen, erwähnt Simonetti auch Differenzen in der Anthropologie und im Gottesverständnis, die in den abweichenden Auslegungen von Gen 1,26 ihren A u s druck finden. In beiden Fällen wird auf die Auseinandersetzung des Origenes
um das richtige Verständnis dieses Bibelverses hingewiesen 5 6 . Dabei ist f ü r
Simonetti die Unterscheidung einer gelehrten und einer volkstümlichen Schicht
in der asiatischen Kultur und die a n g e n o m m e n e D y n a m i k ihrer gegenseitigen
W i r k u n g maßgeblich: „quella asiatica (d. h. cultura) appare più radicata a livello
popolare, nel senso che certe istanze di carattere appunto latamente popolare
f u r o n o recepite a livello colto e qui adeguatamente elaborate." 5 7
Die Polemik des Origenes gegen die anthropomorphen Vorstellungen von
Gott sowie Stellen, w o eine Kritik der stoisch beeinflussten materialistischen
Gottesvorstellung vorliegt 58 , werden nach dem angegebenen Muster interpretiert:
50
M. SIMONETTI, Cultura, 414; II Millenarismo, 40; Modelli, 320-321 (alles wie
Anm. 44).
51
52
M . SIMONETTI, II M i l l e n a r i s m o ( w i e A n m . 4 4 ) , 40.
M. SIMONETTI, Modelli (wie Anm. 44), 327 siehe auch DERS., Cultura (wie Anm. 44),
415. Siehe hierzu weiter unten.
53
M . SIMONETTI, C u l t u r a ( w i e A n m . 4 4 ) , 414.
54
M. SIMONETTI, Modelli (wie Anm. 44), 317, 319-320.
M. SIMONETTI, Cultura (wie Anm. 44), 415-416.
Zum Gottesverständnis siehe M. SIMONETTI, Modelli (wie Anm. 44), 322-324; zur
Anthropologie - ebd., 327-329; siehe auch: DERS., Cultura (wie Anm. 44), 415.
55
56
57
58
M . SIMONETTI, M o d e l l i ( w i e A n m . 4 4 ) , 319.
Es ist gut bekannt, daß Origenes die anthropomorphen Vorstellungen von Gott heftig
bekämpfte (einige wichtige Stellen sind bei H. KOCH, Pronoia und Paideusis. Studien über
Origenes und sein Verhältnis zum Piatonismus, AK.G 22, Berlin, Leipzig 1932, 21, Anm. 1
angeführt; der Anthropomorphismus ist insofern mit der Exegese von Gen 1,26 verbunden,
als man aus der Verknüpfung des Ebenbildes Gottes mit dem menschlichen Leib den Rückschluß ziehen kann, daß Gott menschliche Gestalt besitzt; dagegen polemisiert bereits Philo,
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14 utsronmlihgecbSLED
Einleitung
Simonetti nimmt an, daß „una concezione materialista e antropomorfa di Dio
diffusa soltanto a livello popolare" auch auf dem gelehrten Niveau „col sostegno
del materialismo stoico" assimiliert wird, wobei Origenes in beide Richtungen
eine Polemik führt59.
Simonetti deutet an, wie der Prozeß der Übernahme der materialistischen
Volksvorstellungen von Gott in die gelehrte Theologie vor sich gegangen sein
könnte. Im Unterschied zu Origenes, der sich der Anthropologie des Plato
verpflichtet fühlte, wonach der Mensch grundsätzlich die mit dem Leib versehene Seele ist, beruhte die Anthropologie der asiatischen Theologen auf der
Menschendefinition des Aristoteles, der den Menschen als eine Synthese des
Leibes und der Seele verstanden hatte60. Den Einfluß dieser unterschiedlichen
Menschenkonzepte macht Simonetti für die exegetischen Differenzen verantwortlich: dieser Einfluß muß erklären, warum die Theologen „di formazione
asiatica" die beiden Bibelerzählungen über die Erschaffung des Menschen (Gen
1,26; 2,7) als zwei Berichte über denselben Schöpfungsakt ansahen, während in
der alexandrinischen Tradition der aus der Erde gebildete Mensch unmöglich
der nach dem Ebenbild Gottes geschaffene sein konnte61.
Somit entsteht, nach Simonetti, die gelehrte asiatische Exegese von Gen
1,26; 2,7 auf der Basis des Volksanthropomorphismus, der durch die stoische
Lehre von der Körperlichkeit Gottes und durch die aristotelische Anthropologie
verfeinert und in den Dienst der Kirche (etwa im Kampf mit dem Gnostizismus62) gestellt wird.
2.3.3. Der origenistische
Streit
In einem im Jahre 1986 erschienenen Artikel „La controversia origeniana: caratteri e significato" benutzt Simonetti das im Abschnitt 2.3.1 oben skizzierte zweiKulturen-Modell, um die Vorgeschichte und die Anfange des origenistischen
Streites im 3.-4. Jahrhundert zu beschreiben63. Wir begnügen uns hier nur mit
Op 69). Simonetti unterscheidet die Vertreter dieser Ansichten, die seinem Modell nach zu
dem „livello popolare" gehörten, von den gebildeten Christen, die Origenes in princ. I 1,1-4
für ihre anscheinend stoisch beeinflußten Ideen, Gott sei ein Körper, kritisiert. U. E. läßt aber
Simonetti die ziemlich klare Grenze zwischen dem stoischen Gedankengut, wonach Gott
ein Körper (CKÖ|1(X) wie etwa Feuer (siehe: princ. I 1,1) ist, und der Vorstellung, Gott habe
einen menschlichen Leib, verschwimmen. So führt Simonetti als Beispiel eines Theologen,
der die dem Volksglauben eigenen anthropomorphen Vorstellungen unter stoischem Einfluß
übernommen haben soll, den hl. Melito von Sardes an (Modelli (wie Anm. 44), 322-323).
Die Origenesstelle, auf die Simonetti Bezug nimmt (sei. in Gen., ad 1,26, PG 12,93 A), läßt
aber den stoischen Einfluß bei dem hl. Melito keineswegs vermuten. Zur ganzen Problematik
siehe weiter unten.
59
M. Simonetti, Modelli (wie Anm. 44), 323.
60
Ebd., 327-328.
61
Ebd., 329.
62
Ebd., 327-328.
63
Wir bringen hier nur ein Zitat (M. SIMONETTI, La controversia (wie Anm. 44), 9), in
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2. Die Vorgeschichte des Mönchskonfliktes
in Ägypten
15
einer einzigen Bemerkung zu der uns interessierenden Zeit - nämlich zu der
der Polemik innerhalb der alexandrinischen Gemeinde.
Als erste Phase der Streitigkeiten um die Ideen des Origenes (la controversia
origeniana) erörtert Simonetti die zweite Hälfte des 3. Jahrhunderts, für die die
Verbreitung des Gedankengutes des Alexandriners in Ägypten und außerhalb
seiner Grenzen charakteristisch ist64. Zu der Zeit davor bemerkt Simonetti, daß
die Lehre des Origenes in vielerlei Hinsicht eine Innovation auch für die alexandrinische Tradition darstellte, weshalb es auch nicht wunder nehmen soll, daß
sie „abbia dato occasione a contrasti e critiche, ancora vivo l'autore" 65 .
Simonetti versucht, die Besonderheiten der Theologie des Origenes aus seiner
Polemik mit den Gnostikern zu erklären, und in diesem Kontext charakterisiert
er die alexandrinische Gemeinde zwischen dem Ende des 2. und dem Anfang des
3. Jahrhunderts als „eine zahlenmäßig bedeutsame, durch soziale Unterschiede
gekennzeichnete und durch die internen Kontraste zerrissene." 66 Das Problem
der Polemik des Origenes mit den simplices wird aber nicht erwähnt.
Inzwischen legen die Überlegungen von Simonetti es nahe, den Anfang
des Streites in die erste Hälfte des 3. Jahrhunderts zu verlegen und schon für
diese Zeit die Frage nach einer möglichen Auseinandersetzung zwischen zwei
christlichen Traditionen zu stellen67.
Ohne daß wir uns verpflichtet fühlen, die Terminologie Simonettis zu übernehmen (siehe Anm. 47), scheint seine Unterscheidung zwischen zwei christlichen Traditionen der Wende vom 2. zum 3. Jahrhundert sowie die Rolle, die
Simonetti den Differenzen dieser Traditionen in der späteren Entwicklung der
origenistischen Streitigkeiten beimißt, auch für die Analyse der früheren Etappen des Konfliktes ein brauchbares Modell zu liefern.
2.4. Theologiegeschichtliche Hypothesen über die Ursprünge des
mönchischen Anthropomorphismus der Wende des 4. Jahrhunderts
Vor dem Hintergrund dieser Forschungsergebnisse fragen wir nun gezielt
nach den Traditionen, die einerseits schon im frühen 3. Jahrhundert hinter
dem die Begrifflichkeit des zwei-Kulturen-Modells deutlich zur Sprache kommt: „Non altrettanto pacifica fu la diffusione delle idee di Origene nel resto dell'Egitto e fuori, in Palestina
Arabia Siria Fenicia e oltre, dove lo spiritualismo di marca platonica, che ne rappresentava
la struttura portante, non era altrettanto di casa come ad Alessandria. Così, l'affermazione
dell'assoluta incorporeità di Dio contrastava concezioni materialiste della divinità, addirittura
in certi casi antropomorphe, vastamente diffuse a livello popolare e che in ambiente asiatico
avevano trovato sopporto anche nella filosofia stoica."
64
65
M . SIMONETTI, L a c o n t r o v e r s i a ( w i e A n m . 44), 9 - 1 0 .
Ebd., 7.
66
Ebd., 20.
67
In diesem Sinne wird das Modell Simonettis von Emanuela Prinzivalli erweitert; vgl.
z.B. E. PRINZIVALLI, Controversy (wie Anm. 43), 199: „No better proof of the great gap
between ,Asiatic' and Alexandrian cultures could be found than the mere reading of the
preface to De principiis."
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16 vutsrponmligedcaSMHE
Einleitung
den simpliciores68 stehen könnten, die Origenes zu einer Polemik gegen das
anthropomorphe Gottesbild 69 herausforderten, andererseits aber bis zum späten
4. Jahrhundert in der monastischen Überlieferung Ägyptens nachzuwirken vermochten. Soweit wir die aktuelle Forschungslage übersehen, ist dabei mit drei
Hypothesen zu rechnen.
2.4.1. Hl. Melito von Sardes
Zum einen wäre auf die schon oben (siehe Anm. 58) erwähnte Stelle aus sei.
in Gen., ad 1,26 des Origenes hinzuweisen 70 , der zufolge der hl. Melito von
Sardes die Gottebenbildlichkeit des Menschen (auch ?) mit seinem Leib ver68
Den Terminus gebrauchen wir hier und weiterhin im Sinne A. MONACIS, I molti (wie
Anm. 17), 117: „tutti i cristiani di condizione sociale e culturale modestissima, che non
uscivano dall'ordinario né nel campo délia scienza, né in quello del fervore religioso, ma
anche vescovi e teologi che a proposito di argomenti scritturistici e dottrinali la pensavano
diversamente da Origene."
69
Eine übergreifende Studie über den christlichen Anthropomorphismus fehlt bisher.
Außer den Lexikonartikeln (siehe G. BAREILLE, Art. Anthropomorphites, DThC I, Paris
1923, 1370-1372; A. LEHAUT, Anthropomorphites (wie Anm. 1); R. van der Leeuw, Art.
Anthropomorphismus, RAC I, Stuttgart 1950, 4 4 8 - 4 5 0 ; B. STUDER, Art. Antropomorfismo,
DPAC I, Casale Monferrato 1983, 262-264; J. TIMBIE, Art. Anthropomorphism, The Coptic
Encyclopedia I, New York u.a. 1991, 141 a - b ) ist auf das Verzeichnis der Stellen aus den
gegen die Anthropomorphiten polemisierenden christlichen Autoren bei E. DRIOTON, La
discussion d'un moine anthropomorphite audien avec le Patriarche Théophile d'Alexandrie
en l'année 399, ROC 20, 1915-1917, 116 n. 1 hinzuweisen. Das Problem wurde von D.L.
PAULSEN, Early Christian Belief in a Corporeal Deity: Origen and Augustine as Reluctant
Witnesses, HTR 83:2, 1990, 105-116; DERS., Reply to Kim Paffenroth's Comment, HTR
86:2, 1993, 2 3 5 - 2 3 9 und K. PAFFENROTH, Notes and Observations. Paulsen on Augustine:
An Incorporeal or Nonanthropomorphic God?, HTR 86:2, 1993, 2 3 3 - 2 3 5 diskutiert, ohne
daß jedoch ein greifbares Ergebnis erreicht wurde. In einem neuen, die Diskussion aufnehmenden Aufsatz belegen C.W. GRIFFIN und D.L. PAULSEN, Augustine and the Corporeality
of God, HTR 95:1, 2002, 9 7 - 1 1 8 die Existenz der christlichen Anthropomorphiten im 4.
Jahrhundert durch zahlreiche Texte des seligen Augustinus. Die Literatur zur Sekte der als
Anthropomorphiten bekannten Audianer ist bei G. G. STROUMSA, Jewish and Gnostic Traditions among the Audians, in: Sharing the Sacred. Religious Contacts and Conflicts in the
Holy Land, First-Fifteenth Centuries CE, ed. by A. Kofsky and G. G. Stroumsa, Jerusalem
1998, 98 n. 2 verzeichnet. Die jüdischen Parallelen zu der expliziten anthropomorphitischen
Theologie der pseudoclementinischen Homilie XVII 6, 2 - 1 2 sind bei SH. PINES, Points of
Similarity between the Exposition of the Doctrine of the Sefirot in the Sefer Yezira and a
Text of the Pseudo-Clementine Homilies. The Implications of this Resemblance, IASH.P VII
3, Jerusalem 1989, 63-141 und D . H . AARON, Shedding Light on God's Body in Rabbinic
Midrashim: Reflections on the Theory of a Luminous Adam, HTR 90:3, 1997, 309ff. (im
letzteren Aufsatz in Polemik mit A. GOSHEN GOTTSTEIN, The Body as Image of God in
Rabbinic Literature, HTR 87:2, 1994, 171-195) besprochen. Eine umfassende Deutung des
Phänomens im christlichen Milieu bietet A. GOLITZIN, Mistagogia - experienta lui Dumnezeu
in Orthodoxie. Studii de teologie misticâ, Sibiu 1998, 184-267 (darüber siehe das 2. Kapitel
der vorliegenden Arbeit).
70
Or. sel. in Gen., ad 1, 26 (PG 12,93 A - B ) : npo8icdr|7tT£ov Ttpoxepov, 7to0 auviaraToa TO
èv aœ^axt TÏ év v|fuxfj. "IScopev 8è Tipôtepov oîç xpcovrat
w irpcôxov X.éyovx6ç.
œv ê a t i Kod MEWXQV cruyYpct^aTa K<XTOIÀ.eA,oiJt(BÇ iiepi toi) èvarônaxov eîvoa tàv 0EÔV.
KA-u' E Î K Ô v a ,
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2. Die Vorgeschichte des Mönchskonfliktes
in Ägypten
17
band71. Gregor Wurst hat dieses Zeugnis des Origenes mit dem Kap. 56 der
1940 von C. Bonner entdeckten Pascha-Predigt des hl. Melito in Verbindung
gebracht, wo - nach der Auslegung von Wurst - die Worte E K E I T O 8 E eprmoc; TJ
toi)raxTpöi;EIKCOV 7 2 als auf den menschlichen Leib bezogen zu verstehen sind,
womit der Hinweis des Origenes eine Bestätigung bekommt 73 . Tragen wir nun
dem von Colin Roberts herausgestellten Umstand Rechnung, daß nämlich „the
Treatise on the Passion of Melito of Sardes ... occurs [in Ägypten] in three
Greek and two Coptic manuscripts within or just after our period" 74 (d. h. bis
zum ersten Drittel des 4. Jahrhunderts), so scheint die Frage berechtigt, ob nicht
der wie auch immer zu verstehende Anthropomorphismus der Mönche mit dem
Einfluß der melitonischen Literatur zu tun haben könnte 75 .
2.4.2. Hl. Irenaus von Lyon
Die zweite Hypothese geht in ihrem Kern ebenfalls auf den in der letzten Anmerkung erwähnten Vater Georges Florovsky zurück. „A venerable tradition,"
in der nach seiner Meinung die „anthropomorphitischen" Mönche standen, war
die Ebenbildtheologie des hl. Irenäus von Lyon, der zufolge der Mensch nach
dem Bild des Logos geschaffen wurde, der (= der Logos) in der Menschwerdung sowohl das wahre Ebenbild gezeigt, als auch das von dem Menschen
verlorene Gleichnis (o^icociq, vgl. Gen 1,26) befestigt hat76. Im Mittelpunkt
des Konfliktes stand, nach Florovsky, „the question ... about the Christological
orientation in prayer. To what extent, and in what manner, should prayer be
constantly anchored in the ,memory' of the historic Jesus, of Jesus ,in the
flesh'?"77 Dieser Ansatz Florovskys läßt sich mit dem Simonettis verbinden. In
71
Eusebius nennt in h.e. IV 26,2 unter den Werken des hl. Melito auch nepi ¿VGOJH&TO'U
Qecrß. Vgl. auch die Bemerkung des Gennad., Dog. IV (PL LVIII, 982B Elmenhorstius): Nihil
corporeum (sei. in trinitate credimus) ut Melito et Tertullianus, nihil corporaliter effigiatum,
ut Anthropomorphus et Vadianus.
72
Mel., pass. 56 (30, 395 Hall).
73
G. WURST, Die Homilie De anima et corpore, ein Werk des Meliton von Sardes?
Einleitung, synoptische Edition, Übersetzung, Kommentar. Bd. I. Synoptische Edition. Übersetzung. Bd. II. Einleitung. Kommentar (maschinenschriftl. Habilitationsschrift), Freiburg/
Schweiz 2000, Bd. II, 128-129, ebenda siehe Literatur zur Frage.
74
75
C. ROBERTS, M a n u s c r i p t s ( w i e A n m . 2 8 ) , 63.
Diese Idee ist bei G. FLOROVSKY, Anthropomorphites (wie Anm. 5), 94 angedeutet und
letztendlich ohne Besprechung zurückgewiesen.
76
G. FLOROVSKY, Anthropomorphites (wie Anm. 5), 95 verweist a u f h a e r . V 16,2.
77
G. FLOROVSKY, Anthropomorphites (wie Anm. 5), 93. Der Konzentration auf den historischen Jesus („Christ-mysticism") auf der Seite der „Anthropomorphiten" stellt Florovsky
die Bestrebung zum Transzendieren des fleischlichen auf der Seite der Nachfolger des Origenes
(„God mysticism": „on the higher stages of contemplation Origen claims to move beyond
the Incarnation, in order that the Divine glory of the Son would not be obscured by His oikonomia," ebd.). Die christologische Ausrichtung des Berichtes des hl. Johannes Cassianus, auf
dem G. Florovsky seine Interpretation des Konfliktes baut, wurde von C. STEWART, Cassian
the Monk (Oxford Studies in Historical Theologie), New York/Oxford, 1998, 95 f. bestätigt.
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18 vutsrqponmlihgedcbaEDB
Einleitung
seiner Gegenüberstellung der „asiatischen" und der „alexandrinischen" christlichen Kultur kommt nämlich Simonetti auch auf die Unterschiede in der Mystik
zu sprechen. Seine kurze Bemerkung lautet wie folgt: „i primi rappresentanti
della mistica cristiana sono nell'antichità tutti di formazione alessandrina, da
Origene a Gregorio di Nissa, e prima di loro la stessa aspirazione dell'anima
alla liberazione dal corpo si avverte in Filone. La spiritualità degli asiatici,
in quanto vincolata a un'antropologia meno divisiva di quella platonica e di
impostazione materialista, ha dovuta prendere necessariamente altre strade." 78
Neben der abweichenden Rolle des Körpers in den beiden Traditionen wäre
auch auf die von Wladimir Lossky in seinem Buch über die visio Dei in der
christlichen Tradition angedeutete Opposition zwischen der alexandrinischen
intellektuellen Schau Gottes und der eschatologischen Schau des Vaters bei
dem hl. Irenäus aufmerksam zu machen 79 . Angesichts von solchen Stellen wie
z.B. haer. IV 20,580 ist u.E. im Rahmen des Möglichen, nach dem eventuellen
Weiterleben der Mystik des hl. Irenäus in der uns weitgehend unbekannten
monastischen Tradition der sogenannten Anthropomorphiten zu fragen.
Dies löst aber noch nicht das Problem des Selbstverständnisses der „Anthropomorphiten":
„Whether such a group actually existed or would have recognized itself as believing what
Cassian and others attribute to them is a central question in recent scholarship on the Egyptian
phase of the Origenist controversy," C. STEWART, a.a.O., 88 n. 16.
78
79
M . SIMONETTI, M o d e l l i ( w i e A n m . 4 4 ) , 3 3 0 .
W. LOSSKY, Schau Gottes (BOTK 2), Zürich 1964, 41. Die beiden Themen sind miteinander verknüpft, vgl. z.B. haer. II 30,7 und A. ORBE, Introducción a la teología de los
siglos II y III, (AnGr 248), Roma 1987, t. II, 1037: „Ireneo tenía empeño en que la Salud
única (por visión de Dios) fuera asequibile a todos ¡os hombres, y a todo el hombre - en
cuerpo, alma y espíritu." Zum Thema Schau Gottes bei dem hl. Irenäus im allgemeinen
siehe E. BAERT, Het thema van de zalige godsaanschouwing in de griekse patristiek tot
Orígenes, in: TTh 1, 1961, 297-299; R. TREMBLAY, La manifestation et la vision de Dieu
selon saint Irénée de Lyon (MBTh 41), Münster (Westfalen) 1978; A. ORBE, Vision del
Padre e incorruptela según San Ireneo, in: Gr. 64, 1983, 199-241 und Y. DE ANDIA, Homo
vivens. Incorruptibilité et divinisation de l'homme selon Irénée de Lyon (EAug), Paris 1986,
321-332; weitere Literatur ist bei de Andia, a.a.O., 322 n. 1 verzeichnet.
80
Iren., haer. IV 20,5 (SC C /2, 636,93-638,114 Rousseau): Haec prophetice significabant
prophetae, sed non quemadmodum quidam dicunt, invisibili Pâtre omnium exsistente, alteram
esse eum qui a prophetis videretur. Hoc autem dicunt qui in totum quid sit prophetia nesciunt. Nam prophetia est praedictio futurorum, hoc est eorum quae post erunt praesignificatio.
Praesignificabant igitur prophetae quoniam videbitur Deus ab hominibus, quemadmodum et
Dominus ait: Beati mundo corde, quoniam ipsi Deum videbunt. Sed secundum magnitudinem
quidem ejus et inenarrabilem gloriam nemo videbit Deum et vivet, incapabilis enim Pater,
secundum autem dilectionem et humanitatem et quod omnia possit, etiam hoc concedit his
qui se diligunt, id est videre Deum, quod et prophetabant prophetae: quoniam quae impossibilia sunt apud homines possibilia apud Deum. Homo etenim a se non videbit Deum; ille
autem volens videbitur hominibus, quibus vult et quando vult et quemadmodum vult: potens
est enim in omnibus Deus, visus quidem tunc per Spiritum prophetice, visus autem et per
Filium adoptive, videbitur autem et in regno caelorum paternaliter ...
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2. Die Vorgeschichte des Mönchskonfliktes in Ägypten
19
2.4.3. Alttestamentliche und jüdische Wurzeln
N a c h der dritten zu nennenden Hypothese sind die Wurzeln des christlichen A n t h r o p o m o r p h i s m u s im Alten Testament und in der j ü d i s c h e n Mystik zu suchen.
Dieser Gesichtspunkt wurde in einem Vortrag auf der patristischen Tagung in
O x f o r d im August 1999 von Alexander Golitzin vorgeschlagen, der ihn bereits
1998 in seinem auf Rumänisch erschienenen Buch über die E r f a h r u n g Gottes
in der Orthodoxen Kirche formuliert hat 81 .
Der A u s g a n g s p u n k t f ü r die A u s f u h r u n g e n Golitzins bildet seine Auslegung der Gottesvision im Buch Ezechiel 1,26-27, in der er auf die Wiederholung des Wortes m a l (Gleichnis) im Vers 26 ( m a l DIN n « n 0 3 ) und im Vers
28 ( m m TOD m a l m o a Sin) a u f m e r k s a m macht 8 2 . Golitzin unterstreicht „die
Identifikation" von m a l gleichzeitig mit der menschlichen Gestalt und mit der
Erscheinung der göttlichen Herrlichkeit." 8 3 Diese Identifikation legt Golitzin
seiner Interpretation von Gen 1 , 2 6 - 2 7 zugrunde: „The imago of Genesis 1 : 2 6 - 2 7
is linked thus - in all likelihood - to the theophany tradition, in particular ... to
the kevod YHWH, and carries a definite physical sense, that is, it refers to the
human body and so at the least suggests that G o d himself also has a body." 8 4
Im A n s c h l u ß an G e r s h o m Scholem und seine m o d e r n e n N a c h f o l g e r weist
Golitzin auf das Weiterleben der Tradition der mystischen Schau des göttlichen
Leibes im rabbinischen Judentum, in der frühen j ü d i s c h e n mystischen Literatur
(Hekhalot- und S h i ' u r Qomah-Literatur), in der f r ü h e n j ü d i s c h e n Apokalyptik
sowie im N e u e n Testament hin 85 . Als neutestamentliche Belege dieser Tradition
fuhrt Golitzin unter anderem 1 K o r 2,8 an, w o Christus „Herr der Herrlichkeit"
genannt wird. A u f g r u n d dieser und anderer neutestamentlicher Stellen (2 K o r
3 , 7 - 4 , 6 ; 2 K o r 12,1-7; 2 K o r 12; Act 9 und 22) n i m m t Golitzin im A n s c h l u ß
an Alan Segal die Möglichkeit der Bekanntschaft des hl. Apostels Paulus mit
der Tradition der M e r k a b a h - M y s t i k an. Wichtig f ü r Golitzin ist auch die Inter-
81
Siehe A. GOLITZIN, Mistagogia (wie Anm. 69), 184-267; DERS., The Vision of God and
Form of the Glory: Reflections on the Anthropomorphite Controversy of AD 399 (Vortrag
auf der internationalen patristischen Tagung in Oxford im August 1999). Wir möchten Vater
Alexander Golitzin für die Bereitstellung dieser beiden Untersuchungen sowie der englischen
Urfassung entsprechender Partien aus seinem rumänischen Buch recht herzlich danken. Die
unten vorgestellen Thesen liegen den beiden neueren Aufsätzen Golitzins zugrunde, vgl. „The
Demons suggest an Illusion of God's Glory in a Form": Controversy over the Divine Body
and Vision of Glory in some late fourth, early fifth Century monastic Literature, StMon 44,
2002, 13-43; The Vision of God and Form of the Glory: Reflections on the Anthropomorphite
Controversy of AD 399, in: A. LOUTH/J. BEHR (HRSGG.), Abba: The Tradition of Orthodoxy
in the West. FS Bishop Kallistos (Ware) of Diokleia, Chesterwood NY: St Vladimir's Seminary
Press, 2003, 2 7 3 - 2 9 7 .
82
A . GOLITZIN, V i s i o n ( w i e A n m . 81).
83
A . GOLITZIN, V i s i o n ( w i e A n m . 81).
84
A . GOLITZIN, V i s i o n ( w i e A n m . 81).
85
A . GOLITZIN, Vision ( w i e A n m . 81).
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
20 yvutsrponmlkihgfedcaZHEA
Einleitung
pretation von Phil 2,6 durch Gilles Quispel 86 . Der Einfluß der Tradition der
mystischen Schau der in menschlicher Gestalt erscheinenden Herrlichkeit Gottes, die in der späteren christlichen Tradition mit der zweiten Person der Hl.
Dreifaltigkeit identifiziert wurde, ist, nach Golitzin, auch im frühen christlichen
Mönchtum feststellbar 87 .
Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen bietet Golitzin seine Erklärung
des Konfliktes in der ägyptischen Wüste. Der entscheidende Grund für diese
Kontroverse war, nach Golitzin, „the paradigm shift", den das 1. Ökumenische
Konzil mit der Formulierung des Terminus öp.oo'uaioi; in die Wege geleitet hat:
„For our purposes at least, this development also affected the traditions of the
Glory by way of cementing the latter's transition from a term intimately associated with and occasionally identifying the Second Person, the „heavenly
man", to its employment as a synonym for the shared light of the consubstantial
Trinity ... this shift ... meant that a most ancient way of understanding and
approaching the Christian mystery had become an anachronism." 88
Zur Untermauerung seiner These bringt Golitzin zahlreiche Beispiele aus der
frühen christlichen Literatur, von denen wir auf seine Analyse der Geschichte
über die Bekehrung des Anthropomorphiten Sarapion (Coll. X 2 - 3 des hl.
Johannes Cassian) 89 , auf die der Vita des sei. Aphu von Pemdje 90 , sowie auf
weitere Beispiele aus der monastischen Literatur Ägyptens (pachomianische
Tradition", Historia monachorum in Aegypton, Apophthegmata patrumn und
Briefe des hl. Ammonas 94 ) aufmerksam machen möchten.
2.5.
Zusammenfassung
Wie man sieht, fügen sich alle drei vorgestellten Hypothesen über die eventuellen Wurzeln des mönchischen Anthropomorphismus entweder in das Modell der
Entstehung des Konfliktes zwischen Origenes und den Anthropomorphiten seiner
Zeit aus den inneren Spannungen in der frühen alexandrinischen Gemeinde mit
ihrer mannigfaltigen Zusammensetzung und ihren starken jüdischen Einflüssen
oder in das etwas modifizierte Modell Simonettis, nach dem der Anfang des
Zusammenstoßes zwischen der alexandrinischen und der nicht alexandrinischen
Tradition in die Zeit des Origenes zu verlagern ist. Das gerade herausgestellte
86
Golitzin zitiert aus G. QUISPEL, Ezekiel 1:26 in Jewish Mysticism and Gnosis, VigChr
34, 1980, 9: „The implication of the morphe is obviously that it is the divine body, identical
with the kavod, Glory, and equivalent with the eikon."
87
A . G O L I T Z I N , V i s i o n ( w i e A n m . 8 1 ) u n d DERS., M i s t a g o g i a ( w i e A n m . 6 9 ) , 1 8 5 .
88
A. GOLITZIN, Vision ( w i e A n m . 81).
89
A . G O L I T Z I N , V i s i o n ( w i e A n m . 8 1 ) u n d DERS., M i s t a g o g i a ( w i e A n m . 6 9 ) ,
185-188.
90
A . G O L I T Z I N , V i s i o n ( w i e A n m . 8 1 ) u n d DERS., M i s t a g o g i a ( w i e A n m . 6 9 ) ,
192-196.
91
A. GOLITZIN, Mistagogia (wie Anm. 69), 201-204.
A.a.O., 204-205.
A.a.O., 197-201.
A.a.O., 205-208.
92
93
94
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i. Die Nachgeschichte
des Mönchskonfliktes
in Ägypten
21
Z u s a m m e n s p i e l der konkreten Hypothesen über die Ursprünge des monastischen
A n t h r o p o m o r p h i s m u s d e r W e n d e v o m 4. z u m 5. J a h r h u n d e r t m i t d e n T h e o r i e n
über die kontroverse Rezeption der gelehrten alexandrinischen Tradition charakterisiert die aktuelle Forschungslage auf d e m uns interessierenden Gebiet.
B e v o r wir nun die A u s g a n g s p u n k t e und Ziele unserer eigenen U n t e r s u c h u n g
f o r m u l i e r e n k ö n n e n , ist n o c h a u f d e n F o r s c h u n g s s t a n d i m B e r e i c h d e r N a c h g e s c h i c h t e d e s e r s t e n o r i g e n i s t i s c h e n S t r e i t e s in Ä g y p t e n h i n z u w e i s e n .
3. Die Nachgeschichte des Mönchskonfliktes im Ägypten
der Wende vom 4. zum 5. Jahrhundert
Die Weiterexistenz der „ A n t h r o p o m o r p h i t e n " u n d der Origenisten (bzw. der orig e n i s t i s c h g e s i n n t e n M ö n c h e ) in Ä g y p t e n im 5. J a h r h u n d e r t w i r d d u r c h d i e 1 9 8 5
erfolgte Publikation von langen Ausschnitten aus einer auf Koptisch verfassten
p o l e m i s c h e n S c h r i f t Contra
Origenistas
bezeugt, die mit großer Wahrschein-
l i c h k e i t d e m A b t d e s W e i s s e n K l o s t e r s in M i t t e l ä g y p t e n , S c h e n u t e ( t 4 5 1 o d e r
4 6 6 ) , z u z u s c h r e i b e n ist 9 5 . D e r H e r a u s g e b e r d e s S c h e n u t e - T e x t e s , T i t o O r l a n d i ,
m a c h t e a u f e i n e e b e n f a l l s k o p t i s c h ü b e r l i e f e r t e u n d in d a s 5. J a h r h u n d e r t z u
datierende Textsammlung a u f m e r k s a m - das sogenannte C o r p u s des Pseudo-
95
Die Zuschreibung an Schenute wurde von dem Herausgeber des Traktates Tito Orlandi
vorgeschlagen, siehe TITO ORLANDI, Introduzione, in: Shenute. Contra Origenistas. Testo
con introduzione e traduzione a cura di T. Orlandi, Unione Accademica Nazionale. Corpus dei
Manoscritti Copti Letterari, Roma 1985, 12 und DERS., A Catechesis against apocryphal Texts
by Shenute and the gnostic Texts of Nag Hammadi, in: HTR 75 (1982), 85-95. E. LUCCHESI,
Chénouté a-t-il écrit en grec? in: Mélanges Antoine Guillaumont. Contributions à l'étude des
christianismes orientaux, Cahiers d'Orientalisme 20, Genève 1988, 206-207, Anm. 10 und
DERS., 318 ou 319 pères de Nicée?, AnBoll 102, 1984, 396, Anm. 9 hat diese Zuschreibung
bestritten und als Verfasser Dioskur von Alexandrien vorgeschlagen (beides ohne Argumentation). Die schenutianische Verfasserschaft wurde indes kodikologisch von STEPHEN EMMEL,
Shenoute's literary Corpus: a codicological Reconstruction, in: Acts of the Fifth International
Congress of Coptic Studies, Washington, 12-15 August 1992, Vol. I I / l , ed. by D.W. Johnson,
Roma 1993, 159-161 bestätigt; siehe außerdem DERS., Theophilus's Festal Letter of 401 as
Quoted by Shenute, in: Divitiae Aegypti. Koptologische und verwandte Studien zu Ehren
von M. Krause, hrsg. von C. Fluck u.a., Wiesbaden 1995, 93, n. 1. Wir möchten an dieser
Stelle Herrn Prof. Emmel für den Hinweis auf seine beiden Artikel danken. Der Versuch von
B. M. LOURIÉ, Prière de Jésus au cours de filiation des sectes monophysites et une fausse
attribution à Chénouté, in: Acts XVIIIth International Congress of Byzantine Studies. Selected
Papers: Main and Communications, Moscow, 1991, Vol. II: History, Archaeology, Religion,
Theology, ed. by I. Sevcenko and G. Litavrin, Shepherdstown 1996, 367-374, vgl. DERS.,
Prizvanie Avraama. Ideja monasestva i ee voploschenie v Egipte, St.-Petersburg 2000, 105,
Anm. 199 Contra Origenistas mit den antitritheistischen Kreisen um den monophysitischen
Patriarch von Alexandrien Damian (578-606/607) in Verbindung zu setzen, hat Einspruch
gegen die vorgeschlagene Deutung des koptischen Textes hervorgerufen, siehe A. KHOSROYEV,
Rezension auf V.M. Lurje, Prizvanie Avraama. Ideja monasestva i ee voploscenie v Egipte
(St.-Petersburg: „Aletheia", 2000), Khristianskij Vostok 2 (VIII), 2001, 462-464.
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22 utrponligeaE
Einleitung
Agathonicus von Tarsus - , die unter anderem auch die für den Streit unter den
Mönchen am Ende des 4. Jahrhunderts eine zentrale Rolle spielende Frage nach
der Gestalt Gottes behandelt 96 . Es ist außerdem die sogenannte christologische
Katechese 97 desselben Schenute zu nennen, in der unter Bezug auf Gen 1,26
und 2,7 ein durch das Lesen der Werke des Origenes verursachter Unglaube
an die Realpräsenz des Leibes und des Blutes Christi im Hl. Abendmahl kritisiert und zurückgewiesen wird. Schließlich ist auch das Werk des hl. Cyrill
von Alexandrien „Gegen die Anthropomorphiten" 98 sowie auf seinen Brief an
die origenistischen Mönche aus Fua" hinzuweisen.
Soweit es uns bekannt ist, hat A. Grillmeier bis jetzt als einziger einen
Versuch unternommen, dieses Material (mit Ausnahme der beiden Werke des
hl. Cyrill) zu ordnen, allerdings nicht als die Nachgeschichte des ersten origenistischen Streites, sondern unter christologischem Gesichtspunkt 100 . Weil a
priori anzunehmen ist, daß die Nachgeschichte des origenistischen Streites in
Ägypten mit der theologischen Problematik des Konfliktes um 400 in einer
Relation stand, während sowohl die Gründe als auch die wirklichen Probleme
des Streites selbst bei weitem nicht geklärt sind, kann von einem umfassenden
Konzept der Nachgeschichte nicht gesprochen werden. Ihre Erforschung befindet sich noch im Stadium des Materialsammelns.
96
Siehe T. ORLANDI, Il dossier copto di Agatonico di Tarso: studio letterario e storico, in: Studies presented to Hans Jakob Polotsky, ed. by D.W.Young, Beacon Hill 1981,
269-299 und Der Papyruscodex saec. VI-VII der Phillippsbibliothek in Cheltenham, hgsg.
von W. E. CRUM (Schriften der Wissenschaftlichen Gesellschaft in Straßburg 18) Straßburg
1915.
97
Siehe L.Th. LEFORT, Cathéchèse Christologique de Chenoute, in: Zeitschrift fur
ägyptische Sprache und Altertumskunde 80, 1955, 4 0 - 4 5 .
98
Siehe PG 76,1065A-1132B und E.P. MEIJERING, Some Reflections on Cyril of
Alexandria's Rejection of Anthropomorphism, in: NedThT 28, 1974, 295-301.
99
Siehe PG 77,372D-373D und E. HONIGMANN, The Monks of Fua, Addresses of a
Letter from st. Cyril of Alexandria (412-444 A.D.), in: DERS., Patristic Studies (StT 173),
Città del Vaticano 1953, 52-53.
100
Siehe A. GRILLMEIER, Jesus der Christus im Glauben der Kirche. Bd. 2/4. Die Kirche
von Alexandrien mit Nubien und Äthiopien nach 451, unter Mitarbeit von Th. Hainthaler,
Freiburg/Br. et al., 1990, 170-234. Das Problem der Nachwirkung des ersten origenistischen
Streites in Ägypten wurde neulich von David BRAKKE, The Egyptian Afterlife of Origenism:
Conflicts over Embodiment in Coptic Sermons, in: OCP 66, 2000, 277-293 angesprochen,
der auf die Bedeutung der koptischen homiletischen Literatur für ihre Erforschung hinweist.
E. LUCCHESI, Le dossier d'Apa Zénobe. Addenda et corrigenda, AnBoll 117, 1999, 67-80
hat ferner auf die bisher nicht identifizierten Teile aus der Vita des Archimandriten Zenobius (David JOHNSON, The Dossier of Aba Zenobius, in: Or. 58, 1989, 193-212 hält es für
möglich, daß Zenobius nach dem Tode von Besa [nach 474] Leiter des Weißen Klosters bei
Atripe war) aufmerksam gemacht, wo Zenobius gegen die origenistische Auferstehungslehre
polemisiert (a.a.O., 70-71 ). Schließlich ist der von H. THOMPSON, Dioscorus and Shenute, in:
Recueil d'Etudes Egyptologiques dédiées à la mémoire de J.-Fr. Champollion, à l'occasion
du centenaire de la lettre à M. Dacier, BEHE 234, Paris 1922, 367-376 edierte Brief des
alexandrinischen Patriarchen (444-451) Dioskur an Schenute zu erwähnen, wo von dem
origenistisch gesinnten Priester Elias die Rede ist.
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4. Allgemeine Zusammenfassung
und Ziele der Arbeit
23
4. Allgemeine Zusammenfassung und Ziele der Arbeit
Den skizzierten Forschungsstand überblickend möchten wir als erstes festhalten, daß die Interpretation des monastischen Anthropomorphismus unmittelbar
von dem Fortschritt in der Erforschung des christlichen, wenn nicht vielleicht
des antiken Anthropomorphismus abhängt. Die letzten beiden Gebiete bieten
aber dem Forscher eine bis jetzt kaum einigermaßen erschöpfend abgesteckte
Menge an Quellen. Erst das sorgfaltige Sortieren und Analysieren der Texte,
die uns von den Anthropomorphiten berichten, wird eine zuverlässige Basis
für eine zukünftige Erklärung dieses Phänomens gewähren. Diese einfache
Einsicht hat auch die Wahl der Methodik für die vorliegende Arbeit entscheidend beeinflußt.
Im Mittelpunkt unserer Untersuchung stehen zwei koptisch-sahidische Texte:
De anima et corpore des Pseudo-Athanasius und die Vita des seligen Aphu
von Pemdje. Die neueste Untersuchung der pseudo-athanasianischen Homilie
von Wurst hat die schon länger bestehende Vermutung einer unmittelbaren
Abhängigkeit der griechischen Urfassung dieses Textes von dem hl. Melito
von Sardes bestärkt101. Im Lichte der oben skizzierten Forschungsgeschichte
des ägyptischen monastischen Anthropomorphismus (siehe Einleitung der
vorliegenden Untersuchung, Abschnitt 2.4) läßt ein auf Koptisch überlieferter
Text vermutlich melitonischen Ursprungs die Frage aufkommen, in welchem
Verhältnis er zu den Streitigkeiten der Wende vom 4. zum 5. Jahrhundert gestanden haben mag. Dieser Frage versuchen wir im ersten Kapitel der Arbeit
nachzugehen, wobei wir als Ausgangspunkt das Problem der Auslegung der
Erschaffung des Menschen nach dem Ebenbild Gottes in De anima et corpore
gewählt haben.
Im Unterschied zu der Homilie des Pseudo-Athanasius, die im Zusammenhang mit dem ersten origenistischen Streit nie untersucht worden ist, hat die
Vita des seligen Aphu gleich bei ihrer Veröffentlichung die Aufmerksamkeit
der Forscher in der genannten Hinsicht auf sich gelenkt102. Wie oben erwähnt,
macht sie auch A. Golitzin zu einem seiner wichtigen Zeugen für die von ihm
vorgeschlagene Deutung des Anthropomorphismus der ägyptischen Mönche als
Mystik des praeinkarnierten Leibes der zweiten Person der Heiligen Dreifaltigkeit. Der text- und kontextnahen Analyse der genauen Aussage dieses Werkes
über die Gottebenbildlichkeit des Menschen sowie der Auseinandersetzung mit
der These Golitzins ist das zweite Kapitel der Arbeit gewidmet.
Sowohl bei den gewählten Fragestellungen als auch bei der Textanalyse
haben wir nicht versucht, die beiden Texte aufeinander zu beziehen. Unsere
101
Siehe G. WURST, Homilie (wie Anm. 73), Bd. II, 103-104; zum Stand der Forschung
siehe die vorliegende Arbeit, Kapitel I, Abschnitt 1.
102
Zum Stand der Forschung der Vita siehe die vorliegende Arbeit, Kapitel II, Abschnitt 5.
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24 utnligeE
Einleitung
Untersuchung stellt vielmehr einen Versuch dar, auf die von der aktuellen Forschung aufgeworfenen Fragen eine Antwort aufgrund der Selbstzeugnisse der
Quellen zu geben, womit wir den Mangel an feststehenden Tatsachen gegenüber
den geäußerten Theorien auf dem Gebiet der Erforschung des monastischen
Anthropomorphismus zu beheben versuchen möchten. Die beiden Kapitel
sind jedoch durch eine übergreifende Fragestellung nach dem Verständnis der
menschlichen Gottebenbildlichkeit im koptischen Ägypten des 4.-5. christlichen Jahrhunderts verbunden.
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
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Kapitel I
Die Erschaffung des Menschen nach dem Ebenbild Gottes
und einige ihrer Implikationen in der
pseudo-athanasianischen Homilie De anima et corpore
Im folgenden Kapitel wird der Versuch unternommen, die Exegese von der
Erschaffung des Menschen nach dem Ebenbild Gottes (Gen 1,26; 2,7) mit
ihren wichtigsten Implikationen anhand der pseudo-athanasianischen Homilie
De anima et corpore herauszuarbeiten. Bei der Behandlung der Homilie nehmen wir als Ausgangspunkt die Meinung Tito Orlandis auf, der diesen Text,
dessen Übersetzung ins Koptische er „ungefähr ins 4. Jahrhundert" datiert, mit
den nichtorigenistischen monastischen Kreisen Mittelägyptens in Verbindung
bringt103. Diese von Orlandi nicht weiter ausgeführte These möchten wir zunächst mit den Ergebnissen der neuesten textgeschichtlichen Forschung der
weit verzweigten De anima et corpore-Überlieferung konfrontieren, was uns
dazu fuhren wird, die in der Homilie zum Ausdruck gebrachten Aussagen
über die Erschaffung des Menschen nach dem Ebenbild Gottes aufgrund der
textkritischen Untersuchung des Textes nach unterschiedlichen Rezensionen zu
ordnen. Die somit aufgestellte Frage nach der Fortschreibung der koptischen
Predigt wird uns im letzten Teil des Kapitels wiederum zur oben genannten
These Orlandis zurückführen.
1. Zum Stand der Forschung
Der koptische Text der in einer einzigen Handschrift überlieferten Homilie wurde
1910 von E.A.W. Budge herausgegeben 104 . Mit gewissen Bedenken möchte
der Herausgeber den die Homilie enthaltenden Papyruskodex nach den paläographischen Angaben in das 7. Jahrhundert datieren 105 . Entsprechend dem Titel
103
T. O R L A N D I , La tradizione di Melitone in Egitto e l'omelia De anima et corpore, in:
Aug. 37, 1997, 38.
104
Siehe E.A.W. B U D G E ( H R S G . ) , Coptic Homilies in the Dialect of Upper Egypt Edited
from the Papyrus Codex Oriental 5001 in the British Museum, London 1910 (Reprint New
York 1977), 115-132 (Text), 258-274 (englische Übersetzung). Die Mangelhaftigkeit der
Edition ist ausführlich bei O. VON L E M M , Z U Budge's Ausgabe koptischer Homilien, in:
Bulletin de l'Académie Impériale des Sciences de St.-Pétersbourg 1910, Koptische Miscellen
LXXXIV-XC. Von Oscar von Lemm, 1115-1117 nachgewiesen.
105
E.A.W. BUDGE, Homilies (wie Anm. 104), XX.
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26 yutsrponmlihgfedcbaMKIGFED
Kapitel I: Die Erschaffung des Menschen nach dem Ebenbild Gottes
der Homilie, „Ein Wort (/ayyoq)106, welches der heilige Patriarch (TraxpidpxTiq)
Apa Athanasius, der Erzbischof (äpxr|£7iiGKcmo<;) von Rakote (= Alexandrien)
über die Seele (\|/d%ii) und den Leib (orö^a) gesprochen hat", ist der hl. Athanasius von Alexandria (f373) als Verfasser anzusehen. Im selben Band hat
Budge außerdem eine syrische, bedeutend kürzere Fassung derselben Homilie
unter dem Namen „Über die Menschwerdung unseres Herrn und über die Seele
und den Leib" nach einem Manuskript des Britischen Museums, Brit. Lib. addit. 17192 fol. 278 r -282 r , ediert107, die die Verfasserschaft dem Vorgänger des
Athanasius auf dem bischöflichen Stuhl Alexandrias, dem hl. Alexander von
Alexandria (|328), zuschreibt.
Seit 1844 war außerdem eine weitere, ebenfalls den Namen des hl. Alexander als ihren Autors tragende syrische Homilie „Über die Seele und den Leib
und über das Leiden unseres Herrn" bekannt 108 , die sich von der von Budge
herausgegebenen syrischen Homilie „Über die Menschwerdung unseres Herrn
und über die Seele und den Leib" nur durch unbedeutende Lesarten unterscheidet. Sowohl der koptische Text als auch die beiden syrischen Homilien
demonstrieren eine deutliche Zweiteilung, die inhaltlich ungefähr dem Titel
der früher edierten syrischen Homilie „Über die Seele und den Leib und über
die Leiden des Herrn" entspricht, d.h. dem anthropologischen Teil folgt ein
christologischer.
Im Kodex Vat. Syr. 368 folgt der von Kardinal Mai herausgegebenen Homilie
„Über die Seele und den Leib und über die Leiden des Herrn" ein sogenanntes
Additamentum 109 , das einigen Abschnitten des zweiten Teiles der Homilientradition nahesteht, doch bedeutende Abweichungen aufweist. Das auch in anderen
Handschriften und in anderen Sprachen überlieferte Additamentummaterial 110
hat große Ähnlichkeit mit dem zweiten Teil eines Fragmentes aus einem
syrischen christologischen Florilegium des 6. Jahrhunderts, dem Florilegium
106
Die griechischen Entlehnungen im koptischen Text werden herkömmlicherweise in
ihrer griechischen Form in Klammern hinzugefügt.
107
E.A.W. BUDGE, Homilies (wie Anm. 104), 407-415 (Text), 417-424 (englische Übersetzung). Nach W. WRIGHT, Catalogue of Syriac Manuscripts in the British Museum Acquired
since the Year 1838, Part II, London 1871, 778a ist die Handschrift in das 9. Jahrhundert zu
datieren.
108
Der syrische Text ist nach dem Kodex Vat. Syr. 368 herausgegeben worden von A. MAI,
Novae patrum bibliothecae tomus secundus continens s. Cyrilii Alexandrini Commentarium in
s. Lucae evangelium nec non eiusdem alia opuscula XVI item diversorum patrum opuscula
X, Roma 1844, 529-539 = PG XVIII 583-604.
109
A. MAI, Bibliotheca (wie Anm. 108), 539-540 = PG XVIII 604-608.
110
Die zweite Version des Additamentums ist im Florilegium Edessenum
anonymum,
Nr. 77 überliefert, siehe I. RUCKER, Florilegium Edessenum anonymum (syriace ante 562),
SBAW.PH 1933 /V, München 1933,74 f. Zur weiteren Überlieferung des Additamentums siehe
S. HALL (ed.), Melito of Sardis. On Pascha and Fragments, OECT, Oxford 1979, XXXV;
P. NAUTIN, Le dossier d'Hippolyte et de Méliton dans les florilèges dogmatiques et chez
les historiens modernes (Patristica 1), Paris 1953, 56-57, G. WURST, Homilie, Bd. II (wie
Anm. 73), 59-60.
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l. Zum Stand der Forschung
27
Edessenum anonymum, wo es unter dem Lemma „von Melito, dem Bischof
von Sardes, aus der [Rede] über die Seele und den Leib" zitiert ist" 1 . Das
letztgenannte Fragment stellt einen Auszug aus dem zweiten christologischen
Teil der Homilientradition dar.
Die beiden syrischen Homilien, die Additamentumtradition, die verzweigte
vorwiegend syrische Überlieferung des oben erwähnten 13. Melito-Fragmentes und die Textzeugen des 14., 15. und 16. Fragments des hl. Melito wurden
noch 1888 von Gustav Krüger in einem Artikel analysiert, der mit einer auch
für die spätere Forschung aktuell gebliebenen Frage „Melito von Sardes oder
Alexander von Alexandria?" betitelt war" 2 . Krüger, der den erst 1910 edierten
koptischen Text des Pseudo-Athanasius nicht kennen konnte, kommt zum Ergebnis, daß die bei Otto unter den Nummern 13, 14, 15 und 16 abgedruckten
Fragmente" 3 einer Schrift des hl. Melito von Sardes Ttepi \|/vx"n? Kai awiraToc, xiaK
Kai Jiepi xov raxBog (oder eiq xö náOoq) zugesprochen werden können. Was die
syrischen Homilien anbetrifft, so macht es Krüger sehr wahrscheinlich, daß
es sich dabei um eine auf den hl. Alexander von Alexandria zurückgehende
Überarbeitung derselben Schrift des hl. Melito handelt, zu der auch das Additamentum gehört" 4 .
1913 edierte Hermann Jordan drei dem hl. Irenäus von Lyon zugeschriebene
Fragmente, die der altarmenisch überlieferten Schrift des monophysitisehen Patriarchen von Alexandrien, Timotheus Aelurus (um 460), entnommen sind" 5 .
Die Fragmente 2 und 3 nach der Zählung Jordans, deren arabische und von der
arabischen abhängige äthiopische Fassung in einer nach mehreren Handschriften
hergestellten Edition der gleichen Publikation hinzugefügt wurden, zeigten bedeutende Übereinstimmungen mit den erwähnten Melitofragmenten und dem
Additamentum. Jordan berücksichtigt auch die koptische Homilie De anima et
corpore, die er mit den beiden syrischen Alexanderpredigten vergleicht" 6 . Der
'" Siehe I. RUCKER, Florilegium (wie Anm. 110), 12-14, Nr. 16-17 (mit griechischer
Retroversion); der Text ist bei J. Otto als 13. Melitofragment abgedruckt, siehe J.K.Th.
OTTO, Hermiae Philosophi Irrisio gentilium philosophorum. Apologetarum Quadrati Aristidis
Aristonis Miltiadis Melitonis Apollinaris reliquiae, Corpus apologetarum christianorum saeculi
secundi 9, Jena 1872, 497 (syrischer Text), 419 (lateinische Übersetzung). Das Verhältnis des
Fragmentes zum Additamentum wird bei G. WURST, Homilie, Bd. II (wie Anm. 73), 76-79
diskutiert.
" 2 Siehe G. KRÜGER, Melito von Sardes oder Alexander von Alexandrien? in: ZWTh 31,
1888, 434-448; auf den Seiten 434-435 findet man Hinweise auf zeitgenössische Diskussion.
113
114
J. OTTO, C o r p u s ( w i e A n m . 111), I X , 4 1 9 f .
G. KRÜGER, Melito (wie Anm. 112), 440. Den Titel kombiniert Krüger aufgrund der
Angaben des Eusebius (h.e. IV 26,2) und des hl. Anastasius Sinaita. Zum Problem siehe
S. HALL, On Pascha (wie Anm. 110), XIV n. 3 und O. PERLER, Recherches sur le Peri Pascha
de Méliton, in: RSR 51, 1963, 420-421.
115
Siehe H. JORDAN, Armenische Irenaeusfragmente, TU 36,3, Leipzig 1913, 3 - 8 (armenischer Text); 56-108 (deutsche Übersetzung und Untersuchung).
116
H. JORDAN, Irenaeusfragmente (wie Anm. 115), 97-98.
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28 yutsrponmlihgfedcbaPMKIGFEDA
Kapitel I: Die Erschaffung des Menschen nach dem Ebenbild Gottes
größere Umfang der koptischen Rezension geht, nach Jordan, nicht auf eine
oder wenige Erweiterungen an bestimmten Stellen zurück, sondern auf viele
kleine Veränderungen, verteilt über die ganze Predigt. Jordan stellt der Meinung
Budges" 7 , die syrischen Predigten wären „extracts" der längeren Fassung, seinen
Eindruck gegenüber, daß „die koptische Recension eine ausgeführte Paraphrase
zu der syrischen Recension darstellt mit Ausspinnen und predigtartigem Fortführen fast aller in der syrischen Recension gegebenen Gedanken"" 8 .
Nach H. Jordan blieb das Material des koptischen Pseudo-Athanasius vierzig
Jahre lang von den Wissenschaftlern unbeachtet. Erst 1953 hat Pierre Nautin die
koptische Homilie mit den beiden syrischen Homilien, dem Additamentum und
dem Befund des Florilegium Edessenum Anonymum verglichen. Dabei erwiesen
sich die abweichenden Lesarten des Additamentums als von dem Wortlaut des
koptischen Textes bestätigt, was Nautin gegen Krüger, der im Additamentum
ein Bruchstück des melitonischen Werkes rcepi xi/ujcA? Kai aa>|a.aTO<; Kai Jtepi XUTSRON
TOT) naGoi; (oder eiq XÖ TiaGoq) und eine Quelle für die beiden syrischen, auf
den hl. Alexander zurückgehenden Homilien sah" 9 , so ausgelegt hat, als wäre
das Additamentum eine ins Syrische übersetzte Reihe von Exzerpten vom
griechischen Text einer Homilie, von der auch der syrische Pseudo-Alexander
abhinge 120 . Diesen Urtext (dem zweiten christologischen Teil der syrischen
Homilien inhaltlich entsprechend) meinte Nautin in dem von ihm edierten
Pseudo-Epiphanius entdeckt zu haben 121 , eine These, die sich in der Wissenschaft nicht durchsetzen konnte. Nautin bezweifelte ebenfalls gegen Krüger
die Richtigkeit des Lemmas „Melito" im Florilegium Edessenum
Anonymum,
was ihn angesichts der großen stilistischen Ähnlichkeit zwischen dem von ihm
als Quelle für das Florilegiumfragment gehaltenen Pseudo-Epiphanius und der
1940 von C. Bonner veröffentlichten Homilie des hl. Melito De Pascha zur
Leugnung der melitonischen Verfasserschaft der letzteren führte 122 .
Vier Jahre nach Erscheinen der Studie von Nautin, in der der koptische Pseudo-Athanasius eher erwähnt als studiert worden war, veröffentlichte Wilhelm
Schneemelcher einen Artikel, den er unmittelbar der Frage nach dem möglichen Autor der Vorlage des koptischen Textes gewidmet hat123. Im ersten Teil
117
W. BUDGES, Horailies (wie Anm. 104), XLV.
H. JORDAN, Irenaeusfragmente (wie Anm. 115), 98; mit Hinweis auf Jordan wiederholt
bei I. RUCKER, Florilegium (wie Anm. 110), 78.
119
G. KRÜGER, Melito (wie Anm. 112), 440.
120
Siehe P. NAUTIN, Le dossier (wie Anm. 110), 58, 151-152.
121
P. NAUTIN, Le dossier (wie Anm. 110), 64, 152; Text des Pseudo-Epiphanius und die
französische Übersetzung 154-159.
122
P. NAUTIN, Le dossier (wie Anm. 110), 60-64, 153. Neben einigen Fehlinterpretationen
hat Nautin (wiederum gegen Krüger) richtig erkannt, daß die Ottoschen Fragmente 13-16
nicht zu einer und derselben Schrift angehören können.
123
Siehe W. SCHNEEMELCHER, Der Sermo „De anima et corpore" ein Werk Alexanders
von Alexandrien?, in: FS G. Dehn, Neukirchen, 1957, 119-143.
118
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1. Zum Stand der
Forschung
29
seiner Arbeit bringt Schneemelcher einen ausführlichen Beweis gegen die handschriftlich bezeugte Verfasserschaft der koptischen Homilie; in der Frage ihrer
Datierung hält er sich an die paläographischen Angaben des Herausgebers124.
Im zweiten Teil polemisiert Schneemelcher zunächst gegen die textkritischen
Vorschläge Nautins. Die Hypothese, der griechische Pseudo-Epiphanius sei
die Quelle für die syrischen Homilien, wird mit Hinweis auf die Zusammengehörigkeit der beiden Teile der Predigt sei es in ihrer koptischen oder syrischen
Gestalt zurückgewiesen, weil der Befund des Pseudo-Epiphanius ausschließlich
ihrem zweiten Teil entspricht125. Nach einer ausführlichen Analyse der gesamten
Textüberlieferung (syrische Homilien, komplizierte Additamentumtradition, relevante Melitofragmente in den Florilegien) zieht Schneemelcher das Fazit: „In
der Tradition, die ernsthaft in Betracht kommt, ist nur von Alexander und von
Melito die Rede, und um diese beiden Namen kann es allein gehen, wenn wir
nach dem Verfasser"126 fragen. Ohne die Verfasserfrage entscheiden zu wollen,
verweist Schneemelcher auf die auch für Nautin evidente Verwandtschaft der
zu untersuchenden Tradition mit der für ihn echt melitonischen Homilie De
Pascha127. Seine Schlußfolgerung lautet: „Die Verfasserfrage - Alexander oder
Melito oder beide? - wird nur durch eine genaue Interpretation des syrischen
Textes zu beantworten sein. ... Immerhin darf man schon jetzt so viel sagen,
daß die Krügersche Hypothese ... vielleicht nicht ganz abwegig ist. Es wäre
denkbar, daß tatsächlich Alexander eine frühere Predigt, die von Melito stammte,
benutzt hat."128 Zur Textgestalt des koptischen Sermo äußert sich Schneemelcher
eher beiläufig: sie sei „tatsächlich das Musterbeispiel einer Weiterentwicklung
einer vorgegebenen Predigt, die wir wenigstens in ihrer Grundstruktur aus der
syrischen Fassung erschließen können."129
Das bei Schneemelcher nur angedeutete Problem der Relation zwischen
De Pascha und dem in die Diskussion um den melitonischen Text De anima
et corpore und seine Bearbeitungen einbezogenen Material wird in einem Artikel von Othmar Perler wieder aufgenommen. Nach detailliertem Vergleich
der verwandten Themen stellt Perler eine offenkundige „dépendance littéraire"
124
W. SCHNEEMELCHER, Der Sermo (wie Anm. 123), 128-133. Zum möglichen Redaktionsmilieu bemerkt Schneemelcher: „Ob sie in einem Kloster bearbeitet ist, läßt sich nicht
sagen, ist aber wahrscheinlich" (a.a.O., 133). Das klösterliche Verbreitungsmilieu des ganzen
Kodex stand dagegen schon für seinen Herausgeber fest: „The Homilies in it were, no doubt,
read to the monks evening by evening", W. BUDGE, Homilies (wie Anm. 104), XV.
125
W. SCHNEEMELCHER, Der Sermo (wie Anm. 123), 137-138.
126
W. SCHNEEMELCHER, Der Sermo (wie Anm. 123), 139. Zur angeblichen Verfasserschaft
des hl. Athanasius bemerkt Schneemelcher, daß „man nicht fehlgehen wird, wenn man in
dem „Athanasius" des Kopten den „Alexander" des Syrers wiedererkennt. Der Übergang von
Alexander auf Athanasius lag nahe, da Athanasius der berühmtere von beiden war" (a.a.O.,
141).
127
W. SCHNEEMELCHER, Der Sermo (wie Anm. 123), 141-142.
128
129
W. SCHNEEMELCHER, D e r S e r m o ( w i e A n m . 123), 143.
W. SCHNEEMELCHER, D e r S e r m o ( w i e A n m . 123), 141.
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30 utsrponmlihgfedcbaPMKIGED
Kapitel I: Die Erschaffung des Menschen nach dem Ebenbild Gottes
zwischen den beiden Texten (De Pascha und De anima et corpore) fest130, die
er als Beweis fiir die melitonische Verfasserschaft von De Pascha benutzt131.
In der Frage nach der Verfasserschaft von De anima et corpore schließt er sich
der oben zitierten Meinung Schneemelchers an132. Als ein weiteres Argument
für den melitonischen Ursprung von De anima et corpore liefert Perler eine
wichtige Beobachtung zum Verhältnis zwischen dem Inhalt der Homilie und
dem bei Eusebius überlieferten und mit der Homilie in Verbindung gesetzten
Titel einer melitonischen Schrift. In der in h.e. IV 26,2 angeführten Liste der
Werke des hl. Melito liest sich nämlich der entsprechende Titel als ó Jiepi xwvutsronm
i|/D%ijç K a i G û ) | i a i o ç T|vevoia (sie). Das letzte Wort war von E. Schwartz in f)
évôç und von G. Bardy in évraoecoç korrigiert worden133. Perler bringt diesen verbesserten Titel in Zusammenhang mit dem Inhalt der (sowohl syrisch als auch
koptisch überlieferten) Homilie, wo es sich im ersten Teil um die Einheit des
Leibes und der Seele und um ihre Trennung nach dem Sündenfall, im zweiten
Teil um ihre Wiedervereinigung (évwaecoç ?) im menschgewordenen und auferstandenen Christus handelt, und hält die beiden vorgeschlagenen Konjekturen
für möglich, wobei der Vorschlag Bardys, wenn auch sachlich einleuchtender,
doch aus paläographisehen Gründen weniger plausibel erscheint134.
1972 wurden von Michel van Esbroeck drei Fragmente des hl. Melito von
Sardes aus einem altgeorgischen Homiliar des 10. Jahrhunderts herausgegeben, von denen das zweite den vollständigen zweiten christologischen Teil
der Homilientradition bietet135. Der Vergleich des neugefundenen Stückes mit
dem Additamentum hat gezeigt, daß jenes zweite Fragment das Additamentummaterial enthält und darüber hinaus zwei Stellen (Zz. 88-114 und 150-173)
aufweist, die im Additamentum fehlen. Im Anschluß an Schneemelcher und
Perler (siehe oben, Anm. 128 und 132) wertete van Esbroeck diesen Befund
wie folgt: „le texte géorgien s'impose comme la traduction du modèle sur lequel
Alexandre d'Alexandrie a construit sa propre homélie. ... Il n'y a aucune raison
de refuser d'y voir le témoin le plus complet, à ce jour, du traité de Méliton de
Sardes."136 Das erste von ihm edierte Fragment137 hielt van Esbroeck für den
Anfang des melitonischen Werkes De anima et corporen%.
Der nächste Schritt in der Erforschung der pseudo-athanasianischen Homilie wurde in der Magisterarbeit von Heike Behlmer-Loprieno getan. Über die
130
O . PERLER, R e c h e r c h e s ( w i e A n m . 114), 4 1 7 .
131
O . PERLER, R e c h e r c h e s ( w i e A n m . 114), 4 2 0 .
132
O . P E R L E R , R e c h e r c h e s ( w i e A n m . 1 1 4 ) , 4 2 1 , A n m . 11.
133
Zur Frage siehe Anm. 114.
134
O. PERLER, Recherches (wie Anm. 114), 4 2 0 - 4 2 1 .
135
M. VAN ESBROECK, Nouveaux fragments de Méliton de Sardes dans une homélie
géorgienne sur la Croix, in: AnBoll 90, 1972, 7 4 - 8 4 = Fragment II, Z. 2 9 - 1 7 3 .
136
M . VAN E S B R O E C K , F r a g m e n t s ( w i e A n m . 1 3 5 ) , 6 9 .
137
M . VAN E S B R O E C K , F r a g m e n t s ( w i e A n m . 1 3 5 ) , 7 2 .
138
M . VAN ESBROECK, Fragments (wie Anm. 135), 95, übernommen bei S. HALL, Melito
(wie Anm. 110), X X X I X .
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1. Zum Stand der Forschung
31
Grenzen des zu ihrer Zeit aktuellen Forschungsstandes hinaus geht ihr Hinweis auf zwei koptische Textzeugen, in denen sich einige mit De anima et
corpore verwandte Passagen finden139. Behlmer-Loprieno bietet ferner eine mit
Anmerkungen versehene, auf Mikrofilm basierende deutsche Übersetzung des
Textes140 sowie einen Abschnitt zu seinen orthographischen Besonderheiten141.
Im Appendix (S. 99 f f ) findet man Verzeichnisse der griechischen Wörter, der
Personennamen und der Orts- und abgeleiteten Völkernamen.
Der Verdienst, auf den koptischen Text der Homilie vom Standpunkt der
Geschichte der frühchristlichen Literatur aufmerksam gemacht zu haben, gehört dem italienischen Koptologen Tito Orlandi. In seiner kurzen Übersicht
über die koptische Literaturgeschichte erwähnt er De anima et corpore als
einen echt melitonischen Text, der, „wenn man nach seinen charakteristischen
theologischen Zügen urteilt", recht früh (2.-3. Jahrhundert) ins Koptische übersetzt worden sein dürfte142. Zusammen mit zwei anderen möglicherweise zur
gleichen Zeit entstandenen Übersetzungen (De Pascha des hl. Melito und De
templo Salomonis des Pseudo-Basilius) wurde De anima et corpore nach Orlandi
in bestimmten „probably monastic centers different from those of Nitria and
Scetis, and also from the Pachomians" gelesen. Das Besondere dieser Zentren
macht die Vorliebe für einfache Exegese kleinasiatischen Ursprungs mit materialistischen Zügen aus, die in Alexandrien immer mißbilligt wurde143. Orlandi
konkretisiert und entwickelt seine Hypothesen in einem 1997 erschienenen Artikel, den er der Erörterung des Problems der Melitoübersetzungen in Ägypten
und speziell dem koptischen Text von De anima et corpore gewidmet hat. Die
Datierung wird hier (wie im ersten Aufsatz ohne Begründung) verschoben:
„etwa 4. Jahrhundert". Als vermutlicher Ort, wo die koptischen Übersetzungen
des hl. Melito gelesen werden konnten, wird Mittelägypten genannt144. Ohne
auf die Textgeschichte der Homilie im einzelnen einzugehen und nur auf die
schon von Schneemelcher herausgestellte Zusammengehörigkeit der beiden
Teile (siehe oben Anm. 125) hinweisend, bringt Orlandi seine Überzeugung
139
H. BEHLMER-LOPRIENO, Eine dem Athanasius zugeschriebene koptische Predigt „De
anima et corpore" (MA phil., maschinenschriftl.), Göttingen 1982, 39; aufgearbeitet bei
G . WURST, H o m i l i e ( w i e A n m . 73), B d . II, 65.
140
H . BEHLMER-LOPRIENO, P r e d i g t ( w i e A n m . 139), 2 4 - 3 8 ( Ü b e r s e t z u n g ) , 4 1 - 6 3 ( A n -
merkungen).
141
142
H . BEHLMER-LOPRIENO, P r e d i g t ( w i e A n m . 139), 5 - 1 3 .
T. ORLANDI, Coptic Literature, in: The Roots of Egyptian Christianity, ed. by B.A.
Pearson and J.E. Goehring, Philadelphia 1986, 58; die Begründung der Datierung fehlt. In
der wissenschaftlichen Literatur vor Orlandi wurde die Homilie in bezug auf ihre vereinzelten
Themen und nie als Ganzes studiert; vgl. z. B. A. GRILLMEIER, Der Gottessohn im Totenreich.
Soteriologische und christologische Motivierung der Descensuslehre in der älteren christlichen
Überlieferung, in: ZKTh 71, 1949, 38-40.
143
T. ORLANDI, Coptic Literature (wie Anm. 142), 59.
144
T. ORLANDI, La tradizione (wie Anm. 103), 38. Orlandi liefert außerdem eine Übersetzung des Textes ins Italienische, a.a.O., 39-48.
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3 2utsrponmlihgfedcbaMKIGED
Kapitel I: Die Erschaffung des Menschen nach dem Ebenbild
Gottes
zum Ausdruck, daß die koptische Fassung „allein den Text in seiner Ganzheit
bewahrt hat, wenn auch vielleicht mit Änderungen und Nachträgen, die schon
in ihrer griechischen Vorlage stattgefunden haben könnten."145 Als Beispiel für
solche vermutlichen Erweiterungen bezieht sich Orlandi auf die Stellen „relativi alla funzione del deserto", sowie auf jene, wo der Name mit der ganzen
Person identifiziert wird146.
Eine neue Etappe der Erforschung der De arrima et corpore-Tradition
wird durch die Habilitationsschrift von Gregor Wurst eingeleitet147. Im ersten
Band seiner Untersuchung bietet Wurst eine Synopse der Hauptzeugen der De
anima et co/ywe-Überl ieferung. Die koptische Homilie, die beiden syrischen
Predigten und das Additamentum sind auf der Grundlage von Fotografien der
Handschriften neu ediert und ins Deutsche übertragen, die übrigen Zeugen
außer der altgeorgischen Version, die in der lateinischen und englischen Übersetzung von van Esbroeck und S. Hall wiedergegeben wird, sind nach den
jeweiligen Editionen reproduziert und ebenfalls übersetzt. Im ersten Kapitel des
zweiten Bandes seiner Arbeit behandelt Wurst Leben und Werk des hl. Melito
(S. 1-56). In Kapitel 2 bietet er eine Übersicht über die Hauptzeugen der De
anima et corpore-Überlieferung (S. 57-66) und in Kapitel 3 (S. 67-105) einen
Versuch der Rekonstruktion der Überlieferungsgeschichte, den er mit dem überlieferungsgeschichtlichen Stemma (S. 105) abschließt. Das vierte Kapitel (S.
106-219) stellt einen ausführlichen textkritischen und sachlichen Kommentar
zu allen Versionen dar. Die Ergebnisse des Kommentars sind im Kapitel 5 (S.
220-230) in der Form einer hypothetischen Rekonstruktion der gemeinsamen
griechischen Vorlage der verschiedenen Versionen von De anima et corpore
fixiert (die Rekonstruktion Wursts wird von uns im Anhang II zum ersten
Kapitel der vorliegenden Arbeit gebracht).
145
T. ORLANDI, La tradizione (wie Anm. 103), 4 8 - 4 9 . Die gleiche These vertritt Orlandi
in Letteratura (wie Anm. 43), 63.
146
A.a.O. Zur letzteren Beobachtung schrieb schon W. BUDGE, Homilies (wie Anm. 104),
XLVI-XLVII: „The reference to the name as belonging to or being a part of the mortal body
... shows that the author of the Homily held the ordinary Egyptian view about the name
forming an integral part of the human economy"; vgl. C. D. G. MÜLLER, Die alte koptische
Predigt (Versuch eines Überblicks). Theologische Dissertation, Heidelberg 1954, 38: „Die
Identifikation von Körper und Name zeigt genuin ägyptisches Gut." W. SCHNEEMELCHER betont
dagegen das „Fehlen genuin koptischer Vorstellungen", siehe Der Sermo (wie Anm. 123),
130.
147
Siehe G. WURST, Homilie (wie Anm. 73). Die textkritischen Ausfuhrungen von
A. G. DUNAEV, ZHTHMATA MEAITQNIKA, 2. Znacenie armjanskogo i arabskih fragmentov
dlja rekonstrukcii gomilii sv. Melitona Sardskogo „O duse i tele", in: Khristianskij Vostok
3 (XI), 2002, 374-388 wurden nach der Angabe des Verfassers im Jahr 2000 entwickelt, so
daß die Untersuchung Wursts Dunaev unmöglich bekannt sein konnte. Dunaev unterstreicht
zurecht die Bedeutung der koptischen Fassung der Homilie, spricht ihr aber zu einseitig die
einzigartige Rolle in der De anima et corpore-Überlieferung zu, vgl. A. DUNAEV, a.a.O.,
386. Seine Analyse der orientalischen Fragmente der Überlieferung basiert zum großen Teil
auf den älteren Übersetzungen und enthält einige Fehlurteile, die sich bei der Heranziehung
der von G. Wurst gebotenen Synopse leicht vermeiden lassen würden.
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/. Zum Stand der Forschung
33
Die überlieferungsgeschichtlichen Beobachtungen und Schlußfolgerungen
Wursts sind im wesentlichen die folgenden. Im Anschluß an Nautin und Perler zeigt Wurst, daß der erste Teil des 13. melitonischen Fragmentes (Wurst
bezeichnet ihn als Fragment XIII A) „eine theologiegeschichtlich ältere Überlieferungsschicht als die Parallelversion in Add" (d. h. Additamentum) darstellt148.
Das Fragment XIII A ist für Wurst insofern wichtig, als es „das einzige Verbindungsglied zwischen den überlieferten Versionen von De anima et corpore
und dem melitonischen Original ist, dessen Titel im Verzeichnis des Eusebius
überliefert ist."149 Ferner erlauben die letzten Worte von Fragment XIIIA 150 den
Schluß, daß „der anthropologische und der christologische Teil offensichtlich
eine ursprüngliche Einheit bilden."151 Diese Beobachtung führt Wurst zur
Schlußfolgerung, daß die koptische und die syrische Version, die als einzige
die Zweiteiligkeit aufweisen, „einen besseren Eindruck vom Gesamtcharakter
des melitonischen Werkes vermitteln können."152
Innerhalb seines Versuches, den sekundären Charakter der altgeorgischen Version und des Additamentums gegen van Esbroeck153 und Hall154 zu beweisen155,
unternimmt Wurst eine textkritische Analyse des altgeorgischen Fragmentes III,
mit dem Ergebnis, daß er ihm seine melitonische Verfasserschaft abspricht156.
Dem gleichen Ziel dient auch der Vergleich des zweiten altgeorgischen Fragmentes und des Additamentummaterials mit dem 15. Fragment des hl. Melito,
wo der Gebrauch des letzteren in den beiden ersteren nachgewiesen wird157,
sowie die Untersuchung des Anfangs- und Schlußteiles des zweiten altgeorgischen Fragmentes, wo weitere Beispiele seiner Interpolation herausgearbeitet
werden158.
Die textkritischen Folgerungen Wursts sind die folgenden: innerhalb der De
anima et corpore-Überlieferung unterscheidet er zwei große Gruppen, die er
Rezension a (gebildet von der koptischen und der syrischen Homilientradition)
148
G. WURST, Homilie (wie Anm. 73), Bd. II, 78-79. Auf den Seiten 67-72 des zweiten
Bandes seiner Arbeit kritisiert Wurst ausfuhrlich die auf Krüger zurückgehende und im 20.
Jahrhundert von Schneemelcher, van Esbroeck und Hall weitergeführte Hypothese, die die
überlieferungsgeschichtliche Sonderstellung des Additamentums (und des zweiten altgeorgischen Fragmentes) hervorhob.
149
G. WURST, Homilie (wie Anm. 73), Bd. II, 79-80, Hervorhebung des Autors.
150
Die Zeilen 340 und 343 in der Synopse, siehe G. WURST, Homilie (wie Anm. 73),
Bd. I, 25.
151
152
G . WURST, H o m i l i e ( w i e A n m . 7 3 ) , B d . II, 84.
Ebd.
Siehe das Zitat unter der Anm. 136.
154
S. HALL, Melito (wie Anm. 110), XXXVI.
155
Der Polemik mit van Esbroecks theologiegeschichtlicher Einordnung der altgeorgischen Version ist der Abschnitt 3.2 in G. WURST, Homilie (wie Anm. 73), Bd. II, 72-76
gewidmet.
156
A.a.O., 92.
157
A.a.O., 92-95.
158
A.a.O., 97-101.
153
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3 4utsrponmlkihgfedcbaMKIGED
Kapitel I: Die Erschaffung des Menschen nach dem Ebenbild Gottes
und Rezension ß (gebildet von der altgeorgischen Version, dem Additamentum
und dem melitonischen Fragment XIII B) nennt159. „Rezension a steht dem Fragment XIIIA näher als ß"160 und „ist mit der griechischen Vorlage des den beiden
Versionen VC und VS gemeinsamen Textes zu identifizieren und insbesondere
dadurch charakterisiert, daß sie sowohl den anthropologischen als auch den
christologischen Teil bietet. ... Rezension ß ist die zu postulierende griechische
Vorlage, aus der die von der Add-Tradition (= Add und Fragment XIII B) und
von VG gemeinsam bezeugten Textpassagen gezogen sind. Im Gegensatz zu
a ist jedoch der Gesamtcharakter dieser Textrezension unbekannt." 161 In der
Rezension a wäre, „wenn überhaupt, ein Reflex des Gesamtcharakters des
melitonischen Originals zu suchen." 162
Als theologiegeschichtlich wohl bedeutsamstes Ergebnis des Kommentars
Wursts kann man seine Interpretation des Motivs der zerstreuten Glieder betrachten. Im Anschluß an Reinhard Hübner 163 wird das genannte Motiv von Wurst
mit der gnostischen Lehre über die Sammlung und Rückführung der geistigen
Glieder des Menschen ins Pleroma in Verbindung gebracht 164 . Im Unterschied
zu Hübner spricht aber Wurst nicht von der Beeinflussung der Vorlage durch
das gnostische Konzept, sondern von der Polemik dagegen 165 , womit eine überzeugende Einordnung der Vorlage in die Situation der christlichen Gemeinden
in der 2. Hälfte des 2. Jahrhunderts vorgenommen wird.
Mit der Untersuchung Wursts ist also eine textkritische Basis für die Erforschung der De artima et corpore-Tradition und speziell der pseudo-athanasianischen Homilie geschaffen. In bezug auf die letztere ist festzuhalten, daß
ihre engste textgeschichtliche Verwandtschaft mit der syrischen Version und
der Homilie des Pseudo-Epiphanius 166 als bewiesen gelten kann.
Das Verhältnis der koptischen Fassung zu der ihr am nächsten verwandten
syrischen und zu den anderen Textzeugen wird von Wurst im Kommentar zu
seiner Synopse detailliert besprochen, worauf in unserem nächsten Abschnitt
einzugehen sein wird167.
159
A.a.O., 95. Wir verzichten hier auf die Wiedergabe der Zuordnung der Nebenzeugen
bei Wurst und verweisen im allgemeinen auf sein Stemma auf der S. 105 des 2. Bandes.
160
A.a.O., 103.
161
A.a.O., 96. VC = Versio Coptica; VS = Versio Syriaca; VG = Versio Georgica; Add
= Additamentum.
162
A.a.O., 104, Kursiv des Autors.
163
R. M. HÜBNER, Die Einheit des Leibes Christi bei Gregor von Nyssa. Untersuchungen zum Ursprung der „Physischen" Erlösungslehre (Philosophia Patrum. Interpretations of
Patristic Texts 2), Leiden 1972, 290-311.
164
G . W U R S T , H o m i l i e ( w i e A n m . 7 3 ) , B d . II, 1 5 9 f f .
165
G . W U R S T , H o m i l i e ( w i e A n m . 7 3 ) , B d . II,
166
166-167.
Siehe G. WURST, Homilie (wie Anm. 73), Bd. II, 64; 105.
167
Gleichfalls können wir hier nicht die durch den Kommentar zerstreuten inhaltlichen
Beobachtungen Wursts systematisch darstellen. Wir werden des weiteren nach Bedarf in
unserer eigenen Untersuchung dazu Stellung nehmen.
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2. Problemstellung
35
2. Problemstellung
Wie es unserer forschungsgeschichtlichen Skizze zu entnehmen ist, muß eine
geschichtlich arbeitende Exegese bei der Behandlung des einen oder des anderen
Motivs in der koptischen pseudo-athanasianischen Predigt De anima et corpore168
die Beobachtung (siehe oben Jordan unter der Anm. 118, Schneemelcher unter
der Anm. 129, Orlandi unter der Anm. 146'69) berücksichtigen, die besagt, daß
dieser Text mehrere - möglicherweise in Ägypten entstandene170 - Erweiterungen seiner älteren Vorlage enthält. Die Voraussetzungen für eine ausfuhrliche
Verifizierung und theologiegeschichtliche Auswertung dieser These sind durch
die fundamentale textkritische Untersuchung von Wurst geschaffen. Wollen wir
nun die Auslegung der Erschaffung des Menschen nach dem Ebenbild Gottes
im Ps.-Ath. untersuchen, so müssen wir bei jeder relevanten Stelle versuchen
festzustellen, ob sie nicht ein „ägyptisches Mehr" hat. Mit anderen Worten, wir
müssen versuchen, zwischen der nach Ägypten gelangten griechischen Vorlage
des Ps.-Ath. und ihrer ägyptischen Fortschreibung - soweit es möglich ist - zu
unterscheiden.
Angewandt auf die Problematik unserer Arbeit bedeutet der letztgenannte
Grundsatz, daß wir über die koptischen Kreise, in denen Ps.-Ath. umging,
potenziell ein Zweifaches erfahren können: die Analyse der Vorlage muß
erschließen, was für eine Exegese der Erschaffung des Menschen nach dem
Ebenbild Gottes in diesen Kreisen rezipiert wurde. Sollte es aber möglich sein,
die Fortschreibung der relevanten Stellen festzustellen, dann könnte man den
Charakter dieser Rezeption zu bestimmen versuchen.
Es sei an dieser Stelle betont, daß wir das komplexe Problem der Vorlage
und der Fortschreibung des Ps.-Ath. im Rahmen dieser Arbeit nicht in seinem
vollen Umfang behandeln können, sondern uns auf die uns thematisch wichtigen Stücke konzentrieren werden.
Beim Zitieren des koptischen Textes benutzen wir unsere im Anhang I gebotene deutsche Übersetzung und den Text der kritischen Edition von Wurst. Der
syrische Text wird ebenfalls nach der letzteren zitiert; die Übersetztung aus dem
Syrischen ist, wenn nicht extra vermerkt, die unsere. Den altgeorgischen Text
zitieren wir nach der editio princeps von van Esbroeck171 mit Verweis auf die
jeweiligen Zeilen des zweiten Fragmentes. Die doppelten Paginationsverweise
beziehen sich auf unsere Vers- und Kapiteleinteilung (siehe den Anhang I) sowie
auf die jeweiligen Zeilen in der Synopse von Wurst (gekennzeichnet durch Zz.).
168
Des weiteren Ps.-Ath.
G. WURST behandelt die Unterschiede zwischen der syrischen und der koptischen
Fassung in seinem Kommentar durchgehend, siehe Homilie (wie Anm. 73), Bd. II, passim.
170
Der Hinweis Orlandis auf die in der Fortschreibung des koptischen Textes vorkommenden Motive der Wüste und des Namens als eines substantiellen Teiles des Menschen (siehe
oben Anm. 146) ist wohl in diesem Sinne zu verstehen.
171
Siehe M. VAN ESBROECK, Fragments (wie Anm. 135).
I6(>
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36 zwutsrponmlihgfedcbaMKIGED
Kapitel I: Die Erschaffung des Menschen nach dem Ebenbild Gottes
Im Anhang II bringen wir die von Wurst erstellte hypothetische Rekonstruktion
der Vorlage von De anima et corpore, die beim Verfolgen der textkritischen
Ausführungen behilflich sein kann.
3. Der sogenannte Kompositionsrahmen des Ps.-Ath.
In seinem Kommentar zu den Zeilen 641-651 172 macht Wurst folgende Bemerkung: „Es geht um die Rückführung des gefallenen und in seine einzelnen
Glieder zerstreuten Menschen. Entsprechend zahlreich sind die Rückverweise,
die sich auf den Anfang des zweiten Hauptteiles finden."173 Diese kompositioneile Beobachtung Wursts läßt sich vertiefen. Geht es an der zitierten Stelle
um den Anfang des zweiten Teiles der Homilie, so kann man zeigen, daß die
inhaltlichen Verbindungen viel weiter reichen, und daß das Ende des Textes mit
seinem Anfang (also, mit dem Anfang des ersten Hauptteiles) ein durchdachtes
System der Anklänge und der weitergeführten Gedanken bildet. Es wird sich
des weiteren zeigen, daß diese auf den ersten Blick in erster Linie mit der Komposition des koptischen Textes zusammenhängende Frage einerseits mit dem
Problem seiner Entstehung und andererseits mit dem Thema „die Erschaffung
des Menschen nach dem Ebenbild Gottes" gekoppelt ist.
3.1. Der sogenannte
Kompositionsrahmen
Als Kompositionsrahmen bezeichnen wir die durch die Motivanklänge zwischen
dem Anfang und dem Ende des Ps.-Ath. den Skopus der Predigt bestimmende
Konstruktion. Es handelt sich dabei um die Stücke Vv. 2,5-4,1 (= Zz. 33-38,
40-43 174 , 46-52, 54-57) und Vv. 30,2b-32,3 (= Zz. 621-626, 631, 634-637,
639-654 175 ).
Die von Wurst erstellte Synopse zeigt, daß fast alle Bestandteile des Kompositionsrahmens zugleich - wenn auch nicht selten in einer abgewandelten
F o r m - a u c h in der syrischen Version überliefert sind176. Aufgrund dieses Be172
Sie entsprechen den Vv. 31,3-6, die Zz. 641-643 fehlen in der koptischen Fassung,
siehe Anm. zu V. 31,2.
173
G . WURST, H o m i l i e ( w i e A n m . 7 3 ) , B d . II, 2 1 5 . D i e Z z . 6 4 1 - 6 5 1 f e h l e n a u f K o p t i s c h ,
die Zz. 6 4 4 - 6 5 1 entsprechen Vv. 3 1 , 3 - 6 unserer Übersetzung.
174
Die Zz. 40-41 sind nur in der syrischen Version überliefert, siehe Anmerkung zum
V. 3,1 in unserer Ubersetzung der Homilie im Anhang I zum ersten Kapitel. Die Zugehörigkeit
dieser Zeilen zum ursprünglichen Text wird bei G. WURST, Homilie (wie Anm. 73), Bd. II,
114 begründet.
175
Die Zz. 641-643 sind nur auf Syrisch und Altgeorgisch überliefert. Die Übersetzung des
syrischen Textes bringen wir in der Fußnote zum V. 31,2; die Begründung der Zugehörigkeit
zum ursprünglichen Text siehe bei G. WURST, Homilie (wie Anm. 73), Bd. II, 215.
176
Auf Syrisch fehlt Z. 624 (= V. 30,2: „das Licht ist euch aufgegangen"), Z. 631 (= V. 30,4:
„Dann hat Er die Seelen der Heiligen befreit; Er hat sie mit Sich auferstehen lassen") und die
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3. Der sogenannte Kompositionsrahmen des Ps.-Ath.
37
fundes ist zu schließen, daß der Kompositionsrahmen in seiner wesentlichen
Form zumindest schon in der Rezension oc177, auf die die koptische und die
syrische Version zurückgehen, vorhanden war.
Obwohl mit dieser Feststellung die Möglichkeit der inneren Modifikation des
Kompositionsrahmens in Ägypten nicht entfällt, tritt mit ihr eher das Problem des
Verständnisses und der Übersetzung der griechischen Vorlage des Rahmens im
koptischen Milieu in den Vordergrund. Bevor aber dieser Frage am Beispiel der
Erschaffung des Menschen nach dem Ebenbild Gottes im Kompositionsrahmen
nachgegangen werden kann, ist die Stellung der Teile des Rahmens innerhalb
der kompositioneilen Struktur des Ps.-Ath. sowie die inhaltliche Struktur des
Rahmens selbst kurz zu beschreiben.
3.1.1. Die Stellung des sogenannten
Kompositionsrahmens
in der kompositioneilen Struktur des Ps.-Ath.
Die Frage nach der Komposition des Ps.-Ath. bleibt offen. Im folgenden übernehmen wir ohne spezielle Behandlung die von Wurst in seinem Kommentar
und Inhaltsverzeichnis benutzten Teilüberschriften. Demnach fällt der erste Teil
des Kompositionsrahmens im wesentlichen mit der sogenannten Überleitung
zusammen, die zwischen dem Proömium und dem ersten Hauptteil liegt178.
Jeweils ein Satz am Anfang und am Ende des ersten Teiles gehört aber zu dem
Proömium und dem ersten Hauptteil. Diese Konstellation soll die folgende
Zusammenstellung veranschaulichen:
Proömium:
Vv. 1,1-2,5 (=Zz. 1-36)
Überleitung: Vv. 3,1-4 (= Zz. 37-53)
Erster Hauptteil: Vv. 4,1-14,12 (= Zz. 54-
Erster Teil des Kompositionsrahmens:
Vv. 2,4-4,1 (= Zz. 33-38, 40-43, 46-52,
54 57
- )
319)'79
Der zweite Teil des Kompositionsrahmens (Vv. 30,1-32,3 = Zz. 621-626,
631, 634-637, 639-640, 644-654) deckt sich fast mit dem AbschnittEE nach
der Texteinteilung von Wurst (Vv. 30,1-32,9; Zz. 612-665), der den zweiten
Hauptteil (Vv. 15,1-32,9; Zz. 320-665) abschließt und zu dem Schlußteil und
der Doxologie (Vv. 32,10-13 = Zz. 666-675 ohne Z. 668) überleitet.
Erwähnung der Liebe im V. 31,4 (= Z. 647). Im allgemeinen verweisen wir auf die von G.
Wurst vorgeschlagene Rekonstruktion der Vorlage (siehe G. WURST, Homilie (wie Anm. 73),
Bd. I, 221, 229-230 und Anhang II zu diesem Kapitel unserer Arbeit), in die Zz. 33-38,
4 0 - 4 3 , 4 6 - 5 2 , 5 4 - 5 7 , 6 2 1 - 6 2 6 , 631, 6 3 4 - 6 3 9 , 6 4 1 - 6 5 1 , 6 5 4 a u f g e n o m m e n sind.
177
Siehe oben, Anm. 160-162.
Siehe G. WURST, Homilie (wie Anm. 73), Bd. II, 114. Nach Wurst gehört die Überleitung schon zum ersten Hauptteil.
179
Die Verweise auf die Zeilen der Synopse von G. Wurst in der linken Spalte beziehen
sich auf die gesamte von ihm textkritisch erschlossene Überlieferung von De anima et corpore, die in der rechten Spalte entsprechen dem Text des Ps.-Ath.
178
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38 vutsrponmlkihgfedcbaXMLKIGED
Kapitel I: Die Erschaffung des Menschen nach dem Ebenbild Gottes
Schon diese ganz allgemeine Übersicht macht deutlich, daß die beiden Teile
des Kompositionsrahmens an den exponierten Stellen am Anfang und am Ende
des Ps.-Ath. stehen. Diese Beobachtung läßt sich auch durch die inhaltliche
Analyse des Kompositionsrahmens bestätigen.
3.1.2. Das Motiv der tätigen Liebe
Der das Proömium abschließende Vers 2,5 (= Zz. 33-36), der zugleich der erste Satz des ersten Teiles des von uns zu analysierenden Kompositionsrahmens
ist, lautet180:
(33) p o e i c 6 e epcuTN GNGTÖ t i x i x e
eTAiicä.iocYNH
(34) N T e T N t y c u n e p c u T N N T T T I C T I C MN
tät^tth
(35) i e
e T B e N2J n g t o y ^ ^ b THpoy
OYXAi
(33) Bewahrt euch also vor den Feinden
der Gerechtigkeit (öucoaoawri),
(34) erlangt f ü r euch den Glauben
(Ttioriq) und die Liebe (äy&7rr|),
( 3 5 ) denn ihretwegen sind alle Heiligen
zum Heil gelangt
(36) X I N N T E G O Y E R R E Q J I . A 2 P ^ i C T C N O Y <'«• !s e i t A n b e g i n n b i s z u m h e u t i g e n
[Tag],
Wie Wurst181 zu Recht bemerkt, ist die Ermahnung zur tätigen Liebe in V. 3,1a
(= Zz. 37-38):
(37) O Y C D N 2 6 e
6 B O A N T Ö O M NT3K.RIK.NH
(38) MTTcya..xe MMATC AN
n2ü)B '
(37) Z e i g t a b e r d i e K r a f t d e r Liebe
(38) nicht bloß im Wort, sondern
[auch] in der Tat.
2^
(äy&7TT|)
(aXkä)
eine Weiterfiihrung der in V. 2,5 (= Zz. 33-36) formulierten Paränese und insofern auch des ganzen Proömiums. Im nächsten Schritt wird die Paränese
durch den Hinweis auf den Herrn Jesus Christus entwickelt. Dieses Stück ist
teilweise nur Syrisch überliefert:
(40) .«Da,
,1-cA .o.
ooi £i)
(4i) Jjüi-=>o D) li-icn
Im
(40) Denn siehe, auch Er, unser Herr,
erwies uns Seine Liebe
cA (4i) nicht nur im Wort, sondern auch in
den Werken,
V. 3 , 1 b ( = Z . 4 2 ) A Q T A ^ Q r a . p NCCUTG
V. 3 , 1 b ( = Z . 4 2 ) d e n n ( y a p ) d e r H e r r
2ä.poN THpN N6I n:scoeic 1 8 2
Sich als Lösegeld f ü r uns alle hin.
gab
Das zuletzt zitierte Stück läßt u.E. (abgesehen von 1 Tim 2,6) eine spürbare
Nähe zu 1 Joh 3,16a erkennen, wo es heißt: ev tomcp eyvcoKauev TT|V <xyomT|v,
C M ¿Ketvog imep FM&v TFIV \|/T>X"N V oröxo'O EÖTIKEV.
Die Verbindung der Ermahnung zur tätigen Liebe mit dem Hinweis auf das
Beispiel des Herrn finden wir in den nächsten Zeilen des ersten Johannesbriefes.
Man vergleiche V. 3,1 (= Zz. 37-38):
180
Den koptischen und syrischen Text zitieren wir überall nach der kritischen Ausgabe
von Gregor Wurst (siehe DERS., Homilie (wie Anm. 73), Bd. I).
181
182
G . W U R S T , H o m i l i e ( w i e A n m . 7 3 ) , B d . II, 1 1 4 .
G. WURST, Homilie (wie Anm. 73), Bd. I, Z. 42 tilgt die beiden letzten Wörter des
koptischen Textes.
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3. Der sogenannte Kompositionsrahmen
des Ps.-Ath.
39
Zeigt aber die Kraft der Liebe (äycmri) nicht bloß im Wort, sondern (äXXa) [auch] in
der Tat
mit 1 Joh 3,16b:
Kai f|jj.ei<; äpeü.onev twtsp xtbv äSeÄxpcov xa<; \|/uxa<; 8eivai
und insbesondere mit 1 Joh 3,18:
TeKvia, |xf) dyajtG)|iev Xöym |ir|8e xf| yWxicrn aXka ev epyw Kai ccA.r|9eia.
Fügen wir hinzu, daß auch die Vv. 2,4-5 (= Zz. 30-36) an 1 Joh 3,7-11 erinnern183, so dürfen wir die Herkunft des Motivs der tätigen Liebe in der Nachfolge
Christi in den Vv. 2,5-3,1 (= Zz. 33-42) als johanneisch bezeichnen 184 .
Anhand des Motivs der tätigen Liebe in der Nachfolge des Herrn wurde in
den Vv. 2,5-3,1 (= Zz. 33-42) eine fiir den Kompositionsrahmen tragende Konstruktion formuliert. Diese Konstruktion besteht in der Gegenüberstellung des
Wortes und der Tat, in der mit der Tat der Gedanke der Liebe verbunden wird.
Diese Konstruktion werden wir des weiteren das Wort/Werk-Motiv nennen.
Es ist leicht zu sehen, daß das Wort/Werk-Motiv den nachfolgenden Vv. 3,2-4
(= Zz. 43, 46-52), die den Rest der sogenannten Überleitung ausmachen, zugrunde liegt und somit die Weiterführung des Hauptthemas von Vv. 2,5-3,1
(= Zz. 33-42) gewährleistet:
(43) N e e ra.p N T I TTKOCMOC THpcj
cycune £M ncyA^ce Npcuq
NTANcycune ¿CUCUN AN
(46)
3lCJT2LMION gM nOJAXe MN
TT2<JJB
(47) MITE TTNoyTe £0) e p o q e T p e q x o o c
(48) xe Mi.pNTä.Meiö NoypcoMe KATA
neNeiNe MN TENJIK-CUN
(49)
(50)
(51)
(52)
(43) Und (yap) nicht wie die ganze Welt
(Koa|a.oq) durch das Wort Seines
Mundes sind auch wir entstanden,
(46) sondern (äAAa) Er hat uns durch das
Wort und durch die Tat geschaffen.
(47) l s nat u o t t mcnt genügt zu sagen:
(48) „Lasset uns Menschen machen nach
(KCXTCX) Unserem Gleichnis und
Unserem Bild (eiKcbv)",
i A A i ^c|Tpe ngcuß oya.g'i Nca.
(49) sondern (oX'kä) Er ließ die Tat dem
ncy^jce
Wort folgen.
Ä.TTNoyTe ri.p x.i NOYKAJ GBOA JM <SO) Gott nahm nämlich (yap) etwas Erde
TTKi.2
von der Erde
AqnAACce MMOC) NoypcüMe K I T I
<5I) <und> formte (jtXaaaeiv) daraus einen
Tec|2iK.cuN MN n e q e i N e
Menschen nach ( K a m ) Seinem Bild
(eiK(bv) und Seinem Gleichnis,
¿.qNiqe e g o y r j gM n e q 2 Ö NOYTTNOH (52) <und> Er blies in sein Gesicht einen
NCUNJHauch (TIVOLI) des Lebens.
183
Gemeint wird vor allem die ausgeprägte Gegenüberstellung der Gerechtigkeit (öiKaiocruvri,
vgl. Vv. 2,4-5, Z. 32: „... ein Feind der Gerechtigkeit ist"; Z. 33: „Bewahrt euch also vor den
Feinden der Gerechtigkeit") und ihrer Feinde (in Ps.-Ath.) bzw. der Sünder (in 1 Joh 3,7-8; 10).
Die in 1 Joh 3,4 ff entwickelten Gedanken von der Gegensätzlichkeit zwischen dem „Nichttun
der Gerechtigkeit" und dem Haß auf den Bruder einerseits und der Liebe und dem „Tun der
Gerechtigkeit" andererseits scheint für Vv. 2,1 ff (= Zz. 17 f f ) programmatisch zu sein.
184
Der Hinweis G. WURSTS auf Jak 1,21 f; 2,14-26 (Homilie (wie Anm. 73), Bd. II, 115)
bietet zwar eine wichtige Parallele, die betreffenden Stellen können aber für die Begrifflichkeit
und die Gedankengänge von Ps.-Ath. 2,5-3,1 nicht als Quelle gelten.
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40 yxvutsrponmlkihgfedcbaXWMKIGED
Kapitel I: Die Erschaffung des Menschen nach dem Ebenbild Gottes
Wie Wurst in seinem Kommentar 185 ganz richtig hervorhebt, ist das Subjekt
des Verses 3,1b (= Z. 42: „dennpja
(j ap) der Herr gab Sich als Lösegeld für uns
alle hin"), also der Herr Jesus Christus, identisch mit dem, dessen Mund in
V. 3,2 (= Z. 43) erwähnt wird, dem im selben V. 3,2 (= Z. 46) die Erschaffung
des Menschen „durch das Wort und durch die Tat" zugeschrieben wird und der
endlich in den Vv. 3,3-4 (Zz. 47 und 50) Gott genannt wird. Stimmt es, dann
müßen wir die in dem zitierten Stück Vv. 3,2-4 (= Zz. 43, 46-52) beschriebene Erschaffung des Menschen durch das Wort und das Werk des Herrn als
Ausdruck Seiner Liebe verstehen, von der in den Zz. 40-41 („denn siehe, auch
Er, unser Herr, erwies uns Seine Liebe nicht nur im Wort, sondern auch in den
Werken") die Rede war.
Die Erschaffung des Menschen durch das Wort und das Werk des Herrn,
die den Menschen von der übrigen Schöpfung unterscheidet (siehe V. 3,2a =
Z. 43), ist also das zweite Beispiel (neben der Erlösung, siehe V. 3,1 mit der
Anmerkung = Zz. 40-42) der tätigen Liebe Christi, das die Ermahnung in
V. 3,1a (=Zz. 37-38: „Zeigt aber die Kraft der Liebe (äy&7rr|) nicht bloß im
Wort, sondern ( a k \ ä ) [auch] in der Tat") unterstützen soll.
Das Wort/Werk-Motiv wird in diesem zweiten Beispiel durch die Gegenüberstellung von der Schöpfung „der ganzen Welt" durch das Wort und der Erschaffung des Menschen durch das Wort und die die Liebe Gottes zu dem Menschen
unterstreichende Tat Gottes zum Ausdruck gebracht. Als Wort Gottes bei der
Erschaffung des Menschen wird Gen 1,26 (V. 3,3 = Z. 48) zitiert, Gen 2,7
(siehe V. 3,4 = Zz. 50-52) wird als die die Worte von Gen 1,26 ausführende
Handlung Gottes bzw. des Herrn verstanden.
Aufgrund des bisher behandelten Materials des ersten Teiles des Kompositionsrahmens kann man schließen, daß der Verfasser des Rahmens das
Wort/Werk Motiv als ein strukturbildendes Mittel verwendet. Die von ihm gebildeten Paare Wort/Erlösung 186 ; Erschaffung der Welt durch das Wort/Erschaffung des Menschen durch Wort und Werk'gl; Wort/ Werk bei der Erschaffung des
Menschen 188 , in denen mit dem zweiten Glied die Idee der Manifestation der
größeren Liebe des Herrn verbunden wird, sind zugleich die Begründung und
die Weiterführung der Paränese in V. 3,1a (= Zz. 37-38): „Zeigt aber die Kraft
der Liebe (äy&7iTi) nicht bloß im Wort, sondern (aXka) <auch> in der Tat."189
185
Siehe G. WURST, Homilie (wie Anm. 73), Bd. II, 115.
Siehe V. 3,1 mit der Anmerkung = Zz. 4 0 - 4 2 .
Siehe V. 3,2 = Zz. 43, 46. Vgl. Ign., Eph. 15,1 raXov xö SIMOKEIV, eav 6 Ä-eycov jtovp.
EII; o i v SiSdaKß/.o;, ö<; elrev, Kai iyevexo. Das Ignatiuszitat bezeugt eine frühere Verknüpfung der Gegenüberstellung des Redens und der Tat mit der Vorstellung von der Welt- (und
Menschen- ?) Schöpfung durch Christus. Zur genannten Gegenüberstellung in der christlichen
Literatur des 2. Jahrhunderts siehe G. BUSCHMANN, Das Martyrium des Polykarp, Kommentar
zu den Apostolischen Vätern 6, Göttingen 1998, 102-103.
188
Siehe Vv. 3,3-4 = Zz. 47-52.
189
Man könnte sogar eine vorsichtige Vermutung formulieren, daß ein ähnliches Verhältnis
zwischen der Erschaffung des Menschen (V. 3,3 = Zz. 47-52) und seiner Erlösung (V. 3,1b
186
187
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
3. Der sogenannte Kompositionsrahmen
des Ps.-Ath.
41
Wenn wir nun nach dem Motiv der tätigen Liebe im zweiten Teil des Kompositionsrahmens fragen, so bietet sich zunächst der V. 31,4 (= Zz. 645-647)
aus der sogenannten Rede der Erde an Christus an:
(645) TTAHN ENG NTÄ.KJCOOC MM^LTG £M
(645) D o c h (jcA.f|v) w e n n D u n u r d u r c h
neiccyAxe
Dein Wort geredet hättest,
(646) GNG MN \xxy
NAO; -J- OYBG
(646) hätte Deinem Befehl nichts sich
neKoye2CA2Ne
widersetzen können,
(647)
TGK.Ä.RA.NH
MMOK (647) aber (äXXa) Deine Liebe ((xyditri) hat
eTpeicei cyAi. neK.nAa.CHA
Dich gedrängt (dvayKd^eiv), zu Deinem Gebilde (nX&a\ia) zu kommen.
Die weitere Analyse des Motivs der tätigen Liebe im zweiten Teil des Kompositionsrahmens hängt wesentlich davon ab, wie die sogenannte Rede der
Erde (Vv. 31,1-6; Zz. 634-651) und die ihr nachfolgende Passage interpretiert
wird.
Die Punktation Wursts in seiner Synopse läßt erkennen, daß er die Rede der
Erde in der koptischen Fassung mit der Z. 635 (= V. 31,1b) anfangen und mit
der Z. 651 (= V. 31,6: „nimm den Adam zu Dir <zurück>, der gemäß seiner Art
geheilt ist") enden läßt. Sein Kommentar zu diesem Stück lautet: „Aufgrund
des Sieges über Tod und Unterwelt und der Befreiung der Seelen muß die Erde
nun die Leiber der Menschen wieder hergeben." 190
Die Schwierigkeit dieser Deutung besteht nun darin, daß die Auferstehung
der Toten in der Rede der Erde nicht erwähnt wird. Die nachfolgende Z. 653
(= V. 32,2 „Er nahm die Heiligen mit Sich empor zu Seinem Vater"), die einen
bestimmten Anlaß für die Deutung Wursts zu bieten scheint, gibt es in dieser
Fassung nur auf Koptisch und wird als sekundär in den von Wurst rekonstruierten Text der Vorlage nicht aufgenommen.
= Zz. 42) vom Verfasser gedacht wird. Rein formell gesehen besteht die Erschaffung aus
einer „Wort-" und einer „Werkkomponente", während die Erlösung ein pures Werk ist. Inhaltlich würde die Gegenüberstellung von der Erlösung und der Erschaffung Stellen wie z. B.
Vv. 20,7-10 (= Zz. 416-422; 424) verdeutlichen: „Christus aber kam aus eigenem Antrieb und
wegen Seiner Liebe. Er hat nicht nur uns gebildet, die wir Sünder sind, so wie <Er> Adam
<gebildet hat>, indem Er uns hat Menschen werden lassen, sondern, nachdem wir durch
die Sünde verweslich wurden, kam Er <und> hat Leiden auf Sich genommen unseretwegen
und hat uns lebendig gemacht durch Seine Liebe. Denn zu der Zeit, als Er uns mit Seiner
Hand bildete, hat Er nicht gelitten. Jetzt dagegen hat Er uns noch einmal geboren durch Sein
Todesleiden, indem Er mit uns <Schmerz> erduldete, wie die, die Wehen hat."
190
G. WURST, Homilie (wie Anm. 73), Bd. II, 214. Andererseits erfahrt die gleiche Stelle
auch eine etwas abweichende Interpretation, vgl. a.a.O., 216: „Nachdem der Herr, d.h. das
7ivei)na, die Seelen der Heiligen aus der Unterwelt befreit hat (vgl. Z. 631), erstehen jetzt
auch die Glieder des Geschöpfes wieder zu ,dem Menschen'. ... In diesem Gedanken, daß
Christus den leiblichen Menschen in den Himmel trug, kulminiert der gesamte Text der
Homilie"; vgl. auch S. 129: „die Erde übergibt Christus bei seiner Auferstehung das ,Bild',
das ,überall zerstreut ist', damit er es dem Vater als,Geschenk darbringt'." In der nach Wurst
an dieser Stelle ursprünglicheren syrischen Fassung endet die Rede der Erde bereits mit der
Z. 639.
zyvupniedcaTKH
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
42 utsrponmlihgfedcbaMKIGED
Kapitel I: Die Erschaffung des Menschen nach dem Ebenbild Gottes
Der unmittelbar an die Rede anschließende V. 32,1 (=Z. 652) spricht dagegen ausdrücklich von der Auferstehung des Herrn: „Da (TOE
TOTE) ist Christus
auferstanden von den Toten am dritten Tag." Diese Zeile bleibt zwar in der
Rekonstruktion der Vorlage ebenfalls unberücksichtigt. In seinem Kommentar
läßt aber Wurst die Frage nach ihrem Ursprung letztlich offen191. Sein einziger
Textzeuge, in dem die Zeile (zusammen mit der Z. 653) fehlt, ist die altgeorgische
Fassung, die gerade in dem zur Diskussion stehenden Abschnitt eine Tendenz zu
Auslassungen zeigt (in dieser Fassung sind die Zz. 612-640 (= Vv. 30,1-31,2)
und 649-650 (= Vv. 31,6a-b) nicht überliefert).
Eine weitere Schwierigkeit bieten die Zz. 552-554, 558 (Zz. 552-554 =
V. 28,9; Z. 558 ist nur auf Syrisch überliefert), die Wurst für ursprünglich hält
und in seine „Rekonstruktion der Vorlage" aufnimmt. Der von Wurst rekonstruierte Text dieser Zz. (vgl. Vv. 27,9-13) lautet:
(552)
(553)
(554)
(558)
Denn als der Leib unseres Herrn (am Kreuz) hing,
da wurden die Gräber aufgerissen,
und die Unterwelt wurde geöffnet,
und die Toten erstanden 192 .
Diese Stelle bezeugt, daß in der syrischen, koptischen und altgeorgischen Version
von De anima et corpore193 die Auferstehung der Toten in der Übereinstimmung
mit Mt 27,52 als ein Geschehen gedacht wird, das sich ereignete, als der Leib
des Herrn am Kreuz hing. Will man nun beweisen, daß die Rede der Erde zur
Auferstehung der Toten hinfuhrt, so muß man - wie es Wurst versucht194 - plausibel machen, daß der Verfasser der Vorlage unchronologisch vorgeht und über
die Auferstehung der Toten mehrmals spricht.
Dies scheint uns aber aus mehreren Gründen unmöglich zu sein. Es deutet
sich vielmehr an, daß die Erde den in ihr schon begrabenen Herrn anspricht,
Der daraufhin aus ihr aufersteht. Der Hauptzeuge für diese Deutung ist V. 31,2a
(= Z. 638)195:
191
Siehe G. WURST, Homilie (wie Anm. 73), Bd. II, 217. Im Aufsatz D. BUMAZHNOV,
„Heiliger Ephraem der Syrer und die De anima et corpore-Überlieferung", in: M. Tamcke
(Hg.), Syriaca II, Beiträge zum 3. deutschen Syrologen-Symposium in Vierzehnheiligen 2002,
SOKg 33, Münster 2004,53-62 liefern wir neues Vergleichsmaterial, das für die Zugehörigkeit
der Z. 652 zur Vorlage zu zeugen scheint.
192
Siehe G. WURST, Homilie (wie Anm. 73), Bd. II, 227-228.
193
Diese drei Versionen bezeugen die in Frage kommenden Zeilen und zwar so: die koptische Version hat Zz. 552-553; die syrische Zz. 552-554,558; die altgeorgische Zz. 552-554,
559 (Z. 559 in der altgeorgischen Version fällt inhaltlich mit der Z. 558 anderer Versionen
zusammen).
194
Vgl. G. WURST, Homilie (wie Anm. 73), Bd. II, 183-185.
195
Diese Zeile ist außerdem in der syrischen Version und bei Pseudo-Epiphanius überliefert, siehe G. WURST, Homilie (wie Anm. 73), Bd. I, 66-67, Z. 638-639. Zur Argumentation
G. WURSTS (Homilie (wie Anm. 73), Bd. II, 184) zugunsten seiner These über das nicht
chronologische Vorgehen des Verfassers in den Zz. 466-665 (= Vv. 22,5-32,9) des zweiten
Teiles der Homilie ist an dieser Stelle im allgemeinen zu bemerken, daß sie zwei bedeutende
Punkte unberücksichtigt läßt. Es ist erstens zwar Wurst zuzustimmen, daß es „dem Verfasser
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J. Der sogenannte Kompositionsrahmen
xe XKXXT NMncyä. eTpeyTCDMC
HTTeitccuMÄ. NgHT
des Ps.-Ath.
43 xe
Denn Du hast mich gewürdigt, Deinen zyvutpnjigedcaZYX
Leib (a(ö|ia) in mir begraben zu lassen.
Das weitere Zeugnis ist V. 31,4b-5 (= Z. 647-648). Dieser Text ist auf Koptisch, Syrisch und Altgeorgisch überliefert.
Koptische Fassung:
(647)
I A A I
TEK.A.RA.TTH ¿ . N A R K A Z E
eTpcKei
(648) e i c 2 H H T e
TRIEBE
MMOK.
netcnAACH^.
RA.P
¿.K.^2e P A T K J I X M
KTYINE N C I
HMGAOC
MneKnAiCMi
(647) Aber (a.XXa) Deine Liebe (dyaiiri)
hat Dich gedrängt (dvayKa^eiv), zu
Deinem Gebilde (7t/a'xa|ia) zu
kommen.
(648) Und (ydp) siehe, Du hast Dich auf
die Erde gestellt, Du suchst nach den
Gliedern |i*'Äo<;) Deines Gebildes
(jt>.dapa).
Syrische Fassung:
(647) ksll J^Ll KJ)
p
Lö ,cn is^joo
(648)
(647) Da Du aber zur Erde gekommen bist
(648) und nach den Gliedern Deines
Gebildes gesucht hast ...
Altgeorgische Fassung:
(647) bcicjci 836 b;33£g ,3s3oaA6i£o
(648) £gi 3ciodoa6
ACI33£?6O 050 83,336(30260 3366o 197
(647) Du aber bist auf die Erde 196
gekommen
(648) und hast nach den Untergegangenen
gesucht, die Deine Geschöpfe sind.
Wir können an dieser Stelle das Verhältnis dieser Varianten zu einander nicht
besprechen. Vielmehr ist es uns wichtig zu zeigen, daß sowohl die koptische als
auch die syrische und die altgeorgische Version über das „Gebilde" (* nka.<3\ia,
> TTAA.CMÄ., iKLo^ , 93^96^)2360) des Menschen sprechen. Man kann Wurst
nur zustimmen, wenn er in seinem Kommentar schreibt, daß das ,Gebilde'
vornehmlich nicht um eine Darstellung der Leidensgeschichte Christi geht, sondern um die
durch seine Passion und seinen descensus gewirkte leibliche Auferstehung" (Homilie (wie
Anm. 73), Bd. II, 184, hervorgehoben von dem Autor). Man darf andererseits nicht übersehen, daß der Verfasser jedoch klar zwischen der Zeit des Leidens Christi am Kreuz und der
der Auferstehung unterscheidet (vgl. z.B. Vv. 29,1 ff (= Zz. 584ff), wo die Bestürzung der
Schöpfung vor der Auferstehung ihrer nach der Auferstehung gewonnenen Einsicht in den
göttlichen Plan gegenübergestellt wird). Insofern ist auch zwischen der während der Passion
am Kreuz geschehenen Auferstehung der Toten (Vv. 29,9 ff = Zz. 552 f f ) und der Auferstehung
Christi (V. 32,1 = Zz. 652 f f ) zu unterscheiden. Zweitens bleibt die Frage unbeantwortet, wie
das von Wurst postulierte Aufheben der chronologischen Vorgangsweise in den Zz. 4 6 6 - 6 6 5
vor dem Hintergrund des chronologischen Aufbaus der ganzen Homilie (von der Erschaffung des Menschen bis zur Himmelfahrt), sowie insbesondere ihres zweiten Teiles (von der
Inkarnation zur Passion, Auferstehung und Himmelfahrt) zu erklären ist.
196
toaü^S?
hat weder eine Prä-, noch eine Postposition bei sich, sondern steht in
einem das Ziel und/oder die Richtung angebenden Kasus, der eventuell auch mit „zur Erde"
übersetzt werden könnte.
197
Zitiert nach M. VAN E S B R O E C K , Fragments (wie Anm. 1 3 5 ) , Z. 1 5 4 - 1 5 5 .
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44 utsrponmlihgfedcbaMKIGED
Kapitel I: Die Erschaffung des Menschen nach dem Ebenbild Gottes
„zunächst und vor allem derjenige Teil des Menschen ist, der aus Erde geformt
wurde."198 Eines der Hauptthemen der De anima et corpore-Überlieferung ist
die durch den Sündenfall und den Tod bedingte „Zerstreuung" der Glieder des
„Gebildes" über die ganze Erde, mit der Ps.-Ath. die Verwesung des Leibes in
der Erde bezeichnet (vgl. Vv. 4,12fF= Zz. 54-60; Vv. 10,1-4 = Zz. 193-199;
Zz. 334-340, 343 in der Überlieferung des 13. melitonischen Fragmentes)199.
Die Glieder des Gebildes liegen also in der Erde verstreut. Wenn nun die Erde
über das Kommen Christi zu Seinem tta^cm^. spricht (V. 31,4b = Z. 647) oder
wie in der syrischen (und zum Teil auch in der altgeorgischen) Fassung das
„Suchen der Glieder des Gebildes" erwähnt wird (Zz. 647-648) und kurz davor
der in der Erde begrabene Leib des Herrn angesprochen wurde (siehe das Zitat
oben, V. 31,2a = Z. 638), kann damit nicht allgemein die Inkarnation, sondern
eher konkret das Verweilen des Leibes Christi in der Erde gemeint sein?200
Die dritte Stelle ist die nur syrisch überlieferte Z. 627, die der die Rede der
Erde einleitenden Passage (Z. 634: „Sie [d. h. die Erde] schrie aber auf und
sagte ...", übersetzt nach Wurst) unmittelbar vorausgeht:
cn^
L¡-i.m |J Ujl t-vOT Dann <konnte> die Erde den Leib
oci )ooi
unseres Herrn, der in ihr begraben war,
nicht mehr ertragen 201 .
Viertens kann man auf eine Reihe von Stellen hinweisen, die vor der Rede der
Erde, aber nach dem Bericht vom Tode des Herrn am Kreuz (V. 26,6 = Z. 536)
stehen und die Grablegung Christi benennen: V. 28,12 = Z. 581; V. 29,12 =
Z. 594; V. 29,17 = Z. 601; Z. 607 (die letzte Stelle ist nur in der altgeorgischen
Fassung überliefert).
198
G. WURST, Homilie (wie Anm. 73), Bd. II, 125. Wurst übersetzt * 7tXacj(ux mit „Geschöpf".
199
Siehe G. WURST, Homilie (wie Anm. 73), Bd. I, 25.
200
G. WURST, Homilie (wie Anm. 73), Bd. II, 229-230 rekonstruiert die Vorlage der
Zz. 647-648 als „Da du aber auf die Erde gekommen bist und die Glieder deines Geschöpfes gesucht hast." Für „auf die Erde" haben wir das syrische kill, das koptische 2IXM TTK.a.2
und das altgeorgische ¿!33yo>6i£o. Hinter den letzten zwei Ausdrücken kann man * erci tf|v
yfjv bzw. * eni xfj<; yfj<; vermuten (siehe W.E. CRUM, Coptic Dictionary, Oxford 1939, 538;
F. BLASS, A. DEBRUNNER, Grammatik des neutestamentlichen Griechisch bearbeitet von F.
REHKOPF, Göttingen 4 1979, 186-187; vgl. oben die Anm. 196), was man in diesem Kontext
wahrscheinlich nicht im Sinne „auf die Erde", sondern als „zur Erde" deuten sollte. Das syrische k Jl macht dagegen als seine Vorlage *ei<; xr]v ynv nicht unwahrscheinlich; vgl. Gen 3,19:
K -^mi)) öujq, k;lJ ^.asoiLj Lo^. .InA
j
iL^o^o
.^.Q3oiJL ]*£yxAo ho) liEiXj
Dem griechischen eni bzw. eii; im Sinne „auf die Oberfläche von" entspricht die Präposition
vgl. Mt 10,29; 10,34; Apk 6,13; 9,1; 12,4; 12,9; 12,13; 13,13. Für das ei«; in Joh
12,24 KOKKCK; itearov eii; tf|v yfjv steht im Syrischen jedoch n .
201
G. WURST, Homilie (wie Anm. 73), Bd. II, 214 hält diese Zeile aufgrund ihres Fehlens
in der koptischen Version und bei Pseudo-Epiphanius für eine nachträgliche Entwicklung der
syrischen Fassung, ohne jedoch ihre inhaltliche Übereinstimmung mit V. 31,2a (= Z. 638) zu
besprechen. Die zitierte syrische Lesart bezeugt zumindest, daß die Rede der Erde schon
von dem syrischen Übersetzer bzw. seiner Vorlage als an den begrabenen Christus gerichtet
verstanden wurde.
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3. Der sogenannte Kompositionsrahmen
des Ps.-Ath.
45
Das fünfte Argument gegen die Deutung Wursts, daß die Erde nach ihrer
Rede die Leiber der Toten hergibt, ist die Einzahl der entsprechenden Begriffen
imV. 31,6(= Zz. 649-651); vgl.: „Nimm Dir den Menschen <zurück> ...,nimm
Dir Dein Ebenbild <zurück> ..., nimm Dir den Adam <zurück>" (vgl. V. 27,13:
„Denn nachdem der Herr die Hölle zerstört und den Tod zertreten hatte, hat er
den Feind in eine Notlage versetzt: die Seelen brachte Er aus der Hölle hinauf,
die Leiber aber ließ Er aus der Erde auferstehen").
Ist nun die Rede der Erde an den begrabenen Christus gerichtet, wie wir
es wahrscheinlich zu machen versucht haben, dann kann es schwerlich darum
gehen, daß die Erde - wie Wurst meint - „die Leiber der Menschen wieder
hergeben"202 soll, weil es nach der inneren Chronologie des Textes schon
geschehen ist. Bei unserer Analyse des Wort/Werk-Motivs im zweiten Teil
des Kompositionsrahmens werden wir vielmehr davon ausgehen, daß die unmittelbare Antwort auf die Rede der Erde die Auferstehung des Herrn selbst
ist, an Den sie gewendet ist. Dies ist u.E. aus dem V. 32,1 (= Z. 652) deutlich,
der der Rede unmittelbar nachfolgt:
V. 31,6c ( = Z . 651): „ . . . nimm Dir den Adam <zurück>, der gemäß
seiner Art geheilt ist."
V. 32,1 (= Z. 652): Da ist Christus auferstanden von den Toten am dritten Tag.
Wie schon oben erwähnt, enthält der V. 31,4 (= Zz. 645-647) das Wort/Werk
Motiv in seiner vollen Form203:
(645) Doch (7tX/nv) wenn Du nur durch Dein Wort geredet hättest,
(646) hätte Deinem Befehl nichts sich widersetzen können,
(647) aber (aXka) Deine Liebe (äyajni) hat Dich gedrängt
(ävcr/KD^eiv), zu Deinem Gebilde (nkäa\üa) zu kommen.
Das Kommen Christi zur Erde in Seinem Leib (siehe oben Anm. 200) wird also
Seinem Wort gegenübergestellt, durch das Er das gleiche hätte erzielen können,
was Er wegen Seiner Liebe durch persönliches Eingreifen erreichen will. Diese
doppelte Wort/Werk Struktur erinnert an die doppelte Schöpfung des Menschen
durch Wort und Tun in V. 3,3-4 (= Zz. 47-52) und an die Ermahnung zur tätigen Liebe in der Nachfolge Christi in V. 3,1 (= Zz. 37-38; 40-42).
202
203
G . WURST, H o m i l i e ( w i e A n m . 73), Bd. II, 214.
Es sei nun bemerkt, daß die Erwähnung der Liebe in der Z. 647 nur in der koptischen
Fassung bezeugt und mit großer Wahrscheinlichkeit sekundär ist (siehe darüber im Anhang
III „Zur Textgeschichte des sogenannten Kompositionsrahmens" und bei G. WURST, Homilie (wie Anm. 73), Bd. II, 215). Die syrische und die altgeorgische Fassung bieten in den
Zz. 645-648 das Wort/Werk-Motiv in folgender Form: „Wenn du aber durch das Wort den
Befehl gegeben hättest, wären alle Leiber vor deinem Angesicht erstanden. Da du aber auf
die Erde gekommen bist und die Glieder deines Geschöpfes gesucht hast ..." (syrische Fassung, übersetzt nach Wurst); „Hättest Du nur aber <mit einem> Wort befohlen, und <dann>
würden alle Leiber vor Dir auferstehen. Du bist aber zur Erde gekommen und suchtest nach
Verlorenen, die Deine Schöpfung sind" (altgeorgische Fassung).
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
46 utsrponmlihgfedcbaMLKIGEDA
Kapitel I: Die Erschaffung des Menschen nach dem Ebenbild Gottes
Das Ziel des Verweilens des Leibes des Herrn unter der Erde ist auf Koptisch verwischt worden, ist aber in der syrischen und der altgeorgischen Fassung überliefert:
Syrische Fassung:
(645) i^.001 f b s
(646) . ^ ¡ o n
octi
oooi ¿n/n
U)
goiii
(645) Wenn Du aber durch das Wort
befohlen hättest,
(646) wären alle Leiber vor Dir
auferstanden.
Altgeorgische Fassung:
(645) ¿ A ^ c o bniJjy^iQ bciEocaayi
^j&ftdiBa
(646) £do> yci33c?Boa(3i ¿016(360
^¿foSpico&aü 836 ^oBj.33.204
(645) Hättest Du aber <mit e i n e m > Wort
befohlen,
(646) da würden alle Leiber vor Dir
auferstehen.
Was der Herr mit einem Wort hätte bewirken können, ist also die allgemeine
Auferstehung aller Leiber. Nach dem im Ps.-Ath. entwickelten Parallelismus
kann diese nicht vollzogene Handlung mit dem schöpferischen Befehl in Gen
1,26205 in Verbindung gebracht werden, der im Denken des Verfassers durch eine
Tat (nämlich durch das Gen 2,7 nacherzählende „Formen" des Menschen aus
der Erde) vervollständigt werden sollte. Diesem jedoch nicht ausgesprochenen
Wort stellt die Erde das Kommen Christi zu ihr bzw. zu dem in ihr verstreuten „Gebilde" des Herrn gegenüber, das demselben Parallelismus zufolge dem
Erschaffen des Menschen aus der Erde entsprechen soll206 (vgl. Vv. 3,3b-4 =
Zz. 49-52) 207 . Wollen wir nun den gerade angesprochenen Parallelismus ernst
nehmen, dann müßen wir die im V. 32,1 (= Zz. 652) auf das Flehen der Erde
im V. 31,6 (=Zz. 649-651) hin geschehene leibliche Auferstehung des Herrn
aus der Erde als die zweite Erschaffung des Menschen aus der Erde verstehen,
die einerseits der allgemeinen Auferstehung gleich ist (vgl. z.B. Vv. 31,5-6 =
Z. 656-657; Vv. 32,7-8 = Zz. 658-663,665), andererseits aber das nha<3\ia des
Menschen wiederherstellt (vgl. V. 4,1 = Zz. 54-56 und V. 32,9 = Zz. 662-663,
665). Denn, wenn wir wie oben besprochen die Rede der Erde als an den in ihr
204
Text nach M . VAN ESBROECK, Fragments (wie Anm. 135), Zz. 152-154.
Vgl. V. 3,3a = Zz. 4 7 - 4 8 .
206
Zugleich läßt das in V. 31,4 (= Zz. 6 4 5 - 6 4 7 ) wieder aufgenommene Wort/Werk-Motiv
an die Paränese in V. 3,1 (= Zz. 37-38, 4 0 - 4 1 , siehe Anm. zu V. 3,1) denken: „Zeigt aber die
Kraft der Liebe nicht bloß im Wort, sondern ... in der Tat, [denn siehe, auch Er, unser Herr,
erwies uns Seine Liebe nicht nur im Wort, sondern auch in den Werken,] denn der Herr gab
Sich als Lösegeld für uns alle hin."
207
Es sei an dieser Stelle betont, daß es bei dem besagten Parallelismus keineswegs
nur um ein rhetorisches Gestaltungsmittel handelt. Die Erneuerung des icAxxoixa des Adam
ist im Denken des Verfassers tatsächlich eine zweite Schöpfung, vgl. V. 4,1 (= Zz. 54-57):
„Adam aber geriet unter die Hand des Todes wegen seiner Übertretung, und das Geformte
(TtXdajia) des Adam hatte es nötig, daß es noch einmal durch Gott den Schöpfer geformt
werde (nXacroeiv), auf daß es geheilt sei", wo das Verb n;\.Jk.ce (< *ic>.dooEiv) unzweideutig
auf Gen 2,7 hinweist.
205
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
3. Der sogenannte Kompositionsrahmen
des Ps.-Ath.
AI
begrabenen Christus gerichtet verstehen, dann ist die Auferstehung des Herrn
die Erfüllung des Zwecks Seines Kommens zur Erde und Seines Suchens nach
den verstreuten Gliedern des Adam, die die Erde der nie geschehenen Auferweckung aller Leiber durch das Wort gegenüberstellt208.
In diesem Zusammenhang scheint es uns nicht ganz abwegig, die folgende
Vermutung zu äußern. Wie schon im Abschnitt 3.1 herausgestellt wurde, verbinden wir den Anfang des zweiten Teiles des Kompositionsrahmens mit dem
V. 30,2b (= Zz. 621 ff). Die mit diesem Vers eröffnete Passage (V. 30,2b-4 =
Zz. 621-626; 631) berichtet darüber, wie der Geist Christi die Seelen aus der
Hölle befreit. Die Befreiung geschieht durch die Worte des Herrn an alle Seelen
(V. 30,2b-3 = Zz. 622-626):
Geht heraus, ihr Gefesselten, die ihr in der Finsternis und im Schatten des Todes sitzt,
das Licht ist euch aufgegangen! Ich verkündige euch das Leben, denn Ich bin Christus,
der Sohn Gottes.
Wenn wir nun die Auferstehung Christi im V. 32,1 (= Z. 652) einerseits als
das Wiederherstellen der ursprünglichen unversehrten leiblichen Verfassung
Adams verstehen und andererseits sie (die Auferstehung) in der Struktur des
Wort/Werk-Motivs auf die Seite des Werkes stellen, dann könnte man annehmen, daß die Befreiung der Seelen durch das Wort des Herrn im Wort/WerkParallelismus auf der Seite des Wortes steht. Mit anderen Worten ausgedrückt,
geht unsere Vermutung dahin, daß man im Schlußteil des Ps.-Ath. (Vv. 30,2b ff
= Zz. 621 f f ) eine ausgebaute Struktur wiedererkennen kann, deren Teile im
Verhältnis des Wort/Werk-Motivs zueinander stehen. Die Befreiung der Seelen
durch das Wort des Herrn in Vv. 30,1-4 (=Zz. 612-615; 621-626; 631) entspricht den Worten Christi in Gen 1,26 (vgl. V. 3,3a = Zz. 47-48) und ist an
sich unzureichend. Die Auferstehung aus der Erde (V. 32,1 = Z. 652) läßt sich
als die zweite Schöpfung des Adam aus der Erde209 deuten und ist im Denken
des Verfassers der Ausdruck der tätigen Liebe des Herrn zu den Menschen, die
208
V. 32,2 (= Z. 653: „Er nahm die Heiligen mit Sich empor zu Seinem Vater") bietet für
unsere Interpretation nur scheinbar ein Hindernis. Zum einen handelt es sich bei diesem Vers
um eine sekundäre Lesart der koptischen Version (siehe G. WURST, Homilie (wie Anm. 73),
Bd. II, 217), wobei Pseudo-Epiphanius und die syrische Fassung einen jeweils unterschiedlichen Text enthalten. Zweitens bedeutet das „Hinaufführen" der Heiligen keineswegs ihre
Auferstehung, was die Deutung Wursts (siehe oben, Anm. 190) unterstützen würde (vgl.
V. 32,1 = Z. 652 „Da ist Christus auferstanden" (TCÜOYN) und V. 32,2 = Z. 653 „Und Er nahm
(Xi) die Heiligen mit Sich empor zu Seinem Vater"). Von der Auferstehung der Heiligen ist
also im V. 32,2 nicht die Rede, V. 32,1 spricht dagegen ausdrücklich von der Auferstehung
Christi. Schließlich bleibt zu erwägen, ob nicht mit den „Heiligen" die „Seelen der Heiligen"
(V. 30,4a = Z. 631), die der Herr „befreit hat" (vgl. V. 30,4b = Z. 631 und V. 27,13 = Z. 559),
gemeint sein können.
209
Die Rolle der Erde im zweiten Teil des Kompositionsrahmens kann man in der ersten
Annäherung so umschreiben, daß sie hier wie auch im V. 3,4 (= Z. 50-52) an der zweiten
Erschaffung des Menschen passiv beteiligt ist.
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
48 zutsrponmlihgfedcbaMKIGEDA
Kapitel I: Die Erschaffung des Menschen nach dem Ebenbild Gottes
schon in der ersten Schöpfung durch eine Tat (vgl. Vv. 3,3b-4 = Zz. 49-52)
offenbar geworden ist.
Daß in unserer Textanalyse dem Leib eine der Seele gegenüber bevorzugte
Stellung zugewiesen wird, deckt sich mit den Beobachtungen Wursts, der in
seinem Kommentar zu den Zz. 641-651 (= Vv. 31,3-6, Zz. 641-643 sind nur
syrisch überliefert) schreibt: „in diesem Gedanken, daß Christus den leiblichen
Menschen in den Himmel trug, kulminiert der gesamte Text der Homilie; und
daß dabei weder an dieser Stelle noch im folgenden nochmals von der Seele
die Rede ist, zeigt ganz deutlich, daß der wesentliche Punkt, auf den es dem
Verfasser ankommt, eben das Theologumenon von der leiblichen Auferstehung
ist."210
Diesem Urteil kann man mit einer kleinen Ergänzung, daß nämlich durch das
Wort/Werk-Motiv im zweiten Teil des Kompositionsrahmens eine Verbindung
zur Ermahnung zur tätigen Liebe im V. 3,1a (= Zz. 37-38) und zum Bericht
über die Erschaffung des Menschen durch das Wort und das Werk des Herrn
in den Vv. 3,2-4 (= Zz. 43, 46-52) hergestellt wird, und daß somit der ganze
Text auch eine paränetische Dimension erhält, völlig zustimmen 2 ".
3.1.3. Die Erschaffung des Menschen nach dem Ebenbild Gottes im Kompositionsrahmen und in den mit ihm zusammenhängenden
Abschnitten
Eine ausführliche Analyse des sogenannten Kompositionsrahmens liegt außerhalb der Zielsetzungen unserer Arbeit. Es liegt uns vielmehr insofern daran,
auf den Rahmen als ein den Aufbau und die Entwicklung der wichtigsten Themen des Ps.-Ath. strukturierendes Mittel hinzuweisen, als in beiden Teilen des
Kompositionsrahmens die Erschaffung des Menschen angesprochen wird (vgl.
Vv. 3,3-4 = Zz. 47-52; V. 32,9212 = Z. 662-663, 665). Nach unserer Meinung
stellt der Kompositionsrahmen den natürlichen, d. h. von dem Verfasser bewußt
geschaffenen Kontext dar, in dem das Thema der Erschaffung des Menschen
nach dem Ebenbild Gottes zunächst verstanden werden soll. Wie wir es oben
(siehe Abschnitte 3.1.1. und 3.1.2.) zu zeigen versucht haben, ist der Kompositionsrahmen mehr als ein Rahmen, da aus ihm die Achse und die inhaltliche
Mitte des Ps.-Ath. zu gewinnen ist, so daß das Verständnis der Erschaffung
des Menschen nach dem Ebenbild Gottes im Ps.-Ath. primär aufgrund der
Aussagen des Rahmens begriffen werden soll, wie wir jetzt darstellen wollen.
210
211
G . WURST, H o m i l i e ( w i e A n m . 73), Bd. II, 2 1 6 .
Dieses Urteil gilt auch für die Vorlage des Ps.-Ath.; was die koptische Fassung an und
für sich anbetrifft, so wird hier die genannte paränetische Dimension durch die Hinzufligung
des Liebesmotives im V. 31,4 (= Z. 647) noch verstärkt; siehe darüber Anhang III zu diesem
Kapitel.
212
Diese Stelle liegt außerhalb des von uns hauptsächlich nach dem Kriterium des Vorhandenseins des Wort/Werk-Motivs abgegrenzten zweiten Teiles des Kompositionsrahmens,
hängt aber mit dem Rahmen eng zusammen.
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
3. Der sogenannte Kompositionsrahmen
des Ps.-Ath.
49
Dabei muß versucht werden, zwischen dem ursprünglichen Konzept der Ebenbildlichkeit in der griechischen Vorlage des Ps.-Ath. und seinem Niederschlag
in der koptischen Übersetzung zu unterscheiden.
Wir fangen mit der Feststellung an, daß die Schöpfungsworte von Gen 1,26
an drei kompositioneil hervorgehobenen Stellen des Ps.-Ath. zitiert werden.
Außer den Vv. 3,3 ff (= Zz. 47 ff) handelt es sich dabei um den zum sogenannten
Kompositionsrahmen im erweiterten Sinne gehörenden V. 32,9 (= Zz. 662-663,
665), sowie um V. 15,1 a—b (= Zz. 320-323), der den zweiten Hauptteil des
Ps.-Ath. einleitet 213 . Der V. 15,1a b (= Zz. 320-323) gehört nach Wurst zur
sogenannten Überleitung (Zz. 320-362 = Vv. 15,1-16,10) zwischen den beiden Hauptteilen, in der der Forscher eine enge Bezogenheit auf die Zz. 5 4 - 6 2
(= Vv. 4,1-2) feststellt 214 . An einer anderen Stelle 215 verweist Wurst auf die inhaltlichen Zusammenhänge zwischen dem Anfang und dem Ende des zweiten
Hauptteiles. Ohne hier auf diese Beobachtungen vertiefend eingehen zu können,
begnügen wir uns mit dem Hinweis, daß der Anfang des zweiten Hauptteiles,
zu dem auch der uns interessierende V. 15,1 (= Zz. 320-323) gehört, mit dem
Anfang des ersten Hauptteiles sowie mit dem Ende des zweiten Hauptteiles
zusammenhängt. Dieser Zusammenhang wird auch mit der Überschrift zu diesem Abschnitt angesprochen. Da jedoch V. 15,1 (= Zz. 320-323) wie auch die
ganze Überleitung zum zweiten Hauptteil das Wort/Werk-Motiv nicht enthält
und insofern dem Kompositionsrahmen im engeren Sinne nicht zugeordnet
werden kann, werden wir mit der Analyse der Bedeutung und der Rolle der
Erschaffung des Menschen nach dem Ebenbild Gottes im Kompositionsrahmen
an und für sich beginnen.
Wie die Vv. 3 , 3 - 4 (Zz. 47-52) deutlich zeigen, hängt die Idee des göttlichen
Ebenbildes und Gleichnisses im Menschen mit dem Wort /Werk-Motiv insofern
zusammen, als die Erschaffung durch das Werk im V. 3,4 (= Zz. 50-52) die Ausführung des schon im Wort gefaßten Planes (V. 3,3 = Zz. 4 7 - 4 8 ) darstellt:
(47) MITE T T N o y T e £ Ü 3 epoq eTpeqxooc (47) Es hat Gott nicht genügt zu sagen:
(48) x e Ma.pNTa.Meid MoypcuMe k a t s .
(48) „Lasset uns einen Menschen machen
neNeiNe MN TeNgiiccDN
nach (Korea) Unserem Gleichnis und
Unserem Bild (eitccbv)",
(49) xwx
xqrpe TTJCUB O Y A ^ C J N C A
(49) sondern (ä"AA&) Er ließ die Tat dem
nqA-xe
Wort folgen.
213
V. 32,9 (= Zz. 662-663, 665) ist in seiner ursprünglichen vollen Form auch in der
syrischen und altgeorgischen Fassung sowie bei Pseudo-Epiphanius überliefert (siehe Anmerkung zum V. 32,9 in unserer Übersetzung im Anhang I zu diesem Kapitel). Die Zeugen des
V. 15,1a—b (= Zz. 320-323) sind außer dem Ps.-Ath. die syrische Version (Zz. 320-323), das
Additamentum und die altgeorgische Version (Zz. 322-323). Der von G. Wurst rekonstruierte
Text von den Zz. 320-323 (siehe G. WURST, Homilie (wie Anm. 73), Bd. II, 224) lautet: „(320)
Nach all diesem Dienst zum Tode also (321) und dem Verderben des Menschen, (322) besuchte
Gott sein Geschöpf, (323) das er geschaffen hatte nach seinem Bild und Gleichnis."
214
G . W U R S T , H o m i l i e ( w i e A n m . 7 3 ) , B d . II,
215
G . W U R S T , H o m i l i e ( w i e A n m . 7 3 ) , B d . II, 2 1 5 .
155.
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50 zxvutsrponmlihgfedcbaXTMKIGED
Kapitel I: Die Erschaffung des Menschen nach dem Ebenbild Gottes
(50) A.TTNOYTE r s . p xi
NOYK.S.2 GBOA. 2 M
nKAg
(51) ^qTTA^CCE MMoq NoypcuMe KATÍ.
T e q 2 | K t u r J MÑ n e q e i N e
(52) AQNIQE E G O Y N £ M N E Q J Ö
NCUN¿
NOYTTNOH
(50) Gott nahm nämlich (yap) etwas Erde
von der Erde
(51) < u n d > formte (itWiaaeiv) daraus einen
Menschen nach ( m x ä ) Seinem Bild
(EIK6V) und Seinem Gleichnis,
(52) < u n d > Er blies in sein Gesicht einen
Lebenshauch (nvor\).
Die göttliche Ebenbildlichkeit wird also weder mit dem Wort noch mit dem
Werk Gottes exklusiv in Verbindung gebracht, sondern hat ihren Ursprung
in dem Willen Gottes, den Menschen nach Seinem Bild und nach Seinem
Gleichnis zu erschaffen, der sowohl im Wort als auch im Werk Gottes seinen
Ausdruck findet. Die besondere Liebe Gottes zu dem Menschen, die der Verfasser des Ps.-Ath. anhand des Wort-Werk-Motivs zu seinem Thema macht,
liegt nach seiner Auffassung nicht primär darin, daß der Mensch nach dem
Ebenbild Gottes geschaffen worden ist, sondern eher darin, daß der Mensch im
Unterschied zur übrigen Schöpfung durch das Wort und durch die Tat Gottes
ins Leben gerufen wurde.
Wie oben (siehe Abschnitt 3.1.2., S. 40) schon besprochen, ist das Subjekt
des Verses 3,1b (= Z. 42: „denn (y&p) der Herr gab Sich als Lösegeld für uns
alle hin") identisch mit „Gott" in den Zz. 47 und 50 (= Vv. 3,3-4). Man kann
deswegen folgern, daß das Bild und das Gleichnis Gottes (Zz. 48 und 51 =
Vv. 3,3-4), nach denen der Mensch erschaffen wird, Bild und Gleichnis des
Herrn sind216.
216
Will man im Rahmen des im Text explizit Gesagten bleiben, so muß man die Frage,
wer hier unter dem Herrn zu verstehen sei, dahingehend beantworten, daß Er mit dem Erlöser
(siehe V. 3,1b = Z. 42) identisch ist. Der Vergleich mit den Vv. 32,7-9 (= Zz. 658-663, 665:
„Denn nachdem Er gestorben war, bekleidete Er Sich mit dem Menschen .... Ihn brachte
Er als Gabe Seinem Vater. <...> ist weder Gold, noch Silber, sondern der Mensch, den Er
nach Seinem Gleichnis und Seinem Ebenbild geschaffen hat") zeigt ferner, daß unter dem
Erlöser und Herrn der präinkarnierte Christus zu verstehen ist, Der (gegen G. WURST, HOmilie (wie Anm. 73), Bd. II, 116 und Anm. 570) sowohl hier als auch in der Pascha-Homilie
103, Z. 780; 104, Z. 791; 105, Z. 801 (vgl. auch Ps.-Ath. V. 15,6 = Z. 334) deutlich genug
von Gott dem Vater unterschieden wird. In seinem Kommentar (siehe G. WURST, Homilie
(wie Anm. 73), Bd. II, 218-219) deutet Wurst die Worte „nach Seinem Gleichnis und Seinem Ebenbild" ohne Begründung auf Gott den Vater. Diese Worte sind syrisch, koptisch,
altgriechisch und altgeorgisch überliefert. Während die koptische und syrische Fassung für
die Entscheidung der Frage, ob der Mensch nach dem Ebenbild des Vaters oder Christi
geschaffen wurde, irrelevant sind, bietet Pseudo-Epiphanius in der betreffenden Z. 665 öv
EJITAXÖEV Kax' Eitóva Kai Ó|IOÍÜXJIV aÚTOÍi, was nicht unbedingt tur die Verbindung mit dem
Vater spricht, weil amoO auch im Sinne des lateinischen ipsius gebraucht werden kann
(vgl. F. BLASS, A. DEBRUNNER, Grammatik (wie Anm. 200), 234). Die altgeorgische Version
bietet die Lesart J3B¿ b¿(5)¿¡5 cnjUi - „erschuf zu Seinem Eigenen Bild" (siehe M. VAN
ESBROECK, Fragments (wie Anm. 135), 82, Z. 164; zur reflexiven Bedeutung von C0030
(Haupt) siehe F. ZORELL, Grammatik zur altgeorgischen Bibelübersetzung mit Textproben
und Wörterverzeichnis (Scripta Pontificii Instituti Biblici), Roma 1930, 36-37, 112-113 und
H. FÄHNRICH, Grammatik der altgeorgischen Sprache, Hamburg 1994, 75). Es ist also nicht
auszuschließen, daß der Georgier in seiner Vorlage znXatszv Kax' EÍKÓVÍX ÉamoO las (über
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J. Der sogenannte
Kompositionsrahmen
des
Ps.-Ath.
51
Der Verfasser thematisiert weder die Frage nach dem Sinn des Schöpferplurals im von ihm zweimal zitierten Gen 1,26 noch die nach dem Wesen des
göttlichen Urbildes, nach dem der Mensch geschaffen wird. Daß der Schöpfer
und der Erlöser des Menschen identisch sind, ist dagegen für den Ps.-Ath. von
eminenter Wichtigkeit.
Wie schon mehrfach erwähnt, geschieht die Erschaffung des Menschen bei
Ps.-Ath. in zwei Etappen, wobei die Betonung auf der zweiten liegt, die im
Wort/Werk-Motiv mit dem Werk assoziiert wird. Dabei werden die beiden Etappen, die den biblischen Schöpfungsberichten (Gen 1,26 - V. 3,3 = Zz. 47-49; Gen
2,7 = V. 3,4a = Zz. 50-52) entsprechen, als eine zweiteilige Schöpfungshandlung
gesehen: nach der Auffassung des Ps.-Ath. wird also in Gen 2,7 das ausgeführt,
was Gott bzw. der Herr in Gen 1,26 in Worte gefasst hatte. Dementsprechend
ist der nach dem Ebenbild und nach dem Gleichnis Gottes geschaffene Mensch
mit dem aus der Erde Geformten gleich (vgl. V. 3,4 = Zz. 50-52).
Diese Identifizierung muß nun in bezug auf die Ebenbildlichkeit des geschaffenen Menschen verdeutlicht werden. Es steht zunächst fest, daß das
Bild, nach dem der Mensch erschaffen wird, das des Herrn ist. Im V. 3,3 =
Zz. 47-49 sagt Gott (bzw. der Herr), daß es der Mensch (*äv0pomot;>upecM
pcuMe;
UJ)
im Paralleltext der syrischen Version) ist, der nach Seinem Bild und
Seinem Gleichnis geschaffen (*JIOIEVV> T i M e i ö ;
werden soll. Es kann
kaum bestritten werden, daß an dieser Stelle „der Mensch" die leib-seelische
Einheit und nicht einfach „den Leib" oder „die Seele" bezeichnet. Heißt es
dann im V. 3,4 (= Zz. 50-52): „Gott nahm nämlich (yäp) etwas Erde von der
Erde <und> formte (TT^dtaceiv) daraus einen Menschen nach (KCXT&) Seinem
Bild (eiKcav) und Seinem Gleichnis, <und> Er blies in sein Gesicht einen Lebenshauch (TIVOII)", so wird nach wie vor mit dem Ebenbild und dem Gleichnis
Gottes „der Mensch" in Verbindung gebracht, aber das Schöpfungsverb ist jetzt
in Übereinstimmung mit Gen 2,7 *7t^dooeiv (*jiA,dca£iv > TTAACce, ^ ^ ) ,
Verwechselung von orò-coO und EAUTOÖ in den Papyri siehe F.TH. GIGNAC, A Grammar of the
Greek Papyri of the Roman and Byzantine Periods, Voi 2, Morphology (Testi e documenti
per lo studio dell'antichità LV-2), Milano 1981, 170-170). Des weiteren ist zu bemerken,
daß die De anima et corpore-Überlieferung nichts über die Erschaffung des Menschen
nach dem Ebenbild des Vaters weiß, während das Ebenbild in der Z. 51 (= V. 3,4b) das des
Erlösers = des präinkarnierten Christus ist, Der im V. 15,6 ( = Z . 3 3 4 ) - u n d zwar in allen
Versionen - „Sohn" genannt wird. Schließlich muß gesagt werden, daß die Verbindung des
im V. 32,9 (= Z. 665) erwähnten Ebenbildes mit Christus aus der gesamten logischen Struktur
der Homilie resultiert: der Schöpfer und Erlöser des Menschen erzielt die Wiederherstellung
des menschlichen Leibes in Seinem eigenen auferstandenen Leib. Sowohl die erste als auch
die zweite Schöpfung (= Auferstehung) des Menschen wird von Christus durchgeführt und
ist auf Ihn bezogen. Kommt es dem Verfasser in der Tat „auf das Theologumenon von der
leiblichen Auferstehung" an (so G. WURST, Homilie (wie Anm. 73), Bd. II, 216), so muß er
den Leib als Ebenbild Gottes mit dem Sohn und nicht mit dem Vater in Verbindung setzen,
weil der letztere Gedankengang dem polemischen antignostischen Skopus seine ganze Schärfe
nehmen würde.
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52 vutsrponmlkihgfedcbaXWMKIGED
Kapitel I: Die Erschaffung des Menschen nach dem Ebenbild Gottes
und der Hinweis auf die Erde macht deutlich, daß es in seiner gewöhnlichen
Bedeutung „bilden, formen" verstanden werden soll217.
Soll nun dieser Wortwandel anzeigen, daß der Begriff „Mensch" im V. 3,4
(= Zz. 50-52) jetzt „Leib, Körper" bedeutet und ausschließlich dieses materielle Element mit der Ebenbildlichkeit assoziiert wird? Diese Interpretation
scheint uns insofern zu weit zu gehen, als der Text nicht von dem „Leib" oder
„Körper", sondern von dem „Menschen" spricht, womit ausdrücklich an V. 3,3
(= Zz. 4 7 - 4 9 ) angeknüpft wird. In einem weiteren Schritt können wir darauf
aufmerksam machen, daß der Text weder die Seele noch den Leib, sondern die
schöpferische Tätigkeit Gottes als Mittelpunkt betrachtet: V. 3,3 (= Zz. 4 7 - 4 9 )
*7ioieiv> Ta.Meiö; V. 3,4 (= Zz. 50-52) *nXaaat:iv> TTA.2k.cce und *e|axp\)aäv> qieN
Niqe. Die zwei letzteren Handlungen werden einander nicht gegenübergestellt,
sondern bilden eine einzige Schöpfungstat, die mit dem Wort Gottes in V. 3,3
(= Zz. 4 7 - 4 9 ) kontrastiert wird (vgl. V. 2b = Z. 46: „Er hat uns durch das Wort
und durch die Tat geschaffen"). Die Absicht, den Menschen nach dem Ebenbild
Gottes zu schaffen, wird also durch diese doppelte Handlung ausgeführt. Daß
der aus der Erde nach dem Ebenbild Gottes Geformte gleich „Mensch" genannt
werden kann, zeigt u. E., daß die zweite Handlung nicht als eine anschließende,
sondern als eine parallele gedacht wird. Der Mensch ist gleich Mensch, weil
er neben der göttlichen Ebenbildlichkeit zugleich im Besitz des Lebenshauchs
ist. Somit ist er nach dem Ebenbild Gottes nicht nur geformt, sondern auch
geschaffen (siehe V. 3,3b = Z. 48), obwohl das Geformte auch ohne den Lebenshauch das Geformte nach dem Ebenbild Gottes bleibt.
Sehr bezeichnend für die Entwicklung der im ersten Teil des sogenannten
Kompositionsrahmens knapp formulierten Gedanken ist V. 15,1 (= Zz. 320-323).
Diese Stelle veranlaßt uns zugleich, über die Differenzen zwischen dem Ps.-Ath.
und seiner Vorlage zu sprechen. Der koptische Text lautet:
(320)
MNNcai
TTTä.K.ö
(321)
mn
(322)
a.TTNOYTe
TeqMNTBBiHN
mmin
(323)
RM
mn
ra.p
6 m
MTipcuMe
e T N A c y c u c
n c y i N e
M n e q n A A C M Ä
mmocj
eNra.qTi.Mioq-
T e q £ i K t D N
KÄ.TJL n e q e i N e
Und nun (yap), nach dem Verderben
des Menschen
( 3 2 1 ) und seinem großen Elend,
(322) hat Gott Sein eigenes Gebilde
(n'kaa\ia) heimgesucht,
(323) das Er nach (Korea) Seinem Gleichnis
und nach Seinem Bild (eiiccbv)
geschaffen hatte.
(320)
Der koptische Wortlaut läßt annehmen, daß das *7tX.ao|j.a Gottes (Z. 322) „dem
Menschen" (Z. 320) entspricht. Über dieses *7tÄ.ccG^j.a wird (Z. 323) ausgesagt,
das es „nach dem Gleichnis und nach dem Bild" Gottes geschaffen (nicht „geformt") worden sei, was soviel bedeuten müßte, daß das *jtXaa|ia an dieser Stelle
mit dem ganzen aus der Seele und dem Leib bestehenden Menschen identisch
217
Zur Bedeutung des gräko-koptischen TTA.3i.cce siehe A. BÖHLIG, Die griechischen
Lehnwörter im sahidischen und bohairischen Neuen Testament, SECÄ 2, München 2 1958,
176.
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3. Der sogenannte Kompositionsrahmen
des Ps.-Ath.
53
ist. Der Paralleltext der syrischen Version und des Additamentums hat aber in
der Z. 323 nicht
was dem koptischen T^Meiö „erschaffen" entsprechen
und auf das *7ioievv in der griechischen Vorlage hindeuten würde, sondern das
Äquivalent des Schöpfungsverbs aus Gen 2,7 ^ ^ (<*7i^dcoeiv). In der Formulierung der Vorlage war also die Ebenbildlichkeit durch die Begriffe *7iXccaoei,v
und *7itaxona deutlich mit dem Leib assoziiert; dem in der Erde verwesten Leib
(vgl. Vv. 14,5-7 = Zz. 298-319) galt auch das „Heimsuchen" Gottes.
Nun könnte man annehmen, daß die Lesart der koptischen Z. 323 ein Zufall
ist 2 ' 8 oder daß eventuell die beiden syrischen Zeugen die Vorlage nicht präzise
genug wiedergeben. Eine weitere Stelle aus dem Abschnitt, der dem zweiten
Teil des Kompositionsrahmens unmittelbar folgt (Vv. 32,7-9 = Zz. 658-663,
665), zeigt jedoch, daß es sich weder um einen Zufall noch um einen Fehler
der syrischen Übersetzung handelt: yxutrqponmjigfecaYTONMKHA
(658) NTepqMOY ra.p a. qi' npcoMe
j i cut oq
(659) ä.ycu ^qj ciTcj NHM^ q egpAi e m e
NMTTHY6
(660) e q ö N o y i
n o y c o t
NMMaxj
(661) ¿.qxirq NAcupoN Mneqeicuf •
(662)
o y n o y b
n e
(663) o y A e OY?3. f
(665)
TTpeUMe
K.3.TJL
neqei Ne
ne
TTeNT2kX|Ta.MeiOqmn
Teqgi KcuN
(658) Denn (yccp) nachdem Er gestorben war,
bekleidete Er Sich mit dem Menschen
(659) und nahm ihn mit Sich empor in den
Himmel der Himmel,
(660) indem Er Einer und Derselbe mit ihm
war.
(661) Ihn brachte Er als Gabe (Scöpov)
Seinem Vater.
(662) <Diese Gabe> ist weder Gold,
(663) noch (oüöe) Silber,
(665) sondern (ccM.cc) der Mensch, den Er
nach (KOCTÖC) Seinem Gleichnis und Seinem Ebenbild (EIKWV) geschaffen hat.
In der Z. 665 hat die syrische Version als Schöpfungsverb wiederum nicht
sondern
, und diese Lesart wird durch den Pseudo-Epiphanius unterstützt,
wo die Z. 665 wie folgt lautet: aX'k, ocv0pctmov öv inkaatv
K A R E I K O V O CiaK
Kai
ö(j.oiox5iv ceuToi)21''. Obwohl nun die Meinung Wursts, daß „der Mensch" in der
Z. 665 für die menschliche Natur des Erlösers steht, die zugleich die gesamte
erlöste Menschheit einschließt 220 , im Großen und Ganzen zutreffend ist, muß
man sie insofern ergänzen, daß die Vorlage dabei den Akzent offensichtlich auf
die Leiblichkeit des erlösten Menschen bzw. des auferstandenen Erlösers setzt,
während die koptische Fassung diesen Akzent neutralisiert 221 .
218
Nach W.E. CRUM, A Coptic Dictionary, Oxford 1939, s.v. kann Ta. Mei o sowohl für
noieiv als auch für jtXöcaoEiv stehen.
219
Das Zeugnis der altgeorgischen Fassung, die die Z. 665 ebenfalls überliefert hat, ist
irrelevant, weil der kritischen Ausgabe des altgeorgischen Alten Testamentes von Gigineisvili
zufolge alle Handschriften in Gen 2,7 und Gen 1,26 dasselbe Schöpfungsverb 83^866 gebrauchen, das auch an der betreffenden Stelle in der Z. 665 steht, siehe B. G I G I N E I S V I L I ,
Cignni juelisa att'k'umisani, n. 1: sesak'misay, gamoslvat'ay (jveli k'art'uli mcerlwbis jeglebi
XI 1), Tbilisi 1989, 65-66.
220
G . WURST, H o m i l i e ( w i e A n m . 7 3 ) , B d . II, 2 1 9 .
221
Entsprechend müßte man in der Rekonstruktion der Z. 665 nicht „geschaffen" wie
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5 4utsrponmlihgfedcbaMKIGED
Kapitel I: Die Erschaffung des Menschen nach dem Ebenbild Gottes
Worum es dem koptischen Redaktor bzw. Übersetzer eigentlich geht, kann
man an einem Beispiel der Fortschreibung seiner Vorlage mehr oder weniger
deutlich erkennen. Die syrische Version der Zz. 338-340; 343-344 bietet den
folgenden Text222:
(338)
(339)
(340)
(343)
(344)
.^KjIj
U-Jfn looio
(338) und er wurde Mensch, wie du es bist,
(339) damit er errette den Menschen, der
-loci i ^ ;
DOJSU,
zugrunde gegangen war,
(340) und einsammle all seine Glieder,
.OOOI ^V^Dj jOIQJDJOI
A-L30
die zerstreut waren.
(343) Denn was der Tod zerstreut hatte,
oi^a ^
als er den Menschen geteilt,
(344) das hat Christus gesammelt, als er
IAJ) ^A aivu. p LUAJQAAnwi
I"> <in-.
AOIzwvutsronmlihgfedcbaVTMIHGDCBA
den Menschen in sich [selbst]
vereinigte.
Wurst erklärt in seinem Kommentar diese Stelle sowie die ganze Homilie De
anima et corpore aus der Situation der Polemik des 2. Jahrhunderts gegen die
gnostische Lehre über die geistige Auferstehung: „Sie (die Gnostiker) sprachen
wahrscheinlich von der ursprünglichen Teilung des Menschen, die zum Tod geführt habe, sie sprachen von den in den toten Gliedern des Leibes anwesenden
lebendigen Gliedern des Menschen, die allein auferstehen würden, und sie
sprachen von der Vereinigung dieser Glieder mit den Gliedern, d. h. mit den
Engeln der jeweiligen Pneumatiker, im Pleroma, d. h. von der Sammlung der
verstreuten Glieder des verlorenen, dem Verderben ausgelieferten Menschen
zum "AvGpomoi;. All dies, und das ist der wesentliche Punkt, schloß den Glauben an eine leibliche Auferstehung aus. An diesem Punkt setzt der Prediger an
und greift die Terminologie dieser Gnostiker auf: Der Mensch ist sehr wohl
am Anfang geteilt und zerstreut worden, aber aufgrund des Sündenfalls und
in Leib und Seele, was zum Zerfall des Körpers in seine einzelnen Glieder gefuhrt hat; es gibt eine erlösende Vereinigung des Menschen durch Christus, aber
nicht im gnostischen Sinn einer Sammlung zerstreuter geistiger Glieder bzw.
einer Vereinigung der Pneumatiker mit ihren Engeln, sondern als Sammlung
jener zerstreuten Glieder, in welche eben der Leib, als Folge der Teilung des
Menschen durch den Tod, zerfallen ist; und das bedeutet schließlich, daß es
durchaus eine Auferstehung gibt, aber nicht nur eine geistige, wie die Gnostiker
glauben, sondern eine leibliche: Dieser materielle Leib ist es, „dieses Bild, das
überall zerstreut ist" (Z. 644223), das Christus „dem Vater als Geschenk dargebracht hat" (Z. 661224); und dadurch erfahrt der Mensch sich wieder als ... das
G. WURST, Homilie (wie Anm. 73), Bd. II, 230, sondern „geformt" annehmen.
222
Übersetzung von G. WURST, Homilie (wie Anm. 73), Bd. I, 24.
223
= V. 31,3.
224
= V. 32,8.
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3. Der sogenannte Kompositionsrahmen des Ps.-Ath.
55
Geschöpf, das im A n f a n g n a c h Gottes Bild u n d G l e i c h n i s g e s c h a f f e n w o r d e n
ist u n d a u f g r u n d seiner T o d e s v e r f a l l e n h e i t der Neuschöpfung
bedurfte." 2 2 5
D i e h e r a u s r a g e n d e B e d e u t u n g des m e n s c h l i c h e n L e i b e s und der leiblichen
A u f e r s t e h u n g in d e r g e m e i n s a m e n griechischen Vorlage der v e r s c h i e d e n e n
Versionen v o n De anima et corpore, die u. E. a u c h in den o b e n b e s p r o c h e n e n
Z. 3 2 3 ( = V. 15,1) u n d Z. 6 6 5 (= V. 32,9) zu s p ü r e n war, läßt sich in d e m eben
zitierten syrischen Stück (Zz. 3 3 8 - 3 4 0 , 3 4 3 - 3 4 4 ) 2 2 6 daran e r k e n n e n , d a ß hier
im E r l ö s u n g s w e r k Christi v o r allem das S a m m e l n d e r zerstreuten G l i e d e r des
M e n s c h e n - sprich, des L e i b e s - unterstrichen w i r d (vgl. Zz. 340, 343, 344).
D i e k o p t i s c h e F a s s u n g hat d e m g e g e n ü b e r eine A k z e n t v e r s c h i e b u n g v o l l z o g e n ,
die an d e r F o r t s c h r e i b u n g dieses Stückes (vgl. Vv. 1 6 , 1 - 1 7 , 1 = Zz. 3 4 5 - 3 5 9 )
sichtbar w i r d , die n u r auf K o p t i s c h überliefert ist. U m dies zu b e l e g e n , zitieren
w i r Vv. 1 5 , 7 - 1 6 , 8 (Zz. 3 3 7 - 3 5 5 ) :
(337) Er (d. h. der Vater) hat Ihn (d. h.
den Sohn) im Mutterleib der Jungfrau
(itapGevoi;) Fleisch (aap^) werden
lassen,
(338) e a . q < y c u n e N p c u M e N 6 I T T N O Y T G
(338) so daß Gott Mensch geworden ist,
(339) e T e p < | N O Y 2 M HTTeNTAC|CtUpM
(339) damit Er den Verirrten rette
(340) 3.YCD NqCCÜOY2 ejOYN NNeTJKOOp (340) und die sammle, die zerstreut waren
(337)
a.qTepqp
ca.pj.
j n
tk.a.a.a.2h
NTTTa.peeNoc
GB07V.
(341)
2'TM
(342)
ijqccDOYZ
(343)
N€NT3I
NAi
eTeqi.reAH
-XOOpOY
'
6BOA
rrptuMe '
i n e x c
ea.qp~
(345)
MMOOY
TTMOY
e ^ q n e a p
(344)
MTTAIXBOAOC '
n e n e o N o c
C O O Y 2 0 Y
e j o y n
npcuMe N O Y ^ N k e c o n
MN T G ^ Y X H
MN TTCCUMS '
(346) TTMOY r ^ p AqMep Te'l'YXH 2N
AHNTe
(347)
ei.qBGA
(348) I . q n e c y
T C ^ p i
npcuMe
GBOA
2M
NK.I.2
ECNAY
(349) TTCCOTHp
IC iqBGA
TG'f'YXH GBOA. 2^ NGCMppe
225
(341) durch den Neid (cpOövoi;) des Teufels
(öiäßo/.og.
(342) <und> sie versammle in Seine Herde
(dyEXri).
(343) Das, was der Tod zerstreut hatte, als
er den Menschen gespalten hatte,
(344) hat Christus gesammelt, indem Er
den Menschen noch einmal zu einem
machte,
(345) mit Seele (xi/upi) und Leib (offl(ia).
(346) Denn (ydp) der Tod hat die Seele
(yv>xf|) in der Hölle gebunden,
(347) während er das Fleisch (aapi;) in der
Erde aufgelöst hat.
(348) Er hat den Menschen in zwei
<Teile> gespalten.
(349) Der Erlöser (acoxfip) Jesus hat nun
die Seele (\|/t>XTi) von ihren Fesseln
gelöst,
G. WURST, Homilie (wie Anm. 73), Bd. II, 167.
Das Stück ist in etwas erweiterter Fassung auch auf Koptisch (vgl. Vv. 15,7-16,1),
und verkürzt im 13. melitonischen Fragment, im Additamentum und in der altgeorgischen
Version überliefert. Wurst nimmt alle zitierten Zeilen in einer unbedeutend korrigierten Form
in seine Rekonstruktion der Vorlage auf (siehe G. WURST, Homilie (wie Anm. 73), Bd. II,
224 und den Anhang II zu diesem Kapitel).
226
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56 yxvutsrponmlihgfedcbaMKIGED
Kapitel I: Die Erschaffung des Menschen nach dem Ebenbild
(350)
ei.c|Mep T c i p S " a g
on
£n
NeqjTMoycuN
(351) a.Ytu ¿-C|ntoy 6 2 0 Y N MnecNAY
(352)
NOYS NOYCUT TE^YXH
MN TTCCDMA
(353)
AqtyooNqoY
(354)
mn N e Y e p H Y
MTTCCUHA NTE^YXH '
Gottes
(350) das Fleisch a b e r ( o a p ^ 8e) hat Er
an die G e l e n k e g e b u n d e n .
(351) E r b r a c h t e sie ineinander.
(352) Er m a c h t e sie zu e i n e m einzigen: die
Seele ( i | / u x i ) UN(L den Leib (ATO^A).
(353) Er f ü g t e sie z u s a m m e n .
(354) Er g a b den L e i b (a(»\ia) der Seele
( W C T | )
(355) 3LYCU TG^YXH MTTCCUMJL
(355) u n d die Seele (vt/upi) d e m Leib
(od>[ioc).
Der Vergleich der Zz. 338-343 des koptischen Textes mit dem zitierten Stück
aus der syrischen Version (siehe oben die Zz. 338-340, 343-344) zeigt, daß
in der Z. 339 das Wort „Mensch" und in der Z. 340 das Wort „Glieder" eliminiert sind und die Zz. 341-342 hinzugefügt sind. Ferner demonstrieren die
Zz. 339-342 in der koptischen Version deutliche Anklänge an die Parabel vom
verlorenen Schaf und an das Motiv vom guten Hirten227. Durch die Eliminierung
der „Glieder" in der Z. 340 und durch das Hinzufügen der Z. 342 ist aber die
ursprüngliche Idee des Sammeins der zerstreuten Glieder des menschlichen Leibes durch Christus völlig verwischt worden. Die Z. 342 läßt durch den Anklang
an Joh 10,16 und 11,52 daran denken, daß die zu Versammelnden einzelne
Menschen sind. Daß es aber dem Redaktor nicht um die Menschen im Plural
geht, zeigen die Zz. 345 ff, die nur auf Koptisch überliefert sind. Das erlösende
Werk des Sohnes Gottes wird hier abweichend von der Vorlage nicht primär
darin gesehen, daß Er den Leib wiederhergestellt hat228, sondern darin, daß der
Herr die Seele und den Leib wieder zusammengefügt hat. Denn den Zz. 345 ff
zufolge sind es die Seele und der Leib, die von dem Tod zerstreut und von
Christus gesammelt worden sind. Wurst erklärt diese Akzentverschiebung der
koptischen Fassung aus der Notwendigkeit, zu konkretisieren, was Christus
eigentlich vereinigt hat, nachdem in den Zz. 339 und 340 jeweils die Wörter
227
Vgl. Z. 339 neNTa.qccupM „der Verirrte" und Mt 18,12 xo TtX.avwfievov; Z. 340 c c u o y g
EJOYN NNETXOOP GBOA „versammeln die, die zerstreut waren" und Joh 11,52 i v a Kai xä
xeKva xoij 9EOÜ xa öi£(7K0pju<T(jiva avvu:fö.yr\ ei«; ev; Z. 342 CCUOY2 MMOOY ETEQ^REAH „in
Seine Herde versammeln" und Joh 10,16 Kai a W c t rcpoßaxa ex® ... KÖtKEiva Sei (xe ä y a y e i v
... Kai yevfiaovxai (xia 7toinvr|. Das Problem dieser Angleichung an die neutestamentlichen
Motive in der koptischen Fassung von De anima et corpore wurde sehr ausführlich von G.
Wurst (auf ihn gehen alle oben angeführten neutestamentlichen Parallelstellen zurück) in
seinem Kommentar (siehe G. WURST, Homilie (wie Anm. 73), Bd. II, 159-163) analysiert.
Der Kommentator kommt zum Ergebnis, daß die Angleichung nicht ursprünglich und „nachträglich, vielleicht erst auf der Stufe der koptischen Textüberlieferung" entstanden ist (a.a.O.,
163). Der innere Widerspruch des koptischen Textes, der in seiner überlieferten Gestalt die
Herde Christi (Z. 342) mit dem Menschen zu identifizieren scheint, dessen Leib und Seele
vom Sohn Gottes wieder vereinigt wurden, ist nach Wurst auf diese sekundäre Angleichung
zurückzuführen.
228
Vgl. Zz. 340, 3 4 3 - 3 4 4 in der syrischen Version, siehe das Zitat auf der S. 54.
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3. Der sogenannte Kompositionsrahmen des Ps.-Ath.
57
„Mensch" und „Glieder" gestrichen worden sind229. Uns scheint es aber, daß
diese Akzentverschiebung auf einer Linie mit dem Ersetzen des ursprünglichen
Schöpfungsverbes *jiÀ.àaaeiv durch TAMeio (<*jioieiv) in V. 15,1 (= Z. 323)
und V. 32,9 (= Z. 665) liegt (siehe die Zitate oben, S. 52-53). An drei von uns
besprochenen Stellen hat der unbekannte Redaktor die für seine Vorlage zentral
wichtige Betonung der Rolle des Leibes bei der Erschaffung und der Erlösung
des Menschen abgeschwächt. Die Vv. 16,1-16,8 (Zz. 343-355) machen deutlich, daß es diesem Redaktor eher um die Wiederherstellung der leib-seelischen
Einheit des gefallenen Menschen in Christus und nicht um die Widerlegung der
gnostischen Lehre über die Zerstreuung der geistigen Glieder ging.
Der bis jetzt behandelte Befund des sogenannten Kompositionsrahmens und
der mit ihm zusammenhängenden Stücke hat in bezug auf die Erschaffung
des Menschen nach dem Ebenbild Gottes gezeigt, daß Ps.-Ath. abweichend von
seiner Vorlage, wo die Idee der Ebenbildlichkeit mehr mit dem Leib des Menschen assoziiert wird, eher an den aus Leib und Seele bestehenden Menschen
denkt, wenn er (wie im V. 3,3 = Z. 48; V. 15,1 = Z. 320-323 und Vv. 32,7-9
= Zz. 658-663, 665) Gen 1,26 zitiert. Das Urbild für diesen Menschen ist
sein Schöpfer, der Herr (bzw. Gott, vgl. Vv. 3,1-4 = Zz. 37-52; Vv. 32,7-9 =
Zz. 658-663, 665). In dem einzigen Zitat aus Gen 2,7 (V. 3,4 = Zz. 50-52)
wird die Idee des göttlichen Ebenbildes mit dem durch das Verb *nXaaaeiv>
TTA^cce bezeichneten Formen aus der Erde verknüpft, was daran denken läßt,
daß die Ebenbildlichkeit an dieser Stelle auch in der koptischen Fassung mit
der menschlichen Gestalt assoziiert wird. Es hat sich ferner gezeigt, daß der Begriff *7tÀ.àcfj.a> n A ì C M i von dem Ps.-Ath. für den ganzen aus Leib und Seele
bestehenden Menschen gebraucht werden kann (vgl. V. 15,1= Z. 322-323).
Um nun das Konzept des Ps.-Ath. bzw. seiner Vorlage in bezug auf das göttliche Ebenbild im Menschen in seinen wesentlichen Zügen verstehen zu können,
muß die Entwicklung dieses Themas im Kompositionsrahmen betrachtet werden.
Im folgenden werden wir von der von uns im Abschnitt 3.1.2 vorgeschlagenen
Interpretation des Kompositionsrahmens ausgehen.
Zwei von uns noch nicht behandelte Aussagen über das Ebenbild Gottes
innerhalb des Kompositionsrahmens finden sich im V. 31,3 (= Z. 644) und
im V. 31,6 ( = Z . 650) in der sogenannten Rede der Erde an den Sohn Gottes.
Bei der Interpretation der Rede ist zu beachten, daß im Moment der Rede die
Seelen der Heiligen vom Geist Christi schon befreit sind (siehe Vv. 30,1-4 =
Zz. 612-615, 621-626, 631). Der mit der Rede der Erde inhaltlich und kompositioneil verbundene Text innerhalb des Kompositionsrahmens, von dem her
sie sich verstehen läßt, sind die Vv. 4,1-2 (= Zz. 54-60) 230 :
229
230
G . WURST, H o m i l i e ( w i e A n m . 73), Bd. II, 168.
Der V. 4,2 (= Zz. 58-60) gehört nicht zum Kompositionsrahmen im engeren Sinne
und wird hier als eine Verdeutlichung des V. 4,1 behandelt.
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58 utsrponmlihgfedcbaMKIGED
Kapitel I: Die Erschaffung des Menschen nach dem Ebenbild Gottes
(54) Ä.AÄ.M a g a.qqjcune ¿ A T O o r q
MTTMOY G T B 6 T e q n i . p i . B i . c i c
(55) a . y a > a . n e n A a . c M ¿
j> x p i i .
(54) Adam aber (8é) geriet unter die Hand
des Todes wegen seiner Übertretung
(raxpaßaGK;),
(55) u n d d a s G e f o r m t e ( 7 t X á o | i a ) d e s A d a m
(57) x e K i c e q e o y j c A i
(58) ¿.rrpcDMe ri.p c p o q p e q eqTOMc
enx.i.2
hatte es nötig (xpeia),
(56) daß es noch einmal durch Gott den
Schöpfer (StipioupYÓ;) geformt werde
(jtX.áaoeiv),
(57) auf daß er (d.h. Adam) gerettet sei.
(58) Denn (yáp) der Mensch, begraben in
der Erde, ist verwest,
(59) e i . T T e n Ñ i n c u p x
(59) w ä h r e n d j e n e r G e i s t (7tvei)(j.a) s i c h v o n
(56)
E T P E Y N A I C C E M M o q NKECOTT E B O A
£iTOOTq MnNoyTe TTAHMioyproc
CBOA MMoq
(60) n a j ' eNTi.qNiqe e g o y N {e^pAqJ
Ñ£HTQ- e a i q q j c u n e NOYTTNOH NÍDN£
ihm getrennt hat,
(60) von dem Er (d.h. Gott) {in sein
Gesicht} geblasen hat, als er (d.h. der
Geist) zum Lebenshauch (revoií) wurde.
Die richtige Interpretation dieser Stelle hängt u. E. davon ab, wie man die Z. 57
versteht, und zwar wen oder was man als ihr Subjekt denkt: das *nkáa\ia>
n A i C M i . im Sinne „des Leibes", oder Adam. Grammatisch sind beide Möglichkeiten gegeben. Wurst bezieht eqeoY-X-ä-i auf das *7t^áo|ia 231 . Orlandi und
Behlmer-Loprieno geben die koptische Konstruktion in ihrer Doppelsinnigkeit
wieder 232 . Budge verbindet die Idee der Errettung mit Adam 233 .
Nun kann man für die Übersetzung von Budge einige Argumente bringen.
Die vielleicht wichtigste Überlegung ist dabei die, daß der Gedanke der Errettung ( o y j c i i ) im Ps.-Ath. nirgendwo im Zusammenhang mit dem Leib allein
vorkommt. Durch den ganzen Text läßt sich dagegen die folgende, in ihrem
Konzept wohl auf die Vorlage zurückgehende Begrifflichkeit nachweisen: der
Tod (bzw. der Widersacher) trennt - ncucy oder r r c u p x - die Seele von dem
Leib (vgl. V. 4,4 = Z. 64-65, syrische Version Z. 64 -A>S; V. 7,5 = Z. 140;
V. 16,1 = Z. 343, syrische Version - ^ a ; V. 6,4 = Z. 348). Das Fleisch (*oápQ,
der Leib ( * A C O | I A ) oder das Geformte (*JtX,áo|m) des Menschen löst sich ( B C U A
G B O A . ) in der Erde auf (vgl. V. 4,5 = Z. 67, syrische V e r s i o n - ) ^ ; V. 4,8 =
Z. 72; V. 4,11 = Z. 77; V. 6,3 = Z. 113; V. 16,2 = Z. 347)234. Dieses Auflösen
231
G. WURST, Homilie (wie Anm. 73), Bd. I, Z. 57: „damit es gerettet werde".
La tradizione (wie Anm. 103), 40: „e il plasma di Adamo ebbe bisogno
di essere plasmato una seconda volta da Dio il demiurgo, affinché si salvasse". H. BEHLMER-LOPRIENO, Predigt (wie Anm. 139), 25: „und der Körper Adams mußte von Gott, dem
Schöpfer, noch einmal geformt werden, damit er gerettet werde."
233
W . BUDGE, Homilies (wie Anm. 1 0 4 ) , 2 5 9 : „the material body of Adam needed to be
fashioned a second time by the hand of God, the Fabricator, in order that he might receive
salvation".
234
Der andere in bezug auf den Leib in der Erde oft verwendete Begriff ist Ti.K.O - „zugrunde gehen, vernichtet werden," vgl. V. 5,1 (= Z. 84), syrische Version -)ÌA; V. 5,3
(= Z. 87); V. 6,2 (= Z. 112); V. 6,5 (= Z. 118); V. 6,6 (= Z. 124), syrische Version - U , V. 6,9
( = Z . 129), syrische V e r s i o n - U ; V. 8,3 ( = Z . 149).
232
T. ORLANDI,
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3. Der sogenannte Kompositionsrahmen
des Ps.-Ath.
59
des Leibes wird als Zerstreuen (xcucupe) seiner Glieder ( d u r c h den
Tod (bzw. den Teufel) beschrieben (vgl. V. 4,7 = Z. 69, syrische Version
V. 5,2 = Z. 86, syrische Version nach der Emendation von Wurst V. 10,1
= Z. 193; V. 15,7 = Z. 340, syrische Version und Additamentum - j^ 2 3 5 ; V. 16,1
= Z. 343). Der Tod hat also den Menschen in Leib und Seele geteilt und den
Leib in der Erde zerstreut236. Die Seele aber wurde in der Hölle gefesselt (MOYP;
vgl. V. 4,5 = Z. 66, syrische Version - «cd; V. 5,5 = Z. 95, syrische Version - »cd;
V. 6,4 = Z. 116; V. 15,4 = Z. 332).
Das erlösende Werk Christi besteht nach der Vorlage des Ps.-Ath. zum einen
im Sammeln der zerstreuten Glieder und zum anderen in der Wiedervereinigung
der Seele mit dem Leib. Dies ist aus dem schon zitierten Stück Zz. 338-344 in der
syrischen Fassung ersichtlich (übersetzt nach Wurst; der entsprechende koptische
Text ist durch spätere Überarbeitung entstellt worden, vgl. Vv. 15,7-8): zyxwvutsrponmlkjihgf
(338)
(339)
(340)
.^kj), ^J
.looi
lomo
jjojaj,
.oooi ¿ÍJB, .otüD,cn ,ooArA
(343)
tn^a p
II-QJD if=>, pju Ks
(344)
U-i) ^A oij- p
),.
AJO jAm
.omainn
(338) und er wurde Mensch, wie du es bist,
(339) damit er errette den Menschen, der
zugrunde gegangen war,
(340) und einsammle all seine Glieder,
die zerstreut waren.
<343) Denn was der Tod zerstreut hatte,
als er den Menschen geteilt,
(344) das hat Christus gesammelt, als er den
Menschen in sich [selbst] vereinigte.
Das Sammeln
Z. 344) bezieht sich also auf die von dem Tod zerstreuten
Glieder; das Getrenntsein von Seele und Leib wird dadurch aufgehoben, daß
der Sohn Gottes „den Menschen in sich [selbst] vereinigte"
Z. 344). Diese
beiden Handlungen sind mit dem in der Z. 339 genannten Erretten (oja) des
Menschen gleichzusetzen.
Nun kann man zeigen, daß auch Ps.-Ath. den Begriff „erretten" (OYX^I)
nie mit dem Sammeln der Glieder, sondern mit der Errettung des ganzen
Menschen, bzw. der ganzen Menschheit in Verbindung setzt. Vgl. V. 20,1
(= Zz. 407-409):
(407) T j j T e TJ.ra.TTH FTTA n e x c
(407)
o y o n £ c eBOA
(408) e^qMoy ZJipoN ¿.NON Ñpeqp NOBG- (408)
(409) ;xeic2LC eqeTOY-XON
(409)
So ist die Liebe (äy&KT\), die Christus
dadurch erwiesen hat,
daß Er für uns Sünder gestorben war,
damit wir geheilt würden.
235
Die Glieder sind in der syrischen Fassung erwähnt, die an der betreffenden Stelle in
der Übersetzung von G. WURST, Homilie (wie Anm. 73), Bd. I, Z. 339-340 lautet: „damit
er errette den Menschen, der zugrunde gegangen war, und einsammle all seine Glieder, die
zerstreut waren."
236
V g l . d i e Z z . 5 8 - 5 9 ( = V. 4 , 2 ) a u s d e m z u a n a l y s i e r e n d e n Stück: A n p c u H e r a . p c p o q p e q
MMoq „Denn (yap) der Mensch, begraben in
der Erde, ist verwest, während jener Geist (nvewixa) sich von ihm getrennt hat".
e q T O M c ETTKAZ e i . n e r t N i n c u p x E B O A
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60 wvutsrponmlihgfedcbaMKIGED
Kapitel I: Die Erschaffung des Menschen nach dem Ebenbild
Gottes
In der Z. 409 hat eqeTOYXON - eine Kausativform von OY-X3J - als ihr Objekt nicht den Leib, sondern die ganze Menschheit. Das nächste Beispiel sind
die Vv. 2 9 , 6 - 7 (= Zz. 588-589):
(588) TOTE ¿.TeKTHcic TH[>C EIME x.e
(588) d a n n ( t ö t e ) hat die g a n z e S c h ö p f u n g
(Ktioii;) b e g r i f f e n , d a ß
(589) E T B E N O Y X I I MNPTUME NTA.YK.PINE (589) u m d e s H e i l s d e s M e n s c h e n w i l l e n
MTTEKpiTHC'
der R i c h t e r (Kpi/nfe) gerichtet
(Kpiveiv) w u r d e . . .
Auch in diesem Fall deutet nichts darauf hin, daß „der Mensch" (TTpcuMe) in
Z. 589 etwas anderes als „die ganze Menschheit" bedeuten soll. Das gleiche
bezeugt ebenfalls V. 29,18 (= Zz. 602-603):
(602) ENG MTTS T t x o E i c c y n £ICE n s
MN TMNTpcuME
(603) n e p e npcuME Nä.qp oy-Xai Ni.cy
Nge n e
(602) W e n n der Herr < z u s a m m e n > mit
der M e n s c h h e i t nicht gelitten hätte,
(603) w i e k ö n n t e der M e n s c h z u m Heil
gelangen?
Der Gedanke der Errettung der ganzen Menschheit durch den Tod Christi wird
auch in V. 32,3 (= Z. 654) zum Ausdruck gebracht:
TMNTpcüMe ra.p THpc
nMoy
cn^oy-Xai
etbe
mttexc
D i e g a n z e M e n s c h h e i t wird also ( y a p ) z u m
Heil gelangen 2 3 7 w e g e n des Todes Christi.
Vor diesem Hintergrund 238 kann man kaum daran zweifeln, daß Budge mit
seiner Übersetzung der Z. 57 (siehe oben, Anm. 233) recht hatte, wenn er an
dieser Stelle die Errettung nicht mit dem Leib, sondern mit dem Menschen als
solchem verband. Die Begrifflichkeit der Zz. 5 8 - 5 9 (= V. 4,2) zeigt außerdem
deutlich an, daß hier auf die Errettungsbedürftigkeit des Menschen im Allgemeinen hingewiesen wird:
(58) ¿.npcoME rä.p c p o q p e q e c j t o m c
enKi.2
(59) e 2 l t t e t t n 2 i n c u p x e b o a . mmoc|"
(58) D e n n ( y a p ) der M e n s c h , b e g r a b e n in
d e r Erde, ist
verwest,
(59) w ä h r e n d j e n e r Geist (jtvetipci) sich v o n
i h m getrennt hat ...
Z. 58 hat also die Zerstreuung des Menschen in der Erde zu ihrem Thema, in
der Z. 59 wird die Trennung ( n c u p x ) der Seele von dem Leib benannt. Die
Zz. 54 und 5 5 - 5 6 benennen dieselbe Sachlage, aber in der umgekehrten Reihenfolge. Die Z. 54 formuliert mit dem Ausdruck „Adam aber geriet unter die
Hand des Todes" ( ¿ A A M A E ^ q c y c u n e ¿ ^ T O O T t j MTTHOY 23 ') die nach dem
237
Im parallelen griechischen Text des Pseudo-Epiphanius (siehe G. WURST, Homilie
(wie Anm. 73), Bd. I, 69, Z. 654) steht an entsprechender Stelle die Form eatb&naav.
238
Vgl. ferner V. 18,8 (= Z. 396) und V. 21,3 (= Z. 434).
239
G. WURST, Homilie (wie Anm. 73), Bd. II, 125 rekonstruiert die griechische Vorlage
für das koptische ¿.qcytorre £a.TOOTcj MTTMOY als -bjiö 9<xvoitov ejieae und übersetzt diese
Stelle (Bd. I, Z. 54) als „Adam aber wurde dem Tode untenan".
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3. Der sogenannte Kompositionsrahmen des Ps.-Ath.
61
Sündenfall eingetretene Todesverfallenheit Adams, die die Trennung der Seele
von dem Leibe zur Folge hat240. Die Zz. 55-56 sprechen die andere Folge der
Sterblichkeit an, nämlich die Verweslichkeit des Leibes. Der Zustand der Zerstreuung des Leibes muß durch seine Neuformung überwunden werden, damit
der Mensch als Ganzes errettet sei (oy^C^i, vgl. Z. 57). Die Komposition des
Stückes ist also die folgende:
54 - Sterblichkeit des Adam, die die Trennung der Seele vom Leib zur Folge hat
55-56 - Zerstreuung des Leibes
57 - Errettung
58 - Zerstreuung des Leibes
59 f f - T r e n n u n g der Seele vom Leib241
Ist diese Interpretation richtig, dann will Ps.-Ath. (und hier scheint er seiner
Vorlage zu folgen, vgl. Anm. 241) mit der Z. 57 die Bedeutung der Wiederherstellung des Leibes für die Errettung des ganzen Menschen unterstreichen.
Die letztere versteht er als die Wiedervereinigung des geheilten Leibes mit der
Seele. Wichtig für ihn ist aber, wie bereits gesagt, die Neuformung des verweslich gewordenen Geformten (*7tX,do(ia), das er in der Z. 51 (= V. 3,4) mit dem
Ebenbild des Schöpfers (= des Herrn) in Verbindung setzt.
Es soll nun ausgehend von dieser Interpretation verfolgt werden, wie
das in den Vv. 3,3-4 (= Zz. 47-52) angesprochene Thema der Erschaffung
des Menschen nach dem Ebenbild Gottes im zweiten Teil des sogenannten Kompositionsrahmens entwickelt wird. Das in Frage kommende Stück
(Vv. 31,3-6 = Zz. 641-651) beginnt nach der von Wurst erstellten Synopse
mit den Zz. 641-643, die offensichtlich zum Urtext gehört haben, in der koptischen Fassung aber nicht überliefert sind242. Wir zitieren diese Stelle nach der
syrischen Version, die den Sinn des Abschnittes besser als die altgeorgische
bewahrt hat243:
240
Über den Tod als die Trennung der Seele von dem Leib in der De anima et corporeÜberlieferung siehe G. WURST, Homilie (wie Anm. 73), Bd. II, 126.
241
Die gleiche Struktur liegt auch der syrischen Fassung zugrunde (zitiert nach der
Übersetzung von G. WURST, Homilie (wie Anm. 73), Bd. I):
54 Als der Mensch nun im Tod versank durch einen Betrug,
55 bedurfte das Geschöpf wiederum,
56 von neuem geschaffen zu werden von seinem Schöpfer
57 zur Rettung.
58 Denn das Geschöpf verfaulte in der Erde,
60 jene Einhauchung aber, die zur lebendigen Seele geworden war,
61 als sie vom Körper getrennt wurde,
62 wurde sie an einem finsteren Ort festgehalten,
63 der Scheol genannt wird.
242
Den Text des ausgefallenen bzw. gestrichenen Stückes bringen wir in der Anm. 437
zum V. 31,2 in unserer Übersetzung des Ps.-Ath., siehe Anhang I zu diesem Kapitel.
243
Zu den Zz. 641-643 und ihrer Textgeschichte siehe den Kommentar von G. WURST,
Homilie (wie Anm. 73), Bd. II, 215.
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62 xwutsrponmlihgfedcbaXMKIGED
Kapitel I: Die Erschaffung des Menschen nach dem Ebenbild Gottes
(641)
(642)
.Im^oi. Lioi )i)s oji>
.kill i-iwi
Üb ^i-^jo
(643)
looi j^r^D, bot Uj) ì=, Vl^d II)
.bo,
(64i) Was für ein bestürzendes Mysterium!
(642) Weswegen, o Herr, bist Du zur Erde
herabgestiegen,
(643) wenn nicht wegen jenes Menschen,
der überall zerstreut war?
Der nachfolgende Text (Vv. 31,3-6 = Zz. 644-651) lautet:
(644)
(644) Denn (yotp) Dein ehrenreiches Ebena.yxoopec esox JM M5 NIM
bild (eiicwv) wurde überall zerstreut.
(645) TTA.HN eNe NTiKxooc MM^LTG
(645) Doch (jiXf|v) wenn Du nur durch
2H neK.cyi.Jce
Dein Wort geredet hättest,
(646) 6N6 MN
-f- oyB6
(646) hätte Deinem Befehl nichts sich
nex.OYe2C2i.2Ne
widersetzen können,
(647) xwx
T E K I . R I . N H A N ^ R K . I . 2 E MMOK. (647) aber (àXXà) Deine Liebe (ayourri) hat
eTpeKei qjxx neK.nAi.CHA
Dich gedrängt (àvoryicóc^eiv), zu Deinem Gebilde (n"Mi<j\ia) zu kommen.
(648) eie 2HHTe ra.p i.Ki.2 e P^TK
<648) Und fyap) siehe, Du hast Dich auf
nKi.2 KCYINE N C Ì . M M B A O C
die Erde gestellt, Du suchst nach den
MTTGK.TTA.2k.cM2L
Gliedern (pitax;) Deines Gebildes
(jtMapa).
(649) xi N2LK MTipcuMe Nee
(649) Nimm den Menschen zu Dir <zurück>
NOYTT2Lp2k.öHK.H '
wie ein anvertrautes Gut (7iapa0f|KT|),
(650) X I NÌK. NTEK.2IK.CUN
(650) nimm Dein Ebenbild (EÌKCÓV) zu Dir
eNT2LK02LA.cüO)c epoi
<zurück>, das Du mir anvertraut hast,
(651) JCI N Ì K Ni.ji.i.M EQOYOAC N T E Q 2 É . (651) nimm den Adam zu Dir <zurück>,
der gemäß seiner Art gerettet ist."
T6K2IKCUN R2IP C T T Ì . Ì H Y
Die Zz. 641-643 bereiten das in den nachfolgenden Zz. 644 ff entwickelte
Thema der Zerstreuung der menschlichen Glieder vor 244 . In den Zz. 6 4 3 - 6 4 4
handelt es sich also um den menschlichen Leib, der über die ganze Erde zerstreut (.xcotope, vgl. Z. 644) liegt. Dieser Leib wird in der Z. 644 „das Bild"
(*ei.Kcóv) des Herrn genannt, an Den die Rede der Erde gerichtet ist. Wie wir
im Abschnitt 3.1.2. gezeigt haben, machen die Zz. 6 4 5 - 6 4 6 in der syrischen
und der altgeorgischen Version deutlich, daß das Ziel der Ankunft des Herrn
zur Erde die Wiedererweckung der Leiber ist. Es sei hier die syrische Fassung
noch einmal zitiert:
(645)
(646)
i^oor fò3 IMd^, ooi ,[ III
oooi
JOOAD
.^-JDJQO
244
(645) Wenn Du aber durch das Wort
befohlen hättest,
(646) wären alle Leiber vor Dir
auferstanden.
An dieser Stelle kann der komplizierten Frage nach der Ursache des Weglassens (bzw.
des Ausfalls) der Zz. 641-643 in der koptischen Fassung nicht nachgegangen werden; über
die Zugehörigkeit dieses Stückes zur Vorlage sieheWUTSRG
G . WURST, Homilie (wie Anm. 73), Bd. II,
215.
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3. Der sogenannte Kompositionsrahmen des Ps.-Ath.
63
Die Erwähnung der Glieder
in der Z. 648 zeigt ferner, daß sowohl in
dieser Zeile als auch in der Z. 647 das Gebilde (*7tX.do|xa) immer noch für den
Leib steht. In den Zz. 6 4 9 - 6 5 0 bleibt der Bezug der Begriffe „Mensch" (Z. 649)
und „Ebenbild" (*ZVUSKEC
EIKÖ)V, Z. 650) auf den Leib dadurch aufrechterhalten, daß in
diesen beiden Zeilen das Deponieren „des Menschen", bzw. „des Ebenbildes"
an die Erde das Thema ist. Die Z. 651 weicht aber in mehreren Hinsichten von
dieser Reihe ab. Erstens ist uns in Ps.-Ath. keine weitere Stelle bekannt, wo
„Adam" den Leib bedeutet hätte. Zweitens fehlt in der Z. 651 der inhaltliche
Bezug zum Leib, wie es in den vorausgehenden Zeilen der Fall war 245 . Drittens
bezeichnet der Terminus OY^Xi-i (vgl. e q o y o j c - der gerettet ist), wie es oben
gezeigt wurde, nicht die Wiederherstellung der Integrität des Leibes, sondern
bezieht sich auf die Wiederherstellung des Menschen in seiner Ganzheit. Viertens erinnert die Z. 651 (= V. 31,6c) an V. 4,1 (= Z. 54-57) und insbesondere
an die Z. 57, wo es gleichfalls um die Errettung des ganzen Adam geht:
(54) Adam aber (8é) geriet unter die
(649)
Hand des Todes wegen seiner
Übertretung (reapö.ßaau;),
<650)
(55) und das Geformte (n'kàoyva)
des Adam hatte es nötig (%peia),
<651)
(56) daß es noch einmal durch Gott den
Schöpfer (Srijiioupyói;) geformt werde
Nimm den Menschen zu Dir <zurück>
wie ein anvertrautes Gut (7tapa0f|KT|),
nimm Dein Ebenbild (SÌKCÓV) ZU Dir
<zurück>, das Du mir anvertraut hast,
nimm den Adam zu Dir<zurück>, der
gemäß seiner Art gerettet ist."
(TtÀàaaeivj,
(57) auf daß er (d.h. Adam) gerettet sei.
Zuletzt muß man in bezug auf den nachfolgenden V. 32,1 (= Zz. 652 f f ) rekapitulieren, daß die Antwort auf die Rede der Erde die Auferstehung des Herrn ist,
Dessen aus der Erde auferstandener Leib jenen Adam darstellt, von dem die
Erde im letzten Satz ihrer Rede spricht.
Versuchen wir nun, die Rede der Erde und die ihr folgende Auferstehung
Christi in Zusammenhang mit dem V. 4,1 (= Zz. 54-57) zu verstehen, so kann
formuliert werden, daß die Zz. 641-650 dem Plan, das Ebenbild des Herrn
neu zu formen, entsprechen (vgl. die Zz. 54-56: „Adam aber (8é) geriet unter
die Hand des Todes wegen seiner Übertretung (raxpaßacnq), und das Geformte
{nkaa\ia) des Adam hatte es nötig (xpeia), daß es noch einmal durch Gott den
Schöpfer (8rniioupYÓ<;) geformt werde (jiA,daoeiv)"). Die Z. 651 nimmt dagegen
Bezug auf die Z. 57 („auf daß er (d.h. Adam) gerettet sei") und bereitet den
Übergang zum Bericht über die Auferstehung des Herrn (V. 32,1 = Zz. 652 f f )
vor, die zugleich die Sammlung der zerstreuten Glieder des Menschen und ihre
245
Der Ausdruck ecjOYOJC NTeqge, den wir als „der gemäß seiner Art gerettet ist"
übersetzt haben, zeigt an, daß es dem Verfasser nicht darum geht, daß Adam das Ebenbild
zurück erhalten hat (dann würde man NTeK.£e, d. h. „nach Deiner - Christi - Art" erwarten),
was in der Sprache des Ps.-Ath. dem Wiedererlangen seiner geheilten Leiblichkeit gleichkäme.
Adam kommt in Folge der Auferstehung buchstäblich zu sich selbst, was man schwerlich
anders deuten kann, als die Verbindung des wiederhergestellten Leibes mit der Seele.
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64 xutsrponmlihgfedcbaMKIGED
Kapitel I: Die Erschaffung des Menschen nach dem Ebenbild Gottes
Verbindung mit der Seele ist. Dieser Gleichzeitigkeit sucht Ps.-Ath. durch den
unmittelbaren Anschluß der Z. 651 gerecht zu werden, wo das Wort „Adam"
nicht mehr den Leib (wie z. B. „Mensch" in der Z. 649 oder „Ebenbild" in der
Z. 650), sondern den auferstandenen neuen Adam bezeichnet.
Das Thema der Erschaffung (bzw. der zweiten Erschaffung) des Menschen
nach dem Bild und dem Gleichnis Gottes wird durch den V. 32,9 (= Z. 662-663,
665) abgeschlossen. Wie der Vergleich dieses Verses mit der Begrifflichkeit
anderer Stellen (siehe oben S. 53 f f ) gezeigt hat, weist der Gebrauch des Schöpfungsverbes TàMeio (erschaffen) in der Z. 665 daraufhin, daß es sich hier um
die (Neu)Schöpfung des ganzen Menschen nach dem Bild Gottes handelt, was
als eine Weiterfuhrung der Z. 651 (vgl. auch V. 32,2 = Z. 654 und V. 32,6 =
Z. 657) gedeutet werden kann. Der V. 32,9 (= Z. 662-663, 665):
(662)
oynoyb
(663)
OYA6
OYZàT
2lN
n e
(665)
ì a à ì
npcüMe
Ä.N T i e
TTeNTAqTAMeioq
K.ATÌ. n e q e i N e mn Teq2iK.cuN
(662) <Diese Gabe> ist weder Gold,
(663) noch (o\>5e) Silber,
(665) sondern (ctM.a) der Mensch, den Er
nach (Kaxa) Seinem Gleichnis und
Seinem EbenbildvtiebWUTSRK
(eiKtbv) geschaffen
hat.
knüpft also mit seinem bewußten Zitat aus Gen 1,26 an die Vv. 3,3-4
(= Zz. 47-52) und insbesondere an den V. 3,3 (= Z. 48) an. Hier wie dort ist
der Erschaffende und das Urbild des Menschen der Herr Jesus Christus. Es ist
zweifellos an Ihn gedacht, wenn V. 3,4 (= Zz. 50-52), V. 31,3 (= Z. 644) und
V. 31,6 ( = Z . 650) das Ebenbild mit dem Leib des Menschen verbinden. Die
Formulierungen der Zz. 651 und 665 verschieben aber den Akzent von der
Leiblichkeit des Ebenbildes auf den ganzheitlichen Menschen. Dieser ersteht
aus der Erde und wird dem Vater als Gabe gebracht. In den Augen des Ps.-Ath.
ist er auch der Träger des göttlichen Ebenbildes.
Es kann daran erinnert werden, daß die Z. 665 ihrer Vorlage nicht folgt, indem sie das ursprüngliche Schöpfungsverb „formen" (*i:Xdooeiv) durch T A M e i o
(„erschaffen") ersetzt (vgl. oben S. 53). Ferner kann festgestellt werden, daß die
Lesart e q o y o x NTeqge „der gemäß seiner Art gerettet ist" in der Z. 651 ein
Zusatz ist, der nur durch die koptische Fassung überliefert ist246. Die Idee, daß
der aus der Erde erstandene neue Adam den gefallenen Adam in seiner leibseelischen Ganzheit wiederherstellt, wird also mit Bezug auf die Z. 57 (siehe
unsere Analyse oben) nur von dem koptischen Redaktor (bzw. Übersetzer)
in der Z. 651 aufgegriffen und in der Z. 665 weiter entwickelt. Somit ist die
oben erwähnte Verschiebung des Akzentes von der Leiblichkeit des Ebenbildes
auf den ganzheitlichen Menschen das ausschließlich pseudo-athanasianische
Proprium. Im Abschnitt 5.1 versuchen wir der Frage nach dem Sinn dieser
246
In der syrischen und altgeorgischen Version und bei dem Pseudo-Epiphanius ist nur
von „Adam" bzw. „deinen Adam" die Rede (vgl. G. WURST, Homilie (wie Anm. 73), Bd. I,
68-69).
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
4. Die Gottebenbildlichkeit
des Menschen nach dem Zeugnis des Ps.-Ath.
65
Veränderung der Vorlage nachzugehen. Vorher aber sei kurz formuliert, wie
die beschriebene Exegese der Erschaffung des Menschen nach dem Ebenbild
Gottes im Kompositionsrahmen des Ps.-Ath., sowie bestimmte andere Aussagen
des hl. Melito über das Ebenbild Gottes hinsichtlich ihrer eventuellen Rolle bei
der Ausformung des „Anthropomorphismus" (vgl. Abschnitte 2.4 und 2.4.1 der
Einleitung) bewertet sein könnten.
4. Die Gottebenbildlichkeit des Menschen nach dem Zeugnis
des Ps.-Ath. und der Pascha-Homilie des hl. Melito von Sardes
Es wurde oben (siehe Abschnitt 3.1.2., S. 40) festgestellt, daß das Subjekt des
Verses 3,1b247 identisch mit „Gott" in den Zz. 47 und 50 (= Vv. 3,3-4) ist. Auf
dieser Grundlage sind wir zu der Schlußfolgerung gekommen (siehe Abschnitt
3.1.3, S. 50-51), daß nach dem Zeugnis des Ps.-Ath. das Bild und das Gleichnis
Gottes (Zz. 48 und 51 = Vv. 3,3-4), nach denen der Mensch erschaffen wird,
Bild und Gleichnis des Herrn sind (vgl. auch V. 31,6 = Z. 650 und V. 32,9 =
Zz. 662-663, 665).
Mit dieser Feststellung kann auf die in der Einführung (siehe S. 16-17)
formulierte Hypothese über den möglichen Einfluß der melitonischen Literatur
auf die Entstehung und/oder Entwicklung der anthropomorphen Vorstellungen
von Gott eingegangen werden. Methodisch muß diese Frage von der nach den
Ansichten des hl. Melito bzw. des Ps.-Ath. bezüglich der Gottebenbildlichkeit
unterschieden werden.
Wenn also im letztgenannten Sinn der Befund bei Ps.-Ath. nicht von einer
bewußten anthropomorphistischen Position des Verfassers spricht, so kann andererseits kaum übersehen werden, daß die Vv. 3,3-4 (Zz. 47-52: „Es hat Gott
nicht genügt zu sagen: „Lasset uns Menschen machen nach Unserem Gleichnis
und Unserem Bild", sondern Er ließ die Tat dem Wort folgen. Gott nahm nämlich
etwas Erde von der Erde <und> formte daraus einen Menschen nach Seinem
Bild und Seinem Gleichnis, <und> Er blies in sein Gesicht einen Hauch des
Lebens") an und für sich genommen den Verdacht des Anthropomorphismus
wecken bzw. zum Gedanken der menschenähnlichen Gestalt Gottes hinführen
können. Diesen beiden Aspekten entsprechend muß gefragt werden, ob einerseits die Zirkulation des mißverstandenen Ps.-Ath. in Ägypten von Bedeutung
für die Entstehung bzw. Entwicklung der anthropomorphen Vorstellungen sein
könnte. Andererseits wäre es einer gesonderten Untersuchung wert, ob nicht
allein die bloße Lektüre des Ps.-Ath. und ihm ähnlicher Schriften durch die
Vertreter bestimmter Kreise zu dem Vorwurf des Anthropomorphismus bei ihren
Gegnern hätte führen können.
247
= Z. 42: „denn der Herr gab Sich als Lösegeld für uns alle hin".
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66 xvutsrponmlihgfedcbaXMKIGED
Kapitel I: Die Erschaffung des Menschen nach dem Ebenbild Gottes
Als ein weiteres Beispiel einer Stelle, die den Verdacht des Anthropomorphismus hervorrufen könnte, sei die Zeile 395 im Kap. 56 der Pascha-Homilie
des hl. Melito genannt. Die Stelle in ihrem Kontext lautet248:
(385) Alles Fleisch unterlag also der Sünde
(386)
KÖ.ao. o w aàpi; imo àp.apxiav
ë7iurcev
Kai jcâv arôjia i>7iò Oâvaxov,
(387)
K a i T c â a a M/ux1! ¿ K t o i )
(387)
(385)
und jeder Leib dem Tod
und jede Seele wurde aus ihrer
OÏKOV) ÈîjTiXaûvExo.
fleischlichen Wohnung vertrieben;
(388) und das aus der Erde Genommene
(388) Kai xò Xrm<p8Èv ¿k yrjç eiç yfjv
löste sich wieder in Erde auf,
àveXvexo,
(389) und das von Gott Gegebene wurde
(389) K a i x ò 8 a i p r | 6 f . v é k O e o t j e i ç ä 8 r | v
Ka-üEKÄeiexoin der Unterwelt eingeschlossen;
(390) und Auflösung fand statt der schönen
(390) Kai X.ixnç èyivexo t f j ç KaÀ/fjç
âp|ioyfiç,
Verbindung,
(391) Kai SiexwpiÇexo t ò k o à ò v aco^a.
(391) und der wohlgefugte Leib wurde
zerstückt.
(392) fjv y à p ó âvOpomoç tirò xoû
(392) Es wurde nämlich der Mensch
Oavâxou |iepiÇô(ievoç.
durch den Tod geteilt.
(393) Kaivf) y à p <xu(i<popà Kai âtaoaiç
(393) Denn neues Unglück und
7iepieî%ev at>xóv,
Gefangenschaft hatten ihn umzingelt,
(394) und wie ein Kriegsgefangener wurde
(394) KaiXOKE
EÎXKEXO
ai/|iaA(ûxoç imo xàç
xoû Oavâxou aKiâç,
er unter den Schatten des Todes
weggeschleppt,
(395) ÊKEixo 8è ëpTpoç fi xoi> 7taxpèç êIkoiv. (395) verlassen lag da des Vaters Bild 249 .
aapKÎvou
(386)
Wurst250 hat gegen Othmar Perler251 gezeigt, daß es sich in der Z. 395 „bei dem
„Bild des Vaters", das „verlassen daliegt", um nichts anderes als um den Körper handelt". Wurst folgert daraus: „Wenn somit Origenes Meliton die Ansicht
zuschreibt, daß er das „Köre eÎKÔva" aus Gn 1,26 auf die Leiblichkeit des Menschen bezogen habe252, so findet dies an ebendieser Stelle aus der Pascha-Homilie
seine Bestätigung." 253 Muß man nun daraus schließen, daß der hl. Melito von
Gott dem Vater in anthropomorphen Kategorien gedacht hätte?
Die oben zitierte Passage aus der Pascha-Homilie steht am Ende einer längeren Ausfuhrung über die Folgen des Sündenfalles 254 . Am Anfang dieses Stückes
finden wir eine Aussage über die Erschaffung des Menschen 255 :
248
Zitiert nach S.WUTSRPNLKHEBA
HALL, Melito (wie Anm. 110), 28-30; die Literatur zur Auslegung der
Z. 395 siehe ebd., 30, n. 20.
249
Übersetzt mit einigen Veränderungen nach J. BLANK in: Meliton von Sardes. Vom Passa. Die älteste christliche Osterpredigt übersetzt, eingeleitet und kommentiert von J. Blank,
Sophia 3, Freiburg/Br. 1963, 116.
250
Siehe G. WURST, Homilie (wie Anm. 73), Bd. II, 128-129.
251
Siehe O. PERLER, Méliton „Peri Pascha" 56 et la traduction géorgienne, in: Formula
Futuri. Studi in onore del Cardinale Michele Pellegrino, ed. by T. Almoni, F. Bolgiani et al.,
Torino 1975, 339.
252
Sei. in Gen., ad 1,26; abgedruckt in: PG 12,93 AB.
253
G . WURST, H o m i l i e ( w i e A n m . 7 3 ) , B d . II,
254
Mel., pass. XLVII-LVI (24,311-30,397 H.).
Zitiert nach Mel., pass. XLVII (24, 311-314 H.).
255
129.
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4. Die Gottebenbildlichkeit des Menschen nach dem Zeugnis des Ps.-Ath.
(311)
'O ©ecx; ev äpxfi
7toniaa<;
(311)
xöv o ü p a v ö v K a i xfiv yf|v
(312)
(313)
(314)
Kai
raxvxa
xa
ev
(312)
amoiq Siä xoö Xöyov,
ävejtXaaaxo ä.nö if\q y f j i ;
avOpomov
K a i iöiav 7 t v o T | v p e x e S a i K E v .
(313)
(314)
67
Im Anfang, als Gott den Himmel
und die Erde
und alles, was in ihnen ist, durch
das Wort geschaffen hat,
bildete Er aus der Erde den
Menschen
und Seinen eigenen Hauch gab
Er [ihm]256.
I m Kapitel 104, Zz. 7 8 1 - 7 8 2 w i r d konkretisiert, d a ß u n t e r Gott, D e r den M e n s c h e n g e s c h a f f e n hat, C h r i s t u s zu verstehen ist 257 :
(781) Ooxoq ecrnv 6 3ioif|oai; xov
oüpavov Kai xfiv •ynv
(782) Kai 7tXaaai; ev «pXTI TÖV
ävöpcojcov,
(781)
(783)
(783)
ö 8ia vö^on Kai
KT|pixro6|ievoi;
jtpoq>T|xcbv
(782)
...
Dieser ist es, Der den Himmel und
die Erde geschaffen hat
und im Anfang den Menschen
gebildet hat,
Der durch das Gesetz und die
Propheten Angekündete 258 ...
D a ß der S c h ö p f e r des M e n s c h e n e i n f a c h Gott g e n a n n t w e r d e n k a n n , w ä h r e n d
dabei an d e n p r ä i n k a r n i e r t e n Christus g e d a c h t w i r d , b e g e g n e t , w i e s c h o n m e h r m a l s herausgestellt, a u c h in Ps.-Ath. Zz. 4 7 u n d 50 ( = Vv. 3 , 3 - 4 ; siehe d a r ü b e r
a u c h A n m . 216). Wurst hat f e r n e r herausgearbeitet, d a ß i m K a p . 9, Z. 59 d e r
P a s c h a - H o m i l i e die Vaterschaft Christi in b e z u g auf Seine Tätigkeit als S c h ö p f e r
d e s A l l s zu v e r s t e h e n ist 259 :
(54) öq
ecrnv xa
7iavxa-
(55) K a 0 ' ö K p i v e i
(56) K a 0 ' ö S i S a c j K e i
xäpu;,
(58) KOC0' ö y e v v ä
jtaxiip,
(59) K a O ' ö y e v v ä x a i
(62) K a ö ' ö d v i c x a x a i
omoq
256
(58)
m»;,
(59)
avGpcorex;,
0eoQ.
e c r a v ITICWÜ«; O
(56)
(57)
Jtpößaxov,
(61) K a ö ' ö O ä n x e x a i
(63)
(55)
Xbyoq,
(57) K a 0 ' ö a w ^ e i
(60) K a 0 ' ö J c ä a % e i
(54)
vop.oq,
Xpiaxa; [...]1
(60)
(61)
(62)
(63)
Er ist alles:
Gemäß Seinem Richten [ist Er]
Gesetz,
gemäß seinem Lehren Wort,
gemäß Seinem Retten Gnade,
gemäß Seinem Zeugen Vater,
gemäß Seinem Gezeugtsein Sohn,
gemäß Seinem Leiden Schaf,
gemäß Seinem Begrabenwerden
Mensch,
gemäß Seiner Auferstehung Gott.
Dieser ist Jesus Christus 260 [...]
Übersetzt mit Veränderungen nach J. BLANK, Meliton (wie Anm. 249), 113.
Zitiert nach Mel., pass. CIV (58, 781-783 H.). Mit S. HALL, Melito (wie Anm. 110),
25 n. 14 verstehen wir 8i& xcO Xöyov in der Z. 312 als einen Hinweis auf die Erschaffung
der Welt im Unterschied zu dem Menschen durch das bloße Wort. Diese Gegenüberstellung
findet man in einer expliziten Form bei Ps.-Ath. Vv. 3,3-4 (= Zz. 47-52). Weitere Stellen aus
der Pascha-Homilie, wo von dem präinkarnierten Christus als dem Schöpfer des Menschen
bzw. Israels die Rede ist, sind Kap. 79, Zz. 561-562; Kap. 87, Z. 636.
258
Ubersetzt mit kleinen Veränderungen nach J. BLANK, Meliton (wie Anm. 249), 130.
259
G. WURST, Homilie (wie Anm. 73), Bd. II, 117 Anm. 570 (siehe dort auch eine Skizze
der Diskussion über diese Stelle); zitiert nach Mel., pass. IX (6, 54-62 H.).
260
Übersetzt nach J. BLANK, Meliton (wie Anm. 249), 102-103.
257
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
6 8vutsrponmlihgfedcbaXMKIGED
Kapitel I: Die Erschaffung des Menschen nach dem Ebenbild Gottes
Die Z. 58 bezeugt also die Vaterschaft Christi. Der Gedanke der doppelten Geburt des Menschen durch Christus (in der Erschaffung und in den Kreuzesleiden) begegnet ferner in Ps.-Ath. Vv. 20,8-9 (=Zz. 421-422) an einer Stelle,
die Wurst in seine Rekonstruktion der Vorlage aufnimmt.
Kehren wir nun zur Z. 395 im Kap. 56 der Pascha-Homilie zurück. In der
Z. 389 (Kap. 55) wird der Schöpfer der menschlichen Seele „Gott" genannt (Kai
TO ScopnGev EK ©eoü eiq a5r|v KaxeKÄ.Eiexo, vgl. Gen 2,7). Wie oben gezeigt,
denkt dabei der hl. Melito an den präinkarnierten Christus (vgl. Pascha-Homilie Kap. 79, Zz. 561-562: Kai tat; Ko.kaq a m o ö [seil, toi» XpiaToi>] xeipaq
e8t|ca<; a i ae änXaoav änb yfjq, vgl. Gen 2,7). Will man jetzt beweisen, daß mit
ramp in der Z. 395, Kap. 56 ( E K E I X O 5E epr||ioq f] toi) naxpoc, eiKtbv) Christus
gemeint ist, so muß man annehmen, daß für den hl. Melito „Vater", „Christus"
und „Gott" in bezug auf die Schöpfung des Menschen frei austauschbar sind,
wobei in allen drei Fällen immer Christus gemeint wird. Dies würde aber einen
Schritt weiter führen, als es unsere Quellenlage erlaubt, weil wir weder bei
Ps.-Ath. noch in der Pascha-Homilie eine Stelle haben, wo Christus aufgrund
der Erschaffung des Menschen durch Ihn „Vater" genannt würde. Ebensowenig
läßt sich erhärten, daß f| xoü nmpöq eiKcbv mit Christus als Bild des Vaters,
das seinerseits als Vorbild bei der Erschaffung des Menschen gedient hätte, zu
verbinden wäre.
Eine mögliche Lösung wäre, daß der hl. Melito bei dem umstrittenen Ausdruck an den Schöpferplural in Gen 1,26 denkt. Während der eigentliche Schöpfer des Menschen (und des menschlichen Leibes als des Ebenbildes Gottes) der
präinkarnierte Christus wäre, würde der Plural 7toif|oo)|ii;v (Gen 1,26, vgl. auch:
m l ebcova fmetepav) nach dieser Deutung erlauben, auch von dem Vater als
dem Vorbild bei der Erschaffung des Menschen zu sprechen (vgl. Mel., pass.
CIV (58, 791 H.): 8i' ov [seil, toü Xpiotou] eitoiriaev ö 7iaxf)p xa an" äpxf|<;
|i£5(pi aicövcov). Andererseits ist zu erwägen, ob in der Z. 395 (Kap. 56) der Pascha-Homilie „Vater" undifferenziert für „Gott" stehen könnte. In beiden Fällen
wäre der Ausdruck mißverständlich, eine spezifisch anthropomorphe Vorstellung
von Gott dem Vater wäre daraus aber kaum abzuleiten 261 .
Origenes, der im Zusammenhang mit der verschollenen Schrift des hl. Melito 7iepi xoö evo6(a.axov eivai xöv öeov darüber spricht, daß der hl. Melito
die Gottebenbildlichkeit des Menschen mit dessen Leib verband, erwähnt den
hl. Melito im Kontext seiner Polemik gegen die anthropomorphen Vörstellun-
261
Ist diese Deutung richtig, dann kann man G. FLOROVSKY, Anthropomorphites (wie
Anra. 5), 94 recht geben, der den Verdacht eines anthropomorphen Gottesbildes bei dem hl.
Melito zurückgewiesen hat. Die von Florovsky (ebd.) vermutete Verwandtschaft der Lehre
des hl. Melito vom göttlichen Ebenbild mit der Logostheologie des hl. Irenäus von Lyon
bedarf einer weiteren Klärung. Zum Problem der Auslegung der Gottebenbildlichkeit des
Menschen bei dem hl. Irenäus im allgemeinen siehe J. FANTINO, L'homme image de Dieu
chez saint Irénée de Lyon, Les éditions du Cerf 1986, 99-106; 155 ff.
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
5. Die Wehklage der Seele und das Problem ihrer Fortschreibung
69
gen262. Treffen die hier vorgelegten Überlegungen zur Gottebenbildlichkeit des
Menschen bei Ps.-Ath. und in der Pascha-Homilie zu, dann spricht dies eher
gegen eine Identifizierung263 des asiatischen Theologen mit den Anthropomorphiten264. Gleichzeitig kann man kaum bestreiten, daß die Ausdrucksweise des hl.
Melito einen Anlaß fiir entsprechende Beschuldigungen gegeben haben könnte,
was auch die erwähnte Textpassage bei Origenes indirekt bezeugt.
5. Die Wehklage der Seele und das Problem ihrer Fortschreibung
Als Wehklage der Seele bezeichnen wir die Vv. 7,1-6 (=Zz. 132-143), die
den Threnos der in der Hölle gefesselten Seele nach ihrem Leib enthalten.
Mit dem ersten Vers der Wehklage (V. 7,1 = Z. 132 f f ) beginnt im Ps.-Ath.
ein langer Abschnitt265, der in der syrischen Version vollständig fehlt. Dieser
Befund berechtigt zur Frage nach dem möglichen ägyptischen Ursprung der
Wehklage. Deswegen soll zuerst auf das Problem der Authentizität der Wehklage
der Seele eingegangen werden. In einem weiteren Schritt wenden wir uns der
inneren Textkritik dieses Stückes zu, um dann vor diesem Hintergrund seinen
Inhalt zu analysieren.
5.1. Die Authentizität der Wehklage
Nach Wurst handelt es sich bei dem in der syrischen Fassung fehlenden Abschnitt Vv. 7,1-12,7 (=Zz. 132-243), an dessen Anfang sich die Wehklage
der Seele befindet, um eine „sekundäre Hinzufugung, zu der es im Verlauf
der Überlieferungsgeschichte von VC (= Versio Coptica) bzw. deren direkter
griechischer Vorlage gekommen sein wird."266 Wir werden die Argumente, die
Wurst zugunsten seiner Meinung anführt, in der Reihenfolge kritisch betrachten, in der sie in seinem Kommentar267 stehen.
Die erste Beobachtung Wursts geht dahin, daß sich die Z. 244 in der syrischen Fassung an die Z. 131 derselben Fassung gut anschließen läßt268. Wir
262
Gemeint ist die schon erwähnte Stelle Or., sei. in Gen, ad 1,26, PG 12,93 AB:
npo5iyxvutsrpolkifecXVTOIECBA
< xAT|7tTEov jtpÖTEpov, Ttofi avvicxcaai To k cx t ' e I k o v cc , ev aco^a-ci f( ev y u x i i - 'I <xop.ev 8e
repötepov 015 XPWVXAI oi tö npwTov Xeyovxei; cov eoti Kai MeWtcov <yuyYp<x|ia'ca Kaxa^ E^outdü;
7t £pi TOB EVC(i> | i< XTOV ElVOCl TOV 0 EOV.
263
Eine solche wird möglicherweise von dem Text des Origenes auch nicht intendiert.
In diesem Sinne äußerte sich bereits A. S t r u k er , Die Gottebenbildlichkeit des Menschen in der christlichen Literatur der ersten zwei Jahrhunderte. Ein Beitrag zur Geschichte
der Exegese von Genesis 1,26, Münster/Westf. 1913, 39ff.
265
Er reicht bis zum V. 12,7 inkl. (= Z. 243).
264
266
267
268
G . W u r s t , H o m i l i e ( w i e A n m . 73), Bd. II, 137.
A.a.O., 137-138.
A.a.O., 137.
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
70 utsrponmlihgfedcbaXUMKIGED
Kapitel I: Die Erschaffung des Menschen nach dem Ebenbild Gottes
zitieren die in Frage kommende Nahtstelle in der Übersetzung Wursts aus dem
Syrischen (Zz. 128-131; 244, 246-247, 249), der koptische Text (Vv. 6,8-10;
12,4-9) wurde von uns übertragen:
(128)
(129)
(130)
. i ^ L ) II p Lei
li^A h-n-n
.kjb
fO .mV.,
.N^o^tA l^i»,Jj
^ JOI
(128
(129
(130
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(131
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TTeCCCDMà NCCDC e^qT^KÖ
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(131)
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A H N T G
ei.ccycune
N 2 Y T t o t t o j l i o n
m t t m o y :
[•••]
(232
(233
(234
(235
(236
(237
(238
(239
(240
(241
(242
(243
(244)
Loci
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^
,OOAojA
)l i
(246)
(244
N K . S . r i p N I M X\ MTTpCDMe N Ó O N C
eTBe Teqni.pABa.cic
ncycuNe mn n o c e mn T A y n e
n2HBe mn n 2 i c e eTiccDTe epoq
rr^poey m n n K . a . Y H A a.ytu T T K . a > 2 T
MN NeeHpiON MN fJ2i.A3.Te MN —
NXàTqé
Neoyoeia) m n m m n t 2 ä a ö
NJlHp MN NKMTÖ
n j e u o y MN -f-cuTe c e n A i . n T e i
MnpcuMe
qpa.pe Niepcuoy ¿ e o n OMcq
cy^YoyoMcf ¿ e o n 2 ' t n NeeHpiON
cyAypoKjq A e ON 2 ' ™ TTKCDJT '
ÄYCU cyAqTAKO 2ITM HMOY
i.yKi.T^tJjpoNei MnpcuMe THpoy
K Y-i
1gCLj^£1 X
, > nsu U_j) ^
(245
NTepeqp
(246
a y c d
a t c c ü t m
N T e p o y N o x q
n c a
nNoyTe
E B O A
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J M
t t t t a p a a i c o c
(247)
lltAöi.,
U l o ,
b j
.bor
)iJ-U
(247
(248
(249)
.lloLio
(128) Weil sie [d.h. die Seele] deshalb zu
nichts imstande war,
(129) ließ sie ihren Körper zurück und er
löste sich auf in der Erde.
(130) Als sie aber in die Scheol verstoßen
wurde,
(131) wurde sie zum Fußschemel für
den Tod,
(249
(128
(129
(130
(13
(232
(233
(234
(235
i.qei eBOA eneiKTHMi. eTMHg N2ice
eyN2HTq nói Ne(j>eoNoc
MN MMNTNOeiK MN MTTOpNIA
Denn deswegen war sie [d. h. die
Seele] ja machtlos.
Sie hat ihren Leib (0ä>(ia) dem
Untergang in der Erde preisgegeben.
Die Seele aber (yu%r| Sé) wird auch
gequält in der Hölle,
zum Fußschemel (wtoitóSiov) des
Todes geworden [...]
Denn (yap) alles tut dem Menschen
wegen seiner Übertretung (jtapccßaai<;) Gewalt an.
Krankheit, Verlust, Betrübnis (Ximr\),
Kummer und Leiden umgeben ihn.
Kälte, Hitze (Kaßjia) und Feuer,
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5. Die Wehklage der Seele und das Problem ihrer Fortschreibung
(244)
(246)
(247)
(249)
71
(236) wilde Tiere (Grpiov), Vögel und
Gewürm,
(237) Zeit und Alter,
(238) Winde (äiip) und Erdbeben,
(239) Regen und Tau schaden (ßXducieiv)
dem Menschen.
(240) Und (8e) außerdem ertränken ihn
die Flüsse,
(241) er wird von den wilden Tieren
(Öipiov) gefressen,
(242) durch das Feuer zu Asche gemacht
(243) und vom Tode dahingerafft.
und für alle Menschen wurde sie zu (244) Sie alle verachteten (Kaxacppoveiv)
einer Verachteten.
den Menschen,
(245) nachdem er Gott nicht gehorcht hatte.
Der Mensch wurde aus dem
(246) Und als er aus dem Paradies
Paradies verstoßen
(7iapa5eiao<;) verstoßen worden war,
an diesen Ort, wo viel
(247) hatte er dieses leidvolle Gebiet
Ungerechtigkeit ist:
( K r f p a ) betreten,
(248) in dem Neid (tp0ovo<;),
Ehebruch (pl.) und Unzucht (pl.)...
(249) Ehebruch, Unzucht (jiopveia) [...]
Der Schwierigkeit, daß im syrischen Text, wenn er zusammenhängend gelesen wird, „die Wendung „für alle Menschen" in der Z. 244 auf den ersten
Bilck zwar etwas unmotiviert erscheint"269, begegnet Wurst mit einem Retroversionsvorschlag, wonach in der griechischen Vorlage für UJ J ^ ... ^oAorA
*7WVUTSRIGC
ICCVT£<; ävöpcoitot anzusetzen sei. „*äv9pco7io<; ist hier in seiner Bedeutung sehr
verblaßt und quasi als Indefinitpronomen verwendet. Die zwei Zeilen bedeuten dann, daß die Seele ,zum Fußschemel für den Tod und (deshalb) für alle
verachtenswert wurde.'" 270 Dieser Versuch, die Befremdlichkeit der Wendung
U-il
... ¿oAorA zu mäßigen, überzeugt insofern nicht, als sie sogar in der
vorgeschlagenen moderierten Deutung völlig singulär in der De anima et corpore-Überlieferung steht. Auch abgesehen vom Kontext wird die Idee, daß die
in der Hölle gefesselte Seele „von allen" verachtet wird, solange sonderbar erscheinen, bis es erklärt wird, wie sie in der Hölle „von allen" wahrgenommen
werden kann. Etwas ungewöhnlich ist ferner die Anknüpfung der Z. 244 an
die Z. 131 anhand des weiterführenden
Zu wenig motiviert scheint uns
auch der partikellose Anschluß der Z. 246 an die Z. 244 im syrischen Text zu
sein. Alle diese Schwierigkeiten existieren im koptischen, sehr viel flüssiger
wirkenden Text nicht.
Das zweite Argument Wursts besteht darin, daß es nach seiner Meinung
unwahrscheinlich ist, daß der syrische Redaktor, „hätte er die Zz. 132-243 V(er269
270
271
A.a.O.
A.a.O.
Siehe dazu G. WURST, Homilie (wie Anm. 73), Bd. II, 137, Anm. 610.
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72 utsrponmlihgfedcbaMKIGED
Kapitel I: Die Erschaffung des Menschen nach dem Ebenbild Gottes
sio)C(optica) aus irgendeinem Grund ausgelassen, gerade Z. 244 VC beibehalten
und in diesem Sinne umformuliert hätte, anstatt sie einfach zu streichen." 272
„Wesentlich unproblematischer" ist nach Wurst anzunehmen, daß die Z. 244 in
der koptischen Fassung nach dem Einschub der Zz. 132-243 sekundär umformuliert und die Z. 245 hinzugefugt wurde, um „den Übergang zur folgenden
Schilderung der Vertreibung aus dem Paradies herzustellen." 273
Dieses Argument basiert auf zwei unbewiesenen Annahmen. Erstens hält
Wurst das koptische Mehr Zz. 132-243 für ein einheitliches Stück, das als ein
Ganzes entweder gestrichen oder eingeschoben werden kann. Wie es aber im
folgenden am Beispiel der Wehklage der Seele zu zeigen sein wird, trifft diese
unbegründete Annahme mit großer Wahrscheinlichkeit nicht zu. Ist es so, dann
müßte man mit einem komplizierteren Wachstums- und Auslassungsvorgang
rechnen, als von Wurst angenommen wird. Zweitens unterläßt es Wurst, die
Zz. 132 ff in der koptischen Fassung auf ihre mögliche Zugehörigkeit zum Text
der Vorlage zu untersuchen, sondern setzt voraus, daß der syrische Wortlaut der
Zz. 131 und 244 der ursprünglichere Text ist. Vor diesem Hintergrund scheinen
uns die beiden von Wurst vorgeschlagenen Erklärungen (entweder das Einschieben der Zz. 132-243 in der koptischen Fassung oder ihre Weglassung in
der syrischen) zu einfach. Auf dem Niveau der konkreten Textanalyse scheint
uns die Holprigkeit des syrischen Textes (der vage Anschluß der Z. 244 an
die Z. 131, die in den Kontext schlecht passende Wendung *mvTeq cxvBpomoi
in der Z. 244, der abrupte Übergang zur Z. 246) als ein Indiz zugunsten der
Priorität des koptischen Textes mindestens nicht weniger schwerwiegend, als
das von Wurst mit Recht hervorgehobene Beibehalten der Z. 244 im syrischen
Wortlaut.
Das dritte Argument Wursts ist ein kompositionelles. Der Forscher weist
darauf hin, daß die klare Struktur des ersten Hauptteiles, wie sie in der syrischen Version vorliegt, nach seiner Meinung im koptischen Text nicht zu erkennen ist. Konkret handelt es sich nach Wurst darum, daß „bislang, in den
Zz. 58-131, in V(ersio)S(syriaca) nur von den Konsequenzen des Todes für
Seele und Leib allgemein die Rede war. ... Was diese prinzipiellen Ausführungen hingegen für den konkreten, geschichtlichen Menschen bedeuten, davon
handelt in VS erst der folgende Abschnitt (Zz. 246-319) ... V(ersio)C(optica)
hingegen bietet eine solche Schilderung der Todesverfallenheit der konkreten
Menschheit schon in den Zz. 154-244, mit dem Ergebnis, daß sich hier nun
einerseits manche Dublette zu dem findet, was später noch folgt ... und daß
andererseits die Erwähnung der Vertreibung aus dem Paradies in VC keine
eindeutige Funktion mehr hat."274 WUTSRG
272
G . W U R S T , H o m i l i e ( w i e A n m . 7 3 ) , B d . II,
273
Ebd.
Ebd.
274
138.
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5.utsrponmlkihgedcbaWSPFD
Die Wehklage der Seele und das Problem ihrer
Fortschreibung
73
Allein der Blick auf die Zeilennumerierung zeigt, daß dieses Argument
die Zz. 132-153 (= Vv. 7,1-8,4) des koptischen Überschusses, die gerade das
Thema der „Konsequenzen des Todes für Seele und Leib allgemein" fortsetzen,
außer Acht läßt. Wenn aber unbewiesen bleibt, daß dieses Stück jünger als die
Vorlage ist, dann werden damit nicht nur die kompositionellen Überlegungen
Wursts, sondern auch seine ganze Option für die Ursprünglichkeit der syrischen
Redaktion hinfallig 275 .
Viertens spricht nach der Meinung Wursts für den sekundären Charakter der
Zz. 132-243 (Vv. 7.1-12,7) der Umstand, daß „die beiden Unterabschnitte dieses
Paragraphen weitgehend unverbunden nebeneinander stehen." 276 U. E. spricht
die von Wurst nicht weiter untersuchte Uneinheitlichkeit des koptischen Mehrs
eher für mögliche unterschiedliche Textgeschichten seiner Teile als für den
sekundären Charakter des ganzen auf Syrisch nicht überlieferten Abschnittes.
Wie wir in unseren Überlegungen zu den Argumenten Wursts zu zeigen
bestrebt waren, ist seine Entscheidung zugunsten der syrischen Fassung, wo
Vv. 7,1-12,5 (vgl. Zz. 132-243) fehlen, nicht einfach zum Vorteil der koptischen
Version mit ihrem ganzen Überschuß umzukehren. Nach unserer Meinung muß
das koptische Mehr auf mögliche spätere und frühere Schichten textkritisch
untersucht werden, die dann mit den Besonderheiten der aus anderen Teilen
der koptischen Fassung bekannten Beispiele der Fortschreibung der Vorlage
verglichen werden sollen. Gleichzeitig dürfte auch der von Wurst zu Recht
hervorgehobene Bezug der jeweiligen Stücke auf die Komposition des ersten
Hauptteiles nicht vernachlässigt werden. Als eine besondere Aufgabe stellte
sich ferner die Prüfung der Nahtstelle V. 7,1 ff (= Z. 132 f f ) heraus. Die leitende
Fragestellung dabei ist, ob und inwieweit sich der Anfang des koptischen Plus
als späterer Einschub erkennen läßt. Weil, wie oben erwähnt, der Anfang des
Überschusses mit dem Anfang der Wehklage der Seele zusammenfällt, werden
wir auf das letztere Problem kurz eingehen.
Zunächst zitieren wir die Wehklage vollständig in ihrem Kontext. Dabei
handelt es sich um die Vv. 6,6-8,6 ( = Z z . 122-124, 126-159).
275
Ohne hier in eine ausfuhrliche Diskussion über die Komposition des ersten Hauptteiles
von De anima et corpore eintreten zu können, möchten wir darauf hinweisen, daß auch die
Funktion eines Trenners zwischen dem allgemeinen, das Schicksal der Seele und des Leibes
beschreibenden Stück (Zz. 58-131, vgl. Vv. 4,2-6,10) und den konkreten Ausfuhrungen über
die Folgen des Sündenfalles für die Menschheit (Zz. 246-319, vgl. Vv. 12,9-14,7), die G. Wurst
der Z. 246 (vgl. V. 12,9) in der syrischen Version zuschreibt, schwerlich zutreffend ist. Zu
bedenken ist z.B., welche Rolle in dem von Wurst vorgeschlagenen Schema die syrischen
Zz. 247-255 (vgl. V. 12,9) haben können, die keineswegs auf den „konkreten, geschichtlichen Menschen" eingehen, sondern ziemlich genau den Lasterkatalog der Zz. 96, 98-106
(vgl. V. 5,7) aus dem „allgemeinen" Stück Zz. 58-131 wiederholen. Daß wir in diesem Fall
mit einer „Dublette" im syrischen Text zu tun haben, kann entsprechenden Beobachtungen
Wursts an dem koptischen Plus entgegengehalten werden.
276
G. WURST, Homilie (wie Anm. 73), Bd. II, 138. Es handelt sich um den Anschluß der
Z. 154 an die Z. 153 (V. 8,4-5).
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74 xutsrponmlihgfedcbaXMKIGED
Kapitel I: Die Erschaffung des Menschen nach dem Ebenbild Gottes
(122)
Tai ¿tocuq Te e e eNepe
(122) Wenn die Seele (voxil) in der Hölle
nicht gefesselt wäre
(123) würde sie ihren Leib (ac5|xa) so
NecNap 2MM6 PinecccDMa n e
lenken,
(124) daß er nicht zugrunde gehen würde.
eTMTpeqTAKO '
(126) Die Seele (yo^ii) aber war nicht nur
T E ^ Y X H 6 e a.yMopc o y MONON
mit Ketten gefesselt,
2N jeNHppe
aA.A.a AYMOpC JN NBCNOBG MMIN (127) sondern (äXXa) wie mit Seilen war
sie mit ihren eigenen Sünden
MMOC Nee N26NNOY2
gebunden.
d28) Denn deswegen war sie ja machtlos.
eTBe TT A I 6 e acp" aTÖOM
ACKA neCCCÖHÄ NCCUC ea.qTa.K0 (129) Sie hat ihren Leib (aw|xa) dem
Untergang in der Erde preisgegeben.
2M TTKa.2
(130) Die Seele aber (yox"n 5e) wird auch
TB'I'YXH A e ON ce20JC<2>eJC
gequält in der Hölle,
MMOC 2N AMNTG
e a c u p t u n e N2YnonojuoN MHMOY: (131) zum Fußschemel (i>mMi68iov) des
Todes geworden.
(132) In der Hölle sich befindend, weint
cyqjoorr 2N a h n t e ecpiMe
(133) und seufzt sie nach ihrem guten Leib
ayüJ ca.cya.20M e x f i necccuMa
(aw|xa) und sagt:
ETNANOYQ
E C X C U MMOC x e
(134) „Wo ist mein Leib (owp.a), in dem
eqTcuN naccuMa: n a i e c y a i a t u
ich Lieder zu singen pflegte?
N2HTq NgeNoyXAe '
eqTCON naccüMa n a i ecyAicyAHA (135) Wo ist mein Leib (Gc5|ia), in dem ich
zu Gott zu beten pflegte?
enNOYTe NjHTq'
(136) Wo ist mein guter Leib (crä>pa), in
eqTCDN nactuMä eTNANOYq n a i
dem ich Mensch war,
eNeio NpcuMe N2HTC|
(137) in dem ich mit meinen Freunden und
MN NaqjBeep MN NaeYNreNHe
Verwandten (auyyEvriq) wandelte,
eiMooüje NMMaY N2HTq
indem ich tanzte fröhlich (xopeueiv)
eixopeYe JM nactuMa
in meinem Leib (aö>p.a)?
(138) Denn (yäp), wenn ich in meinem
eYMOYTe r a p epoi e i t y o o n 2M
Leib (aw|xa) bin, nennt man mich
nactDMa xe pcuMe
„Mensch",
TeNOY A e aNF OYptuMe aN IAÄI. (139) jetzt aber (5e) bin ich kein Mensch,
sondern eine Seele (äXXä \|/t>xn).
A N F OYS'YXH '
(140) Denn (yap) wenn der Tod die Seele
epcyaN nMOY r a p ncupS
(V^Xil) vom Leib (oö|ia) trennt,
NTG'I'YXH G B O A PinccuMa
(141) nennt man ihn Leichnam,
eyMOYTe epoq x e KCUCUNC
der Gestank ist.
e q ö NC-J-BCUCUN
(142) Ich suchte nach meinem Leib (aö)(ia),
NeicyiNe Nca naccDMa NeicyiNe
ich suchte nicht nach meinem Namen,
aN FTca n a p a N '
(143) <nach meinem Leib,> mit dem ich
n a i eNeiö NpcuMe N M M a q ' aYCD
Mensch war und in dem ich
e i c y a x e N2HTq
gesprochen habe".
(144) Denn (yap) wenn die Seele (yuxri)
epqjaN T'^YXH rap 7V.O 2M
ihren Leib (arä|ia) verläßt,
necccuMa
(145) redet sie nicht mehr mit einer
Me<c>K.OTQ e c y a x e 2^ OYCMH
schönen Stimme,
eNeccuc
MHP AN 2 N 3LMNTG
(123)
(124)
(126)
(127)
(128)
(129)
(130)
(131)
(132)
(133)
(134)
(135)
(136)
(137)
(138)
(139)
(140)
(141)
(142)
(143)
(144)
(145)
n e
TC'I'YXH
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
5. Die Wehklage der Seele und das Problem ihrer Fortschreibung
(146)
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6COKM
(147)
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NOYMOYCIK.ON 6 M N
MMoq
(148)
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OYCMH e c ö o x q
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GBOA.
(146)
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(147)
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(148)
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NTe^YXH
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(149)
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CMÄ.Te
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A.QTA.K.0 r a . p
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(149)
ea.qp
v f q A Y
(150)
GMN CMH M M O q
OVAG
(151)
eqö
(152)
TB'I'YXH ra.p ETY^CKOCHEI
NATKIM O Y K O X D N C
2P°°Y
(150)
R^P
n e
(151)
epoq
(152)
ACBCDK.
(153)
a.Yqi N T O O T q
(154)
OYAE
Mnpeq<ya.xe
r a . p MIJCY 6 O M
eiKLCDN N A . X X Y N p t D M e
a.qcpoqpeq
(154)
Ei.qMOY
(155)
x e
(156)
O Y 3 . E ON NCICCOYN N E Q 2 Ö '
(156)
(157)
o y A e
(157)
(158)
OY-IE TeqMNTNOö '
(158)
(159)
OYA6
(159)
niNe
2 "
BCOYN
(153)
ncycu
MneqccuMä
M6KCCUTH GTBCMH NA.Ü.Y '
(155)
75
sondern (äXXa.) mit einer schwachen
und durchaus erbärmlichen.
Wie ein Sänger (IXODOIKOV) ohne
Stimme, der nicht reden kann,
so ist die Seele (yuxn), die keinen
Leib (aöj|xa) hat, daß sie aus ihm
rufe.
Denn (ydcp) er ging zugrunde in der
Erde wie ein zerbrochenes, nutzloses
Gefäß ( O K E V O ^ ) ,
das ohne Stimme und (otiSe) ohne
Geräusch ist,
und er ist bewegungslos, weil (yap)
er ein Leichnam ist.
Denn (ycxp) die Seele (\|/t>3cn), die ihn
schmückte (KOO|1£TV), ging fort,
und es wurde von ihm derjenige
herausgenommen, der das Reden
trieb.
Und (o\)8e ydp) es ist auch nicht
möglich, die Gestalt (EIKOJV)
irgendeines verstorbenen Menschen
wiederzuerkennen,
weil er im Sand verwest ist.
Und du wirst auch sein Gesicht nicht
(oüöe) erkennen,
noch (ot>5e) die Züge seines Leibes
(aö|xa),
noch (oüöe) seine Größe,
noch (ot>8e) hörst du irgendeines
<Menschen> Stimme.
Es ist zunächst zu prüfen, ob sich an der Nahtstelle zwischen den Zz. 122-124,
126-131 einerseits und den Zz. 132 ff andererseits Spuren der Redaktionsarbeit
feststellen lassen, die für das sekundäre Einfügen der Zz. 132 ff sprechen würden.
Zwei Beobachtungen von Wurst sind dabei zu nennen. In seinem Kommentar
zu den Zz. 132 ff hebt Wurst gegen Hermann Jordan hervor, daß das Urteil
Jordans über den paraphrasenartigen Charakter der koptischen Fassung im Fall
der Wehklage der Seele über den Verlust ihres Körpers nicht zutreffend sei277.
Damit ist soviel gesagt, daß sich die Wehklage im Unterschied zu den sonstigen Fällen der Fortschreibung der Vorlage durch ihre Originalität auszeichnet.
Zweitens macht Wurst auf die Zz. 133 und 136 aufmerksam, wo die Wendung
C C Ü M I I eTNXNOYC] vorkommt, die wahrscheinlich auf das griechische *oö)|ia
KCXXÖV zurückgeht. Den letzteren Ausdruck verwendet auch der hl. Melito in
pass. LV (30,391 H.).
277
A.a.O.
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76 utsrponmlihgfedcbaMKGED
Kapitel 1: Die Erschaffung des Menschen nach dem Ebenbild Gottes
Die beiden Beobachtungen Wursts sprechen also eher für die Ursprünglichkeit
der Wehklage. Ihnen sind außerdem folgende Überlegungen an die Seite zu
stellen. Erstens bricht der Anfang des Threnos in keiner Weise aus dem Kontext
der vorangehenden Zz. 122-124, 126-131 aus, in denen der klägliche Zustand
der Seele in der Hölle beschrieben wird, sondern stellt eine durchaus mögliche
Entwicklung der Beschreibung dieses Zustandes dar. Zweitens ist die in der
Wehklage verwendete Personifizierung einer der beliebten Tropen des hl. Melito278. Wir finden im Text des Ps.-Ath. sonst keine weitere Personifizierung,
die nicht auf die Vorlage zurückgehen würde. Die Frage ist, ob wir an einen
dem hl. Melito kongenialen koptischen (?) Redaktor denken sollen, der die
Wehklage im Sinne seiner Vorlage plastisch nachgedichtet hat, oder ob nicht
möglich wäre, daß bestimmte Stücke nach der Z. 131 ursprünglich sind.
Für die letztere Annahme spricht u. E. auch die Fortschreibung der Wehklage. Denn es kann kaum in Zweifel gezogen werden, daß die Zz. 140-141
(= V. 7,5), wo plötzlich von der Seele in der dritten Person die Rede ist, eine
spätere glossenartige Hinzufugung darstellen, die anscheinend die Idee zum Ausdruck bringen soll, daß der ehemals „gute" Leib jetzt genau so wenig „Mensch"
genannt werden kann, wie die von ihm getrennte Seele, was möglicherweise
die Wehklage zusätzlich begründen sollte. Jüngeres Gut stellt u.E. auch die
Z. 142 (= V. 7,6a) dar, wo die Seele verneint, daß sie nach ihrem Namen gesucht hat. Die von dieser Stelle implizierte trichotomische Anthropologie, die
den Namen neben dem Leib und der Seele für einen wichtigen Bestandteil des
Menschen hält, ist in unserem Text singulär und hat wahrscheinlich ägyptische
Wurzeln279.
278
Vgl. Mel., pass. XXV (12,162 H.) und LXXVI (40,538 ff H.), wo „das große Schweigen" - f | notKpaCTicoini- und Israel reden; in Ps.-Ath. vgl. ferner V. 28,5 ff und „die Rede
der Erde" V. 31,1 f.
279
Darüber, daß der Verfasser von De anima et corpore in den Kategorien einer dichotomischen (Leib-Seele) Anthropologie denkt, die auch von dem hl. Melito in seiner Osterpredigt
vertreten wird, siehe bei G. WURST, Homilie (wie Anm. 73), Bd. II, 131. Auf den Einfluß der
ägyptischen Vorstellungen in der Z. 142 wiesen W. BUDGE, Homilies (wie Anm. 104), XLVIf,
C . MÜLLER, P r e d i g t ( w i e A n m . 146), 3 8 , H . BEHLMER-LOPRIENO, P r e d i g t ( w i e A n m . 139), 4 7
und T. ORLANDI, La tradizione (wie Anm. 103), 38 hin. Die Auslegung von Wurst, der den
Namen in der Z. 142 nicht als einen individuellen Namen, sondern im Sinne der Gattungsbezeichnung „Mensch" versteht (ebd., 139), überzeugt insofern nicht, als bei dieser Deutung
nicht klar wird, warum die Seele nach ihrem Namen nicht gesucht (bzw. gefragt - cyiNe)
hat. Setzt man voraus, dass es sich um den individuellen Namen handelt, dann könnte man
die Stelle als Polemik gegen die heidnische Vorstellung deuten, der Name sei wesentlicher
Teil des Menschen. Für den individuellen Charakter des gesuchten Namens spricht u. E. auch
die Alternative „Name - Leib", deren zweites Glied für den konkreten Leib eines beliebigen
Menschen steht. Wollen wir ferner ernst nehmen, daß die Seele von ihrem Namen und nicht
von dem individuellen Namen des Menschen spricht, dann ergibt sich ein Widerspruch mit
der Z. 139 (vgl. V. 7,4), wo der Name der Seele eigentlich von ihr selbst schon genannt ist,
was wiederum auf den sekundären Charakter der Z. 142 (V. 7,6a-b) hinweist.
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
5. Die Wehklage der Seele und das Problem ihrer Fortschreibung
77
Es kann nun festgestellt werden, daß die Z. 140 (= V. 7,5) möglicherweise am
Anfang eines an den ursprünglicheren Threnos der Seele angehängten Stückes
steht. Wir lassen die einer besonderen Untersuchung zu vorbehaltende Frage,
ob die Zz. 131-139 (= Vv. 6,10b-7,4) auf die Vorlage zurückgehen, offen und
untersuchen jetzt im Gange unserer eigentlichen Fragestellung den eventuellen
Sinn der Fortschreibung der Wehklage. Als Vergleichsmaterial ist dabei ein
ebenfalls nur Koptisch überliefertes Stück Vv. 16,1-17,1 (Zz. 345-360) heranzuziehen, das wir oben (siehe Abschnitt 3.1.3, S. 55-57) - allerdings ohne die
letzten Zz. 356-360 - schon einmal besprochen haben280. Es sei daran erinnert,
daß die Fortschreibung Zz. 345 ff (vgl. Vv. 16,2 f f ) den Sinn der Vorlage insofern
modifiziert, als der ursprüngliche Gedanke der Sammlung der durch den Tod
in der Erde zerstreuten menschlichen Glieder durch Christus abgeändert wird:
in der koptischen Fassung sammelt der Sohn Gottes nicht mehr die Glieder
des Menschen, sondern die durch den Tod voneinander getrennten Seele und
Leib. Wir haben ferner festgestellt (siehe oben, Abschnitt 3.1.3, S. 57 ff, 64),
daß diese Abänderung auf einer Linie mit der allgemeinen Tendenz des Ps.Ath. liegt, die für seine Vorlage polemisch bedingte Betonung der Rolle des
Leibes abzuschwächen und den Akzent auf den ganzheitlichen, aus Leib und
Seele bestehenden Menschen zu verschieben.
Man kann nun darauf aufmerksam machen, daß der für das Fortschreibungsstück Zz. 345-360 (= Vv. 16,1-17,1) sehr wichtige Gedanke des Wiederzusammenfügens der Seele und des Leibes durch Christus in der Aufforderung
kulminiert, die Seele solle in ihrem neu erlangten Leib Gott Psalmen singen
(Zz. 358-360 = V. 17,1). Unmittelbar davor (Zz. 356-357 = Vv. 16,9-10) geht
es darum, daß Christus die Seele und den Leib als den Sprecher und das Werkzeug zum Sprechen miteinander verbunden hat, was sicher als Voraussetzung
für den Lobgesang zu verstehen ist, zu dem die Seele in den Zz. 358-360
(= V. 17,1) aufgefordert wird:
(343)
N6NT2l
CBOA
(343)
(344)
eiqnecy nptoMe '
Nii i n e x c c o o y Y
2 ° Y
g j o y n
ea.qp" rrpcDMe n o y X Fncecon
(344)
(345)
MN T G ' J ' Y X H
(345)
(346)
TTMOY
2N
(347)
TTMOY
Tip
JXOOpOY
MN
i q M e p
e ^ q B e A
280
T e ^ Y X H
(346)
3.HNT6
T c i p s " GBOA.
(348) ¿.qnecy npcuMe
lel.
TTCCDMi
e c n a y
TTK.Ì.2
(347)
(348)
Das, was der Tod zerstreut hatte, als
er den Menschen gespalten hatte,
hat Christus gesammelt, indem Er
den Menschen noch einmal zu einem
machte
mit Seele (ii/u^ci) und Leib (aröjia).
Denn (yäp) der Tod hat die Seele
( V O T ) in der Hölle gebunden,
während er das Fleisch (adpcj in
der Erde aufgelöst hat.
Er hat den Menschen in zwei <Teile>
gespalten.
Ab der Z. 361 (= Vv. 17,2) geht der syrische Text mit dem koptischen wieder paral-
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
78 utsrponmlihgfedcbaMKIGED
Kapitel I: Die Erschaffung des Menschen nach dem Ebenbild Gottes qpnlifeaYXUTSONM
(349) TTCCDTHp 2 0 X ^ 1 I C 1 C| BGA
t g ^ ' Y x h
g b o a
2n
(350) e a . q Me p T CA. p l " A e
NecMppe
on
jn
NeqjTMOYCUN [...]
(352)
NOYi
N O Y CU T
T G^ YXH
MN nCCUMS [...]
(354)
MT T CCDMX
(355)
2LYCU T S' I ' Y X H
N T E' I ' YXH
(349) Der Erlöser (acoxfip) Jesus hat nun die
Seele (yu^n) v o n ihren Fesseln
gelöst,
(350) das Fleisch aber (aapi; 8e) hat Er an
die Gelenke gebunden. [...]
(352) Er machte sie einig: die Seele (vi/ux1!)
und den Leib (aö)|ia).[...J
(354) Er gab den Leib (aöixa) der Seele
(V^xn)
MTTCCDMA
(355) und die Seele (\|/\}%r|) dem Leib
(356) ä.qi' Mnopri.NON Mnpeqqpjixe
(357)
^ q - f - Nä. q M M 6 A . O C
(358)
T e NOY 6 e
(359)
^ AAei
<MT T OYNOYT e >
e YNT e
MMJ l Y
(360)
N2IAION
O)
e T T HO)
3.YCU
T e 'l 'YXH
< { 2 } Mn OYCCU Mä . >
NATBCUA
6BOA
'
(aojnoc).
(356) Er gab das Instrument (öpyavov)
dem Sprechenden.
(357) Er gab ihm die durchgeformten
Glieder ((iitax;).
(358) Nun aber, o Seele, (W VI/D^TI)
(359) singe Psalmen (ydAAew) deinem
Gott,
(360) weil du deinen eigenen (18105) u n d
unvergänglichen Leib (aco|ia)
<wieder> hast281.
Der zitierten Fortschreibung zufolge ist die leib-seelische Einheit des Menschen
die wichtigste Bedingung dafür, daß die Seele sprechen und beten kann. Diese
Fähigkeit wird der Seele durch das Erlösungswerk Christi gegeben, dessen andere Folgen nicht genannt sind.
Es liegt nahe, das Motiv des Sprechens und Betens in den Zz. 356 und
359 mit entsprechenden Gedanken aus der Fortschreibung der Wehklage der
Seele und der ihr nachfolgenden Passagen zu vergleichen. Abgesehen von den
Zz. 131-139 (vgl. Vv. 6,9-7,4), beginnt das Thema des Redens der Seele zum
erstenmal in der Z. 143 (V. 7,6d), die die letzte Zeile der Wehklage ist.
Die Seele sagt in der Z. 142, daß sie nach ihrem Leib gesucht (bzw. gefragt - q j i N e ) hat, in der Z. 143 betont sie, daß sie nach dem Leib suchte, in
dem sie ehemals gesprochen hatte. Die nachfolgenden Zz. 144-153 282 lassen
sich als ein ausgedehnter Kommentar zur Z. 142 verstehen. Die Zz. 144-146
begründen die Möglichkeit des Redens der Seele ohne Leib: die Stimme, die
die Seele jetzt hat, ist nicht mehr schön, sondern schwach und erbärmlich
(Zz. 145-146). Damit wird einerseits erklärt, wie die von ihrem Leib getrennte
Seele in der Hölle überhaupt klagen kann. Andererseits ist die Charakteristik
ihrer jetzigen Stimme zugleich Begründung für diese Klage. Diese Stimme ist
minderwertig und abnormal, dies soll der Vergleich mit dem Sänger (JJ.O\XJI-
281
In den Zz. 359-360 folgen wir dem Emendationsvorschlag von G. WURST, Homilie
(wieAnm. 73), Bd. II, 168.
282
Einen ausfuhrlichen sachlichen und textkritischen Kommentar zu diesem Stück bietet
G . WURST, H o m i l i e ( w i e A n m . 7 3 ) , B d . II, 1 3 9 - 1 4 0 .
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
5. Die Wehklage der Seele und das Problem ihrer
Fortschreibung
79
KÓV)283 verdeutlichen (vgl. Zz. 147-148). Die restlichen Zz. 149-153 sind der
Situation des Leibes ohne Seele gewidmet, bei dem ebenfalls seine Unfähigkeit
zum Reden unterstrichen wird (vgl. Zz. 150 und 153).
Wie man sich erinnert, hat Wurst in seinem vierten Argument für den sekundären Charakter des koptischen Plus Vv. 7,1-12,8a (= Zz. 132-243) betont, daß
„die beiden Unterabschnitte" dieses Stückes „weitgehend unverbunden nebeneinander stehen" 284 . Der Anschluß von Z. 154 an Z. 153 ist nach Wurst „sehr hart
und abrupt, es besteht gedanklich keine Verbindung zwischen der Wendung ,und
es ist auch unmöglich ...' und dem vorangehenden Text."285 Wurst meint ferner,
daß „es einzig das Stichwort,Leichnam' in Z. 151 gewesen sein wird, das den
Interpolator dazu veranlaßt hat, hier Ausfuhrungen über die Verweslichkeit des
Leibes folgen zu lassen." 286 Ohne hier unsere Bedenken gegen die von Wurst
intendierte Tragfähigkeit dieses Argumentes zu wiederholen 287 , weisen wir darauf hin, daß die beiden von Wurst behandelten „Unterabschnitte" gar nicht
so „unverbunden" sind, wie es deutscher Forscher darstellt. Zum einen ist das
Thema der Verweslichkeit des Leibes außer in der Z. 151, auf die Wurst mit
Recht aufmerksam macht, eigentlich schon durch die Z. 149 („Denn er (d.h.
der Leib) ging zugrunde in der Erde wie ein zerbrochenes, nutzloses Gefäß")
vorbereitet. Zweitens sind, wie oben erwähnt, die Z. 149-153 allgemein der
Situation des Leibes ohne Seele gewidmet. Dieses Thema wird dann folgerichtig
von den Zz. 154 ff fortgeführt. Was aber für unsere Untersuchung des Motivs
des Redens wichtig ist, ist die Tatsache, daß in der Z. 159 wiederum von der
Stummheit des toten Leibes die Rede ist, was sicher als Wiederaufnahme der
Motivik der Zz. 150 und 153 zu bewerten ist.
Die Zz. 140-159 (= Vv. 7,5-8,8) stellen unserer Meinung nach eine Einheit
dar, die möglicherweise in der Folge der Fortschreibung der älteren Schichten
der Wehklage (d.h. der Zz. 132-139 = Vv. 7,1-4) entstanden ist. Das leitende
Thema dieser Fortschreibung ist die mangelhafte Fähigkeit zum Reden der
von ihrem Leib getrennten Seele und die absolute Stummheit des Leibes ohne
Seele. Es ist unschwer zu erkennen, daß diese Motive durch die älteren Schichten der Wehklage vorgegeben sind. In der Tat sagt die Seele in der Z. 134,
daß sie in ihrem nun verschollenen Leib gesungen und in der Z. 135, daß sie
in ihm gebetet habe. Sie ist in der Hölle weder zum einen noch zum anderen
ohne ihren Leib fähig, genau so, wie sie ohne Leib nicht tanzen kann (vgl.
Z. 137)288. Dieser Zustand der Unfähigkeit zum Reden und Beten wird nun in
283
284
285
286
Zu dieser Bedeutung des gräko-koptisehen ^OWIKOV siehe G. WURST, a.a.O.
Siehe oben, S. 73.
G. WURST, Homilie (wie Anm. 73), Bd. II, 138.
A.a.O.
Siehe oben, S. 73.
288
Wichtig ist auch die Feststellung, daß die Seele ohne Leib kein Mensch ist (Z. 136,
138-139, vgl. Z. 143).
287
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8 0utsrponmlihgfedcbaMKIGED
Kapitel I: Die Erschaffung des Menschen nach dem Ebenbild Gottes
den Zz. 356-360 (= Vv. 16,9-17,1, siehe das Zitat oben, S. 77-78) durch das
Erlösungswerk Christi aufgehoben:
Er gab das Instrument (öpyavov) dem Sprechenden. Er gab ihm die durchgeformten
Glieder (|XEÄ,O<;). Nun aber, o Seele, (w YUJEN) singe Psalmen (\|/ctXteiv) deinem Gott,
weil du deinen eigenen (iStoq) und unvergänglichen Leib (CKÖ|KX) <wieder> hast.
Es ist wichtig zu sehen, daß die Grundlage der wiedererlangten Fähigkeit zum
Gebet und zum Reden die Wiedervereinigung des Leibes mit der Seele ist, vgl.
Vv. 16,5-8 (= Zz. 351-355):
Er brachte sie ineinander. Er machte sie einig: die Seele (viDpi) und den Leib (crä>p.a).
Er fügte sie zusammen. Er gab den Leib (oö))ia) der Seele (M/1JX1i) und die Seele (\|/uxr|)
dem Leib (aw|xa).
Die Fortschreibung in den Vv. 16,1-17,1 (Zz. 345-360) ist also mit der Wehklage
der Seele und deren Fortschreibung inhaltlich verbunden. Sie entwickelt das
für den Interpolator zentral wichtige Thema der durch das Erlösungswerk des
Sohnes Gottes aufgehobenen Stummheit der von ihrem Leib im Tod getrennten
Seele. Die unabdingbare Voraussetzung für das Wiedererlangen der Fähigkeit
zum Beten und Reden ist die durch Christus vollbrachte Wiedervereinigung von
Leib und Seele. Somit ist das von uns mehrfach herausgestellte Interesse des
koptischen Interpolators für den ganzheitlichen, aus Leib und Seele bestehenden
Menschen sowie sein Desinteresse an der für seine Vorlage primär wichtigen,
durch die Polemik gegen die Lehre der Gnostiker über die Zerstreuung der
geistigen Leiber bedingten Idee der Versammlung der zerstreuten Glieder des
Leibes durch Christus 289 (siehe den Abschnitt 3.1.3 besonders S. 52-55, 64)
dadurch zu erklären, daß die eigentlichen Prioritäten des Interpolators mit der
Vorstellung zusammenhingen, daß die Seele ohne Leib zum Reden und Beten
unfähig ist. Der nachfolgende Abschnitt muß dem Versuch gewidmet sein, diese
Vorstellung theologie- und ideengeschichtlich einzuordnen.
289
Es kann angesichts solcher Stellen wie V. 9,8 (= Zz. 183-184) oder Vv. 10,1 ff
(= Zz. 193 ff; beide Stellen gehören einem nur auf Koptisch überlieferten Abschnitt) nicht
behauptet werden, daß die Idee der Zerstreuung des Leibes dem koptischen Redaktor fremd
geblieben ist. Er verbindet aber diese Idee nicht so ausdrücklich mit dem göttlichen heilsgeschichtlichen Plan, wie es in seiner Vorlage der Fall war (vgl. z. B. unsere Ausführungen
z u m V. 15,1 = Z z . 3 2 0 - 3 2 3 , 3 2 5 - 3 2 6 , A b s c h n i t t 3.1.3.). G . WURST, H o m i l i e ( w i e A n m . 7 3 ) ,
Bd. II, 141 erklärt dieses Interesse des koptischen Interpolators an der „Zerstörung des Leichnams" mentalitätsgeschichtlich durch das bewußte Appellieren an „die urägyptische Angst
vor dem Zerfall des Körpers nach dem Tod", die in dem koptischen Christentum weiterlebte.
Ohne diese mögliche Erklärung in Frage stellen zu wollen, weisen wir darauf hin, daß der
Abschnitt Vv. 10,1 ff (= Z. 193 f f ) Anklänge an V. 31,3 (= Z. 644) aufweist, so daß die Frage
nach seiner Zugehörigkeit zu der Vorlage u. E. überprüft werden muß.
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6. Zum theologiegeschichtlichen
Kontext
81
6. Zum theologiegeschichtlichen Kontext
der Fortschreibung der Vorlage des Ps.-Ath.
Im folgenden besprechen wir zunächst Texte, die die Auffassungen der Leiblichkeit und des Gebetes im Leib aufweisen, die mit denen, die uns in der
Fortschreibung der Vorlage des Ps.-Ath. begegnet sind, in unterschiedlicher
Weise übereinstimmen. Danach gilt es, ihnen die entgegengesetzten Konzepte
an die Seite zu stellen.
6.1. Beispiele verwandter Gebetsfrömmigkeit
und
Leibesauffassung
Die nächste uns bekannte Parallele zu den anthropologischen Vorstellungen
des koptischen Interpolators der Vorlage des Ps.-Ath. findet man im achten
Hymnus De paradiso des hl. Ephraem des Syrers, der hier vollständig zitiert
werden soll290:
1. In meinem Ohr ging auf * das Wort, das mich erfreute, - ( k o m m e n d ) aus dem Buch,
das man las, * in der Erzählung v o m Schacher, - und es tröstete mich * in der M e n g e
meiner Vergehen. - Der sich des Schachers erbarmte, * wird (auch) mich k o m m e n lassen - zu j e n e m Garten, dessen N a m e n * ich frohlockend höre. - Die Zügel zerriss mein
Geist, * und er ging, hineinzublicken. Responsorium: Würdige mich, Erbe zu werden in deinem Reich!
2. Eine Wohnung gewahrte ich dort * und eine Laube aus Licht, - und eine Stimme,
die sprach: * „Selig, der Schächer, - dem geschenkt wurden * die Schlüssel zum Paradies!" - Ich nahm an, daß er dort sei, * doch überlegte ich hinwieder, - daß eine Seele
nicht imstande sei, * das Paradies wahrzunehmen - ohne ihren Gefährten, * ohne ihr
Instrument, ihre Harfe.
3. A m Ort der Freuden * befiel mich eine Unruhe; - denn nutzlos ist * das Untersuchen
von Geheimnissen. - A u s Anlaß des Schachers * kam ein Disputieren über mich: - w e n n
die Seele sehen * und hören (könnte) - ohne den Körper, * w a r u m ist sie dann in ihn
eingeschlossen worden? - Und wenn sie ohne (Körper) lebendig sein (kann), * w a r u m
ist dann (die Seele) durch ihn getötet worden?
4. Daß die Seele außerstande ist, *ohne den Körper zu sehen, - davon überzeugt der
Körper; * denn wenn er blind wird, - wird durch ihn (auch) sie blind, * mit ihm (umher)tastend. - Siehe beide suchen und bezeugen sich gegenseitig. - Denn wie der Körper
290
Zitiert nach der Übersetzung von E. Beck in der Ausgabe: Des heiligen Ephraem des
Syrers Hymnen De paradiso und Contra Julianum übersetzt von E. BECK, CSCO 175 Syr.
79, Louvain 1957, 30-33; durch das Sternchen werden die Halbverse, durch den Strich die
vollen Verse gekennzeichnet. Die folgenden Beobachtungen wurden zusammengefasst in:
D. BUMAZHNOV, Die Erschaffung des Menschen und ihre Implikationen in der koptischen
Homilie des Ps.-Athanasius De anima et corpore, in: I.Z. DIMITROV u.a. (Hrsgg.), Das
Alte Testament als christliche Bibel in orthodoxer und westlicher Sicht. Zweite europäische
orthodox-westliche Exegetenkonferenz im Rilakloster vom 8.-15. September 2001, WUNT,
174, Tübingen, 2004, 68-73 und D.F. BUMAZHNOV, Das Gebet in De anima et corpore des
Ps.-Athanasius, in: M. IMMERZEEL und J. VAN DER VLIET (Hrsgg). Coptic Studies on the
Threshold of a New Millenium. Proceedings of the Seventh International Congress of Coptic
Studies, Leiden, 27 August - 2 September 2000, Vol. I, OLA 133, Leuven/Paris/Dudley
M A , 2004, 295-307.
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82utsrponmlihgfedcbaMKIGED
Kapitel I: Die Erschaffung des Menschen nach dem Ebenbild Gottes
* es nötig hat, durch sie zu leben, - so hat (auch) sie es nötig, * durch ihn zu sehen
und zu hören.
5. Wenn der Körper taub ist, *ist mit ihm auch sie taub. - Ferner wird sie geistesgestört, *
wenn (der Körper) durch seine Krankheit in Verwirrung gerät. - Und obwohl auch wieder
* die Seele für sich und aus sich (allein) ist, fehlt ihr (dennoch) ohne ihren Gefährten
* die (volle) Existenz, - indem sie ganz gleicht * der Frucht im Mutterschoß, - deren
Leben entbehren (muß) * Wort und Denken.
6. Und wenn sie schon, da sie im Körper war, * nicht erkennen konnte - weder sich
selber noch ihren Gefährten, * weil sie (wie) eine Leibesfrucht ist, - wie schwach wird
sie dann wieder sein, * wenn sie den Körper verlassen hat, - da sie ja keine Sinne hat,
* die fähig wären, - Werkzeuge für ihren Gebrauch * aus ihr und für sie (allein) zu
sein. - Nur durch die Sinne ihres Gefährten * tritt sie in die Erscheinung und wird sie
sichtbar.
7. Keinen Mangel kennt nun * jene gepriesene Wohnung, - der Ort, welcher vollendet
* und vollkommen ist in allem; - und es kann (daher) die Seele nicht * allein ihn betreten, - weil es ihr gebricht * an beidem, - an Sinnen und an Wissen. * Am Tage der
Auferstehung - wird der Körper mit allen seinen Sinnen * in seiner Vollendung das
Paradies betreten.
8. Da nämlich die Hand des Schöpfers geformt - und gefügt hatte den Körper, *daß
er seinem Schöpfer lobsinge, fehlte die Stimme * der stummen Harfe, - bis er ihm
einhauchte, * zuletzt, - die Seele, die (nun) durch ihn lobsang. * (Des Körpers) Saiten
gewannen Klang - und auch die Seele gewann durch ihn * weisheitsvolle Rede.
9. Als nun vollendet war * Adam in allem, - da nahm und setzte ihn * der Herr in das
Paradies; - und nicht war einzutreten fähig gewesen * die Seele aus sich und für sich
(allein). - Zusammen betraten sie es, * rein, - als vollkommene jenen vollkommenen
(Ort), * und zusammen gingen sie heraus, befleckt. - Das beweist, daß sie zusammen
* eintreten werden in der Auferstehung.
10. Adam (war) ein nachlässiger Wächter des Paradieses. - Denn es kam der Dieb, * der
schlaue, um zu stehlen. - Er beachtete die Früchte nicht, * um die jeder sich bemühen
würde; - er stahl den Bewohner des Gartens. - Sein Herr verließ (den Himmel), um ihn
zu suchen. * Er betrat die Scheol und fand ihn (dort). - Er nahm und führte ihn von
dort heraus * und ließ ihn (wieder) in das Paradies eingehen.
11. Also in den Herbergen, * den begehrenswerten, seiner Umfriedung - wohnen die Seelen * der Gerechten und Frommen - und warten dort * auf Körper, ihre Freunde, - damit
bei Öffnung des Tores * des Gartens - Körper und Seele unter Hosannarufen sprechen
mögen: - „Gepriesen sei, der Adam (aus der Scheol) herausgeführt * und (ins Paradies)
eingeführt hat (zusammen) mit Vielen!"
Verzeichnen w i r z u n ä c h s t die Ü b e r e i n s t i m m u n g e n z w i s c h e n d e m zitierten H y m n u s d e s hl. E p h r a e m u n d den b e i d e n v o n u n s b e h a n d e l t e n Stücken Vv. 7 , 4 - 8 , 6
( = Z z . 1 4 0 - 1 5 9 ) u n d Vv. 1 6 , 1 - 1 7 , 1 (= Zz. 3 4 5 - 3 6 0 ) , die die F o r t s c h r e i b u n g d e r
Vorlage des Ps.-Ath. darstellen.
In der letzten Zeile d e r z w e i t e n S t r o p h e w i r d der K ö r p e r „ I n s t r u m e n t " (bin)
der Seele g e n a n n t ; zu v e r g l e i c h e n ist V. 16,9 (= Z. 356): „ E r g a b das I n s t r u m e n t
(öpycxvov) d e m S p r e c h e n d e n . "
In d e r vierten S t r o p h e heißt es, d a ß die Seele u n d d e r K ö r p e r e i n a n d e r s u c h e n
(k^,) u n d b e z e u g e n (,<«»). B e g r ü n d e t w i r d es d a d u r c h , daß w i e der K ö r p e r der
Seele b e d a r f , u m zu leben, „so hat ( a u c h ) sie es nötig, d u r c h ihn zu s e h e n u n d
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6. Zum theologiegeschichtlichen
Kontext
83
zu hören." Das Motiv des Suchens begegnet auch im V. 7,6 (= Zz. 142-143):
„Ich suchte nach meinem Leib (oc5|a.cc) ..."
In der fünften Strophe wird die Seele ohne Leib mit dem Embryo verglichen, der weder zum Sprechen noch zum Denken fähig ist. Das Thema der
mangelnden Sprachfahigkeit der Seele ohne Leib wird in der achten Strophe
fortgesetzt. Der von Gott geschaffene Körper bleibt stumm, bis ihm die Seele
eingehaucht wird, die durch den Körper Gott preist. Die eigentlich Sprechende
ist also, nach dem hl. Ephraem, die Seele, nur kann sie ihre Fähigkeit zum
Reden ohne den Körper nicht realisieren: „und auch die Seele gewann durch
ihn (den Körper) weisheitsvolle Rede". Die gleiche Vorstellung liegt auch der
Fortschreibung der Vorlage des Ps.-Ath. zugrunde: „wie ein Sänger ((iouoi-XVUTOKECB
KOV) ohne Stimme, der nicht reden kann, so ist die Seele (X^UOT), die keinen
Leib (Grö|a.a) hat, daß sie aus ihm rufe" (V. 8,2 = Zz. 147-148); „denn (yap)
die Seele (yuxii), die ihn schmückte (KOO^ETV), ging fort, und es wurde von
ihm derjenige herausgenommen, der das Reden trieb" (V. 8,4 = Zz. 152-153);
„Er gab das Instrument (öpyccvov) dem Sprechenden" (V. 16,9 = Z. 356)291.
In der gleichen achten Strophe wird von dem hl. Ephraem das Ziel der Erschaffung des Körpers als Lobgesang für den Herrn formuliert: „da nämlich
die Hand des Schöpfers geformt und gefugt hatte den Körper, daß er seinem
Schöpfer lobsinge." Damit ist der Vergleich mit dem Sänger aus dem V. 8,2
(= Zz. 147-148) „wie ein Sänger (nxnxnKov) ohne Stimme, der nicht reden kann,
so ist die Seele
die keinen Leib (ocöfia) hat, daß sie aus ihm rufe" zu
vergleichen. Ferner ist auf V. 17,1 (= Zz. 358-360) hinzuweisen: „Nun aber, o
Seele (co \|ruxilX singe Psalmen (i|/aM.£iv) deinem Gott, weil du deinen eigenen
(i'8ioq) und unvergänglichen Leib (cco^a) <wieder> hast."292
Uber diese Motivübereinstimmungen hinaus kann man des weiteren auf zwei
im Hymnus des hl. Ephraem formulierte Vorstellungen hinweisen, die die Thematik und die Motivhierarchie der Fortschreibung besser zu verstehen helfen.
Erstens erklärt die von dem hl. Ephraem entwickelte Theorie der Existenz
der Seele ohne Körper die eigentliche Pointe der Wehklage bei dem Ps.-Ath.
Der fünften Strophe zufolge existiert die Seele auch ohne Leib („Und obwohl
auch wieder die Seele für sich und aus sich (allein) ist"), diese Existenz ist
aber äußerst unvollkommen: „fehlt ihr (dennoch) ohne ihren Gefährten die
(volle) Existenz, indem sie ganz gleicht der Frucht im Mutterschoß, deren Leben entbehren (muß) Wort und Denken."293 Die Unvollkommenheit der Seele
291
Diese Vorstellung begegnet schon im Kernstück der Wehklage der Seele Vv. 7,1-4
(= Zz. 132-139), vgl. z.B. Vv. 7 , l b - 2 (=Zz. 134-135): „Wo ist mein Leib (own«), in dem
ich Lieder zu singen pflegte? Wo ist mein Leib (owp.a), in dem ich zu Gott zu beten pflegte".
Zur Unmöglichkeit für die Toten, Gott zu preisen, vgl. Ps 87,11-14.
292
Anklänge an diese Vorstellung findet man auch in den älteren Schichten der Wehklage
der Seele, vgl. die vorherige Fußnote.
293
Vgl. Kommentar von E. BECK, Ephraems Hymnen über das Paradies. Übersetzung und
Kommentar, StAns 26, Romae 1951,79 zu dieser Stelle: „Von dieser Körper- und Geistesseele
umfassenden nafsa-anima behauptet nun Strophe 5 die Möglichkeit einer Sonderexistenz.
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84 utsrponmlihgfedcbaMKGED
Kapitel 1: Die Erschaffung des Menschen nach dem Ebenbild Gottes
ohne Körper liegt darin, daß sie an sich keine solchen Sinnesorgane (U^-) hat,
die ihre Lebenstätigkeit ermöglichen und sichtbar machen würden (vgl. Strophe 6)294. Die anfanglichen Partien der Wehklage (Vv. 7,1 ff = Zz. 132 f f ) sind
in exakt gleichem Sinne zu verstehen: sie stellen keine nostalgische Erinnerung
an bessere Zeiten dar, sondern bringen das Verlangen nach der vollkommenen
Seinsweise zum Ausdruck.
Noch wichtiger ist die achte Strophe des hl. Ephraem, wo er als Ziel des
Erschaffens des Körpers und somit auch des ganzen Menschen den Lobgesang
seines Herrn und Schöpfers angibt. Die elfte Strophe berichtet von den Orten, an
denen die Seelen der Gerechten und Frommen auf die endzeitliche Verbindung
mit ihren Körpern warten. Darüber, daß sie das Paradies ohne ihre Körper nicht
zu betreten vermögen, wurde schon in der siebten Strophe gesprochen (vgl.:
„keinen Mangel kennt nun jene gepriesene Wohnung, der Ort, welcher vollendet und vollkommen ist in allem; und es kann (daher) die Seele nicht allein
ihn betreten, weil es ihr gebricht an beidem, an Sinnen und an Wissen"). Wird
aber das Tor des Paradieses für die nun mit ihren Körpern verbundenen Seelen
geöffnet, dann können die Gerechten Gott wieder preisen: „damit bei Öffnung
des Tores des Gartens Körper und Seele unter Hosannarufen sprechen mögen:
,Gepriesen sei, der Adam (aus der Scheol) herausgeführt und (ins Paradies)
eingeführt hat (zusammen) mit Vielen!'" Somit realisiert der in seiner leibseelischen Verfassung wiederhergestellte Mensch seine ihm bei der Erschaffung
gegebene Bestimmung. Vor diesem Hintergrund lassen sich die letzten Worte
des zweiten von uns behandelten Stückes der Fortschreibung der Vorlage des
Ps.-Ath. (Vv. 16,9-17,1 = Zz. 354-360) deuten: „Er gab das Instrument (öpyocvov) dem Sprechenden. Er gab ihm die durchgeformten Glieder (jie^oq). Nun
aber, o Seele (co i|/\)xn), singe Psalmen (i|/&M.eiv) deinem Gott, weil du deinen
eigenen (vSioq) und unvergänglichen Leib (oö)(j.a) <wieder> hast."
Es ist mit großer Wahrscheinlichkeit nicht zufällig, daß die Fortschreibung
gerade in der Aufforderung an den in seiner Ganzheitlichkeit restituierten Menschen, Gott in Psalmen zu loben, kulminiert. Wie man aufgrund der langen
Behandlung der durch die Seele verlorenen Fähigkeit zum Reden und Singen
in Vv. 7,6 ff (= Zz. 143 f f ) und unter Heranziehung des syrischen Vergleichsmaterials aus dem achten Hymnus De paradiso des hl. Ephraem des Syrers
schließen kann, ist, nach dem Verständnis des koptischen Interpolators, die nach
der Wiedervereinigung von Seele und Leib eingetretene Fähigkeit zum Gebet
eine der zentralen Bestimmungen des Menschen.
D o c h schließt diese v o m Körper getrennte Existenz eine derartige S c h w ä c h u n g in sich, daß
sie ein Nichtsein genannt werden k a n n . "
294
In der Strophe 7 heißt es von der Seele, daß sie alleine das Paradies nicht betreten
kann, I K a - ^ o U ^ o ¿oiir^
l^jn.,
(weil es ihr an beidem mangelt: an Sinnen und
an Wissen). E.KECB
BECK, K o m m e n t a r (wie A n m . 293), 83 führt a u f g r u n d dieser Stelle aus, daß
nach d e m hl. E p h r a e m auch die Seele ihre eigenen Sinne hat, o h n e sie j e d o c h getrennt von
ihrem Leib betätigen zu können.
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6. Zum theologiegeschichtlichen
Kontext
85
Es ist zuletzt auf einige Gemeinsamkeiten hinzuweisen, die den achten
Hymnus De paradiso mit dem gesamten Text des Ps.-Ath. verbinden. Zum
einen liegt den beiden Texten die dichotomische Anthropologie zugrunde295.
Zweitens ist der Schöpfer und der Erlöser des Menschen im achten Hymnus
wie bei dem Ps.-Ath. der Sohn Gottes, bzw. der Herr296. In den beiden Texten
ist von der Höllenfahrt Christi die Rede297. Schließlich liegt der Hauptgedanke
des achten Hymnus, dem zufolge die Seele allein das Paradies nicht betreten
kann (vgl. die Strophen 3, 7 und 11), auf der gleichen Linie mit dem Anliegen
des Ps.-Ath., der das Heil des Menschen von der Restitution seines *nkù.G\\.a.
abhängig macht298.
Trotz dieser Gemeinsamkeiten kann man u. E. nicht von einer direkten Abhängigkeit der hier behandelten fortgeschriebenen Stücke des Ps.-Ath. von dem
hl. Ephraem sprechen. Als Argumente gegen eine direkte Abhängigkeit lassen
sich die unterschiedlichen Sprachen, in denen die beiden Texte überliefert sind
(Syrisch und Koptisch bzw. Griechisch für die hypothetische Vorlage), anführen.
Das Gemeinsame der Fortschreibung des Ps.-Ath. und des hl. Ephraem liegt
außerdem im Bereich der Ideen und kann auf dem Niveau der Terminologie
und konkreter Wendungen (abgesehen von der Bezeichnung des Leibes als
„Instrument," 299 siehe oben S. 82) nicht festgemacht werden. Unterschiedlich
ist auch die literarische Form der beiden Texte (Hymnus und „Kommentar"
zu der Wehklage).
Alle diese Aspekte erwecken den Eindruck, daß es sich bei dem achten
Hymnus De paradiso des hl. Ephraem des Syrers um eine Parallele zu der
Fortschreibung des Ps.-Ath. und nicht um ihre Quelle handelt.
Trotz dieses für das Lokalisieren der Fortschreibung negativen Ergebnisses
sind einige allgemeine Informationen zu der Sammlung der Hymnen De paradiso und speziell zu ihrer Anthropologie von Interesse. Nach François Graffin
stellen die Hymnen „une œuvre de jeunesse" des hl. Ephraem (306-373) dar300.
Die Hymnen „spiegeln deutlich das stark jüdisch-rabbinisch geprägte Milieu des
295
In bezug auf die De anima et corpore-Tradition und speziell auf den Ps.-Ath. wird
dies von G. WURST, Homilie (wie Anm. 73), Bd. II, 131 hervorgehoben. Zum „Dualismus
von Körper und Seele" im achten Hymnus De paradiso siehe E. BECK, Kommentar (wie
Anm. 2 9 3 ) , 7 9 .
296
Vgl. Strophen 8, 9 und 10 mit Vv. 3,2-4,1 = Zz. 43, 46-57.
297
Vgl. die Strophe 10 und Vv. 30,1 ff = Zz. 612 ff.
298
Vgl. V. 4,1 = Z. 54-57, den Abschnitt 3.1.3, und besonders S. 52-64 oben.
299
Die Metapher verwendet schon Iren., haer. II 33,4 (350,66-67 Rousseau): Corpus enim
organo simile est; anima autem artificis rationem obtinet. Weitere Belege aus der patristischen
Literatur siehe bei G.W.H. LAMPE, A Patristic Greek Lexicon, Oxford l2 1995 s.v. opyavov
siehe auch G.WURST, Homilie (wie Anm. 73), Bd. II, 140. A. PALMER, „A Lyre without a
Voice". The Poetics and the Politics of Ephrem the Syrian, Aram Periodical 5, 1993, 380-381
untersucht die Harfemetapher in De paradiso 8,8.
300
F. GRAFFIN, Introduction, in: Ephrem de Nisibe, Hymnes sur le paradis, SC 137, Paris
1 9 6 8 , 14.
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8 6zyvutsrponmlihgfedcbaXPNMKIGEDC
Kapitel I: Die Erschaffung des Menschen nach dem Ebenbild Gottes
frühen syrischen Christentums wieder"301. Das anthropologische Konzept des
hl. Ephraem, das im achten Hymnus De paradiso seinen Niederschlag gefunden hat, wonach der Körper und die Seele eine Einheit bilden und aufeinander
angewiesen sind, ist ebenfalls in anderen Schriften des syrischen Theologen
deutlich erkennbar302. Ob dieses Konzept im achten Hymnus De paradiso polemisch zu verstehen ist, wie es vermutlich in Carmina Nisibena LXXI,5 der
Fall ist303, bedarf einer eigenen Klärung. Es ist schließlich zu vermerken, daß
die den gleichen Wert des Leibes und der Seele betonenden jüdischen anthropologischen Vorstellungen, zu denen die Anthropologie des hl. Ephraem eine
gewisse Nähe aufweist, im 4. Jahrhundert in christlichen Kreisen auch außerhalb
Syriens bekannt waren. Hinzuweisen ist hier z. B. auf das Apokryphon Ezechiel,
dessen das Verhältnis von Leib und Seele betreffende Fragment im 64. Kapitel
des Panarions des hl. Epiphanius von Zypern überliefert ist304.
Die weitere Parallele zu der Fortschreibung der Vorlage des Ps.-Ath. stammt
aus Ägypten. Es handelt sich dabei um ein größeres Stück aus dem 20. Kapitel
der Paralipomena des hl. Pachomius und des hl. Theodorus. Die Stelle ist ein
Teil der längeren Ermahnung (Kap. 19-20), die der hl. Pachomius nach einem
Nachtgottesdienst vor seinen Klosterbrüdern hält305. Wir zitieren den Text nach
der Ausgabe von F. Halkin306:
301
P. BRUNS, Art. Ephraem der Syrer, in: Lexikon der antiken christlichen Literatur, hrsg.
von S. Döpp und W. Geerlings, Freiburg/Br. 2 1999, 193a. Diesem Aspekt ist der Artikel von
N. SED, Les hymnes sur le Paradis de Saint Ephrem et les traditions juives, Museon 81,
1968, 455-501 gewidmet.
302
Die Stellen sind bei B. EL-KHOURY, Die Interpretation der Welt bei Ephraem dem
Syrer. Beitrag zur Geistesgeschichte, TTS 6, Mainz 1976, 99 ff und E. BECK, Kommentar (wie
Anm. 293), 80-82 angeführt. Zur Vorstellung über den menschlichen Leib als musikalisches
Instrument (Ephr., Parad. 8,2; 8,8) vgl. Oden Salomos 6,1-2; weitere Belege siehe bei M.
SPRENGUNG, Bardesanes and the Odes of Solomon, in: AJT 15, 1911, 459-460.
303
Dies wird von T. KRONHOLM, Motifs from Genesis 1-11 in the genuine Hymns of
Ephrem the Syrian with particular reference to the influence of Jewish exegetical tradition,
CB.OT 11, Lund 1978, 162 vermutet. Über die Polemik des hl. Ephraem gegen die Ablehnung
der leiblichen Auferstehung durch die Nachfolger Bardaisans und Markions siehe a.a.O.,
2 9 - 3 0 ; 3 2 - 3 3 . V g l . a u c h E . BECK, K o m m e n t a r ( w i e A n m . 2 9 3 ) , 8 3 .
304
Zur Überlieferung des Apokryphons siehe K.-G. ECKART, Das Apokryphon Ezechiel,
JSHRZ V/1, Gütersloh 1974, 47-49; das Fragment ist nur im Codex Marcianus auf uns
gekommen und wurde von Karl Holl in seiner Edition des Panarions (Epiph., haer. LXIV,70
(GCS Epiph. II/2, 516,2-517,12 Holl)) abgedruckt. Besonders hervorzuheben ist, daß der hl.
Epiphanius seine jungen Jahre (von zirka 330 bis zirka 335) als Mönch in Ägypten verbracht
hat. Siehe darüber den Abschnitt „Epiphanius' Life before ,Panarion 64"' bei J. DECHOW,
Dogma (wie Anm. 6), 31 ff und besonders 32-36. Zur Verbreitung der antihäretischen Schriften
des hl. Epiphanius in Ägypten siehe a.a.O., 218-229.
305
Der parallele Text, den das 72. Kap. der Vita altera (V. Pach. Z 72, (SHG 19,246,8-247,5
Halkin)) bietet, scheint eine jüngere Phase der Textüberlieferung zu sein. So sind darin z. B. die
die Anrede der Seele an den ganzen Leib einleitenden Worte n p a ; 8eTOawpa '6Xov Xtyeza> f)
ilfüXTi OOTOX;- (siehe unten, Zz. 9-10) ausgefallen, so daß die Aufforderung (V. Pach. X 72 (SHG
19, 246, 20-21 Hai.)) Aei;oa pou rnv od'a0r|aiv EK TWV SaKpixov (vgl. unten, Zz. 15-16: Xäße
pot TT|V oA'a0r|aiv 8ta Scdcpiorov yvtopi^opevnv) in der Luft schwebt, bzw. unter Mißachtung
des Singulars des Imperativs Se^ai als an die Beine gerichtet aufgefaßt werden muß. Zum
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6. Zum theologiegeschichtlichen
Kontext
87
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a ö p a xotixo fi \|/vx"n "HM-öv epxo)ievo)v Ttepi xijv KOIXT|V ö y e ,
X E Y O D A A J t p ö ^ E K a a x o v (XE^OQ TOU a t ü p a x o i ; - 'Q
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(5) äocivfixoix; E i v a i , OXTIKEXE 7rp<_)0i)|j.(j)^ xw Kupup • bix&v. I Ipo^
Se xaq x ^ f * * ? Xeyovoa.-
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Se8e(xevai dÄXfiÄau; Kai prixe p l a v Kivr|cnv
s x o u o a r 8 i a xoßxo 7tpo xou ejijceaeiv iipcxi; eiq EKEIVT|V xfiv
w p a v , (xf| EKKaKEixe E7i£KX£iv6[X£vai Jtpcx; xöv Küpiov. npö<; 8e
(io) xo acopa öXov Xeyexco ri V|/*>xfl oöxax;- ^fl acopa, Jipo xoi)
S i a x w p i o O f j v a i K a i p a K p - o v B f j v a i FIJAÖCC; a n ' ÄXÄR|ÄO)V, e p e (IEV ELT; a S r i v
KaxEVEXÖf|vai, Ssapoui; a i S i o u q w t o i^cxpov S i a / . a ß o i j o a v ,
a £ 8e fit; xf|v äp%aiav otxriav pExaßXriöfjvav Kai SiaWiEaOai
Eiq yfjv SucscoSia Kai at|7i£8ovi KaxavaÄfflOeiaav, öapoa/xo:*;
(i5)axf|9i, mpooK-uvei xä> Kupicp- Xdße p o i rf|v ai'a0r|aiv 8 i a
SaKptxov yvcopi^opevriv y v w p i o o v xcö SerntoTri xfiv d y a 0 f | v a o u
8ot)X.Eiav ß ä a x a a ö v p e TtpoOüpox; xrö Oed) E^opoXoyot)(iEvriv,
Ttpo xoi) OE ßaaxax&rivai IJTXÖ äXkmv
pri, Oö.ov K o i p ä o ö a i
Kai ä v a K x ä a ö a i , fit; aicoviov KÖXaatv KaxaSiKaarii; (iE- Eaxai
(20) y a p Kaipcx; ÖXE Ö ßapvxaxoi; EKEIVOI; i k v o i ; 5ia§e%ea0ai ae
(ieAAei. 'Eav ÖKowrii; p o u , d7t0XaijG0|i£v ö p o ö xfjq paKapia«;
K/.ripovopiaq. 'Eav 8E pr| ccKotxrri^ p o u , o'ipoi oxi auveSeörii; p o r
8 i a A £ KAYÄ> T| RÄÖÄIA m x a S i K o t ; y i v o p a i .
E a v o i k a x ; EAEAÖE
Kaö' EKctaxTiv ¿auxoix; dX.ei<povx£<;, akvfk'nq dX,ri0ivö<; v a a ;
(25) x o ß G E O Ü I ) j t d p i ; T | X £ - K a i E v o i K o ß v x o g EV i i p i v x o i )
0EO6,
reoia a a x a v i K f i pEOoSria S w a x a i iipäi; ä 7 i a x f j o a i ;
(i) W e n n wir, Brüder, spät < a m A b e n d > z u Bett g e h e n , s o m ö g e unsere S e e l e j e d e s m a l
d i e s e n g e m ä ß d e m F l e i s c h l e b e n d e n L e i b in der christlichen L e b e n s w e i s e u n t e r w e i s e n
und z u j e d e m seiner G l i e d e r sagen: „ O Füße, die ihr die Kraft z u s t e h e n und e u c h
z u b e w e g e n habt, steht eifrig < f u r > unseren Herrn, b e v o r ihr sterbt und
(5) u n b e w e g l i c h w e r d e t . " U n d z u d e n H ä n d e n < s o l l > sie s a g e n : „ E s k o m m t die Stunde, da ihr a u f g e l ö s t und u n b e w e g l i c h und aneinander g e b u n d e n w e r d e t o h n e j e d e
B e w e g u n g ; d e s h a l b , b e v o r ihr j e n e r Stunde anheimfallt, streckt e u c h u n e r m ü d l i c h
z u d e m Herrn." Z u
( i o ) d e m g a n z e n L e i b soll aber die S e e l e f o l g e n d e r m a ß e n s a g e n : „ O L e i b , b e v o r w i r v o n einander getrennt und entfernt sind, s o daß i c h in d i e H ö l l e h i n a b g e t r a g e n w e r d e ,
sekundären Charakter der Vita altera gegenüber Paralipomena
im A l l g e m e i n e n siehe J.E.
GOEHRING, The Letter o f A m m o n and Pachomian Monasticism, PTS 27, B e r l i n / N e w York
1986, 6 1 - 6 2 und A. VEILLEUX, La Liturgie dans le cénobitisme pachômien au quatrième
siècle, StAns 57, Romae 1968, 2 4 ff und 106.
306
V. Pach. A 20, (SHG 19, 1 4 6 , 6 - 1 4 7 , 6 Halkin). A u f die mit der Datierung der pachomianischen Dokumente verbundenen Schwierigkeiten verweist A. VEILLEUX, Liturgie ( w i e
Anm. 305), 12. N a c h seiner eigenen Meinung entstand die erste sahidische Vita des hl. Pachomius „durant le supériorat m ê m e de Théodore (f 368), ou au plus tard immédiatement après"
(a.a.O., 104). D i e literarische Tätigkeit, der wir unter anderem auch die Paralipomena
und
Vita altera verdanken, setzte nach Veilleux „après la mort de Théodore et celle d'Horsièse"
( t zirka 3 8 0 - 3 9 0 ) ein (a.a.O., 105). Der Tod des hl. Pachomius selbst ist mit dem Jahr 3 4 7
zu verbinden (zur Revision des Datums 346 siehe CH. JOEST, Ein Versuch zur Chronologie
Pachoms und Theodors, Z N W 85, 1994, 1 3 2 - 1 3 9 ) .
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Kapitel I: Die Erschaffung des Menschen nach dem Ebenbild
Gottes
um in der Finsternis die ewigen Bande zu erhalten, du aber in die uranfängliche
Substanz verwandelt und, durch stinkende Fäulnis zerfressen, in die Erde aufgelöst
wirst, stehe
(15) mutig, strecke dich nieder vor dem Herrn. G e w ä h r e mir das Äußere, das sich durch
Tränen kundtut. Lasse den Herrn deinen guten Dienst erkennen. Trage mich, wenn
ich vor Gott <die S ü n d e n > eifrig bekenne, bevor du von den anderen weggetragen
bist. Durch dein Verlangen nach Schlaf und Erholung lasse mich nicht der ewigen
Strafe verfallen. Es k o m m t
(20) nämlich die Zeit, da dich j e n e r tiefste Schlaf ü b e r k o m m e n wird. Wirst du auf mich
hören, so werden wir gemeinsam das selige Erbe genießen. Wirst du auf mich nicht
hören, weh mir, daß du mit mir verbunden wurdest: deinetwegen werde auch ich,
elende, verurteilt." Werdet ihr euch j e d e n Tag auf diese Weise antreiben, so werdet
ihr wahrhaftig der wahre Tempel
(25) Gottes sein. Und wenn Gott in euch wohnt, durch welche List des Teufels seid ihr
zu betrügen?
Zunächst sollen die Gemeinsamkeiten zwischen dem zitierten Stück aus den
Paralipomena des hl. Pachomius und des hl. Theodorus und der oben behandelten Fortschreibung der Vorlage des Ps.-Ath. verzeichnet werden.
Den beiden Texten liegt das schon im Zusammenhang mit dem 8. Hymnus De
paradiso des hl. Ephraem erwähnte 307 dichotomische anthropologische Schema
(Leib - Seele) zugrunde. Wie es in den Vv. 7,6 (= Zz. 142-143) und 16,9-17,1
(= Zz. 356-360) der Fall ist, ist das Reden in den Paralipomena der Seele vorbehalten (vgl. Zz. 1-2). Obwohl der Leib in den Zz. 1-2 TÖ ICAX'UTOCRAV O T O ^ A
t o m o genannt ist (vgl. auch Z. 18-19), was seine Gegensätzlichkeit zu den
geistigen Bedürfnissen des Menschen charakterisieren soll308, ist sein Mitwirken
im geistigen Leben des Mönches unverzichtbar: nur ein solches Mitwirken führt
dazu, daß der Mönch „zum wahren Tempel Gottes" wird (vgl. Z. 24). Der Leib
ist nach Paralipomena sogar das Medium, durch das (allein ?) die Regungen
der Seele sichtbar werden. Darauf ist aufgrund der Aufforderung der Seele
(Zz. 15-16) Xaße (ioi xf)v ai'oör|oiv 8ux öaKpixov •yvwpi^ofievnv zu schließen.
Das passive bzw. mediale Partizip yvcopi^ofievTiv („die, die erkannt wird" bzw.
„sich zu erkennen gibt") macht deutlich, daß die mit ihm verbundene cuo0T|0t<;
nicht subjektivisch als „Sinne, Wahrnehmung" 309 , sondern objektiv im Sinne von
„visible appearance" 310 zu verstehen ist. Dieses Konzept ist durchaus mit der
schon behandelten Auffassung des Leibes in der Fortschreibung der Ps.-Ath.
zu vergleichen: hier wie dort ist die Seele aus ihrer Perspektive auf den Leib
307
Siehe oben, S. 85 und Anm. 295.
Siehe G. LAMPE, Lexicon (wie Anm. 299) s. v. naxix,.
309
In diesem Sinne versteht die Stelle A. VEILLEUX, siehe Pachomian koinonia. The
Lives, Rules, and Other Writings of Saint Pachomius and his Disciples, Vol. 2: Pachomian
Chronicles and Rules translated by A. VEILLEUX, Cistercian Studies Series 46, Kalamazoo
1981, 44: „Make my perception made known by tears", was keinen guten Sinn gibt. Vgl.
die Lesart der Vita Pachomii altera: Aeijoa pou TT)V ai'cr9r|oiv EK TWV Saxpikov, V. Pach. Z 72
(SHG 19, 246, 20-21 Hai.).
310
Siehe H . G . LIDDEL, R. SCOTT, H.S. JONES, A Greek-English Lexicon with a revised
Supplement, Oxford 6 1996, s.v.
308
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
6. Zum theologiegeschichtlichen
Kontext
89
sozusagen angewiesen311. In den Paralipomena kommt dies auch noch dadurch
zum Ausdruck, daß das Schicksal der Seele nach dem Tode unzertrennlich mit
dem des Leibes verknüpft ist312. Vor dem Hintergrund dieses Konzeptes ist auch
die Rolle des Leibes im Gebet in den beiden Texten zu sehen: hier wie dort
wird das Gebet grundsätzlich im Leib vollzogen313.
Es ist darüber hinaus auffallig, daß das zitierte Stück aus den Paralipomena
auch andere Themen berührt, die im nicht fortgeschriebenen Kerntext des Ps.Ath. behandelt werden. Es handelt sich dabei um die Beschreibung des Todes
und um das Schicksal der Seele und des Leibes, die voneinander getrennt sind.
Wie im V. 4,4 (=Zz. 64) ist in den Z. 10-14 der Paralipomena der Tod als
Trennung der Seele und des Leibes beschrieben. Die Folge dieser Trennung ist
einerseits die Fesselung der Seele in der Hölle314 und andererseits der Zerfall
des Fleisches in der Erde315.
Wie es auch mit dem 8. Hymnus De paradiso des hl. Ephraem der Fall
war, kann man weder von der literarischen Abhängigkeit der Fortschreibung
der Vorlage des Ps.-Ath. von dem zitierten Stück aus den Paralipomena des
hl. Pachomius und des hl. Theodorus noch von der umgekehrten Relation sprechen. Die Wichtigkeit des Zeugnisses aus der pachomianischen Tradition für die
theologiegeschichtliche Einordnung der Fortschreibung besteht u. E. darin, daß
die angeführte Ermahnung des hl. Pachomius von der Existenz mönchischer
Gebetspraktiken in Ägypten zeugt, die auf jener dichotomischen Anthropologie
und deren Implikationen basierten, die durch die Fortschreibung überliefert ist.
Das wichtigste Bindeglied zwischen der Fortschreibung und Paralipomena 20
ist somit das Gebet im Leib bzw. das auf den Leib bezogene Gebet.
Verwandte Frömmigkeit ist uns im ägyptischen Bereich in zwei Belegen
bekannt. Dabei handelt es sich zum einen um den 15. Spruch der „Ermahnung
an Asketen" (Adhorlatio ad monachos) des seligen Hyperechius316. Der Spruch
lautet:
Soq KocpSiav a o u , |_iova%e, eic, a(j)\id a o u , i v a Kai töv voiyrov,
Kai xöv 7ipaKxiKov (X7to8i6^ri<; ÖOTO aoC TOV ävuiöiKov, Siaßo^ov 3 1 7 .
311
Vgl. oben S. 78-80.
Vgl. Zz. 21-23. Zu vergleichen damit sind die letzten Worte des im 64. Kapitel des
Panarions des hl. Epiphanius von Zypern überlieferten Fragmentes aus dem Apokryphon
Ezechiel (Epiph., haer. LXIV 70,17 (GCS 31, Epiphanius 517, 9-12)): OÜTCO<; t o CTW)ia TP
v|/\)xfi K a i "P V O T tw owpaxi eic; äXzyxov xf\q Koivfji; epyaaiai; cruvoutTexai, Kai f) Kpiau;
xe^eia yivexai jtepi äpipoxepcov, a w p a r a ; xe Kai vi/vxfj«;, xcöv epycov xwv yEyevrmevtov ei'xe
312
ayaö&v eite (patitaov.
313
Vgl. Z. 17 der Paralipomena und Vv. 17,1 = Zz. 358-360.
Vgl. Zz. 11-12 der Paralipomena (V. Pach. A 20, (SHG 19, 246, 20-21 Hai.)): e^e
pev EIQ 0(5T|V KAXEVEXÖFJVAI, Seapoix; atSiovii; wto ¡¡cxpov SiaX.aßowav und Vv. 4,6a = Z. 66
und passim.
315
Vgl. Zz. 13-14 der Paralipomena und V. 4,5b = Z. 67 und passim.
316
Der selige Hyperechius war aller Wahrscheinlichkeit nach ein ägyptischer Mönch, der
im 4.-5. Jahrhundert gelebt haben wird; siehe J. PAULI, Art. Hyperechius, Lexikon der antiken
christlichen Literatur, hrsg. von S. Döpp und W. Geerlings, Freiburg/Br. 2 1999, 304b.
317
Hyper., mon. 15 (PG 79, 1473D Combesis).
314
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90 utsrponmlihgfedcbaMKGEDA
Kapitel 1: Die Erschaffung des Menschen nach dem Ebenbild Gottes
P. Tirot faßt in der Fußnote zu seiner französischen Übersetzung dieses Spruchs
das oö)(j,a als „Person" auf 3 1 8 . A. Sidorov, der in seiner Übersetzung Tirot
folgt 3 ", bemerkt allerdings unter Verweis auf R.H. Gundry 320 , daß „der Terminus arä|ia" in der biblischen Theologie „oft nicht die ganzheitliche menschliche
Person, sondern ihren ,äußeren Aspekt'" bedeutet 321 . Erweitert man die zuletzt
zitierte Meinung auch auf die hier vorliegende Stelle 322 , so kann sie wörtlich
wie folgt übersetzt werden:
Beziehe dein Herz, o Mönch, auf deinen Leib, damit du den Widersacher, d. h. den Diabolus, sowohl aus den Gedanken als auch aus deinem Tun fortjagen kannst.
Vor dem Hintergrund solcher Stellen der Adhortatio
œpaîoç a î v o ç év a m \ i c m nova^oû ètc
Kapôiaç àva7i£|!7tô[j£voç xâ) ©eô
wie Spruch 158:
Schön ist das Lob im Munde eines
Mönchs, das aus dem Herzen Gott
emporgesandt wird.
oder Spruch 60:
KaKia [iri aij/viÇéxo) év KapSia ^ova^ov 3 2 3
Bosheit soll im Herzen eines Mönchs
nicht einnisten.
kann man vielleicht mit J. Behm formulieren, daß das Herz für den sei. Hyperechius ganz traditionell „den Mittelpunkt des inneren Lebens des Menschen, wo
alle seelischen und geistigen Kräfte und Funktionen ihren Sitz oder Ursprung
haben," 324 bedeutet. Dieser weitgehend geistig zu verstehende 325 „Mittelpunkt
318
Siehe Adhortatio: Hyperéchios, Conseils aux ascètes. Introduction, traduction et notes
par Dom P. TIROT, in: Enseignements des Pères du désert. Hyperéchios, Etienne de Thèbes,
Zosime. Introduction, traduction et notes par Dom P. Tirot, Dom M. van Parys, Dom L.
Regnault, Spiritualité orientale 51, Abbaye de Bellefontaine 1991, 35 Anm. 5: „sôma est pris
au sens de ,personne' = ,toi-même'". Eine Begründung fehlt.
319
Tvorenija drevnih otcov-podviznikov: sv. Ammon, sv. Serapion Tmuitskij, prep. Makarij Egipetskij, sv. Grigorij Nisskij, Stefan Fivaidskij, blaz. Iperehij. Perevod, vstupitel'naja
stat'ja i kommentarii A.I. SIDOROVA, „Martis" 1997, 192.
320
R.H. GUNDRY, Sôma in Biblical Theology with Emphasis on Pauline Anthropology,
MSSNTS 29, Cambridge 1976, 79: „We conclude that in neither the Pauline epistles, nor
the literature of the NT outside those epistles, nor the LXX, nor extra-Biblical ancient Greek
literature does the définition (i. e. of the body) „whole person" find convincing support".
321
A.I. SIDOROV, Kommentarii, in: Tvorenija drevnih otcov-podviznikov: sv. Ammon,
sv. Serapion Tmuitskij, prep. Makarij Egipetskij, sv. Grigorij Nisskij, Stefan Fivaidskij, blaz.
Iperehij. Perevod, vstupitel'naja stat'ja i kommentarii A. I. Sidorova, „Martis" 1997, 399,
Anm. 20.
322
Für eine solche Erweiterung spricht u. E. die im Spruch aufgebaute Gegensätzlichkeit
Kotp8ia : afflua - VOTITÔV : îtpaKTiKÔv. Wird also das Herz offenbar im Sinne von voûç verstanden,
dann bietet sich fur das crâpa seine gewöhnliche Bedeutung „Leib" an.
323
Hyper., mon. 158 (PG 79, 1489 B Com.) und Hyper., mon. 60 (PG 79, 1480 B
Com.).
324
J. B E H M , Art. KapSia, ThWNT III, 1938, 614.
325
Zur inhaltlichen Nähe und den Unterschieden zwischen den Begriffen Kapôia, voûç
und Xj/uxri siehe J.B. BAUER, Art. Herz, RAC XIV, 1988, 1111 und A. GUILLAUMONT, Le
„cœur" chez les spirituels grecs à l'époque ancienne, in: DERS., Études sur la spiritualité de
l'Orient chrétien, Spiritualité orientale 66, Abbaye de Bellefontaine 1996, 69-76.
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6. Zum theologiegeschichtlichen
Kontext
91
des inneren Lebens" muß, nach dem Gedanken des asketischen Lehrers, zur
Abwehr der bösen Macht auf den Leib bezogen werden, was eine besondere
Konzentration auf die eigene mentale (VOTITÔÇ) sowie auf die die monastische
TtpocKTiKf) betreffende Sphäre impliziert.
Es ist ferner auf den ersten Brief des (Ps.-?) Antonius 326 hinzuweisen 327 .
Der Brief folgt klar einem von der Tradition der Paralipomena und der
Fortschreibung der Vorlage des Ps.-Ath. abweichenden trichotomischen (Verstand - Seele - Leib) anthropologischen Schema. Eines der Hauptthemen des
Briefes ist die graduelle Reinigung der Seele und des Leibes, die durch die
Vermittlung des vom göttlichen Geist belehrten menschlichen Verstandes vonstatten geht328. Der Verstand betet (in) dem Heiligen Geist:
326
Für die Autorschaft des hl. Antonius plädiert S. RUBENSON, The Letters of St. Antony.
Monasticism and the Making of a Saint, Studies in Antiquity and Christianity, Minneapolis
2
1995, 3 5 - 4 2 (zur Geschichte der Frage siehe ebd., 35). Seine Thesen wurden ausfuhrlich
von A. KHOSROYEV, Die Bibliothek von N a g Hammadi. Einige Probleme des Christentums
in Ägypten während der ersten Jahrhunderte, Münster 1994, 158-166 und A. KHOSROYEV, O
podlinnosti „Poslanij" Antonija, in: DERS., IZ istorii rannego hristianstva v Egipte. N a materiale koptskoj biblioteki iz Nag-Hammadi, Moskva 1997, 2 8 6 - 3 1 1 kritisiert. Eine detaillierte
Antwort von Rubenson fehlt noch, siehe aber seine kurze Bemerkung zur Kritik Khosroyevs
in S. RUBENSON, Origen in the Egyptian Monastic Tradition of the fourth Century, in: Origeniana Septima. Origenes in den Auseinandersetzungen des 4. Jahrhunderts, hrsg. von W.A.
Bienert und U. Kühneweg, B E T h L 137, Leuven 1999, 321, Anm. 7. Obwohl die Mehrheit
der Forscher in der Nachfolge Rubensons die Echtheit der Briefe anerkennen, halten wir in
Anbetracht der Kritik A. Khosroyevs die Frage für offen. G. GOULD, The Influence of Origen on Fourth-Century Monasticism. Some further Remarks, in: Origeniana Sexta. Origène
et la Bible/Origen and the Bible. Actes du Colloquium Origenianum Sextum. Chantilly,
30 a u g u s t - 3 septembre 1993, ed. by G. Dorival and A. Le Boulluec, BEThL 118, Leuven
1995, 592 Anm. 9, 598 kritisiert Rubenson von einer anderen Seite: nach seiner Meinung,
sind die von Rubenson gesammelten Beispiele nicht ausreichend, um die Abhängigkeit der
Briefe von den Ideen des Origenes überzeugend zu beweisen. Einen neuen, die antonianische
Verfasserschaft der überlieferten Redaktion der Briefe in Frage stellenden Ansatz ist im
Vortrag von R . D . WILLIAMS, Faith and Experience in early Monasticism: N e w Perspectives
on the Letters of Ammonas. Festvortrag von Rowan Douglas Williams anläßlich seiner Ehrenpromotion am Freitag, den 2.7.1999 in der Aula des Erlanger Schlosses, in: Faith and
Experience in early Monasticism: New Perspectives on the Letters of A m m o n a s . Akademische
Reden und Kolloquien. Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg 20, Universitätsbibliothek Erlangen-Nürnberg 2002, 19-36, besonders 3 3 - 3 4 formuliert. Die sieben Briefe
des hl. Antonius werden zum ersten Mal von dem sei. Hieronymus in De viris illustribus 88
(geschrieben 392) erwähnt.
327
Diese Parallele ist bei S. RUBENSON, Letters (wie Anm. 326), 71 A n m . 2 signalisiert.
S. RUBENSON, Letters (wie Anm. 326), 199, V. 27 und 4 7 - 4 9 . Weil eine kritische Edition der Briefe des (Ps.-?) Antonius bisher fehlt, benutzen wir für die allgemeinen Verweise
auf den 1. Brief die von S. Rubenson aufgrund aller bekannten Versionen erstellte englische
Übersetzung (die erste Ziffer bezeichnet die Seite, die zweite den Vers). Die von Valerio de
Sarasio stammende lateinische Übersetzung aus dem Griechischen zitieren wir nach PG 40,
9 7 7 A - 9 8 1 C . Die bei S. RUBENSON, Letters (wie Anm. 326), 20 Anm. 4 angegebenen nicht
kritischen Editionen der arabischen Übersetzung (Kairo 1899 und Makarius-Kloster 1979)
blieben uns unzugänglich. Wir benutzen deswegen die lateinische Übersetzung aus dem
Arabischen von Abraham Ecchellensis, abgedruckt in PG 40, 9 9 9 C - 1 0 0 3 D . Die georgische
Übersetzung wird nach der Edition von G. GARITTE, Lettres de Saint Antoine. Version géorgienne et fragments coptes, C S C O 148, Louvain 1955, die syrische nach der von F. NAU, La
version syriaque de la première lettre de Saint Antoine, R O C 14, 1906, 2 8 2 - 2 9 7 zitiert.
328
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9 2 yxutsrponmlihgfedcbaTMKIGED
Kapitel I: Die Erschaffung des Menschen nach dem Ebenbild Gottes
Textbeispiel Ia
tum quaeret Spiritum Sanctum 329
dann erfragt er (= intellectus) den Heiligen Geist,
Textbeispiel Ib
3i3o6 033£o(f)3&o6 bnc?obo> 3ob
5J.6330
dann erfleht er (= an6a&j>Q, der Verstand) von dem Geist,
Textbeispiel Ic
"L.oi=i lljü 001
dann betet es (= das Herz, 1=A)332 im333
Geist.
Dadurch erlangt der Verstand die Fähigkeit, die Krankheiten der Seele von ihr
abzutrennen:
Textbeispiel IIa
incipiet abjicere ab anima omnia ardua 334
er fängt an, von der Seele alles Beschwerliche wegzuwerfen,
Textbeispiel IIb
incipit discernere etiam aegritudines
animales 335
auch fängt er an, die seelischen Krankheiten zu unterscheiden
Textbeispiel IIc
£Oi o^yol) 5iB^3J>c?3&o>co 3 3 j 3
063360^ 3iOi bsBcoi336
und gewöhnlich fängt er an mit dem Trennen der seelischen Krankheiten
Textbeispiel Ild
337
U=u, iL. I j ^
¿> aoisli, l ^ o
Und es fängt an, die Krankheiten/Leidenschaften der Seele von dem Leib abzutrennen
Die Seele wird an dem Verstand teilhaftig338, was zu ihrer und des Leibes
Reinigung fuhrt:
329
Ant., ep. I arab. (PG 40, 1002B Ecchelensis).
Ant., ep. I 47 georg. (CSCO 148, 4,11-12 Garitte).
331
Ant., ep. I syr. (ROC 14, 293,17 Nau).
332
Im syrischen Text der Briefe kann LA sowohl fur KapSia als auch fur voOç gebraucht
werden; siehe darüber S. R U B E N S O N , Letters (wie Anm. 326), 32; 69 Anm. 1. Zum Problem
im Allgemeinen siehe A. G U I L L A U M O N T , Le „cœur" (wie Anm. 325), 73-76.
333
In der Auswahl der Präposition folgt S. Rubenson, Letters (wie Anm. 326), 200 V. 47
dem syrischen Text: „it prays in the Spirit".
334
Ant., ep. I arab. (1002B Ecch).
335
Ant., ep. I lat. (PG 40, 979C de Sarasio).
336
Ant., ep. I 47 georg. (4,12-13 Gar).
337
Ant., ep. I syr. (293,18 Nau).
338
Vgl. S. R U B E N S O N , Letters (wie Anm. 326), 200 V. 48.
330
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6. Zum theologiegeschichtlichen
Textbeispiel
Kontext
93
lila
illum (d. h. intellectum) diriget (d. h.
Spiritus) ad amovendas singulas ab
anima passiones, quae jam corpori
admissae sunt; nec non passiones ei
peculiaris quae i 1 Ii insunt, penitus
evellit a vertice capitis usque ad imum
pedum 339 .
Textbeispiel
Er (= der Geist) lenkt ihn (= den Verstand) zur Entfernung von der Seele jeder
einzelnen Leidenschaft, die bereits in den
Leib hineingelassen ist, und sicherlich
vertilgt er auch völlig - vom Scheitel
bis zur Sohle - die ihm (d. h. dem Leib)
eigentümlichen Leidenschaften, die ihm
innewohnen.
IHb
loot LoJj oA BXD OOIO
lt£Ll, ö-llaln
IcoIjq
»i. v.
looijo
.tägO-O Q^x}i.)j t^ 01 ! (OOTID
¿p
Lr>J U.O 1)^1
.11^ liifi-o Uy ¿o Ij^p
340
.:.
^Oi
Er (der Geist) lehrt es (das Herz), wie
es alle Wunden der Seele heilen soll,
und <wie> es jede einzelne von denen
<Leidenschaften> abtrennen soll, die
den Gliedern des Leibes beigemischt
worden sind und <auch> andere Leidenschaften, die dem Leib gegenüber äußerlich sind, <und zwar> von dem Kopf und
bis zu den Füßen, <das heißt> diejenigen,
die <mit dem Leib> durch den Willen
verbunden sind.
D e m v o n R u b e n s o n erstellten k o m p o s i t i o n e l l e n S c h e m a z u f o l g e sind die n ä c h sten, d e m eben zitierten S t ü c k n a c h f o l g e n d e n sieben A b s c h n i t t e d e s ersten
B r i e f e s d e s (Ps.-?) A n t o n i u s der R e i n i g u n g v o n u n t e r s c h i e d l i c h e n G l i e d e r n
des m e n s c h l i c h e n L e i b e s g e w i d m e t und z w a r in f o l g e n d e r , d e m v o r g e g e b e n e n
Plan (a vertice capitis usque ad imum pedum, siehe o b e n Textbeispiel l i l a )
entsprechender Reihenfolge:
Reinigung
Reinigung
Reinigung
Reinigung
Reinigung
Reinigung
Reinigung
339
der
der
der
der
des
der
der
Augen - 50
Ohren - 51-52
Zunge - 53-58
Hände - 5 9 - 6 0
Magens-61-65
Geschlechtsorgane - 6 6 - 6 8
Füße - 69-71 341 .
Ant., ep. I arab. (1002B Ecch).
Ant., ep. I syr. (294, 1-5 Nau). Die altgeorgische Übersetzung und die von Valerio de
Sarasio sind an dieser Stelle weniger deutlich.
341
S. R U B E N S O N , Letters (wie Anm. 326), 54. Eine verwandte Tradition scheint in Epistula
prima 11 und 14 des hl. Makarius von Ägypten vorzuliegen. Für den griechische Text siehe
Mac. Aeg., ep. I 11 (GOF. S 21/2, XX Strothmann), Mac. Aeg., ep. I 14 (GOF. S 21 /2, XXI
Str.), für die abweichende lateinische Übersetzung siehe Mac. Aeg., ep. 111 (RAM 1, 74,79-85
Wilmart) und Mac. Aeg., ep. I 14 (RAM 1, 75,103-112 Wil.). Die orientalischen Versionen
sind bei M. G E E R A R D , Clavis Patrum Graecorum, Vol. II, Ab Athanasio ad Chrysostomum,
CChr, Turnhout 1974, 2415 und M. G E E R A R D / J . N O R E T , Clavis Patrum Graecorum. Supplementum, CChr, Turnhout 1998,2415 verzeichnet. Zur makarianischen Verfasserschaft vgl. W.
STROTHMANN, Die syrische Überlieferung der Schriften des Makarios, Teil 2: Übersetzung,
GOF. S 21, Wiesbaden 1981, XV.
340
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94 yxutsrponmlihgfedcbaVTPMKIGED
Kapitel I: Die Erschaffung des Menschen nach dem Ebenbild Gottes
Beim Vergleich dieser Liste mit dem oben zitierten Stück aus Paralipomena
20342 fallt auf, daß in den Paralipomena nur noch zwei von den sieben Gliedern wiederzufinden sind, von denen bei (Ps.-?) Antonius die Rede ist, und
zwar in anderer Reihenfolge (zuerst die Füße, dann die Hände) als bei (Ps.-?)
Antonius.
Um den weiteren Vergleich zu ermöglichen, wird der den Füßen gewidmete
Abschnitt aus dem 1. Brief des (Ps.-?) Antonius zitiert:
Textbeispiel IVa
Pedes quoque, si haud recti fuerint, nec
ambulaverint secundum Dei voluntatem
in libertate, cor quod impletum est gratia,
custodit et dirigit secundum voluntatem
Spiritus Sancti ad inserviendum optimis
in rebus, ut corpus omnibus bonis perficiatur et reducatur sub Spiritus Sancti potestatem. Sane dico, corpus hujuscemodi
j a m particeps effectum esse corpori resurrecturo in resurrectione justorum 343 .
Und auch die Füße, wenn sie nicht gehörig waren und nicht gemäß dem Willen
Gottes in Freiheit gewandelt sind, <sie
auch> behütet das von der Gnade erfüllte
Herz 344 und lenkt <sie> gemäß dem Willen des Heiligen Geistes zum Dienen in
den guten Werken, so daß sich der Leib
in allem, was gut ist, vervollkommnet
und unter die Macht des Heiligen Geistes
geleitet wird. Ich meine tatsächlich, daß
ein solcher Leib bereits an dem Leib
teilhaftig gemacht worden ist, der in der
Auferstehung der Gerechten auferstehen
wird.
Textbeispiel IVb
nOL
£)] gAoi
(DO
-OÖ1 lJ^Ü- U
(jOl^Oj
» ij K-il^ji. ^ OtK^A Öl
Ld )oALz>
^öotij .ou^^n
-oöij ^ouooj
oAoj .lü^ l^riixn (Ai2AjDO
h ^ L loouo
SiViKj
In, L«=ux» .Lo;, Li^Aai
:L.o;; oiLoAd
0A0
3i5
342
, loJ-,,
Und danach gibt es346 auch den Füßen ihre
Reinigung. Obwohl sie manchmal unrecht
gewandelt waren ohne Gott nachzufolgen,
wenn sie unter der Führung des Geistes geworden sind, der ihre Reinheit bewirkt, und
nach Seinem Willen gehen, <dann> wandeln und dienen sie in den guten Werken,
damit der ganze Leib umgewandelt und
erneuert und unter der Führung des Geistes
<gestellt> würde. Und ich denke, wenn der
ganze Leib gereinigt worden ist und die
Siehe oben, S. 87-88.
Ant., ep. I arab. (1003B Ecch).
Die altgeorgische Übersetzung liest an dieser Stelle ¡¡,oi63&ia „Verstand", siehe Ant.,
ep. I 69 georg. (6,18 Gar); Valerio de Sarasio (Ant., ep. I lat. (981A Sar)) bietet „sensus".
Nach dem Kontext handelt es sich um den Verstand. Zum Problem siehe S. R U B E N S O N ,
Letters (wie Anm. 326), 69 Anm. 1.
345
Ant., ep. I syr. (296,6-14 Nau). Die altgeorgische Übersetzung (Ant., ep. I 71 georg.
(6,22-24 Gar)) überliefert den letzten Satz in folgender Form: £Oi JjciBgb ßocDiftSacg
0^3 ¿^33 Scioqci 6i^oc?o (0^063 Uciejosftobi 9ob ¡¡,r<i.i3obo>a 303300)^(08^6 3o>6
(0^332^0 3ci£23&o>£o ¿Ab 3o>ft<Do>c5CDibo> 3ib ¿£2£02,m9o>bo> (Und ich denke, daß ein
343
344
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6. Zum theologiegeschichtlichen
Kontext
95
Fülle des Geistes empfangen hat, ist er dies,
was er in der Auferstehung der Gerechten
bekommen wird.
Im Vergleich dieses Konzeptes mit dem zitierten Abschnitt aus Paralipomena
20, können zunächst die die beiden Texte trennenden Unterschiede nicht übersehen werden. Formell gesehen handelt es sich einerseits um eine in Form von
der Ermahnung der Seele an den Leib gebotene Beschreibung der asketischen
Übung und einen Kommentar dazu und andererseits um einen Traktat zum
Thema „Reinigung der Seele und des Leibes". Von den sieben im 1. Brief des
(Ps.-?) Antonius genannten zu reinigenden menschlichen Gliedern findet man
in Paralipomena 20, wie schon erwähnt, nur zwei (Zz. 3-5 Füße; Zz. 6 - 9
Hände), und zwar in einer von der des 1. Briefes abweichenden Reihenfolge.
Im Unterschied zu dem 1. Brief, wo die Reinigung des ganzen Leibes nur am
Ende des letzten zitierten Abschnittes erwähnt wird347, nimmt die Aufforderung
des Leibes in Paralipomena 20 die Hälfte des angeführten Textes (Zz. 9-23)
ein. Es lassen sich ferner keinerlei Parallelen im Wortlaut der beiden Texte
beobachten348.
Von den inhaltlichen Unterschieden sind nur die drei wichtigsten zu vermerken. Wie schon gesagt, liegen den Texten zwei unterschiedliche anthropologische Konzepte zugrunde: der 1. Brief des (Ps.-?) Antonius operiert mit dem
trichotomischen Schema (Verstand - Seele - Leib); dabei spielt der Verkehr des
Verstandes mit dem Hl. Geist eine überaus wichtige Rolle (vgl. Textbeispiele
Ia-c; Ila-d; IHa-b). In Paralipomena 20 spielt weder der Verstand noch der Hl.
Geist eine Rolle; das anthropologische Konzept ist dichotomisch (Leib - Seele).
Anders als im 1. Brief ist die Seele in Paralipomena 20 aktiv; die aktive Rolle
im 1. Brief spielt der Verstand (vgl. Textbeispiele Ila-d). Das gleiche ist auch
in bezug auf die Rolle des Leibes in den beiden Texten zu sagen: der Leib in
Paralipomena 20 ist mit der Seele gleichberechtigt, von seiner Aktivität hängt
vielfach die Rettung des Menschen ab (vgl. Zz. 15-17). Der Leib im 1. Brief
ist dagegen ein Objekt der von dem Verstand durch die Seele vollziehenden
solcher <Leib> schon jetzt einen bestimmten Teil des geistigen Leibes empfangen hat, der
bei der Auferstehung der Gerechten zu empfangen ist).
346
D.h. Los ¿>
LiA (das Herz, das von dem Geist gelernt hat), siehe Ant., ep. I syr.
(295,19 Nau).
347
Siehe Textbeispiele IVa und b.
348
Damit meinen wir nur die zitierten Stücke aus dem 1. Brief. Die einzige vage Parallele
könnte man im Abschnitt über die Hände (S. RUBENSON, Letters (wie Anm. 326), 201 V. 59)
sehen. Zu vergleichen ist Paralipomena Zz. 8 - 9 : „deshalb, bevor ihr jener Stunde anheimfallt,
streckt euch unermüdlich zu dem Herrn" und Ant., ep. I 59 (201,4-6 Rubenson) „And also
the movements of the hand, if they were moved disorderly by the will of the soul, are now
made firm by the Spirit and destined to move towards purity by prayers and acts of mercy".
Wie man sieht, ist in beiden Fällen über die Bewegung der Hände im Gebet die Rede. Von
einer literarischen Abhängigkeit oder Verwandtschaft kann man allerdings nicht sprechen.
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
96 utsrponmlihgfedcbaPMKGED
Kapitel 1: Die Erschaffung des Menschen nach dem Ebenbild Gottes
Reinigung, über seine Aktivität wird nichts gesagt (vgl. Textbeispiele IIIa,b;
IVa,b).
Wenden wir uns nun den Gemeinsamkeiten zwischen dem 1. Brief und
dem angeführten Abschnitt aus Paralipomena 20 zu. Beide Texte haben ein
sehr ähnliches Konzept von dem Ziel der asketischen Anstrengungen. In Paralipomena 20 ist dieses Ziel mit der Wendung „Tempel Gottes" (Z. 24-25)
formuliert. Damit wird offenbar der in seiner leib-seelischen Einheit auf Gott
gerichtete Mensch gemeint; wichtig ist, daß dieser Zustand als ein noch im
irdischen Leben erreichbarer gedacht wird (vgl. Zz. 23-26). Für den Verfasser
des 1. Briefes ist ganz ähnlich die vollkommene Reinigung des Leibes schon
in diesem Leben möglich (vgl. Textbeispiel IVa,b). Die inhaltliche Nähe des
Konzeptes vom „Tempel Gottes" zum gereinigten Leib des 1. Briefes (vgl. Textbeispiel IVa,b) ist durch die Betonung der Rolle des Leibes in Paralipomena
20 gegeben. Den beiden Texten gemeinsam ist auch die Bezugnahme auf unterschiedliche Glieder des Leibes (vgl. Paralipomena Zz. 2 ff und Textbeispiel
IVa,b). Es sei schließlich auf die Rolle des Gebetes in den beiden Textzeugen
hinzuweisen. Die Seele in Paralipomena 20 belehrt ihren Leib nicht im Gebet, sondern durch direkte Ermahnung (vgl. Zz. 1-3); das Gebet wird aber im
Leib vollzogen (vgl. Z. 15-17). Der Verstand im 1. Brief ist genauso wie die
Seele in Paralipomena 20 - wenn auch unter Vermittlung der Seele - auf den
Leib hin orientiert (vgl. Textbeispiel Ild; IIIa,b); das Beten im Leib ist nicht
erwähnt, nichts deutet aber daraufhin, daß das Gebet des Verstandes außerhalb
des Leibes geschieht349.
Der Vergleich des 1. Briefes des (Ps.-?) Antonius mit der Fortschreibung
der Vorlage des Ps.-Ath. ist viel weniger ergiebig. Ohne alle zahlreichen Unterschiede aufzulisten, kann verzeichnet werden, daß die Fortschreibung - wie
auch Paralipomena 20 - dem dichotomischen anthropologischen Schema
(Seele - Leib) folgt, das sie von dem dem 1 .Brief eigenen trichotomischen
Schema (Verstand - Seele - Leib) grundsätzlich abhebt. In der Fortschreibung
fehlen ferner die für die Paralipomena und den 1. Brief des (Ps.-?) Antonius
gemeinsamen Erwähnungen der Glieder des menschlichen Leibes. Andererseits
fehlt im 1. Brief das Motiv des Zerfalls des Leibes und der Fesselung der Seele
nach dem Tode350, das den Ps.-Ath. mit Paralipomena 20 verbindet. Bezüglich
der Rolle des Leibes ist allen drei Texten gemeinsam, daß der Leib als eine
unentäußerbare Seite des menschlichen Ganzen gedacht wird. Das Gebet gilt
in allen drei Texten dem Leib bzw. ist nur im Leib möglich.
Bei der Betrachtung der oben vermerkten Unterschiede und Gemeinsamkeiten der zitierten Abschnitte aus dem 1. Brief des (Ps.-?) Antonius, der
349
Das im Textbeispiel Ic genannte Beten des Verstandes (bzw. des Herzens, siehe
Anm. 332) im Hl. Geist ist wohl im Sinne der communio mit dem Hl. Geist zu verstehen.
Für das Gebet im Leib spricht auch die Idee der Teilhabe an dem Auferstehungsleib noch
im irdischen Leben (vgl. Textbeispiel IVa,b).
350
Vgl. Paralipomena Zz. 11-14 und Ps.-Ath. V. 4,4 (= Zz. 64); V. 4,6a (= Z. 66).
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6. Zum theologiegeschichtlichen
Kontext
97
F o r t s c h r e i b u n g d e r Vorlage des Ps.-Ath. und des a n g e f ü h r t e n Stückes aus den
Paralipomena,
k ö n n e n die Relationsverhältnisse z w i s c h e n diesen Texten d u r c h
folgendes Schema veranschaulicht werden:
Ps.-Ath. (Fortschreibung und Kerntext) <-> Paralipomena
Antonius 351
20 o
1. Brief des (Ps.-?)
In den Paralipomena
des hl. P a c h o m i u s und des hl. T h e o d o r a s K a p . 20, im
15. Spruch der „ E r m a h n u n g an A s k e t e n " des seligen H y p e r e c h i u s u n d im 1.
Brief d e s (Ps.-?) A n t o n i u s liegen also einige im Ä g y p t e n des 4 . - 5 . J a h r h u n d e r t s
vertretene A u f f a s s u n g e n der menschlichen Leiblichkeit u n d Spuren der F r ö m m i g keitspraktiken vor, die m i t der A u f f a s s u n g des L e i b e s in d e r F o r t s c h r e i b u n g der
Vorlage des Ps.-Ath. s o w i e m i t d e m dort z u m A u s d r u c k g e b r a c h t e n Verständnis
des G e b e t s k o n f o r m sind.
D e r n ä c h s t e - m i t den o b e n b e h a n d e l t e n G e b e t s f r ö m m i g k e i t e n aller Wahrscheinlichkeit n a c h nicht v e r w a n d t e - Text sei hier als Beispiel der dialogisch
gestalteten geistigen Übungen 3 5 2 a n g e f ü h r t , die u n s s c h o n durch
Paralipomena
2 0 b e k a n n t sind 353 . Es handelt sich dabei u m den in d a s 4. J a h r h u n d e r t zu datierenden, syrisch ü b e r l i e f e r t e n B r i e f des hl. A m m o n a s 3,4 3 5 4 :
351
Darüber, ob zwischen dem 1. Brief und der Tradition der Paralipomena ein Abhängigkeitsverhältnis besteht (es kann übrigens - wenn überhaupt - kaum anders als im Sinne
einer Vereinfachung bzw. Beeinflussung der Spiritualität des Briefes in einem anderen Milieu
gedacht werden), kann nur unter Heranziehung des weiteren Vergleichsmaterials befunden
werden.
352
Ohne hier auf das Problem der Dialoge zwischen dem Leib und der Seele ausfuhrlich
eingehen zu können, verweisen wir auf die einschlägige Literatur, die sich mit dem syrischen
Befund auseinandersetzt: S.P. B R O C K , The Dispute between Soul and Body: An Example of
a long-lived mesopotamian literary Genre, Aram Periodical 1/1, 1989, 53-64; S.P. B R O C K ,
Syriac Dispute Poems: the various Types, in: Dispute Poems and Dialogues in the Ancient
and Medieval Near East, ed. by G.J. Reinink and H.L.J. Vanstiphout, OLA 42, Leuven
1991, 114; S.P. B R O C K , Tales of two beloved Brothers: syriac Dialogues between Body and
Soul, in: Studies in the Christian East in Memory of M.B. Ghali, ed. by L.S.B. MacCoul,
Publications of the Society for Coptic Archeology (North America) 1, Washington 1995,
29-38; H.J.W. D R I J V E R S , Body and Soul. A Perennial Problem, in: Dispute Poems and Dialogues in the Ancient and Medieval Near East, ed. by G. J. Reinink and H. L. J. Vanstiphout,
Orientalia Lovaniensia Analecta 42, Leuven 1991, 121-134. Die Möglichkeit einer syrischen
Beeinflussung der ägyptischen Tradition von der Trennung der Seele von dem Leib wird von
T H . B A T I O U C H K O F , Le débat de l'âme et du corps, Romania 20, 1891, 11, Anm. 2 und L.
D U D L E Y , The egyptian Elements in the Legend of the Body and Soul, Baltimore, 108-110
erwogen. Das letztere Problem, das auch Berührungen mit unserem Thema hat, bedarf einer
weiteren Klärung.
353
Der Threnos der Seele in Ps.-Ath. Vv. 7,lbff (= Zz. 134 ff) stellt keine direkte Anrede
des Leibes dar, die uns in Paralipomena 20 vorliegt. Das nachfolgende Beispiel muß aber
verdeutlichen, daß die Form der Anrede des Leibes durch die Seele in Paralipomena 20 im
Kontext der verwandten dialogischen Formen stand.
354
Amm., ep. III 4 syr. (PO X, 576,8-577,3 Kmoskö). Das zitierte Stück findet man
mit einigen Abweichungen auch auf Griechisch als Abschnitt 3 des 2. griechischen Briefes
des hl. Ammonas (siehe Amm., ep. II 3 gr. (PO XI, 437,11-17 Nau)). Zur Person und den
Werken des hl. Ammonas (T vor 396) siehe C. S C H M I D T , Art. Ammonas, Lexikon der antiken
christlichen Literatur, hrsg. von S. Döpp und W. Geerlings, Freiburg/Br. 21999, 22b-23a und
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
98 yutsrponmlihgfedcbaPMLKIGED
Kapitel I: Die Erschaffung des Menschen nach dem Ebenbild Gottes
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Wenn ihr also seht, daß ihr Herz zu gewisser Zeit bedrückt ist, bringt eure Seele
vor euch und befragt sie, bis sie heiß
wird und in Gott entflammt. Denn auch
David, als er einmal seine Seele bedrückt
sah, sagte also: „Ich ergoß über mich
selbst meine Seele 355 , ich erinnerte mich
an die früheren Tage. Und ich dachte
über all Deine Werke nach. Und ich erhob meine Hände zu Dir. Meine Seele
dürstet nach Dir wie die Erde." 356 So tat
David, als er sah, daß seine Seele kalt
war, bis er bewirkt hatte, daß sie heiß
wurde, und er empfing die göttliche Süße
Tag und Nacht. Daher tut dies auch ihr.
Wie bei dem Abschnitt aus den Paralipomena handelt es sich bei diesem Zitat um eine Selbstermahnung. Auf den ersten Blick könnte das modifizierte
biblische Zitat (Ps 41,5, LXX): „Ich ergoß über mich selbst meine Seele" als
ein Berührungspunkt mit der Tradition des auf den Leib bezogenen bzw. im
Leib zu vollziehenden Gebetes in Paralipomena und in der Fortschreibung der
Vorlage des Ps.-Ath. betrachtet werden. Die in den anfanglichen Zeilen empfohlene Praxis „bringt eure Seele vor euch und befragt sie, bis sie heiß wird
und in Gott entflammt", die mit diesem Zitat interpretiert wird, stellt aber aller
Wahrscheinlichkeit nach kein Gebet, sondern eine Art „Erhitzung" der Seele
durch Vorwürfe dar357. Es beschreibt also einen inneren mentalen Vorgang.
Abweichend von den Paralipomena und der Fortschreibung der Vorlage des
Ps.-Ath. ist das eigentliche Objekt dieser Übung nicht der Leib, der überhaupt
nicht erwähnt wird, sondern die Seele. Das biblische Zitat ändert diese Perspektive; zum Objekt wird jetzt das nicht näher definierte „Ich": „Ich ergoß über
mich selbst meine Seele". Der Kontext der Praxisbeschreibung („bringt eure
Seele vor euch und befragt sie") legt es nahe, daß dieses Beziehen der Seele
auf das „Ich" eher im Sinne eines inneren Dialogs als im Sinne eines Dialogs
zwischen Leib und Seele zu verstehen ist.
A.I. SiDOROv, Svjascennoe Pisanie v egipetskom monasestve IV v. (na materiale greceskoj
versii tvorenij sv. Ammona), in: Traditions and Heritage of the Christian East. Proceedings of
the International Conference, Moscow 1996, 343-349. Der 3. syrische Brief des hl. Ammonas
ist auch in der arabischen Übersetzung unter dem Namen des hl. Antonius überliefert, siehe
M. KMOSKÓ, Praefatio, in: Ammonii eremitae epistolae, PO X 6, Paris 1914, 562; der Text
der lateinischen Übertragung dieses Briefes von Abraham Ecchellensis aus dem Arabischen
ist in PG 40, 1023A-1024D abgedruckt. Zur Urheberschaft des hl. Ammonas siehe E KLEJNA, Antonius und Ammonas. Eine Untersuchung über Herkunft und Eigenart der ältesten
Mönchsbriefe, ZKTh 62, 1938, 326-341.
355
Vgl. Ps 41,5 (LXX).
356
Vgl. Ps 142,5-6 (LXX).
357
Vgl. A m m , ep. X 3 syr (597,3-598,8 Km.).
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6. Zum theologiegeschichtlichen
99
Kontext
Die zitierten Beispiele bezeugen, daß es in Ägypten im 4. Jahrhundert eine
Reihe von asketischen Praktiken und von Auffassungen der menschlichen
Leiblichkeit gegeben hat, die in unterschiedlicher Weise mit der Leibesauffassung und der Vorstellung vom Gebet der Seele im Leib übereinstimmen,
die uns in der Fortschreibung der Vorlage des Ps.-Ath. begegnet sind. Keine
der angeführten Parallelen kann als Quelle für die Fortschreibung gelten oder
hängt von ihr direkt ab. Das Gesamtzeugnis der aus Ägypten stammenden Parallelen kann jedoch in dem Sinne interpretiert werden, daß schon im ägyptischen
Mönchtum des 4. Jahrhunderts eine recht uneinheitliche Tradition vertreten war,
welche die Rolle des Leibes im Gebet ausdrücklich positiv einschätzte358. In
diese Tradition läßt sich die Fortschreibung der Vorlage des Ps.-Ath. einordnen, ohne daß es möglich erscheint, literarische Abhängigkeiten festzustellen.
Ausgehend von diesem Ergebnis werden nun entgegengesetzte Praktiken und
Vorstellungen betrachtet.
6.2. Beispiele entgegengesetzter
Gebetsfrömmigkeit
und
Leibesauffassung
Es liegt nahe, die in der Fortschreibung der Vorlage des Ps.-Ath. zum Ausdruck
gebrachte Vorstellung vom Gebet im Leib, sowie die im vorangehenden Abschnitt angeführten Beispiele mit einigen Aussagen359 des Evagrius Ponticus
358
Zum positiven Verhältnis zu dem Leib im ägyptischen Mönchtum des 4.-5. Jahrhunderts im allgemeinen siehe F. DODEL, Das Sitzen der Wüstenväter: eine Untersuchung
anhand der Apophthegmata Patrum, Par. 42, Freiburg/Schw. 1997, 86-88; B. MÜLLER, Der
Weg des Weinens. Die Tradition des „Penthos" in den Apophthegmata Patrum, FKDG 77,
Göttingen 2000, 66-75 und B. MÜLLER, Zur hesychastischen Gebetsmethode der ägyptischen
Wüstenväter, ZKG 112, 2001, 168 (alle drei Studien beziehen sich hauptsächlich auf die
Tradition der Apophthegmata)', zu vergleichen wäre auch die Übersicht über „Disciplining
the body" bei dem hl. Athanasius von Alexandrien in der Untersuchung von A. PETTERSEN,
Athanasius and the Human Body, Bristol 1990, 99-103. Obwohl die Ausgangsfragestellung
von F. DODEL (vgl. a.a.O., S. VII: „Es ist also zu fragen, in welcher Art der Leib in das
tägliche Üben - insbesondere im meditativen Kontext - einbezogen wird") der unsrigen nahe
ist, wird das spezifische Aspekt des Beziehens der Seele auf den Leib in der Untersuchung
Dodels nicht thematisiert. Auf den ersten Brief des (Ps.-?) Antonius wird in dieser Studie
auf den S. VII und 88 hingewiesen.
359
Im folgenden werden wir auf die Zusammenhänge im theologischen System des
Evagrius nur insofern eingehen, als es für das richtige Verständnis der zu zitierenden Stellen erforderlich ist. Eine übergreifende Darstellung des evagrianischen Systems bietet A.
GUILLAUMONT, Les „Képhalaia gnostica" d'Evagre le Pontique et l'histoire de l'origénisme
chez les grecs et chez les syriens, Patristica sorbonensia 5, Paris 1962, 102-119. Eine ausführliche Einführung in das Leben des Evagrius sowie in seine geistliche Lehre findet man
bei A. GUILLAUMONT, Un philosophe au désert: Evagre le Pontique, in: DERS., Aux origines
du monachisme chrétien. Pour une phénoménologie du monachisme, Spiritualité orientale 30,
Abbaye de Bellefontaine 1979, 185-212 und G. BUNGE, Einleitung, in: Evagrios Pontikos.
Briefe aus der Wüste. Eingeleitet, übersetzt und kommentiert von G. Bunge, Sophia 24,
Trier 1986, 17-164; eine gute Auswahl der Literatur über das evagrianische System bietet
J. DRISCOLL, „Ad monachos" of Evagrius Ponticus. Its Structure and a select Commentary,
StAns 104, Roma 1991, 5 Anm. 1.
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100 utsrponmlihgfedcbaMKIGED
Kapitel I: Die Erschaffung des Menschen nach dem Ebenbild Gottes
(f 399) zum Gebet 360 und zur Askese zu vergleichen. So schreibt Evagrius z. B.
im 49. Kapitel seines Werkes „Praktikos":
Beständig zu arbeiten, zu wachen und zu fasten ward uns nicht vorgeschrieben, hingegen
ward uns geboten, „ohne Unterlaß zu beten" 361 . Denn die erstgenannten Tätigkeiten, die
den leidenschaftlichen Teil der Seele heilen, bedürfen zu ihrer Ausübung auch unseres
Leibes, welcher auf Grund der ihm eigenen Schwäche diesen Mühen nicht gewachsen
wäre. Das Gebet hingegen macht den Intellekt stark und rein fiir den Streit, da er seiner
Natur nach auch ohne diesen Leib zu beten und für alle Vermögen der Seele wider die
Dämonen zu kämpfen veranlagt ist362.
360
Die unten zu zitierenden Aussagen des Evagrius über das Gebet sind vor dem Hintergrund seiner in der Nachfolge des Origenes ( t um 253) entwickelten Lehre von der doppelten Schöpfung zu verstehen (Belege siehe bei A. GUILLAUMONT, Les „Kephalaia gnostica"
(wie Anm. 359), 103-117). In der ersten Schöpfung wurden nach Evagrius die reinen vöe<;
geschaffen, die infolge ihrer Nachlässigkeit in Bewegung (KIVTIOK;) gekommen sind, sich
von der ursprünglichen Einheit mit Gott entfernt und den Namen „Seelen" bekommen haben. Der Abfall der zu Seelen gewordenen voeQ führte zu einer zweiten Schöpfung, der der
sichtbaren Welt und der Leiber, mit denen die abgefallenen Intellekte bekleidet wurden. Diese
zweite Schöpfung diente nach dem göttlichen Plan dazu, den Intellekten das Zurückkehren
zur ursprünglichen Einheit mit Gott zu ermöglichen. Nach der Auferstehung durchläuft der
Leib eine Reihe von Stadien, die zu seiner progressiven Vergeistigung fuhren, an deren Ende
den Leib eine totale Aufhebung erwartet. In der Auffassung des Evagrius ermöglichte dieser
Prozeß die Rückkehr der mit den Leibern verbundenen Intellekte zu der Einheit mit Gott.
Die skizzierte Lehre ist in etwas modifizierter Form in folgendem Zitat aus dem Brief des
Evagrius an Melania (Kap. 26) zusammengefasst: „Was nun den Intellekt betrifft, so sind,
wie wir sagten, seine Natur, seine Hypostase und sein Rang eins. Und einst, da er auf Grund
seiner selbstmächtigen Freiheit von seinem ersten Rang abfiel, ward er „Seele" genannt: und
als er wiederum herabglitt, ward er als „Leib" bezeichnet. Doch einst (werden) Leib und Seele
und Intellekt (wieder) ein und dasselbe (sein) wegen der Verwandlungen seiner Willen. Und
weil einmal eine Zeit kommen wird, da seine verschiedenen Willen und Regungen vergehen
werden und er in seiner ersten Schöpfung auferstehen wird, sind (dann) seine Natur und seine
Hypostase und sein Name (wieder) eins, die Gott kennt" (zitiert nach der Ubersetzung von G.
Bunge in: Evagrios, Briefe (wie Anm. 359), 311-312). Kommentiert wird die Stelle bei M.
PARMENTIER, Evagrius of Pontus' „Letter to Melania" I & II, Bijdr. 46, 1985, 31-32 und bei
G. BUNGE, Kommentar, in: Evagrios Pontikos. Briefe aus der Wüste. Eingeleitet, übersetzt
und kommentiert von G. Bunge, Sophia 24, Trier 1986, 395-396. Zur Anthropologie des
Evagrius im allgemeinen siehe M. O'LAUGHLIN, The Anthropology of Evagrius Ponticus
and its Sources, in: Origen of Alexandria: his world and his legacy. Papers from the Origen
Colloquy held at the University of Notre Dame, Apr. 11-13, 1986, ed. by Ch. Kannengiesser
and P.W. Lawrence, Notre Dame 1988, 357-373, pp. 366-367 sind der Lehre von dem Leib
und seiner Rolle in der Heilsgeschichte gewidmet. Zur Frage der Abhängigkeit der evagrianischen anthropologischen Lehre von der Protologie des Origenes siehe F.X. MURPHY,
Evagrius Ponticus and Origenism, in: Origeniana tertia. The Third International Colloquium
for Origen Studies (University of Manchester, September 7th—1 Ith, 1981), Roma 1985, 256
u n d M . O'LAUGHLIN, a . a . O . , 3 5 8 .
361
1 Thess 5,17.
Mit kleinen Veränderungen zitiert nach der Übersetzung von G. BUNGE in: Evagrios
Pontikos. Praktikos oder Der Mönch. Hundert Kapitel über das geistliche Leben, KoinoniaOriens 32, Köln 1989, 172.
362
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6. Zum theologiegeschichtlichen
Kontext
101
Im Unterschied zu dem Leib, der aufgrund seiner Schwäche beständig zu arbeiten und in den asketischen Übungen zu bleiben außerstande ist, kann der
Intellekt gemäß seiner Natur „auch ohne diesen Leib" ohne Unterlaß beten: xöv
v o w ... 7te<p"UKÔTCc TcpoaeiJXBaOcxi Kai ôi^ot xomou toi) GcityiaToç363. Der Leib und
der Intellekt werden also einander in bezug auf das Gebet gegenübergestellt,
wobei dem Intellekt der Vorzug gegeben wird.
Die Bewegung „weg von dem Leib" wird von Evagrius im 52. Kapitel des
Praktikos für den führenden Modus der Askese erklärt:
Den Leib von der Seele zu trennen steht allein dem zu, der sie zusammengebunden
hat; die Seele vom Leib zu trennen indessen auch dem, der sich der Tugend widmet.
Die Anachorese nämlich nennen unsere Väter eine „Einübung in den Tod" und eine
„Flucht vor dem Leib." 364
Der als die Trennung des Leibes von der Seele beschriebene Selbstmord (gemeint ist die auf den Leib gerichtete Tätigkeit, die zum Tode fuhrt 365 ) wird von
Evagrius der Beeinflussung der Seele gegenübergestellt, die zu ihrer graduellen
Trennung von dem Leib fuhren soll366.
Unter dem gleichen Vorzeichen steht auch die von Evagrius zwei Mal 367 fast
wörtlich wiederholte Auslegung des Ps 141,8 (LXX) 368 :
Où roxvxcov èaxi xo Xiyeiv- "EicßaXe èk
<pvX.aKfjç xf)v Hrox/nv |j.ot>, ei jj.fi xcov
Swajtevcov Stà Ka9ap6xr|xa Kai xœpiç xoii
crcbp.axoç xoijxou ejußa^etv xfi öecopia xwv
Yeyovôxmv.
Nicht jedem gebührt es zu sagen: „Führe
meine Seele aus dem Kerker heraus",
sondern nur denen, die sich aufgrund
ihrer Reinheit und ohne diesen Leib der
Kontemplation der geschaffenen Dinge
widmen können.
Die Kommentatoren dieses Spruches waren bemüht, ihn gegen „die manichäischen Leibverächter" 369 abzugrenzen und die Anthropologie des Evagrius
gegen falsche Vermischung mit der „pythagoreisch-platonischen Mißachtung des
363
364
178.
Evagr. Pont., pract. 49 (SC 171, 612,6-8 Guillaumont).
Zitiert nach der Übersetzung von G. Bunge in: Evagrios Pontikos (wie Anm. 362),
365
So der Kommentar von A. und C. Guillaumont zu diesem Spruch in: Evagre le Pontique.
Traité pratique ou Le Moine, tome II, édition critique du texte grec (compte tenu des versions
orientales), traduction, commentaire et tables par A. G u i l l a u m o n t et C. G u i l l a u m o n t ,
SC 171, Paris 1971, 618.
366
Zu den platonischen Wurzeln dieser Auffassung der Askese siehe den Kommentar von
A. und C. G u i l l a u m o n t in: Evagre le Pontique (wie Anm. 365), 619.
367
Die zweite Stelle ist Evagr. Pont., keph. gnost. IV 70 (OrChrP 5, 231 Hausherr): Où
7rccvx(ov ovv écrit tô XÉyeiv "EicßaÄAe èk qnAaKfjç tt]v yux'HV M-Cu, àXXà xwv Suvanévwv 5ià
mGapôxîixa \|/u%fîç Kai xwpiç xoii awpaxoç xotixov xfi Öewpia xwv yeyovôxtov E7iißä^.^Eiv.
368
Evagr. Pont., sel. in Ps., (PG 12, 1668B De la Rue). Zur evagrianischen Verfasserschaft der dem Origenes handschriftlich zugeschriebenen Selecta in Psalmos siehe H.U. v o n
Balthasar, Die Hiera des Evagrius, ZKTh 6 3 , 1 9 3 9 , 8 6 - 1 0 6 ; 1 8 1 - 1 8 9 und M . - J . Rondeau,
Le commentaire sur les Psaumes d'Evagre le Pontique, OCP 26, 1960, 307-328.
369
So G. Bunge in: Praktikos (wie Anm. 362), 181; im gleichen Sinne auch A. G u i l l a u m o n t , Les „Képhalaia gnostica" (wie Anm. 359), 112.
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102 xvutsrponmlihgfedcbaMKIGED
Kapitel I: Die Erschaffung des Menschen nach dem Ebenbild
Gottes
Leibes" in Schutz zu nehmen370. Ohne diese Punkte hier in Abrede stellen zu
wollen371, machen wir darauf aufmerksam, daß Evagrius das Beten von Ps 141,8
(LXX) denen vorbehält, die schon eine bestimmte Stufe der geistigen Vollkommenheit erreicht haben. Dies folgt auch aus dem 56. Brief des Evagrius:
Es ziemt sich j a nicht, über die Entschlafenen zu trauern, denn „laßt uns nicht traurig
sein wie die übrigen, die keine H o f f n u n g haben." 3 7 2 Wenn dem nicht so wäre, wie
sollten wir dann zu Gott sagen: „Führe meine Seele aus dem Kerker, daß ich deinen
N a m e n bekenne, Herr" 373 wie einer, der v o m Leibe gehindert ist, Gott ein reines Lob
emporzusenden? 3 7 4
Mit der Wendung „wie einer, der vom Leibe gehindert ist, Gott ein reines Lob
emporzusenden" 375 ist der uns interessierende Aspekt der evagrianischen Auffassung des Gebetes auf den Begriff gebracht376.
Die angeführten Stellen reichen u. E. dazu aus, um zu zeigen, daß durch die
Schriften des Evagrius eine Auffassung des Gebetes in Umlauf gebracht wurde,
die zu der im Abschnitt 5.1 durch Beispiele dargestellten Auffassung sowie zu
der der Fortschreibung der Vorlage des Ps.-Ath. im scharfen Gegensatz steht.
6.3. Ein
Kontextualisierungsversuch
Es ist an dieser Stelle angebracht, an eine andere mit dem Namen des Evagrius verbundene Gebetsauffassung zu verweisen, die von ihm selbst als „reines
Gebet" (KaÖapa 7tpo0£Dxf|) bezeichnet wurde377. Antoine Guillaumont hat
vorgeschlagen, die Lehre des Evagrius vom „reinen Gebet" im Kontext des
370
371
A . I . SIDOROV, K o m m e n t a r i i ( w i e A n m . 3 2 1 ) , 2 7 0 , A n m . 10.
Obwohl von der Leibfeindlichkeit bei Evagrius angesichts solcher Stellen wie Kephalaia gnostica IV 60; IV 62 und IV 82 eigentlich keine Rede sein kann, wurde das Problem
des Materiellen und Leiblichen in seinem System bei weitem nicht befriedigend gelöst, was
am Beispiel der evagrianischen Christologie von A. GRILLMEIER, Jesus der Christus im
Glauben der Kirche, Bd. I, Von der Apostolischen Zeit bis zum Konzil von Chalcedon (451),
Freiburg/Br. 1979, 561-568 überzeugend gezeigt worden ist; die Literatur zur subordinatianischen Tendenz der Christologie des Evagrius ist bei C. STEWART, Cassian the Monk (wie
Anm. 77), 98, n. 105 angeführt.
372
1 Thess 4,13.
373
Ps 141,8 (LXX).
374
Zitiert nach der Übersetzung von G. Bunge in: Evagrios, Briefe (wie Anm. 359),
271.
375
.Uli li^A,
IMIA
£ OOI
ooi
Evagr. Pont., ep. LVI (AGWG.PH.NF
XIII/2, 604, 2 - 3 Frankenberg). Die platonische Abstammung dieser Gedankengänge ist nicht
zu verkennen, vgl. z.B. folgende Stelle aus Phaidon, PI., Phd. X (65 b Burnet): n ö t e o»v, fj
8o<;, fi v|/-ox"H "nfe cAri9Eia<; ajcTEtoa; öxav yap p e t a toi) ocö(iaxo<; ¿7UXEtpTi xi aKoratv, 8f|>.ov
öxi TOTE E^araxTcaoa vm' a ö r a ö .
376
Die evagrianische Spiritualität wird von J. MEYENDORFF, Byzantine Theology. Historical
Trends and Doctrinal Themes, London/Oxford 1974, 68 wie folgt charakterisiert: „Evagrius
identifies man with ,intellect' and conceives Christian spirituality as a dematerialisation."
377
Vgl. diesen Ausdruck im Traktat De oratione 97 (PG 79, 1188D). Die evagrianische
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
6. Zum theologiegeschichtlichen
Kontext
103
Streites zwischen den sogenannten Origenisten und den sogenannten Anthropomorphiten 378 zu sehen: „Les rapports existant entre la théorie de la prière
pure et la controverse anthropomorphite étant ainsi établis379, faut-il voir dans
le traité De la Prière une mise au point faite contre les grossières erreurs des
moines anthropomorphites, ou ne faudrait-il pas plutôt voir dans le mouvement
anthropomorphite une réaction contre la théorie de la prière pure exposée dans
le traité d'Evagre? Nous inclinerions vers cette seconde interprétation des faits:
la théorie de la prière pure s'insère trop bien, en effet, dans le développement
spontané de la pensée d'Evagre pour qu'on puisse songer à l'expliquer par une
simple cause occasionelle."380
Ohne daß die von Guillaumont vorgeschlagene Deutung der Rolle des evagrianischen Traktats im Streit der ägyptischen Mönche von uns geteilt werden
könnte 38 ', muß mit ihm die Bedeutung des Gebetes im Konflikt zwischen den
„Origenisten" und den „Anthropomorphiten" hervorgehoben werden. In den
überlieferten Quellen zum mönchischen Konflikt382 in Ägypten um 400383 ist
uns keine Nachricht darüber bekannt, daß damals die Auffassung vom Gebet
Verfasserschaft dieser in der griechischen Tradition dem hl. Nilus von Ancyra zugeschriebenen Schrift wurde von I. HAUSHERR, Le traité de l'oraison d'Evagre le Pontique (Pseudo
Nil), RAM 15, 1934, 34-39, siehe auch 169-170 nachgewiesen. Der Begriff „reines Gebet"
meint ein von allen sinnlichen Vorstellungen von den Dingen und sogar von den Gedanken
an die Xôyoi der Dinge freies Gebet des voûç an Gott (vgl. De oratione 47; 57; 67; 68; 71;
73; 115; 117).
378
Über den Streit und die Anthropomorphiten siehe oben, Anm. 1.
379
Gemeint wird der evagrianische Kontext der 10. Conlatio des hl. Johannes Cassianus,
in den A. Guillaumont den Bericht über den „Anthropomorphiten" Sarapion setzt (siehe A.
GUILLAUMONT, Les „Képhalaia gnostica" (wie Anm. 359), 60-61). Dem Bericht zufolge hatte
man Sarapion überzeugen können, daß die Ableitung der menschlichen Gestalt Gottes von
Gen 1,26 der kirchlichen exegetischen Tradition widerspricht. Während des nachfolgenden
gemeinsamen Gebetes fühlt er sich der ihm gewohnten anthropomorphen Gottesvorstellung
beraubt und ruft: „heu me miserum! tulerunt a me Deum meum, et quem nunc teneam non
habeo uel quem adorem aut interpellem ¡am nescio" (Cassian., Coll. X 3 (SC 54, 77,30-32
Pichery)).
380
A. GUILLAUMONT, Les „Képhalaia gnostica" (wie Anm. 359), 61, vgl. auch A. GUILLAUMONT, La vision de l'intellect par lui-même dans la mystique évagrienne, in: DERS., Études
sur la spiritualité chrétienne, Spiritualité orientale 66, Abbaye de Bellefontaine 1996, 114,
Anm. 1.
381
Bei seinem ausschließlich auf dem Bericht des hl. Johannes Cassianus in Conl X 3
basierenden Erklärungsversuch übersieht Guillaumont leider, daß der Streit zwischen den
„Origenisten" und den „Anthropomorphiten" mehrere Dimensionen hatte, von denen die
Auffassung des Gebetes nur eine war. Sowohl Sokrates und Sozomenus als auch die koptische
Vita des sei. Aphu bezeugen, daß im Mittelpunkt des Streites exegetische und anthropologische
Probleme standen, was auch dem Zeugnis von Cassian, Coll. X 3 nicht widerspricht.
382
Siehe oben A n m . l .
383
Die Grunddaten des ersten origenistischen Streites in Ägypten, in dessen Gefolge
der Konflikt unter den Mönchen der niederägyptischen Klöster stattfand, werden bei K.
H O L L / A . JÜLICHER, D i e Z e i t f o l g e , ( w i e A n m . 2), 3 2 3 - 3 3 5 b e h a n d e l t . E i n e D a r s t e l l u n g d e r
Konflikte um 400 mit einschlägiger Literatur bietet K.S.FRANK, Lehrbuch, (wie Anm. 2),
265-267.
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104 zyxwvutsrponmlihgfedcbaXMLKIGED
Kapitel I: Die Erschaffung des Menschen
nach dem Ebenbild
Gottes
im bzw. außerhalb des Leibes diskutiert worden wäre384. Nimmt man aber den
Ansatz Guillaumonts von der Wichtigkeit der praktischen Frage nach dem
Beten im besagten Streit ernst und betrachtet die oben zitierten Aussagen des
Evagrius zum Gebet vor dem Hintergrund der im Abschnitt 5.1 angeführten
gegensätzlichen Zeugnisse, die entweder dem Streit zeitlich vorausgehen oder
in die etwa gleiche Zeit zu datieren sind, dann kann eine bestimmte Spannung
zwischen beiden Gebetsfrömmigkeiten vermutet werden. Ob und wann aus
dieser Spannung die Fortschreibung der Vorlage des Ps.-Ath. hervorgegangen
ist, kann aufgrund der mangelhaften Quellenlage mit letzter Sicherheit nicht
festgestellt werden. Es können aber einige allgemeine Vermutungen zu diesem
Problem geäußert werden.
Es ist erstens evident, daß alle im Abschnitt 5.1 behandelten Zeugnisse
nicht polemisch gefaßt sind. Soll also die Fortschreibung in die Zeit vor dem
„Anthropomorphitenstreit" datiert werden, dann muß erklärt werden, warum
sie auf die Notwendigkeit des Leibes für das Gebet insistiert, ohne daß dafür
für uns faßbare äußere Bedingungen gegeben worden wären.
Der Streit zwischen den sogenannten Origenisten und den sogenannten
Anthropomorphiten ist ferner der erste große uns bekannte Mönchskonflikt in
Ägypten, bei dem die Frage der Gebetsfrömmigkeit eine Rolle spielte385. Der
Höhepunkt des Streites (um 400) fällt fast mit dem Todesjahr des Evagrius
(t 399) zusammen, der erst seit 383 in Niederägypten - zuerst in der nitrischen
Wüste und dann in Kellia - als Mönch lebte und seine asketischen Schriften
verfaßte. Die zitierten Stellen aus Evagrius zum Leib als einem Hindernis
beim Beten könnte man zwar um einige vermehren, im allgemeinen ist es
aber klar, daß ähnliche Aussagen bei ihm weder besonders zahlreich waren,
noch die inhaltliche Mitte seiner Lehre vom Gebet ausmachten386. Bedenkt man
dabei, daß die sahidisch überlieferte Fortschreibung möglicherweise in diesem
384
Diskutiert wurde sicherlich die Frage nach der Zulässigkeit der bildlichen Vorstellungen
beim Beten, vgl. z.B. Cassian, Coli. X 2 - 5 . Eine Polemik gegen die origenistisch geprägte
Gebetsfrömmigkeit (d.h. im Kontext unserer Untersuchung - gegen das Gebet außerhalb
des Leibes) enthält möglicherweise ep. 327 des hl. Nilus von Ancyra ( t um 430): EtixovTca
noXXäKi^ TIVEI; anaXX<xyf\vm xoO iöiou acb|j.aTO<;, dx; Jtpcx; TÖ ä|iapt(xvEiv rnv xicuxriv ÖDVEXorijvovro^. E/ptiv 5e aijxoix; näÄAov e"Bx etJ 9° tl COToAXayiivoa xoö e a w w v nox&npoi) xpoTiot),
Kai rfj<; EpraxOo'öi; Kai (piÄ.opwco'u yvcbp.r|(; (Nil., ep. I 327 (PG 79, 201A Allatius)); sicher
antiorigenistisch sind ferner die Briefe 189 und 190 des ersten Buches, in denen die Lehre
von dem Fall der Seelen kritisiert wird, siehe PG 79, 153C-156A). Auf den Gegensatz zur
evagrianischen Spiritualität verweist V. WARNACH, Zur Theologie des Gebetes bei Nilus von
Ankyra, Perennitas. FS P. Thomas Michels, Münster 1963, 73 und Anm. 14. Warnach sieht
zurecht die Grundlage dieser Einstellung des hl. Nilus in seiner Protologie, die die origenistische Lehre von dem Abfall der Seelen nicht kennt (verwiesen wird auf ep. II 168). Nach
Warnach sieht der hl. Nilus das Ziel der Askese darin, „sich auf Christus mit Seele und Leib
zu sammeln" (ep. I 292, übersetzt nach WARNACH, a.a.O., 74, hervorgehoben von uns).
385
Siehe Cassian, Coli. X 1 - 5 .
Als eine solche Mitte muß man unbestritten die Lehre vom „reinen", d. h. von jeglichen
bildlichen Vorstellungen freien Gebet bezeichnen. Der Akzent des Evagrius liegt also nicht
386
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6. Zum theologiegeschichtlichen
Kontext
105
Dialekt - und das bedeutet in Oberägypten bzw. Mittelägypten - entstanden ist,
dann scheint die Zeit für eine direkte kritische Rezeption der evagrianischen
Aussagen im Gefolge des „Anthropomorphitenstreites" (d. h. um 400) zu kurz
zu sein.
Der zeitlich nächste Konflikt in Ägypten, in dem der Name des Origenes
bzw. seiner Nachfolger auftaucht, ist durch die Mahnschrift des Schenute Contra Origenistas387 bekannt. Obwohl hier keine Reaktion auf die oben behandelte evagrianische Gebetsauffassung vorzufinden ist388, ist auf die Polemik
des Schenute gegen die Leugner der leiblichen Auferstehung aufmerksam zu
machen. Ohne die Frage nach dem genauen theologischen Profil der in dem
längeren Abschnitt über die Auferstehung (Kap. 0389ff) widerlegten Gegner
des Schenute behandeln zu können, soll darauf hingewiesen werden, daß die
Nähe von einigen ihrer Ideen zu dem origenistischen Gut kaum in Frage gestellt
werden kann389. Bei der Widerlegung des Schenute müssen seine Argumente
in den Kapiteln 0409-0411 betrachtet werden390:
(0409) MH N T J l Y J C O O C
NTG'I'YXH
n e c t y T e K O . a.NOK
.xe
AN . X E
TKOA.Ä.CIC
T i e TTICCOMA AYCU
¿cd
•|-xcd
T T O Y N O q a.YCL> T i e M T O N
mmoc
NTe^YXH
Tie TTCCUMA MTT.JJK.2JOC NA MG .
(0409) Haben sie etwa (jif|) nicht gesagt,
daß dieser Leib (a<i)|j.rx) die Bestrafung
(ic6X.aai<;) der Seele und ihr Gefängnis
ist? Ich aber sage euch, daß der Leib
(aw|j.a) des wahrhaft Gerechten (SiKotiot;)
die Freude und die Ruhe der Seele
(\|/\)Xii) ist.
auf dem Gedanken, daß der Leib das Gebet stört, sondern auf dem, daß es vorstellungsfrei
sein soll. Siehe dazu umfassend G. BUNGE, Das Geistgebet. Studien zum Traktat De Oratione des Evagrios Pontikos, Schriften des Zentrums patristischer Spiritualität KOINONIA im
Erzbistum Köln, Köln 1987, 62-87 und besonders 83-84.
387
Der Titel der namenlos überlieferten Schrift wurde von ihrem Herausgeber T. Orlandi
formuliert. Zur Zuschreibung an Schenute und zur Frage nach der Datierung (zwischen 441
und 451) siehe T. ORLANDI, Introduzione (wie Anm. 95), 11-12 und ausfuhrlich Anm. 95
in der vorliegenden Arbeit. Origenes ist im Kapitel 0359 namentlich erwähnt.
388
Der Herausgeber von Contra Origenistas Tito Orlandi hat in einem der Publikation
vorausgeschickten Artikel das Milieu, in dem die von Schenute widerlegten Irrmeinungen
verbreitet waren, ausdrücklich als evagrianisch charakterisiert, siehe T. ORLANDI, Catechesis
(wie Anm. 95), 95: „Indeed, what might have seemed inconceivable - that some part of the
Evagrian movement could reach Upper Egypt by infiltrating the Pachomian and Shenutian
monasteries - is also proved or at least implied by this work of Shenute."
389
Im Kapitel 0401 polemisiert Schenute z.B. gegen die Meinung, die Auferstehung
sei unmöglich, weil der Leib nach dem Tode in vier Elemente - Wasser, Erde, Luft und
Feuer - aufgelöst würde, aus denen er entstanden sei. Das gleiche Argument gegen die Auferstehung des Fleisches bringt auch der Origenist Proklus im polemischen antiorigenistischen
Dialog De resurrectione I 14 des hl. Methodius von Olympus (f gegen 311) vor. Dieser
Sachverhalt ist bei A. GRILLMEIER, Jesus der Christus im Glauben der Kirche. Bd. 2/4. Die
Kirche von Alexandrien mit Nubien und Äthiopien nach 451, Freiburg /Br. 1990,205 übersehen.
Auf das Problem, wer die die Auferstehung des Leibes leugnenden Gegner des Schenute sein
mögen, geht A. GRILLMEIER, a.a.O., 202-209 ein; die Frage wird von ihm letztendlich offen
gelassen. Erwogene Möglichkeiten sind Origenisten, Marcioniten und Manichäer.
390
Zitiert nach Sehen., cont. Orig. 0409-0411 (42,24-36 Orlandi).
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106
Kapitel I: Die Erschaffung des Menschen nach dem Ebenbild Gottes
(0410) Denn (yäp) wenn sich die Seele
(vi/vx'n) des Frevlers (doeßf|i;) verfinstert,
c y A c c y c u n e N E N O X O C E T R E J E N N J I MN
macht sie den ganzen Leib (arö)j.a) dunkel
nccuMi. epcyä.N TG^YXH MneyceBHC p
und wird der Gehenna schuldig (evoxo?)
o y o e i N < y a . c p TTCCDMA T H p q N O Y O B I N .
zusammen mit dem Leib (a(o\iu). Wenn
die Seele (yD%fi) des Frommen (eixreßiii;)
leuchtet, erleuchtet sie den ganzen Leib
(aö)(ia).
(0411) Ä.YLU i A H e C U C T E ' I ' Y X H G T M 6 yxurqponljigecYTONMKIHGCA
(0411) Und wahrhaftig (dt^r|6(i)<;) <ist es so,
M n e x p i c T o c e c o N e e N N B T 2 N MITHYG
daß> die Seele (vi/vxii), die Christus liebt,
gleich denen ist, die im Himmel sind, wähecgH nccuHi. ecp
2M TTCOJMA 2N
NO)2l MnexpicToc. 2N NECMOY MN Necy- rend sie <noch> im Leib (aw|j.a) ist. Sie
A.HA MN Ari.eON NIM 6T€PE HOYA TTOYA feiert im Leib ( c w ^ a ) in den Festen Christi
durch Lobpreisungen und Gebete und alles,
AXCUNIZE e j ' e o o Y M I T N O Y T C N 2 H T O Y
Nee NNeTp qjx 2N T i r e 2M ncyi. NTSK.- was gut ( d y a ö a ; ) ist, < u n d > wodurch jeder
KAHCIA NNqjpnMMICe GTCHg 2 N MTTHYB . einzelne sich anstrengt (aycovi^oiiai), Gott
zu rühmen. <So feiert sie> wie die, die im
himmlischen Fest der Kirche (EKKÄT|GUX)
der Erstgeborenen feiern.
(0410) e p q p j L N T G ' I ' Y X H r A p M T T A C e B H C p
K.Ä.K6 c y i . c p TTCCOMA T H p q NK.AK.G. A Y C D
Die Berührungen dieses Textes mit den im Abschnitt 5.1 behandelten Traditionen
und mit der Fortschreibung der Vorlage des Ps.-Ath. sind nicht zu verkennen 391 .
Im Kapitel 0410 drückt sich Sehenute in den Begriffen der dichotomischen
Leib-Seele-Anthropologie aus, die uns schon in Paralipomena 20 begegnet ist.
Genau so, wie es in Paralipomena 20 der Fall ist, spricht Schenute von dem
gleichen Los für Seele und Leib im Jenseits, vgl. Kap. 0410:
Denn (ydp) wenn sich die Seele (vt>xf|) des Frevlers (aoeßiv;) verfinstert, macht sie
den ganzen Leib (atop.a) dunkel und wird der Gehenna schuldig (evo^o«;) zusammen
mit dem Leib (acopa).
und Paralipomena
20, Zz. 21-23 (die Worte der Seele an den Leib):
391
Es scheint auch nicht unangebracht, die Worte des Schenute im Kap. 0409: „Ich aber
sage euch, daß der Leib des wahrhaft Gerechten die Freude und die Ruhe ist" mit dem
folgenden Zitat aus dem 48. Brief des Evagrius zu vergleichen: „Verachte also die leibliche
Natur, die von Anbeginn an verweslich ist und wiederum zur Verwesung gelangen wird.
Bemühe dich vielmehr um das Ebenbild Gottes, damit es unbefleckt aus dem Leib ausziehe",
zitiert nach der Übersetzung von G. Bunge in: Evagrios, Briefe (wie Anm. 359), 261. Diese
Gegenüberstellung zeigt, daß, wenn auch GABRIEL BUNGE, Evagrios Pontikos: der Prolog
des „Antirrhetikos", StMon 39, 1997, 85 mit seiner den Platz des Leibes im System des
asketischen Tuns des Evagrius umschreibenden Charakteristik: „Das ,Organon' seines (d.h.
des Menschen) Leibes ist ihm nämlich dazu verliehen worden, um mit diesem ,Instrument'
die Tugenden zu üben" recht hat, kann diese allgemeine, die Ausübung der monastischen
npaKtiKii betreffende Einstellung den Formulierungen nicht vorbeugen, die in der Protologie
des Evagrius verwurzelte Einschätzung der Leiblichkeit zu Tage treten ließen und konfliktstiftend wirken konnten. Zur leibfreundlichen Auffassung des Schenute insbesondere und in
den koptischen Predigten allgemein siehe D. BRAKKE, The Egyptian Afterlife of Origenism:
Conflicts over Embodiment in Coptic Sermons, OCP 66, 2000, 280-281.
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6. Zum theologiegeschichtlichen
Kontext
107 zxwvutsrponmlji
Wirst du auf mich hören, so werden wir gemeinsam das selige Erbe genießen. Wirst du
auf mich nicht hören, weh mir, daß du mit mir verbunden wurdest: deinetwegen werde
auch ich, elende, verurteilt.
Das Gebet wird nach Kap. 0411 im Leib vollzogen:
Sie (= die Seele) feiert im Leib (aö|xa) in den Festen Christi durch Lobpreisungen und
Gebete ...
Vgl. Paralipomena 20, Zz. 17 (die Worte der Seele an den Leib):
Trage mich, wenn ich vor Gott <die Sünden> eifrig bekenne
und Ps.-Ath. Vv. 17,1 (= Zz. 358-360):
Nun aber, o Seele (öj V|/DXII), singe Psalmen (\|/ctÄA£iv) deinem Gott, weil du deinen
eigenen (i'Sioi;) und unvergänglichen Leib (aa)(ia) <wieder> hast.
Das wesentlich Neue, was der Text und der Kontext dieses Abschnittes vermittelt, ist die polemische Ausrichtung dieser Vorstellungen und ihre Verwendung
gegen die Leugnung der leiblichen Auferstehung.
6.4.
Schlußfolgerungen
Es liegt jetzt auf der Hand, die Fortschreibung der Vorlage des Ps.-Ath. mit
einer vergleichbaren polemischen Situation in Verbindung zu bringen. Das in
den näher nicht bekannten koptischen Kreisen vollzogene Zurückgreifen auf
die gegen die gnostische Leugnung der Auferstehung gerichtete Schrift des
hl. Melito läßt schon an sich an die möglichen ähnlichen polemischen Ziele
ihrer Übersetzer denken. Wie aber in Abschnitt 3.1.3. gezeigt wurde, war der
Redaktor des vorliegenden koptischen Textes nicht primär an der Verteidigung
der Leiblichkeit, sondern an der in Christus wiedererlangten leib-seelischen
Ganzheit des Menschen interessiert, deren für ihn wichtigste Folge die Fähigkeit
zum Reden und Beten ist. Wie das Kap. 0411 der Schrift Contra Origenistas
zeigt, konnte in der Mitte des 5. Jahrhunderts in Oberägypten eine ähnliche
Motivik in einem polemischen, wahrscheinlich antiorigenistischen Kontext
stehen. Die in Abschnitt 5.2 gesammelten Beispiele aus Evagrius zeigen, daß
er in seinen Aussagen zum Gebet manchmal zu Formulierungen kam, die mit
den anthropologischen Überzeugungen eines Schenute, der möglicherweise in
Contra Origenistas die Schüler von Evagrius widerlegt, unverträglich waren392.
Aufgrund dieser Überlegungen Rückschlüsse auf die Entstehungszeit der Fortschreibung zu ziehen, würde aber bedeuten, über das hinaus gehen zu wollen,
was die gegenwärtige Quellenlage bietet. Die in dieser Arbeit abgesteckte Plausibilität der Entstehung der Fortschreibung in den antiorigenistischen Kreisen
Oberägyptens des 5. Jahrhunderts kann von der weiteren Forschung bei der Be392
Siehe dazu A. GRILLMEIER, Jesus der Christus 1990 (wie Anm. 389), 205.
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108 utsrponmlihgfedcbaMKIGED
Kapitel I: Die Erschaffung des Menschen nach dem Ebenbild Gottes
handlung dieser Frage in Betracht gezogen werden. Als eine gesonderte Aufgabe
muß die Frage nach den eventuellen Verbindungen der von uns festgestellten
ägyptischen leibfreundlichen anthropologischen Überlieferung und der auf ihr
aufbauenden Gebetsauffassung mit der Theologie der sogenannten asiatischen
Tradition und der mit ihr verknüpften Mystik393 betrachtet werden.
7. Zusammenfassung
Die durchgeführte Analyse der für das Thema „Die Erschaffung des Menschen
nach dem Ebenbild Gottes in der pseudo-athanasianischen Homilie De anima
et corpore" relevanten Stücke des Ps.-Ath. hat gezeigt, daß der koptische Text
das Ebenbild Gottes, nach dem der Mensch geschaffen wurde, mit der zweiten
Person der Heiligen Dreifaltigkeit in Verbindung setzt394. Die Ausdrucksweise
des Ps.-Ath., die in dieser Hinsicht mit der des hl. Melito von Sardes in seiner
Pascha-Homilie auf einer Linie liegt, konnte aber, sei es absichtlich oder versehentlich, als eine das anthropomorphe Gottesbild implizierende (miß)gedeutet
werden395. Es wurde ferner festgestellt, daß der unbekannte (koptische?) Redaktor
die die Erschaffung nach dem göttlichen Ebenbild betreffenden Stellen seiner
Vorlage insofern modifiziert, als er die für die Vorlage aus polemischen Gründen wichtige Betonung der Zugehörigkeit des Leibes zu dem Ebenbild etwas
abschwächt, ohne jedoch den Leib völlig aus dem Ebenbild auszuschließen.
Unter Heranziehung weiterer nur Koptisch überlieferter Stücke wurde gezeigt,
daß das eigentliche Interesse des koptischen Redaktors den ganzheitlichen, aus
Seele und Leib bestehenden Menschen betraf, dem, nach seiner Meinung, die
Erschaffung nach dem göttlichen Bild gegolten hat396. Im Gange der weiteren
Untersuchung wurde festgestellt, daß dieses Interesse im Einklang mit der vom
Redaktor vertretenen Vorstellung steht, derzufolge nur der in seiner leib-seelischen Verfassung nicht gefährdete Mensch sprach- und gebetsfähig ist397. Die
somit aufgeworfene Frage nach den möglichen Parallelen zu dieser Auffassung
wurde im Abschnitt 6.1 mit dem Ergebnis behandelt, daß sich die Vorstellung
von dem Gebet im Leib bzw. von dem auf den Leib bezogenen Gebet in einigen
wenigen Beispielen aus der monastischen Literatur Ägyptens des 4.-5. Jahrhunderts nachweisen läßt. Beispiele gegensätzlich gearteter Gebetsfrömmigkeit aus
den Schriften des Evagrius Ponticus (t 399) wurden im Abschnitt 6.2 gesammelt. Als ein mögliches Milieu des hypothetischen Zusammenstoßes dieser
beiden Traditionen wurde im Abschnitt 6.3 Ober- bzw. Mittelägypten in der
393
394
395
396
397
Siehe
Siehe
Siehe
Siehe
Siehe
Kap.
Kap.
Kap.
Kap.
Kap.
1, Einleitung, Abschnitte 2.3.1. und 2.4.2.
1, Abschnitte 3.1.2. und 3.1.3.
1, Abschnitt 4.
1, Abschnitt 3.1.3.; vgl. V. 32,9 = Zz. 662-663, 665.
1, Abschnitt 4.
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7.usnmgfeaZ
Zusammenfassung
109
Mitte des 5. Jahrhunderts vorgeschlagen. Die als Ausgangspunkt des Kapitels
gewählte Annahme von Tito Orlandi, der den Ps.-Ath. mit den monastischen
Kreisen Mittelägyptens in Verbindung brachte398, bekam dadurch eine gewisse
Bestätigung.
398
Siehe S. 25.
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Anhang I
Übersetzung der pseudoathanasianischen Homilie
De anima et corpore
Die Übersetzung basierte zunächst auf der Edition von Budge 399 . Inzwischen
hat uns Gregor Wurst seine Neuedition 400 zur Verfugung gestellt, die zu Korrekturen in unserer Übersetzung führte. In den runden Klammern werden die
im Text gebrauchten griechischen Lehnwörter in griechischer Schrift angegeben. Durch die spitzen Klammern werden die nach dem Sinn hinzugefugten
Wörter markiert, in den eckigen werden die Konjekturen Wursts geboten. Die
hochgestellten Ziffern verweisen auf die bei Budge vermerkte handschriftliche
Pagination. Die Vers- und Kapiteleinteilung stammt von uns.
***
142b/l
Ein Wort (Xoyoq) über die Seele (yuxii) und den Leib (afbfia), das der
heilige Patriarch (7taxpiccpxri<;) Apa Athanasius, der Erzbischof (ccpxi£7ucjK07i0<;)
von Rakote, gesprochen hat.
1 Es gibt keinen Neid (cpöovoq) im vom Himmel herabgesandten Wort,
das bereit ist, eure Seelen (yux"n) z u läutern. 2. Ihr aber seid bereit im Hinblick auf (npoq) die Kraft des Wortes, [aber (u.XXa) der Hörende ist ebenfalls
nötig (xpeia) 401 ]. 3. Denn (yap) wie der Regen 142 b/2 ohne Erde keine Frucht
(Kapjtöq) hervorbringt und auch (croSe) die Erde ohne Regen nicht zu blühen
pflegt, genau so profitiert weder der Hörer (öcKpooenig) ohne Lehrenden noch
(ot>8e) der Lehrende ohne jemand, der auf ihn hört.uoiK
4. Der Logos (kojoq) wird
also (8e) das Wort geben und den Gehorsam. 5. Mögen die Hörenden ihn zur
Vollkommenheit bringen. 6. Denn seht, (jap) der Logos (Xoyoq) gibt seine
Kraft, [auch ihr H-11/1 neidlos ((pöovoq)402], nachdem ihr euch zuerst entledigt
habt aller <Eifersucht> 403 , Neid ((pGovoq) und Unglauben (öbucrroq), weil sie
Feinde der Gerechtigkeit (5iKouo<xGvr|) sind.
399
W . BUDGE, H o m i l i e s ( w i e A n m . 1 0 4 ) ,
400
G . W U R S T , H o m i l i e ( w i e A n m . 7 3 ) , B d . I.
115-132.
401
G. WURST, Homilie (wie Anm. 73), Bd. I, Z. 4 - 5 emendiert aufgrund der syrischen
Lesart: „Denn nicht durch denjenigen, der spricht, entsteht die Kraft, sondern man bedarf
auch desjenigen, der hört". Den Kommentar zur Stelle siehe: a.a.O., Bd. II, 107.
402
G. WURST, Homilie (wie Anm. 73), Bd. I, Z. 13 emendiert anhand des syrischen Paralleltextes: „<leistet> auch ihr ohne Neid <Gehorsam>". Siehe auch seinen Kommentar zur
Stelle: a.a.O., Bd. II, 111-112.
403
G. WURST, Homilie (wie Anm. 73), Bd. I, Z. 14 (Kommentar: a.a.O., Bd. II, 112)
emendiert das handschriftliche z W K durch Ktug.
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Übersetzung der pseudoathanasianischen
Homilie De anima et corpore
111
2 Denn (yap) die Eifersucht kämpft gegen die Liebe (dydTtri) und der Unglaube (dreuTToq) gegen den Glauben (niauq) genau so, wie das Bittere gegen
das Süße, die Finsternis gegen das Licht, das Böse gegen das i4ijlZ2 Gute, der
Tod gegen das Leben und die Lüge gegen die Wahrheit. 2. Diejenigen aber
(8e), die in der Kraft des Widersachers (dvTiKeiiievoq) vervollkommnet sind
<und> Eifersucht, Neid (<p06voq) und Unglauben (aniaxoc,) erlangt haben, hassen Liebe (äycnrri) und Glauben (jtitraq). 3. Die aber (8e), die diese hassen,
sind die Feinde Gottes. 4. Denn (yap) wir wissen, meine Geliebten, daß jeder,
der von Eifersucht, Neid (cpöovoq) und Mi± - L Unglauben (öuuoTia) erfüllt ist,
ein Feind der Gerechtigkeit (8iKaiocruvr|) ist404. 5. Bewahrt euch also vor den
Feinden der Gerechtigkeit (SiKaioaüvn), erlangt für euch den Glauben (TUGTU;)
und die Liebe (dya7tr|), denn ihretwegen sind alle Heiligen seit Anbeginn bis
zum heutigen <Tag> zum Heil gelangt.
3 Zeigt aber die Kraft der Liebe (dyarcri) nicht bloß im Wort, sondern (aXXa.)
<auch> in der Tat405, denn (yap) der Herr gab Sich als Lösegeld für uns alle
hin406. 2. Und (yap) nicht wie die ganze Welt (KOC7|J.O<;) 143 b/2 durch das Wort
Seines Mundes sind auch wir entstanden, sondern ( a k \ ä ) Er hat uns durch das
Wort und durch die Tat geschaffen. 3. Es hat Gott nicht genügt zu sagen: „Lasset uns einen Menschen machen nach (KOCT&) Unserem Gleichnis und Unserem
Bild (ebccbv)407", sondern (aXXä.) Er ließ die Tat dem Wort folgen. 4. Gott nahm
nämlich (yap) etwas Erde von der Erde <und> formte (jt^daaeiv) daraus —
— einen Menschen 408 nach (Kaxd) Seinem Bild (ebccbv) und Seinem Gleichnis,
<und> Er blies in sein Gesicht einen Lebenshauch (JCVOT|).
4 Adam aber (86) geriet unter die Hand des Todes wegen seiner Übertretung
(jtapaßacaq), und das Geformte (7iA.do(ia) des Adam hatte es nötig (xpeia), daß
es noch einmal durch Gott den Schöpfer (8r|[iun)py6<;) geformt werde (7iA.doaeiv),
auf daß er <= Adam> gerettet sei. 2. Denn (yap) der Mensch, begraben 144 a/2 in
der Erde, ist verwest, während jener Geist (nvet^a) sich von ihm getrennt hat,
von dem Er <= Gott> in sein Gesicht geblasen hat, als er <= der Geist> zum
Hauch (jcvof|) des Lebens wurde409. 3. Als <der Mensch> gestorben war, wurde
404
Vgl. lJoh 3,7-10.
Vgl. lJoh 3,18.
406
Ein Teil des Textes ist ausgefallen. Der ursprüngliche Sinn ergibt sich aus der syrischen Überlieferung (Übersetzung von G. WURST, Homilie (wie Anm. 73), Bd. I, Z. 3 7 - 4 2 ;
Kommentar: a.a.O., Bd. II, 114): „Offenbart also die Früchte der Liebe nicht nur im Wort,
sondern auch in der Wirklichkeit der Taten [durch dem Herrn gemässe Geduld]. Denn seht,
auch unser Herr hat uns seine Liebe gezeigt nicht nur im Wort, sondern auch durch die Tat,
denn Er hat sich als Lösegeld für uns hingegeben." Zum Gedanken außer bei G. WURST,
Homilie (wie Anm. 73), Bd. II, 115 genannten Stellen vgl. auch 1 Joh 3,16. Die in den eckigen
Klammern stehenden Worte sind nach Wurst eine spätere syrische Erweiterung.
407
Gen 1,26.
408
Gen 2,7.
409
G. WURST, Homilie (wie Anm. 73), Bd. I, S. 5, Z. 60, tilgt die Worte „in sein Gesicht",
vgl. auch seinen Kommentar dazu: DERS., Homilie (wie Anm. 73), Bd. II, 130.
405
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112 zyqponihgcaXQA
Anhang /
er <= der Geist> an einem finsteren Ort (zönoi;) festgehalten, den man Hölle
nennt. 4. Denn (yap) die Seele (yuxr|) und der Leib (ad>na) wurden getrennt,
und der Tod löste sie voneinander. 5. Die Seele (i|A)3cr|) war gebunden in der
Hölle, 144b/l das Fleisch (aäpc,) aber (5e) zerfiel in der Erde. 6. Und es gab einen
großen Zwischenraum zwischen ihnen: <zwischen> dem Fleisch (aap;;) und der
Seele (xj/uxii). 7. Das Fleisch (octp^) verfaulte und löste sich auf in der Erde,
wo es begraben worden war, die Seele (v|/uxf|) aber (86) war ohnmächtig in den
Fesseln der Hölle: die mächtige Seele (yux"n) w a r gekettet in der Finsternis.
8. Der schwache Leib (aco^a) zerfiel aber in der Erde. 9. Denn (yocp) der Leib
(oo)(j.a), zersetzt in der Begräbnisstätte 410 144 b/2 , wird keine Kraft haben, sich
zu bewegen. 10. Noch (o\>8e) wird die in der Hölle gebundene Seele (*|/t>xii)
imstande sein, etwas zu tun. 11. Denn (yap) nachdem der Tod den Menschen
geholt hatte, hielt er den Starken - das heißt, die Seele (\|n)Xii) - in der Hölle
gefesselt; den Schwachen - das heißt, das Fleisch (aöcp^) - löste er dagegen in
der Erde auf.
5 Denn (yap) wie ein Gewaltherrscher (Tupavvoq), der die Stadt (noXiq)
des Königs zu erobern sich anschickt, zuerst sich des Königs 145 a/l <selbst>
bemächtigt und unter seiner Hand gefangensetzt, so behandelte der Tod zuerst
auf die gleiche Weise die Seele (\|/DXT|), während der Leib (oto^a) wie ein
Schiff geworden ist, auf dem es keinen Steuermann gibt: auf dieselbe Weise
ist der Leib (ocb|ia) untergegangen. 2. Er zerteilte sich ((ji/Voc; jjiXo^ - sie),
weil die Seele (yuxr|) aufgehört hatte, ihn zu steuern, und <seine> Glieder
((ieX.oq) wurden in der Begräbnisstätte 4 " zerstreut. 3. Sie gingen zugrunde wie
eine verwüstete Stadt (7to>aq), -1-5 ai2 wie ein Schiff ohne Steuermann, das in
den Wellen versunken ist. 4. Denn (yap) die Seele (x|n)X"n) steuert ihren eigenen
Leib (oö)(ia) auf die gleiche Weise, wie ein König seine Stadt (jto>a^) verwaltet voiYVTOK
(oiKovo|j.eiv). 5. Denn (yap) nachdem der Mensch gestorben war, vermochte
seine Seele (vj/'ux'n) nicht, sein Fleisch (aäpc,) wie ein Steuermann zu lenken
(Kußepvr|T£'U£iv - sie), weil sie in der Hölle gefesselt war. 6. Und sie kam
von den Wegen der Gerechtigkeit (5ucauxri)VT|) ab, wie ein 145 b/ Steuermann
(KußepvriTTiq), dessen Schiff sich im Meer (QäXaooa) verirrt hat. 7. Die Seele
(yuxii) hat sich von den richtigen Wegen abgewendet, und sie wurde auf die
Räuberwege getrieben, auf daß sie dort geplündert werde <von den Räubern>,
welche sind Ehebruch und Unzucht (jiopveia), Schmucksucht (Koa|j.eiv) und
Götzendienst (ei'8coÄ.ov), Menschenmord und Haß. 8. Denn (yap) durch diese
ließ die Seele (yüXil) den Menschen zugrunde gehen 145 b/2 und ihretwegen
verweste er in den Begräbnisstätten.
410
G . WURST, H o m i l i e ( w i e A n m . 73), B d . I, Z. 73 u n d T. ORLANDI, L a t r a d i z i o n e ( w i e
Anm. 144), 40 übersetzen „in der Wüste" bzw. „nel deserto", was auch möglich ist. Wir gehen
davon aus, daß das gebrauchte Wort TOOY nach W. WESTENDORF, Koptisches Handwörterbuch, Heidelberg 1977, 253 auch „Nekropole" bedeuten kann. G. WURST, Homilie (wie
Anm. 73), Bd. I, Z. 107 (= V. 5,8) übersetzt das gleiche Wort im Plural als „Friedhöfe".
411
Siehe oben Anm. 410.
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
Übersetzung der pseudoathanasianischen
Homilie De anima et corpore
113 WVUTSRONLIE
6 Und nun (8e) war sie durch den Bösen (ravTipoq), dem sie gefolgt war, ausgeliefert, damit sie in der Hölle festgehalten würde, denn er plünderte (ou/.äv) 412
sie wie ein Räuber aus. 2. Er hat sie indessen (7tX.f|v) so untergebracht, daß sie
ihrem eigenen untergegangenen Leib (cco^oc) nicht helfen (ßoriGeiv) konnte.
3. Das Fleisch (occpi;) löste 146 a/1 sich in der Erde aus seinen Verbindungen
(äp|ioyr|) 413 , so daß sich die Glieder (piAx*;) voneinander entfernt haben, weil
in ihnen keine sie zusammenhaltende Seele (i|/t>x"n) war. 4. Die Seele (\j/xj%f|)
selbst war in der Hölle nicht mit Fußschellen (rceSri) gefesselt, sondern (äXXa)
mit Ketten. 5. Deswegen konnte sie ihrem eigenen Leib (oro^a) nicht beistehen (ßor|0eiv), daß er in der Erde nicht untergehe. 6. Denn (yap) wie ein 1463/2
Steuermann, dessen Schiff in die Meerestiefe sinkt, wenn er stirbt, so auch
wenn die Seele (yu%ii) in der Hölle nicht gefesselt wäre, würde sie ihren Leib
(ow(ia) so lenken, daß er nicht zugrunde gehen würde 414 . 7. Die Seele (\|/uxr|)
aber war nicht nur mit Ketten gefesselt, sondern (äX.X.d) wie mit Seilen war sie
mit ihren eigenen Sünden gebunden. 8. Denn deswegen war sie ja machtlos.
9. Sie hat ihren Leib (cscbp.a) 146 b/l dem Untergang in der Erde preisgegeben.
10. Die Seele aber (V|/U%T) 8 E ) wird auch gequält in der Hölle, zum Fußschemel
(i>7toji68iov) des Todes geworden.
7 In der Hölle sich befindend, weint und seufzt sie nach ihrem guten Leib
fao)|ia) und sagt: „Wo ist mein Leib (aö)(j.a), in dem ich Lieder zu singen
pflegte? 2. Wo ist mein Leib (acofia), in dem ich zu Gott zu beten pflegte 415 ?
3. Wo ist mein guter Leib (aäjfxa), 146 b/2 in dem ich Mensch war, in dem ich
mit meinen Freunden und Verwandten (ouyyevriq) wandelte, als ich fröhlich
in meinem Leib (a<ä|a.a) tanzte (xopeueiv)? 4. Denn (yccp), wenn ich in meinem Leib (aöj(ia) bin, nennt man mich „Mensch", jetzt aber (8e) bin ich kein
Mensch, sondern eine Seele ( a X k a \|/t>%f|). 5. Denn (yap) wenn der Tod die
Seele (\|/uxf|) vom Leib (aä>|ia) trennt, nennt man ihn 147 a/l Leichnam, der
Gestank ist. 6. Ich suchte nach meinem Leib (aäjpxx), ich suchte nicht nach
meinem Namen, <nach meinem Leib,> mit dem ich Mensch war und in dem
ich gesprochen habe".
412
G. WURST, Homilie (wie Anm. 73), Bd. I, Z. 110 (Kommentar: a.a.O., Bd. II, 152 zu
den Zz. 270-273) übersetzt „hatte sie fortgeschleppt", weil er eine Verwechslung mit crupeiv
vermutet.
413
Zur Übersetzung siehe G. WURST, Homilie (wie Anm. 73), Bd. II, 133 zur Z. 113.
414
Wörtlich: „Denn wie ein Steuermann sterben wird und sein Schiff in die Meerestiefe
sinken wird ...". Die Stelle ist ausfuhrlich besprochen bei G. WURST, Homilie (wie Anm. 73),
Bd. II, 133-134. Sein Emendationsversuch (a.a.O., Homilie I, Zz. 121-124): „Denn wie ein
Steuermann (eher) sterben wird, damit sein Schiff <nicht> in der Tiefe versinke, so würde
auch die Seele, wenn sie nicht in der Unterwelt gebunden wäre, ihren Körper führen, damit er
nicht zugrunde gehe", überzeugt jedoch nicht. Die etwas mißlungene koptische Konstruktion
vergleicht die Situation (nicht die Einstellung, wie bei Wurst) des Steuermannes mit der der
Seele: von der Einsatzfahigkeit des einen und der anderen hängt das Heil des Schiffes bzw.
des Leibes ab. In diesem Sinne übersetzt auch T. ORLANDI, La tradizione (wie Anm. 103),
41 (vermerkt bei G. WURST, Homilie (wie Anm. 73), Bd. II, 134).
415
Vgl. Ps 87,11-14.
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1 1 4 nhgaIA
Anhang
I
8 Denn (yap) wenn die Seele (i|fUOT) ihren Leib (oro|a.a) verläßt, redet sie416
nicht mehr mit einer schönen Stimme, sondern (dM.d) mit einer schwachen und
durchaus erbärmlichen. 2. Wie ein Sänger (HODOIKOV) ohne 14711/2 Stimme, der
nicht reden kann, so ist die Seele (v|A)xii), die keinen Leib (crä^a) hat, daß sie
aus ihm rufe. 3. Denn (yap) er ging zugrunde in der Erde wie ein zerbrochenes,
nutzloses Gefäß ( o K e i t o q ) , das ohne Stimme und (ov>5e) ohne Geräusch ist,
und er war bewegungslos, weil (yap) er ein Leichnam war. 4. Denn (yap) die
Seele (\|/uxf|), die ihn schmückte ( K o o j x e i v ) , ging fort, und es wurde von ihm
derjenige herausgenommen, der das 147 b/l Reden trieb. 5. Und (ouSe yap) es
ist auch nicht möglich, die Gestalt (eiicrov) irgendeines verstorbenen Menschen
wiederzuerkennen, weil er im Sand verwest ist. 6. Und du wirst auch sein Gesicht nicht (crnSe) erkennen, noch (oi)8e) die Züge seines Leibes (arojra), noch
(OTJSE) seine Größe, noch (oüSe) hörst du irgendeines (Menschen) Stimme.
9 Deswegen (yap) wird der Sohn weder seinen eigenen Vater, noch (oiiSe)
seine Mutter, noch (oüSe) seinen Bruder, noch (ox>Se) seinen Freund erkennen,
denn (yap) es ist unmöglich, in den Gräbern (xd(poq) sein Gesicht und seine
Lippen wiederzuerkennen: 147 b/2 sie sind verwest; die Nase verfaulte, die Augen
sind geschlossen, seine Gesichtsfarbe hat sich verändert. 2. Und (8e) es ist
nicht möglich, etwas von diesen zu erkennen, weil alle Leiber (aöjfia) in den
Gräbern (xdtpoq) Staub geworden sind, denn (yap) sie gingen unter und es blieb
uns von ihnen nichts übrig. 3. Denn (yap) wir können keinen Knochen auf die
Zugehörigkeit zu seinem eigenen Leib (oö)(j.a) hin bestimmen, weil der Knochen
148 3/1
bloß ist und es kein Fleisch (aapi;) gibt, das ihn bedeckt. 4. Aber auch
(OTJSE) bevor das Fleisch (adpq), das den Knochen umhüllt, <völlig> verwest ist,
kannst du nicht erkennen, wem er gehört. 5. Denn (yap) wer hat jemals einen
Knochen <ausgehend> von den <von der Fäulnis berührten> Gliedern ((le/ajq)
wiedererkannt? 6. Oder (fi) wer wird uns das Äußere eines Verstorbenen vermitteln können? 7. Denn (yap) unmöglich ist es für dich, die Knochen Adams
wiederzuerkennen, ebenso (rj) was den Propheten (7rpo(pf|Tr|<;) angehörte, oder
(fi) welches 1481, 2 die Leiber (o(b|ia) der Patriarchen (7iaTpidpxr|q) sind, oder
(fi) was den Aposteln (an;6cn;oÄ.oq) angehörte. 8. Sie alle sind zerstreut in der
Erde, ihre Häupter samt ihren Leibern (<3ü)|ia) sind zerstreut. 9. Wenn der Sohn
nach seinem Vater sucht, wird er ihn im Grab nicht erkennen, noch (otiSe) ein
Freund seinen Freund, noch (ot>8e) ein Bruder seinen Bruder. 10. Und er wird
den Namen von keinem <Menschen> feststellen können in Gewißheit, daß
es wahrhaftig jener <Mensch> sei. 11. Und 148 b/1 er wird seine Gestalt nicht
wiedererkennen können, denn sie <alle> wurden zum Staub im Grab, so daß
kein menschlicher Zug an ihnen geblieben ist.
4,6
D a s h a n d s c h r i f t l i c h e M e q K O T q w i r d v o n G . WURST, H o m i l i e ( w i e A n m . 73), Bd. I,
11, Z . 145 ( s i e h e a u c h K o m m e n t a r a . a . O . , Bd. II, 140) als M e c i c o T c j e m e n d i e r t .
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Übersetzung der pseudoathanasianischen
Homilie De anima et corpore
115 yxvutqpomjigedc
10 Denn (ydp) der Mensch ist zerstreut über das Gesicht der ganzen Erde,
auseinandergeflossen über jeglichen Ort. 2. Denn (yccp) weil die Erde von den
Gräbern (xd<po<;) und den Begräbnisstätten überfüllt, und jeder Platz vom Eiter
der Toten durchtränkt ist, ist die Erde zu einem einzigen Grab der Verstorbenen
geworden. 3. Nur ein Mensch wurde 148 b/2 aus der Erde genommen, Tausende
und Abertausende, Myriaden und Myriaden sind in ihr begraben worden. 4. Das
Meer (QaXaaaa) und die Flüsse, die Erde und die Berge - alles war voll von
Verstorbenen. 5. Die wilden Tiere (Öipiov) und Vögel fraßen und sättigten sich
von den Leichen der Toten, und die Hölle erfüllte sich mit ihren gefesselten
Seelen (v|/dxt|) 149a/l .
11 O (co) das kummervolle (Atjtiti) Gebilde (ji^äoji«) der Erde! 2. O (co) <du>
menschliches Gebilde (jt^don«), das sich für den Untergang mehrt (aii^dveiv)
und unter Betrübnis (X,tmr|) und Seufzern Sprosse hervorbringt! 3. <Nur> für
(7cpo<;) eine Stunde ist die Freude der Erdbewohner <da>, und sie hielten sie
für etwas Großes, sie aber (8e) vergeht ihnen eiligst. 4. Denn (ydp) da ist einer,
der sich freut, weil er eine Frau heiratet, und 149 a/2 schon beweint er sie als
tote. 5. Da ist ein anderer, der sich über seine Kinder freut, und siehe, er weint
auch über ihrem Grab ("cdcpoq). 6. Wieder ein anderer jubelt seinem Vater zu
<und> bald darauf wehklagt er bei seiner Bestattung. 7. Denn (yap) was nützt
ein Mensch? 8. Ein Kummer ohne Trost ist er. 9. Unmöglich ist es, dem Trost
zuzusprechen (7iapa|i'u0i^evv ? = 7iapa|iti0eio8ai), der sterben muß, noch (oi)8e)
gibt es für ihn einen 149 b/l Tröster: ein Mensch wäre er, der selbst sterblich ist.
10. Ein Freund wird seinen Freund ermutigen (7tapatcaÄ.eiv), <aber> er selbst
ist <auch> dem Tod ausgesetzt (imoKetaBca). 11. Ein Prophet (TtpocpfiTng) Gottes
wird sie bestärken, sie aber (ö.XXa) werden auf ihn nicht hören.
12 Sie glaubten (tugtetjeiv) nun ja auch nicht (oü8e) an den Gott des Himmels und erfüllten nicht (o\)8e) Seinen Willen, bis sie in den Tod fielen. 2. Noch
(eti yap) zürnt Er dem Menschen wegen seiner Übertretung (mpdßaaiq) 49 b/2.
3. Unsagbar und unbeschreiblich sind die Verhängnisse des Menschen. 4. Denn pja
(j ap) alles tut dem Menschen wegen seiner Übertretung (jtapdßotaiq) Gewalt
an. 5. Krankheit, Verlust, Betrübnis (Wotti), Kummer und Leiden umgeben ihn.
6. Kälte, Hitze (Korö^a) und Feuer, wilde Tiere (Grpiov), Vögel und Gewürm, Zeit
und l50a/l Alter, Winde (cap) und Erdbeben, Regen und Tau schaden (ßXditteiv)
dem Menschen. 7. Und (5e) außerdem ertränken ihn die Flüsse, er wird von den
wilden Tieren (Gripiov) gefressen, durch das Feuer zu Asche gemacht und vom
Tode dahingerafft. 8. Sie alle verachteten (mToecppoveiv) den Menschen, nachdem
er Gott nicht gehorcht hatte. 9. Und als er aus 150 a/2 dem Paradies (TcapaSeiooq)
verstoßen worden war, hat er dieses leidvolle Gebiet (KTfpa) betreten, in dem
Neid (<p0ovoq), Ehebruch, Unzucht (itopveia) und Götzendienst (ei'8coA,ov) hausen,
diejenigen also (ydp), derentwegen der Mensch gestorben ist. 10. Sie alle sind zu
den Helfershelfern des Todes gegen den Menschen geworden und rüsteten sich
gegen ihn mit Gesetzlosigkeiten (dvo(j.ia), damit er untergehen würde.
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116 onkhgaXIA
Anhang I
xvtpomieaWVUTSRKIGE
13 Denn (ydp) der Mensch hatte zu keiner 150 b/l Zeit und an keinem Tag
an etwas Ergötzung (aTOi/Uruau;). 2. Denn (yap) wann konnte der Mensch
sich freuen (etxppaiveiv)? 3. Hat er sich etwa (apa) im Mutterschoß ((j.f|tpa)
gefreut (etxppaiveiv)? 4. Wie wird er sich freuen (etxppaiveiv), eingekerkert
in der stinkenden Finsternis, von allen Seiten gedrängt und eingeengt durch
das Blut des Mutterleibes? 5. Aber (ccM.cc) beim Verlassen des Mutterleibes
hat er sich <doch> 150 b/2 gefreut (etxppaiveiv)? 6. <Wie wird er sich freuen,>
da (ydp) er <dabei> ganz besonders ums Leben zu kommen Gefahr lief (KIVöt>vet>eiv)? 7. Aber (oXko.) wenn er auf dem Schoß seiner Mutter saß und an
der Brust saugte, freute er sich (etxppaiveiv)? 8. Warum denn ist er dabei, zu
schreien und zu weinen? 9. Denn (yap) derjenige, der sich wohl fühlt, pflegt
weder zu schreien, noch (ot>öe) zu weinen. 10. Aber (ccM.dc) als er ein kleines
Kind war und auf dem Erdboden kroch (otipeiv), freute (Etxppaiveiv) er sich?
11. Wie wird er sich freuen (etxppaiveiv), wenn er <dem Zufall> preisgegeben (imoKeiaGai) ist, daß ein Tier über ihn herfalle, ihn stoße und er sterbe?
12. Außerdem fließt ihm wegen des Kriechens (atipeiv) auf dem Erdboden der
<mit> Schmutz <gemischte> Speichel aus dem Mund. 13. Aber (ccMcc) wenn
er ein junger Mann wird, wird er sich freuen (etxppaiveiv)? 14. Wie wird er
sich freuen (etxppaiveiv)? 15. Er wird sich nicht freuen (etxppaiveiv) können.
16. Denn (yap) gefährliche (ldvSuvoq) Begierden (ejti8t>p.ia) umzingeln ihn
von allen Seiten am Höhepunkt (äiqj.f|) des Jugendalters, während es ihm nicht
ziemt, ihnen nachzugeben, damit 1513/2 er nicht einen schlechten (KaKöjq) Tod
sterbe. 17. Aber ( a M a ) wenn er geheiratet und Kinder gezeugt hat, wird er
sich freuen (etxppaiveiv)? 18. Wie wird er sich freuen (etxppaiveiv), wenn er
wegen <seiner> Kinder besorgt ist, daß sie nicht Törichtes treiben? 19. Aber
( d M a ) wenn er alt geworden ist, hat er Ruhe erlangt? 20. Wie wird er Ruhe
erlangen, wenn die Gefahren (Kiv5uvo<;) des Greisenalters da sind?
14 Und am Ende aller diesen <Erfahrungen steht> die Erwartung (jtpocrSotda) des Todes, die an der Seele (yuxf|) 151 b/1 nagt wie ein Feuer. 2. O (co)
Tod, der aus einem jeden Alter holt: ein kleines Kind und einen Greis, Junge
und Erwachsene! 3. Denn für den Tod ist keine Altersgrenze (fi^iKia) gesetzt,
sondern (äMcc) er rafft aus jedem Alter dahin. 4. Wie wird <dann> in der Tat
(ydp) der Mensch! 5. Denn (ydp) es ist ein großer Kummer (A.tmr|), den Tod
des Menschen und seinen Untergang zu betrachten (9ecopetv):
das unter dem Siegel (ox%ia) des Todes erbleichte Gesicht417,
und den kraftlosen Leib (offl^a),
und die gepreßten 51 b/2 Lippen,
und die zusammengeklebten Haare,
und die verdrehten <und> geschlossenen Augen,
und die bewegungslosen Glieder
417
Zur Konstruktion siehe G. WURST, Homilie (wie A n m . 73), Bd. II, 153.
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Übersetzung der pseudoathanasianischen Homilie De anima et corpore
117
6. Denn (yap) die Überreste des Leibes (cw^a) sind in der Erde:
verwestes Fleisch (adpcj,
morsche Gelenke,
zergliederte Knochen 418 ,
gelöste Verbindungen,
trockenes Mark
und viel
Staub.
7. Denn (yap) nichts ist der Mensch und einer Unkrautblume (xopio«;) gleich,
die welk wird und verschwindet, einem Stück Holz, das man im Feuer verbrennt
und es ist nicht mehr 419 .
1 5 Und nun (yötp), nach dem Verderben des Menschen und seinem großen
Elend, hat Gott Sein eigenes Gebilde (7iX,DO|xa) heimgesucht, das Er nach (KCXTCX)
Seinem Gleichnis 1,2 a 2 und nach Seinem BildviecbK
(eiKcbv) geschaffen hatte, damit
der Tod nicht Sieger bleibe und sich brüstete: „Ich habe den Menschen besiegt".
2. Denn (yap) der Teufel (8idßoA.o<;) fuhrt ununterbrochen Krieg (7toA,£|a.eiv)
gegen den Menschen und er hat ihn durch die Schlechtigkeit ( r a i d a ) des Todes
und die Pforten (7TÖXT|) der Hölle gefangengenommen (aixudtaiyuoq). 3. Er hatte
gegen ihn seine Gesetzlosigkeiten (dvo|aia) zu jeder Zeit geschleudert, bis er
ihn unter der Hand 152 b/l des Todes festhielt und im Gefängnis der Hölle einkerkerte. 4. Deswegen vermochte die in der Finsternis gefesselte Seele (n/ux^)
es nicht, sich aus dem Ort der Einkerkerung der Toten zu befreien. 5. Deshalb
hat Gott Seinen Sohn auf die Erde geschickt, Der kein Fleisch (odp£,) hatte,
weil Er Heiliger Geist (7iv£U|j.a) war. 6. Er <= der Vater> hat Ihn im Mutterleib der Jungfrau (mpBevoq) Fleisch (adpi;) werden lassen, so daß Gott 152 b/2
Mensch geworden ist, 7. damit Er den Verirrten rette und die durch den Neid
((pGovoq) des Teufels (öidßoÄoq) Zerstreuten sammle <und> sie versammle in
Seine Herde (dye^ri).
1 6 Das, was der Tod zerstreut hatte, als er den Menschen gespalten hatte, hat
Christus gesammelt, indem Er den Menschen noch einmal zu einem <Menschen>
mit Seele (\|/uxti) und Leib (ow|xa) machte. L 5 J - a 2 . Denn (yap) der Tod hat die
Seele (\|A)Xii) in der Hölle gebunden, während er das Fleisch (adpq) in der Erde
aufgelöst hat. 3. Er hat den Menschen in zwei <Teile> gespalten. 4. Der Erlöser
( a ü r a p ) Jesus hat nun die Seele (\|/v%r|) von ihren Fesseln gelöst, das Fleisch
aber (oapi; 8e) hat Er an die Gelenke gebunden. 5. Er brachte sie ineinander.
6. Er machte sie zu einem einzigen: die Seele (yuxTl) und den Leib (ocö^xx).
7. Er fugte sie zusammen.
8. Er gab den Leib (oräna) der Seele (\|/u%f|)
und die Seele (xi/iot) dem Leib (acö^a). 9. Er gab das Instrument (öpyavov)
dem Sprechenden. 10. Er gab ihm die durchgeformten Glieder (|ie?ajq).
418
Wir folgen der Emendation G. WURST, Homilie (wie Anm. 73), Bd. I, 21, Z. 310, der
das Wort „Knochen" nach dem syrischen Paralleltext vervollständigt.
419
Vgl. Jes 40,6-8; Ps 103,15f; IPet 1,24.
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118 xvqpnjhgaA
Anhang 1
17 Nun aber, o Seele (co \|n)%ii), singe Psalmen (\|/ccM.eiv) deinem Gott, weil
du deinen eigenen (iSiog) und unvergänglichen Leib (actyjxx) <wieder> hast.
2. Denn (ydp) Christus ist für uns gestorben, damit wir mit Ihm in Ewigkeit
leben. 153 b/l 3. Schuldete (xpewcrceiv) Er denn (ycxp) etwa ((j.f|) einen Tod, so
daß Er des Todes sterben <mußte>? 4. Oder (fj) welche Notwendigkeit (xpeia)
besteht in der Tat, Mensch zu werden oder (fi) Fleisch (aap^) anzunehmen,
<für Ihn>, der Er mit der ganzen Herrlichkeit der Göttlichkeit bekleidet ist?
5. Warum420 hat Er, Gott, Der allein unsterblich ist, Sich der bei den sterblichen
Menschen <üblichen> Geburt unterzogen (imopiveiv)? 6. Warum aber (8e) ist
Er auf die Erde herabgestiegen, Er, Der 153 b/2 himmlischer König ist?
1 8 Wer zwang (avocyKa^eiv) Ihn, das Kreuz (oxaupöq) zu besteigen und sich
freuend zu sterben, Ihn, Der der Schöpfer (STm.ioupyoq) des Weltalls ist, Der
auf Sich nahm (iuio^eveiv), aus dem Frauenschoß ((iritpa) geboren zu werden,
2. und daß mit den Windeln Der umhüllt wird, Der mit der ganzen Herrlichkeit
des Vaters umhüllt war. 3. Der auf dem ^ ^ Cherubimwagen (apn.cc) Sitzende
war in eine Krippe gelegt. 4. Es saugte an der Brust auf dem Schoß der Frau
Der, vor Dem die Seraphim zitternd stehen, indem sie Seine Gottheit verherrlichen. 5. Derjenige, Der Wasser in den Flüssen strömen läßt, Regen und Tau
vom Himmel herabsendet, hat im Jordan von einem sterblichen Menschen
Taufe (ßdTtTiG^a) 154 3/2 empfangen. 6. Derjenige, von Dem das All das Licht
empfangen hat, wurde von den Juden (iot>5aio<;) geschmäht. 7. Derjenige, von
Dessen Wort die sieben Himmel, das FirmamentypoifecaTB
( oT e p e cof i a ) , die Erde und die
Hölle abhängig sind, wurde auf einem hölzernen Kreuz (<jxav>p6q) aufgehängt.
8. Derjenige, Der tote Erde nahm <und> daraus einen L—-- lebendigen Menschen
geformt hatte (TIXCCOGEIV), ertrug mit Geduld (\mo|aivetv), daß Er geschmäht
wurde, damit Er durch Seine Schmach den Menschen heile, der durch seine
Sünde verweslich wurde.
19 Er gab Seine Seele (i|/u%f|) hin als Lösegeld für die Seele (v|iuxr|) der Menschen. 2. Er gab Sein heiliges Fleisch (ocxpEj für das ganze Gebilde (7iXac|ia)
des Adam hin, und Sein Blut gab Er für das Universum hin. 3. Er gab einen
Menschen für einen Menschen hin, und Seinen Tod für unseren Tod. 4. Denn
(y&p) der Tod, den die Menschen schuldeten (xpecocraTv)154 b/2 und vor dem sie
sich fürchteten, wurde zum Segen, weil Christus für uns gestorben ist.
2 0 So ist die Liebe (ayajtri), die Christus dadurch erwiesen hat, daß Er für
uns Sünder gestorben war421, damit wir errettet würden. 2. Denn (yap) welcher
Gerechte (Simioq) starb zu irgendeiner Zeit für <wenigstens> einen Sünder?
3/1
3. Oder (fj) welcher Vater starb für seinen eigenen
Sohn, den er gezeugt
420
Wir folgen hier der Emendation von G. WURST, Homilie (wie Anm. 73), Bd. I, 28, der
d a s h a n d s c h r i f t l i c h e e T Be TTAI in e T Be o y
421
Vgl. Uoh 3,16.
ändert.
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Übersetzung derpseudoathanasianischen
Homilie De anima et corpore
119 zyxwvutsrqponm
hatte? 4. Wer ist ferner jener Freund, der für seinen Freund gestorben ist oder
(fj) ein liebender Bruder für seinen Bruder? 5. Keiner starb nämlich (yap) jemals
freiwillig oder (r\) aus eigenem Antrieb für den anderen422 . 6. Christus aber (8e)
kam aus eigenem Antrieb und wegen Seiner Liebe (&ya7tT|). 7. Er hat nicht nur
(oij |aövov) uns — - 2 gebildet (Tt^ctoceiv), die wir Sünder sind, so wie <Er> Adam
<gebildet hat>, indem Er uns hat Menschen werden lassen, sondern (aXXä),
nachdem wir durch die Sünde verweslich worden waren, kam Er <und> hat
Leiden auf Sich genommen unseretwegen und hat uns lebendig gemacht durch
Seine Liebe (<xycc7ir|). 8. Denn (yap) zu der Zeit, als Er uns mit Seiner Hand
bildete (KMXOOEIV),
hat Er nicht gelitten. 9. Jetzt dagegen (8e) hat Er uns noch
einmal geboren durch Sein Todesleiden, indem Er mit uns <Schmerz> erduldete,
wie die, die Wehen hat423. 155 b" 10. Denn (yccp) Er duldete (i>7io)iev£iv) mit uns
aufs äußerste und hat die Welt (k6g(j.o<;) der Flamme nicht übergeben, als Er
durch die Hände der Sünder, die Ihn töten wollten, mit Geißeln geschändet
wurde, und als Er begraben wurde entsprechend (Koaa) dem, was der Prophet
(npotpiixTiq) sagt: „Du hast mich in des Todes Staub ( x 0 ^ ) gelegt 424 ".
2 1 Wer ist es, der Ihn <in den Staub des Todes> gelegt hat? 2. Das Volk
(Xaoq) der Frevler (ckyeßf|<;), die Er liebte und die Ihn getötet haben. 3. Er kam
zu ihnen, um ihnen Heil zu bringen, und sie verjagten <Ihn> wie eine 155 b/2
Heuschrecke424". 4. Schaue nun, o (co) Mensch, auf die Vergeltung der Söhne
Israels unserem Herrn! 5. Sie haben die Seite Dessen durchbohrt, Der sie erschaffen hat. 6. Sie ließen Den leiden, Der viel Gutes ihnen und ihren Vätern
getan hatte. 7. Sie haben mit Bösem das Gute und mit dem Haß die Liebe,
mit der Er sie geliebt hatte, m j y l vergolten. 8. Sie bedrängten Den (GAAßerv),
Der ihnen Freude gebracht hatte. 9. Den, Der vor ihren Augen ihre Toten
auferweckte, Der die Gelähmten heilte, die Aussätzigen rein machte und den
Blinden das Augenlicht schenkte, haben sie ermordet und am Holz aufgehängt.
10. Schaut nun, o (co) <ihr> Menschen, auf die Freveltaten (ToXnipia) der Juden (iouSaioq): 11. sie hängten Den auf, Der die Erde aufgehängt hatte.
—
12. Sie nagelten Den fest, Der die Welt (Koofxog) über dem Gewässer befestigt
hatte. 13. Sie zerteilten Den, Der den Himmel durch Seine Weisheit (aocpia)
ausgebreitet hatte425. 14. Sie fesselten Den, Der sie von der Knechtschaft Pharaos befreit hatte. 15. Sie schlugen Den in Bande, Der die Sünder <von ihren
Sünden> löste. 16. Dem, Der ihnen eine Wasserquelle (jnyyf|) geöffnet und
ihren Durst gestillt hatte, gaben sie Essig zum Trinken, als Er durstig war.
17. Und sie ließen Ihn Galle 156 b/l essen, als Er im Todeskampf (öcycovia) am
422
Vgl. Rom 5,7.
Vgl. Jes 42,14.
424
Ps 22,16.
424a
Vgl. Ps 109,23; Jes 40,22.
425
Jer 10,12.
423
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120 nhgaA
Anhang /
Kreuz (oxotupoq) war, ohne daran zu denken, daß Er sie mit Honig aus einem
Fels (rcexpa) gesättigt hatte 426 .
2 2 Sie haben Hände und Füße von Dem gebunden, Der die Gelähmten gelöst
hatte, während sie <selbst> von der Hand des Teufels (SiaßoXoq) gefesselt waren,
weil sie seinen Willen erfüllten. 2. Er hielt sie gefesselt unter seiner Hand, bis
der Erlöser <aus> der Gefangenschaft (oaxua^oxria) kam und die Gefesselten
befreit hat. 3. Der die 156 b/2 Sonne und den Mond aussendet, damit sie ihnen
scheinen, und die Augen des Blindgeborenen geöffnet hatte, Ihn haben sie, wie
einen Verstorbenen, die Augen schließen lassen. 4. Den, Der die Toten auferweckte, haben sie in das Grab gelegt. 5. O (co) dieses neue und unbegreifliche
Geheimnis (| iUGxf |piov)! 6. Sie haben den Richter (Kpixriq) gerichtet (Kpiveiv).
7. Sie haben Den gefesselt, Der ihre Sünden vergibt. 8. Sie haben Nägel in die
Hände Dessen geschlagen, Der i^iazi s j e geformt (ic^dcoeiv) hatte. 9. Sie haben
Den aufgehängt, Der den Atem in ihre Nasenlöcher gehängt hatte. 10. Sie haben <die Glieder> Dessen ausgestreckt, Der die Glieder (|ieÄoq) ihres Leibes
(gü)| !C() zum Gebrauch (jtpoq xpf| Gi<;) ausstrecken wird. 11. Den, Der die Erde
mit dem Leben gesättigt hatte, ließen (dvor/ Kä^eiv) sie Galle essen. 12. Der,
durch Den das All lebt, ist gestorben. 13. Denn (y&p) sie beschimpften Ihn
nicht nur, als Er am Kreuz (axaupoc;) war, sondern auch (äXXa) U L ä / 2 bis zu
Seinem Tod schmähten sie Ihn mit unzähligen Lästerungen.
2 3 Als unser Herr am Kreuzesholz (oxoropoi;) hing, haben sich die Gräber
geöffnet. 2. Die Hölle zerfiel. 3. Er hat die Seelen (i|/uxr|) errettet. 4. Er hat
die Toten auferweckt. 5. Sie sind vielen Heiligen in Jerusalem erschienen 427 .
6. Aber das Mysterium ( l i w n p i o v ) am Kreuz (oxaDpoq) war noch nicht vollendet. 7. Denn (yap) als Christus gestorben war, hat Er den Feind m ± j l vernichtet,
den mächtigen Gewaltherrscher (TDpavvoq) gefesselt, <und> Sein siegreiches
(«popeiv) Kreuz (axaupöq) vor ihnen in Kraft behauptet. 8. Denn (yap) Seinen
Leib (oö)(j.a) hat unser Herr Jesus Christus am Kreuz (oxaupöq) erhoben, und
als der Tod das Leben erblickt hatte, ist er vor Seine Füße gefallen.
2 4 Dann (t ot e) bewunderten die himmlischen Kräfte Seine Weisheit (ocxpia).
2. Die Engel {äyjzko^) gerieten Seinetwegen in Verwirrung. 3. Die Elemente
(gt oi xei ov ) fürchteten sich, und die ganze Schöpfung ( Kx i oi q ) l i l M 2 wurde bestürzt, als sie dieses neue Mysterium (noxxnpiov) und diesen furchterregenden
Anblick (öecopia) zu sehen bekamen, als sie den von den Menschen aufgehängten
Gott sahen, Den sie am Holz emporgehoben haben. 4. Seine Füße waren daran festgenagelt. 5. Ebenso (ö|ioico<;) die ausgebreiteten Hände waren mit den
Nägeln ans Holz angeschlagen. 6. Die Juden aber (iouöfxiot; 8e) verspotteten
(xX-etid^eiv) 158 a/l Ihn, lachten und machten Witze, ohne aber (8e) das Mysterium (|i.'Dcn;f|piov) zu begreifen.
426
427
Dtn 32,13; Ps 81,17.
Mt 27,52-53.
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Übersetzung der pseudoathanasianischen
Homilie De anima et corpore
121
2 5 Die Erde zitterte vor dem Anblick der Schamlosigkeit der Juden (iouSodoq). 2. Die Berge wankten. 3. Die Hügel (ßouvoq) wurden erschüttert und
kamen in Bewegung 428 . 4. Das Meer (BaAaaaa) ließ die Wogen wallen, auf
daß (cogte) <sie> die Welt (lcoopoi;) überfluteten. 5. Der Abgrund schwankte
und öffnete seinen Schlund, um sie alle zu verschlingen. 6. Die Schöpfung erschütterte in 58 "/2 Zorn über die Freveltat (TOÄ,pr|pia) der verunreinigten Juden
(ioiÄxioq). 7. Die Himmelskörper haben sich verfinstert. 8. Die Sonne ging
unter 429 . 9. Bestürzt hat sich der Mond verborgen. 10. Die Sterne hörten auf,
den Frevlern (doeßrn;) zu leuchten. 11. Es war Vollmond, doch, als die Sonne
untergegangen war, schien der Mond nicht, sondern (ciXXä) alle waren in Finsternis, als sie ihren Gott <und> Schöpfer sahen, 158 b/1 Der wie ein Räuber
(Xriorriq) am Holz hing. 12. Der Tag erlosch.
2 6 Ein zorniger Engel (äyyeXoq) mit entblößtem Schwert in der Hand erschien, umgeben von allen Engeln (äyyeXog), um sie alle zusammen sofort zu
vernichten. 2. Und als sie durch die Barmherzigkeit Christi <daran> gehindert
wurden (KcoÄ/ueiv), streckte er seine Hand zum Tempelvorhang (KarajteTccopa)
aus und riß ihn entzwei von oben bis nach unten 430 . 3. Im Zorn blickten alle
l?8b/2
Engel (äyyeXoc,) dabei vom Himmel herab, während es die Langmut Gottes des Vaters war, die sie davon abhielt (kcoä/ueiv), sie <d. h. die Juden> ins
Verderben zu stürzen. 4. Das Licht des Tages schwand. 5. Es überließ die Welt
(k6o|o.o<;) der Finsternis, einer greifbaren Finsternis. 6. Dies alles war geschehen,
bevor Christus Seine Augen geschlossen hatte.
2 7 Aber Sein Licht leuchtete unverzüglich in der Hölle auf. 2. Die Hölle —
— wurde verwirrt, als der Herr zu ihr nicht im Fleisch (oap^), sondern (äXXa)
im Geist (rcve'ßpa) herabkam. 3. Denn (y<xp) Er bemächtigte sich des Universums, damit es nicht vor seiner Stunde zugrunde gehe. 4. Sein Blut ergoß Er
zwar (pev) auf die Erde. 5. Es hat die Erde in Schutz genommen samt denen,
die in ihr waren. 6. Sein Leib aber (orapa 8e) blieb am Holz hängen wegen
der Elemente (gtoixevov), und Sein Geist (rcve'öpa) ging hinunter in die Hölle,
rettete die, die dort l5<)f,/2 waren <und> plünderte die Hölle. 7. Er < = Christus>
bemächtigte sich des Universums. 8. Sein Leib (ccopa pev) richtete die Toten
von der Erde auf, Sein Geist aber (jivei)(ia 8e) hat die Seelen (i|/t>xii) erlöst,
die in der Hölle waren. 9. Denn (yap) zu der Zeit, als der Leib (owpa) unseres
Herrn am Kreuz (oToeopöt;) hing, zu jener Zeit öffneten sich die Gräber. 10. Die
Türhüter der Hölle sahen Ihn. 11. Sie wurden verwirrt <und> flohen. 12. Er
zertrümmerte die Kupfertore, Er zerbrach die eisernen 159b/l Riegel (pox^oq) 431 ,
und Er brachte die Seelen (\|ru%r|), die in der Hölle waren, zu Seinem Vater.
428
429
430
431
Mt
Mt
Mt
Ps
27,51 und Parali.
27,45 und Parali.
27,51 und Parali.
107,16.
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122 nhgaIA
Anhang I
13. Denn (yap) nachdem der Herr die Hölle zerstört (KcciaX/ueiv) und den Tod
zertreten hatte, hat Er den Feind in eine Notlage versetzt: die Seelen (\|/XWUTSROIGE
I>XT)
piv) brachte Er aus der Hölle hinauf, die Leiber aber (oö)(ia 5e) ließ Er aus
der Erde auferstehen.
2 8 Schau also auf die bewundernswerte Kraft Seines toten Menschen, der
am Holz hängt. 2. Denn weder die Schöpfung (Ktiaiq yap), noch (otiSe) die
Elemente (axoi%eiov) konnten 159 b/2 Seinen toten Leib (oto^a) ertragen und
(yap) die Hölle ertrug nicht Seinen Geist (jtvei)|a.a). 3. Alles wurde also (yäp)
mit Verwirrung erfüllt wegen des Leidens unseres Heilands. 4. Die ganze
Kreatur (Kxioig) war wegen Seines Todes verwirrt, denn (yap) sie konnte den
Anblick ihres erniedrigten Herrn nicht aushalten (imofxeveiv). 5. Die ganze
!1:1
Kreatur (Ktioiq) wiederholte verblüfft: „Was ist dieses
neue Mysterium
(^uoxipiov)? 6. Der Richter (icpuriq) wird gerichtet (Kpiveiv) und schweigt.
7. Auf den Unsichtbaren schaut man, ohne sich zu schämen.8. Der Ungreifbare
wird ergriffen und widersetzt sich nicht. 9. Der Unschätzbare wird verachtet
(raxacppoveiv) und bleibt dem Zorn fern. 10. Der Leidensunföhige nimmt Leiden an und wird nicht erbittert. 11. Der Unsterbliche hat den Tod 1',<!-,/2 ertragen
(tmo|aeveiv). 12. Der im Himmel Lebende ist in der Erde begraben worden und
hat kein Wort fallen lassen."
2 9 „Was ist dieses Mysterium (|j.'OGxf|piov)?" - fragte die ganze Schöpfung,
denn (yap) sie war wegen <der Überfülle> Seiner Barmherzigkeit in Verwunderung gesetzt. 2. Und als Er am Sonntag (KupiaKfj) morgens von den Toten
auferstanden war, 3. den Tod zertrampelt, 4. den Gewaltherrscher (rupawoq)
gefesselt 5. und den Menschen befreit hatte, 6. dann (TOTE) hat die ganze Schöpfung (Kxioig) 160 b / | begriffen, daß es um des Heils des Menschen willen war,
7. d a ß d e r R i c h t e r (Kpixf|q) g e r i c h t e t (Kpiveiv), 8. u n d s e i n e t w e g e n , d a ß d e r
Unsichtbare gesehen, 9. der Unermeßliche gemessen, 10. der Leidensunfähige
leidend, 11. der Unsterbliche tot, 12. und der Himmlische begraben wurde.
13. Denn (yap) Er wurde Mensch und wurde gerichtet (Kpiveiv), um uns <Sein>
Erbarmen zuteil werden zu lassen. 14. Er wurde getötet, um die Gefesselten zu
befreien. 15. Er hat gelitten, um uns Ruhe zu schenken. 16. Er ist gestorben,
160 b/2
um uns lebendig zu machen. 17. Er ist begraben worden, um uns auferstehen zu lassen. 18. Wenn der Herr <zusammen> mit der Menschheit nicht
gelitten hätte, wie könnte der Mensch zum Heil gelangen?
3 0 Der Tod ist also vor die Füße Christi gefallen, und Er hat ihn wie einen
bestürzten Kriegsgefangenen (ai%n&Ä.coxo<;) fortgeschleppt (atipeiv) 432 . 2. Die
Hölle und ihre Macht kehrte um, als sie die Stimme des Herrn hörte, 161 a/1
Der allen Seelen (\|/t>xr|) zurief: „Geht heraus, ihr Gefesselten, die ihr in der
432
Zum gräko-koptischen cypa. siehe G. WURST, Homilie (wie Anm. 73), Bd. II, 152,
Kommentar zu den Zz. 270-273. U. E. wäre zu bedenken, ob an dieser Stelle das griechische
creipctv („binden") gemeint sein könnte.
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Übersetzung
der pseudoathanasianischen
Homilie De anima et corpore
123
Finsternis und im Schatten des Todes sitzt433, das Licht ist euch aufgegangen!
3. Ich verkündige euch das Leben, denn (yap) Ich bin Christus, der Sohn Gottes." 4. Dann ( T O T E ) hat Er die Seelen ( \ | / D X F | ) der Heiligen befreit; Er hat sie
mit Sich auferstehen lassen.
3 1 Die Erde rief aber (86) auch aus 161 a/2 und sagte: „Erbarme Dich meiner,
o Herr, befreie mich von dem Fluch, der auf mir <liegt> 434 , und nimm von mir
weg die Schlechtigkeit des Widersachers (Kaida 5iaßoÄ,o<;). 2. Denn Du hast
mich gewürdigt, Deinen Leib (crrä^a) in mir begraben zu lassen, am Ort des
Blutes435, welches sie <= die Menschen> über mich vergossen haben, damit
Du sie436 <die Menschen?> wiedererweckst 437 . 3. Denn (yap) Dein ehrenreiches
Ebenbild (EIKO'JV) wurde überall zerstreut. 4. Doch (jrX,f|v) wenn Du nur durch
Dein 161 b/l Wort geredet hättest, hätte Deinem Befehl nichts sich widersetzen
können, aber (ak"k&) Deine Liebe (oeydcTtri) hat Dich gedrängt (avccyK&^eiv), zu
Deinem Gebilde (7tXaa|a.a) zu kommen. 5. Und (yap) siehe, Du hast Dich auf die
Erde gestellt, Du suchst nach den Gliedern (lae^oq) Deines Gebildes (7i^aa|j.a).
6. Nimm Dir den Menschen <zurück> wie ein anvertrautes Gut (mpa0f|Kr|),
nimm Dir Dein Ebenbild (erabv) <zurück>, das Du mir anvertraut hast, nimm
Dir den Adam <zurück>, der gemäß seiner Art gerettet ist."
3 2 Da ( T O T E ) ist Christus auferstanden 161 b/2 von den Toten am dritten Tag.
2. Er nahm die Heiligen mit Sich empor zu Seinem Vater. 3. Die ganze Menschheit wird also (yap) zum Heil gelangen wegen des Todes Christi. 4. Denn
(yap) Einer ist verurteilt worden, <und> alles ist geheilt worden und allem ist
Erbarmen geschenkt worden. 5. Einer ist es auch, Der gestorben ist, damit alle
162 3/1
auferstehen. 6. Und der Herr ist für einen jeden gestorben, damit jeder mit
Ihm auferstehen würde. 7. Denn (yccp) nachdem Er gestorben war, bekleidete
Er Sich mit dem Menschen und nahm ihn mit Sich empor in den Himmel der
433
434
435
436
Vgl. Jes 49,9; Lk 1,78-79.
Vgl. Gen 3,17.
Vgl. Gen 4,11.
G . W U R S T , H o m i l i e ( w i e A n m . 7 3 ) , B d . I, Z . 6 4 0 u n d T . O R L A N D I , L a t r a d i z i o n e ( w i e
Anm. 103), 48 verbinden dieses Pronomen mit dem Blut (auf Koptisch im Plural), was grammatisch sicherlich korrekt ist, aber keinen guten Sinn gibt. Wir gehen davon aus, daß in der
syrischen Fassung (siehe G. WURST, Homilie (wie Anm. 73), Bd. I, Z. 638) von dem „Blut
der Gerechten", und bei dem Ps.-Epiphanius (ebd., Z. 638) von dem „Blut und den Leibern
der Menschen" die Rede ist. „Die Gerechten" bzw. „die Menschen" müßte man als Objekt
des Wiedererweckens auch an unserer Stelle denken. Diese Interpretation wird u . E . auch
von den nachfolgenden Zeilen (siehe die nächste Anm.) bestätigt, w o von der Zerstreuung
des Menschen über die Erde die Rede ist (vgl. auch den V. 31,3).
437
Nach diesen Worten folgt ein auf Syrisch und Altgeorgisch überliefertes Stück, das G.
WURST, Homilie (wie Anm. 73), Bd. II, 215, mit guten Gründen für ursprünglich hält. Wir
bringen hier die Übersetzung der syrischen Fassung (Zz. 6 4 1 - 6 4 3 ) nach G. WURST, Homilie
(wie Anm. 73), Bd. I, die nach der Meinung des Kommentators den besseren Text bietet:
„Was ist dieses wunderbare Geheimnis? Weshalb, Herr, bist Du zur Erde herabgestiegen,
wenn nicht wegen des Menschen, der überall zerstreut w a r ? "
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124 nhgaIA
Anhang I
Himmel, indem Er Einer und Derselbe mit ihm war.xvoidaK
8. Ihn brachte Er als Gabe
(Swpov) Seinem Vater. 9. <Diese Gabe> ist weder Gold, noch (ot>8e) Silber438,
sondern (akka) der Mensch, den Er nach (Kaxa) 162 3:2 Seinem Gleichnis und
Seinem Ebenbild (eiKrav) geschaffen hat. 10. Dieser ist es nun, den der Vater
erhöht hat. 11. Er ließ Ihn zu Seiner Rechten sitzen auf dem erhabenen Thron.
12. Er hat Ihn als Richter (icpixf|<;) über die Lebendigen und Toten und als
Feldherr (axpaxriyoq) Seiner ganzen Schöpfung, Der auf den Cherubim thront,
eingesetzt (Kaöiaxdvoa). 13. Dieser hat das himmlische Jerusalem geschaffen,
Er ist wahrer Bräutigam (vi)(i.<pio<;) und der König über alle Äonen (akbv), Ihm
sei Ehre in alle Ewigkeiten (odrov) der Ewigkeiten (akbv). Amen.
<Das Wort> des Erzbischofs (äpxiejcioKOTioi;) Athanasius.
438
Die altgeorgische und die syrische Version, sowie Ps.-Epiphanius haben an dieser
Stelle noch zusätzlich „und keine Edelsteine", vgl. IKor 3,12.
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Anhang II
Rekonstruktion der Vorlage von
De anima et corpore nach Gregor Wurst
Die nachfolgende hypothetische Rekonstruktion der gemeinsamen griechischen
Vorlage der unterschiedlichen Fassungen von De anima et corpore wird nach
der schon mehrfach zitierten Publikation von Gregor Wurst439 gebracht. Die
Zeilennumerierung entspricht jener der Textedition Wursts.
* Über die Seele und den Leib
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
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14
15
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19
20
21
22
23
25
25
Das Wort nun, das ohne Neid vom Himmel geschickt wird,
ist bereit, unsere Herzen zu tränken,
wenn auch wir bereit werden für die Kraft des Wortes.
Denn nicht durch das, was wir sprechen, (entsteht) die Kraft,
sondern durch das, was wir hören.
Denn wie der Regen nicht Früchte hervorbringt ohne die Erde,
auch die Erde nicht ohne Regen,
so trägt auch das Wort keine Früchte ohne das Hören,
auch das Hören nicht ohne das Wort.
Das Wort aber wird (uns die Fähigkeit) geben, daß wir sprechen,
der Gehorsam aber (ist's, der uns befähigen wird), daß wir hören.
Da das Wort also Kraft gibt,
leistet auch ihr ohne Neid Gehorsam,
wenn ihr euch zuvor gereinigt habt von aller Eifersucht und Unglauben.
Denn ein schlechter Besitz sind Eifersucht und Unglaube,
und die Feinde der Gerechtigkeit.
Denn die Eifersucht ist der Liebe entgegengesetzt
und der Unglaube dem Glauben,
wie das Bittere dem Süßen entgegengesetzt ist
und die Finsternis dem Licht
und das Böse dem Guten
und der Tod dem Leben
und die Lüge der Wahrheit.
Jene also, die erfüllt sind von diesen Widersachern,
sind tot.
439
G.WUTSR
WURST, Homilie (wie A n m . 73), Bd. II, 2 2 0 - 2 3 0 .
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126 nhgaIA
26
27
28
29
30
31
32
33
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35
36
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38
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41
42
43
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45
46
47
48
49
50
51
52
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55
56
57
58
60
61
62
63
64
65
66
67
68
Anhang II
Denn jene, die Eifersucht in sich haben und Unglauben,
sie hassen die Liebe und den Glauben;
und die diese hassen,
sie sind die Feinde Gottes.
Da ihr also wißt, Geliebte,
daß jene, in denen Eifersucht und Unglaube sind,
Feinde der Gerechtigkeit sind,
hütet euch vor den Feinden der Gerechtigkeit,
und empfanget den Glauben und die Liebe,
durch welche alle Heiligen gerettet wurden
von Anbeginn bis heute.
Offenbart also die Früchte der Liebe,
nicht nur im Wort, sondern auch in der Wirklichkeit der Taten.
Denn seht, auch unser Herr hat uns seine Liebe gezeigt,
nicht nur im Wort, sondern auch durch Taten,
denn er hat sich als Lösegeld für uns hingegeben.
Und auch sind wir nicht wie die Welt durch das Wort entstanden,
sondern durch die Tat.
Denn die Welt hat er durch das Wort errichtet,
uns aber durch das Wort und die Tat.
Denn es genügte Gott nicht, daß er nur sagte:
„Laßt uns einen Menschen erschaffen nach unserem Bild und Gleichnis",
sondern die Tat begleitete auch das Wort.
Denn Gott nahm Staub von der Erde
und formte ihn zu einem Menschen nach seinem Bild und Gleichnis,
wobei er in ihn den Hauch des Lebens blies.
Als der Mensch nun im Tod versank durch einen Betrug,
bedurfte das Geschöpf wiederum,
von neuem geschaffen zu werden von seinem Schöpfer
zur Rettung.
Denn das Geschöpf verfaulte in der Erde,
jene Einhauchung aber, die zum Lebenshauch geworden war,
als sie vom Körper getrennt wurde,
wurde sie an einem finsteren Ort festgehalten,
der Unterwelt genannt wird.
Sie waren also getrennt, die Seele und der Körper,
und der Tod hatte sie voneinander getrennt.
Die Seele war in der Unterwelt gebunden,
und der Leib löste sich auf in der Erde.
Zwischen diesen aber, der Seele und dem Körper, gab es einen großen Abstand,
69 so daß das Fleisch zerstört wurde, indem es sich auflöste,
70 die Seele aber zu nichts imstande war, da sie gebunden war.
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
Rekonstruktion der Vorlage von De anima et corpore nach Gregor Wurst
127
78 Denn wie eine Stadt, wenn der König gefangen genommen wird, zerstört
wird,
80 oder, wenn ein Feldherr gefesselt wird, sein Heer zerstreut wird,
81 oder, wenn ein Steuermann fällt, sein Schiff versinkt,
82 so auch die Seele, als sie gebunden wurde:
84 Ihr Leib wurde aufgelöst wie eine Stadt, die ohne König ist,
86 und seine Glieder wurden zerstreut wie ein Heer, das keinen Führer hat,
88 und sie versanken im Tod wie ein Schiff, das keinen Steuermann hat.
89 Die Seele führte nämlich ihren Menschen,
90 denn sie war für den Leib wie der König einer Stadt,
91 wie der Feldherr eines Heeres
92 und wie der Steuermann eines Schiffes.
94 Und nun konnte sie ihren Menschen nicht mehr führen,
95 da sie gebunden war, die unbewegliche Seele.
96 Denn sie was abgeirrt in den Irrtum,
98 weil sie sich vom geraden Weg abgewandt
99 und auf den Lauf der Versucher begeben hatte,
100 zu Ehebruch
101 und Unzucht
102 (und Schmucksucht ?)
103 und Götzendienst
104 und Morden
105 und Bluttaten,
106 durch die sie ihren Menschen zugrunde gerichtet hat.
109 Als sie aber fortgeschleppt wurde in die Unterwelt,
110 wurde sie von dem bösen Versucher gebunden.
119 Denn wie ein König die Stadt (wieder) errichtet, die gefallen ist,
120 oder ein Feldherr das Heer (wieder) sammelt, das zerstreut ist,
121 oder ein Steuermann das Schiff (wieder) rüstet, das gesunken ist,
123 so führte auch die Seele ihren eigenen Körper,
124 bevor er aufgelöst wurde in der Erde,
125 als sie (noch) nicht gebunden war.
126 Die Seele aber war nicht mit Fesseln gebunden,
127 sondern mit Sünden.
128 Weil sie deshalb zu nichts imstande war,
129 ließ sie ihren Körper zurück, und er löste sich auf in der Erde.
130 Als sie aber in die Unterwelt verstoßen wurde,
131 wurde sie zum Fußschemel für den Tod
244 und für alle Menschen zu einer Verachteten.
246 Der Mensch wurde aus dem Paradies verstoßen
247 an diesen Ort, wo viel Ungerechtigkeit ist:
249 Ehebruch und Unzucht
250 vutsrponmlkihgedcaWVRGD
und Morde und Bluttaten,
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128 nhgaIA
Anhang II
252 die den Menschen zugrunde gerichtet haben.
253 Denn sie alle arbeiteten für den Tod
254 und leisteten gegen den Menschen Kriegsdienst,
255 um ihn wiederum zu vernichten.
256 Der Mensch also war ohne Trost und ohne Helfer,
257 und nicht hatte er jemals Freude.
258 Wann nämlich freut sich der Mensch?
259 Im Leib seiner Mutter?
<...?>
263 <Aber wenn er herauskommt aus dem Leib seiner Mutter?>
264 Aber dies ist nahe dem Tod.
267 Ferner, wenn er Milch saugt am Busen?
268 Aber er war niemals froh dabei.
276 Doch wenn er heranwächst zum Jugendalter?
278 Aber auch dies ist gefahrlich wegen der begierdenvollen Jugend.
286 Doch wenn er alt wird?
288 Aber auch zu jener Zeit seufzt er wegen des Greisenalters
289 und wegen der Erwartung des Todes.
291 Denn was ist das Greisenalter, wenn nicht die Erwartung des Todes?
292 Alle (Menschen) auf Erden aber sterben,
293 die Knaben und die Alten,
294 die Kleinen und die Großen.
295 Denn nicht unterwerfen die Maße des Lebensalters den Tod,
296 sondern wie beschaffen (er auch ist), wird der Mensch vernichtet.
298 Traurig ist nun der Anblick des Todes des Menschen,
299 wenn sich an dem toten Leib
300 das veränderte Gesicht zeigt,
301 die tote Gestalt,
302 der abgemagerte Leib,
303 der Mund, der stumm ist,
304 die kalte Berührung,
305 die Augen, die sich schließen,
306 die Glieder, die sich nicht (mehr) bewegen.
307 Die Leiche der Toten ist in der Erde,
308 das Fleisch löst sich auf,
309 die Sehnen sind verfault,
310 die Knochen weiß,
311 die Gelenke gelöst,
313 und der Staub ist viel
314 und der Mensch existiert nicht (mehr).
315 Was ist also der Mensch?
316 Eine zeitweilige Blume,
317 im Mutterleib unverständig,
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Rekonstruktion der Vorlage von De anima et corpore nach Gregor Wurst
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die in der Jugend verwelkt
und im Alter vom Tod verdorben wird.
Nach all diesem Dienst zum Tode also
und dem Verderben des Menschen,
besuchte Gott sein Geschöpf,
das er geschaffen hatte nach seinem Bild und Gleichnis,
damit es nicht auf ewig zum Siegeszeichen des Todes werde.
Deswegen schickte der Vater seinen Sohn (vom Himmel/auf die Erde?)
ohne Fleisch,
(weil er Geist war?),
damit er, durch den Leib einer Jungfrau Fleisch geworden
und als Mensch geboren,
den Menschen errette, der zugrunde gegangen war,
und seine Glieder sammle, die zerstreut worden waren.
Denn was der Tod zerstreut hatte, als er den Menschen geteilt,
das hat Christus gesammelt, als er den Menschen wieder (in sich selbst?)
vereinigte.
361 Deswegen nämlich hat Christus gelitten,
362 damit wir ewiglich leben.
363 Und wenn nicht, warum sonst ist Christus gestorben?
364 Schuldete er denn etwa die Schuld (Strafe) des Todes?
365 Oder warum bekleidete er sich mit dem Fleisch?
366 War er denn nicht mit Ehre bekleidet?
367 Warum aber auch, daß er Mensch wird?
368 War er denn nicht Gott?
369 Warum aber, daß er als Sterblicher geboren wird?
370 War er denn nicht selbst der Unsterbliche?
371 Warum aber, daß er auf die Erde kommt?
373 War er denn nicht König im Himmel?
374 Warum war es notwendig, daß Gott auf die Erde komme
376 und aus einer Jungfrau Fleisch werde
377/80 und in einer Krippe in Windel gewickelt
381 und an Brüsten gestillt
385 und von einem Diener getauft
387 und von dem Volk geschmäht
389 und auf das Holz gehängt
390 und in der Erde begraben werde
391 und am dritten Tag von den Toten auferstehe?
393 Warum war es notwendig?
395 Gewiß hat er die Schmach wegen des Menschen ertragen:
396 damit er diesen Menschen errette, der zugrunde gegangen war,
400 gab er als Lösegeld Seele für Seele
401 und Leib für Leib,
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130
Anhang II
Blut für Blut
und Mensch für Mensch
und Tod für Tod.
Jenen Tod nämlich, den der Mensch schuldete,
diesen hat Christus eingelöst, als er starb.
Dies ist der Aufweis der Liebe:
Denn wann ist je ein Gerechter für einen Ungerechten gestorben?
Welcher Vater ist für sein Kind, welcher Sohn für seinen Vater gestorben?
(Welcher Freund für seinen Freund,
oder welcher Bruder für seinen Bruder?)
Dies hat der Herr für uns getan:
er hat uns nicht nur mit seiner Hand in Adam erschaffen,
sondern uns auch durch seinen Geist in seinem Leiden wiedergeboren,
mit uns Schmerz empfindend wie eine Gebärende.
Denn in Wahrheit hat er unseretwegen ertragen
die Leiden und die Schmähungen und die Schläge,
und ebenso den Tod und das Begräbnis wie er auch durch den Propheten sprach:
„Du hast mich herabgeführt in die Tiefe".
Wer also ist's, der ihn herabführte?
Das gottlose Volk!
Seht, o ihr Menschen, seht die Vergeltung, die Israel gegeben hat:
Sie haben den getötet, der ihnen Wohltaten getan,
indem sie ihm Böses für Gutes vergolten haben
und Qual für Freude
und Tod für das Leben.
Denn jenen, der ihre Toten auferweckt
und ihre Lahmen geheilt
und ihre Aussätzigen gereinigt
und ihren Blinden das Licht gegeben hat,
diesen haben sie getötet und an das Holz gehängt.
Seht, ihr Menschen,
seht, all ihr Geschlechter, die neuen Dreistigkeiten!
Sie haben den aufgehängt, der die Erde aufgehängt hat;
und sie haben den am Holz (mit Nägeln) befestigt, der die Welt festgemacht hat;
452 und sie haben den gemessen, der die Himmel ausgemessen hat;
454 und sie haben den gebunden, der die Sünder losgesprochen hat;
455 und sie gaben demjenigen Essig zu trinken, der Gerechtigkeit zu trinken
gab;
456 und sie ließen denjenigen Galle essen, der Leben zu essen gab;
und sie entstellten Hände und Füße dessen, der ihre Hände und Füße ge458 nhgaIA
heilt hat;
402
403
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Rekonstruktion der Vorlage von De anima et corpore nach Gregor Wurst
131
463 und sie brachten jenen dazu, die Augen zu schließen, der sie sehend gemacht hat;
464 und sie haben denjenigen begraben, der ihre Toten auferweckt hat.
466 O welch neues und unaussprechliches Geheimnis!
467 Gerichtet wurde der Richter,
468 und gebunden wurde, der die Gebundenen befreit,
469 und gefestigt wurde, der die Erde festgemacht hat,
470 und aufgehängt wurde, der die Welt aufgehängt hat,
471 und gemessen wurde, der die Himmel ausgemessen hat,
472 und mit Galle wurde gespeist, der Leben zu essen gab,
473 und es starb, der das All belebt,
474 und begraben wurde, der die Toten erstehen läßt.
477 Denn als der Herr am Holz hing,
478 wurden die Gräber aufgerissen,
479 und die Unterwelt wurde geöffnet,
480 und die Toten erstanden,
481 und die Seelen zogen aus,
482 und es erschienen viele von denen, die erstanden sind, in Israel,
483 als das Geheimnis (des Kreuzes ?) erfüllt war.
484 Denn der Herr hat auf den Tod getreten
485 und die Feindschaft aufgelöst
486 und den Starken gebunden
487 und das Kreuz als Zeichen des Sieges ihm gegenüber aufgerichtet.
489 Denn er erhob seinen Leib auf das Kreuz,
490 damit der Leib erhöht
491 und der Tod dem Fleisch zu Füßen gefallen erscheine.
492 Da waren die Mächte des Himmels verwundert
493 und die Engel erstaunt,
494 und die Elemente erbebten,
495 und die ganze Schöpfung erzitterte,
496 als sie das neue Geheimnis und furchtbare Schauspiel sah,
497 das sich auf Erden ereignete.
502 (Das Volk vergnügte und freute sich,
503 zugleich aber erkannte es nicht das Geheimnis.)
504 Die Erde erbebte,
505 die Berge sprangen,
506 die Hügel wankten,
507 das Meer wurde bewegt,
509 der Abgrund durcheinandergeworfen
511 und die ganze Schöpfung in Schrecken versetzt.
512 Die Lichter des Himmels fürchteten sich,
513 die Sonne floh
514 vutsrponmlkihgedcaWVRGD
wie auch der Mond,
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132
Anhang II
die Sterne verfinsterten sich,
der Tag hielt es nicht mehr aus.
Der bestürzte Engel sprang aus dem Tempel heraus,
und zerriß den Vorhang des Hauses.
Finsternis erfüllte die Erde.
Als der Herr seine Augen schloß,
ging das Licht in der Unterwelt auf.
Denn der Herr stieg in die Unterwelt hinab,
nicht im Leib, sondern im Geist.
Denn er hatte Macht über das All,
damit es nicht vor seiner Stunde zugrunde gehe.
Sein Blut ergoß er auf die Erde, es beschützte die Erde und die in ihr (seil.
Begrabenen);
545 sein Leib aber blieb am Holz hängen wegen der Elemente;
546 und sein Geist ging hinab in die Unterwelt,
547 erlöste jene, die dort waren,
548 und plünderte die Unterwelt.
549 Denn überall hat er gehandelt:
550 Mit dem Leib hat er die Toten erstehen lassen,
551 mit dem Geist aber hat er die Seelen aus der Unterwelt befreit:
552 Denn als der Leib unseres Herrn (am Kreuz) hing,
553 da wurden die Gräber aufgerissen,
554 und die Unterwelt wurde geöffnet,
558 und die Toten erstanden,
559 weil die Seelen heraufgeschickt wurden,
560 als der Herr die Unterwelt zerstörte
561 und den Tod niedertrat
562 und den Feind bloßstellte.
563 Die Seelen zogen aus der Unterwelt aus,
564 die Leiber aber erschienen aus der Erde (heraus).
565 Seht also, wie viel sein Tod bewirken konnte!
566 Denn die Schöpfung ertrug seinen Tod nicht,
567 auch die Elemente ertrugen sein Leiden nicht,
568 auch die Erde nicht seinen Leib
569 und die Unterwelt nicht seinen Geist.
570 Denn alles war verstört,
571 und alles erzitterte wegen des Leidens Christi.
572 Denn nicht ertrugen sie es, ihren eigenen Herrn am Holz hängen zu sehen.
573 Verwundert und bestürzt war die Schöpfung und sagte:
574 „Was mag dieses neue Geheimnis nur sein?
575 Der Richter wird gerichtet und schweigt;
576 snlihgeaIA
der Unsichtbare wird gesehen und schämt sich nicht;
515
522
523
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533
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Rekonstruktion der Vorlage von De anima et corpore nach Gregor Wurst
133
577 der Ungreifbare wird ergriffen und ist nicht verärgert;
578 der Unmeßbare wird gemessen und widersetzt sich nicht;
579 der Leidensunfahige leidet und vergilt es nicht gleicherweise;
580 der Unsterbliche stirbt und antwortet nicht;
581 der in den Himmeln ist, wird begraben und erduldet es.
582 Was ist dieses neue Geheimnis?",
583 wunderte sich die Schöpfung.
584 Als der Herr aber von den Toten erstanden war
585 und den Tod niedergetreten
586 und den Starken gebunden
587 und den Menschen befreit hatte,
588 da erkannte die ganze Schöpfung,
589 daß wegen des Menschen der Richter gerichtet
590 und der Unsichtbare gesehen
591 und der Unmeßbare gemessen wurde,
592 und der Leidensunfahige gelitten hat,
593 und der Unsterbliche starb,
594 und der Himmlische begraben wurde.
595 Denn unser Herr, als Mensch geboren,
596 wurde gerichtet, damit er sich erbarme,
597 er wurde gebunden, damit er löse,
598 er wurde ergriffen, damit er erlasse,
599 er litt, damit er (mit uns) mitleide,
600 er starb, damit er lebendig mache,
601 er wurde begraben, damit er erwecke.
602 Denn als der/unser Herr mit der Menschheit mitgelitten hat,
603 hat er die Leiden der Menschheit aufgelöst
604 und sterbend den Tod getötet.
610 Deshalb ist der Herr auf die Erde herabgestiegen,
611 damit er den Tod aufspüre und den menschenmordenden Tyrannen töte.
612 Der Tod aber, verwirrt, fiel Christus zu Füßen,
613 und die Unterwelt, besiegt, wurde als Gefangene fortgeführt,
614 und alle ihre Mächte wandten sich um,
615 als sie die Stimme Christi hörten,
616 (wie die Schrift sagt:
617 „Seine Gestalt haben wir nicht gesehen,
618 seine Stimme aber haben wir gehört."
619 Denn nicht das Gesicht des Herrn hat die Unterwelt gesehen,
620 sondern seine Stimme gehört,)
621 als er sagte:
622 „Kommt heraus, ihr gebundenen Seelen,
623 die ihr im Schatten des Todes sitzt!
625 vutsrponmlkihgedcaWVRGD
Das Leben verkünde ich euch;
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1 3 4nhgaIA
Anhang II
626 ich bin der Christus, euer Leben!"
631 Daraufhin befreite er die Seelen der Heiligen und erweckte sie zusammen
mit sich.
634 Die Erde aber rief und sagte:
635 „Herr, sieh ab von meinen Schlechtigkeiten,
636 befreie mich vom Zorn,
637 und erlöse mich von dem Fluch,
638 weswegen ich das Blut und die Leiber der Menschen empfangen habe,
639 und außerdem noch deinen Leib."
641 Was ist dieses wunderbare Geheimnis?
642 Weshalb, Herr, bist du zur Erde herabgestiegen,
643 wenn nicht wegen des Menschen, der überall zerstreut war?
644 Denn an allen Orten ist dein schönes Bild zerstreut worden.
645 Wenn du aber durch das Wort den Befehl gegeben hättest,
646 wären alle Leiber vor deinem Angesicht erstanden.
647 Da du aber auf die Erde gekommen bist
648 und die Glieder deines Geschöpfes gesucht hast,
649 nimm d(ein)en Menschen (zurück) wie ein anvertrautes Gut,
650 nimm dein Bild,
651 nimm deinen Adam, (der wieder heil ist ?)!
654 Alle Geschlechter aber der Völker wurden in Christus gerettet.
655 Denn einer ist gerichtet worden und zehntausende wurden erlöst;
656 einer ist begraben worden und zehntausende sind erstanden.
657 Denn für einen jeden ist der Herr gestorben, damit ein jeder mit ihm auferstehen wird.
658 Dieser aber bekleidete sich mit dem Menschen,
659 stieg hinauf in die Höhe des Himmels,
661 und brachte dem Vater als Geschenk dar
662 nicht Gold,
663 nicht Silber,
664 auch keinen Edelstein,
665 sondern den Menschen, den er nach seinem Bild und Gleichnis geschaffen
hatte.
666 Diesen hat der Vater erhöht
667 und zu seiner Rechten auf einen erhabenen Thron gesetzt;
669 und er machte ihn zum Richter der Völker,
670 zum Führer der Heere der Engel
671 und Wagenlenker der Cherubim
672 und <Baumeister> des wahren Jerusalem
673 und Bräutigam der Jungfrau
674 und König in alle Ewigkeit.
675 Ehre sei ihm bis in alle Ewigkeit. Amen.
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
Anhang III
Zur Textgeschichte
des sogenannten Kompositionsrahmens
Der Ursprung des sogenannten Kompositionsrahmens hat mit dem eigentlichen
Thema unserer Arbeit nur insofern etwas zu tun, als nach der möglichen Entstehung - sei es des ganzen Rahmens, sei es seiner wichtigen Teile - in Ägypten
zu fragen ist440.
Die von Gregor Wurst erstellte Synopse zeigt, daß fast alle wesentlichen
Stücke des Kompositionsrahmens zugleich - wenn auch oft in einer abgewandelten, zumeist erweiterten Form - auch in der syrischen Version überliefert
sind. Aufgrund dieses Befundes ist zu schließen, daß der Kompositionsrahmen
in seiner wesentlichen Form zumindest schon in der Rezension a , auf die die
koptische und die syrische Version zurückgehen 441 , vorhanden war.
440
Eins der mit dem Kompositionsrahmen zusammenhängenden Probleme ist das seiner
Entstehung. Ohne hier eine ausfuhrliche Diskussion entfalten zu können, möchten wir bemerken,
daß der Rekonstruktionsvorschlag eines der wichtigsten Bestandteile des Rahmens - der Rede
der Erde, so wie er von G. WURST, Homilie (wie Anm. 73), Bd. II, 229 (Text) und a.a.O.,
214-215 (Kommentar) vertreten wird - , einige Rückfragen hervorruft. Wurst hält die Syrisch
und Altgeorgisch überlieferten Zz. 641-643 (siehe Anm. 437 zum V. 31,2; die Stelle lautet:
„Was ist dieses wunderbare Geheimnis? Weshalb, Herr, bist Du zur Erde herabgestiegen, wenn
nicht wegen des Menschen, der überall zerstreut war?") mit guten Gründen für ursprünglich.
Nach seiner Meinung gehörten diese und die nachfolgenden Worte im melitonischen Original
schon nicht mehr der Rede der Erde, sondern stellten die Anrede des Autors an Christus dar.
Zur Unterstützung seiner Hypothese weist Wurst daraufhin, daß ab dem zitierten auf Koptisch
ausgefallenen Stück die Erde nicht mehr in erster Person genannt wird. Diese letzte Beobachtung ist tatsächlich nicht unbedeutend, man darf aber auch die Probleme der vorgeschlagenen
Rekonstruktion nicht übersehen. Denn die Aufforderungen des V. 31,6 (= Zz. 649 ff: „Nimm
den Menschen zu Dir <zurück>...") haben im Munde der Erde viel mehr Sinn, als wenn sie
von dem Autor der Homilie formuliert wären. In der syrischen Version, die die besagten
Zz. 641-643 bewahrt hat, ist das Ende der Rede der Erde doch mit dem Äquivalent des koptischen V. 31,6 zu verbinden, wie es Wurst selbst in seiner Synopse macht. Der Ausruf „Was
ist dieses wunderbare Geheimnis?" markiert ferner im Ps.-Ath. die Bestürzung der Kreatur
angesichts der Leiden des Herrn (vgl. z.B. V. 28,5 = Zz. 573-574; V. 29,1 = Zz. 582), die
Zuschreibung der Z. 641 an die Erde paßt in diese Reihe, die an den Autor nicht. Es wäre auch
zu bemerken, daß die vorgeschlagene Einteilung den Kompositionsrahmen nicht unerheblich
zerstört, was u. E. bei der weiteren Behandlung des Problems berücksichtigt werden müßte.
Weitere Argumente für eine von der Rekonstruktion Wursts abweichende Strukturierung der
„Rede der Erde" werden unter Heranziehung des verwandten syrischen Materials in unserem
Aufsatz D. BUMAZHNOV, Der Heilige Ephraem (wie Anm. 191), 53-62 geboten.
441
Siehe oben S. 33-34.
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
136 nhgaXWOKIGA
Anhang III
Eine koptische Lesart läßt dabei einige Vermutungen darüber anstellen, wie
der Rahmen möglicherweise in Ägypten rezipiert wurde. Dabei handelt es sich
um den V. 31,4 (= Zz. 6 4 5 - 6 4 7 ) :
(645) D o c h (jiXr|v) w e n n Du nur durch Dein Wort geredet hättest,
(646) hätte D e i n e m B e f e h l nichts sich widersetzen können,
(647) aber ( a h ' k a ) Deine Liebe (aydrcri) hat Dich gedrängt (ävayicöi^eiv), zu D e i n e m
G e b i l d e (KXÜGIIO.) ZU k o m m e n .
Im Unterschied zur koptischen Fassung enthält in der Z. 647 weder die altgeorgische noch die syrische Version - die beiden weiteren Textzeugen für diese
Stelle - das Liebesmotiv. Diese Konstellation bringt Wurst zur Schlußfolgerung,
daß „die Nennung der „Liebe" Christi - womit auf die Zz. 40 ff 4 4 2 rückverwiesen wird - als sekundär zu betrachten" ist443.
Man findet nun das Liebesmotiv an noch einer nur koptisch überlieferten
Stelle des Ps.-Ath. (Vv. 2 0 , 7 - 1 0 = Zz. 416-422) 4 4 4 :
(416)
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A e
N T o q
T T e q g r o p
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(417) ¿.NON
a.qei
M ^ Y ^ q
2
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NOBE
(417)
(418) O Y M O N O N JCE A.QNA.JLCCE M M O N
N e e
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reqa.r2i.TTH
MN
NÄ.AAH
(4I8)
e a . q T p e N < y c u n e
NpcoMe-
(419)
(420)
N T e p e N T ^ K Ö
X W X
a.qei
A q t y n
^qT3.N2QN
2 ' c e
2N
TTNOBe
(419)
a y u j
(420)
2 ^ P o n
T e q a . r a . n R
Christus aber (8e) k a m selbst aus
e i g e n e m Antrieb und w e g e n Seiner
Liebe (äYcmri).
Uns Sünder
hat Er nicht nur (ov |iövov) gebildet
(7c/vä.aaeiv), so wie < E r > A d a m
< g e b i l d e t H a t > , indem Er uns hat
M e n s c h e n w e r d e n lassen,
sondern (öAA.d), n a c h d e m w i r durch
die S ü n d e verweslich w o r d e n w a r e n ,
k a m Er < u n d > hat Leiden auf Sich
g e n o m m e n u n s e r e t w e g e n und hat uns
L e b e n d i g g e m a c h t durch Seine
L i e b e (ÄYCBTTI).
(421)
M n e o Y o e i q j
MMON
(422)
2 ^
T 6 N O Y
N K e c o n
ra.p
e N T A q n A i . c c e
T e q ö i x
A e
2
t U t ü c
2'TM
Ncjcyn
l
2 ' c e
¿.q^CTTON
n 2 i c e
M n e q M O Y
(421 >
AN
(422)
Denn (yötp) zu der Zeit, als Er uns
mit Seiner Hand bildete (7tA.aaaeiv),
hat Er nicht gelitten.
Jetzt d a g e g e n (8e) hat Er uns noch
einmal geboren durch Sein
Todesleiden.
Diesen längeren Abschnitt hält Wurst für eine Fortschreibung eines einzigen
Satzes des Ps.-Epiphanius (Zz. 416, 418, 422) 445 :
442
Zz. 40 ff entsprechen dem V. 3,1 mit Anmerkung.
443
G . WURST, H o m i l i e ( w i e A n m . 7 3 ) , B d . II, 2 1 5 .
444
Das Motiv der Liebe des Herrn im V. 20,1 (= Z. 407): „So ist die Liebe (a.yawi\), die
Christus erwiesen hat", hat bei Ps.-Epiphanius, Z . 3 9 7 seine Parallele: TOBTO yotp EOXIV ccy&7rr|<;
ä7io5ei!;ii; - „Denn dies ist der Aufweis der Liebe", übersetzt von G. WURST, Homilie (wie
Anm. 7 3 ) , Bd. I, 3 2 .
445
G. WURST, Homilie (wie Anm. 73), Bd. II, 178; übersetzt von G. WURST, Homilie
(wie Anm. 73), Bd. I, 35.
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
Zur Textgeschichte des sogenannten Kompositionsrahmens
(4i6) "O ¿7toiri0ev KV)pio<; imep fi(xcöv
(4i8) ov p.ovov fi(j.6cq nXaaaq 5ia xeipoi;
EV im 'A5a|i,
(422) äXka Kai dtvayevvfiaa<; T))J.&<; ev
TO) a\)Toti roxöei.
137
(416) Dies hat der Herr für uns getan
(4i8) da er uns nicht nur durch die Hand in
Adam erschaffen,
(422) sondern uns auch durch den Geist
in seinem Leiden wiedergeboren hat.
Wurst stellt außerdem fest, daß die koptischen Zz. 4 1 8 f f a u f die Schöpfung des
Menschen durch Wort und Werk in den Vv. 3,3-4 (= Zz. 47-52) zurückweisen 446 .
Tatsächlich haben wir in den koptischen Zz. 418 ff mit dem voll entwickelten
Wort/Werk-Motiv zu tun. Die koptischen Zz. 416 und 420 verweisen auf die
Liebe des Herrn. Die Zz. 417-422 stellen die Erschaffung (wohl im Mutterleib) und die Erlösung gegenüber und verbinden mit der zweiten die Idee des
Erweises der Liebe Christi zu den Menschen 447 .
Es liegt auf der Hand, die Hinzufugung des Liebesmotivs in der Z. 647
(= V. 31,4c) und die Zz. 416-422 (= V. 20,7) mit ihrem ausgeprägten Interesse
an dem Motiv der Liebe Christi auf denselben (koptischen?) Redaktor zurückzufuhren 448 . Das Herausfallen der Zz. 40-41 449 , das Wurst durch ein Homoioteleuton im koptischen Text erklärt450, ist also ein Schreibfehler, und ist auf
jeden Fall mit dem oben erwähnten Redaktor nicht zu verbinden. Dieser hat
das Vorhandensein des sogenannten Kompositionsrahmens sicherlich erkannt
und seine Vorlage in ihrem eigenen Sinne fortgeschrieben. Obwohl die Wahrscheinlichkeit, daß dieser Redaktor in Ägypten wirkte, nicht gerade gering ist,
kann man aus dieser Annahme nicht mehr schließen, als daß die Vorlage des
Ps.-Ath. in ihrer Grundstruktur gut verstanden und weiterentwickelt wurde.
446
447
G . WURST, Homilie (wie A n m . 73), Bd. II, 178.
Vgl. oben Anm. 189.
448
Das Liebesmotiv begegnet ferner im V. 21,7 (= Zz. 439-440): „(439) Sie haben mit
Bösem das Gute (440) und mit dem Haß die Liebe, mit der Er sie geliebt hatte, vergolten."
Die Z. 440 ist nur auf Koptisch überliefert.
449
Sie entsprechen dem V. 3,1, siehe Anm. 406 zu diesem Vers mit der syrischen Lesart:
„Denn seht, auch unser Herr hat uns seine Liebe gezeigt nicht nur im Wort, sondern auch
durch die Tat".
450
G . WURST, H o m i l i e (wie A n m . 73), Bd. II, 114.
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
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Kapitel II
Der Mensch als Ebenbild Gottes
in der Vita des seligen Aphu von Pemdje
Das zweite Koptisch überlieferte Dokument, dessen Zeugnis bezüglich des Verständnisses von Gen 1,26 untersucht werden soll, ist die sahidische Vita des
seligen Aphu von Pemdje. Weil die Vita bisher nicht ins Deutsche übertragen
wurde, wird im Anhang zu diesem Kapitel eine eigene deutsche Übersetzung
des koptischen Textes geboten. Alle Verweise auf die Vita werden nach der
Kapitel- und Verseinteilung dieser Übersetzung vorgenommen'.
1. Zur Geschichte des Textes
Die Textgeschichte der „Vita des seligen Apa Aphu des Anachoreten und des
Bischofes von Pemdje" ist unkompliziert. Die einzige bis jetzt bekannte koptische
Handschrift (sahidischer Dialekt) wurde Anfang des 19. Jahrhunderts unter
anderen koptischen Dokumenten von Bernardino Drovetti, dem französischen
Konsul in Ägypten, erworben und gegen 1820 an das Turiner Museum verkauft 2 .
Die Herkunft der Sammlung ist unbekannt. Einige Handschriften aus der Turiner
Papyrisammlung wurden in den 80-er Jahren des 19. Jahrhunderts unabhängig
voneinander von Francesco Rossi und Eugène Revillout herausgegeben 3 . Die
die Vita enthaltende Handschrift wird in das 7. Jahrhundert datiert 4 .
1
Bei der Kapitelaufteilung folgen wir der russischen Übersetzung von W.W. Bolotov, Iz
cerkovnoj istorii Egipta: II. Zitie blazennogo Afu, episkopa pemdzeskogo, in: Hristianskoe
ctenie, 1886 3/4, 347-357.
2
Eine ausfuhrliche Darstellung der Veröffentlichung der Vita findet man bei G. FLOROVSKY,
Theophilus of Alexandria and Apa Aphu of Pemdje. The Anthropomorphites in the Egyptian
Desert, Part II, in: Collected Works of Georges Florovsky, Vol. 4, Belmont 1975, 97-101.
Eine Beschreibung der Turiner Sammlung leistete T. ORLANDI, Les papyrus coptes du Musée
de Turin, Muséon 77, 1974, 115-127; der die Vita enthaltende Kodex III wird ebenda auf
der S. 121 beschrieben. Die heutige Signatur im Museo Egizio di Torino ist 63000, III, (fol.
31-45).
3
Siehe E. REVILLOUT, La vie du bienheureux Aphou, évêque de Pemdje (Oxyrinque),
REg 3/1, 1883, 27-33; F. Rossi, Trascrizione di tre manoscritti Copti del Museo Egizio di
Torino, con traduzione italiana, Memorie della Reale Accademia delle Scienze di Torino,
Serie II, XXXVII, 1886, 67-84. Die Edition von Revillout ist mangelhaft: größere Teile
des lesbar überlieferten Textes sind als verderbt bezeichnet, es gibt falsche Lesungen, keine
Übersetzung wird angeboten (siehe die Stellungnahme Rossis, a.a.O., 65; die falschen Lesarten von Revillout sind im Apparat Rossis vermerkt). Zur Editionsarbeit Rossis, der einen
besseren Text und eine italienische Übersetzung (a.a.O., 145-150) bietet, siehe T. ORLANDI,
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2. Datierung
139
Der russische Orientalist W.W. Bolotov vermutete, daß der dritte Kodex
aus der Kollektion Drovettis, zu dem auch die Vita des seligen Aphu gehört,
Bruchstücke des Menologions eines südägyptischen Klosters darstellt, die in
die beiden ersten Monate des koptischen liturgischen Jahres thoout und paope
(von 29.08. bis 28.10.) fallen 5 . Die Vita des seligen Aphu wurde am 21. thoout
d.h. am 18. September, vorgelesen.
2. Datierung
Die Entstehungszeit des Menologions, dem die Vita vermutlich angehörte, ist
nicht mehr mit Sicherheit festzustellen. Die Frühdatierung von Revillout (Mitte
des 5. Jahrhunderts) ist nicht vertretbar 6 . Die Versuche, das Menologion in
späterer Zeit zu verankern, sind für die Datierung der Vita unerheblich 7 .
Das einzige erkennbare Datum, auf das der Text selbst hinweist, scheint
das Jahr 399 zu sein, in dem Erzbischof Theophilus von Alexandrien einen
die Polemik gegen die Anthropomorphiten enthaltenden Osterbrief abgefaßt
hat8. Die in der Vita erwähnte Lesung des Osterbriefes des Theophilus in einer oxyrhynchisehen Kirche 9 und der nachfolgende Dialog des Apa Aphu mit
Theophilus werden seit Revillout 10 einstimmig mit der bekannten Kehrtwende
des Theophilus vom Origenismus zum Anthropomorphismus" in Verbindung
gebracht. Weil Apa Aphu nach 399 noch mindestens 10-20 Jahre lebte und
der Verfasser der Vita von ihm nicht mehr als durch eine Generation getrennt
sein kann, ist für ihre Niederschrift die zweite Hälfte des 5. Jahrhunderts nicht
unwahrscheinlich 12 .
Les papyrus coptes (wie Anm. 2), 118-119. Die Arbeit Rossis blieb W. BOLOTOV, IZ cerkovnoj istorii (wie Anm. 1), der seine russische Übersetzung nach der Ausgabe von Revillout
gemacht hat, wohl unbekannt.
4
T. ORLANDI, Egyptian Monasticism and the Beginnings of the Coptic Literature, in:
Carl-Schmidt-Kolloquium an der Martin-Luther-Universität 1988, hrsg. von P. Nagel, MartinLuther-Universität Halle-Wittenberg, Wissenschaftliche Beiträge 1990/23 (K9), Halle 1990,
137. Damit ist sie eine der ältesten in der Turiner Sammlung, die die Dokumente aus dem
7.-9. Jahrhundert umfaßt; zur Datierung der ganzen Sammlung siehe T. ORLANDI, La documentation patristique copte. Bilan et prospectives, in: La documentation patristique. Bilan
et prospectives, hrsg. von J.-C. Fredouille et R.-M. Roberge, Paris 1995, 134.
5
W. BOLOTOV, IZ cerkovnoj istorii (wie Anm. 1), 340.
6
E. REVILLOUT, La vie (wie Anm. 3), 27, Kritik bei W. BOLOTOV, IZ cerkovnoj istorii
(wie Anm. 1), 341-343.
7
Vgl. TH. LEFORT, "Ioov = Exemplum, Exemplar, Muséon 47, 1934, 58 und G. FLOROVSKY, A p a A p h u ( w i e A n m . 2), 99.
8
9
10
11
Siehe Soz., h.e. VIII 11.
Siehe Kap. 4 der Vita.
E. REVILLOUT, L a v i e ( w i e A n m . 3), 2 8 .
Von der Kehrtwende berichten Soz., h.e. VIII 11 und Socr., h.e. VI 7.
12
So G. FLOROVSKY, Apa Aphu (wie Anm. 2), 101. Der beiläufig formulierte Datierungsversuch von T. ORLANDI, Egyptian Monasticism (wie Anm. 4), 137: „the life of Aphou may be
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1 4 0vutsrponmljihedcbaVUPMLKJGEDCA
Kapitel 2: Der Mensch als Ebenbild Gottes in der Vita des sei. Aphu von
Pemdje
3. Apa Aphu in der antiken christlichen Literatur
Neben der Vita ist Apa Aphu aus zwei Quellen bekannt, die inhaltlich mit dem
Zeugnis der Vita übereinstimmen. Dabei handelt es sich um einen Abschnitt aus
der ins 4. Jahrhundert zu datierenden, sogenannten „Erzählung des Mönches
Ezechiel über das Leben seines Lehrers Apa Paul" und um ein Apophthegma.
Die „Erzählung" berichtet über die Begegnungen mit unterschiedlichen Eremiten
während einer Reise Ezechiels zusammen mit seinem Lehrer durch die Wüste.
Das betreffende Stück lautet13:
AG
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NAI N B N I G N T H Ö
Tenpcu
Te
CYAIENICOTK. 2
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£N
NTG n x o e i c
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ON x e
TTACICUT N I . q x e
T A T p c u < { ) H MN T ^ N e i c y a . c y
Tctutye
MN N G I O Y T O Y C T .
O Y A C M e i c c c ü u j e M MncycDM. n e x ^ q
T M H T H NNEICY^TY
X N N G nK.2l.YCON GNCDXAGI
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NIM N N T ^ q - J -
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RR^EICUT
N^q x e
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N2J 2M
NA.A2CDB
T e Y T Ä . n p o e c y c u n e n q j c u M n e cya.Yccix>Y2 e N e Y e p H o y N c e a . 2 e p a . T 0 Y
epoi
TGYMHTG.
NIM m c p ^ N .
e i c O Y H P e N p o M n e IC^M n e i M a . . n e x a . q
n e x e
MN N e i c y ^ t y . n e x ^ q
NOYCUT
N^q x e
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ATTA A N T C D N I O C N A . c y i H T n e . n e x e
Na.q x e
NTepa>TA.CYÄ.Nc
OYMONOXOC
ET2N
Nceep2omec
N2J.
W i r a b e r (de) g i n g e n v o m B e r g Tereb nach S ü d e n bis z u m Berg T e r o t a s c h a n s südlich
v o n d e r Stadt Kos. U n t e n < a u f d e m W e g > in e i n e m Tal trafen wir a u f einige A n t i l o p e n ,
in d e r e n Mitte ein M ö n c h (|xovaxo<;) war. M e i n Vater trat heran, b e g r ü ß t e (ä07td^o|xai?)
ihn u n d sagte:
- Wie heißt d u ?
Er antwortete:
- M e i n N a m e ist A p h u . G e d e n k e meiner, m e i n Vater A p a Paulus, d a m i t der Herr m e i n
L e b e n zu e i n e m guten (KU/MC,) E n d e bringe.
M e i n Vater sagte zu ihm:
- Wieviel J a h r e bist d u hier?
Er sagte:
- V i e r u n d f u n f z i g Jahre.
D a n n sagte m e i n Vater zu ihm:
- Wer hat a u f dich das M ö n c h s k l e i d (axAnot) gelegt?
assigned to the early Vth century" harrt seiner Begründung. Zur Frage siehe auch G. GOULD,
The Image of God and the Anthropomorphite Controversy in Fourth Century Monasticism, in:
Origeniana Quinta. Historica - Text and Method - Biblica - Philosophica - Theologica - Origenism and Later Developments. Papers of the 5th International Origen Congress Boston
College, 14-18 August 1989, ed. by R.J. Daly, Leuven 1992, 555, n. 14.
13
Narr. Ezech. ( 3 6 6 - 3 6 7 Zoega). Über das Werk Ezechiels und über seinen Lehrer hl. Apa
Paul von Tamma siehe T. ORLANDI, Introduzione, in: Paolo di Tamma. Opere. Introduzione,
testo, traduzione e concordanze a cura di T. Orlandi, Unione Accademica Nazionale. Corpus
dei Manoscritti Copti Letterari, Roma 1988, 10-13 und R.-G. COQUIN, Art. Paul of Tamma,
saint, The Coptic Encyclopedia VI, N e w York u.a. 1991, 1923b-1925a.
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
3. Apa Aphu in der antiken christlichen
141
Literatur
Er sagte:
- A p a A n t o n i o s von Sketis.
Mein Vater sagte zu ihm:
- W o v o n lebtest du, als du mit diesen Antilopen u m h e r g e z o g e n bist?
Er sagte:
- M e i n e N a h r u n g (xpoxpri) ist die gleiche wie die dieser Antilopen: G r a s des Feldes
und G r ü n z e u g .
Mein Vater sagte zu ihm:
- Frierst du nicht im Winter und (oi)8e) leidest du im S o m m e r nicht an der Hitze?
Er antwortete ihm:
- Im Winter schlafe ich mitten unter diesen Antilopen u n d sie w ä r m e n mich mit d e m
A t e m aus ihren Mäulern. Im S o m m e r , w e n n die Hitze (KOCUCK;?) m i c h stört (evox^etv),
v e r s a m m e l n sie sich und stehen so, daß sie mir Schatten geben.
Damit ist folgender Abschnitt aus der Vita (Kap. 3) zu vergleichen 14 :
zyxutqponljihgfecaYTONMKJHFDCBA
n e N^ pa. N T ß N o o y e ETCJMOOCYE
Ä.YCU N E Q S H Ö O H
NMM2LC|15 NA.I MBN
A . y co y cu N q
N e e N oyoj BH p. JLYCU ON NGYMB MMOC| N E E NOYUJCDC. e y j - M T O N NA.q EMA. Te
N£ENPA>ME
NAOHKOC
G^C
NT^YTOÜJOY
GBOAJITN
TenpoNoia.
Nee
ETOY^B
eBOA.xe i-YNAY enMÄ.eiN MneyJCoeic e qTo z , a > a > c i
Tenpt D MGN Neaja.YK.TO
Ne e g o Y N epoq 2 a ) C T e N q2 M OM ?N TeyMHTe N e e H n e Tcy oon gFf OYCKHITH
eTBe TÄ.CYH NNNiqe e T T i . 2 ° MMoq. A.YA> TTUJCDM ON 2 O M O | t u c NECYALYP2^'BEC
e p oq . e q cy AN t y cu n e l e
ON N O Y 2 ° ° Y NCJTMEQJSMÖOM e M o o c y e NCCDOY GNABCUK
e o y c u M NEU)2IPE 2 o i N e CYAJXN 2 Ä - 2 t h c I EMEYKAJIQ MA.YI.A.q N T e T T K e c e e n e
ON
BCUK NceMOONe. ¿.ycu NceeiNe NIC| 2N TEYR^NPO NNeTqN^ OYOMOY.
U n d er hatte M a c h t über (raupet) die Tiere, mit denen er w a n d e l t e . Sie erkannten ihn
als < i h r e n > Freund an u n d liebten ihn w i e einen Hirten. Wie v e r n u n f t b e g a b t e (Ä,oyiK6<;)
M e n s c h e n gewährten sie ihm vielfach R u h e , als (cb<;) w ä r e n sie f ü r ihn v o n der heiligen
Vorsehung (jtpövoia) b e s t i m m t , < u n d > weil sie das Z e i c h e n ihres Herrn sahen, d a s ihn
bekleidete. Im Winter u m g a b e n sie ihn so, daß (oSaxe) es ihm mitten unter ihnen w a r m
w a r g l e i c h s a m wie unter einer B e d e c k u n g (ÖKEIITI) w e g e n der Ü b e r f ü l l e ihres A t e m s ,
der ihn erreichte. U n d auch im S o m m e r bereiteten sie auf die gleiche Weise (öpotoi;)
Schatten fiir ihn. A u c h w e n n er an m a n c h e m Tag k r a n k w a r u n d hinter ihnen her nicht
essen g e h e n konnte, blieben einige < v o n ihnen> bei ihm u n d ließen ihn nicht allein.
Die Übrigen w i e d e r u m gingen u n d weideten. Und sie brachten ihm in ihren M ä u l e r n
das Essen.
Das griechische Apophthegma berichtet über einen ganz anderen Lebensabschnitt des Apa Aphu 16 :
AiTiyncavTO Jtepi EJuaKÖJtou TFJ<; 'Oi;Dp'uyx o ' u ¿VO^ORA ä ß ß a 'Ampir ÖTI ÖTE rjv povaxö«;,
jroXXa«; aKXripaywyia^ e j t o i e r ÖTE 8e eyevexo erciaKorax;, iiGeA.eae xP"no«oGrai i f | a w f j
AK/.ripayojyia Kai ev -xtp Koa)iö), Kai OÖK IGXWE. K a i £ppi\|/£ e a w ö v EVWJIIOV TOÖ öeoi)
Wiycov Mf) a p a 8 i a tf)v e7tiaK0Jtf|v ä7tfjX.Gev f| x « P l ? <*7t' £jioi>; K a i dTOKaXiMpöri avx&,
14
Vit. Aph. III (68.2-69.1 Rossi).
So die Handschrift, wohl im Sinne NMMI.y zu verstehen.
16
Apophth. Patr., Apphy (PG 65, 134BC Cotelier). Übersetzung leicht verändert nach:
Weisung der Väter. Apophthegmata Patrum auch Gerontikon oder Alphabeticum genannt.
Eingeleitet und übersetzt von B. MILLER, Sophia 6, Freiburg/Br., 6 0 - 6 1 . Vgl. auch Verba
15
seniorum
15, P L 7 3 , 9 5 6 C .
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1 4 2yxvutsrqponmlkjihedcbaYXVPOMKGEDA
Kapitel 2: Der Mensch als Ebenbild Gottes in der Vita des sei. Aphu von
Pemdje
ÖTI Oì>xr àXkà TOTE epripo^ fjv, Kai
övioq äv0pö)7cot), ó 0eò<; ÄVTE^ajißctve-co- vöv Se
KÓOJÌOI; éaxì, Kai oi a v ö p a m o i ävTiXaiißävovxai aot).
M a n erzählte v o m B i s c h o f v o n O x y r i n c h o s , mit N a m e n A p p h y : Solange er M ö n c h
war, marterte er sich mit e i n e m allzu strengen L e b e n . A l s er B i s c h o f w u r d e , wollte er
auch in der Welt die g l e i c h e L e b e n s a r t f ü h r e n , v e r m o c h t e es aber nicht. D a h e r w a r f er
sich vor Gott nieder und sagte: „Ist e t w a w e g e n des B i s c h o f s a m t e s die G n a d e v o n m i r
g e w i c h e n ? " U n d es w u r d e i h m g e o f f e n b a r t : „Nein. A b e r d a m a l s w a r s t d u e i n s a m und
es w a r kein M e n s c h da, so m u ß t e Gott h e l f e n . N u n a b e r ist die Welt da, u n d da h e l f e n
dir die M e n s c h e n . "
Auch dieser Text findet in der Vita (Kap. 23) seine Entsprechung 17 :
AYtu ¿ . c t y c u n e N T e p e q x t D K GBOA M n e q B i o c ANCCNHY "f~ MneYOYOi e p o q eqNAMOY
2 c u c eYea.ppei NTica.Topea>ei M n e q A A o e MN TMNTKa.ea.poc NTeqenicK.on<H) NTAYF
MNTpe MMOC. A.YTO T i e x i Y NAq : x e n e N e i c u T TAYG o \ u ) x x . e e p o N MTTATKBCUK
6BOA. 2'TOOTN NTOq AC ¿.qtyAJXE NHAY eqJXCU MMOC x e ¿.NOK. OY2CUB NOYCUT
ne-{-2CUN MMoq G T O T T H Y T N e T M T p e AXXY
MMCUTN e n i e y M e i
CAAAY
K.AI r a . p ¿ . N O K H N N C A 6 ( 6 ) NTAÌTTCUT M M O C M O I H I C E I . I E Q ) 5 M Ó O M
T i . l J C n O O Y 2 N T M N T M O N Ä . X O C T M N T E T T I C K O T T O C A 6 N " J - M e e Y e AN
MMNTNOÓ.
eg^peg
e(N)6N-
ALJ-JHY MMOC
2N XXXY NgtuB. XYW ON M o r i e AÌÓHÓOM e j ^ p e j e p o i e o e e-f-ö MMOC N c y o p n
U n d als er a m E n d e seines L e b e n s (ßioi;) war, hatten ihn, k u r z b e v o r er starb, die B r ü der a u f g e s u c h t zuversichtlich (Öappsiv) des rechten W e g e s (KaxopOoöv) seines Volkes
(tarót;) und der Reinheit ( K a ö a p a ; ) seines B i s c h o f s d i e n s t e s (èTtiaK07tf|), d e r e n Z e u g e n
sie g e w e s e n w a r e n , und hatten zu i h m gesagt: „ U n s e r Vater, sprich zu u n s ein Wort,
b e v o r d u v o n u n s g e g a n g e n bist." U n d (Sé) er sagte zu ihnen: „Ich will e u c h nur E i n e s
a u f t r a g e n , d a ß keiner von e u c h irgend eine h o h e Stellung b e g e h r e (È7ti9vjieìv). D e n n
(Kai y à p ) ich k o n n t e n a c h d e m L e b e n , als ich sie g e m i e d e n hatte, k a u m (jioyu;) d a s bew a h r e n , w a s ich in m e i n e r M ö n c h s z e i t ((xovax«;) e r w o r b e n hatte. W a s a b e r (Sé) m e i n e
B i s c h o f s z e i t (ejiioKOjroq) anbetrifft, so k a n n ich m i c h nicht erinnern, d a ß ich v o n ihr
N u t z e n hatte in irgendeiner Hinsicht. Ich k o n n t e m i c h k a u m ((icr/iq) so b e w a h r e n , w i e
ich f r ü h e r g e w e s e n w a r . "
Wie man sieht, werden die von der Vita unabhängigen Informationen über Apa
Aphu von ihr bestätigt und umgekehrt. Den zitierten Zeugnissen zufolge war
Aphu ein Anachoret, der aus asketischen Gründen zusammen mit den Tieren
lebte18. In der zweiten Hälfte seines Lebens wurde er Bischof 19 . Die Vita erweitert unsere Kenntnisse über den ägyptischen Heiligen erheblich.
17
Vit. Aph. XXIII (82.3-83.2 Ros).
Beispiele verwandter asketischer Lebensweise aus dem 4.-5. Jahrhundert siehe bei G.
FLOROVSKY, Apa Aphu (wie Anm. 2), 103-105.
19
E. DRIOTON, La discussion d ' u n moine anthropomorphite audien avec le Patriarche
Théophile d'Alexandrie en l'année 399, ROC 20, 1915-1917, 94 nimmt an, der in Vit. patr.
VI 3,12 (PL 73,101 OC Rosweyde) genannte episcopus civitatis Oxyrynchi könnte der sel.
Aphu sein. Der auch als alius senex eingeführte Erzähler berichtet in dem Abschnitt, auf den
Drioton aufmerksam macht, über die in seinen jungen Jahren stattgefundene Begegnung in
dem entfernten Wüstengebiet mit einem Eremiten, der während der Verfolgung abgefallen
war, vgl. die Aussage des Eremiten: „Ego episcopus eram, et persecutione facta, multis mihi
illatis suppliciis, cum j a m ferre non possem tormenta, postea sacrificavi", Vit. patr. VI 3,12
18
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4. Lebensgeschichte
des seligen Aphu
143
4. Lebensgeschichte des seligen Aphu
Die Vita des seligen Apa Aphu des Anachoreten und des Bischofs von Pemdje
zeigt eine deutliche Dreiteilung, die die drei wohl wichtigsten Etappen im
Leben des ägyptischen Asketen wiederspiegelt. Wie schon oben angedeutet,
handelt es sich dabei um sein Leben mit den Tieren, sein Amtieren als Bischof
von Pemdje (= Oxyrhynchus) und um die Ursachen des Wechsels vom Asketen
zum Bischof.
Wie es in der „Erzählung" des Ezechiel bezeugt ist, lebte Apa Aphu mindestens 54 Jahre lang mit Antilopen. Die Vita (Kap. 2,1-3) erzählt, daß er davor zu
einer Eremitengemeinschaft 20 gehört hatte, nach deren Auflösung er die genannte
Lebensweise wählte. Nur einmal im Jahr kam Apa Aphu in die Stadtkirche, um
die Vorlesung des Osterbriefes des alexandrinischen Erzbischofs zu hören, in
dem der jeweilige Ostertermin bekanntgegeben wurde (Kap. 2,6-7).
Bei einem dieser Besuche empörte er sich mit vielen anderen über einen
Ausdruck im Osterbrief, der „nicht im Einklang mit der Erkenntnis des Heiligen Geistes" stand (Kap. 5,1-2). Die betreffende Stelle lautete: „Das Ebenbild
(eiKrov), das wir Menschen tragen, ist nicht das Ebenbild (ebccov) Gottes". Durch
einen Engel wird dem Mönch Aphu befohlen, nach Alexandrien zu gehen, um
den Ausdruck zu klären (Kap. 5,3). Apa Aphu wird vom Erzbischof Theophilus
von Alexandrien (385-412) nach dreitägigem Warten vor seiner Tür empfangen
und überzeugt ihn in einem in der Vita sehr ausführlich überlieferten Gespräch
darin, daß das Vorhandensein des Gottesbildes im Menschen der biblischen Lehre
entspräche und geglaubt werden solle (Kap. 6-11). Daraufhin läßt Theophilus
einen neuen Brief im ganz Ägypten verlesen, in dem er seine mißglückte Aussage zurücknimmt. Apa Aphu kehrt in die Wüste zurück (Kap. 11,3-12,14).
(PL 73,1011B Ros.). Zu der Zeit der Begegnung mit dem Erzähler befand sich der reumütige
ehemalige Bischof bereits 49 Jahre in der Wüste: „et dedi meipsum ad moriendum in hanc
eremum et sum degens hic annis quadraginta novem" (ebd.). Die letzte große Christenverfolgung, die auch vielfach Ägypten betroffen hat, ist mit dem Jahr 311 zu verbinden (siehe
W . H . C . FREND, Martyrdom and Persecution in the Early Church. A Study of a Conflict from
the Maccabees to Donatus, Oxford 1965, 515-516 und Eus., h.e. VIII 9). Nehmen wir also
die Zeitangabe in De vitis patrum VI ernst, dann fand die Begegnung spätestens gegen 360
statt. Nach der Angabe der Erzählung des Ezechiel (siehe oben), hat der sei. Aphu 54 Jahre
zusammen mit Antilopen gelebt. Nehmen wir die Jahre 403-404 (Treffen mit Theophilus
plus einige Jahre danach, als der Anachoret mit den Antilopen weiter lebte) für ein Datum,
nach dem das Zusammenleben mit den Tieren und folglich die Begegnung des Apa Aphu
mit Ezechiel und seinem Lehrer nicht mehr möglich war, so erscheint die Annahme Driotons
chronologisch plausibel. Zu untersuchen wäre, inwiefern die Erzählung des mutmaßlichen
Bischofs Aphu in De vitis patrum VI als eine historisch zuverlässige Quelle dienen kann;
ihre Verwandtschaft mit der Vita des hl. Onophrius war jedenfalls schon dem Herausgeber
von De vitis patrum evident (siehe PL 73 1010 C n. 4).
20
Der Versuch E. DRIOTONS, La discussion (wieAnm. 19), 116-118, diese Gemeinschaft
mit den Anhängern von Audius in Verbindung zu bringen, wurde mit Recht von G. FLOROVSKY, Apa Aphu (wie Anm. 2), 110-112 kritisiert.
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Kapitel 2: Der Mensch als Ebenbild Gottes in der Vita des sei. Aphu von
Pemdje
Drei Jahre nach diesem Vorfall stirbt der Bischof von Oxyrhynchus (Kap.
13,1). Erzbischof Theophilos weigert sich, den Kandidaten der Eparchie zum
neuen Bischof zu weihen und erklärt, daß er keinen anderen zu diesem Amt zulasse außer den Mönch Aphu, der ihn bei ihrem ersten Treffen stark beeindruckt
hat (Kap. 13,4-6). Aphu wird gewaltsam in der Wüste gefangengenommen und
gegen seinen Willen in Alexandrien zum Bischof von Pemdje geweiht (Kap.
14,1-15,14). In den Schlußpartien der Vita wird die vorbildliche Eparchieverwaltung und der selige Tod des Heiligen beschrieben (Kap. 16-25).
5. Forschungsgeschichte
Der hohe kirchen- und dogmengeschichtliche Wert dervutsponmljihgedaVPA
Vita des seligen Aphu
von Pemdje2' war schon ihrem ersten Herausgeber Eugène Revillout deutlich.
Wie schon erwähnt 22 , stellt Revillout in einem kurzen Vorwort zu seiner Publikation die Vita in den Kontext des aus den Werken der Kirchenhistoriker des
5. Jahrhunderts gut bekannten Streites zwischen zwei Mönchsgruppen - den
sogenannten Origenisten und den sogenannten Anthropomorphiten - , der sich
am Ende des 4. Jahrhunderts in Niederägypten abspielte.
Sokrates Scholasticus (f nach 439) berichtet 23 , daß im Mittelpunkt dieses
Streites die Frage nach der menschlichen Gestalt Gottes stand. Die von ihren
Gegnern so genannten Origenisten behaupteten, daß die Gottheit gestaltlos und
körperlos sei. Die einfältigeren Vertreter der Ansicht, Gott habe eine Menschengestalt, bezeichneten die Origenisten ihrerseits als Anthropomorphiten.
Erzbischof Theophilus unterstützte zunächst die origenistische Mönchspartei
und kritisierte die anthropomorphistischen Vorstellungen in einem nicht überlieferten Osterfestbrief von 39924. Dieser Brief führte zu einer heftigen Gegenreaktion der Mönche, die Theophilus der Gotteslästerung bezichtigten, weil
seine Lehre, ihrer Meinung nach, im krassen Widerspruch zu den zahlreichen zyxwvutsrq
21
Über das christliche Oxyrhynchus siehe I.F. FIKHMAN, Oksirinh - gorod papirusov,
Moskau 1976, 24 ff; 8 7 - 9 6 und S. TIMM, Das christlich-koptische Ägypten in arabischer
Zeit. Eine Sammlung christlicher Stätten in Ägypten in arabischer Zeit, unter Ausschluß von
Alexandria, Kairo, des Apa-Mena-Klosters (Der Abü Mina), der Skêtis (Wâdi n-Natrün) und
der Sinai-Region, Teil 1 ( A - C ) , BTAVO.B 4 1 / 1 , Wiesbaden 1984, 2 8 3 - 3 0 0 .
22
Siehe oben, Anm. 10.
23
Socr., h.e. VI 7.
24
Der Inhalt dieses Briefes ist möglicherweise bei Gennadius von Marseille (Gennad.,
Vir. 34 (TU X I V / 1 , 7 4 , 2 - 1 2 Richardson)) zusammengefaßt: „sed et Adversum
Anthropomorphitas haereticos, qui dicunt Deum humana figura et membris constare, disputatione
longissima confutans et Divinarum Scripturarum testimoniis arguens et convincens ostendit
Deum et incorporeum iuxta Patrum fidem credendum neque ullis omnino membrorum lineamentis conpositum, et ob id nihil ei in creaturis simile per substantiam, nec cuiquam
incorruptibilitatem vel inmutabilitatem aut incorporalitatem suae dedisse naturae; sed esse
omnes intellectuales naturas corporeas, omnes corruptibiles, omnes mutabiles, ut ille solus
corruptibilitati et mutabilitati non subiaceat qui solus habet inmortalitatem" (vgl. lTim 6,16).
Vgl. auch M . RICHARD, Les écrits de Théophile d'Alexandrie, Muséon 52, 1939, 36 N° 6.
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5.
Forschungsgeschichte
145
Anthropomorphismen der Bibel stände. Unter dem Druck der Mönche hat
Theophilus eine Kehrtwende vollzogen, seine Solidarität mit den „Anthropomorphiten" geschickt vorgetäuscht und die irrigen theologischen Meinungen
des Origenes auf einer oder mehreren Synoden in Alexandrien 25 und im Osterbrief von 40126 verurteilt.
Revillout stellt also das Gespräch des seligen Aphu mit Theophilus in Zusammenhang mit dem Frontwechsel des letzteren im skizzierten Mönchsstreit. Sein
Vorhaben, auf die von der Vita aufgeworfenen Fragen ausführlich einzugehen 27 ,
hat Revillout nicht zur Ausführung gebracht.
Drei Jahre nach der Erstveröffentlichung von Revillout wurde die Vita des
seligen Aphu ins Russische von dem großen Kenner des christlichen Orients
W. W. Bolotov übersetzt28. In einer kurz gehaltenen Einleitung betont Bolotov die
Bedeutung der Vita für die Dogmengeschichte und bemerkt, daß erst mit ihrer
Veröffentlichung die „Geschichte der Anthropomorphiten wirklich verständlich
werde." 29 Eine ausführliche wissenschaftliche Untersuchung des koptischen hagiographischen Dokumentes wurde jedoch von Bolotov nie geschrieben.
Den ersten Versuch, die Vita zu deuten, hat der französische Gelehrte Etienne
Drioton unternommen. In seinem Artikel in der „Revue de l'Orient chrétien"
1915-1917 veröffentlichte Drioton einen großen Teil der Vita in sahidischem
Original mit einer französischen Übersetzung. Die von Drioton vertretene
These besagt, daß der selige Aphu der Sekte der Audianer 30 angehörte, die
25
Das genaue Datum und die Zahl der Synoden bleiben unklar. In Frage kommt die
Zeit zwischen dem Herbst 399 und dem Anfang von 400. Siehe J.D. MANSI, Sacrorum
Consiliorum nova et amplissima collectio, t. III, Florentiae 1759, 973-978, 979-990 (zwei
Synoden: ohne Präzisierung 399 und September 399); C.J. HEFELE/H. LECLERCQ, Histoire
des conciles d'après les documents originaux, t. \M\, Paris 1908, 122 (eine Synode: 399);
L. DUCHESNE, Histoire ancienne de l'Église, t. III, Paris 1910, 57, n. 1 (eine Synode in den
ersten Monaten von 400), O. BARDENHEWER, Geschichte der Altchristlichen Literatur, Bd. III,
Das vierte Jahrhundert mit Ausschluß der Schriftsteller syrischer Zunge, Freiburg/Br., 1912,
116 (zwei Synoden: im September 399 und im Jahre 399 oder 400); K. HOLL/A. JÜLICHER,
Die Zeitfolge des ersten origenistischen Streites, in: K. Holl, Gesammelte Aufsätze zur Kirchengeschichte, Bd. II, Der Osten, Tübingen 1928, 254 (eine Synode im Herbst 399); J.F.
DECHOW, Dogma and Mysticism in Early Christianity. Epiphanius of Cyprus and the Legacy
of Origen, North American Patristic Society, Patristic Monograph Series 13, Macon 1988,
405-406 (eine oder mehrere Synoden am Anfang des Jahres 400), K.S. FRANK, Lehrbuch
der Geschichte der Alten Kirche, Paderborn 1996, 267 (eine Synode: 400 oder 401).
26
Siehe M. GEERARD, Clavis Patrum Graecorum, Vol. II, Ab Athanasio ad Chrysostomum,
CChr, Turnhout 1974, 2585 und M. GEERARD/J. NORET, Clavis Patrum Graecorum. Supplementum, CChr, Turnhout 1998, 2585.
27
28
E. REVILLOUT, L a v i e ( w i e A n m . 3), 28.
W. BOLOTOV, IZ cerkovnoj istorii (wie Anm. 1), 347-357.
29
W. BOLOTOV, IZ cerkovnoj istorii (wie Anm. 1), 346.
30
Über die Audianer siehe H.-C. PUECH, Art. Audianer, RAC I, 1950, 910-915; J. JARRY,
Une semihérésiesyro-égyptienne: l'audianisme, BIFAO63,1965, 169-195; G.G. STROUMSA,
Jewish and Gnostic Traditions among the Audians, in: Sharing the Sacred. Religious Contacts
and Conflicts in the Holy Land, First-Fifteenth Centuries CE, ed. by A. Kofsky and G.G.
Stroumsa, Jerusalem 1998,97-108 und G.G. STROUMSA, Barbarian Philosophy. The Religious
Revolution of Early Christianity, WUNT 112, Tübingen 1999, 258-267.
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Kapitel 2: Der Mensch als Ebenbild Gottes in der Vita des sei. Aphu von Pemdje
ihre Niederlassung in der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts in Oxyrhynchus
gegründet haben sollte31. Das Bindeglied zwischen den sonst nur in Mesopotamien belegten Audianern und dem mittelägyptischen Heiligen sah Drioton im
angeblichen Anthropomorphismus des Apa Aphu, der in bezug auf die Audianer
quellenmäßig eindeutig bezeugt ist32.
Die These Driotons wurde 1965 von dem russischen Patrologen Vater Georgij Florovsky mit guten Gründen in Frage gestellt. Florovsky hat gezeigt, daß
zwischen den Audianern und dem Mönch Aphu keinerlei Verbindung besteht
und daß es dem letzteren in seiner Diskussion mit dem Erzbischof Theophilus
nicht um die menschliche Gestalt Gottes, sondern um die wahrhaftige und von
der Sünde nicht gelöschte Ebenbildlichkeit des Menschen geht33. Die Bedeutung
der Vita liegt nach Florovsky darin, daß sie diese unbekannte Dimension des
sogenannten Anthropomorphitenkonfliktes deutlich hervortreten ließ, die in den
origenistisch geprägten Quellen vertuscht worden war34.
In den 80er und 90er Jahren des 20. Jahrhunderts hat der italienische Koptologe Tito Orlandi in einer Reihe seiner Publikationen auf die Vita des seligen
Aphu aufmerksam gemacht. Zusammen mit A. Compagnano lieferte Orlandi eine
italienische Übersetzung der Vita35. Ohne auf den Text ausfuhrlich einzugehen,
bezweifelt er die Historizität der überlieferten Form der Auseinandersetzung
des Apa Aphu mit Theophilus 36 . Orlandi nimmt an, daß diese Episode eine in
gewissen monastischen Kreisen Ägyptens entstandene Interpretation der Begebenheiten von 399-400 darstellt 37 . Diesen mit Mittelägypten zu verbindenden
Kreisen dürften nach Orlandi auch solche Werke wie die Vita von Apollo von
Bawit, Schriften des hl. Paulus von Tamma und die „Geschichte der Mönche"
31
É. DRIOTON, La discussion (wie Anm. 19), 116. Diese These übernimmt J. JARRY,
L'audianisme (wie Anm. 30), 173-175.
32
Epiph., haer. LXX 2,4-5 (GCS Epiphanius III, 234,8-15 Holl).
33
34
G . FLOROVSKY, A p a A p h o u ( w i e A n m . 2), 1 0 9 - 1 1 2 .
G. FLOROVSKY, Apa Aphou (wie Anm. 2), 127-128.
Siehe: Vita di Aphu, in: Vite di monaci copti a cura di T. ORLANDI. Traduzione di A.
Compagnano e T. Orlandi, Collana di testi patristici 41, Roma 1984, 51-65; das Gespräch mit
Theophilus ist auch in T. ORLANDI, La cristologia nei testi catechetici copti, in: Cristologia
e catechesi patristica I, Convegno di studio e aggiornamento Pontificium Institutum Altioris
Latinitatis, Facoltà di Lettere cristiane e classiche, Roma 17-19 febbraio 1979, Roma 1980,
219-220 übersetzt worden.
36
T. ORLANDI, Theophilus of Alexandria in Coptic Literature, StPatr XVI/2 = TU 129,
Berlin 1985, 101 : „The text claims to explain the change of opinion by Theophilus in regard to
the anthropomorphite theory as a consequence of a visit paid to him by Aphu, after receiving
the first festal letter on that subject. Whereas the historical context is clearly the actual one,
it is hard to accept the specific episode as a true one. It is plainly a monastic creation".
37
T. ORLANDI, Vita di Aphu (wie Anm. 35), 53: „E possibile insomma che la Vita di
Aphu ... ci mostri come una parte del monachesimo della valle del Nilo (diremmo la parte
più „copta") interpretava gli avvenimenti del 399-400, prendendo una figura di spicco (per
loro, naturalmente) come portavoce delle proprie posizioni. E anche possibile, del resto, che
Aphu abbia davvero avuto parte in quegli avvenimenti." An einer anderen Stelle (T. ORLANDI,
Egyptian Monasticism (wie Anm. 4), 137) spricht Orlandi von dem „apocryphal character"
der Vita, was für ihn nicht bedeutet, daß sie „late or completely false" sei.
35
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5.
Forschungsgeschichte
147
des Paphnutius, entstammen 38 . Ohne Begründung plädiert Orlandi für eine
griechische Urfassung der Vita39.
Eher erwähnt, als ausfuhrlich studiert ist die Vita in dem dem ersten origenistischen Streit gewidmeten Buch von Elisabeth A. Clark. Ohne den Artikel
Florovskys zu zitieren, hinterfragt Clark die schon genannte These Driotons und
die Angemessenheit des Terminus „Anthropomorphit" in bezug auf den seligen
Aphu 40 . Andererseits bezeichnet die amerikanische Forscherin die Position des
Apa Aphu als „anthropomorphistisch" 41 und deutet in diesem Sinne den Dialog
mit Theophilus 42 . In einem der Publikation des Buches vorausgehenden Artikel
bezeichnet Clark die Historizität der Vita als „patently dubious" und unterstellt
ihrem Autor, daß er „has shifted the focus away from a discussion of whether
God does or does not possess a corporeal form." 43 Die von Drioton publizierten koptischen Abschnitte der Vita44 werden von Clark im gleichen Artikel für
eine Neuedition gehalten 45 .
Die Interpretation der Vita der sei. Aphu von dem englischen Patrologen
Graham Gould basiert auf seiner allgemeinen Sicht des Konfliktes zwischen
den „Origenisten" und den „Anthropomorphiten" während des ersten origenistischen Streites. In einem dem Konflikt gewidmeten Artikel hinterfragt
Gould grundsätzlich die Glaubwürdigkeit der antiken Quellen 46 , die von der
38
T. ORLANDI, Egyptian Monasticism (wie Anm. 4), 137-138. Chronologisch war die
Existenz dieser Kreise „more or less contemporary with the early Pachomian monasticism
and possibly in competition with it, because the Pachomians, or at least their hierarchy,
seem to have always been in complete agreement with Alexandria, which these other monks
were not" (a.a.O., 138). Zur Bedeutung der genannten Texte in der Geschichte der koptischen Literatur siehe T. ORLANDI, Koptische Literatur, in: Ägypten in spätantik-christlicher
Zeit. Einführung in die koptische Kultur, hrsg. von M. Krause, Sprachen und Kulturen des
Christlichen Orients 7, Wiesbaden 1998, 127-128. Vgl. auch die Charakteristik derselben
monastischen Gruppe in T. ORLANDI, Le traduzioni dal greco e lo sviluppo della letteratura
copta, in: Graeco-coptica. Griechen und Kopten im byzantinischen Ägypten, hrsg. von P.
Nagel, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Wissenschaftliche Beiträge 1984/48 (I
29), Halle (Saale) 1984, 191: „Essi infatti delineano l'ambiente monastico del Medio Egitto
come il possibile ricettacolo della teologia asiatica, con una esegesi tendenzialmente letterale
ed un materialismo spinto fino all'antropomorfismo".
39
T. ORLANDI, Letteratura copta e cristianesimo nazionale egiziano, in: L'egitto cristiano.
Aspetti e problemi in età tardo-antica, a. c. di A. Camplani, SEAug 58, Roma 1997, 51.
40
E. A. CLARK, The Origenist Controversy. The Cultural Construction of an Early Christian Debate, Princeton 1992, 51, n. 52: „It is in any case questionable whether we should
necessarily label those who believed that humans retained the ,image of God' as ,Anthropomorphites'."
41
E.A. CLARK, The Controversy (wie Anm. 40), 74-75.
42
43
E . A . CLARK, T h e C o n t r o v e r s y ( w i e A n m . 40), 64.
E.A. CLARK, New Perspectives on the Origenist Controversy: Human Embodiment and
Ascetic Strategies, ChH 59, 1990, 149, Kursiv der Autorin.
44
Siehe oben, S. 145.
45
46
E . A . CLARK, N e w P e r s p e c t i v e s ( w i e A n m . 43), 148.
Es handelt sich in erster Linie um Sokrates und den hl. Johannes Cassianus, vgl. G.
GOULD, I m a g e ( w i e A n m . 12), 5 5 0 .
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Kapitel 2: Der Mensch als Ebenbild Gottes in der Vita des sei. Aphu von Pemdje
Beteiligung der „Anthropomorphiten" an dem Streit berichten 47 . Im Anschluß an
die gegen Drioton gerichteten, den Verdacht des Anthropomorphismus des Apa
Aphu entkräftenden Argumente Florovskys, sucht der Forscher seine These zu
festigen, der zufolge „it is the life of Aphou, rather than Socrates and Cassian,
which gives the best account of the doctrinal point of the controversy." 48
Alois Grillmeier stellt im Unterschied zu G. Gould die Existenz der „groben"
Anthropomorphiten im Ägypten des 4.-5. Jahrhunderts nicht in Frage und sieht
in der Position des Aphu einen Vermittlungsversuch zwischen den Ansichten der
letzteren und dem Spiritualismus der Evagrianer, die, nach Grillmeier, hinter
der Gestalt des Theophilus stehen49. Trotz dieser Deutung betitelt Grillmeier
den dem Apa Aphu gewidmeten Abschnitt seines Buches „Anthropomorphismus
gegen Origenismus im ,Leben des Aphu'. 50
Mit Gould übereinstimmend stellt Samuel Rubenson das Zeugnis der Vita
dem der Berichte des Sokrates und Sozomenus über die Streitigkeiten in der
nitrischen Wüste im Jahre 399 gegenüber. Nach der Hauptthese Rubensons ist
die Kontroverse von 399-400 nicht ein innerer Konflikt der Mönche gewesen,
sondern durch das taktisch bedingte Eingreifen des Theophilus provoziert worden51. Im Gange seiner Beweisführung kommt Rubenson zu einem Vergleich
der Darstellungen des Frontenwechsels des Theophilus in der Vita und bei den
Kirchenhistorikern. Der für Rubenson wichtige Unterschied zwischen diesen
Dokumenten liegt darin, daß die Kehrtwende in der Vita nicht unter dem gewalttätigen Einfluß der anthropomorphistisch oder wenigstens antiorigenistisch
gesinnten Mönche vollzogen wird. Diese Beobachtung führt Rubenson zu der
Frage nach dem Sinn des in der Vita überlieferten Dialogs mit Theophilus nach
der eigenen inneren Logik des hagiographischen Dokumentes 52 .
Der jüngste Interpretationsversuch der Vita ist eine Leistung des amerikanischen Patrologen Vater Alexander Golitzin. In seinem 1998 auf rumänisch
47
G. GOULD, Image (wie Anm. 12), 554: „Guillaumont, though suggesting that anthropomorphism was a reaction against Evagrianism (vgl. A. GUILLAUMONT, Les „Kephalaia
gnostica" d'Evagre le Pontique et l'histoire de l'origenisme chez les grecs et chez les syriens,
Patristica sorbonensia 5, Paris 1962, 61, - D.B.), does not question that the allegations of
anthropomorphism are correct. I think it should be questioned, tentative though my suggestions are intended to be."
48
G. GOULD, Image (wie Anm. 12), 550-552, Zitat p. 550.
49
A. GRILLMEIER, Jesus der Christus im Glauben der Kirche. Bd. 11/4. Die Kirche von
Alexandrien mit Nubien und Äthiopien nach 451, Freiburg/Br. 1990, 230.
50
A. GRILLMEIER, Jesus der Christus 1990 (wie Anm. 49), 229.
51
S. RUBENSON, Origen in the Egyptian Monastic Tradition of the fourth Century, in:
Origeniana Septima. Origenes in den Auseinandersetzungen des 4. Jahrhunderts, hrsg. von
W. A. Bienert und U. Kühneweg, BEThL 137, Leuven 1999, 337: „There is little support for
the view that there was any conscious anti-Origenism in the desert before the controversy
in the last decade of the century, when the bishop of Alexandria used anti-Origenism as a
weapon in his struggle against a monastic tradition threatening his authority."
52
S. RUBENSON, Origen (wie Anm. 51), 335: „But the main purpose of the inclusion
of the dialogue in the Life of Aphou is to point out that the ultimate authority in doctrinal
matters does not reside with the bishop but with the ascetic."
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5.
Forschungsgeschichte
149
erschienenen Buch „Mystagogie - die Erfahrung des Herrn in der Orthodoxie",
in einem Vortrag auf der patristischen Tagung in Oxford im August 1999 und in
einer Reihe späterer Publikationen entwickelt Golitzin eine umfassende Deutung
des Phänomens Anthropomorphismus in den frühen christlichen Jahrhunderten,
den er als eine rein mystische Erscheinung parallel zu der jüdischen Mystik der
Gottesschau (Shi'ur Qomah und die Merkabah-Tradition) erklärt. Nach Golitzin,
sah der selige Aphu die Herrlichkeit Gottes in der anthropomorphen Gestalt des
präinkarnierten Christus als ein Modell für das Bild Gottes im Menschen an.
Diese Gestalt war, nimmt Golitzin an, das angestrebte Objekt der visio Dei - der
Mystik der sogenannten Anthropomorphiten 53 . Gleich Clark basiert Golitzin
seine Untersuchung der Vita auf den von Drioton publizierten Fragmenten 54 ;
erwähnt sind weder die Edition Rossis noch die Übersetzung Orlandis.
Den Forschungsstand überblickend ist festzustellen, daß keiner der genannten
Forscher die Vita als einen zusammenhängenden Text auf ihre innere Intention
und Aussage hin untersucht hat55. Schwerwiegende Schlußfolgerungen wurden
53
A. GOLITZIN, Mistagogia - experienta lui Dumnezeu în Orthodoxie. Studii de teologie
misticâ, Sibiu 1998, 192-196. Die Idee ist in ihrem Kern schon von G. Stroumsa und letztlich
durch eine Bemerkung E. Driotons angedeutet, vgl. G.G. STROUMSA, The Incorporeality of
God. Context and Implications of Origen's Position, Religion 13, 1983, 354: „Those monks
who fought Origenism so violently in the fourth century Egyptian desert are known as ,anthropomorphists'. By scholarly consensus, they are considered to have been primitive fellahin,
who understood the biblical anthropomorphism literally. Further research, however, might
investigate the possibility that they rather were, like above-mentioned Palestinian rabbis, the
bearers of mystical conception of God's morphê" (Kursiv des Autors); G. STROUMSA, Traditions (wie Anm. 30), 107-108: „Finally, one should read anew some sources dealing with
the anthropomorphist monks of Egypt (about which an Audian origin has been argued, to
begin with by Epiphanius himself, who assumes links between the Melitians of Egypt and the
Audians.)" - es folgt ein Verweis auf die oben erwähnte Arbeit von E. Drioton, D.B. - „It is
a distinct possibility, upon which I intend to elaborate elsewhere, that the anthropomorphism
of these monks does not reflect a simplistic conception of the Divinity, as is usually thought.
Rather, this anthropomorphism might preserve an archaic Christian conception of the Divinity, and of the mystical visio Dei, directly received from early Jewish esoteric traditions"
(Kursiv des Autors) und É. DRIOTON, La discussion (wie Anm. 19), 127: „Comme on le voit,
l'anthropomorphisme d'Aphou est bien plus raffiné que celui des moines qui se figuraient un
Dieu tout crûment semblable à un homme: il admet des réserves sur cette ressemblance, et,
s'il donne à Dieu un corps, il le lui veut doué de la lumière incompréhensible, c'est-à-dire
ayant mieux que les qualités des corps glorieux, quelque chose sans doute d'analogue à ce
corps subtil et éthéré que l'ennemi de l'anthropomorphisme, Origène, imposait à tous les
esprits célestes, en le refusant à Dieu seul."
54
A. GOLITZIN, „The Demons suggest an Illusion of God's Glory in a Form": Controversy
over the Divine Body and Vision of Glory in some late fourth, early fifth Century monastic
Literature, StMon 44, 2002, 23 scheint die Veröffentlichung Driotons fur eine Neuedition zu
halten: „... a Coptic text from the fifth century which was published with French translation
and accompanying commentary by Edouard(d.h. E t i e n n e , - D . B . ) Drioton." Vgl. im gleichen
Sinne A. GOLITZIN, The Vision of God and the Form of Glory: More Reflections on the Anthropomorphite Controversy of AD 399, in: Abba: The Tradition of Orthodoxy in the West,
FS Bishop Kallistos (Ware), ed. by J. Behr, A. Louth, D. Conomos, New York 2003, 289.
55
Die Bemerkung Rubensons über die Funktion des Dialogs mit Theophilus (siehe oben,
Anm. 52) mag bedingt als eine Ausnahme gelten.
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Kapitel 2: Der Mensch als Ebenbild Gottes in der Vita des sei. Aphu von Pemdje
meistens aufgrund von vereinzelten und aus ihrem Kontext losgelösten Passagen
gezogen. Desorientierend erwies sich dabei die Parallelübersetzung Driotons, die
größere Texteinheiten am Anfang und am Ende der Vita wegläßt und trotzdem
als eine autoritative Textgestalt z. B. von Golitzin oder Clark benützt werden
konnte. Ungeklärt bleibt die Frage, ob Apa Aphu als ein Anthropomorphit
(Drioton, Jarry, mit Einschränkungen Golitzin) oder nicht (Florovsky, Gould,
nicht konsequent Clark und Grillmeier) anzusehen ist. Unklarheit besteht auch
in der Frage, ob und inwiefern die Vita als historische Quelle zuverlässig ist.
Zu wenig ist noch auf dem Gebiet der Kontextualisierung der Vita in der ihr
zeitgenössischen monastischen Literatur Ägyptens getan worden. Alle Forscher
verbinden die Vita mit dem „Anthropomorphitenstreit" im Jahr 399.
6. Zielsetzungen der Untersuchung
Vor dem Hintergrund der oben skizzierten Forschungsgeschichte und im Hinblick auf die in der vorliegenden Arbeit bevorzugte Problematik stellt sich die
Aufgabe, die Auslegung von Gen 1,26 nach dem Zeugnis der ungekürzten Vita
des sei. Aphu zu studieren. Es muß hinsichtlich dieser Problemstellung gleich
am Anfang klargestellt werden, daß mit ihr nicht automatisch die Frage nach
dem - sei es angeblichen, sei es echten, sei es eigentümlichen - Anthropomorphismus des Apa Aphu aufgeworfen wird. Die Forschungsgeschichte der relativ
kleinen Vita zeigt beispielhaft, daß Voreingenommenheiten jeder Art - wenn auch
neue interessante Perspektiven bietend - für das adäquate Verständnis des Textes eher abträglich sind. Nicht allein deswegen, weil der Anthropomorphismus
in der Forschung eine weitgehend unbekannte Größe zu bleiben scheint, kann
auch die Bewertung der Rolle des Zeugnisses der Vita für die Geschichte des
ersten origenistischen Streites und für die Theologiegeschichte allgemein nicht
im Vordergrund unserer Untersuchung stehen. Die Arbeiten der letzten Jahre stellen erst Fragen 56 , nach deren Lösung ein mehr oder weniger zufriedenstellendes
Modell des Mönchskonfliktes 399-400 formuliert werden kann. Ohne ein solches
56
Zu solchen Fragen zählt zweifellos die nach der Rolle der Apokryphen jüdischen und
juden-christlichen Ursprungs in der Spiritualität und im geistigen Leben der Mönche (siehe A.
GOLITZIN, Mistagogia (wie Anm. 53), 196-208; T. ORLANDI, Koptische Literatur (wie Anm.
38), 127), sowie die nach der Eigenart und der Entwicklung der monastischen origenistischen
Tradition (siehe aus der älteren Literatur dazu W. SESTON, Remarques sur le rôle de la pensée
d'Origène dans les origines du monachisme, RHR 107, 197-213 und H. CROUZEL, Origène
précurseur du monachisme, in: Théologie de la vie monastique. Études sur la Tradition patristique, Theol(P) 49, Paris 1961, 15-38). Ohne die neueren Diskussionen über den Einfluß
des Origenes auf die monastische Tradition Ägyptens im 4.-5. Jahrhundert hier ausfuhrlich
beschreiben zu können, verweisen wir auf einige wichtige Publikationen: A. GRILLMEIER,
La „Peste d'Origène". Soucis du patriarche d'Alexandrie dus à l'apparition d'origénistes
en Haute Egypte (444-452), in: AAESANAPINA. Hellénisme, judaïsme et christianisme à
Alexandrie. FS P.C. Mondésert, Paris 1987, 227-235; J. DECHOW, Dogma (wie Anm. 25),
139-240; J.E. GOEHRING, Monastic Diversity and Ideological Boundaries in Fourth-Century
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
7.utsrponmlihgedaVKDA
Die Komposition der Vita des seligen Aphu
151
Modell ist der Forscher genötigt, mit zum Teil unbekannten Größen zu arbeiten,
was seine Ergebnisse im entsprechenden Maß unumgänglich vorprogrammieren
oder wenigstens beeinflussen soll. Der sicherste Ausweg scheint dabei der Weg
vom Text her zu sein. Von diesen Prämissen ausgehend möchten wir durch die
nachfolgende Analyse im ständigen Dialog mit der vorausgehenden Forschung
die Frage zu beantworten versuchen, was der Text der Vita darüber sagt, wie
Apa Aphu die Gottebenbildlichkeit des Menschen verstand.
Beim Zitieren der Vita benutzen wir unsere im Anhang angebotene deutsche Übersetzung, wobei auf die entsprechende Nummer des Kapitels und des
Verses verwiesen wird.
7. Die Komposition der Vita des seligen Aphu
und ihre durchlaufenden Themen
Bei der Behandlung der Frage nach dem Verständnis von Gen 1,26 in der Vita des
seligen Aphu müssen wir zuerst eine methodische Unterscheidung zwischen der
Sicht des Verfassers und der des sei. Aphu treffen. Der erste Gesichtspunkt ist
durch die Analyse der Komposition der Vita, ihrer wichtigsten Themen und der
Rolle der Auslegung von Gen 1,26 darin zu erschließen. Erst auf dieser Grundlage
ist die Frage zu stellen, welche uns durch die Vita überlieferten Informationen
über die Auslegung von Gen 1,26 durch den sei. Aphu historische Wahrheit
beanspruchen können bzw. von dem Konzept des Verfassers unabhängig sind,
wobei das bloße Einpassen in das Verfasserkonzept an sich noch nicht gegen
die Authentizität der jeweiligen Vorstellung sprechen muß.
7.1. Die
Komposition
Die Komposition der Vita kann ohne Markierung der inhaltlichen Zusammenhänge zwischen unterschiedlichen Teilen durch folgendes Schema repräsentiert
werden:
Christian Egypt, Journal of Early Christian Studies 5, 1997, 73-82; S. RUBENSON, The Letters
of St. Antony. Monasticism and the Making of a Saint. Studies in Antiquity and Christianity,
Minneapolis 2 1995, 59-88; G. GOULD, The Influence of Origen on Fourth-Century Monasticism. Some further Remarks, in: Origeniana Sexta. Origene et la Bible/Origen and the
Bible. Actes du Colloquium Origenianum Sextum. Chantilly, 30 a o ü t - 3 septembre 1993,
ed. by G. Dorival and A. Le Boulluec, BEThL 118, Leuven 1995; T. ORLANDI, Koptische
Literatur (wie Anm. 38), 129-133; S. RUBENSON, Origen (wie Anm. 51); M . O'LAUGHLIN,
Closing the Gap between Antony and Evagrius, in: Origeniana Septima. Origenes in den
Auseinandersetzungen des 4. Jahrhunderts, hrsg. von W. A. Bienert und U. Kühneweg, BEThL
137, Leuven 1999, 345-354.
57
Die Zahlen verweisen auf die Seite, Spalte und Zeilen (gezählt von oben) in der Edition
Rossis. Danach wird die Gesamtzahl der Zeilen im jeweiligen Abschnitt angegeben. Lag
die Grenze zwischen zwei Abschnitten innerhalb einer Zeile, dann wurde eine solche Zeile
zweimal gezählt.
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
152wvutsrponmljihfedcbaZVTPMKHGEDA
Kapitel 2: Der Mensch als Ebenbild Gottes in der Vita des sei. Aphu von Pemdje
Überschrift: 67,1 Z. 1-7; 7 Zeilen 57
Gottesdienstlicher Hinweis (Kap. 1) 67,1 Z. 8 - 2 0 ; 13 Zeilen
Erster Hauptteil: monastisches Leben (Kap. 2 - 4 ) ;
insgesamt 206 Zeilen
1. Kap. 2,1-2 Leben mit den auserwählten Leuten: 67,1 Z. 21 - 6 7 , 2 Z. 11; 15 Zeilen
2 Kap. 2,3-3,8 Leben mit Antilopen: 67,2 Z. 12 - 69,1 Z. 9; 136 Zeilen
3. Kap. 4 Motivierung des Lebens mit Antilopen: 69,1 Z. 1 0 - 69,3 Z. 4; 55 Zeilen
Zweiter Hauptteil: Übergang vom monastischen zum bischöflichen Leben (Kap. 5-15);
insgesamt 902 Zeilen
1. Kap. 5 Vorfall in der Kirche: 69,3 Z. 5 - 70,1 Z. 31;
56 Zeilen
2. Kap. 6 Weg zu Theophilus: 70,2 Z. 1 - 70,3 Z. 24;
53 Zeilen
3. Kap. 7 Das Gespräch vor der Diskussion 70,3 Z. 25 - 72,1 Z. 3; 99 Zeilen
4. Kap. 8 - 1 0 Diskussion: 72,1 Z. 4 - 75,2 Z. 11; 302 Zeilen
5. Kap. 11 Ergebnis der Diskussion: 75,2 Z. 1 2 - 7 5 , 3 Z. 19; 36 Zeilen
6. Kap. 12 Das Gespräch nach der Diskussion: 75,3 Z. 2 0 - 7 7 , 1 Z. 19; 119 Zeilen
7. Kap. 13 Tod des Bischofs von Oxyrhynchus und die Wahl des neuen Kandidaten:
77,1 Z. 20 - 77,3 Z. 20; 58 Zeilen
8. Kap. 14 Gefangennahme des sei. Aphu: 77,3 Z. 21 - 78,3 Z. 16; 86 Zeilen
9. Kap. 15 Zweite Diskussion und Bischofsweihe: 78,3 Z. 1 7 - 79,3 Z. 20; 93 Zeilen
Dritter Hauptteil: Eparchieverwaltung (Kap. 16-24); insgesamt 379 Zeilen
1. Kap. 16-22 Unterschiedliche Beispiele der Amtfuhrung des sei. Aphu als Bischof:
79,3 Z. 20 - 82,3 Z. 27; 266 Zeilen
2. Kap. 23 Testament des sei. Aphu: 82,3 Z. 27 - 83,2 Z. 20; 53 Zeilen
3. Kap. 24 Bedingungen für die Weihen zum Diakon und Presbyter: 83,2 Z. 21 - 84,2
Z. 10; 61 Zeile
Tod und Doxologie (Kap. 25): 84,2 Z. 1 0 - 8 4 , 3 Z. 13;
19 Zeilen
Wie es a u f g r u n d des S c h e m a s ersichtlich ist, liegt d e r Vita eine deutliche Dreiteilung z u g r u n d e , die die drei E t a p p e n i m L e b e n des Heiligen (d. h. sein L e b e n
mit A n t i l o p e n - 1. Teil; sein A m t i e r e n als B i s c h o f v o n P e m d j e - 3 . Teil; d e r
Ü b e r g a n g v o m m o n a s t i s c h e n z u m b i s c h ö f l i c h e n L e b e n - 2. Teil) wiederspiegelt.
Der 2. Teil (902 Z e i l e n ) n i m m t fast g e n a u drei F ü n f t e l des G e s a m t u m f a n g s des
Textes ( e t w a 1526 Z e i l e n ) in A n s p r u c h . E s w e r d e n n u n die w i c h t i g s t e n T h e m e n
und M o t i v e der Vita skizziert.
7.2. Die durchlaufenden
Themen
und
Motive
Bei d e r n a c h f o l g e n d e n A u f z ä h l u n g der H a u p t t h e m e n der Vita soll z u n ä c h s t der
z w e i t e Teil a u s g e k l a m m e r t w e r d e n und n a c h den inhaltlichen B e z ü g e n z w i s c h e n
d e m in der bisherigen F o r s c h u n g e t w a s v e r n a c h l ä s s i g t e n ersten u n d dritten Teil 58
58
Wie schon erwähnt (siehe oben, Abschnitt 5), hängt dieser Sachverhalt nicht zuletzt
damit zusammen, daß den jeweiligen Untersuchungen die bei E. Drioton abgedruckten Ab-
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7.vutsrponmlihgfedcaVTMKHDA
Die Komposition der Vita des seligen Aphu
153
gefragt werden. Im zweiten Schritt werden die aufgrund des 1. und 3. Hauptteiles
ausgearbeiteten Motive und Themen im 2. Teil der Vita verfolgt.
7.2.1. Die durchlaufenden
Hauptteil
Themen und Motive: der erste und der dritte
Der erste Abschnitt des 1. Hauptteiles der Vita „Leben mit den auserwählten
Leuten" fängt mit dem Motiv des Gehorsams an (Kap. 2,1 = Rossi, 67,1
Z. 21 - 6 7 , 2 Z. 2):
cyopn M6N NGAqcyojne gi. e y n o T ^ r H
NgeNpcuMe n c c u t t t Ä.YCU m t t i c t o c
Zuerst leistete er Gehorsam (imraxyii)
den auserwählten und <Gott> ergebenen
(7iicjt6<;) Leuten
Im 3. Hauptteileil der Vita findet dieses Thema keine unmittelbare Entwicklung.
Im zweiten Abschnitt des 1. Teiles („Leben mit Antilopen", Kap. 2,3-3,8)
liegen folgende für die gesamte Vita mehr oder weniger bedeutsame Motive
vor:
1. V. 2,4 (= Rossi 67,2 Z. 24 - 67,3 Z. 3) - freie Auswahl der Lebensweise:
ä.qpa.Nia.q A]e njkJjoy eTpeqcuiNj] 2 N
o y b i o c NTeiMiNe59
Und (8e) es beliebte Aphu, folgendes
Leben (ßioq) zu fuhren
Dieses Motiv findet keine unmittelbare Aufnahme im 3. Teil.
2. V. 2,4 (Rossi 67,3 Zz. 8-15) - unablässiges Gebet:
i_q6cu e i q i q j o o n mn Ntyoty 2 N
TepeMOc e p e n i e g j o o y mn [TeiycyH
cyoorr Na.q NCYINAIJ.IC
er verblieb unablässig in der Wüste
(epr||io<;) mit Antilopen, so daß ihm Tag
und Nacht zum Gottesdienst (ai'iva^i^)
wurden
Dieses Motiv findet keine direkte Aufnahme im 3. Teil60.
3. V. 2,4 (= Rossi 67,3 Zz. 4-5; vgl. auch 4,3) - Ablegen der Kleidung:
Ä.qKi.(2H]Y Neq2[oi]Te
er legte seine Kleidung ab
V. 2,7 (= Rossi 68,1 Zz. 17-21) Umkleidung beim Verlassen der Wüste:
2lYiu Necy^qei e|BO|A e p e oycyTHN
H n i r m o c t o 2ituüxi
Und er ging hin (d.h. in die Kirche)
gekleidet in das Gewand eines
Dorfbewohners (paganus)
schnitte des Textes zugrunde gelegt werden, wobei Drioton Kap. 1,1-2; 2,4-4,5; 13,1-25,1
weggelassen hat.
59
Die eckigen Klammern markieren die Ergänzungsvorschläge Rossis.
60
Vgl. aber 16,4; 18,3-4.
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154xvutsrponmljihgedcbaXVPMKGEDA
Kapitel 2: Der Mensch als Ebenbild Gottes in der Vita des sei. Aphu von Pemdje
Dieses Motiv findet keine direkte Entwicklung im 3. Teil61.
4. V. 2,5 (Rossi 67,3 Zz. 16-20) Nahrung:
Te[qT]po(f)H A e N e c c y o o i n N|a.q n p o c
T Ö I N CÜ N Z
N N CT H M AY
Seine Nahrung (xpotpii) entsprach ihrer
(d. h. der Antilopen) Lebensweise
ZYUTSQONM
Dieses Motiv wäre mit V. 16,1 (= Rossi 79,3 Z. 2 7 - 8 0 , 1 Z. 10) im dritten
Hauptteil zu vergleichen:
T M N T e n i c K o n o c r j . p THpc NTa.qa.2LC
Mricjp O Y O Y Q J H N O Y C U T N N K O T K . 2 N
T T T O A I C OYAe MnqoYeM o y o e i K
N O Y C U T N 2 H T C enTHpq N O Y 2 ° ° Y
N O YCU T
denn (ydp) während seiner ganzen
Bischofszeit (ejucncoTtoi;) schlief er keine
einzige Nacht in der Stadt (nö/a^), noch
(oüöe) aß er darin an irgendeinem Tag ein
Stück Brot
5. V. 2,7 (Rossi 68,1 Zz. 21-26) Kontakt mit der Kirche:
NqccDTM errTAcyeoeicy M n n i c x i £N
TeKKAHcia. M n e M x e
er hörte die Osterpredigt in der Kirche
(¿KtAriaia) von Pemdje
Das Thema der Verbundenheit des Eremiten mit der Kirche, das mit V. 2,7 in
der Vita ansetzt, ist eines der führenden Themen in der Vita. Unter dem Vorzeichen dieses Themas steht im Grunde der ganze dritte Hauptteil. Im folgenden
werden wir darauf noch zurückkommen.
6. V. 3,1-2 (Rossi 68,3 Zz. 9-19) das Bild des Hirten:
a.Ycu
N EQÖH ÖOM
ET QMOOQJE
ne
NMMAQ
62
TI A-pa N T B N O O Y G
NAI
M GN
A Y C O Y C U N Q N e e NoyqpBHp. A Y CI J
NeYMe MMoq Kiee Noycycuc.
ON
Und er hatte Macht über ( m p u ) die Tiere, mit denen er wandelte. Sie erkannten
ihn als <ihren> Freund an und liebten ihn
wie einen Hirten.
Daß Apa Aphu schon während seines Wandeins mit Antilopen als ein Hirte
bezeichnet werden kann, läßt sich u. E. als ein klarer Hinweis auf seine zukünftige Lebensphase als Bischof deuten. Das Thema des Hirtenamtes wird im dritten
Hauptteil nicht eigens entwickelt, noch heißt es ausdrücklich, daß der Bischof
Aphu in seiner Eparchie geliebt und anerkannt wurde 63 . Der Anschluß an den
ersten Teil wird vielmehr auf einem anderen Niveau hergestellt: den idealen,
paradiesischen Verhältnissen in der Antilopenherde des sei. Aphu 64 entspricht
das Urteil, das von außen über die Stadt Pemdje während der Bischofszeit
Aphus gefällt wurde, vgl. V. 20,2c (= Rossi 82,1 Zz. 16-23):
g c u c T e N c e x o o c G T T T O A I C THpc £N
N e z o o Y eTMMAY xe N A I N A M G Ne
[ T T A I A O C Finocoeic
61
62
63
64
Vgl. aber 19,1-3.
Wohl im Sinne N M M J L Y
Vgl. aber V. 19,3.
Vgl. Vv. 3,2-8.
ZU
verstehen.
SO daß (öxne) man in jenen Tagen über
die ganze Stadt (noXig) sagte: „Das ist
wahrhaftig das Volk (kaoc,) des Herrn."
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
7.yxutsrponmljihgfedcaXVKDA
Die Komposition der Vita des seligen Aphu
155
7. V. 4,1-5 (= Rossi 69,1 Z. 1 0 - 6 9 , 3 Z. 4) das Verhältnis zu der Hl. Schrift:
A e NTAq gOMOAOrei MMOOy
XiNTAqp e n i c K o n o c . E B O A X E
a.YMeecye 2N N B C N H Y 2 e T 2 a ) T q
N 3LI
6 T B 6
TGI3LN3LCTPO(J)H
X G
B T B 6
A O )
N a m a AKHOAiTeye NTeige. NToq
A e ^qiJClcu e p o o y N N A I xe ä . N O K
M 6 N
-J -Y P^ -^ T
e[ M ]ä.Te
TT| A H ] N
¿.I CÜ J T M
A a y e i A eqxcu MMOC
NNagpM TTNoyTe xe ANOK. A e a-I P " e e
N N I T B N H NNa.2pa.lC. ajCCDTM O N
G T B 6
H c a i a c x e a q H o o c y e ecjK.HK.a2HY.
A Y T U TKeöooYNe B T M H P MMoq
e x N Teq-J-ne a q T p e q B o X c E B O A .
neNccuTHp A e O N n x o e i c M I I T H P Q
a.io<yq 2M TTKaTaMapKoc e q x c u
M M O C xe
Neqtyoorr n e M N NGOHPION.
eajxe
anNOYTe 6 e MN NeqneTOYaaB
n
BCÜK 2
NI2ICE T H P O Y
CTBHHT n o c o
M 1 A A O N aNOK neieBiHN.
enMa.ica. P I O C
Und nachdem er schon Bischof geworden
war, bezeugte (öfio^oyeiv) er folgendes, als
eine Vielzahl von Brüdern ihn in bezug auf YXUTQPONMLJ
diese <seine> Lebensweise (ävaaipcxpri)
fragte: Aus welchem Grund ( a i t i a ) übst du
diese Art von Askese aus (jtoÄ.vce'ueiv)? Er
antwortete ihnen: „Ich bin zwar (|xev) mit
vielen Mängeln behaftet, indessen (jcA.f|v)
habe ich den seligen (ixaKapioq) David vor
Gott sagen gehört: „Ich aber (86) war wie
ein Vieh vor Dir." 65 Ich hörte wiederum
über Jesaja, daß er nackt ging und sogar den
härenen Schurz, mit dem er um seine Lenden gegürtet war, ablegte 66 . Aber (8e) auch
über unseren Erlöser (Gwnp) <und> Herrn
des Weltalls las ich im <Evangelium>
nach (K<XT<X) Markus, daß Er mit den Tieren
(thpiov) war 67 . Wenn also Gott und Seine
Heiligen meinetwegen in all diesen Plagen
wandelten, um so mehr (nöom |iä/0.ov)
<muß> ich, der Elende, <das tun>."
Mit dieser die Art und Weise der Askese des Apa Aphu motivierenden Stelle
befinden wir uns bei dem für die Vita zentralen Thema der Heiligen Schrift
und ihrer Rolle im monastischen und - darüber hinaus - christlichen Leben.
Die Stücke aus dem dritten Hauptteil, wo dieses Thema in unterschiedlicher
Weise weitergeführt wird, sind:
Kap. 16,3 (= Rossi 80,1 Z. 16-24):
TtcaBBaTON A e N e a j a q e i eTeicKA,Hcia
aYto NcjceY2 TTAaoc N q q j a x e NMMaY
2 M n c y a j c e M H N O Y T 6 cya [nipoY2e
Am Samstag kam er in die Kirche
( ¿ K K > O | O I A ) , versammelte das Volk (Xaöc,)
und sprach zu ihnen aus dem Wort Gottes
bis zum Abend.
Kap. 22,1-3 (= Rossi 82,3 Zz. 3-27):
klan ep<yaN neT'l'AAAei cycuqT
NOYAexic H n o o N e c NetyaqKCDAye
n e eTM-|- N A A A Y qpaNTcpcooY G B O A
NqAiopeoY Mne'l'a.AMOc aYcu Neqc y a q x o o c eqpiMe e q x c u M M O Cyxoe
xe
Neicyajce Na OYpcuMe Nppo Ne a q xooy
2 ^ 2eNNHCTia MN o y ö o o y N e
aNON A e 2N OYMNTaTBOTe N T f f t
N 2 T H N |a]N epOOY65
66
67
Ps 73,22.
Jes 20,2.
Mk 1,13.
Und wenn ( r ä v ) der Lektor ( y a X ^ e i v )
ein Psalmwort (Xifyc,) falsch vorsang
oder (FJ) entstellte, verhinderte (K0)/.T)EIV)
er, <ihm ?> etwas <zum Vorlesen ?>
zu geben, bis er diese <Worte wieder>
aussprach und diesen Psalm (v|/aX.|i6<;)
richtig vorsang (Siopöoßv). Dabei pflegte
er weinend zu sagen: „Dies sind Worte
eines Königs, die er fastend (vnaxeia)
und in den Sack <gehüllt> sprach. Wir
unsererseits (§e) sollen sie unfrevelhaft
beachten."
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
156vutsrponmljihgfedcbaXVSPMKHGEDA
Kapitel 2: Der Mensch als Ebenbild Gottes in der Vita des sei Aphu von Pemdje
K a p . 2 4 , 1 - 2 ; 5 (Rossi 83,2 Z. 21 - 83,3 Z. 17; 84,1 Z. 7 - 84,2 Z. 10):
¿.ycn NToq ec|a)ANNoye encoqpN
NoyjLi3k.icoNoc MeqxeipojLONei
MMOCj NOJOfMT eiMHTei NcfATTOCTHeize FLYXUTONMKIHGCA
XOYTG MfiAMOc ¿.ycu
emcTOA.H CNTe N A I T O C T O A O C a.ya>
oyMepoc Ney2i.rreA.iON. e a p t u n e A e
o y n p e c B ' l ' T e p o c n e oyMepoc ¿M
nTeyepoNOMioN MN oyMepoc ¿N
MTTa.p£oiMia. AYCU KeMepoc 2N
Und wenn er im Begriff war, jemanden
zum Diakon (Siöckovck;) zu weihen, so
ordinierte (xeipoxoveiv) er ihn erst dann
(ei |iii xi), wenn er zwanzig Psalmen
(v|/oA|i6<;), zwei Briefe (¿TtiGToWi) des
Apostels und einen Teil ((xepo<;) aus dem
Evangelium {zwriyzk\o\) auswendig konnte (äroxrrri9i£eiv). Und wenn es um eine
Priesterweihe (jipeaßinepo^) ging - einen
H CAI AC <...>
Teil (|iepo<;) aus dem Deuteronomium
(8e\)Tepov6)j.tov), einen Teil (^epoi;) aus
den Sprüchen (7tapoi|j.ioa) und noch einen
Teil (^epo«;) aus Jesaja. <...>
Aber wenn (aXXä ökav) man jemanden
x w z . 2 o t a n eycyi.NceTn oya.
aus dem Volk (Xaöc,) auf eine Stelle, wo
6BOA.2M n A i o c eitMl eToypxpii.
MMoq eMJk.y NeqjjtqTpeygMooc Ncyopn man ihn brauchte (xpeia), auswählte, ließ
¿N OY2YTTOMONH NCeOYCUNg 6BOA. xe er sie [d.h.: diese Leute] erst in Geduld
(i>7io|iovf|) abwarten und zeigen, daß sie
xe ceMe Mncya.xe MTTNoyTe j c e K.3.C .XCUOY ON eyNAKCDT MnAiOC ¿N das Wort Gottes lieben, damit sie selbst
das Volk (/vcxöc;) auch in derselben Geduld
TeijynoHONH NTeiMiNe.
(i)jio^ovf|) erbauten.
Die b e s o n d e r e Wichtigkeit des T h e m a s der Heiligen Schrift in d e r Vita w i r d auch
durch die Stellung des den A n f o r d e r u n g e n des B i s c h o f s A p h u an die Priesteru n d D i a k o n k a n d i d a t e n g e w i d m e t e n K a p . 2 4 unterstrichen, das z w i s c h e n d e m
Bericht ü b e r den B e s u c h des s t e r b e n d e n A p h u d u r c h die B r ü d e r (Kap. 23,1 f f )
u n d d e r a b s c h l i e ß e n d e n B e m e r k u n g ü b e r seinen Tod (Kap. 2 5 , 1 ) e i n g e f ü g t ist.
Dieses d e m Testament des Heiligen (Kap. 23) n a c h f o l g e n d e u n d es erschließende
Kapitel ist in b e s o n d e r e r Weise d e m T h e m a d e r Hl. Schrift g e w i d m e t , w e l c h e s
also die g a n z e Vita abschließt und, w e n n m a n so sagen darf, besiegelt.
B e v o r w i r uns d e r A n a l y s e der a n g e s p r o c h e n e n T h e m e n und M o t i v e im
zweiten Teil des v o r l i e g e n d e n D o k u m e n t e s , s o w i e in d e r g a n z e n Vita z u w e n d e n
k ö n n e n , ist nach der E i g e n a r t des G e b r a u c h s d e r Hl. Schrift d u r c h A p a A p h u
zu f r a g e n .
7.2.1.1. Die Eigenart des Gebrauchs
durch den seligen
Aphu
der Heiligen
Schrift
Im K a p . 1 2 , 5 - 1 1 (= Rossi 76,1 Z. 2 1 - 7 6 , 3 Z. 29) der Vita erfährt die H a n d l u n g s w e i s e d e s E r z b i s c h o f s w ä h r e n d d e r D i s k u s s i o n m i t A p a A p h u eine
n a c h t r ä g l i c h e Interpretation d u r c h den letzteren, die in vielen H i n s i c h t e n bem e r k e n s w e r t ist:
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Doch (ak'kä) weil (ejtei8f|) es deine Weisheit (acxpicx) ist, auf die wir uns stützen, hat
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Die Komposition der Vita des seligen Aphu
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157
der Feind unternommen, dieses durch
dich zu vollbringen. Er wußte, daß viele
deswegen Anstoß und Schaden nehmen
und auf das Wort der heiligen Lehre, das
aus deinem Mund hervorgeht, nicht hören
würden. Aber
wegen der Liebe
zu Gott, die in deinem Herzen <brennt>,
hast du alle Schlingen des Teufels
(8i&ßoÄ.oi;) zerrissen, indem du auf das
Wort meiner Nichtigkeit (¿/.a^iOTO^)
hörtest. Denn (yap) die Größe (iieyeOo^)
deines Herzens war außerstande, dich
zum Verständnis (¿7tivota) zu erheben,
daß (mcrce) du dich deines eigenen Willens bemächtigen solltest. Aber (<xM.<x)
du hast das Kindsein in Christus gezeigt
auf die Art und Weise des großen Moses,
der Jitro, dem Priester in Midian gehorcht
hat69. Wahrlich dies ist es, was der Erlöser
(cxornp) unseren Vätern, den Aposteln
(cxTTOaTO/vOQ), gesagt hat: „<Wenn> ihr
nicht umkehrt und <nicht> werdet, wie
diese kleinen Kinder." 70 Du hast also (5e)
in Wahrheit gezeigt, daß du dich völlig
abgewandt hast vom Hochmut <und dich
zugewandt hast> der Reinheit und der
Einfalt (ün'koviq) des Kindseins.
Der mißglückte Ausdruck im Osterfestbrief des Theophilus wird also auf die
Ränke des Widersachers zurückgeführt, die aber dadurch zunichte gemacht
wurden, daß der Erzbischof auf den „Kleinsten" (eX,dxtGxoq), d. h. den Mönch
Aphu selbst, gehört hat. Darüber hinaus geht es aber dem Verfasser auch darum, die inneren Beweggründe der Unterschätzung der Gottesebenbildlichkeit
des Menschen bei Theophilus aufzuzeigen und diese der richtigen von Apa
Aphu, aber auch von Theophilus selbst bei seiner Umkehr demonstrierten
Einstellung gegenüberzustellen. Die beiden leitenden Begriffe sind dabei „die
Größe ((jiyeQoq) des Herzens" und die Einfalt (cmXovq) (bzw. die Demut und
das Kindsein). „Die Größe des Herzens" ist hier nicht positiv etwa im Sinne
„Weitherzigkeit" oder „dein großartiges, erhabenes Herz", sondern negativ als
„Hochmut", „Überheblichkeit" zu verstehen. „Die Größe des Herzens" hinderte also Theophilus daran, sich zu besinnen, seinen Willen zurückzunehmen
und das Wort Gottes reden zu lassen (vgl.: „Denn die Größe (^eyeGoq) deines
Herzens war außerstande, dich zum Verständnis (eiuvoia) zu erheben, daß du
68
69
70
So die Handschrift, wohl im Sinne eacjccuTM zu verstehen.
Ex 18,24.
Mt 18,3.
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158wvutsrponmljihgfedcbaVPMKGEDA
Kapitel 2: Der Mensch als Ebenbild Gottes in der Vita des sei. Aphu von Pemdje
dich deines eigenen Willens bemächtigen solltest"). Dies führte zur falschen
Aussage im Osterfestbrief. Seine wirkliche Größe hat aber Theophilus durch
„Einfalt, Demut und Kindsein" gezeigt.
Die Einfalt (*ct7iXoi3q >YWVTONMCA
T M N T 2 A . T T A . O Y C ) , von der Apa Aphu hier redet,
bestand also im Hören auf den anderen, und zwar den Kleinsten (eMxtoTog),
wie sich der Mönch bezeichnet. Dies wird zusätzlich durch einen Vergleich
mit Ex 18,24 ff (Mose gehorcht Jitro und wählt Häupter über das Volk) veranschaulicht.
Auf den ersten Blick lobt also Apa Aphu an Theophilus etwas, was er
selbst - als Einsiedler - in keiner Weise praktiziert, nämlich den Gehorsam.
Eine angemessene Auslegung der Vita hängt nun weitgehend davon ab, wie
dieses Dilemma gelöst wird. Es wird sich im folgenden zeigen, wie eng dieses
Thema mit dem der Hl. Schrift in der Vita verflochten ist.
Wir können mit der Beobachtung anfangen, daß schon die ersten Zeilen
der Lebensbeschreibung des Anachoreten Aphu (Kap. 2,1) mit dem Thema
des Gehorsams beginnen 71 :
Zuerst leistete er Gehorsam (imoTayfi) den auserwählten und <Gott> ergebenen (niaT«;) Leuten.
Apa Aphu war also bis zum Tode (vgl. Kap. 2,3) seiner monastischen Lehrer
ihnen gehorsam. Nach dem Zeugnis von Kap. 2,4 wählte er danach freiwillig
das Leben mit Antilopen:
ä.qpa.N[a.q
NAcfioy eTpeqtuiNj £N
o y ß i o c NTeiMiNe
Und (5e) es beliebte Aphu, folgendes
Leben (ßtoq) zu führen
Wie schon im Abschnitt 7.2.1, Punkt 7 gezeigt wurde, bringt der Verfasser der
Vita im Kap. 4 zusätzlich eine Motivierung dieser Wahl, auf die jetzt etwas
ausfuhrlicher einzugehen ist. Der Text des 4. Kapitels lautet:
1. Und nachdem er schon Bischof geworden war, bezeugte (öno^oyelv) er folgendes,
als eine Vielzahl von Brüdern ihn in bezug auf diese <seine> Lebensweise (<ivaaTp<xpf|)
fragte, aus welchem Grund (ai-ria) er diese Art von Askese ausübte (itoX-ixeijeiv). 2. Er
antwortete ihnen: „Ich bin zwar ((rev) mit vielen Mängeln behaftet, indessen (TCW|V)
habe ich den seligen ((.uxKÄpiot;) David vor Gott sagen gehört: „Ich aber (8e) war wie
ein Vieh vor Dir."12 3. Ich hörte wiederum über Jesaja, daß er nackt ging und sogar
den härenen Schurz, mit dem er um seine Lenden gegürtet war, ablegte 73 . 4. Aber (8e)
auch über unseren Erlöser (aorap) <und> Herrn des Weltalls las ich im <Evangelium>
nach (Katd) Markus, daß Er mit den Tieren (Orpiov) war74. 5. Wenn also Gott und
Seine Heiligen meinetwegen in all diesen Plagen wandelten, um so mehr <muß> ich,
der Elende, <das tun>."
71
72
73
74
Siehe darüber oben den Abschnitt 7.2.1.
Ps 73,22.
Jes 20,2.
Mk 1,13.
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Die Komposition der Vita des seligen Aphu
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Mit den Tieren lebend folgt Apa Aphu also dem Beispiel der alttestamentlichen
Heiligen und des Herrn Selbst. Die Logik seiner Handlungsweise besteht nun
nicht nur darin, daß er seine eigene Unvollkommenheit gegenüber dem König
David, dem Propheten Jesaja und dem Herrn Jesus Christus erkennt und ihre
Askese nachahmt, die - gemessen an seinen eigenen Sünden - sozusagen das
Minimum ausmacht (vgl. Vv. 2 und 5). Die gezielt ausgesuchten, die extreme
Askese rechtfertigenden Stellen der Heiligen Schrift, die Apa Aphu als eine
Begründung seiner Lebensweise den ihn befragenden Brüdern zitiert, sind für
den Eremiten der absolute Maßstab und die höchste Autorität, der er gehorsam
ist und die in gewissem Sinn die Stelle der heimgegangenen Lehrer eingenommen hat. Sein ganzes Leben (vgl. Kap. 2,8) war dem praktischen Befolgen der
Anweisungen dieser Autorität gewidmet.
Das beschriebene Verhältnis zur Bibel ist für das christliche Mönchtum des
4.-5. Jahrhunderts ein typisches Phänomen. Dieses „praktische Ethos" ist, nach
der Apophthegmenuntersuchung von Douglas Burton-Christie, einer der charakteristischsten Züge in der biblischen Spiritualität der Mönche Ägyptens dieser
Zeit gewesen75. Seinen prägnanten Ausdruck fand es in zwei kurzen Sprüchen
der Apophthegmenüberlieferung:
Jioieiv TÖ yeypamxevov
die Schrift tun 76
und
Ö7tep a v 7ipdTTEi<; FI XAA-EIQ E^E ¿K TMV
äyicov rpacptov ir|v |j.apxupiav
Was du auch tust, oder w a s du auch
redest, f ü r alles suche ein Zeugnis in den
Heiligen Schriften 7 7 .
Für das praktische und wortwörtliche, allerdings etwas anders als bei Apa
Aphu geartete Umsetzen der gleichen Psalmstelle (Ps 72,22 nach LXX, vgl.
Kap. 4,2) in das Leben, kann man folgendes Beispiel aus den Apophthegmata
patrum anführen 78 :
75
D. BURTON-CHRISTIE, The Word in the Desert. Scripture and the Quest for Holiness
in Early Christian Monasticism, Oxford 1993, 150. Zum Problem siehe auch H. DÖRRIES,
Die Bibel im ältesten Mönchtum, in: DERS., Wort und Stunde. Gesammelte Studien zur Kirchengeschichte des vierten Jahrhunderts, Bd. I, Göttingen 1966,251 ff; D. BURTON-CHRISTIE,
„Practice Makes Perfect": Interpretation of Scripture in the Apophthegmata Patrum, StPat
XX, 1989, 215; H. HOLZE, Erfahrung und Theologie im frühen Mönchtum. Untersuchungen
zu einer Theologie des monastischen Lebens bei den ägyptischen Mönchsvätern, Johannes
Cassian und Benedikt von Nursia, FKDG 48, Göttingen 1992, 64 ff; D. BURTON-CHRISTIE,
Oral Culture, Biblical Interpretation, and Spirituality in Early Christian Monasticism, in:
The Bible through the Ages, Vol. I. The Bible in Greek Christian Antiquity, ed. by P.M.
Blowers, Based on Bible De Tous Les Temps, Vol. I, Le monde grec ancien et la Bible, ed.
by C. Mondesert, Notre Dame 1997, 430-435.
76
Apophth. Patr., Gerontius (153AB Cot.).
77
Apophth. Patr., Antonius 3 (75C Cot.), Übersetzung nach B. MILLER, Weisung der
Väter (wie Anm. 16), 15.
78
Apophth. Patr., Nisterous (308D-309A Cot.). Ein anderes Beispiel des wortwörtlichen
„Tuns" des Wortes Gottes in ägyptischen Mönchtum ist Vita Antonii 2 - 3 ; dem Bericht des
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Kapitel 2: Der Mensch als Ebenbild Gottes in der Vita des sei. Aphu von Pemdje
'Ep<»Tr|6ei<; öe 6 aßßäq Niaöepäxx; Ttapa
xoü aßßä I [01.pi.v05, 7co0ev ¿KTpoaxo TTJV
äpetf)v xatrrriv, ÖTI ÖXE 8F|7iox£ avveßri
9M\|n<; ei<; xö Kotvößtov, OIJK eA.aA.ei,
otiSe ¿(xeaai^ev, aKfiKpivraxo' XT>yxo)pr|a6v
|xoi, äßßa- öxe eiar|A.0ov äpxnv ei<; xö
KOlVÖßlOV, eiTCOV TW XoYlG(iW |10D, ÖXl
Eti Kai ö övoq ev eaxe. "ftcntep 6 övoq
Sepexai Kai ou XaXti, -bßpi^exai Kai oü5ev otJioKpivexai, oäkox; Kai au- KaGwq o
\|/aX.P.Ö5 Ä,eyer KXT)VCO8TI<; eyevn0T|v raxpa
aoi, KÖtyo) öiajtavxöi; jiexa aoi>.
Der Altvater Nisteroos wurde vom Altvater Poimen gefragt, woher er sich diese
Tugend erworben habe, daß er jedesmal,
wenn sich im Kloster eine Bedrängnis
ereignete, nicht redete und sich in nichts
einmischte. Er antwortete: „Verzeih mir,
Abbas, am Anfang, als ich ins Kloster
kam, sagte ich mir: Du und der Esel, ihr
seid eines. Wie der Esel geschunden wird
und kein Wort sagt, mißhandelt wird, und
nichts antwortet, so mußt auch du sein.
Wie der Psalm sagt: „Wie ein Lasttier bin
ich vor Dir geworden, und ich bin immer
mit Dir." 79
Zu fragen ist nun, ob diese Einstellung auf praktisches „Tun" des biblischen
Wortes sowie die Anerkennung seiner verpflichtenden Autorität mit der von
Apa Aphu an Erzbischof Theophilus gelobten Einfalt zu tun hat. Es handelt
sich, mit anderen Worten gesagt, darum, ob in den Augen des sei. Aphu und
seiner Zeitgenossen das kompromißlose Erfüllen des Wortes der Bibel mit der
Einfalt gleichzusetzen wäre, die sich, nach dem Zeugnis des Kap. 12,7; 11, im
Gehorsam gegenüber einem anderen, und zwar dem Kleinsten, ausdrückt 80 .
Dies ist aufgrund einer Stelle aus den Institutiones coenobiorum des hl.
Johannes Cassianus wahrscheinlich. Im vierten, De institutis
renuntiantium
betitelten Buch seines Werkes, behandelt der hl. Johannes unterschiedliche
Fälle und Regeln der Weltentsagung und kommt auf die drei wichtigsten
Einstellungen beim koinobitischen Leben zu sprechen, denen er die folgende
vierte anschließt 81 :
hl. Athanasius zufolge, verkauft der hl. Antonius sein Vermögen und entscheidet sich für ein
asketisches Leben, nachdem er in der Kirche Mt 19,21 und Mt 6,34 gehört hat.
79
Übersetzung leicht korrigiert nach B. MILLER, Weisung der Väter (wie Anm. 16), 200.
In Hist. mon. 6 (SHG 53, 43,1-45,28 Festugiere) finden wir einen kurzen Bericht über den
heiligen Mann (av8pa äyiov) Theon, der unweit von Oxyrhynchus (!) in einer Hütte (Hist.
mon. 6 (43,2 Fes.): ev otociaKtp); (Hist. mon. 6 (45,25 Fes.): KE?LÄ.IOV); (Hist. mon. 6 (45,28
Fes.): ^ovf|) zurückgezogen lebte. Wie man von ihm erzählte, pflegte er nachts seine Zelle
zu verlassen und in einer Herde mit wilden Tieren trinken zu gehen. Unter den Tieren, deren
Spuren neben seiner Zelle gesehen worden waren, sind auch ßo\>ßaÄ,oi (kopt. cyoap) genannt,
die den seligen Aphu begleitet haben. Von der Motivierung dieses Verkehrs mit den Tieren
wird nichts gesagt, außer daß Theon an ihnen stets Freude hatte (dei itpooexepjiexo). Erwähnt
ist es aber, daß Theon auf drei Sprachen - Griechich, Lateinisch und Koptisch (Hist. mon.
6 (44,20-21 Fes.))-lesen konnte, was beträchtliche Bibelkenntnisse voraussetzt.
80
Vgl. Kap. 12,7: Aber wegen der Liebe zu Gott, die in deinem Herzen <brennt>, hast du
alle Schlingen des Teufels zerrissen, indem du auf das Wort meiner Nichtigkeit hörtest; Kap.
12,11: Du hast also in Wahrheit gezeigt, daß du dich völlig abgewandt hast vom Hochmut
<und dich zugewandt hast> der Reinheit und der Einfalt (*ä7tÄ.o'ö<;) des Kindseins.
81
Cassian., Inst. coen. IV 41,3 (SC 109, 182,24-32 Guy).
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Die Komposition der Vita des seligen Aphu
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Aber vor allem übe jedoch diesen vierten
Verum et quartum hoc prae omnibus
Punkt, der die drei eben von uns genannexcole, quod haec quae supra diximus
ten zieren und vertraut machen soll, daß
tria omet atque commendet, id est ut
stultum te secundum Apostoli praeceptum du nämlich nach des Apostels Wort 82 dich
facias in hoc mundo, ut sis sapiens, nihil zu einem Toren machest in dieser Welt,
scilicet discernens, nihil diiudicans ex his um weise zu sein. Darum unterziehe
nichts von dem, was dir befohlen wird,
quae tibi fuerint imperata, sed cum omni
einer Erwägung und Beurteilung, sondern
simplicitate ac fide oboedientiam semper
mit aller Einfalt und ganzem Glauben übe
exhibeas, illud tantummodo sanctum,
den Gehorsam aus, und halte nur das für
illud utile, illud sapiens esse iudicans,
heilig, nützlich und weise, was dir das
quidquid tibi vel lex Dei vel senioris
Gesetz Gottes oder die Ü b e r p r ü f u n g des
examen indixerit.
Altvaters <als solches> ankündigt 8 3 .
Es ist zunächst festzuhalten, daß die zitierte Stelle Einfalt mit Glauben und
Gehorsam verbindet (vgl: sed cum omni simplicitate ac fiele oboedientiam
Semper exhibeas). Es ist zweitens von Wichtigkeit, daß der von der fides und
simplicitas begleitete Gehorsam (oboedientia) entweder einer charismatischen
Autorität oder der Heiligen Schrift gegenüber gilt (illud tantummodo sanetum,
illud utile, illud sapiens esse iudicans, quidquid tibi vel lex Dei vel senioris
examen indixerit). Drittens kann man konstatieren, daß das Zitat die Einfalt mit
dem Gehorsam zwar verbindet, aber nicht gleichsetzt, so daß nach der genauen
Eigenart dieser Einstellung noch zu fragen bleibt.
Aufgrund dieser Parallele können wir im Sinne einer Arbeitshypothese annehmen, daß zwischen der Einstellung des sei. Aphu gegenüber der Bibel und
seinem Lob an der Einfalt des Theophilus ein Zusammenhang besteht, dessen
genaue Charakteristika im folgenden zu klären sein werden. Dafür ist aber ein
Rekurs auf die zeitgenössische monastische Literatur Ägyptens unerläßlich. Im
folgenden versuchen wir, einige im ägyptischen Mönchtum des 4.-5. Jahrhunderts gängige Vorstellungen von der Einfalt im Hinblick auf das von der Vita
angebotene Bild des sei. Aphu zu untersuchen, was zur Beantwortung der Frage führen muß, ob Apa Aphu von dem Verfasser seiner Lebensbeschreibung
als „einfältig" verstanden wird, und wenn es stimmt, welche Rolle in diesem
Konzept der Heiligen Schrift gebührt.
7.2.1.2. Einfalt in der monastischen Literatur
des 4.-5. Jahrhunderts. Eine Übersicht
Ägyptens
Die nachfolgende Übersicht erhebt keinen Anspruch auf eine erschöpfende Darstellung des in der Überschrift angegebenen Themas, sondern präsentiert eine
82
IKor 3,18.
Ubersetzt mit einigen Veränderungen nach: Des ehrwürdigen Johannes Cassianus
zwölf Bücher von den Einrichtungen der Klöster nach dem Urtext übersetzt von A. ABT, in:
Sämtliche Schriften des ehrwürdigen Johannes Cassianus aus dem Urtext übersetzt, Bd. I,
BKV, Kempen 1879, 93.
83
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162xvutsrponmlkjihedcbaYVTPNMKIGEDCA
Kapitel 2: Der Mensch als Ebenbild Gottes in der Vita des sei. Aphu von Pemdje
begrenzte Anzahl von relevanten Stellen, die für das Problem „Einfalt in der
monastischen Literatur Ägyptens des 4.-5. Jahrhunderts" mehr oder weniger
repräsentativ sind. Ausgehend von dem Befund der Vita des sei. AphuM haben
wir uns terminologisch fast ausschließlich auf die Begriffe anÄoirit; bzw. simplicitas beschränkt 85 . Die Beispiele sind nach Gruppen geordnet, die sich durch
jeweilige Akzentuierung des einen oder anderen mit der Einfalt verbundenen
Motivs unterscheiden.
1. Die überwältigende Mehrheit der gesammelten Beispiele aus der monastischen
Literatur Ägyptens des 4.-5. Jahrhunderts betrachtet die Einfalt positiv als eine
Tugend. Bezeichnend für diese Grundeinstellung sind folgende zwei Stellen,
die die Einfalt mit der kindlichen Unschuld der Christen verbinden. Die erste
Stelle ist Kap. 3 des I. Buches des Institutiones des hl. Johannes Cassian 86 :
Sunt praeterea quaedam in ipso Aegyptiorum habitu non tantum ad curam corporis, quantum ad m o r u m formulait! congruentia, quo simplicitatis et innocentiae
observantia etiam in ipsa vestitus qualitate teneatur. Culullis n a m q u e perparvis
usque ad cervicis u m e r o r u m q u e demissis
confinia, qui capita tantum contegant,
indesinenter diebus utuntur ac noctibus,
scilicet ut innocentiam et simplicitatem
parvulorum iugiter custodire etiam imitatione ipsius velaminis commoneantur. Qui
reversi ad infantiam Christo cunctis horis
cum affectu ac virtute décantant: Domine non est exaltatum cor m e u m , neque
elati sunt oculi mei. N e q u e ambulavi in
magnis, neque in mirabilibus super me.
Si non humiliter sentiebam: sed exaltavi
animam meam, sicut quod ablactatum est
super matrem suam.
84
85
Die Kleidung der ägyptischen < M ö n c h e >
hat einige Eigentümlichkeiten, welche
weniger die Sorge für den Körper bezwecken, als vielmehr Spiegelbild der
Sitten sein sollen, um so die Einfalt und
die Unschuld ihrer Lebensweise auch in
der Kleidung festzuhalten. Sie tragen nämlich beständig Tag und Nacht ganz kleine
bis zum Nacken reichende Kapuzen, die
nur das Haupt bedecken. Dies tun sie,
damit, indem sie die Kleidung der Kinder
nachahmen, sie stets daran denken sollen,
auch die Unschuld und Einfalt der Kinder zu bewahren. Darum singen sie, zur
Kindheit zurückgekehrt, zu allen Stunden
mit Inbrunst und Andacht zu Christus 8 7 :
„Herr! Nicht ist mein Herz stolz, noch
sind meine Augen erhoben, noch bin ich
gewandelt in Großem und Wunderbarem,
w a s über mir ist. Fürwahr, demütig ist
mein Sinnen und ich erhob meine Seele
wie ein entwöhntes Kind zu seiner Mutter." 88
Vgl. Kap. 12,11 *&nkoxx;> TMNTjximoYC.
Über die den „einfachen Glauben" betreffende Begrifflichkeit in der frühen christlichen
Literatur siehe M. HIRSCHBERG, Studien zur Geschichte der simplices in der Alten Kirche.
Ein Beitrag zum Problem der Schichtungen in der menschlichen Erkenntnis, (Dissertation,
maschinenschriftl.), Berlin 1944, 182-184; G. AF HÄLLSTRÖM, Fides simpliciorum according to Origen of Alexandria, Societas Scientiarum Fennica, Commentationes Humanarum
Litterarum 76, 1984, 11-19.
86
Cassian., Inst. coen. I 3 (42,1-44,15 Guy).
87
Ps 131,1-2 (LXX).
88
Ubersetzt mit kleinen Veränderungen nach A. ABT, Einrichtungen (wie Anm. 83), 21.
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
7.vutsrponmlihgfedcaXVKDA
Die Komposition der Vita des seligen Aphu
163
Ein ähnliche Erklärung 8 9 des Kukullions gibt auch Evagrius im Prolog zu
seinem Praktikos 9 0 :
Tô pev KovicotiÄAiov cr6pßoÄ,öv ecm
xfjç xotpiTOç xo-ß IcoTtipoç fiiirnv öeot)
aKejiaÇoijariç aùxœv xo TyyepoviKÔv Kai
Jtepi0a>.7tot)oriç xf)v év Xpioxrâ vriJtiôxrixa
8ià XOIJÇ paitiÇeiv àei Kai xixptkrKeiv
È7iixeipoi)vxaç
Das Kukullion ist ein Symbol der Gnade
Gottes, unseres Erlösers, die ihren (d. h.
der Mönche) Verstand behütet und die
Kindheit wärmend umfängt wegen derjenigen, die beständig darnach trachten,
<uns ins Gesicht> zu schlagen und zu
verwunden".
N a c h der Erklärung des hl. Johannes soll das Kukullion den es tragenden M ö n c h
zur U n s c h u l d und Einfalt der kleinen Kinder m a h n e n (vgl.: ut innocentiam
et
simplicitatem
parvulorum
iugiter custodire etiam imitatione ipsius
velaminis
commoneanturf1.
Evagrius spricht im Z u s a m m e n h a n g mit d e m Kukullion ü b e r
das Kindsein in Christus (TT)V ev Xpioxcb VR|7u6xr|xa), dieses T h e m a wird von
ihm aber nicht weiter expliziert.
Die gleichen G e d a n k e n g ä n g e finden wir auch in der Vita des A p a A p h u
wieder:
Kap. 12,9:
Aber du hast das Kindsein in Christus gezeigt
Kap. 12,10:
Wahrlich dies ist es, was der Erlöser unseren Vätern, den Aposteln, gesagt hat: „<Wenn>
ihr nicht umkehrt und <nicht> werdet, wie diese kleinen Kinder."93
Kap. 12,11:
Du hast also in Wahrheit gezeigt, daß du dich völlig abgewandt hast vom Hochmut <und
dich zugewandt hast> der Reinheit und der Einfalt (änXovt;) des Kindseins."
89
Zur Frage nach der Abhängigkeit zwischen den beiden Texten siehe Évagre le Pontique,
Traité pratique ou le Moine, T. II, édition critique du texte grec, traduction, commentaire et
tables par A. G U I L L A U M O N T et C. G U I L L A U M O N T , SC 171, Paris 1971, 487-488 n. 1 und
Jean Cassien, Institutions cénobitiques, texte latin revu, introduction, traduction et notes par
J.-C. GUY, SC 109, Paris 1965, 44-45 n. 1.
90
Evagr. Pont., pract. Praef. [2], (SC 171, 484, 8-11 Guillaumont).
91
Übersetzt nach Evagrios Pontikos. Praktikos oder der Mönch. Hundert Kapitel über
das geistliche Leben, übersetzt von G . B U N G E , Koinonia-Oriens 3 2 , Köln 1 9 8 9 , 4 9 .
92
„Die Einfachheit der Reinheit des Herzen", die mit Sündlosigkeit, Unbeflecktsein und
Freude assoziiert wird (vgl. die 3. Katechese des hl. Theodorus, Theod., catech. III f 63, (CSCO
159 Copt. 23,44, 27-29 Lefort): H NIM N E N T ^ Q X R F ' N E N T M N T 2 Ä . T T A O Y C MTTTBBO H T T J H T
eàxjNoxcj exNTMeceHT H n x o e i c £MTTpa.cye N T H N T A T N O B E M N T H N T A T J C C J J J M
Mnec|2 HT ), ist wohl als Interiorisierung dieser Tugend zu verstehen.
93
Mt 18,3.
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
164vutsrponmljihfedcbaVPMKGEDA
Kapitel 2: Der Mensch als Ebenbild Gottes in der Vita des sei. Aphu von Pemdje
2. Eine Reihe von Zeugnissen assoziiert die Einfalt mit Gehorsam 94 . Außer der
im Abschnitt 7.2.1.1 schon angeführten Stelle aus dem hl. Johannes Cassian 95
kann man auf einige weitere Beispiele aus seinen Werken hinweisen. Anfangen
möchten wir mit einem Zitat aus Inst. Coen. II 3,296:
Ita namque renuntiantem huic mundo
quibuslibet facultatibus ac divitiis
praeditum necesse est coenobii
commorationem expetere, ut in nullo sibi
ex his quae reliquit aut intulit monasterio
blandiatur, sic oboedire cunctis, ut
redeundum sibi secundum sententiam
Domini ad infantiam pristinam noverit,
nihil sibi consideratione aevi vel annorum
numerositate praesumens, quam in
saeculo inaniter consumptam se reputai
perdidisse, sed pro rudimentorum merito
et tirocinii novitate, quam se gerere in
Christi militia recognoscit, subdere se
etiam iunioribus non moretur.
Wer dieser Welt entsagen will, und wenn
er auch so viele Reichtümer besitzt, der
soll um die Aufnahme in das Kloster so
nachsuchen, daß er sich weder auf das,
was er zurückließ, noch auf das, was er
ins Kloster gebracht hat, etwas einbildet;
sein Gehorsam allen gegenüber muß so
sein, daß er erkenne, daß er - nach dem
Wort des Herrn 97 - zu dem ehemaligen
Kindesalter zurückzukehren hat; er darf
nichts den Übrigen voraus haben wollen,
weder wegen der Achtung, die er in der
Welt genoß, noch wegen der größeren
Zahl der Jahre, von denen er <sowieso>
denkt, daß er sie in der Welt vergebens
zugebracht und verloren habe. Weil er
demnach noch in den Anfangen steht und
noch ein Neuling ist im Kriegsdienst,
den er für Christus übernommen hat, so
soll er kein Bedenken tragen, auch einem
Jüngeren sich unterzuordnen 9 8 .
Obwohl die Einfalt in diesem Stück nicht explizit genannt ist, ist es wegen
seiner inhaltlichen Nähe zu den oben im Unterabschnitt 1 zitierten Stellen
bezeichnend. Das für einen Novizen nötige Kindsein wird mit einem Hinweis
auf Mt 18,3 erklärt: ut redeundum sibi secundum sententiam Domini ad infantiam pristinam noverit. Dieses erforderliche Kindsein wird ausdrücklich mit dem
Gehorsam - und zwar sogar den Jüngeren gegenüber - in Verbindung gebracht:
necesse est... sie oboedire cunctis, ut redeundum sibi secundum sententiam Domini ad infantiam pristinam noverit. Ein Vergleich mit der Vita Kap. 12,7:
94
Dieser Zusammenhang ist im Neuen Testament bezeugt, vgl. Kol 3,22. Über Gehorsam
im ägyptischen Mönchtum siehe K.S. FRANK, Gehorsam und Freiheit im frühen ägyptischen
Mönchtum, RQ 64, 1969, 234-240 und G. GOULD, The Desert Fathers on Monastic Community, Oxford Early Christian Studies, Oxford 1993, 52-58.
95
Cassian., Inst. coen. IV 41,3; siehe oben S. 160-161.
96
Cassian., Inst. coen. II 3,2 (60,11-62,21 Guy).
97
Vgl. Mt 18,3.
98
Übersetzung mit einigen Veränderungen nach A. ABT, Einrichtungen (wie Anm. 83),
27-28.
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7.utsrponmlihgedaVTQOMKDA
Die Komposition der Vita des seligen Aphu
165
Aber wegen der Liebe zu Gott, die in deinem Herzen <brennt>, hast du alle Schlingen
des Teufels zerrissen, indem du auf das Wort meiner Nichtigkeit (éXáxioToq) hörtest
und Kap. 12,10-11:
Wahrlich dies ist es, was der Erlöser unseren Vätern, den Aposteln, gesagt hat: „<Wenn>
ihr nicht umkehrt und <nicht> werdet, wie diese kleinen Kinder.'"" Du hast also in
Wahrheit gezeigt, daß du < ... dich zugewandt hast> der Reinheit und der Einfalt
(ÚTOMVQ) des K i n d s e i n s
zeigt, d a ß die Idee der U n t e r o r d n u n g unter den J ü n g e r e n u n d ihre B e g r ü n d u n g
d u r c h M t 18,3 z u m U m k r e i s der mit d e m B e g r i f f d e r Einfalt u m s c h r i e b e n e n
Vorstellungen g e h ö r e n . Die f o l g e n d e n Stellen bestätigen den Z u s a m m e n h a n g
z w i s c h e n der Einfalt u n d d e m G e h o r s a m :
Hic itaque beatus Iohannes ab
adulescentia sua usque ad perfectam
ac virilem aetatem seniori deserviens,
donec ille in huius vitae conversatione
duravit, tanta humilitate inhaesit eius
obsequiis, ut ipsi quoque seni stuporem
summum oboedientia eius incuteret.
Cuius hanc virtutem, utrum de vera
fide ac profunda cordis simplicitate
descenderet an adfectaticia esset
et quodammodo coacticia atque ad
imperantis faciem praeberetur, volens
manifestius explorare conplura ei etiam
superflua minusque necessaria vel
inpossibilia frequentius iniungebat 100 .
Dieser selige Johannes diente nun von
seiner Jugend bis zu seinem Mannesalter
einem Altvater, solange jener am Leben
blieb, und beharrte mit solcher Demut im
Gehorsam ihm gegenüber, daß sein Gehorsam selbst dem Altvater die höchste
Bewunderung abnötigte. Letzterer wollte
sich einmal genau davon überzeugen,
ob diese seine Tugend wahrem Glauben
und echter Herzenseinfalt entspringe oder
mehr eine erheuchelte und gewissermaßen
gezwungene sei und <nur> vor dem Angesieht des Befehlenden erwiesen werde. Er
trug ihm deshalb öfters viele überflüssige
und weniger notwendige, ja selbst unmögliche Handlungen auf 101 .
E i n e dieser H a n d l u n g e n w i r d des weiteren als Beispiel b e s c h r i e b e n : d e r A l t v a t e r
steckte ein dürres u n d b e i n a h e vollständig v e r f a u l t e s Reis in die E r d e u n d befahl Johannes 1 0 2 , es zu b e g i e ß e n , d a m i t es Wurzel s c h l a g e und zu e i n e m B a u m
erstehe, w a s der Schüler im L a u f e eines Jahres z w e i m a l a m Tage b e f o l g t e . D e r
Verfasser bringt a m E n d e des 24. Kapitel G r ü n d e f ü r die schließliche B e f r e i u n g
des J o h a n n e s v o n dieser Aufgabe 1 0 3 :
99
Mt 18,3.
Cassian., Inst. coen. IV 24,1 (154,1-10 Guy).
101
Übersetzung mit Veränderungen nach A. ABT, Einrichtungen (wie Anm. 83), 77-78.
102
Dieser Novize Johannes wurde später als hl. Johannes Kolobos bekannt; vgl. das
Apophth. patr. Johannes Kolobos 1 (PG 65, 204C), wo die gleiche Geschichte über das
Begießen eines verdorrten Zweiges mit kleinen Veränderungen erzählt wird; siehe auch
F. RUPPERT, Das pachomianische Mönchtum und die Anfange klösterlichen Gehorsams,
Münsterschwarzacher Studien 20, Münsterschwarzach 1971, 422 und Anm. 178.
103
Cassian., Inst. coen. IV 24,4 (156,30-33 Guy).
100
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166vutsrponmljihedcbaVSPMKHGEDA
Kapitel 2: Der Mensch als Ebenbild Gottes in der Vita des sei. Aphu von Pemdje
Cumque eius hanc sedulitatem tacitus
senex latenter diebus singulis exploraret
videretque eum simplici affectu cordis
mandatum suum velut divinitus emissum
sine ulla permutatione vultus vel rationis
discussione servare ...
Schweigend und heimlich vergewisserte
sich der Altvater jeden Tag dieses emsigen Eifers und sah, daß er mit großer
Herzenseinfalt seinen Auftrag, wie von
Gott gegeben, ohne Miene zu verziehen
und ohne ihn mit Vernunftgründen zu
erwägen, ausführte 1 0 4 ...
Simplicitas cordis besteht also nach diesem Stück in bedingungslosem Erfüllen
des Willens des geistigen Vaters, das auf einer tiefen inneren Einstellung zum
Gehorsam beruht.
3. Ein weiterer Aspekt, der am Rande des Phänomens „Einfalt" liegt, wird
durch die Quellen greifbar, die von dem Schüler des Großen Antonius, Paulus dem Einfaltigen (imXoviq), berichten. Einerseits unterstreicht sowohl die
griechische als auch die lateinische Version der Historia monachorum seinen
Gehorsam 105 . So sagt z.B. der hl. Antonius zu Paulus auf seine Bitte, ihn als
seinen Jünger aufzunehmen 106 :
A w p acoOrivai eav eXTI? WKXKof|v, Kai
ÖJiep otv raup' ep.o'ö otKowcrii;, TOCTO
7ioif|Grii;
Du kannst gerettet werden, wenn du Gehorsam haben wirst und das, was du von
mir hören wirst, erfüllst.
Die nachfolgenden Beschreibungen in den beiden Versionen illustrieren den
vollkommenen Gehorsam des hl. Paulus 107 ; die griechische Fassung zieht die
Bilanz des Lebens des Heiligen mit folgenden Worten108:
Kai xoGavTriv 6 ävfip ¿K-ciiaa-co wiaKoiiv,
rncxe Kai x«piv avccp 8e56a0ai GeöGev
xi)vtaK
Katöt xwv Saipovcov eX.aoiav.
104
Und der Mann erlangte einen so hohen
Grad des Gehorsams, daß ihm von Gott
die Gnadengabe der Austreibung der
Dämonen gegeben wurde 109 .
Übersetzung nach A. ABT, Einrichtungen (wie Anm. 83), 78.
Diesem Thema ist der Abschnitt „L'obéissance de Paul le Simple" bei A. DE VOGÜE,
Histoire littéraire du mouvement monastique dans l'antiquité. Première partie: le monachisme latin: Jérôme, Augustin et Rufin au tournant du siècle (391-405), Paris 1996, 376-382
gewidmet. Zu den überlieferten Quellen über den hl. Paulus und ihrem gegenseitigen Verhältnis siehe R. REITZENSTEIN, Historia monachorum und Historia Lausiaca. Eine Studie zur
Geschichte des Mönchtums und der frühchristlichen Begriffe Gnostiker und Pneumatiker,
FRLANT 24, Göttingen 1916, 12-23.
106
Hist. mon. 24,1 (132,6-7 Fes.). Vgl. Ruf., Hist. mon. 31,3 (PTS 34, 378,7-9 SchulzFlügel): cumque adisset Antonium, ut iter ab eo salutis inquireret, ille intuens hominem
simplicis naturae respondit ei ita demum posse eum salvari, si his, quae a se dicerentur,
oboediret.
107
Vgl. Hist. mon. 24,2-8 und Ruf., Hist. mon. 31,4-14.
108
Hist. mon. 24,10 (133,40-42 Fes.).
109
Vgl. die in der griechischen Fassung fehlende Zusammenfassung des Rufinus, Ruf.,
Hist. mon. 31,16 (382, 67-70 Sch.): „Denique supradictus Paulus exemplo nobis est, qui
oboedientiae et simplicitatis merito in tantum spiritalium gratiarum culmen ascendit, ut
multo plures et potentiores virtutes per ipsum Deus quam per sanctum Antonium fecerit."
Zur rufinischen Verfasserschaft dieser Worte siehe A. DE VOGÜE, Histoire (wie Anm. 105),
105
378.
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7.utsrponmlihgedcaVLKHDA
Die Komposition der Vita des seligen Aphu
167
D e r G e h o r s a m d e s hl. P a u l u s ist a b e r n i c h t e i n e e i n g e ü b t e m o n a s t i s c h e T u g e n d ,
er ist i h m s o z u s a g e n a n g e b o r e n , v g l . d i e l a t e i n i s c h e F a s s u n g d e r Historia
mona-
chorum
Cumque adisset Antonium, ut iter ab eo
salutis inquireret, ille intuens hominem
simplicis naturae respondit ei ...
D i e Historia
Lausiaca
Und als er zu Antonius gekommen war,
um von ihm den Weg zum Heil zu erfahren, hat jener ihn als einen einfaltig
veranlagten Menschen erkannt und
antwortete ihm ...
d e s hl. P a l l a d i u s v o n H e l e n o p o l i s b r i n g t in e i n e m Z u g
mit d e m H i n w e i s auf die gleiche Eigenschaft des A p a Paulus auch seine soziale
C h a r a k t e r i s t i k 1 1 1 : yxvurqponmiecbaXWOKIA
I IcxiAoqTRLIGECA
TIC; aypoucoi; yecopyoq Ka9'
• brapßoWy
v amKOi; Kai anXoix; ...
Paulus, ein einfacher Bauer < u n d >
überaus gutmütiger und einfaltiger
<Mensch>"2...
Die mit einer solchen Charakteristik z u s a m m e n h ä n g e n d e Vorstellung der P l u m p heit u n d d e s U n g e b i l d e t s e i n s k o m m t in d e r l a t e i n i s c h e n Ü b e r s e t z u n g v o n
monachorum
Quadam autem die, cum venissent ad
sanctum Antonium fratres magni quidam
et perfecti viri, accidit etiam Paulum
adesse pariter cum eis. Et cum sermo
de rebus profundis et mysticis haberetur
cumque de profetis et salvatore plurima
tractarentur, Paulus ex simplicitate animi
interrogai, si Christus prior fuerit an profetae. Beatus vero Antonius cum pro eo,
quod tam absurde interrogaverat, quasi
erubuisset, blando motu, ut erga simpliciores solet, silere atque abire eum iubet.
D i e simplicitas
Historia
z u m A u s d r u c k , v g l . R u f . , Hist. m o n . 3 1 , 8 - 9 ( 3 8 0 , 3 0 - 3 7 S c h . ) :
animi
Eines Tages, als zu dem heiligen Antonius viele Brüder und vollkommene Männer gekommen waren, geschah es, daß
auch Paulus zu gleicher Zeit mit ihnen
dabei war. Und als sich das Gespräch um
tiefere und mystische Dinge drehte und
viel über die Propheten und den Erlöser
gesprochen wurde, fragte Paulus aufgrund
der Einfalt seines Geistes, ob Christus
oder die Propheten zuerst wären. Der
selige Antonius aber, während er für ihn
gewissermaßen errötete, weil er so ungereimt gefragt hatte, gebot ihm mit einem
sanften Zeichen, wie es den Einfältigen
gegenüber üblich ist, zu schweigen und
wegzugehen.
d e s A p a P a u l u s , d i e sich in d i e s e r G e s c h i c h t e m a n i f e s t i e r t ,
liegt n i c h t n u r d a r i n , d a ß e r sich s e l b s t n i c h t s e i n e r F r a g e s c h ä m t e , s o n d e r n
b e s t e h t a u c h in s e i n e r m a n g e l n d e n t h e o l o g i s c h e n B i l d u n g . D i e
Geschichte
z e i g t m i t g r o ß e r D e u t l i c h k e i t , d a ß d i e als U n w i s s e n z u T a g e t r e t e n d e E i n f a l t
in K r e i s e n d e r g e b i l d e t e n M ö n c h e V e r l e g e n h e i t h e r v o r r i e f 1 1 3 . E s h a n d e l t s i c h
Ruf., Hist. mon. 31,3 (378,7-8 Sch.).
Pall., h. Laus. 22,1 (Vite dei Santi II, 118, 2-3 Bartelink).
112
Übersetzung mit Veränderungen nach Palladius, Historia Lausiaca. Die frühen Heiligen
in der Wüste, hrsg. und aus dem Griechischen übersetzt von J. LAAGER, Zürich 1987, 124.
113
Vgl. den Schluß des eben zitierten Stückes.
1,1
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1 6 8zxvutsrponmljihedcbaXVPMKGEDCA
Kapitel 2: Der Mensch als Ebenbild Gottes in der Vita des sei. Aphu von
Pemdje
also bei dieser Erzählung um ein erstes Zeugnis, in dem die Einfalt eher negativ gewertet wird" 4 .
Wie sehr sich die niedrigere soziale Herkunft und die Einfalt in den Augen
der Menschen des 4.-5. Jahrhunderts entsprachen, zeigt das folgende Zitat aus
den Conlationes des hl. Johannes Cassian" 5 :
N a m huius vitii" 6 n a t u r a m q u i d a m
s e n u m c u m philosophis disputans, qui
e u m p r o simplicitate Christiana velut
rusticum crederent f a t i g a n d u m , sub hoc
problematis figurans colore eleganter
expressit ...
Die N a t u r dieses Lasters hat einer der Altväter, der mit Philosophen disputierte, die
w e g e n seiner christlichen Einfalt glaubten, sie w ü r d e n ihn wie einen bäurischen
M e n s c h e n leicht überreden können, schön
ausgedrückt, indem er sie unter folgend e m Bilde in einer Frage z e i c h n e t e " 7 . . .
Im Unterschied zu dem hl. Paulus dem Einfaltigen vermochte der mit den wohl
heidnischen Weisen disputierende Altvater dieser Geschichte, seine Opponenten
rhetorisch und philosophisch zu überzeugen. Als Fazit seiner Unterredung mit
den Philosophen heißt es" 8 :
T u m Uli hunc, q u e m velut idiotam
ac rusticum ante despexerant, p r o n u n tiaverunt primas philosophiae partes,
id est ethicam disciplinam a d p r i m e conprehendisse, mirati a d m o d u m potuisse
e u m naturaliter adsequi quod nulla ei
saecularis eruditio contulisset, c u m ipsi
sudore multo longaque doctrina ita haec
adtingere nequivissent.
Jetzt erklärten j e n e , daß dieser, den sie
vorher als u n w i s s e n d und bäurisch verachtet hatten, den vorzüglichsten Teil
der Philosophie, d. h. die Ethik, trefflich
erfaßt habe, und w u n d e r t e n sich sehr, w i e
er von N a t u r aus, ohne daß es ihm eine
weltliche Bildung beigebracht h a b e , das
hätte erreichen k ö n n e n , w ä h r e n d sie mit
vieler M ü h e und l a n g e m Lernen nicht so
weit hätten k o m m e n k ö n n e n " 9 .
114
Im Zusammenhang mit dieser etwas abwertenden Einstellung gegenüber der Unbildung
eines Mannes, den derselbe Rufinus als nachahmenswert und einen Wundertäter darstellt (vgl.
Ruf., Hist. mon. 31,1 Off), ist auf Or., Cels. VII 4 hinzuweisen, wo - zwar ohne abwertende
Konnotationen - die Austreibung der Dämonen als eine Tätigkeit geschildert wird, die vornehmlich die einfaltigen (äiAoixsTepo^ dv8p<ojto<;) Christen ausüben, denen die Gebildeten
(«xpa;) gegenübergestellt werden.
115
Cassian., Coli. V 21 (SC 42, 212 Pichery).
116
Gemeint wird die Gastrimargie.
117
Übersetzung mit Veränderungen nach: Des ehrwürdigen Johannes Cassianus vierundzwanzig Unterredungen mit den Vätern aus dem Urtexte übersetzt von K. KOHLHUND, in:
Sämtliche Schriften des ehrwürdigen Johannes Cassianus aus dem Urtexte übersetzt, Bd. I,
BKV, Kempten 1879, 436.
118
Cassian., Coli. V 21 (213 Pich.).
119
Übersetzt nach K. KOHLHUND, Unterredungen (wie Anm. 117), 437. Vgl. ähnliche
Motive in der Vita des hl. Antonius. Nach der Beschreibung des Besuches der zwei heidnischen Philosophen beim hl. Antonius im Kap. 72 heißt es (Ath., v. Anton. 73,1-3 (SC 400,
3 2 2 , 1 - 1 1 B a r t e l i n k ) ) : "AÄAcov 8E JKW.IVTOIOUTCOVÄMVTNADVXCAV npö<; a i i t ö v EV TW ö p e i &,<a
K a i VO|II£6VT(OV X^EDCC^EIV, i m (J.F) |A.ENÄ8R|KE y p ä n n a - U A , XIYEI Ttpöi; a r n o u ; 6 'Av-ccbvux; . . .
'AitfjMtov o w 0av>nd^ovTE<;, i m Tocaijxriv eß^.E7tov ev iSifflTp atweaiv. Vgl. auch Ath., v. Ant o n . 8 5 , 5 ( 3 5 4 , 1 2 - 1 6 B a r . ) : ÄKOIXHXI; 8E Ö ATPATT|X<XTR|<; xavza
KCCI ETEpa noXXä
raxp'
aira«),
S a u p ä o a i ; eXeyEV äXr|8<ü<; Etvat TOTJTOV SoöXov xoti QEOÖ. n68£v yap iSuimi XOIOUTO^ Kai
Toaovtoi; vot><;, ei nf] fjv dya7id)(ievo<; imo toü ©eou;
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7.vutsrponmlihgedcaVKDCA
Die Komposition der Vita des seligen Aphu
169
Die Geschichte unterscheidet zwischen simplicitas christiana einerseits und
den Eigenschaften eines idiota (mangelnde Bildung 120 ) und vir rusticus (rohe,
bäurische Manieren) andererseits, die nach außen bis zum Verwechseln ähnlich
wirken. Das Beispiel des hl. Paulus zeigt, daß die Grenzen zwischen beiden
oft nicht genau zu bestimmen waren.
Die angeführten Beispiele haben mit der Vita des Apa Aphu insofern zu
tun, als er in dem Text zweimal (Kap. 6,2 und 12,2) als *i5ubxr|<;> ¿ I A I C O T H C
bezeichnet wird; Kap. 6,2:
Drei Tage stand der selige (n<xK&pio<;) Aphu vor der Tür der bischöflichen Residenz
(ejci0KO7ieiov) und keiner führte ihn zu ihm (d.h., zum Erzbischof) hinein, weil man
auf ihn so schaute, als ob er ein schlichter Mann aus dem Volk (iSixorrn;) wäre.
Kap. 12,2:
Denn (ydp) ich sehe <einerseits>, daß du wie ein einfacher Mann (ISiMtriq) aussiehst,
andererseits (8e) höre ich deine Worte, die erhabener als (roxpa) die der Weisen (acxpoq)
sind.
Das zweite Zitat ist in den Mund des verwunderten Theophilus gelegt,
der - ähnlich wie im letzten Beispiel aus Conlationes V 21 - den Unterschied
zwischen Schein und Sein des Asketen konstatiert.
4. Die oben im Unterabschnitt 3 gebrachten Beispiele eröffnen eine Reihe
von Zeugnissen, in denen wir im Unterschied zu den Unterabschnitten 1 und
2 nicht nur abstrakte Überlegungen zur Einfalt, sondern auch Beschreibungen
des konkreten Handelns der „einfältigen" Personen finden. In diesem vierten
Unterabschnitt sollen einige Texte betrachtet werden, die die Einfalt mit dem
Glauben verbinden. Einer davon stellt eine allgemeine Überlegung zu diesem
Thema dar, die anderen illustrieren diesen Gedanken mit Hilfe einer Geschichte.
Das erste Beispiel ist Inst. coen. XII 19 entnommen 121 :
Haec est proprie humilitas erga Deum,
haec est antiquissimorum patrum sincera
fides, quae penes successores ipsorum
mera nunc usque perdurat. Cui fidei
virtutes apostolicae, quae saepenumero
Das eigentlich ist Demut gegenüber Gott,
das ist der reine Glaube der ältesten Väter, der bei ihren Nachkommen unversehrt
bis heute fortdauert. Diesem Glauben
geben die apostolischen Wunder-
120
Nach G. AF HÄLLSTSTRÖM, Fides (wie Anm. 85), 14 bezeichnet das Wort ISICOTRII; bei
Origenes „any unlearned person regardless of his religion"; siehe auch M. HIRSCHBERG,
Studien (wie Anm. 85), 182-184 und W. BAUER, Griechisch-deutsches Wörterbuch zu den
Schriften des Neuen Testaments und der frühchristlichen Literatur, 6. völlig neu bearbeitete Auflage hrsg. von K. Aland und B. Aland, Berlin/New York 1988, s.v. Zum Problem
„Mönchtum und Bildung" (vorwiegend nach dem Material aus dem 6. Jahrhundert) siehe A.-J.
FESTUGIERE, Ursprünge christlicher Frömmigkeit. Bildung oder Heiligkeit im Mönchtum des
altchristlichen Orients, Freiburg 1963, 121-152.
121
Cassian., Inst. coen. XII 19 (478,1-10 Guy).
vojiecOK
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1 7 0yxvutsrqponmljihgfedcbaVTPMKGEDCA
Kapitel 2: Der Mensch als Ebenbild Gottes in der Vita des sei. Aphu von Pemdje
per eos manifestatae sunt, non solum
apud nos, sed etiam apud infideles et
incrédulos indubitatum testimonium
reddunt. Qui simplicem piscatorum
fidem corde simplici retinentes non
earn syllogismis dialecticis et Tulliana
facundia spiritu concepere mundano,
sed experimento vitae sinceris actuque
purissimo, correctione quoque
vitiorum ...
taten 122 , welche oft von ihnen vollbracht
worden sind, nicht allein bei uns, sondern
auch bei den Ungläubigen unbezweifeltes
Zeugnis. Diese mit ihrem einfaltigen
Fischerglauben im einfaltigen Herzen
nahmen sie (d.h. die Demut) nicht
durch dialektische Vernunftschlüsse
oder tullianische Beredsamkeit in einen
weltlich gesinnten Geist auf, sondern
durch einen reinen Lebenswandel, eine
lautere Handlungsweise und durch die
Besserung der Laster 123 .
Charakteristisch für dieses Beispiel ist die Gegenüberstellung vom einfaltigen
Apostelglauben der Mönche {qui simplicem piscatorum fidem corde simplici
retinentes) und weltlicher (in diesem Fall - rhetorischer) Bildung (non eam syllogismis dialecticis et Tulliana facundia spiritu concepere mundano). Wichtig ist
auch, daß der einfältige Glaube als wunderfahig ( c u i f i d e i virtutes apostolicae,
quae saepenumero per eos manifestatae sunt ... indubitatum testimonium reddunt) und als durch das praktische Ausüben der Tugenden (experimento vitae
sinceris actuque purissimo) erreichbar dargestellt wird.
Daß Gott den einfältig Gläubigen durch eine besondere Gnade auszeichnen
kann, wurde schon am Beispiel der Hist. mon. 24,10124 gezeigt; es heißt dort
von dem hl. Paulus, daß er
einen so hohen Grad des Gehorsams erlangte, daß ihm von Gott die Gnadengabe der
Austreibung der Dämonen gegeben wurde.
Der gleiche Gedanke kommt in h. Laus. 22,13 zum Ausdruck, wo der von Apa
Paulus dem Einfaltigen ausgetriebene Dämon schreit125:
ß i a , ¿/vaijvo|!ar fi COTX6TT|<; \IE ZO\>
ncriÄou etaxwei, Kai rorö COTEXOCO;
O < w e l c h e > Gewalt! Ich werde ausgetrieben: die Einfalt des Paulus treibt mich
aus, und w o soll ich hingehen?
Die oben konstatierte Gegenüberstellung von wundertätigem, einfachem Glauben und weltlicher Bildung kann auch in einem deutlich polemischen Kontext
vorkommen. Ein Beispiel dafür liefert Conlatio XV 3 des hl. Johannes Cassianus126:
122
Daß es sich bei den virtutes in diesem Kontext um die Wunder handelt, zeigt das
nächste 20. Kapitel, das das vorausgehende illustriert: ein Altvater erkennt heimliche Sünden
eines Bruders und befreit ihn dadurch von einer schweren Versuchung. A. ABT, Einrichtungen
(wie Anm. 83), 258 und J.-C. GUY, Institutions (wie Anm. 89), 479 übersetzen das Wort als
„Tugenden" bzw. „les vertus".
123
Übersetzung mit kleinen Veränderungen nach A. ABT, Einrichtungen (wie Anm. 83),
257-258.
124
Siehe oben den Unterabschnitt 3.
125
Pall., h. Laus. 22,13 (126,114-115 Bar.).
126
Cassian., Coli. XV 3 (SC 54,212-213 Pichery). Zu den anderen Fassungen dergleichen
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
7.yvutsrqponmlihgfedcbaVTKDA
Die Komposition der Vita des seligen Aphu
Sicut et ab abbate Macario, qui
habitationem Scitioticae solitudinis
primus invenit, mortuum suscitatum
esse reminiscimur. Nam cum haereticus
quidam, qui Eunomii perfidiarli
sectabatur, sinceritatem catholicae fidei
arte dialéctica subvertere conaretur
magnamque iam hominum multitudinem
decepisset, rogatus a catholicis viris,
qui ruina tantae subversionis gravissime
movebantur, beatus Macarius, ut
simplicitatem totius Aegypti ab
infidelitatis naufragio liberaret, advenit.
Quem cum haereticus arte dialéctica
fuisset adgressus et ad Aristotélicas
ignorantem spinas vellet abducere, beatus
Macarius apostolica multiloquium eius
brevitate concludens, non est, inquit,
in verbo regnum Dei, sed in virtutenl\
eamus igitur ad sepulchra et nomen
Domini super mortuum qui primus
inventus fuerit invocemus ac sicut
scriptum est ostendamus ex operibus
fidem nostrani 128 .
171
So erinnern wir uns, daß von dem Abba
Makarius, der als erster Wohnung in der
Wüste von Sketis fand, ein Toter erweckt
worden sei. Als nämlich ein Häretiker,
der sich zu der Irrlehre des Eunomius
bekannte, die Reinheit des katholischen
Glaubens durch dialektische Künste zu
trüben trachtete und schon eine große
Menge Menschen verführt hatte, da wurde der selige Makarius von katholischen
Männern, welchen das Unglück einer
solchen Umwälzung schwer zu Herzen
ging, gebeten, er möge die Einfalt von
ganz Ägypten vor dem Schiffbruche des
Unglaubens bewahren, und er kam. Als
ihn der Häretiker nun mit seiner dialektischen Kunst angriff und den Unkundigen mit aristotelischen Spitzfindigkeiten
in die Irre fuhren wollte, da machte der
selige Makarius seinem vielen Gerede mit
apostolischer Kürze ein Ende und sprach:
„Das Reich Gottes liegt nicht im Worte,
sondern in der Kraft. Wir wollen also zu
den Gräbern gehen, den Namen des Herrn
über den Toten, der sich zuerst findet, anrufen, und, wie geschrieben steht, unseren
Glauben durch die Werke zeigen." 129
Im f o l g e n d e n w e i c h t d e r H ä r e t i k e r d e m T r e f f e n m i t d e m hl. M a k a r i u s a m n ä c h sten Tag aus; d e r Tote w i r d v o r vielen Z e u g e n v o n A p a M a k a r i u s a u f e r w e c k t .
D e r hl. M a k a r i u s w i r d also g e r u f e n , u m die simplicitas
totius Aegypti v o r d e r
G e f a h r d e r Irrlehre in Schutz zu n e h m e n . D e r E r w e i s der O r t h o d o x i e seines
G l a u b e n s liegt w i e in Inst. coen. XII 19 in der G n a d e n g a b e des W u n d e r w i r k e n s .
D a m i t w i r d er a u s d r ü c k l i c h auf die Seite d e r simplices
gestellt. Sein G e g n e r
v e r s u c h t , ihn m i t den Mitteln d e r weltlichen B i l d u n g zu b e s i e g e n ( h a e r e t i c u s
arte dialéctica fuisset adgressus et ad Aristotélicas
ignorantem
spinas
vellet
abducere:, vgl. Inst. coen. XII 19: qui simplicem piscatorum fidem corde simplici retinentes non eam ( d . h . humilitatem)
syllogismis
dialecticis
et Tulliana
facundia
spiritu concepere mundano).
A b e r die Wahrheit des G l a u b e n s w i r d ,
n a c h der Ü b e r z e u g u n g des A p a M a k a r i u s , nicht a m Wort, s o n d e r n a m W e r k
Geschichte siehe Jean Cassien, Conférences VIII-XVII, introduction, texte latin, traduction
et notes par Dom E. P I C H E R Y , SC 54, Paris 1958, 212-213, n. 1.
127
1 Kor 4,20.
128
Vgl. Jak 2,18.
129
Übersetzung mit unbedeutenden Veränderungen nach K . K O H L H U N D , Unterredungen
(wieAnm. 117), 129-130.
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
172yxvutsrponmljihgedcbaXVPMKGEDCA
Kapitel 2: Der Mensch als Ebenbild Gottes in der Vita des sei. Aphu von Pemdje
geprüft 130 . Daß eine solche Haltung in der damaligen monastischen Literatur
eindeutig mit der Einfalt assoziiert wurde, zeigt - außer der Erwähnung der
simplicitas totius Aegypti im Text - auch das der Erzählung über das Wunder
des Apa Makarius unmittelbar folgende Kapitel, das über ein Wunder des Altvaters Abraham berichtet 131 :
Quid etiam abbatis Abrahae gesta
conmemorem, qui änXoxx;, id est simplex
pro simplicitate morum et innocentia
cognominatur?
Was soll ich nun noch die Taten des
Abba Abraham anfuhren, der wegen
der Einfalt der Sitten und seiner Unschuld cottaydi; - das heißt „der Einfältige" - genannt wird132?
Die simplicitas des Apa Makarius liegt also einerseits in seiner mangelhaften
Bildung 133 (er wird zwar beiläufig, aber unmißverständlich als ignorans charakterisiert), andererseits aber in der Reinheit seines Glaubens, aus dem heraus er
Wunder vollbringen kann 134 .
Wird nun nach dem Motiv des Glaubens in der Vita des Apa Aphu gefragt, so
kann allgemein auf die Kap. 8 und 9 verwiesen werden, wo dieses thematisiert
wird. Zitiert sei Kap. 9,7, in dem von dem Glauben an die Realpräsenz Christi
in den Elementen des Abendmahls auf die Notwendigkeit, an das Vorhandensein
des Ebenbildes Gottes im Menschen zu glauben, geschlossen wird:
Apa Aphu sagte zu ihm: „<Genau so> wie es nötigyxwvutrponmjigfecbaYXUTPONMKIHECB
( c x v a YK a i o v ) ist, dies zu glauben
(TiioTeveiv), ist es nötig (ävayKatov), an [Seine Ma]cht [(E^oujaia) zu glauben
( m c x E i j e i v ) , den Menschen [nach (KCUD)] dem Gleichnis und dem Ebenbild (eitccbv)
Gottes zu schaffen.
5. Zuletzt sind einige Beispiele zu nennen, in denen die Einfalt zu negativen
Folgen führt. Eine solche Möglichkeit war schon im Unterabschnitt 4 durch
Ruf., Hist. mon. 31,8-9 angedeutet. Unser erstes Beispiel ist ein dem Apa
Daniel zugeschriebene Apophthegma 135 :
te.
130
Vgl. seine Berufung auf 1 Kor 4,20: non est, inquit, in verbo regnum Dei, sed in virtu-
131
Cassian., Coli. XV 4 (215 Pich.).
Übersetzung mit Veränderungen nach K. KOHLHUND, Unterredungen (wie Anm. 117),
132
13 1.
133
Dieser Aspekt kann auch verselbständigt auftreten, vgl. z.B. Sehen., cont. Orig.
(32,45-34,2
Orlandi): N i T T O c T O AO c
NC0 < | ) 0 C T H p o y JCIN N c y o p r r c y ^ j P ^
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1
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c e t y o p c y p N M M e e y e AYCÖ
6 T T CU O YN E 2 P 3 .I 6 X M TTCOYN M TTN OYTe . B YB O H e e i CN 2 AT T AO YC
0 364
TH p oy
e TM Tp e Y- XCU > A.X
Vgl. auch Pall., h. Laus. 3 2 , 4 .
134
Wir gehen hier nicht auf die eigentliche Problematik der XV. Conlatio des hl. Johannes
ein, in der die These vertreten wird, daß das eigentlich Bewunderungswerte nicht die Wunder
der Heiligen, sondern ihre Tugenden sind (vgl. Kap. 6 und 7). Unabhängig von dieser Idee
ist die Erzählung über die Auferweckung des Toten durch den hl. Makarius so konstruiert,
daß darin der wahre Glaube dem falschen und die fehlende Bildung einer weltlichen philosophischen Bildung gegenübergestellt wird. Das Zusammenspiel der Glaubenskraft und des
Ungebildetseins bei Apa Makarius weisen ihn als einen vir simplex aus.
135
Apophth. Patr., Daniel 7 (156C-157B Cot.).
£ N N e c B O O Ye N N 2 a .ip a .iTiK.o c.
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7.zyxwvutsrqponmlihgedaXVKEDA
Die Komposition der Vita des seligen Aphu
Airiyriaaxo ö dßßdq Aavir|X. 6 Oapavixtiq,
öxi EXVTRPOMLKJIEDCA
ITCEV Ö naxijp Tpöv aßßai; 'Apcevio^
jtepi xivo<; ZKTyElWXOV, öxi fjv 7lpaKTlKÖ<;
(ieya<;, d(peÄi|<; 8e eiq xi|v niaxiv Kai
catpd/Aexo 8ia iSuoxeiav Kai e^eyev- OT>K
eaxi (pvaei 6 apxot; öv tax(ißdvo(iev aö>|ia
Xpioxoti, äXX' ävxixwtov. Kai fiKowav
SIJO yepovxeq öxi Xeyei x6v Xöyov
towov, Kai yivdx7Kovxe<; peyav a m o v
övxa xw ßico eXoyiaavxo öxi ev (XKaKia
Kai d(peW)xr|Ti Xtyei, Kai f|X0ov Jtpöi;
at>xöv, Kai Xeyovaiv aiixöj- 'Aßßd, Xöyov
riKovaapev rapi xivöq a7uaxov, öxi Xeyei
öxi ö apxoq öv |iexaA,a)ißavo|iev OÜK eaxi
qyuaei aw(j.a Xpiaxoö, äXX' avxixu7t6v
eaxi. Aeyei ö yepcov- 'Eyw eijxt ö xoüxo
/xycov. Oi 8e rapEKaXouv aiixöv XeyovxeqMf) oüxax; KpaxiVxn«;, dßßd, aXX' wq
TiapeScoKEv f) KaSoXiKri 'EKKÄ.r|aia. 'H(iei<;
yap Tiiaxeiionev öxi avxöi; ö apxoi; aw(id
eaxi xoü Xpiaxoö Kai xö Jtoxipiov avxo
eaxi xö a i p a xoü Xpiaxoü Kaxa dXriSeiav
Kai oti Kax' dvxixwtov. 'AXX' oxntep ev
äpxfi %ow A.aßcc>v d r ö xfji; yn<; EnXaae
xöv av8pümov Kax' eiKova atixot) Kai
oüSeii; S w a x a i eiiteiv öxi OÜK eaxiv
eiKcav ©eoi), ei Kai äKaxa.Xr\nzoq- oüxax;
ö dpxoq öv eijxev öxi Zcb(xd (IOIJ eaxiv,
oüxax; niaxeiäonev öxi Kaxa dA,fi9eiav
aä)(ia eaxi Xpiaxoü. O 8e yepoov etpr)- 'Eav
(iri 7teiG9c5 ünb 7tpay(iaxo(;, ov it^ripo(popoö^iai.
173
Abbas Daniel, der Pharanite, erzählte:
Altvater Arsenios berichtete von einem
Sketioten, daß er zwar groß war in der
Praxis, jedoch einfältig im Glauben. Und
also ging er wegen seiner Unbildung
fehl. So sagte er: das Brot, das wir empfangen, ist seinem Wesen nach nicht der
Leib Christi, sondern nur ein Bild davon.
Zwei Alte hörten diese Rede, und da sie
wußten, daß er in seinem Leben groß
war, dachten sie, daß er ohne Arg und in
seiner Einfalt' 36 so spreche. Sie kamen
also zu ihm und sagten: „Abbas, wir
haben von einem Ungläubigen gehört:
er sagt, das Brot, das wir empfangen, ist
nicht seinem Wesen nach der Leib Christi, sondern nur ein Abbild." Da sagte der
Geron: „Ich bin es, der so sagt." Sie redeten auf ihn ein: „Vater, du darfst daran
nicht festhalten! Sondern an dem, was
die katholische Kirche überliefert. Denn
wir glauben, daß dieses Brot der Leib
Christi selbst ist, und dieser Kelch das
Blut Christi selbst ist, in Wahrheit und
nicht bloß bildhaft. Aber wie Er am Anfang Staub von der Erde nahm und den
Menschen nach Seinem Bilde formte und
wie niemand sagen kann, daß er nicht ein
Bild Gottes ist, wenn auch es unbegreiflich bleibt, so ist es auch mit dem Brot,
von dem Er sagte: ,Das ist mein Leib'.
So glauben wir, daß es in Wahrheit der
Leib Christi ist." Der Alte aber sagte:
„Wenn ich nicht von der Sache her überzeugt werde, bin ich nicht sicher."
Nachdem der Versuch der beiden Altväter, den Einfältigen zu überreden, gescheitert war, beschlossen alle drei, eine Woche lang um die Enthüllung des
Geheimnisses zu beten. Der ungläubige Geron betete 137 :
Ktipie, oi) yivcboKeiq, öxi ot> Kaxa m K i a v
d7iiaxä)- aXX' ötwx, |ifi ev dyvcooia
JTTA*VT|9ö), D7TOKAXT)i|/öv (ioi, Kijpie 'Iricoi)
Xpiaxe.
Herr, du weißt, daß ich nicht aus
Schlechtigkeit ungläubig bin, aber damit
ich nicht in Unwissenheit irre, enthülle es
mir, Herr Jesus Christus 138 .
136
Bonifaz Miller übersetzt die Wendung ev dcpe^oxrixi als „in seiner mangelhaften Begabung" (siehe B. MILLER, Weisung der Väter (wie Anm. 16), 78). Nach G.W.H. LAMPE,
APatristic Greek Lexicon, Oxford 31972, s.v. hat jedoch das Wort d(pe^.6xri<; dieselbe Bedeutung wie öuiX.6xr|<;, nämlich „simplicity".
137
Apophth. Patr., Daniel 7 (157B Cot.).
138
Übersetzung mit Veränderungen nach B. MILLER, Weisung der Väter (wie Anm. 16),
78-79.
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174vutsrponmljihedcbaXVPMKGEDA
Kapitel 2: Der Mensch als Ebenbild Gottes in der Vita des sei. Aphu von Pemdje
Die beiden anderen Mönche beteten also139:
Kvpie 'ITIGOÖ Xpiate, CWTOKCAUVI/OV T<B
Herr Jesus Christus, enthülle dem Altyepovxi TÖ ixuoTiipiov TOWO, i v a JIKTTEWN vater dieses Geheimnis, damit er glaube
Kai )if) äitoX-eari töv KOTCOV a w o ö .
und seine M ü h e nicht verliere 140 .
Am nächsten Sonntag erschien während des Gottesdienstes allen dreien das
eucharistische Brot als Kind, das unsichtbar für alle anderen von einem Engel
mit dem Schwert geschlachtet wurde. Diese Vision führte zur Bekehrung des
ehemals ungläubigen Altvaters 14 '.
Fragt man nun danach, worin sich die Einfalt (ä(peX,otr|(;) des bekehrten
Altvaters ausdrückt, so kann zunächst auf seine ausdrücklich als Grund seines
Fehlers genannte Unbildung hingewiesen werden 142 . Es ist jedoch nicht zu übersehen, daß die Geschichte einen großen Nachdruck auf die asketische Vollkommenheit des sich Irrenden legt143. Diese praktische Vollkommenheit hindert - so
kann man wohl annehmen (siehe das nächste Beispiel) - den Geron daran, den
Argumenten der beiden Mönche Glauben zu schenken: er muß die Wahrheit
„aus der Sache", d. h. unmittelbar von Gott Selbst, Den er um eine Offenbarung
bittet, erfahren 144 . Diese Glaubensverweigerung steht in keinem Widerspruch
zur Einfalt des namentlich nicht genannten Apa, sondern unterstreicht sie sogar. Der 7ipaKTiKÖ<; [leyat; ist gewissermaßen allein auf sein Verhältnis zu Gott
gestellt und ist nicht um Gehorsam gegenüber den Menschen verpflichtet. Sein
Glaube und zugleich seine Einfalt kommen in der Bitte um eine Offenbarung,
die dem Altvater auch gewährt wird, zum Ausdruck 145 . Bezeichnend sind dabei
zwei den Glauben des Geron umschreibende Wendungen: (xcpe^fiq eic; if|v rcicrav
bedeutet nicht einen Mangel an GlaubensÄra//, sondern an Glaubens/«^// und
kann als „ungebildet in Glaubenssachen" übersetzt werden. Die Worte aus dem
Gebet des Altvaters ov K(XT& Kocidav CCTUGTCO sind wohl so zu verstehen, daß er
auf seiner fehlerhaften Überzeugung ohne böse Absichten beharrt und sie zu
ändern bereit ist. Es ist aber nicht zu bezweifeln, daß auch dieses „Beharren"
auf dem Falschen zur Einfalt in weiterem Sinne gezählt werden muß.
Ein dem soeben besprochenen Beispiel sehr nahe stehendes Apophthegma
ist Daniel 8146:
139
Apophth. Patr., Daniel 7 (157B-C Cot.).
Übersetzung nach B. MILLER, Weisung der Väter (wie Anm. 16), 79.
141
Das Apophthegma wird von K. HEUSSI, Der Ursprung des Mönchtums, Tübingen
1936, 274-275 analysiert.
140
142
V g l . : ÉCKPCAXETO ô t à i S i o n E Î a v .
143
Vgl. folgende Aussagen: „rjv TtpaK-ciKÔç péyaç"; „yivcixTKOvTEÇ péyav aùxov övra -KO
pico"; „à7ioKâVu\|/ov xrô yépovn TÖ pucrtipiov t o m o , ïva 7RI<RREIXJT|, Kai prç àraAécrn xöv
KÔJIOV a m o f i " .
144
Vgl.: 'Eàv pf) raiaOco âTtô 7tpàypai:oç, où nÄ/r|po<popo*>p<xi und das Gebet des Geron.
Vgl.: àXX' oraoç pt| Év àyvoxjta Jt>.avT|8ûj, àJTOKâ>.tU|/ôv poi, KûpiE 'Iriaoû Xpiaté.
146
Apophth. Patr., Daniel 8 (160 A - C Cot.). Das Apophthegma ist in einer stark abgewandelten Form auch in der Sammlung Anast. S., narrat. überliefert; siehe F. NAU, Le texte
grec des récits utiles à l'âme d'Anastase (le Sinaïte), OrChr 3, 1903, 75-77.
145
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7.yxwvutsrqponmlihgedcaXVKDA
Die Komposition der Vita des seligen Aphu
'O (xijxoç àppâç AavifjX Sitiyriaaxo
7tepi <xX,Xou xivôç yépovxoç fieya^ou
KaSimévoi) etç xà mico jiépri xrjç
Aiywtxou, oxt ëÀ.eyev èv à(peXôxr|xi,147
öxi ö MeX-xvcjeôèK vîôç èaxi xou 0eoû.
K a i àvTiYYÉXn xw (lampia) Kupi^Aû)
xâ> àp^ieJuaKora» ' A ^ a v S p e i a ç ropi
aijxoö Kai Ê7ie|j.v|/ev èjt' aùxôv. EiSràç
8è öxi ari(XËio(pôpoç ëaxiv ö yèptov, Kai
eï xi aixeî xco 0etô à7toKaW>7i;xei avi&,
Kai öxi èv àipeXôxrixi Â-éyei xôv À.ôyov148,
expiiaaxo xoiaûxri ocxpia Xéyow 'Aßßä,
jtapaKaXw ae, éneiSfi 6 X.oyia|xôç lao-o
Âéyei, öxi MeA^iaeSèK viôç xo"ö Geoii
èaxi, Kai àXXoq Xoyia|j.oç Xéyei, öxi où,
àXX' âvOpomôç èaxiv àpxiepeùç toîi 0eoir
éîtei o w SiaxccÇco Ttepi toutou, àjtèaxeiXa
iipèç ae, ï v a SeriGfiç xoû ©eoö, ÔTtcoç aoi
àjtoKaX/ôi|/r| Ttepi xoûxou. 'O Sè yépoov
xrj amoxi TtoXixeia Oapprâv, e î t o p.exà
Ttappnaiaç- "EvSôç ^ioi xpeîç ipépaç,
Kàyrn èpmxw xàv 0eöv Ttepi xoûxou Kai
àvo.yyé.XXm aoi xiç èaxiv. 'Atoà.9cûv
oüv èSéexo xov 0eoû Ttepi xoû pfmaxoç
xouxou. K a i éXGmv (xexà xpeîç rpépaç
Xéyei xrô ^aKapiœ KupiXtao, öxi avâpcojtôç
èaxiv ö MeA-xioeSéK. K a i eîitev aùxâ> ô
àpxieJtiaK07t0Ç- I Imç oîôaç, aßßä; 'O Sè
ei7iev 'O ©eôç (X7tEK(Wa>i|/é [ioi oXovç,
xouç 7taxpiàpxaç oiixcoç ëva ëKaaxov
Jtapepxô(i.evov èvrôTtiôv p.ov àirà 'A8à|x
|iéxpi Me^xioeSèic Kai ô àyycXoq eîitè
|ioi öxi o ê r ô ; èaxiv ö MeXxiaeôéK- Kai
Oâpcei öxi oikrnç èaxiv. 'AjteMkbv o w 5i'
ëavxov èKipuaaev öxi ctvôpttmôç èaxiv
ö MeX.xiae5ÉK. K a i èx'ipn lieyâÂcoç ö
p.aKâpioç KûpiAAoç.
175
Derselbe Altvater Daniel erzählte von einem anderen großen Altvater, der seinen
Sitz in Unterägypten hatte, und der in
seiner Einfalt behauptete, Melchisedek sei
der Sohn Gottes. Und man machte über
ihn Meldung an den hochseligen Kyrillos,
Erzbischof von Alexandrien, und dieser
sandte nach ihm. Er wußte aber, daß der
Altvater ein Wundertäter war und wenn
er Gott um etwas bat, es ihm Dieser offenbarte und daß er nur in seiner Einfalt diese
Behauptung aufstellte. Darum wandte er
folgenden Kunstgriff an und sagte: „Abbas,
ich habe eine Frage an dich: Mein Gedanke
sagt: Melchisedek ist der Sohn Gottes. Eine
andere Überlegung sagt mir das Gegenteil - er ist ein Mensch und Hohepriester
Gottes. Nachdem ich mir nicht klar darüber
geworden bin, sandte ich zu dir, daß du
Gott bittest, Er möge dir eine Offenbarung
darüber geben." Der Geron aber vertraute
auf seine asketische Lebensweise 149 und
sprach zuversichtlich: „Gib mir drei Tage,
und ich werde Gott darüber fragen. Dann
werde ich dir sagen, wer er ist." Er ging
fort und flehte Gott wegen des Ausspruches
an. Nach drei Tagen kam er zum hochseligen Kyrillos und sagte: „Melchisedek ist
ein Mensch." Da sagte der Erzbischof zu
ihm: „Wie kannst du das wissen, Vater?"
Er antwortete: „Gott hat mich alle Patriarchen schauen lassen, so daß ein jeder an
mir vorüberging, von Adam bis Melchisedek, und der Engel sagte mir, daß dieser
Melchisedek sei. Glaube zuversichtlich,
daß es so ist." Der Altvater ging weg und
verkündete aus eigenem Antrieb, daß
Melchisedek ein Mensch sei. Und es freute
sich mächtig der selige Kyrillos 150 .
147
Die sahidische Fassung dieses Apophthegmas hat an dieser Stelle eqjccu mmoc j n
OYMNT2à.TTA.OYC, was möglicherweise die griechische Vorlage * ëXeyev èv àic^ôxrixi voraussetzt. Der koptische Text wird nach Le manuscrit de la version copte en dialecte sahidique
des „Apophthegmata patrum" par M. Chaîne, BEC = PIFAO 6, Le Caire 1960, 41 zitiert.
148
Vgl.: M. Chaîne, Le manuscrit (wie Anm. 147), 41: eqjccu R n c y ^ x e j n OYMNTgà.TT/Voyc < (?) * êv à7i^ôxr|xi Aéyei xôv Wyyov.
149
Die Übersetzung von B. M i l l e r , Weisung der Väter (wie Anm. 16), 79 „vertraute auf
seine eigene Weisheit" für xrj aüxoi) TtoXixeia Sapptov ist nicht richtig.
150
Übersetzung mit kleinen Veränderungen nach B. M i l l e r , Weisung der Väter (wie
Anm. 16), 79-80.
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176vutsrponmljihfedcbaVPMKGEDA
Kapitel 2: Der Mensch als Ebenbild Gottes in der Vita des sei. Aphu von Pemdje
Das Bild eines Einfältigen ist in diesem Apophthegma dem aus dem vorigen
sehr ähnlich. Der Erzbischof unternimmt charakteristischerweise sogar keinen
Versuch, den Geron mit menschlichen Mitteln zu überzeugen, sondern erreicht
sein Ziel - wie es auch im Apophthegma Daniel 7 der Fall ist - durch göttliche
Offenbarung. Eine gewisse Unzugänglichkeit für menschliche Argumente und
die theologische Unbildung auf der einen Seite und ein erhabenes geistiges
Leben (ormeicxpopoi;), aufgrund dessen der Asket in den schwierigen Fällen von
Gott eine unmittelbare Antwort anfordern und bekommen kann, auf der anderen
Seite machen das Wesen der Einfalt nach diesen beiden Zeugnissen aus.
Obwohl in den beiden besprochenen Apophthegmen keine direkten Parallelen
zu der Vita des sei. Aphu zu finden sind, ist diesen drei Dokumenten die Situation eines dogmatischen Konfliktes gemeinsam. Apa Aphu wird in den ersten
drei Kapiteln seiner Lebensbeschreibung als großer Asket dargestellt 151 , was
ihn mit den beiden Helden der Apophthegmata verbindet. Der entscheidende
Unterschied besteht aber darin, daß in der Vita der Fehler nicht beim Mönch,
sondern beim Erzbischof liegt. Dieser wohl in seinem Material selbst liegende
Unterschied hinderte vermutlich den Verfasser der Vita daran, die Gestalt des
Apa Aphu gänzlich nach den Vorbildern der Simplicioresliteratur zu bilden und
ihn durchgehend und konsequent als mikoüq zu bezeichnen. Wie wir aber in
diesem Abschnitt zu zeigen versucht haben, ist Apa Aphu in vieler Hinsicht
mit dem Ideal der <XTI
X7IÄ,6TT|<; verbunden. Als die Autorität, der sein Gehorsam
gilt, kann man die Hl. Schrift betrachen 152 . Dem Wort Gottes gilt ebenfalls der
Glaube des Asketen (vgl. Kap. 9). An zwei Stellen (Kap. 6,2 und 12,2) wird
er als ühdarris bezeichnet. Schließlich rühmt Apa Aphu selbst die Einfalt und
das Kindsein des Erzbischofs Theophilus in Kap. 12,11.
Diese Beobachtungen berechtigen uns, bei der nachfolgenden Motivanalyse
des zweiten Hauptteiles der Vita, das im Abschnitt 7.2.1.2 umrissene Konzept
der mönchischen Einfalt heranzuziehen. Bevor das aber geschehen kann, ist
auf eine weitere wichtige Parallele aus der Simplicioresliteratur zur Vita hinzuweisen.
Es hat bis jetzt, soweit der Forschungsstand überschaut werden kann, noch
niemand darauf aufmerksan gemacht, daß die bekannte Erzählung über die
Bekehrung des Anthropomorphiten Sarapion aus Cassian., Coli. X 2 - 3 als eine
typische Simplicioresgeschichte geschrieben ist, die mit den beiden Apophtheg-
151
5,3.
152
Vgl. auch die göttliche Offenbarung durch einen Engel an den sei. Aphu in Kap.
Vgl. Kap. 4 der Vita. Obwohl wir außer der im Abschnitt 7.2.1.1 behandelten Stelle
Inst. coen. IV 41,3 keine weitere Quelle finden konnten, wo die Einfalt mit dem Gehorsam
der Hl. Schrift gegenüber gekoppelt wäre, zeigen die beiden im Unterabschnitt 5 zitierten
Apophthegmata, daß selbst das Beharren an einem falschen Lehrsatz als „einfaltig" angesehen
werden kann. Es ist bemerkenswert, daß sogar eine solche Einfalt nicht explizit verurteilt
wird.
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
7.vutsrponmlkihgfedcaVOKIEDA
Die Komposition der Vita des seligen Aphu
III
mata aus dem Unterabschnitt 5 durchaus zu vergleichen wäre153. Im folgenden
soll auf einige Gemeinsamkeiten hingewiesen werden. Nach der Zielsetzung
des hl. Cassian soll sein Bericht über den Vorfall mit Sarapion als eine gewisse
Ermahnung an die simplices dienen, vgl. Coli. X l154:
quamquam non dubitem etiam ex hoc
ipso non minimam instructionem super
omnipotentis dei quae in Genesi legitur
imagine quibusque simplicioribus
conferendam, praesertim cum tanti
dogmatis causa vertatur, ut ignoratio
eius sine ingenti blasphemia et
catholicae fidei detrimento esse non
possit.
Ich zweifle freilich nicht, das gerade hierdurch allen Einfältigeren keine geringe
Belehrung erteilt werde über das Bild des
allmächtigen Gottes, wovon man in der
Genesis liest, besonders da es sich um
die Sache eines so großen Dogmas handelt, daß eine Unwissenheit hierin ohne
große Gotteslästerung und Schädigung
des katholischen Glaubens nicht bestehen
kann 155 .
Die Einfalt wird ferner als die Hauptursache für die Ablehnung des antianthropomorphitischen Osterbriefes des alexandrinischen Erzbischofs Theophilus
bezeichnet 156 :
Quod tanta est amaritudine ab universo
propemodum genere monachorum,
qui per totam provinciam Aegypti
morabantur, pro simplicitatis errore
susceptum, ut e contrario memoratum
pontificem velut haeresi gravissima
depravatum pars maxima seniorum ab
universo fraternitatis corpore decerneret
detestandum, quod scilicet inpugnare
scripturae sanctae sententiam videretur,
negans omnipotentem deum humanae
figurae conpositione formatum, cum ad
eius imaginem creatum Adam scriptura
manifestissime testaretur.
Das wurde fast von der ganzen Zahl der
Mönche, welche in der Provinz Ägypten
weilten, im Irrtume ihrer Einfalt so bitter angenommen, daß der größte Teil der
Altväter beschloß, es sei im Gegenteil der
erwähnte Bischof von der größten Häresie verfuhrt und von der ganzen Körperschaft der Brüder zu verabscheuen, weil
er nämlich die Lehre der Heiligen Schrift
zu bekämpfen scheine, mit seiner Leugnung, daß der allmächtige Gott gestaltet
sei nach Weise der menschlichen Figur,
während doch die Heilige Schrift ganz
deutlich bezeuge, daß Adam nach Seinem
Bilde geschaffen sei. 157
153
Darauf, daß die sogenannten Anthropomorphiten bei dem hl. Johannes Cassianus als
„rustic moncs" dargestellt sind, macht z.B. O. CHADWICK, John Cassian, Cambridge 2 1968,
24 aufmerksam. Die Geschichte des Sarapion wird ausführlich bei G. FLOROVSKY, The Anthropomorphites in the Egyptian Desert. Part I, in: Collected Works of Georges Florovsky,
Vol. 4, Belmont 1975, 89-96 und bei C. STEWART, Cassian the Monk, Oxford Studies in
Historical Theology, New York/Oxford, 1998, 86-99 analysiert; die einschlägige Literatur
ist bei C. STEWART, a.a.O., 88 Anm. 13 notiert. Vgl. auch die bei Thephil. AI., ep. ad. mon.
Orig., frg. 7 (63, 29-31 Richard) formulierte Charakteristik der Anthropomorphiten: Ov
p.6va^ tag 'Qpvyevoix; aipeaeu; avESEpaticsauEV, ak\a Kai E-tEpav rapäTtEiv ¿TtixEipEcacav
ra p o v a a t i p i a iidAicra. 'Enetnep äypoiKÖxepoi xive<; Kai iöuörai äv8pöm6nop(pov TÖV OEOV
(ppovEiv ¿8puXößvro ävayKaiov.
154
Cassian., Coli. X 1 (75 Pich.).
155
Übersetzung nach K. KOHLHUND, Unterredungen (wie Anm. 117), 579.
156
Cassian., Coli. X 2 (75-76 Pich.). Hervorgehoben von uns.
157
Übersetzung nach K. KOHLHUND, Unterredungen (wie Anm. 117), 580.
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
178xvutsrqponmljihedcbaVPMKGEDA
Kapitel 2: Der Mensch als Ebenbild Gottes in der Vita des sei. Aphu von Pemdje
In den Augen des hl. Johannes sind also alle, die der Gottheit eine menschliche
Gestalt zuschreiben, einfaltig. Die nachfolgende Erzählung über die Bekehrung
des Anthropomorphiten Sarapion muß diese These illustrieren. Nun fängt der
Bericht über Sarapion mit einem uns schon aus den beiden oben zitierten Apophthegmata bekannten Hinweis auf seine asketische Vollkommenheit an158:
Inter hos ergo qui hoc detinebantur
errore fuit antiquissimae districtionis
atque in actuali disciplina per omnia
consummatus nomine Sarapion, cuius
inperitia super praedicti dogmatis opinione tantum praeiudicabat cunctis veram
tenentibus fidem, quantum ipse vel vitae
merito vel antiquitate temporis omnes
fere monachos anteibat.
Unter den von diesem Irrtum Befangenen war nun einer Namens Sarapion,
der schon sehr lange die Entsagung übte
und im tätigen Leben in allem vollendet
war. Seine Unkenntnis in der Lehre des
erwähnten Dogmas war in bezug auf alle,
die den wahren Glauben hielten, in dem
Grade verurteilenswert, in welchem er
selbst sowohl durch die Verdienste seines
Lebens als auch durch die Länge seiner
Mönchszeit fast alle übertraf 1 5 9 .
Das Motiv der göttlichen Offenbarung fehlt: Sarapion wird durch copioso sermone ac plurimis scripturarum testimoniis des aus Kappadozien gekommenen
Diakons Photinus zur Aufgabe seiner Vorstellung von Gott gezwungen. Das
Fehlen des unmittelbaren Eingreifens Gottes macht aber die Bekehrung des
Sarapion nicht vollkommen: bekanntlich kann er nach dem Streitgespräch mit
Photinus nicht beten, weil ihm nun das gewohnte Gottesbild abhanden gekommen ist160. Doch ist das Motiv der Freude nach der Bekehrung zum wahren
Glauben vorhanden 161 :
Cumque super hoc eius adsensu infinita
vel abbatem Pafnutium vel nos omnes
laetitia replevisset ...
Und als sowohl Abba Pafnutius als auch
wir alle wegen dieser seiner Zustimmung
von der endlosen Freude erfüllt worden
sind ...
Vgl. Daniel 7162:
Kai à7tfjÀ.6ov oi xpelq pexà xaP®<; clq xà
Kf.ÀÀia raÙTOiv.
Und die drei zogen sich mit Freude in
ihre Zellen zurück.
und Daniel 8' 63 :
K a i èxapn (leyaXox; ó (lUKapioi;
KiäpiM.o<;.
158
Und es freute sich mächtig der selige
Kyrillos 164 .
Cassian., Coli. X 3 (76 Pich.).
Übersetzung mit Veränderungen nach K.URONMLKIHED
KOHLHUND, Unterredungen (wie Anm. 117),
580-581.
160
Vgl. Coli. X 3.
161
Cassian., Coli. X 3 (77 Pich.).
162
Apophth. Patr., Daniel 7 (160 A Cot.).
163
Apophth. Patr., Daniel 8 (160 C Cot.).
164
Übersetzung nach B. MILLER, Weisung der Väter (wie Anm. 16), 80.
159
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7.yxvutsrqponmlihgedcbaVSKDA
Die Komposition der Vita des seligen Aphu
179
Am Ende der Geschichte kommt noch einmal das Motiv der Askese und der
Einfalt vor165:
... quod scilicet virum tantae antiquitatis
tantisque virtutibus consummatum,
inperitia sola et simplicitate rusticitatis
errantem, nequaquam usque ad finem
deviare dominus a tramite rectae fidei
permisset ...
... weil der Herr nicht zugelassen hat,
daß ein M a n n von solchem Alter und
solcher Vollkommenheit in den Tugenden,
der nur durch seine Unkenntnis und
ungebildete Einfalt irrte, bis ans Ende
von dem Wege des rechten Glaubens
abweiche 1 6 6 ...
In seiner Darstellung der Geschichte des Anthropomorphiten Sarapion scheint
also der hl. Johannes Cassian bestimmte Züge der Erzählungen über die
Bekehrungen der simplices übernommen zu haben167. Was ihn aber von dieser
Tradition deutlich unterscheidet, ist sein Akzent auf der Massenhaftigkeit der
anthropomorphitischen Bewegung: quod tanta est amaritudine ab universo propemodum genere monachorum, qui per totam provinciam Aegypti morabantur,
pro simplicitatis errore susceptum168. Wie man sich erinnert, handelte es sich
in allen bisher behandelten Beispielen, wo die Einfalt mit negativen Konnotationen erschienen war, um Einzelfälle ohne Generalisierungsversuche. Ohne
jetzt das Problem der literarischen Technik und historischen Wahrheit in den
Werken des hl. Johannes gebührend behandeln zu können, weisen wir auf den
von uns festgestellten Sachverhalt als auf einen möglichen Ausgangspunkt für
eine weitere Behandlung der Frage hin169.
Nachdem die durchlaufenden Themen und Motive des ersten und des dritten
Hauptteiles der Vita des Apa Aphu besprochen wurden und die Bedeutsamkeit
des in der monastischen Literatur Ägyptens des 4.-5. Jahrhunderts entwickelten Konzeptes der Einfalt für das Verständnis der Vita festgestellt worden ist,
kann zur Analyse der wichtigsten Themen des zweiten Hauptteiles übergegangen werden.
165
Cassian., Coli. X 3 (77 Pich.).
Übersetzung nach K. KOHLHUND, Unterredungen (wie Anm. 117), 581-582.
Zum Problem der Abhängigkeit des hl. Cassian von der mündlichen Tradition siehe
PH. ROUSSEAU, Ascetics, Authority, and the Church in the Age of Jerome and Cassian,
Oxford Historical Monographs, Oxford 1978, 254-255; über die Quellen des hl. Cassian im
allgemeinen siehe C. STEWART, Cassian (wie Anm. 153), 35-37, dort auch die Literatur zur
Frage.
168
Cassian., Coli. X 2 (75-76 Pich.). Hervorgehoben von uns.
169
Als eine weitere offene Frage möchten wir an dieser Stelle die nach der Beziehung
zwischen der mönchischen und der frühchristlichen Einfalt benennen; vgl. dazu die Ausführungen im Abschnitt 2.2 des I. Kapitels der vorliegenden Untersuchung zu den Opponenten
des Origenes, den sogenannten simpliciores. Ob und inwieweit die simpliciores als Vorgänger
der antiorigenistischen Mönchsgruppe während des ersten origenistischen Streites verstanden werden können, wird aufgrund der Häufigkeit der im Abschnitt 7.2.1.2 gesammelten
Mönchsbeinamen Simplex bzw. 'Ajitami; zu einem durch die terminologische Übereinstimmung gegebenen Problem.
166
167
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180zwvutsrponmljihfedcbaZVTPMKHGEDA
Kapitel 2: Der Mensch als Ebenbild Gottes in der Vita des sei. Aphu von Pemdje
7.2.2. Die durchlaufenden
Themen
und Motive:
der zweite
Hauptteil
I m U n t e r s c h i e d z u d e m e r s t e n u n d d e m dritten H a u p t t e i l , d i e e i n e n l i n e a r e n
A u f b a u o h n e h e r v o r g e h o b e n e k o m p o s i t i o n e l l e H ö h e p u n k t e a u f w e i s e n , läßt sich
d e r z w e i t e H a u p t t e i l d e r Vita des sei. Aphu
in z w e i U n t e r t e i l e g l i e d e r n , d i e
j e w e i l s e i n G e s p r ä c h d e s sei. A p h u m i t T h e o p h i l u s ( K a p . 7 - 1 2 b z w . K a p . 15)
z u m M i t t e l p u n k t h a b e n . D i e s e r S a c h v e r h a l t läßt sich a n h a n d f o l g e n d e n S c h e m a s darstellen:
Zweiter
Hauptteil:
Übergang vom monastischen zum bischöflichen Leben (Kap. 5 - 1 5 ) ;
insgesamt 902 Zeilen
I. Unterteil: Der Streit um das Ebenbild Gottes; insgesamt 665 Zeilen
Einleitende Umstände
1. Kap. 5. Vorfall in der Kirche: 69,3 Z. 5 - 70,1 Z. 31; 56 Zeilen
2. Kap. 6. Der Weg zu Theophilus: 70,2 Z. 1 - 70,3 Z. 24; 53 Zeilen
Auseinandersetzung
3. Kap. 7. Das Gespräch vor der Diskussion 70,3 Z. 25 - 72,1 Z. 3; 99 Zeilen
4. Kap. 8 - 1 0 . Diskussion: 72,1 Z. 4 - 7 5 , 2 Z. 11; 302 Zeilen
4.1. These: 8,1-3
4.2. Erstes Argument des Theophilus und seine Widerlegung: 8 , 4 - 5
4.3. Zweites Argument des Theophilus und seine Widerlegung 8 , 6 - 9
4.4. Drittes Argument des Theophilus und seine Widerlegung 8,10-9,8
4.5. Abschließendes Argument des Apa Aphu 10,1-9
5. Kap. 11 Ergebnis der Diskussion: 75,2 Z. 12 - 75,3 Z. 19; 36 Zeilen
6. Kap. 12 Das Gespräch nach der Diskussion: 75,3 Z. 2 0 - 7 7 , 1 Z. 19; 119 Zeilen
II. Unterteil: Der Weg zur Bischofsweihe, insgesamt 237 Zeilen
Einleitende Umstände
1. Kap. 13 Tod des Bischofs von Oxyrhynchus und die Wahl des neuen Kandidaten:
77,1 Z. 20 - 77,3 Z. 20; 58 Zeilen
2. Kap. 14 Gefangennahme des sei. Aphu: 77,3 Z. 21 - 78,3 Z. 16; 86 Zeilen
Auseinandersetzung
3. Kap. 15 Diskussion und Bischofsweihe: 78,3 Z. 17 - 79,3 Z. 20; 93 Zeilen
B e i d e H ö h e p u n k t e ( K a p . 7 - 1 2 u n d K a p . 15) sind i n h a l t l i c h a u f e i n a n d e r b e z o g e n .
D i e s ist a m d e u t l i c h s t e n a n d e n S c h l u ß v e r s e n d e r b e i d e n A b s c h n i t t e ( K a p . 12,14
und Kap. 15,13) zu erkennen, die das Motiv der Vaterschaft enthalten. Vgl.:
Kap. 12,13-14:
yqponjifecaVTNMH
a.ya> T2J Te e e NTa.qe i EBOA.
J I T O O T Q £ N o ye ipHNH MN O Y T I M H .
NEQMOICG A E
2ITOOT<)
N J H T EQNHY G B O A
N e e NoycyHpe epe
ne q e ic üT Mo o q je
CBOA 2'TOOTQ
Und auf diese Weise ist er (d. h. Apa
Aphu) von ihm gegangen in Frieden
(eipf|VT|) und Ehre (XI|IF|). Er (d. h. Theophilus) aber (8e) war betrübt in seinem
Herzen, daß jener ihn verläßt, wie ein
Sohn, von dem sein Vater geht.
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7.zutsrponmlihgedaVKDBA
Die Komposition der Vita des seligen Aphu
zyxvutsrqponmlkigedcbaYTONMJ
181
Kap. 15,13-14:
n t gy n o y Ae Aq n^ 2 T c l
k.cd
NAI CBOA nAJCOCIC ngi cut AYCD
¿. qnoqpNeq a.q:xoc>Yq eTeq noAi c
Dann warf er (d.h. Apa Aphu) sich <noch
einmal> nieder <und sagte:> „Vergib mir,
mein Herr und Vater." Und er (d. h. Theophilus) weihte ihn und sandte ihn in seine
Stadt (noku;).
Wird also am Ende des ersten Gesprächs der Erzbischof mit dem Sohn und Apa
Aphu mit dem Vater verglichen, so nennt der Asket nach der zweiten Auseinandersetzung Theophilus „Vater". Dieser Rollenwechsel ist für das Verhältnis
der beiden Unterabschnitte (Kap. 5-12 und Kap. 13-15) paradigmatisch.
Die Initiative im ersten Unterteil liegt beim sei. Aphu: er kommt - zwar
veranlaßt durch eine Engelvision (Kap. 5,3), aber doch auch aus eigenem Antrieb - zu dem Erzbischof nach Rakote; er bleibt als Sieger in der theologischen
Auseinandersetzung (Kap. 11,1-3). Im zweiten Unterteil ist es Theophilus, der
das zweite Kommen des Anachoreten veranlaßt (Kap. 13,4-6); er wird auch
ausdrücklich von Apa Aphu zum Sieger in der zweiten Auseinandersetzung
erklärt (vgl. Kap. 15,10: Apa Aphu warf sich sogleich nieder und sagte: „Ich
bin besiegt").
Soll die Thematik des zweiten Hauptteiles der Vita textgemäß erfaßt werden,
so müssen also zunächst die inhaltlichen Schwerpunkte der beiden in unserem
Schema als „Auseinandersetzung" betitelten Abschnitte Kap. 7-12 und Kap.
15 und zwar in ihrer Beziehung zueinander herausgearbeitet werden.
Beginnen wir mit dem ersten Abschnitt Kap. 7-12. Es ist als erstes zu konstatieren, daß die Unterabschnitte 5 (Kap. 11, Ergebnis der Diskussion) und 6
(Kap. 12, Das Gespräch nach der Diskussion) die Stellungnahmen der beiden
Teilnehmer des Streites in den Kap. 8-10 zu dem stattgefundenen Gespräch
enthalten, die gleichsam eine Bilanz der Unterredung ziehen. Tatsächlich sagt
Theophilus im Kap. 11,1170:
ont coc cnp enei eTpe TMNTpeqi'CBt u
cycune n t o o t o y NN6TCYxa. ze
m a . y ^Y
Wahrhaftig (övt<o<;) geziemt es sich
(itpejcei), daß das Lehren bei denen ist,
die in Ruhe beten (r|Otix«i/.iv).
Die Bewertung des Gespräches durch Apa Aphu stellen die schon mehrfach
zitierten Worte Kap. 12,5-11 dar:
Doch («/Ad) weil es deine Weisheit (acxpioc) ist, auf die wir uns stützen, hat der Feind
unternommen, dieses durch dich zu vollbringen. Er wußte, daß viele deswegen Anstoß
und Schaden nehmen und auf das Wort der heiligen Lehre, das aus deinem Mund
hervorgeht, nicht hören würden. Aber (7tA/r|v) wegen der Liebe zu Gott, die in deinem
Herzen <brennt>, hast du alle Schlingen des Teufels (8u'xßoAo<;) zerrissen, indem du
auf das Wort meiner Nichtigkeit (tXaximoq) hörtest. Denn (yap) die Größe ((ieyeBoi ;)
deines Herzens war außerstande, dich zum Verständnis (¿mvoia) zu erheben, daß (o'xtxe)
du dich deines eigenen Willens bemächtigen solltest. Aber (ähha) du hast das Kindsein
170
Auf diese Worte machten T. O r l an d i , Egyptian Monasticism (wie Anm. 4), 137 und
S. Rubenson, Origen (wie Anm. 51), 335 aufmerksam.
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1 82zvutsrqponmljihedcbaXVPMLKGEDA
Kapitel 2: Der Mensch als Ebenbild Gottes in der Vita des sei. Aphu von Pemdje
in Christus gezeigt auf die Art und Weise des großen Moses, der Jitro, dem Priester
in Midian gehorcht hat. Wahrlich dies ist es, was der ErlöserpojicaXTO
( a c o T i p ) unseren Vätern,
den Aposteln (ü.nocs'zoXoq), gesagt hat: „<Wenn> ihr nicht umkehrt und <nicht> werdet,
wie diese kleinen Kinder." Du hast also (86) in Wahrheit gezeigt, daß du dich völlig
abgewandt hast vom Hochmut <und dich zugewandt hast> der Reinheit und der Einfalt
(öjiXo'Oi;) des K i n d s e i n s . "
Bei der Betrachtung der Worte des Theophilus steht außer Zweifel, daß seine
Aussage eine hohe Würdigung des Asketen darstellt und die weitere Entwicklung
der Lebensgeschichte des Mönches Aphu (3. Hauptteil) klar vorausgreift: in
den Worten „wahrhaftig geziemt es sich, daß das Lehren bei denen ist, die in
Ruhe beten (ficroxo^eiv)", liegt nämlich die Begründung für die spätere Entscheidung des Theophilus für Apa Aphu als den Nachfolger des verstorbenen
Bischofs von Oxyrhynchus (vgl. Kap. 13,4-6). Ist diese Beobachtung richtig,
dann kann die Frage gestellt werden, wie sich die Worte des Theophilus im
dritten Hauptteil bewähren; anders ausgedrückt: man kann, ohne den zweiten
Hauptteil heranzuziehen, aufgrund des dritten Hauptteiles der Vita erfahren,
warum in den Augen des Theophilus der beste Bischof ein Mönch ist. Die
entscheidende Rolle werden dabei die Stellen des dritten Hauptteiles spielen,
in denen verdeutlicht wird, wie der Bischof Aphu sein Kirchenvolk lehrt171.
Werden nun aus dem dritten Hauptteil die Stellen ausgesondert, die mit dem
Thema „Lehren" im engeren Sinne zu tun haben, so handelt es sich um Kap.
16,3; 16,5; 22,1-2; 23,2-5; 24,1-5 (die Kap. 17-20 berichten über unterschiedliche Anordnungen des Bischofs Aphu und über seine Lebensweise während
seiner Bischofszeit; Kap. 21,1-2 ist eine Begründung zu Kap. 20,1-2). Wird
von den Stellen, die das Lehren in einer oder anderer Weise zu ihrem Thema
haben, Kap. 23,2-5 abgezogen, das das Testament des Heiligen darstellt und in
der gesamten Vita eine Sonderrolle spielt, so bleiben folgende Abschnitte: 16,3;
16,5; 22,1-2; 24,1-5. Diese Liste fällt ziemlich genau mit den im Unterabschnitt
7 (Das Verhältnis zu der Hl. Schrift) des Abschnittes 7.2 (Die durchlaufenden
Themen und Motive) angeführten Stellen aus dem dritten Hauptteil (es handelt
sich dabei um Kap. 16,3; 22,1-3 und 24,1-2.5) zusammen. Dies berechtigt zu
der Schlußfolgerung, daß sich das Lehren des Bischofs Aphu in einer Relation
zu seinem Verhältnis zu der Bibel befindet. Weil aber, wie im Abschnitt 7.2.1.1
gezeigt wurde, das Verhältnis des Apa Aphu zur Hl. Schrift mit dem Konzept
der Einfalt zu tun hat, kann vorläufig formuliert werden, daß die lobenden
Worte des Theophilus „Wahrhaftig geziemt es sich, daß das Lehren bei denen
ist, die in Ruhe beten (ficuxa^eiv)", primär das Verhältnis des Anachoreten
Aphu zu der Bibel betreffen, das seinerseits durch das Konzept der Einfalt
erschlossen werden muß.
Wenden wir uns jetzt der Bewertung des Gespräches durch Apa Aphu (Kap.
12,5-11) zu. Das Motiv der Heiligen Schrift und das Konzept der Einfalt müssen
171
Vgl. Kap. 11,1: „wahrhaftig geziemt es sich, daß das Lehren bei denen ist, die in Ruhe
beten."
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7.yxwutsrqponmlkihgfedcaXVSOKJHGEDA
Die Komposition der Vita des seligen Aphu
183
bei der Motivanalyse des I. Unterteiles „Der Streit um das Ebenbild Gottes"
eine bedeutende Rolle spielen.
Das Leitthema des I. Unterteiles des zweiten Hauptteiles der Vita ist die
Übereinstimmung bzw. Nichtübereinstimmung der vom Bischof gepredigten
Lehre mit der Hl. Schrift. Die Nichtübereinstimmung der Aussage des Theophilus mit dem Zeugnis der Bibel macht den Kern des Konfliktes zwischen
dem Erzbischof und dem Mönch Aphu aus; vgl. Kap. 5,1 (aus: I. Unterteil,
Einleitende Umstände 1 „Vorfall in der Kirche") 172 :
JLCQJCONE A E A IyxvutsrqponjifecbaYUTONMKHDA
e q q j o o n MN
Und (8e) als er noch (ett) mit den Tieren
NeeHpi oN eTpeqei E B O A CTTTA(Bipiov) lebte, kam er zur Predigt des heit yeoei cy MTTTTACXA E T O Y A A B AqccuTM ligen Paschas und hörte einen Ausdruck
JLB E Y ^ E S I C NCCYMC})TUNEI AN MN
TTCOOYN H n e n i i i G T O Y A A B
JCDCTE
NqcyTopr p GMATG exPi RRCYAXE
(Kefyc,), der mit der Erkenntnis des Heiligen Geistes (j cvev^a) nicht im Einklang
war (cru|icp<ov£iv)m, so daß (werte) er sehr
verstört wurde wegen des Ausdrucks.
Kap. 7,9 (aus: I. Unterteil, Auseinandersetzung 3 „Das Gespräch vor der Diskussion"):
e n e i AH AICCDTM e y Ae si c NGHTQ
NCCYM(J)cuNei
MN Nerpa.4>H NNiqe
NTe H N O Y T C
Ich habe nämlich
(ETOISTI)
darin einen
Ausdruck (Xf.fyq) gehört, der mit den
Schriften (ypat pfi) des Geistes Gottes nicht
im Einklang war (cru|j.(pcoveiv).
Kap. 8,1 (aus: I. Unterteil, Auseinandersetzung 4.1 „These"):
N T E Y N O Y A.QTTA.£TQ N6I A H A
EQJJOU MMOC
xe
C M O N T AN. I A M
xfyoy
-FAEXIC NTBIMING
ANOK. F N ^ O M O A O R E I
xe NT2i.YTi.Mie NpcDMe THpoy £n
eiiccüN MTiNOYTe.
Und sogleich warf sich Apa Aphu nieder
und sagte: ,J)ieser Ausdruck (Xefyc,) ist
nicht in Ordnung; ich dagegen (ak\a) xe
werde <immer> bekennen (öpxAoyeiv),
daß alle Menschen im Ebenbild (eixcov)
Gottes geschaffen worden sind."
Dementsprechend spielt das Argument der Übereinstimmung mit dem Wort
Gottes während der Diskussion des Bischofs mit dem Asketen eine entscheidende Rolle.
Vgl. Kap. 8,5 (aus: I. Unterteil, Auseinandersetzung 4,2 „Erstes Argument
des Theophilus und seine Widerlegung"):
Der selige (nampioq) Apa Aphu antwortete: „Äußerst du solche <Gedanken, so>
eKNAqj cune GK'F'TCUN MN n e NTAq . x ooc gerätst du in Widerspruch mit Dem, Der
xe MI.PNTA.MION 174 NOYPTUME K A T A
gesagt hat: ,Lasset uns einen Menschen
neNei Ne MN TGNJIKCUN
machen nach ( m t a ) Unserem Gleichnis
und Unserem Ebenbild (eiKt bv).'"
AQOYCOÄJB N6I TTMAKAPIOC ATTA
AC{>OY
172
173
lich.
xe
EKCYANTAYE NAI NTeiMiNe
Siehe unser Schema am Anfang dieses Abschnittes, S. 180.
Der Sinn dieses Ausdruckes ist aufgrund des nachfolgenden Zitats Kap. 7,9 verständ-
174
So die Handschrift; wohl im Sinne MAPNTAMIO zu verstehen. Das Schluß-N ist leicht
als eine Diplographie unter dem Einfluß des nachfolgenden N in Noypt UMe zu erklären.
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
184vutsrponmljihedcbaVPMKGEDA
Kapitel 2: Der Mensch als Ebenbild Gottes in der Vita des sei. Aphu von Pemdje
Kap. 9,7-8 (aus: I. Unterteil, Auseinandersetzung 4,4 „Drittes Argument des
Theophilus und seine Widerlegung"):
nexe
i n j . ACJJOY Na.q x e
Nee
e T e oyi.NjirKa.ioN n e e n i c T e y e
e n i i 0Ya.Ni.rK.a.i0N n e e n i c T e Y e
E[TEQEI.OYICIA. x e
NT^YTAIMIG
mptuMe
|K.ATA|niNe [MN OIIKCUN [MTTNJOYTe.
n e N T ä . q x o o c ra.pxe
xe
¿.NOK. n e
n o e i K NT^qei GBOA £N T u e NToq ON
NENTA.QJCOOC x e
NETNANCUJT
EBOA
NOYCNoq NpcoMG ceN^TTegT ncuq
eBOA e n e q H a . xe NTAYTa.YTJi.Mie1
npcuMe 2 n OIKCDN MnNoyTe.
Apa Aphu sagte zu ihm: „<Genauso> wie
es nötig ((xvayicaiov) ist, dies zu glauben
(7iicrxe'6eiv), ist es nötig (ävayKcxiov), an
[Seine Ma]cht [(e^oujaia) zu glauben
(nicTe-ueiv), den Menschen [nach (K<XTCX)]
dem Gleichnis [und dem F.bjenbild (eiicrov)
Gottes zu schaffen. Denn (yap) Derjenige, Der sagte: „Ich bin das Brot, das vom
Himmel gekommen ist" 176 , ist Derselbe,
Der auch sagte: „Wer Menschenblut vergießt, dessen <Blut> wird dafür vergossen
werden, weil der Mensch im Ebenbild
(eiKwv) Gottes geschaffen wurde." 177
Es ist also, wie Apa Aphu mehrmals betont, an die jeweiligen Stellen der Bibel
zu glauben; vgl. dazu außer dem soeben zitierten Abschnitt auch Kap. 10,8
(aus: I. Unterteil, Auseinandersetzung 4,5 „Abschließendes Argument des Apa
Aphu"), wo aus dem Vergleich der Verehrung des Kaiserbildes gemäß dem
Befehl des Kaisers mit der Autorität der Hl. Schrift, die den Menschen für das
Ebenbild Gottes erklärt, folgende Konsequenzen gezogen werden:
e c y j c e cyj.pe NJJ 6 e cycune
NOY2IK.KCDN eHNTTNi. MMOC OYAG
M6CK.IM e c o
N j L [ I C | e e T O C . TTIK-IIM]
MJLAAON nptuMe e p e n e n N i .
MnNoyTe N£HTq e q e N e p r e i J.YID
eqTiiHY n a p s . NZCUON THpoy
6T2IJCM HKA2
Wenn es also mit dem geist- (7cveu|ia) und
(oi>8e) bewegungslosen Bild (eiKtbv), das
nichts [ w a h r n e h m e n kann [(ai'a]9r|to<;), so
beschaffen ist, um wieviel mehr (|iäM.ov)
< m u ß man als Ebenbild Gottes> den Menschen <anerkennen>, in dem der Geist
(7tv£i)|ia) Gottes <wohnt>, der handelt
(evepyeiv) und mit einer größeren Ehre
ausgezeichnet ist als (roxpd) alle Lebewesen (Cfbov) auf der Erde?
Alle oben zitierten Aussagen des Apa Aphu sind vor dem Hintergrund des
Zeugnisses des vierten Kapitels zu sehen, wo der Verfasser der Vita seinen
Helden über die Motivation seines Lebens mit den Tieren sprechen läßt. Das
bedeutet, daß seine Treue zum biblischen Wort keineswegs nur eine verbale,
sondern eine äußerst praktische ist. Während des Gespräches mit Theophilus
kommt dieses Thema zwar nur beiläufig zur Sprache178, aber die erzählerische
175
Wohl als NTAYTAMie zu verstehen.
Joh 6,41.
177
Vgl. Gen 9,6; Jak 2,11.
178
Vgl. Kap. 12,1-3: Danach sagte er zu dem Seligen beschwörend: „Erzähle mir, welches Leben du <fuhrst> und aus welchem Ort du herkommst." ... Er antwortete ihm: „Zwar
möchte ich wie ein Mönch (|iovtxx6<;) leben, aber ich bin weit entfernt von dieser Ehre".
176
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7.utsrponmlihgedcaVKDA
Die Komposition der Vita des seligen
Aphu
185
Strategie des Verfassers, dem es nicht um das bloße Kennen, sondern um das
„Tun" der Schrift geht, kommt an zwei entscheidenden Punkten zum Ausdruck.
Zum einen handelt es sich um die Stellung des vierten Kapitels, das auf das
Thema „die Hl. Schrift" im zweiten Hauptteil der Vita ein „praktisches Gepräge" legt. Zweitens ist wiederholt auf die Worte des Theophilus im Kap. 11,1
(„Wahrhaftig (ÖVTCOI;) geziemt es sich (jtpejtei), daß das Lehren bei denen ist,
die in Ruhe beten (f|GDxd^eiv)") hinzuweisen, die wiederum die Bibelkenntnisse
und Treue zur Hl. Schrift mit Askese in Verbindung setzen.
An dieser Stelle ist zu verdeutlichen, was Theophilus unter NNeTCYX^ze
< *fiau%cx^£iv versteht (in unserer Übersetzung mit „die, die in Ruhe beten"
wiedergegeben). Mit dem terminus technicus fiauxioc (wörtlich: „Ruhe, Stille,
Untätigkeit") wird in der monastischen Literatur des 4.-5. Jahrhunderts eines
der Ziele umschrieben, „nach dem die Anachoreten streben und das ihnen als
Perspektive vor Augen steht."179 Das unübersetzbare Wort impliziert in dieser
Literatur eine Abkehr von der Welt, die zur inneren, sich vom ständigen Gebet speisenden Ruhe fuhrt 180 . Ein Bezug zur Hl. Schrift ist mit dem Terminus
nicht unmittelbar gegeben. Wie ist dann aber die Aussage des Theophilus zu
verstehen, der einem Hesychasten - d.h., in erster Linie, einem B e t e r - d a s
Lehren in der Kirche zuspricht?
Um diese Frage zu beantworten, sei hier an das im Abschnitt 7.2.1 Punkt 2
erwähnte Motiv des unablässigen Gebetes im ersten Hauptteil der Vita erinnert.
Die Stelle (Kap. 2,4) lautet: yxutrqponjigfecaYTONMHCA
^ qp^ Ni^ q Ai e Na.cf>OY eTpeqcuiNgj
2N OYBIOC NTeiMiNe. ^ qic^ igHiY
NNeqeioiiTe ^ c| Hopcf N oyqA^ p e x N
Teq-f- ne ¿.qötu eiqit yoorr MN Ncyocy
2N TepeM oc epe NEGOOY MN [TGIYOJH
cy oon NAC| NCY[ Nä.]äic.
179
Und (8e) es beliebte A p h u , f o l g e n d e s L e ben (ßtoq) zu f ü h r e n : er legte seine Kleid u n g ab, b a n d sich eine L e d e r s c h ü r z e
u m die L e n d e n u n d v e r b l i e b u n a b l ä s s i g
in der W ü s t e (Epripoi;) mit A n t i l o p e n ,
so d a ß ihm Tag u n d N a c h t z u m G o t t e s dienst (cruvaijii;) w u r d e n .
H . HOLZE, Erfahrung (wie Anm. 75), 253.
Dem Thema „i)croxia" ist das zweite, öxi 5eî riouxiav REDEN cnroDSfl HET<X5U»KEIV
betitelte Kapitel der alphabetischen Kollektion der Apophthegmata
patrum gewidmet; einer der zeitgenössischen Definitionsversuche lautet wie folgt (Apophth. Patr., coli. syst. II
17 (SC 387, 134,17,1-5 Guy)): O fiaDxâÇcov xpsiav exet xcöv xptcov xoüxcov ipoßov ö e o ü
äSioAeutTov Kai xo aixeîv peS' wtopovfïç Kai TO |xfi ä n o W a a i xr)v KapStav a w o i ) ä n ö
Hvfmriç Geoi). Vgl. auch einen Umschreibungsversuch von A. GUILLAUMONT, Un philosophe au désert: Evagre le Pontique, in: DERS., AUX origines du monachisme chrétien. Pour
une phénoménologie du monachisme, Spiritualité orientale 30, Abbaye de Bellefontaine
1979, 189: ,,1'hésychia, mot intraduisible, qui désigne l'état de parfaite tranquillité dans
lequel doit se trouver le moine, libre de tous les soucis du monde, pour se livrer, en pleine
disponibilité, à la contemplation." Eine detailliertere Beschreibung bietet z.B. H . HOLZE,
Erfahrung (wie Anm. 75), 2 5 3 - 2 6 0 ; siehe auch C. LIALINE, Art. Erémitisme en orient, DSp
IV/2, Paris 1961, 937-938; P. ADNÈS, Art. Hésychasme, DSp V I I / 1 , Paris 1969, 3 8 1 - 3 9 9 ;
H.-J. SIEBEN, Art. Recueillement, DSp XIII, Paris 1988, 2 5 0 - 2 5 1 .
180
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1 8 6yvutsrponmlkjihedcbaVPMKHGEDA
Kapitel 2: Der Mensch als Ebenbild Gottes in der Vita des sei. Aphu von
Pemdje
Die Vita gibt keine eindeutige Antwort auf die Frage, wie der sei. Aphu gebetet
hat; die einzige Information, die wir besitzen, ist die, daß es unablässig, „Tag
und Nacht", geschah. Eine enge Parallele läßt vermuten, daß diese Wendung
möglicherweise eine mehr oder weniger übliche Bezeichnung der mönchischen
Gebetspraxis der Zeit war, vgl. Apophth. Patr., Isidor 4 (PG 65, 220CD Cot):
iym ÖTE RJ|!T|V vewxEpoi; Kai £Kaöfi|ir|v ei<;
TÖ K£/Oviov |io\), [IF.xptiv cruva^eox; oi)K
e i ^ o v f) vücj [ioi Kai r ^ e p a ativaiju; fjv.
A l s ich j u n g w a r und in m e i n e r Z e l l e saß,
k a n n t e ich kein M a ß an Gebet: Tag und
Nacht wurden mir zum Gottesdienst.
Es ist zugleich daran zu erinnern, daß der Bischof Aphu bestimmte - und nicht
gerade kleine - Einheiten aus der Heiligen Schrift den Diakon- und Priesterkandidaten zum Auswendiglernen bot und an dieser Regel festhielt 181 . Daraus
kann mit großer Wahrscheinlichkeit gefolgert werden, daß er selbst viele größere
Bibelstücke aus dem Gedächtnis zu rezitieren vermochte, wenn nicht sogar
die ganze Hl. Schrift auswendig konnte 182 . Daß der sei. Aphu während seiner
Wüstenzeit „Tag und Nacht" mit Worten der Hl. Schrift betete, kann daraus
zwar nicht zwingend abgeleitet werden, das Lob des Erzbischofs legt es aber
in gewisser Weise nahe. Der Mönch Aphu wird also als ein Asket dargestellt,
der dank seiner Askese für die Stelle eines Bischofs geeignet ist, weil den
Mittelpunkt dieser Askese der unerschütterliche Glaube an das Wort Gottes
sowie seine genaue praktische Befolgung bilden. Wie im Abschnitt 7.2.1.2
„Einfalt in der monastischen Literatur Ägyptens des 4.-5. Jahrhunderts. Eine
Übersicht" (Unterabschnitte 2 und 4) gezeigt, sind sowohl der Glaube, als auch
181
Siehe Kap. 24,1-3.
Die Belege für das Auswendiglernen der ganzen Hl. Schrift sind in der monastischen
Literatur des 4 . - 5 . Jahrhunderts nicht selten; vgl. z.B. Apophth. Patr. 250 ( 7 7 - 7 8 Chaîne):
x i c e o y a . A B ON a j c u n e gM TTCIMA NOYCDT e n e q p A N n e JLJLNIHA. e y n p i . K T i K o c
BMi.Te n e NJua.K.piTiK.oc e i q x i NTerpa.(J)H THpc N i i r o c T H e o c TKeNH (= KAINH) MN
T ï ï i A e i MN NK2LNCDNIKON THpoY LYCÜ GNCYNTÀMA. NTG N e n i a c o n o c . Der in der
monastischen Literatur der Zeit eingebürgerte terminus technicus für das Auswendiglernen
bzw. -sagen war das Verb à7Kxrrr|9iÇei.v. Wir finden es z. B. an vielen Stellen in der h. Laus,
des hl. Palladius von Helenopolis (geschrieben 419/420): Pall., h. Laus. 11,4 (52,30 Bar.)
itataxiav 5È Kai Kaivr|v ypa(pf]v àrcoaTnOiaaç (über den bekannten Origenisten Ammonius:
„er konnte das Alte und Neue Testament auswendig"); Pall., h. Laus. 18,25 ( 9 2 , 2 1 8 - 2 1 9
Bar.): MâpKoç 8è oïrajç veœTepoç fjv, mxXaiàv Kai Kaivfiv ypa(pf]v àraxrrnÔiÇoov („dieser
Markus war ein junger Mann, der das Alte und Neue Testament auswendig konnte"); vgl.
auch Pall., h. Laus. 32,11 (160,101 Bar.) und Pall., h. Laus. 37,1 (182,4 Bar.). Derselbe hl.
Palladius berichtet in Kap. 26 seiner Historia über einen jungen Asketen Iron ("Hpcov), mit
dem zusammen er einmal vierzig Meilen nach Sketis gegangen ist. Unterwegs rezitierte
(à7ceoxf|9iÇev) Iron fünfzehn Psalmen und einen großen Psalm (wohl Ps 118 nach LXX), den
Hebräerbrief, das Jesaiabuch, einen Teil des Jeremiabuches, das Lukasevangelium und die
Sprüche, vgl. Pall., h. Laus. 26,3 (140,17-24 Bar.). Belege aus der pachomianischen Tradition siehe bei H . BACHT, Das Vermächtnis des Ursprungs. Studien zum frühen Mönchtum I,
STGL 5, Würzburg 1972, 249 ff, weitere Belege sind bei G. SCHMELZ, Kirchliche Amtsträger
im Spätantiken Ägypten nach den Aussagen der griechischen und koptischen Papyri und
Ostraka, Archiv für Papyrusforschung und verwandte Gebiete, Beiheft 13, München/Leipzig
2002, 55 gesammelt.
182
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7.utsrponmlihgedaVKDA
Die Komposition der Vita des seligen Aphu
187
der G e h o r s a m (im Fall der Vita - der Hl. Schrift gegenüber) wichtige Charakteristika der mönchischen Einfalt, wie sie in den Texten aus d e m Ägypten des
4 . - 5 . nachchristlichen Jahrhunderts begegnen. Sie allein reichen aber nicht aus,
u m von der bewußten Darstellung des Apa A p h u als eines einfaltigen M a n nes sprechen zu können. U m das eigentliche K o n z e p t des Verfassers der Vita
zu verstehen, m u ß man zugleich die soziale Charakteristik des A p a A p h u im
zweiten Hauptteil der Vita berücksichtigen.
In der Tat betont der Verfasser mit Nachdruck, daß A p a A p h u nach außen
hin wie ein iSubxriq, d. h. ein ungebildeter, ländlicher M a n n aussieht, vgl. Kap.
6,1:
AYtU i.q^TTOAHHei GTITOAIC pa.K.OTe
eqcjjopei noyujthn [H|ffX6e.
und er begab sich (a7io8rinelv) in ein
zerrissenes Gewand gekleidet ((popeiv) in
die Stadt (tcoXiq) Rakote.
Kap. 6,2:
a b ep^Tcf n6i TTMa.Ka.pioc ana.
2k.cJ)OY 2'PM TTpo MnenicKonioN NcyoMT
Ngooy aycu rine \xxy .xiTq NA.q
620YN g y n a y enpcuMe ecyjsce OY2i~
aicdthc n e
Drei Tage stand der selige (^aKÖpioq)
Aphu vor der Tür der bischöflichen Residenz (e7tiGKcmeiov) und keiner führte
ihn zu ihm (d. h. zum Erzbischof) hinein,
weil man auf ihn so schaute, als ob er ein
schlichter Mann aus dem Volk (iSio'jxrit;)
wäre.
Kap. 6 , 4 - 5 :
eic OYpcüMe N2HK.e 2IPM n p o e q x c o
mmoc .xe eioYtuq) gattan-ta. epoK.
¿.NON JLB MnerjecyTOAMA eNTq NJLK.
eneiAH mn 2bccu z i < J J W ( i eqT^eiHY
Da draußen ist ein armer Mann; er sagt,
daß er sich mit dir treffen (äraxvt&v)
möchte. Wir aber (8e) haben nicht gewagt
(to^icxv), ihn zu dir zu geleiten, weil ja
(ejtei8r|) seine Kleidung keine ansehnliche
ist183.
Kap. 7,6:
eTBe n a i i.i-f-ni.OYoi 62OYN
eTeKMNTNOö eioAppei x e NTNa.q>ec
no)i.Jce jln ntmntgycgbhc k.an
eAqcycune eBOA.2iTOOTq NOYptuMe
N2HK6 6T6 Ä.NOK Tie.
Deswegen begab ich mich zu deiner erhabenen Größe in der Zuversicht (Sappeiv),
daß du das Wort der Frömmigkeit
(e\>aeßf|<;) nicht verachten wirst, wenn es
auch (Kai av) von einem armen Mann
kommt, wie ich einer bin.
183
Vgl. das im Abschnitt 7.2.1 (N» 3) vermerkte Motiv des Ablegens der Kleider. In der
Wüste trägt Apa Aphu bloß eine Lederschürze (Kap. 2,4), bei seinen Besuchen der oxyrhynchischen Kirche zieht er aber ein Dorfgewand (Kap. 2,7) an, das ihn nun, vor der Tür
der bischöflichen Residenz sozial (und zwar als zu einer niedrigen gesellschaftlichen Stufe
gehörend) markiert. Das Motiv unterstreicht die Gegenüberstellung „Wüste - Welt", in der
die Wüste mit paradiesischen Zügen (vgl. Kap. 3) und die Welt als unvollkommen dargestellt
wird.
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188xvutsrponmljihedcbaVPMKGEDA
Kapitel 2: Der Mensch als Ebenbild Gottes in der Vita des sei. Aphu von Pemdje
Kap. 12,2: YVUTONMLKJIHGDCA
T N A. Y r a . p e
T T GKCM O T N e e
NNI2YJ V.ICUTH C. *| *CCI)TM A 6
eNeiccyi.xeyxoec
e yxo ce
N2INCO(J)OC.
D e n n ( y a p ) ich sehe, < e i n e r s e i t s > ,
2tixuq
CH AT C
n^pa.
du w i e ein einfacher M a n n
daß
(iSuonii;)
aussiehst, andererseits (8e) höre ich deine
Worte, die erhabener als (raxpd) die der
Weisen (acxpoi;) sind
Der Sinn der ganzen Geschichte des künftigen Bischofs von Oxyrhynchos ist
aber deutlich der, daß Apa Aphu eben nicht bloß „ein schlichter Mann aus dem
Volk" ist. Dies zeigen schon die oben zitierten Kap. 6,2 und 12,2, die sehr klar
die Idee ausdrücken, daß der Schein trügt und der Mönch Aphu nicht oder
nicht ganz derjenige ist, der er zu sein scheint. Es sei an dieser Stelle daran
erinnert, daß ein solches Mißverständnis uns schon einmal begegnet ist, und
zwar bei der Analyse der flüssigen Grenzen zwischen der christlichen Einfalt
und der realen, mit der niedrigeren Herkunft zusammenhängenden Unbildung 184 .
Die betreffende Stelle aus dem hl. Johannes Cassianus (Cassian., Coli. V 21
(212-213 Pich.)) sei hier noch einmal zitiert:
N a m huius vitii naturam quidam
senum cum philosophis disputans, qui
eum pro simplicitate Christiana velut
rusticum crederent fatigandum, sub hoc
problematis figurans colore eleganter
expressit ... Tum illi hunc, quem velut
idiotam ac rusticum ante despexerant,
pronuntiaverunt primas philosophiae
partes, id est ethicam disciplinam adprime
conprehendisse, mirati admodum potuisse
eum naturaliter adsequi quod nulla ei
saecularis eruditio contulisset, cum ipsi
sudore multo longaque doctrina ita haec
adtingere nequivissent.
Die Natur dieses Lasters (d. h. der
Gastrimargie) hat einer der Altväter, der
mit Philosophen disputierte, die wegen
seiner christlichen Einfalt glaubten,
sie würden ihn wie einen bäurischen
Menschen leicht zu überreden haben,
schön ausgedrückt, indem er sie unter
folgendem Bilde in einer Frage zeichnete
... Jetzt erklärten jene, daß dieser, den
sie vorher als unwissend und bäurisch
verachtet hatten, den vorzüglichsten Teil
der Philosophie, d.h. die Ethik, trefflich
erfaßt habe, und wunderten sich sehr, wie
er von Natur aus, ohne daß es ihm eine
weltliche Bildung beigebracht habe, das
hätte erreichen können, während sie mit
vieler Mühe und langem Lernen nicht so
weit hätten kommen können 1 8 5 ...
Die angeführte Stelle aus dem hl. Johannes Cassian läßt die Frage aufkommen,
ob nicht auch der Mönch Aphu als ein christlicher vir simplex zu verstehen ist.
Die einzige Schwierigkeit, die dieser Deutung im Wege steht, ist die, daß diese
Bezeichnung nirgendwo in der Vita explizit mit ihrer Hauptperson in Verbindung
gebracht wird. Eine Erklärung dafür mag aber die folgende sein.
184
185
436.
Vgl. Abschnitt 7.2.1.2, Unterabschnitt 3.
Ubersetzung mit Veränderungen nach K. KOHLHUND, Unterredungen (wie Anm. 117),
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Die Komposition der Vita des seligen
Aphu
189
Bei der Durchsicht der in den Unterabschnitten 3, 4 und 5 des Abschnittes
7.2.1.2 gesammelten Beispiele merkt man, daß die Fälle, in denen es sich um eine
polemische Auseinandersetzung mit der Beteiligung der simpliciores handelt,
in zwei Gruppen eingeteilt werden können. Im Unterabschnitt 5 sind Beispiele
gesammelt, wo ein einfältiger Mönch einen Fehler begeht und korrigiert wird.
In den Unterabschnitten 3 und 4 haben wir es dagegen mit zwei Beispielen
zu tun, in denen ein vir simplex seine Opponenten besiegt (Unterabschnitt
3 - Cassian., Coli. V 21; Unterabschnitt 4 - Cassian., Coli. XV 3). Beschreibt
man alle diese Fälle als „Streitsituationen", so kann gefragt werden, wer die
Gegner der simplices sind. Im Falle der Widerlegung einer falschen Meinung
des einfaltigen Mönches sind es ein Bischof (Apophth. Patr., Daniel 8), ein
Theologe (Cassian., Coli. X 4) und zwei gebildetere Mönche (Apophth. Patr.,
Daniel 7). Im Falle einer Diskussion, in der der Einfaltige gewinnt, sind es ein
Häretiker (Cassian., Coli. XV 3) und die heidnischen Philosophen (Cassian.,
Coli. V 21).
Dieser Befund zeigt, daß im Streit mit den außerhalb der Kirche Stehenden die Einfalt als eine Tugend beschrieben wird, die die Gelehrsamkeit der
Häretiker und der Heiden übersteigt. Muß aber ein Streit innerhalb der Kirche
dargestellt werden, dann zeigt die Einfalt ihre Kehrseite als mangelnde theologische Bildung.
Im Rahmen dieses Paradigmas hatte der Verfasser der Vita des Apa Aphu die
schwierige Aufgabe, einen tatsächlich tugendhaften Exponenten der simplicitas
christiana vorzustellen, der mit einem Vertreter der Kirche, und zwar mit dem
Erzbischof von Alexandrien, in Streit geriet und diesen zu überzeugen vermochte,
daß er einen schweren dogmatischen Fehler begangen hatte. Diese Aufgabe löste
der Verfasser dadurch, daß er Apa Aphu als mit den für das Konzept der Einfalt
typischen Tugenden (Glaube und Gehorsam) ausgestattet darstellte und für seinen
Dialog mit dem Erzbischof das Motiv des Verwechselns der wahren christlichen
Einfalt mit der iSuoieia verwendete, das sonst bei der Beschreibung des Streites
eines Mönches mit den heidnischen Philosophen erscheint186. Eine ausdrückliche Bezeichnung des Apa Aphu als ÖOTA,0"0<; hat der Verfasser wahrscheinlich
aus dem einfachen Grund vermieden, daß eine solche für den Erzbischof, der
sich den Argumenten des Mönches ergeben mußte, wenig rühmlich wäre187.
Zugleich aber hat der Verfasser deutliche Hinweise gegeben, daß Apa Aphu
in seinen Augen in der Tat ein Mönch ist, der die Tugend der Einfalt besitzt.
Außer den oben genannten Indizien handelt es sich dabei um die am Anfang
186
Vgl. außer Cassian., Coli. V 21 z.B. Ath., v. Anton. 72-73.
Charakteristischerweise spricht Theophilus an der entscheidenden Stelle Kap. 11,1
das Lehren in der Kirche weder der Weisheit des Eremiten noch seiner Einfalt, sondern
seiner allgemein als Ausdruck seiner Askese zu verstehenden ricruxia zu, die die Weisheit
der Weisen übersteigt (vgl. Kap. 12,2). Die Einfalt würde an dieser Stelle zu stark mit dem
Lehren in Widerspruch kommen, die Weisheit wäre zu wenig christlich.
187
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190vutsrponmljihedcbaVPMKGEDA
Kapitel 2: Der Mensch als Ebenbild Gottes in der Vita des sei. Aphu von Pemdje
dieses Abschnittes erwähnte Bewertung des stattgefundenen Streites durch Apa
Aphu in Kap. 12,5-11, wo der Asket die Einfalt des Erzbischofs lobt. Vergleicht
man die beiden Bewertungen (die des Theophilus in Kap. 11,1 und die des sei.
Aphu in Kap. 12,5-11) miteinander, so ergibt es sich, daß der Erzbischof über
Apa Aphu als über einen zukünftigen Bischof spricht und seine Fähigkeit zum
Lehren in der Kirche betont, und Apa Aphu seinerseits Theophilus als einen
Mönch versteht, der sich die höchste Tugend der Einfalt erworben hat. Jeder
betrachtet den anderen aus eigener Perspektive, was in bezug auf Apa Aphu
zu bedeuten hat, daß er selbst das gerühmte Ideal anstrebt.
Ob er es wirklich zu dem Zeitpunkt der ersten Auseinandersetzung mit Theophilus erreicht hat, ist eine Frage, die für den Verfasser der Vita im zweiten
Hauptteil ganz zentral ist. Mit dieser Frage kommen wir zugleich zur Übersicht
der wichtigsten Themen des zweiten Unterteiles des zweiten Hauptteiles.
Am Anfang dieses Abschnittes wurde davon gesprochen, daß sich die
beiden Unterteile des zweiten Hauptteiles in gewisser Weise wie Bild und
Spiegelbild zueinander verhalten (vgl. S. 180-181). Diese Beobachtung sei
jetzt etwas vertieft.
Bei der Betrachtung der schon mehrmals behandelten Bewertungen des ersten
Dialogs durch die beiden Gesprächspartner in Kap. 11,1 und Kap. 12,5-11,
kann die Beobachtung gemacht werden, daß Theophilus offenbar an Apa Aphu
etwas lobt, was er selbst nicht hat, nämlich die hohe asketische Leistung, die
das unfehlbare Lehren ermöglicht, das ihm selbst versagt bleibt. Ist es nun
nicht so, daß auch das Lob des Apa Aphu auf eine Tugend gerichtet ist, die er
möglicherweise noch nicht in vollem Maße hat?
Eben dies scheint der Verfasser sagen zu wollen, wenn er unmittelbar nach
dem Lob auf die Einfalt und den Gehorsam in Kap. 12,5-11 Apa Aphu in
Kap. 12,12 trotz der inständigen Bitten des Erzbischofs zurück in die Wüste
gehen läßt:
MNNca. Nii ¿.qcenccuTTcf eTpeqöco
NMMA.q NgeNgOOY. NTOCJ A B
2Lqna.PJK.KA.A-ei e q x c u MMOC X E
Dann bat er ihn, einige Tage bei ihm zu
bleiben, er aber tröstete (7tttpaKOÄEiv)
<ihn> und sagte: „Es ist mir unmöglich."
OYÄ.TÖOM N2J n e Tlil.
Das gleiche Motiv des Ungehorsams gegenüber der obersten kirchlichen Macht
wird auch in Kap. 14,6 weiter entwickelt. Einer der Mönche sagt nämlich über
die Pläne, Apa Aphu zum Bischof von Pemdje zu weihen:
eqa)ä.NeiMe e r m x e eTGTNcyiNe
Kiccuq
N e n i c K o n o c qNAncuT.
Wenn er erfährt, daß ihr nach ihm sucht,
um ihn zum Bischof (£7uaK07t0q) zu
machen, läuft er weg.
Das Thema kulminiert in der ausdrücklichen Weigerung des Mönches Aphu,
sich der Bischofsweihe zu unterziehen, vgl. Kap. 15,8:
n e i gcüB ra.p o f-m NJLTÖOM
Diese Sache ist fiir mich nämlich (ydp)
unmöglich
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
7.zwutsrponmlihgfedaWVKDA
Die Komposition der Vita des seligen Aphu
191
Seine endgültige Einwilligung (vgl. Kap. 15,12) ist also als eine Korrektur an
seinem bis jetzt nicht ganz vollkommenen Gehorsam zu verstehen und bildet
zugleich ein Pendant zur Bekehrung des Theophilus in Kap. 11,1 —318S. Wie
damals der Erzbischof, der einen dogmatischen Fehler begangen hatte und ihn
durch den Gehorsam wiedergutmachte, so erreicht jetzt Apa Aphu die Höhe der
Vollkommenheit dadurch, daß er der Kirche gehorsam wird und wegen des Heils
der anderen auf den eigenen asketischen Weg verzichtet (vgl. Kap. 15,4-5).
Damit erreicht das schon in Kap. 2,1 angedeutete Thema des Gehorsams (vgl.
auch das Motiv der Bindung an die Kirche in Kap. 2,7) seinen Höhepunkt.
Die Auseinandersetzung im II. Unterteil des zweiten Hauptteiles (Kap. 15)
ist also als ein Gegenstück zur Auseinandersetzung im I. Unterteil (Kap. 8-12)
konzipiert. Der Sieger und der Besiegte, der Herausforderer und der Herausgeforderte, der sich Irrende und der Korrigierende wechseln ihre Plätze. Hat Apa
Aphu in Kap. 12,7-11 die kindliche Einfalt und den Gehorsam des Erzbischofs
gelobt, so bekommt er jetzt selbst die Gelegenheit, diese Tugenden gegenüber
dem Erzbischof zu üben. Somit erweist sich das Thema des Gehorsams als ein
die beiden Unterteile des zweiten Hauptteiles verbindendes Thema. Beginnend
im Kap. 2,1 als Motiv des Gehorsams des Novizen Aphu seinen monastischen
Lehrern gegenüber, setzt es sich fort im Kap. 4,2-4 als Motiv des Gehorsams
gegenüber der Hl. Schrift, das sich durch den ganzen I. Unterteil des zweiten
Hauptteiles zieht (vgl. das mit dem des Gehorsams verbundene Motiv des Glaubens an das Wort Gottes in Kap. 8,1; 8,5; 8,9; 9,7) und in dem im Kap. 12,9
ausgedrückten Gedanken kulminiert, daß die Autorität der Hl. Schrift - wenn
sie auch von dem unbedeutendsten Mitglied der Kirche zur Geltung gebracht
wird - höher als die des Bischofs ist. Im II. Unterteil des zweiten Hauptteiles
wird diese Idee in einer kunstvollen Weise durch die des Gehorsams gegenüber
dem Bischof aufgewogen, der auch für einen Charismatiker verbindlich ist (Kap.
15,12)189. Der Schlußakkord dieser Motivik ist das Testament des sei. Aphu
(Kap. 23,1-5), das die Ausübung des bischöflichen Amtes durch einen Asketen
als für das geistige Wachstum hinderlich hinstellt und nur dann möglich sein
läßt, wenn es aus Gehorsam geschieht.
188
Dieser Umstand ist von Alexander Golitzin in seiner Deutung der Vita, auf die weiter
unten ausfuhrlich einzugehen sein wird (siehe Abschnitt 8), leider übersehen, weil entsprechende Partien der Vita in dem von Drioton gebotenen Text, auf den Golitzin Bezug nimmt,
nicht abgedruckt sind, siehe dazu auch Anm. 193 weiter unten.
189
Der Vita geht es also nicht darum, den lokalen Wüstenheiligen gegen den alexandrinischen Erzbischof auszuspielen, wie E. CLARK, Controversy (wie Anm. 40) 52, n. 54
meint. Das Lehramt des Theophilus wird in keiner Weise angetastet, vgl. Kap. 12,5: „Doch
weil es deine Weisheit ist, auf die wir uns stützen, hat der Feind unternommen, dieses durch
dich zu vollbringen."
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192vutsrponmljihfedcbaVPMLKGEDA
Kapitel 2: Der Mensch als Ebenbild Gottes in der Vita des sei. Aphu von Pemdje
8. Der Mensch als Ebenbild Gottes in der Vita des seligen Aphu
Die im Abschnitt 7 u n t e r n o m m e n e Übersicht über die wichtigsten T h e m e n und
Motive der Vita des sei. Aphu hat gezeigt, daß das im I. Unterteil des zweiten
Hauptteiles (Kap. 8 - 1 0 ) ausführlich behandelte Problem der menschlichen Gottesebenbildlichkeit nicht zu den Hauptthemen dieses D o k u m e n t e s gehört 190 . Der
Verfasser der Vita nutzt den ganzen Vorfall mit d e m unstimmigen A u s d r u c k im
Osterbrief des Theophilus (Kap. 5 , 1 - 4 ) aus, um zu zeigen, daß die Garanten
der unverfälschten christlichen Lehre die unablässig (die Hl. Schrift?) betenden
M ö n c h e sind (vgl. Kap. 11,1), die sich nicht davon abschrecken lassen, in ihrer
christlichen Einfalt das biblische Wort wörtlich zu n e h m e n und es praktisch zu
leben" 1 . Dementsprechend betont der Verfasser an vielen Stellen, daß die irrige M e i n u n g des Theophilus der Hl. Schrift widerspricht und läßt den M ö n c h
A p h u ihn eben in dieser Hinsicht korrigieren (vgl. Kap. 5,1; 7,9; 8,5; 9,8). Das
eigentliche Interesse des Verfassers scheint darin zu bestehen, zu zeigen, daß
und w a r u m ein v o l l k o m m e n e r M ö n c h Bischof sein kann und welche Probleme
damit verknüpft sind.
A u s g e h e n d von der durchgeführten Motivanalyse m u ß die These Tito Orlandis
von einer bewußten parteilichen Interpretation der Auseinandersetzung der anthropomorphistisch gesinnten M ö n c h e mit Theophilus in der Vita 192 neu geprüft bzw.
neu akzentuiert werden. Die Vita scheint eine historisch relativ lang zurückliegende
Begebenheit f ü r ihre eigene, durch die aktuellen Z w e c k e bedingte Situation zu
bearbeiten 1 9 3 . Wenn wir auf die Vita als Ganzes schauen, so läßt sich sagen, daß
ihr Verfasser nicht daran interessiert ist, seinen Lesern eine besondere A u f f a s s u n g
über das Ebenbild Gottes im Menschen zu vermitteln; seine Intention - zumindest
190
Das wichtigste Kriterium ist, daß das Thema der Gottesebenbildlichkeit außer in den
genannten Kap. 8-10 und dem Kap. 5,4 in der Vita sonst nirgendwo auftaucht. Ob man das
im Kap. 3,2 erwähnte „Zeichen ihres (= der Antilopen) Herrn" (nMa.eiN MneYXoeic) als
eiKwv @eoi> verstehen soll, ist u.E. wegen der abweichenden Terminologie fraglich. Das
Thema der Hl. Schrift, dem der Streit um das Ebenbild Gottes im Menschen im Kontext der
Vita einzuordnen ist, ist dagegen durchlaufend, vgl. z.B. Kap. 4; 5,1; 7,9; 8-10; 16,3; 22;
24,1-2.
191
Vgl. Kap. 4,1-4 und unsere Ausfuhrung zur Einfalt im Abschnitt 7.2.1.1.
T. ORLANDI, Vita di Aphu (wie Anm. 35), 53; das Zitat siehe oben Anm. 37.
193
Bleibt man auf dem Niveau der Kompositionsanalyse der Vita, so könnte man dagegen
damit argumentieren, daß die Diskussion zwischen dem Erzbischof und Apa Aphu einen zu
langen Textabschnitt in Anspruch nimmt, um ein zweitrangiges Thema zu sein. In der Tat
nimmt der Streit (Kap. 8-10) mit 302 Zeilen fast genau ein Fünftel des ganzen Textes (1526
Zeilen) ein. Dieser Befund läßt sich aber auch aus innertextlichen Gründen interpretieren: der
Streit ist nämlich wirklich als die Bewährung des zukünftigen Bischofs ein zentraler Teil der
Vita. A. GOLITZIN, Controversy (wie Anm. 54), 25 möchte die polemische Ausrichtung der
Vita aus der Leichtigkeit des Sieges des Apa Aphu über Theophilus ableiten: „According to
the Life of Aphou ... Theophilus promptly surrenders to the old man's arguments, and the two
part in an atmosphere of happy reconciliation. For the Life at least, the story is one of the
triumphs of the desert's traditional wisdom over the philosophical learning of the Greeks".
Diese Deutung übersieht aber, daß die Niederlage des Theophilus durch die des Apa Aphu
im Kap. 15 aufgewogen wird; siehe dazu auch Anm. 188 oben.
1,2
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
8. Der Mensch als Ebenbild Gottes in der Vita des seligen Aphu
193
der oben angebotenen allgemeinen Motiv- und Themenanalyse zufolge - scheint
darin zu bestehen, das Vorhandensein des Ebenbildes Gottes in jedem Menschen
als eine biblische Wahrheit darzustellen, die Apa Aphu gegen die der Bibel widersprechende Deutung des Theophilus in Schutz nimmt.
Interessiert also die Polemik um das Ebenbild Gottes den Verfasser der Vita
nur bedingt, so kann man fragen, ob sie möglicherweise Informationen über die
Ansichten des oxyrhynchischen Anachoreten und seiner Gesinnungsgenossen
überliefert 194 , die nicht auf einer Linie mit der Intention des Verfassers liegen
und zusätzliche Angaben über ihre Auffassung von der Gottebenbildlichkeit des
Menschen vermitteln. Dies ist die Annahme, die für Drioton in seiner Deutung
der Vita als Ausgangspunkt gedient hat: „tandis que l'exposé des idées débattues
concorde dans les détails les plus minutieux avec ce que révèlent les historiens
ecclésiastiques de la controverse, l'auteur du récit ignore la controverse ellemême: il a perdu la clé de ce qu'il rapporte si exactement et cette exactitude
aveugle prouve qu'il met en œuvre un document fort bien renseigné, peut être
même le procès-verbal de quelque notaire épiscopal qui assista à l'entretien
d'Aphou avec l'archevêque Théophile." 195
Eine solche Unterstellung der nicht voll bewußten Übernahme (vgl.: il a perdu la clé de ce qu'il rapporte) der Materialien, die aus einem anderen Kontext
stammen 196 , muß durch einen Beweis gestützt werden, daß die von dem Verfasser
benutzte Quelle in der Tat Informationen hergibt, die zu ihrem ursprünglichen,
von dem der Endredaktion der Vita abweichenden Kontext gehören. Drioton hat
für diesen Kontext die Berichte des Sokrates und des Sozomenus über den Streit
zwischen den „Anthropomorphiten" und den „Origenisten" angeführt und den
sei. Aphu zu einem Vertreter der syrischen Sekte der gleichwohl als Anthropomorphiten bekannten Audianer erklärt, die seiner Meinung nach in Ägypten ihre
Niederlassung hatten197. Bekanntlich ist dieser Deutungsversuch daran gescheitert,
daß Drioton keine stichhaltigen Argumente zugunsten seiner Audianerhypothese
194
Vgl. Kap. 5,2: „Und auch jeder, der ihn (d.h. den falschen Ausdruck) gehört hatte,
wurde ebenfalls betrübt und verstört"; Kap. 7,11: „Daran nehmen viele Fromme Anstoß, so
daß sie nicht wenig betrübt sind in <ihren> Herzen."
195
196
É. DRIOTON, L a d i s c u s s i o n ( w i e A n m . 19), 93.
Vgl. É. DRIOTON, La discussion (wie Anm. 19), 93 n. 3: „L'auteur du papyrus, s'il
connaît le fait matériel de la descente d'Aphou à Alexandrie, en ignore la portée: il ne se
doute pas que son bienheureux va défendre une thèse hérétique; il ne soupçonne pas toute
l'ampleur de la discussion et la réduit à une question privée d'exégèse; il ne connaît pas la
forme concrète et populaire de la controverse, la question de savoir si, oui ou non, Dieu a
des pieds et des mains; il ignore les qualificatifs d'„origénistes" et d'„anthropomorphites"
que les moines s'envoyaient si volontiers à la tête l'un de l'autre. Dans ces conditions les
détails qu'il donne, s'ils reportent vraiment au sein de cette discussion anthropomorphite
tombée dans l'oubli, portent par le fait même leur cachet d'authenticité: le scribe ne les
eût pas inventés puisqu'il ne les comprend plus, et s'il les reproduit avec une exactitude
aussi frappante, c'est que nécessairement il s'est documenté à une source ancienne et bien
informée".
197
É. DRIOTON, La discussion (wie Anm. 19), 115ff.
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1 9 4vutsrponmljihgedcbaVPMKGEDA
Kapitel 2: Der Mensch als Ebenbild Gottes in der Vita des sei. Aphu von Pemdje
zu bringen vermochte 198 . Ebenfalls in Frage gestellt wurde seine Annahme, Apa
Aphu wäre ein - sei es auch besonderer Art199 - Anthropomorphit 200 .
Die letztere Meinung Driotons wurde aber, wie in der Übersicht über den
Forschungsstand bereits vermerkt wurde 201 , vor kurzem von A. Golitzin aufgenommen, auf dessen Argumente es nun einzugehen gilt202.
Golitzin behandelt die Vita des sei. Aphu innerhalb des 5. Teiles seines Buches, der den Titel „The Form of God and Vision of the Glory: Some Thoughts
on the Anthropomorphite Controversy of 399 AD" trägt203. Die Hauptthese
Golitzins, die er in diesem Teil formuliert und durchzuführen versucht, besagt,
daß die aus den Quellen des 4.-5. Jahrhunderts bekannten Anthropomorphiten
die Vertreter der Mystik der visio Dei waren, in deren Zentrum das Schauen
der göttlichen Herrlichkeit in der Gestalt der präinkarnierten zweiten Person
der Heiligen Dreifaltigkeit stand204. In diesem Sinne interpretiert Golitzin die
198
Vgl. G. FLOROVSKY, Apa Aphou (wie Anm. 2), 112: „... there is no evidence that the
Audian movement ever expanded to Egypt. ... Drioton simply begins with the assumption
that Audians were the only source from which ,Anthropomorphite' convictions could have
come. He does not consider the possibility that the allegedly ,Anthropomorphite' arguments
could be derived from some other source. Drioton is compelled to admit that Aphou's position
was much more qualified than that of the historic Audians. And yet he finds his position to
be .heretical', although it is not clear what exactly he regards as heretical in the exposition
given in the ,Life' ... One cannot but regret that Drioton put his unwarranted assumption
into the very title of his otherwise competent and interesting article ... This assumption so
blinded Drioton that he failed to grasp the true subject of this ,discussion' and to discern its
actual theme and its internal structure."
199
Vgl. E. DRIOTON, La discussion (wie Anm. 19), 126-127.
200
G. FLOROVSKY, Apa Aphu (wie Anm. 2), 119: „In his conversation with the Archbishop he (d. h. Apa Aphu) was concerned solely with the concept of God's image in man. He
did not develop or defend any ,Anthropomorphite' thesis. The sting of his argument was
directed against the denial of God's image in man, and there was no word whatever about
any ,human form' in God. Aphu only contended that man, even in his present condition
and in spite of all his misery and destitution, had to be regarded still as being created in
the image of God, and must be, for that reason, respected" und p. 122: „His (d.h. Aphus)
crucial emphasis is simply this: the reality of the ,image' in general is not compromised by
its factual inadequacy" (hervorgehoben von dem Autor).
201
Siehe oben Abschnitt 5, S. 145-146.
202
Vater Alexander Golitzin hat uns das englische Manuskript des entsprechenden Kapitels
seines auf Rumänisch erschienenen Buches über die Erfahrung des Herrn in der Orthodoxen
Kirche zur Verfügung gestellt, wofür wir ihm ausdrücklich danken möchten. Bei den Zitaten
aus diesem Kapitel verweisen wir auf die Seiten der rumänischen Ausgabe, bringen jedoch
den englischen Urtext. Die folgenden Überlegungen sind zusammengefasst in D. BUMAZHNOV,
Zur Interpretation der Vita des seligen Aphu von Pemdje, in: L. PERRONE, P. BERNARDINO,
D. MARCHINI (Hrsgg.), Origeniana Ovtava. Origen and the Alexandrian Tradition/Origene
e la tradizione alessandrina, Papers of the 8th International Origen Congress, Pisa, 27-31
August 2001, Vol. II, BEThL 164, Leuven 2003, 987-993.
203
204
A. GOLITZIN, M i s t a g o g i a (wie A n m . 53),
184-267.
Vgl. A. GOLITZIN, Mistagogia (wie Anm. 53), 185: „I believe that this controversy had
to do with two issues: first, that the monks thought the question important because they believed that it touched on the very goal of their lives as Christian renunciates, the vision of God;
and, second, that their anthropomorphism' represented in fact a Christology of very ancient
provenance, with roots in the vision tradition of pre-Christian apocalyptic and with possible
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8. Der Mensch als Ebenbild Gottes in der Vita des seligen Aphu
195
bekannte Geschichte des Anthropomorphiten Sarapion205, den Bericht des hl.
Epiphanius von Zypern über die Audianer206 und die Homilie des hl. Gregor von
Nyssa zum Fest des ersten Märtyrers Stephanus207. Anschließend geht Golitzin
auf die Vita des sei. Aphu ein208.
Nach einem Überblick der Editions- und Forschungsgeschichte 209 bietet
Golitzin eine kurze Nacherzählung der Kap. 5-8 210 . Die Zusammenfassung
Golitzins lautet: „So far, we find the familiar references to Genesis, together
with the language of light and glory"211. Desweiteren erwähnt Golitzin das
parallels in the interests some rabbinic circles maintained in mystical speculation on the chariot,
or merkabah, of Ezekiel 1." Vgl. auch A. GOLITZIN, Controversy (wie Anm. 54), 15.
205
Cassian., Coll. X 4; vgl. A. GOLITZIN, Mistagogia (wie Anm. 53), 187: „For Serapion
(sic), that content (d.h. von der visio Dei) appears to be the glorious form of God, according
to which pattern we humans were made."
206
Epiph., haer. LXX. Vgl. A. GOLITZIN, Mistagogia (wie Anm. 53), 188-189: „As for
their faith, there is only, he (d.h. hi. Epiphanius) says, ,one little point [en mikro tini]' that
is off-killer and to which they stubbornly cling. They read Gen. 1:26 literally, attaching to it
both Gen.2:7, the making of Adam from the earth, and 9:6, the divine prohibition of murder,
addressed to Noah, because ,God made man in his own image' (Panarion 70.2.4-5). The
Audians thus believe that the imago Dei is identical with God's corporeal form, hence the
attachment to Gen.2:7, and that the image persisted after the Fall, thus Noah and Gen.9:6. ...
Now, and again significantly, it is just at this point that the argument shifts to the visio Dei.
For the Audians, the issues of the image and the content of the vision are clearly linked. In
support of their position, they call to witness a number of Old Testament theophany texts,
most notably Isaiah 6:1 f f a n d Daniel 7:9-13, but including other references, such as to God's
throne and footstool in Is.66:1 and Ps.l0:4, as well as the divine hands and eyes (Psalms 10:
4 and 33:16, and Isaiah 41:20)."
207
A. GOLITZIN, Mistagogia (wie Anm. 53), 192: „Turning back thus to the Audians ...
their Christology, like that which I belive belongs to Serapion (sic) and company as well,
is an older one, closer to some of the possibilities intimated by Gregory's enigmatic phrase,
,the form which appeared to men' (PG 46,713)."
208
A. GOLITZIN, Mistagogia (wie Anm. 53), 192-196. Die Argumentation Golitzins wird
außerdem in seinen beiden späteren Publikationen A. GOLITZIN, Controversy (wie Anm. 54),
2 5 - 2 6 und A. GOLITZIN, Reflections (wie Anm. 54), 291-294 mit unbedeutenden Variationen
wiederholt.
209
A. GOLITZIN, Mistagogia (wie Anm. 53), 192. Die Edition Rossis bleibt dabei ungenannt. Den folgenden Ausführungen wurde die französische Übersetzung des stark gekürzten
Textes Driotons zugrunde gelegt (siehe A. GOLITZIN, Mistagogia (wie Anm. 53), 193); wie
schon oben erwähnt, läßt Drioton Kap. 1,1-2; 2,4-4,5 und 13,1-25,1 weg.
210
A. GOLITZIN, Mistagogia (wie Anm. 53), 193. Dabei werden Kap. 5,4 (hervorgehoben
ist die Erwähnung der Herrlichkeit Gottes in der Nacherzählung des Inhaltes des Osterbriefes:
„der Verfasser, nachdem er die Herrlichkeit Gottes in <seiner> Predigt hochgepriesen hatte,
gedachte <auch> der Schwäche der Menschen"), Kap. 8,1 (Hinweis des sei. Aphu auf Gen
1,26), Kap. 8,9 (Hinweis des sei. Aphu auf Gen 9,6) und Kap. 8,11 (Hinweis des Theophilus auf
1 Tim 6,16: „Wenn er (= Mensch) außerhalb sitzt und seine Notdurft verrichtet, wie würdest du
an ihn <im Zusammenhang> mit dem wahren unerreichbaren Licht denken?") akzentuiert.
211
A. GOLITZIN, Mistagogia (wie Anm. 53), 193. Es ist zu bemerken, daß die „references
to Genesis" und „the language of light and glory" in den zitierten Stücken aus der Vita auf
drei unterschiedliche Sprecher verteilt sind: die Verweise auf Gen 1,26 und 9,6 gehören
nämlich dem sei. Aphu, die Herrlichkeit Gottes ist von dem Verfasser selbst in seiner Nacherzählung des Osterbriefes des Theophilus erwähnt und mit dem „unerreichbaren Licht" wird
der Mensch von Erzbischof Theophilus verglichen.
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
196vutsrponmljihedcbaVPMKGEDA
Kapitel 2: Der Mensch als Ebenbild Gottes in der Vita des sei. Aphu von Pemdje
eucharistische Argument des Apa Aphu (Kap. 9,1-8), in welchem er besonders
das Zitat aus Joh 6,51 (Kap. 9,8) herausstreicht. Danach wird Kap. 10,1-3.5,
8 in der Übersetzung aus dem Französischen Driotons zitiert212.
Das angeführte Material faßt der Autor folgenderweise zusammen: „Let
me pause here simply to note the following equivalences: the image of God,
Christ, the body „come down from heaven" 213 , and the „glory of the greatness
of God" 214 clothed with „incomprehensible light"215, or, more simply still: image
= Christ = heavenly body = glory/greatness/light. It seems scarcely necessary
to add, though I will do so anyway, that this sequence or constellation of terms
is quite in agreement with the grouping, glory-light-image-form (eidos, figura,
forma) that we have already met, at least partially, in Cassian, Epiphanius, and
even, to a degree, Gregory." 216
Aufgrund der durchgeführten Gleichsetzung zieht Golitzin die Schlußfolgerung, daß sich der Leib des Menschen für Apa Aphu in einer Relation mit
der göttlichen Herrlichkeit der präinkarnierten zweiten Person der Heiligen
Dreifaltigkeit befindet: „With respect, then, to the question of Gen. 1:26, while
it is certainly true that, for Aphou, our human bodies are of a different ,stuff',
thus his differentiation above between the wood of the king's picture and the
sovereign's living body, and so human flesh in contrast to incomprehensible
light, it is also clear for him that they nevertheless reflect a heavenly reality, specifically the Second Person of the Trinity"217. In den nachfolgenden
Ausführungen bringt Golitzin für seine These einige Argumente, auf die nun
einzugehen ist.
Unmittelbar nach dem zuletzt zitierten Gedanken über die Relation zwischen
dem menschlichen Leib und einer „heavenly reality, specifically the Second
Person of the Trinity" für Apa Aphu bespricht Golitzin die Vitadeutungen
Driotons und Florovskys 218 . Mit Florovsky spricht er sich gegen die Verbin212
In unserer Übertragung lautet das Stück: „Was aber die Herrlichkeit der Größe Gottes
betrifft, die von [kjeinem [gesehen werden] kann we[gen] ihres unbegreiflichen] Li[chtes],
sowie in bezug auf die menschliche Schwäche und Geringfügigkeit ... denken wir also,
wie wenn ein König gebieten würde und ein Bild gemalt würde. Jedermann ist ferner damit
einverstanden, daß es das Bild des Königs ist. Zugleich aber wissen alle, daß es ein Stück
Holz mit Farben ist. ... (der König aber) sagte, daß dies sein Bild sei. ... um wieviel mehr
<muß man als Ebenbild Gottes> den Menschen <anerkennen>."
213
Joh 6,51, vgl. Vita, Kap. 9,8.
214
Vgl. Vita, Kap. 10,1.
215
lTim 6,16, vgl. Vita, Kap. 8,11.
216
217
A. GOLITZIN, M i s t a g o g i a ( w i e A n m . 53), 194.
A. GOLITZIN, M i s t a g o g i a ( w i e A n m . 53), 194, vgl. A . GOLITZIN, C o n t r o v e r s y ( w i e
Anm. 54), 25-26. In bezug auf die von A. Golitzin entwickelte Identifikationskette (1) the
image of God = (2) Christ = (3) the body „come down from heaven" = (4) the „glory of
the greatness of God" clothed with = (5) „incomprehensible light" wäre zu fragen, wie ihre
Identität abgeleitet und festgestellt wird. So ist es fraglich, ob Element 3 mit Element 4;
Element 1 mit Element 2; Element 1 mit Element 4 und Element 2 mit Element 4 nach dem
Zeugnis der Vita gleichgesetzt werden können.
218
A. GOLITZIN, M i s t a g o g i a ( w i e A n m . 53), 194.
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
8. Der Mensch als Ebenbild Gottes in der Vita des seligen Aphu
197
dung der Ansichten des Apa Aphu mit dem Einfluß der Audianer aus. Ebenso
stimmt Golitzin mit der These Florovskys überein, nach der „the subject of
the anthropomorphite discussion of the image and form of God" „the Second
Person of the Trinity" war219. Der wichtige Punkt, an dem er aber diese These
korrigieren möchte, ist, daß es nach seiner Meinung nicht um „the Second Person
incarnate" ging. Golitzin schreibt: „Here I would underline one of Drioton's
observations: Apa Aphu clearly believed in a divine body,,clothed with incomprehensible light', according to which model our bodies were made.220 Had he
simply intended a sort of literalist equivalence - i.e., that if one believes the
phrase, ,this is my body', then one is equally committed to accepting ,this is
my image' - he could simply have cited one of the Synoptic narratives, or 1
Corinthians 11:24. He did not, though, but chose instead the text from John
with its unmistakable evocation of the descent of the Heavenly Man."221
Die drei Argumente, die Golitzin ins Feld fuhrt, sind also 1) ein Hinweis auf
den Deutungsversuch Driotons, 2) die Bestreitung dessen, daß der Vergleich
mit der Eucharistie im Kap. 9,1-8 ein bloßer Appell an den Glauben ist, und
schließlich 3) eine besondere Interpretation des Zitats aus Joh 6,41 im Kap.
9,8. Zu diesen Argumenten ist jetzt folgendes zu sagen.
Zunächst soll die Argumentation Driotons näher betrachtet werden. Es
sei vorausgeschickt, daß die Deutung Driotons, auf die sich Golitzin beruft,
im Kontext seiner schon mehrfach erwähnten umstrittenen Interpretation des
Apa Aphu als Audianer zu verstehen ist. Im Zuge dieser Deutung unternimmt
Drioton die Analyse des Vergleiches der menschlichen Gottebenbildlichkeit
mit dem königlichen Bild (siehe Vita, Kap. 10). Der Vergleich gilt für ihn als
„véritable synthèse," „le dernier mot" und „l'exposé positif" der anthropomorphistischen Gotteslehre222.
Daß es sich bei dem Vergleich nicht um eine private Meinung des Apa Aphu
handelt, leitet Drioton von der Pluralform des Verbes „denken" im Kap. 10,1223:
„Aphou déclare qu'il livre l'explication reçue parmi ceux de son parti, sans
doute la doctrine que lui avaient transmise ses vieux maîtres audiens"224.
Diese Beobachtung Driotons hat einiges für sich (den Hinweis auf die
„maiîtres audiens" klammern wir aus). Die Pluralform findet sich in den Worten des Aphu sonst an keiner Stelle der Vita. Soll mit der Auswahl dieser Form
gesagt werden, daß Apa Aphu im Namen „vieler Frommer" spricht, von denen
in den Kap. 5,2 und 7,11 die Rede ist? Aber warum wird sie nur beim letzten
219
A. GOLITZIN, Mistagogia (wie Anm. 53), 194, es wird auf G. FLOROVSKY, Anthropomorphites (wie Anm. 153), 91-92 und 95-95 verwiesen.
22(1
Golitzin verweist auf É. DRIOTON, La discussion (wie Anm. 19), 126-127.
221
A. GOLITZIN, M i s t a g o g i a ( w i e A n m . 53), 195, vgl. A. GOLITZIN, C o n t r o v e r s y ( w i e
Anm. 54), 26-27.
222
É. DRIOTON, La d i s c u s s i o n ( w i e A n m . 19), 126.
223
Vgl.: „Uber die Herrlichkeit der göttlichen Größe ... denken wir aber also, wie wenn
ein König ..."
224
É. DRIOTON, L a d i s c u s s i o n ( w i e A n m . 19), 126.
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
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Kapitel 2: Der Mensch als Ebenbild Gottes in der Vita des sei. Aphu von Pemdje
Argument verwendet? Zu bedenken wäre z. B. auch noch, daß auch Theophilus die gleiche Form gebraucht, wenn er im Kap. 11,2-3 seinen mißglückten
Ausdruck zurücknimmt. Wenigstens im Kap. 11,2 soll der Pluralis eine gewisse
Verlegenheit zum Ausdruck bringen: „Denn die Gedanken unseres Herzens waren
in uns verwirrt, so daß wir uns geirrt haben in dieser ganzen Angelegenheit aus
Unwissenheit". Wäre es nicht möglich, daß die Pluralform im Kap. 10,1 eine
ähnliche Funktion hat, weil Apa Aphu hier nicht wie in den sonstigen Fällen
aufgrund der Hl. Schrift spricht225? Die Frage muß offengelassen werden.
Nach dieser einleitenden Bemerkung faßt Drioton den Sinn des Vergleiches
mit dem König zusammen: „il y a entre Dieu et l'homme, qui est son image,
la même différence qu'entre le roi et le tableau, planches et couleurs, qui le
reproduit. Le tableau est semblable au roi, mais pas en tout ... Pourtant le roi
a déclaré que c'était son portrait et l'on ne doit prêter attention qu'aux ressemblances pour respecter la décision du roi. Telles sont, expliquées en parabole,
les relations de ressemblance de l'homme avec Dieu. Dieu a un corps, c'est la
doctrine anthropomorphite sous-jacente à toute cette discussion; mais ce corps,
doué de la lumière incompréhensible, a des qualités que celui de l'homme ne
possède point ..," 226 .
Diese Behauptung muß am Text überprüft werden 227 . Zunächst ist nach dem
allgemeinen Kontext zu fragen, in welchem das 10. Kap. der Vita des sei. Aphu
steht. Ohne eine ausführliche Analyse der Diskussion mit Theophilus zu bieten,
soll hier die schon zitierte Feststellung Florovskys wiederholt werden, die durch
den Befund der Vita bestätigt wird: „In his conversation with the Archbishop
he (d. h. Apa Aphu) was concerned solely with the concept of God's image in
man. He did not develop or defend any ,Anthropomorphite' thesis. The sting
of his argument was directed against the denial of God's image in man, and
there was no word whatever about any ,human form' in God. Aphu only contended that man, even in his present condition and in spite of all his misery
and destitution, had to be regarded still as being created in the image of God,
and must be, for that reason, respected"; „his (d.h. Aphus) crucial emphasis
is simply this: the reality of the ,image' in general is not compromised by its
factual inadequacy." 228
225
Vgl. z.B. Kap. 8,1, wo sich Apa Aphu direkt auf die Bibel stützt: „Dieser Ausdruck ist
nicht in Ordnung; ich dagegen werde <immer> bekennen, daß alle Menschen im Ebenbild
Gottes geschaffen worden sind."
226
É. DRIOTON, La discussion (wie Anm. 19), 126-127. Vgl. das oben angeführte Zitat aus
A. GOLITZIN, Mistagogia (wie Anm. 53), 194: „With respect, then, to the question of Gen.l :
26, while it is certainly true that, for Aphou, our human bodies are of a d i f f e r e n t , s t u f f t h u s
his differentiation above between the wood of the king's picture and the sovereign's living
body, and so human flesh in contrast to incomprehensible light, it is also clear for him that
they nevertheless reflect a heavenly reality, specifically the Second Person of the Trinity";
vgl. auch A. GOLITZIN, Controversy (wie Anm. 54), 27-28.
227
Die These Driotons „Dieu a un corps, c'est la doctrine anthropomorphite sous-jacente
à toute cette discussion" (vgl. das Zitat oben), darf also nicht als Voraussetzung gelten.
228
G . FLOROVSKY, A p a A p h u ( w i e A n m . 2), 119, 122.
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
8. Der Mensch als Ebenbild Gottes in der Vita des seligen Aphu
199
Verstehen wir die Position Driotons richtig, so macht er für die von Florovsky festgestellte Problematik den Verfasser der Vita verantwortlich, der, nach
seiner Meinung, den wahren Sinn der Lehre Apa Aphus mißverstanden hat229.
Als einzige Belegstelle für seine eigene Deutung bringt Drioton das nun zur
Diskussion stehende Kap. 10, auf das Florovsky nicht im Einzelnen eingegangen
war. Laut Drioton haben wir es im Kap. 10 mit „la doctrine que lui (d. h. Aphu)
avaient transmise ses vieux maîtres audiens" 230 zu tun. Mit Ausnahme von den
audianischen Wurzeln231 der Ansichten des Apa Aphu ist die umschriebene
Position in impliziter Form von Golitzin übernommen worden 232 .
Zunächst soll herausgearbeitet werden, wie das 10. Kap. im Kontext der
Vita, d. h. - nach dem Verständnis Driotons - in der Interpretation des Verfassers
zu verstehen ist.
Es ist zunächst festzustellen, daß Kap. 10,1 die These des Theophilus (Kap.
8,10-11) aufnimmt. Es sei zunächst Kap. 10,1 zitiert233:
6TB6 n e o o y
AB MTTMere
e o c NNOYTE
na.! e i T e mn]
O)6OM E T P E
N[àY ei
poq eT[Be]
neqoYIoeïNi
NAT[TA20qi
i-Ytu eTBe
TMNTÖCUB
Was aber (8é) die
Herrlichkeit der Größe
(néye6oç) Gottes betrifft,
die von [k] einem
[gesehen
werden] kann
we[gen]
ihres unbegreiflichen]
Lifchtes],
sowie in bezug auf
die menschliche Schwäche
MN TMNTEY
und Geringfügigkeit
T 6 A . H C MTTptU
(ELJXT'ÂFLÇ )
ME KÀTÀ. N
ö c u ä b NTe
CJJYCIC ETN
COOYN M[MO]
OY. eNMeeYe
gemäßXOK
(KO.XÔ.)
der
Gebrechlichkeit der
Natur ((pwiç), welche
beide < D i n g e > wir
kennen, denken wir
229
Vgl. É. DRIOTON, La discussion (wie Anm. 19), 93 n. 3: „L'auteur du papyrus, s'il
connaît le fait matériel de la descente d'Aphou à Alexandrie, en ignore la portée: il ne se
doute pas que son bienheureux va défendre une thèse hérétique; il ne soupçonne pas toute
l'ampleur de la discussion et la réduit à une question privée d'exégèse ...".
230
231
É. DRIOTON, L a d i s c u s s i o n ( w i e A n m . 19), 126.
Die Position Golitzins unterscheidet sich von der Diotons in bezug auf die Audianer
insofern, als der letztere Apa Aphu für einen direkter Nachfolger der audianischen Lehrer
in Ägypten hielt, während A. Golitzin sowohl die Audianer als auch Apa Aphu unabhängig
voneinander in einem größeren Kontext des mystischen Anthropomorphismus deutet, vgl.
A. GOLITZIN, M i s t a g o g i a ( w i e A n m . 53), 188 ff u n d A . GOLITZIN, C o n t r o v e r s y ( w i e A n m .
54), 14 n. 3; 20.
232
Siehe die Zitate S. 194-197.
233
Die Konjekturen gehen auf O. VON LEMM, Zur Vita des h. Aphu, Bulletin de l'Académie
Impériale des Sciences de St.-Pétersbourg 1908, 597 zurück. Wir geben den Text in seiner
handschriftlichen Gestalt wieder, um die Größe der Lakunen sichtbar zu machen.
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
2 0 0yxvutsrponmlkjihedcbaVPMKHGEDA
Kapitel 2: Der Mensch als Ebenbild Gottes in der Vita des sei. Aphu von Pemdje
NT EI J E
x e
also, wie
wenn ein König gebieten
(KEÄ.e'ueiv) würde
und ein Bild (eiicwv) gemalt
(¡¡coypcMpeTv) würde.
N
e e Noyppo e q
NjiKeAeye N
ceza>rpa.(j)i
NOY2IK.CUN.
Vgl. Kap. 8,10-11:
n e a e na.pxieTTicK.onoc xe
Der Erzbischof (dp^iETciaKoraj^) sagte:
„Ich furchte mich <über> den Menschen,
Npeqcynigicei xe eq(J>opei NGIKWN
der kränklich < u n d > leidensfähig ist, zu
sagen, daß er das EbenbildYWVUTONMKJIHGECB
(EIKMV) des
M T T N O Y T 6 N A. N A. EH C N 6 Y T H A . e C
leidensunfahigen (d7Kx8f|q) und einfachen
eqjaqgMMOc giBOA Ncjna.pa.cKeYa.Ze
N a q j Nge KNaMeeYe e p o q MN n o y o e i N (evtEÄrjQ ?) Gottes trägt (cpopetv). Wenn
er außerhalb sitzt und seine Notdurft
MMeeTe Mepe A.aa. Y x o o ß e q .
verrichtet (roxpaaKevid^eiv), wie würdest
du an ihn <im Zusammenhang> mit dem
wahren unerreichbaren Licht 234 denken?"
exooc
-j-pgoTe
eypcuMe NpeqqjcüNe
Beiden Stellen ist der Bezug auf 1 Tim 6,16 gemeinsam. Die Erwähnung der
Herrlichkeit Gottes im Kap. 10,1 erinnert außerdem an die Nacherzählung des
Osterbriefes des Theophilus im Kap. 5 ,4235.
Die zweite Beobachtung betrifft Kap. 10,9:
eTBe T.A.ia.<t>opa. jv.e NNcytüNe MN
NAYA. N MN N 6CU 3CB E T N J H T N
Was aber (8e) verschiedene (Siaipopd)
Krankheiten, Hautfarben und Mängel
anbetrifft, die uns eigen sind 236 ...
Diese Stelle nimmt klar Bezug auf folgende Worte des
(Kap. 8,4):
N^cy Nge e K N ^ c y x o o c GTBE o y e ö c u c y
xe eiKCUN T e MnNOYTe H o y a
e q c o B £ H oy6x\e
H O Y BX A. 6 .
Theophilus
Wie wirst du über einen Äthiopier sagen
können, daß er das EbenbildwvieXK
(eiKwv)
Gottes sei, oder (fj) <über> einen Aussätzigen, oder (fj) <über> einen Gelähmten, oder (fi) <über> einen Blinden?
xojec
Somit ist ein Zusammenhang zwischen Kap. 10 und Kap. 8 festgestellt. Kap.
10 scheint eine direkte Antwort auf die Bedenken des Theophilus zu sein, die
die eiKcbv-Relation zwischen Mensch und Gott betreffen. Die Position des Erzbischofs besteht darin, daß er an das Vorhandensein des göttlichen Ebenbildes
im postlapsaren Menschen nicht glauben kann237. Vor diesem Hintergrund sind
234
Vgl. lTim 6,16.
Vgl.: „der Verfasser, nachdem er die Herrlichkeit Gottes in <seiner> Predigt hochgepriesen hatte ...".
236
Wörtlich: „die in uns sind".
237
Vgl. Kap. 8,7-8: „Ich meine aber dazu, daß nur Adam nach Seinem Gleichnis und
Seinem Ebenbild geschaffen wurde. Aber die Kinder, die er (d.h. Adam) hinterlassen hat,
waren ihm (oder: Ihm, d. h. Gott) unähnlich."
235
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8. Der Mensch als Ebenbild Gottes in der Vita des seligen Aphu
201
seine Hinweise auf unterschiedliche menschliche Gebrechen und besondere
Hautfarben 238 wohl so zu verstehen, daß sie alle Adam nicht eigen waren und
als Folgen des Sündenfalls und Zeichen des Untergangs des Ebenbildes zu
betrachten sind. Diese Position wird im Kap. 8,10-11 noch einmal formuliert
(siehe das Zitat oben). Kap. 8,1 1239 zeigt, daß Theophilus an die Unähnlichkeit
zwischen der göttlichen und der aktuellen menschlichen Natur denkt.
Eine unmittelbare Reaktion auf diese Aussage des Erzbischofs ist Kap. 9.
Zunächst kommt Apa Aphu auf die negativen Folgen dieses Denkens in anderen
theologischen Bereichen zu sprechen240. Das „eucharistische Argument" erweist
sich aber in den Augen des Theophilus als unzutreffend 241 . Der Sinn seines
Einwandes ist offenbar der, daß das Verhältnis des eucharistischen Brotes zum
Leib Christi für Theophilus ein anderes ist als das Verhältnis des Menschen zu
Gott. Der Unterschied in den Paaren „Brot - Leib Christi" und „Gott - Mensch"
besteht nach Theophilus darin, daß das Brot wahrhaftig, d. h. wesenhaft Leib
Christi ist, während Gott und Mensch dem Wesen nach verschieden sind242. In
238
Vgl. Kap. 8,4, siehe das Zitat oben.
Vgl.: „Wenn er außerhalb sitzt und seine Notdurft verrichtet, wie würdest du an ihn
<im Zusammenhang> mit dem wahren unerreichbaren Licht denken?"
240
Vgl. Kap. 9,1: „Wenn du auch das sagst, <dann> wird man in bezug auf den Leib
Christi verneinen, daß er das ist, was wir von ihm sagen."
241
Vgl. Kap. 9,3-5: „So ist es nicht. Denn bevor wir es auf dem Altar darbringen, ist es
wahrhaftig Brot. Indem wir es <aber> auf dem Altar darbringen und Gott auf sie herniederrufen, wird das Brot zum Leib Christi und der Kelch wird zum Blut."
242
Diese Idee erinnert in gewisser Hinsicht an die Position des ikonenfeindlichen byzantinischen Kaisers Konstantin V., die er auf dem Konzil der Ikonomachen von 754 zum
Ausdruck gebracht hat. Konstantin behauptete, daß das wahre Abbild mit dem Urbild wesensgleich (Ö|IOOIXRO<;) sein sollte, was nur im Falle der eucharistischen Elemente zutreffe
(siehe Textus byzantini ad iconomachiam pertinentes, ed. H. HENNEPHOF, ByN.T 1, Leiden
1969, 165-168 Jfs 142; 126). S. GERO, The Eucharistie Doctrine of the Byzantine Iconoclasts
and its Sources, ByZ 68, 1975, 15 ff, S. GERO, Byzantine Iconoclasm during the Reign of
Constantine V, with Particular Attention to the Oriental Sources, CSCO.Sub 52, Louvain
1977, 45-47, sowie J. MEYENDORFF, Christ in Eastern Christian Thought, St. Vladimir's
Seminary Press 1975, 183 haben auf die origenistischen Wurzeln dieser Auffassung hingewiesen. E. CLARK, Controversy (wie Anm. 40), 60 n. 96 verweist auf die Parallele mit
dem Bilderstreit im Zusammenhang mit dem ersten origenistischen Streit. Wie des weiteren
zu zeigen sein wird, besteht Apa Aphu in seinem Vergleich mit dem Königsbild (Kap. 10)
darauf, daß das Bild und das Urbild der Materie nach verschieden sind, was mit der Position
der bilderfreundlichen Partei während des Bilderstreites zu vergleichen ist, die besagte, daß
„Bild und Abgebildeter der Person nach identisch sind, der Materie nach verschieden" (H. G.
THÜMMEL, Bilderlehre und Bilderstreit. Arbeiten zur Auseinandersetzung über die Ikone und
ihre Begründung vornehmlich im 8. und 9. Jahrhundert, ÖC.NF 40, Würzburg 1991, 35). Den
Vergleich der Positionen der Ikonenverehrer und der Ikonomachen mit den Meinungen des
Theophilus und des Apa Aphu darf man aber nicht allzu weit deuten; so sagt z. B. Theophilus nirgendwo, daß die eucharistischen Elemente als das Ebenbild Gottes zu gelten haben.
Gleichwohl behauptet auch Apa Aphu nicht, daß das Königsbild und der König gemäß der
Person identisch sind, sondern bestreitet vielmehr jegliche Ähnlichkeit zwischen dem König
und seinem Bild (siehe darüber unten). Dennoch scheint uns die konstatierte relative Nähe
zu den Positionen während des Bilderstreites zumindest erwähnenswert.
239
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2 0 2vutsrponmljihedcbaYXVPMKGEDA
Kapitel 2: Der Mensch als Ebenbild Gottes in der Vita des sei. Aphu von Pemdje
seiner Antwort auf die Bemerkung des Theophilus im Kap. 9,3-5 weist Apa
Aphu darauf hin, daß sowohl der Glaube an die Realpräsenz Christi in den eucharistischen Elementen als auch der an die Anwesenheit des göttlichen Bildes
im Menschen auf der Autorität der Hl. Schrift beruht (vgl. Kap. 9,7-8). Sein
Zitat aus Joh 6,41 im Kap. 9,8 ist eine deutliche Wiederholung des „eucharistischen Argumentes" (Kap. 9,1-2): das Brot und der Leib Christi einerseits
und Gott und Mensch andererseits sind äußerlich unähnlich, der Glaube an ihr
tatsächliches Verhältnis zueinander muß sich daher auf die Autorität des Wortes
Gottes stützen243. Somit bleibt das eigentliche Gegenargument des Theophilus
(das wesensgleiche Verhältnis zwischen dem eucharistischen Brot und dem
Leib Christi sei ein anderes als das wesensungleiche zwischen Mensch und
Gott) noch unbeantwortet.
Der inhaltliche Zusammenhang mit den Worten des Theophilus im Kap. 8,11
JL6 < *8e zeigen deutlich, daß in Kap.
(Bezug auf 1 Tim 6,16) und die PartikelYVTSONMLJIGEA
10,1 ff ein neues Argument angefangen wird, das das „eucharistische Argument"
(Kap. 9,1-8) ablöst. Wie gesagt, fangt dieses positive Argument des Apa Aphu
mit einer Wiederholung der These des Theophilus an: gegenübergestellt werden
die unsichtbare Herrlichkeit der Größe Gottes (rreooY MTTMereoc N N O Y T G
TTaui e[Te M N ] opöoM eTpe XXXY N|a.Y ejpoq ) und die menschliche Natur
(qrixyu;). Die Aufnahme des von Theophilus gebrauchten Zitates aus lTim 6,16
in Kap. 10,1 zeigt, daß Apa Aphu - wie auch Theophilus selbst - mit den Worten n e o o y MTTMereoc N N O Y T E rraj e [ T e M N ] cyöoM eTpe A ^ Y N I ^ Y
ejpoq eT[Bej neqoYloeiN] NAT[Ta.2 oc H M die unsichtbare göttliche Natur
meint, der er die Natur (qrixTig) des Menschen gegenüberstellt.
Somit geht Apa Aphu unmittelbar auf den oben besprochenen Einwand des
Erzbischofs im Kap. 9,3-5 ein. Den Sinn des Überganges von der Argumentation des Kap. 9 zu der des Kap. 10 kann man folgendermaßen umschreiben:
nachdem im Kap. 9 festgestellt wurde, daß für Theophilus der Glaube an die
Identität der zwei äußerlich unterschiedlichen, aber im Wesen gleichen Dinge
möglich ist, wird nun im Kap. 10 der Fall besprochen, warum an die eiiaav-Relation zweier wesensunterschiedlicher und äußerlich unähnlicher Dinge ebenfalls
geglaubt werden kann. Im Mittelpunkt der nachfolgenden Beweisführung des
Apa Aphu steht also die Vorstellung von der äußerlichen Unähnlichkeit und
dem Unterschied zwischen Gott und Mensch dem Wesen nach.
In diesem Kontext bietet Apa Aphu seinen Vergleich mit dem Kaiserbild. Bei
dem letzteren betont er in Übereinstimmung mit der oben herausgearbeiteten
243
Vgl. Kap. 9,8: „Denn Derjenige, Der sagte: ,Ich bin das Brot, das vom Himmel gekommen ist', ist Derselbe, Der auch sagte: ,Wer Menschenblut vergießt, dessen <Blut> wird
dafür vergossen werden, weil der Mensch im Ebenbild Gottes geschaffen wurde.'"
244
D.h. „Die Herrlichkeit der Größe Gottes, die von [kjeinem [gesehen werden] kann
we[gen] ihres unbegreiflichen] Li[chtes]", vgl. lTim 6,16: (fxa<; ... äjcpöoi-tov öv EI SEVotiSeti;
avSptoTKOv oiiSe iöeiv Swoccoa.
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8. Der Mensch als Ebenbild Gottes in der Vita des seligen Aphu
203
Logik der Polemik seine Unähnlichkeit mit dem König sowie sein „stoffliches"
Anderssein, vgl.:
Kap. 10,2-3:
i . y c u O N CYAPE O Y O N NIM G O M O A O R E I
M M O C xe.
emcuN Mnppo
ON C 6 C O O Y N
THpOY
Te.
-ie
J C 6 OY<±>E T E
MN
2eNna.2pe
Jedermann ist ferner damit einverstanden
(öiio^oyelv), daß es das Bild (EIKCOV) des
Königs ist. Zugleich aber ( ä j i a 8e) wissen
alle, daß es ein Stück Holz mit Farben ist.
Kap. 10,7:
MA.A.ICTA. X E
QJATPENEIOYCIA.
CCDOY2
e p o c ey"t"eooY N2eNna.6e Neye MN
2eNTTA2pe E T B E G O T G Mnppo.
Und noch mehr (|iäXiaxa): davor versammeln sich die Obrigkeiten (e^oixria) und
verehren aus Furcht vor dem König ein
Holzbrett mit Farben.
Kap. 10,8:
EIYXE
c y ^ p e NS.T 6 e
NOYZIKCUN
tycune
E M N TTNS M M O C O Y A G
MECK.IM E C O
NS.
...eeToc
Wenn es also mit dem geist- (Tweöjia) und
(ovSe) bewegungslosen
Bild (eiiccbv), das
nichts [wahr]nehmen
kann f(at'a]9r|Xo<;),
so beschaffen ist ...
Kap. 10,4:
o v A e
ri.p Ncya.i.NTc
HnAnpcuMe
NNA.TT20 M n p p o
a.N NTeq2e
x o e e
3.N
OYAG NECMa.a.jcE
OYAE
ON
Nee
Nee
NECCY^XE
Denn (yap) weder (oi>5e) die Nase darauf
steht auf die gleiche Weise vor wie die
menschlichen, noch (oüSe) die Ohren
wie die auf dem Kopf des Königs, noch
(oii>Se) spricht es nach seiner Art.
245
Um die historischen Hintergründe des Kaiserbildarguments besser zu verstehen, sei hier
folgender Exkurs von P. L. KOCH, Christusbild - Kaiserbild. Zugleich ein Beitrag zur Lösung
der Frage nach dem Anteil der byzantinischen Kaiser am griechischen Bilderstreit, BenM
21, 1939, 85-86, zitiert: „Noch im achten Jahrhundert und zu Anfang des neunten besaßen
die Kaiserbilder im politischen Leben des byzantinischen Reiches jene offizielle Geltung,
die ihnen bereits im heidnischen römischen Reich eignete. Bei seinem Regierungsantritt
sandte jeweils der neue Kaiser seine (gewöhnlich in Wachsfarben auf Holztafeln gemalten)
Bilder hinaus in die Provinzen und Städte seines Reiches. So wenigstens seit dem dritten
Jahrhundert; bis dahin ging der Akt der Bilderhebung in der Regel von den Untertanen bzw.
vom Heere aus. Das Volk und die Behörden der Städte eilten dem Bilde des neuen Kaisers
mit Kerzen und Weihrauch entgegen und geleiteten es in feierlicher Prozession in die Stadt,
wo es an hervorragender Stelle seine Aufstellung fand; in christlicher Zeit scheint dieser Ort
gewähnlich die Kirche gewesen zu sein. Alles vollzog sich so, wie wenn der Kaiser in eigener
Person erschienen wäre. Durch Akklamationen brachte das Volk seine Unterwerfung unter die
Herrschaft des neuen Regenten zum Ausdruck und entbot ihm in diesen feierlichen Zurufen
zugleich seine Huldigung und seine Glückwünsche. Denn das Bild vertrat, wie gesagt, den
Kaiser selbst, der Herrscher war durch sein Bild gleichsam in Person gegenwärtig. Darum
war auch die Gegenwart des Herrscherbildes der reale Ausdruck, gleichsam die Gegenwärtigsetzung der aktuellen Herrschergewalt des regierenden Kaisers." Hervorgehoben vom
Autor.
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
2 0 4xvutsrponmljihgedcbaVPOMKGEDA
Kapitel 2: Der Mensch als Ebenbild Gottes in der Vita des sei. Aphu von
Pemdje
Diese Betonung der Andersartigkeit des Königsbildes hinsichtlich seines Urbildes sei hier mit der Verwendung desselben Vergleiches im Kontext der
trinitarischen Auseinandersetzungen verglichen 245 . Der Vergleich mit dem Königsbild 246 verdeutlicht in diesen Texten das Verhältnis des Vaters zu dem Sohn.
Der hl. Athanasius schreibt z. B. in seiner dritten Oratio contra Arianos247: yxwvutrpom
D e n n in d e m Sohn wird die Gottheit des
Vaters gesehen. Diese wird m a n leichter
von d e m Beispiel des Bildes des K ö n i g s
her verstehen können. Denn in d e m Bild
des K ö n i g s ist die Gestalt und F o r m , und
è v y à p xf j EÎKÔVI x o û | 3aai À, Ér aç x ô EÎin d e m K ö n i g ist die gleiche Gestalt w i e
8oç Ka i fi |a.opcpfi èaxi , Ka i èv toi ßain d e m Bilde; denn unveränderlich ist das
aiX,eî 8è xô èv xf i EÎKÔVI EÎSÔÇ éaxi v.
Gleichnis des K ö n i g s in d e m Bild, so daß
à7t apâ>AaKxoç yâp ècmv f) èv xfj
w e r in das Bild schaut, darin den K ö n i g
EÎKÔVI x o û Pa o ï ^ é c a ç ôp, ot ôxTi ç- GÎCXE
sieht, u n d daß w e r andererseits d e n K ö xèv èvopw vxa xfj EÎKÔVI ôpâv èv aùxf j
nig sieht, versteht, daß er d e r j e n i g e ist,
xèv ß a a ü i a Ka i xôv rcoAiv ôp ôvx a xôv
der im Bilde ist. U n d weil das Gleichnis
ßaai Xe a éJuyivcoaKeiv, öxt o'ôxôç èaxi v 6
sich nicht unterscheidet, könnte das Bild
è v xf j EÎKÔVI. è K 8è x o û (xf) Si a ^ W c x x Et v
zu d e m j e n i g e n , der, n a c h d e m er das Bild
xt ]v ô| xoiôxr| xa x ô 9ét a>vxi p.Exà XTIV
g e s e h e n hat, den K ö n i g sehen will, saEi KÔva 9ecopf j aai xôv ßa a i Ai a EÏJCOI â v f i
EiKcbv- >éy<b Ka i ô ßaaiX,ET)<; ëv èap .ev èyà> gen: „Ich und der K ö n i g sind eins, denn
yàp év èKEÎvcp Ei (i i KaKEîvoç èv èj xoi, Ka i ich bin in j e n e m , und j e n e r ist in mir,
u n d w a s du in mir siehst, das erblickst du
Ö ÔpÇtÇ èv è| J.OÎ, XOÛXO év èKEÎVCÛ PXÉTtElÇ,
in ihm, u n d w a s du in ihm gesehen
Ka i ö èmpaKaç èv EKEIVW, xoûxo p^éj ieiç
hast, das erblickst du in mir." Wer also
év èpOÛ. Ö yOÛV 7tpO0KUVCÛV xf)v EÎKÔVa
das Bild anbetet, der betet darin auch den
èv aüxf j 7t poaKWEi Ka i xôv ßa a i Ai a . ij
K ö n i g an. Denn seine F o r m und Gestalt
y àp èKEÎvoa) | a.ofxpfi Ka i xô EÎSÔÇ éaxi v fi
EiKcbv. è7iei xotvuv Ka i Ö m ôç EÎKCÛV èaxi ist das Bild. Da also auch der Sohn das
xo® raxxpôç, èE, âvâyKriç èaxi voeîv, öxi f) Bild des Vaters ist, m u ß m a n erkennen,
ÔEÔxriç Ka i f) i8iôxriç xoû raxxpôç xô Ei v a i daß die Gottheit u n d Eigenheit des Vaters
das Sein des Sohnes ist 248 .
xov m o u èaxi .
... év y àp TQj -üiäj f i xoû Jt axpôç 9eôxr| ç
Gecopeîtai. t o ö t o 8è Ka i à7t ô IOÎI 71apaôei y| i axoç xrj ç EIKÔVOÇ XOÛ | 3aatX£coç
îi poaexéaxEpôv xiç Kaxavoet v Sw i i a e i a i .
246
Zur Rolle des Konzeptes des Kaiserbildes in der Entwicklung der frühbyzantinischen
Lehre vom Menschen als Ebenbild Gottes siehe G.B. LADNER, Der Bildbegriff bei den griechischen Vätern und der byzantinische Bilderstreit, in: Der Mensch als Bild Gottes, hrsg. von
L. SchefFczik, W d F 124, Darmstadt 1969, 188 ff; zum christlichen Verhältnis zu Kaiserbildern
im 4. Jahrhundert siehe K. M . SETTON, Christian Attitude towards the Emperor in the fourth
Century Especially As Shown in Addresses to the Emperor, New York 1967, 196 ff.
247
Ath., Ar. III 5,2-5 (Athanasius Werke 1 / 1 , 3 1 1 , 1 2 - 2 4 Metzler/Savvidis). Die Parallele
ist auch bei E. CLARK, Controversy (wie Anm. 40), 59 n. 92 verzeichnet. Der dritte Traktat
Gegen dieArianer wird von CH. KANNENGIESSER, Athanase d'Alexandrie, évêque et écrivain:
Une lecture des traités contre les ariens, ThH 70, Paris 1983, 310-368, 4 0 5 - 4 1 6 Apollinaris
von Laodizea zugeschrieben; diese Hypothese wurde in der Athanasiusforschung nicht rezipiert, vgl. K. METZLER, Art. Athanasius von Alexandrien, in: Lexikon der antiken christlichen
Literatur, hrsg. von S. Döpp und W. Geerlings, Freiburg/Br. 2 1999, 59a; Literatur zur Frage
ist bei M . GEERARD/J. NORET, Supplementum (wie Anm. 26), 2093 verzeichnet.
248
Übersetzt mit unbedeutenden Veränderungen nach E.P. MEIJERING, Athanasius. Die
dritte Rede gegen die Arianen Teil I: Kapitel 1-25, Einleitung, Übersetzung, Kommentar,
Amsterdam 1996, 6 5 - 6 9 . Denselben Vergleich leicht verändert findet man bei Ath., inc.
14.
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
8. Der Mensch als Ebenbild Gottes in der Vita des seligen Aphu
205
Ist also für den hl. Athanasius das Bild die bildnerische Darstellung des Königs, seine Gestalt (vgl.:vuroifeaK
f| yap ¿Keivou nopcpri Kai xo etöoq eaxiv f) eiKrov), so
betrachtet Apa Aphu das Königsbild primär als „ein Holzbrett mit Farben", also
in seinem, wenn man so sagen darf, stofflichen Unterschied von dem Urbild
(Kap. 10,7, vgl. Kap. 10,3). Die Gründe dieser unterschiedlichen Auffassung
eines und desselben Beispieles liegen auf der Hand: der hl. Athanasius will mit
dem Vergleich die Wesensgleichheit des Vaters und des Sohnes versinnbildlichen,
Apa Aphu geht es umgekehrt um Wesensungleichheit und äußere Unterschiede
zwischen Gott und Mensch249.
Nicht weniger deutlich ist ein Beispiel aus dem Wort über das Kreuz, das
Severianus von Gabala zugeschrieben wird250:
E I yàp ßaaiXeco^ àróvxoc; EÌKCDV
àvoatXripoi xo)P<xv ßaciXeax; Kai
npooKWoßaiv äpxovtE«; Kai iepojxriviai
E7tixe/a)i)VTai Kai apxovxei; imavxoxri Kai
8fpoi jtpoaKwoixnv ov 7ipòq xfiv aaviSa
ß^irome«;, àXXàrepcx;xòv xapaKxfipa zov
ßaaiAscoi; OUK èv xfj cptKTEt 9ewpot)|iévoij
àXX' èv ypacpfj 7iapa8eiKvvnévo\),
Tto/vÀqi |i(x/.Àov äOavaxoD ßaaiXEax;
EÌKWV Stivalai ot)TOtpavpfj^ai (j.óvov,
àXkà Kai xòv oùpavòv Kai Jtäaav TÌÌV
OÌKOT)(XÉVTLV.
Denn wenn in Abwesenheit des Königs
seine Stelle von dem Bild eingenommen
wird, <das> von den Obrigkeiten verehrt
wird, <vor dem> die monatlichen Feste
gefeiert werden, das von den Obrigkeiten
in Empfang genommen und von dem
Volk verehrt wird, die <alle> nicht auf
das Brett, sondern auf das Abbild des
Königs schauen, der nicht in <seiner>
Körperlichkeit wahrgenommen, sondern
durch bildliche Darstellung gezeigt wird,
um wieviel mehr kann das Zeichen des
unsterblichen Königs251 nicht nur einen
Felsen, sondern auch den Himmel, sowie
die ganze Welt zerbrechen.
Die Aufmerksamkeit des verehrenden Volkes und der Obrigkeit gilt in diesem
Beispiel also nicht dem ,J3rettli (oaviq), sondern der auf ihm dargestellten Gestalt (xocpaKTip) des Königs (vgl.: ox> 7tpo<; xf|v oavlSa ß^enoviec;, äXka repoq
249
Vgl. Bas., hom. XXIV 4 (PG 31, 608 A-B Garnier): Aióxi yevvnxö^ v>nàpx<Dv ÈK XOÙ
riaxpcx; ó Yió<;, Kai ipuaiK«; EKTUIKÜV èv éav-Kp TÒV naxépa, vx; |^èv EÌKWV, TÒ ànapakfaxKxov
EXEI.tìx;6è yÉvvripa, TÒ óp.oo'óaiov Siaaó^ei. OùSè yap ó Kaxà TT|V àyopàv xfì ßaaAiKfj EÌKÓVI
èvaxevi^cov Kai ßaai^ea ÀÉyrov xòv èv TCÒ jtivoiKi, 8t)0 ßaaiXeag ópoXoyEi, xfjv TE EÙcóva,
Kai xòv oti èaxiv R| EÌKMV. OUTE, éàv S E Ì ^ A I ; xòv èv x<ò itivaKi YEYPAJIPEVOV EÌJITT OVXOI; èaxiv
Ó ßaaiAsi^, àTOaxÉpriciE TÒ Jtpcoxóxwrov xfjg TOÌ> pacri^éax; Ttpoorvyopiaq. MößAov |ièv ovv
éKEÌva) TÌÌV Tififiv éPE3aioxj£ 8ià Tfji; TOUTOU öp.oÄ.oyia<;. Ei yàp fi EÌKCÒV ß a a i ^ E I X ; , 7io>Aó)
ST^TCOD EÌKÒI; ßacn^ea eivai TÒV xf| EÌKÓVIraxpaaxópEvovxr;v aÌTÌav. 'AXX' èvzavQa (lèv tfika.
Kai KT|pò<; Kai ¡¿oypàipov TÉ^VT) TT)V EiKÓva Jtoist (pBapxrtv, (PSAPTOTÌ piprma, Kai TEXVT|TT)V
TOÜ JCOVN9ÉVTO<;- ÈKET 8è öxav àKoixjTìi; EiKÓva, àroróyaapa VÓEI Tfj<; Só^rn; ...
250
Sever., cruc. apud Jo. D., ¡mag. III 123 (PTS 17, 194,10-16 Kotter).
Gemeint ist das Kreuzeszeichen, vgl. Sever., cruc. apud Jo. D., imag. III 123 (193,7
Kot.): EIKÓVA TOÙ oxaupoi).
251
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2 0 6zvutsrponmljihedcbaWVPMKHGFEDA
Kapitel 2: Der Mensch als Ebenbild Gottes in der Vita des sei. Aphu von Pemdje
TOV xapaKxfjpa xot) ßaciAeax;)252. Das Gegenteil ist im Kap. 10,7 der Vita der
Fall. Der Verfasser unterstreicht ausdrücklich, daß das Objekt der Verehrung
gerade „das Brett" sei: „Und noch mehr (^aXioxa): davor versammeln sich die
Obrigkeiten (èçtmoia) und verehren aus Furcht vor dem König ein Holzbrett
mit Farben."
Apa Aphu sieht also in seiner Beschreibung des Königsbildes völlig von
dem Aspekt der Ähnlichkeit zwischen dem Bild und dem König ab. Das
Königsbild ist in seiner Darstellung etwas, was vom König dem Wesen nach
grundverschieden ist.
Wird mit dieser Feststellung die Auslegung des Vergleiches mit dem Königsbild bei Drioton verglichen: „il y a entre Dieu et l'homme, qui est son
image, la même différence qu'entre le roi et le tableau, planches et couleurs,
qui le reproduit. Le tableau est semblable au roi, mais pas en tout: il lui manque bien de perfection, le relief, le mouvement que ... le roi possède" 253 , so
findet man - wie stark dies auch der Natur der Dinge widersprechen mag - im
Text der Vita keine Bestätigung für den Gedanken, daß das Bild dem König
ähnlich ist (vgl. „Le tableau est semblable au roi"). Die einzige Stelle, die dies
nahelegen könnte, ist Kap. 10,4:
Denn (yâp) weder (OIJSE) die Nase darauf steht auf die gleiche Weise vor wie die
menschlichen, noch (o\>8é) die Ohren wie die auf dem Kopf des Königs, noch (oi>8é)
spricht es nach seiner Art.
Ganz zu schweigen davon, daß die Stelle die Ähnlichkeit gerade bestreitet,
ist bei diesem Beispiel die Perspektive der Darstellung in Betracht zu ziehen:
unterstrichen wird die Zweidimensionalität und Leblosigkeit des Bildes, was
die leitende Definition aus Kap. 10,3 („ein Stück Holz mit Farben") nur auf
eine andere Weise wiederholt 254 .
Die Idee der Ähnlichkeit, die ja der Begriff der E I K 6 V in gewisser Weise
impliziert, ist also aus dem Vergleich mit dem Königsbild im Kap. 10 fast völlig
verdrängt. Im Mittelpunkt des Vergleiches steht dagegen der Gedanke der stofflichen - man darf vielleicht sogar formulieren ontologischen - Verschiedenheit
zwischen dem König und seinem Bild. Diese massive Betonung der Andersartigkeit im Paar „König - sein Bild" gebraucht der Verfasser, um mit desto
größerem Nachdruck das EÎKCÛV-Verhältnis zwischen den beiden Komponenten
in Abhängigkeit von dem Willen des Königs zu setzen, vgl. Kap. 10,1-2:
252
Vgl. denselben, fast mit gleichen Worten ausgedrückten Gedanken in Sever., in lav.
ped. 226 apud Jo. D., imag. III 122 (193,2-5 Kot.) und in Thdr. Mops., Gen. II 1-7 (Muséon
100, 274, 1-7 Petit).
253
É . D R I O T O N , La discussion (wie Anm. 19), 126-127.
254
Wenn der Vergleich mit dem königlichen Bild im Kap. 10 tatsächlich mit dem Gebrauch
desselben Vergleiches in den trinitarischen Auseinandersetzungen verwandt ist - was es im
Einzelnen noch genau nachzuprüfen gilt - , dann könnte man eine Vermutung wagen, daß
nämlich Apa Aphu (bzw. der Verfasser der Vita) das ideale eiKtov-Verhältnis (d. h. zwischen
dem Vater und dem Sohn in der Hl. Dreifaltigkeit) vor Augen haben könnte, vor dessen
Hintergrund er das Verhältnis „König - sein Bild" beurteilen würde.
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8. Der Mensch als Ebenbild Gottes in der Vita des seligen
Aphu
207
... denken w i r also, w i e w e n n ein K ö n i g gebieten w ü r d e und ein Bild g e m a l t w ü r d e .
J e d e r m a n n ist ferner damit einverstanden, daß es das Bild des K ö n i g s ist.
Kap. 10,5:
N e i ö t a x B THpoy BTMMOC Mepe
x x x y p n e y M e e Y e e y p z o T e £HTC
NTa.no<j>a.cic MTippo x e ¿ . c p c o o c x e
TAI TG TX^IKLUN.
A b e r keiner denkt an alle diese seine
Mängel, weil m a n sich vor der
Erklärung
(äTtoqxxciq) des Königs fürchtet, der sagte,
daß dies sein Bild (EIKWV) sei.
Kap. 10,7:
U n d noch m e h r : d a v o r v e r s a m m e l n sich die Obrigkeiten u n d v e r e h r e n aus Furcht
dem König ein Holzbrett mit Farben.
vor
Im Zusammenhang mit diesem Motiv steht eine bemerkenswerte Abwandlung
des Motivs der Verschmähung des Königsbildes (vgl. Kap. 10,6). In dem dem
hl. Basilius dem Großen handschriftlich zugeschriebenen Jesajakommentar gilt
die Verschmähung unmittelbar dem Königsbild255:
" f t a r e p y a p 6 ßaai/aKf|v eiKova
Ka9vßpiaa<; d>i; eiq aijxov e^a(j.aptr|0ai;
xöv ßacn,Ä,ea Kpivetai, oikco ST^OVOTI
•UJI6SIK6(; ¿ c m XFJ Ä^APXIA 6 TOV KOCT'
eiKova yeyevrmevov KaGußpi^rov.
Denn g e n a u s o w i e j e m a n d , der das
königliche Bild m i ß h a n d e l t hatte, als
ein Vergehen g e g e n d e n K ö n i g < s e l b s t >
B e g e h e n d e r gerichtet wird, so ist es klar,
daß derjenige, der d e n nach d e m E b e n bild (Gottes) G e b o r e n e n m i ß h a n d e l t hatte,
w e g e n der S ü n d e straffällig ist 256 .
In der Vita des sei. Aphu ist dieser Gedanke insofern abgewandelt, als die Bestrafung jetzt demjenigen gilt, der die „Erklärung (dTtoipaaiq) des Königs ...,
der sagte, daß dies sein Bild (eiiccbv) sei" (Kap. 10,5), in Frage stellt; vgl.
Kap. 10,6:
M1AAON A e epcy^NOYA TOAMi GJipNA. MMOC x e NGIKCDN JLN T S MTTppO
ajAYMOOYTq x e ¿ . c p a o y a . e p o q
Oder v i e l m e h r (|-iaX/.ov 8e) w e n n j e m a n d
sich zu leugnen (äpveicr9ai) erkühnt
(TO>4xäv), daß es das Bild (EIKCOV) des
K ö n i g s sei, pflegt m a n ihn hinzurichten,
weil er ihn (d. h. den K ö n i g ) v e r s c h m ä h t
hat.
Diese Abweichung zeigt, daß nach der Logik des 10. Kapitels der Vita die
Erklärung (äncHpaatq) des Königs das Eigentliche ist, was das Bild des Königs
255
(Ps.?) Bas., enarr. in Is. 13,267 (PG 30, 589 A - B Garnier). Zur Diskussion über die
Verfasserschaft des Werkes siehe N . A. LIPATOV, The Problem of the Authorship of the
Commentary on the prophet Isaiah Attributed to St. Basil the Great, StPatr 27, Leuven 1993,
42 n. 1. Lipatov plädiert fur die handschriftliche Zuschreibung, siehe a.a.O., 48.
256
Wurde das Werk in der Tat von dem hl. Basilius verfasst, so ist dieser Gedanke mit
seiner berühmten These über den inneren Zusammenhang zwischen dem Urbild und Abbild
zu vergleichen; vgl. Bas., Spir. 18,45 (SC 17 bis, 4 0 6 , 1 9 - 2 0 Pruche): 8i6xi fi
EIKOVOI;
-Cipf] ETCtTO7tpG)TOTUJTOV SiaßcdvEl.
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208vutsrponmljihedcbaVPMKGEDA
Kapitel 2: Der Mensch als Ebenbild Gottes in der Vita des sei. Aphu von Pemdje
z u m Bild macht. Diese Sicht liegt völlig auf der Argumentationslinie des 9. Kap.
der Vita: an das Vorhandensein des göttlichen Ebenbildes im M e n s c h e n ist
allein deswegen zu glauben, weil es das Wort Gottes sagt (vgl. Kap. 9 , 7 - 8 ) .
Trotz dieser starken B e t o n u n g des königlichen bzw. göttlichen Willens,
der der Argumentation des 10. Kap. z u f o l g e einen eiicrov-stiftenden Charakter
hat, kann nicht behauptet werden, daß der Aspekt der Ähnlichkeit zwischen
Urbild und Bild v o l l k o m m e n in Vergessenheit geraten ist. Dies gilt vor allem
hinsichtlich des Verhältnisses zwischen Gott und Seinem Ebenbild Mensch.
Im Kap. 10,8 werden nämlich die Analogieverhältnisse zwischen den Paaren
„König - sein Bild" und „Gott - M e n s c h " im Sinne einer Ähnlichkeitssteigerung
in d e m letzten Paar formuliert:
e t y x e cya.pe N A I 6 e cycone N O Y ? I K C D N
6MN TTNX MMOC OYAe MeCKIM e c o
NA e e T O C TTIK|IM] M1AAON TTpCOMG e p e
n e ffFTS MiTNoyTe N£HTq e q e N e p r e i
a.ycu eqTjjHY
N Z C O O N THpoy
eT^IXM TTKÄ-2
Wenn es also mit dem geist- (KVEV| i a ) und (oüSe) bewegungslosen Bild
(EIKMV), das nichts [ w a h r n e h m e n kann
[(oä'a]9r|TO<;), so beschaffen ist, um wieviel
mehr (|iä/J.ov) < m u ß man als Ebenbild
Gottes> den Menschen <anerkennen>, in
dem der Geist (7ivei)|ia) Gottes <wohnt>,
der handelt (evepyetv) und mit einer größeren Ehre ausgezeichnet ist als (raxpa) alle
Lebewesen (i<oov) auf der Erde?
Die drei Aspekte, die das Verhältnis „Gott - M e n s c h " von d e m Verhältnis
„ K ö n i g - Bild" unterscheiden, sind also der Besitz des Geistes Gottes durch
den M e n s c h e n , sein H a n d l u n g s v e r m ö g e n und die ihm zuteil g e w o r d e n e Ehre,
die ihn von den Tieren unterscheidet. Zugleich lassen alle diese Unterschiede
das eiKtbv-Verhältnis zwischen Gott und M e n s c h viel leichter begreifen, als es
mit d e m Bild des Königs in bezug auf den König selbst der Fall ist. M a n kann
d e s w e g e n folgern, daß alle drei genannten Eigenschaften des M e n s c h e n mit
seiner Ebenbildlichkeit z u s a m m e n h ä n g e n .
Die Vita gibt keine direkte Antwort auf die Frage, was unter d e m „Geist
G o t t e s " verstanden werden m u ß , der mit d e m Ebenbild Gottes in einer Relation
steht. Die einzige Stelle, die zur Verdeutlichung dieser Frage beitragen kann,
ist der A n f a n g des gleichen Verses:
Wenn es also mit dem geist- (jrve'öjia) und (ov8e) bewegungslosen Bild (eiiccbv), das
nichts [wahrjnehmen kann [(aia]0T|TO<;), so beschaffen ist ...
Hier ist unter d e m Geist das Lebensprinzip gemeint; der „Geist G o t t e s " wäre
dann mit d e m Lebenshauch von Gen 2,7 zu vergleichen 2 5 7 .
257
Die von Or., Cels. VIII 17-18 aufgebaute Gegenüberstellung heidnischer Gottesbilder
(äY(xX.p.cxTCx), die nichts empfinden können (ävaicSirca), und der Gottesbilder (ayct^-nata) der
Christen, die sie in der Nachahmung der Tugenden (äperai) des Ebenbildes Gottes - Seines
Logos - in sich bilden (ev ¿avroii; Ttoiovaiv), enthält auch einen Hinweis auf den Geist Gottes,
Or., Cels. VIII 18 (SC 150,212,4-214,10 Borret): Kai ä7iai;oi7iA(»;roxvTei;Xpicmavoi ÖTtoiovx;
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8. Der Mensch als Ebenbild Gottes in der Vita des seligen
Aphu
209
Was die „größere Ehre" des Menschen anbetrifft, die ihn von „allen Lebewesen auf der Erde" unterscheidet (vgl. Kap. 10,8), so kann man auf eine Reihe
von Stellen bei den kirchlichen Schriftstellern des 4.-5. Jahrhunderts verweisen,
wo die dem Menschen bei der Erschaffung verliehene Fähigkeit des Herrschens
über die Tiere (Gen 1,28) mit der Ebenbildlichkeit in Verbindung gebracht wird.
Vgl. z. B. ein Textbeispiel aus Severianus von Gabala 258 :
'Ev xivt f) eiiccbv; 'Ev xfj E^oucria 7taX.iv
Worin <besteht> das Ebenbild? Wiederum in der Macht: Sie sollen herrschen
ApxRToxrav T(»v ijcOlxov xfj<; QaXaaav^
Kai xwvYXWVUTSRONMLKJIHEDCA
TOXEWWV xoü o ü p a w ö Kai xwv
über die Fische des Meers und über die
Sipicov Kai xwv epnexcöv Kai TWV KXT}VWV
Vögel des Himmels und über die Tiere
Kai Tcaari«; Tfjq yr|<;.
und über die kriechenden Tiere und über
die ganze Erde.
Die gleiche Exegese findet sich auch in einer der Genesishomilien des hl.
Johannes Chrysostomus 259 :
Ti y«p (pr|oi; K a i äp^Exwcav xcov i"/0i)O)v
xrj<; QaXäacsr\q Kai xcbv 7texeivwv xoü
oiipavoß Kai 7tavxwv TWV epjtexwv xwv
ep7i6vTcov eni ir\q yfl?- K a x a xf)v xrj^
Denn w a s sagt Er? „Und sie sollen
herrschen über die Fische des Meers und
über die Vögel des H i m m e l s und über
alle kriechenden Tiere, die über die Erde
dpXfji; o i v EiKova cpT|aiv, oü Ka9' exepöv
xi-
kriechen." „Ebenbild" wird also g e m ä ß
dem Herrschen < u n d > nicht in einer
anderen Hinsicht gemeint.
Dieses „positive Programm" in der Entfaltung der Theologie des göttlichen
Ebenbildes ist im 10. Kap. der Vita nicht mehr als angedeutet; aber schon sie
allein - abgesehen von den angeführten Parallelen zum Vergleich mit dem königlichen Bild260 - stellt einen überzeugenden Beweis dar, daß es sich bei dem
eijco|j.ev ßw^wu«; Kai öraria Ttapecxr|ca|xev äyaXpaxa iteipcövxai iSpviEaOai, OIJK a*|/uxa Kai
ävaiaSuxa ot)5e 8ai(xovo)v Xtxvcov ¿(peSpevovxiov xoi<; <x\|f6xoi<; SEKTIKÖ akXa icvE-unaxoi;
@eoa), xoii; eipr||ievoi<; äya>.)xaai xf\q öcpExfj<; Kai tä) Kax' eiKÖva xoii Kxiaavxoi; dx; oiKeion;
E7II5TI)xo'0vxo<;; Kommentar zu dieser Stelle siehe bei H. G. T H Ü M M E L , Die Frühgeschichte
der ostkirchlichen Bilderlehre: Texte und Untersuchungen zur Zeit vor dem Bilderstreit, TU
139, Berlin 1992, 32-34.
258
Sever., creat. V 4 (PG 56, 475 Montfaucon).
259
Chrys., hom. in Gen. VIII 3 (PG 53, 72 Montfaucon); vgl. auch Sever. (?), hom. in
Gen. I 1 (PG 56, 522 Montfaucon), die Zuschreibung der früher als ein (umstrittenes) Werk
des hl. Johannes Chrysostomos geltenden Homilie an Severianus von Gabala schlägt S.J.
V o i c u , Nuove restituzioni a Severiano di Gabala, RS BN NS 20-21, 1983-1984, 12-14 vor;
vgl. auch Didym., Gen. 60 (SC 233, 152,14-15 Nautin): TEYOVEV 8E fivtoptom; Kax' EiKÖva
Kai önoioxnv 0£o<j, i'va apxn xwv Eipri|J.evwv (Der Mensch wurde nun „nach dem Bild und
Gleichnis Gottes," damit er über die genannten (d. h. die Tiere) herrsche). Es ist zu bemerken,
daß die Verbindung des Ebenbildes mit dem Herrschen über die Tiere bei allen drei zitierten
Autoren im Kontext der Widerlegung der anthropomorphen Auslegung von Gen 1,26 steht,
vgl. Didym., Gen. 56 (142,15-17 Naut.); Chrys., hom. in Gen. VIII 4 (72 Mon.); Sever.,
creat. V 3 (474 Mon.).
260
Der Vergleich mit dem Bild des Königs wurde auch im Zusammenhang mit der Gottesebenbildlichkeit des Menschen verwendet, vgl. z.B. Cyr. H., catech. XII 5 (Cyrill II, 8
Rupp): EIKWV ¡;DWVTI ETCR/EKM ßacnXEWi; xi^äxai. NOAW yz jtäM-ov EIKWV A.OYIKRI 6EOÖ; vgl.
ferner Gr. Nyss., hom. opif. 4.
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210
Kapitel 2: Der Mensch als Ebenbild Gottes in der Vita des sei. Aphu von Pemdje
Vergleich nicht um J a doctrine que lui (d. h. Apa Aphu) avaient transmise ses
vieux maîtres audiens" 261 handelt.
Die angedeuteten Linien des Verständnisses des göttlichen Ebenbildes im
Menschen durch Apa Aphu machen auch verständlich, warum, nach seiner
Meinung, „verschiedene Krankheiten, Hautfarben und Mängel262 ... die uns
von Gott gegebene Herrlichkeit" nicht zuschanden machen können (vgl. Kap.
10,8). Der Hauptgrund ist die Unwiderrufbarkeit des göttlichen Entschlusses,
laut dessen der Mensch als Ebenbild Gottes gilt (vgl. Kap. 10,5). Andererseits
betreffen „verschiedene Krankheiten, Hautfarben und Mängel" nicht die im
Kap. 10,8 genannten drei Aspekte (der Besitz des Geistes Gottes, das Handlungsvermögen und größere Ehre gegenüber den Tieren), die den Menschen
als Ebenbild Gottes von dem Bild des Königs unterscheiden.
Kehren wir nun zu unserer Auseinandersetzung mit Drioton und Golitzin
zurück. Das Programm Driotons, zwischen der Sicht des Verfassers und der
des Apa Aphu zu unterscheiden, um die anthropomorphistischen Ansichten
des letzteren zu beweisen, erwies sich als undurchführbar: der Vergleich mit
dem Bild des Königs, den Drioton für „une véritable synthèse" der Doktrin
der Anthropomorphiten hielt263, enthält keine Elemente, die die Auffassung
Driotons unterstützen würden.
Die Hauptthese Driotons lautet: „Dieu a un corps, c'est la doctrine anthropomorphite sous-jacente à toute cette discussion; mais ce corps, doué de la
lumière incompréhensible, a des qualités que celui de l'homme ne possède
point." 264 Diese These basiert auf der Annahme, daß der Vergleich der Verhältnisse vom Paar „König - sein Bild" mit dem Paar „Gott - Mensch" im Kap. 10
der Vita von der Idee der Ähnlichkeit zwischen dem König und seinem Bild
ausgeht. Die ausfuhrliche Analyse des koptischen Textes unter Heranziehung
der verwandten Beispiele aus der christlichen Literatur des 4. Jahrhunderts hat
dagegen gezeigt, daß die Verhältnisse zwischen dem König und seinem Bild
nach dem Zeugnis des Kap. 10 das Element der Ähnlichkeit nicht enthalten.
Der Text unterstreicht umgekehrt sowohl äußerliche als auch „stoffliche,"
ontologische Unterschiede zwischen dem Bild und dem auf ihm dargestellten
König (vgl. Kap. 10,3-4.7-8). Nach der ausdrücklichen Aussage des Textes
beruht die eiiccov-Relation zwischen dem König und seinem Bild ausschließlich auf dem Befehl des Königs, der das Bild für sein Bild zu halten gebietet
(vgl. Kap. 10,5.7). Die im Kap. 10,8 aufgezählten Elemente, die das Verhältnis
zwischen Gott und Mensch von dem zwischen dem König und seinem Bild
unterscheiden (der Besitz des Geistes Gottes, das Handlungsvermögen und
größere Ehre gegenüber den Tieren), stellen aller Wahrscheinlichkeit nach das
261
262
É. DRIOTON, L a d i s c u s s i o n ( w i e A n m .
19),
126.
Für die „Mängel" wird im Kap. 10,8 dasselbe Wort (NÓCDXB) gebraucht, das im Kap.
10,5 die Unterschiede zwischen dem König und seinem Bild zusammenfaßt.
263
É. DRIOTON, La discussion (wie A n m .
19),
126.
264
E. DRIOTON, L a d i s c u s s i o n ( w i e A n m . 19),
127.
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8. Der Mensch als Ebenbild Gottes in der Vita des seligen Aphu
211
positive Programm der menschlichen Ebenbildlichkeit nach der Auffassung von
Apa Aphu dar, das mit den traditionellen Vorstellungen jener Zeit bestimmte
Berührungspunkte aufweist und die körperliche Ähnlichkeit zwischen Gott und
Mensch nicht voraussetzt. Der Hinweis Driotons auf „la lumière incompréhensible" (Kap. 10,1) kann ebenfalls nicht zugunsten seiner Hypothese über den
Anthropomorphismus besonderer Art des Apa Aphu verwertet werden, weil
im Kontext der Vita die Erwähnung des Lichtes mit der These des Theophilus
im Kap. 8,11 zusammenhängt, wo eine tiefe Unähnlichkeit zwischen Gott und
Mensch postuliert wird. Apa Aphu nimmt in seiner Argumentation diese These
auf und baut sie anhand des Vergleiches des Königs mit seinem Bild aus. Sowohl der biblische Text (1 Tim 6,16), auf den sich Theophilus und Apa Aphu
berufen, als auch seine Umsetzung im Text der Vita setzen die Idee der Ähnlichkeit zwischen Gott und Mensch nicht voraus. Die Schlußfolgerung Driotons
„s'il (d.h. Apa Aphu) donne à Dieu un corps, il le lui veut doué de la lumière
incompréhensible" 265 , findet also im Text der Vita keine Bestätigung und kann
als ein typisches Beispiel von willkürlicher Exegese gelten266.
Wenn sich nun Alexander Golitzin die Position Driotons aneignet und formuliert: „Apa Aphu clearly believed in a divine body, ,clothed with incompréhensible light'" 267 , so kann ihm darin nicht gefolgt werden. Wie gezeigt,
hat Golitzin den Versuch unternommen, sich auf die These Driotons stützend,
den Glauben des Apa Aphu an die zweite präinkarnierte Person der Heiligen
Dreifaltigkeit als Modell für den menschlichen Leib zu beweisen 268 . Sein eigenes Argument zugunsten dieser These betraf die Bewertung des Zitats aus
Joh 6,41 im Kap. 9,8: es habe nicht den Charakter eines bloßen Appells an
den Glauben an das Wort Gottes269.
265
E. DRIOTON, La discussion (wie Anm. 19), 127.
Die ganze Analyse des Vergleiches des Königs mit seinem Bilde muß bei Drioton,
wie schon gesagt, die bereits vorher formulierte These: „Dieu a un corps, c'est la doctrine
anthropomorphite sous-jacente ä toute cette discussion" (E. DRIOTON, La discussion (wie
Anm. 19), 127) beweisen.
267
A. GOLITZIN, Controversy (wie Anm. 54), 195.
268
Vgl. A. GOLITZIN, Mistagogia (wie Anm. 53), 194: „With respect, then, to the
question of Gen. 1:26, while it is certainly true that, for Aphou, our human bodies are of a
different ,stuff', thus his differentiation above between the wood of the king's picture and
the sovereign's living body, and so human flesh in contrast to incomprehensible light, it is
also clear for him that they nevertheless reflect a heavenly reality, specifically the Second
Person of the Trinity" und A. GOLITZIN, Controversy (wie Anm. 54), 27: „Christ, the Son of
God, is for him (d.h. Apa Aphu) the image, the Heavenly Man ... This includes the making
of humanity after the model in heaven who is the kavod, the nop<pT| Geoö (cf. Phil 2:6)",
hervorgehoben von dem Autor.
269
Vgl. A. GOLITZIN, Mistagogia (wie Anm. 53), 195: „Had he simply intended a sort
of literalist equivalence - i. e., that if one believes the phrase, ,this is my body', then one
is equally committed to accepting ,this is my image' - he could simply have cited one of
the Synoptic narratives, or 1 Corinthians 11:24. He did not, though, but chose instead the
text from John with its unmistakeable evocation of the descent of the Heavenly Man" und
A. GOLITZIN, Controversy (wie Anm. 54), 26. Daß das ,eucharistische Argument' des Apa
266
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
212
Kapitel 2: Der Mensch als Ebenbild
Gottes in der Vita des sei Aphu von
Pemdje
G e g e n d i e s e A u f f a s s u n g ist g e l t e n d z u m a c h e n , d a ß d e r e i g e n t l i c h e G r u n d
f ü r die B e r u f u n g a u f J o h 6,41 w a h r s c h e i n l i c h in d e r E r w ä h n u n g d e s M u r r e n s
d e r J u d e n in d e m s e l b e n B i b e l v e r s liegt, vgl. K a p . 9 , 1 - 2 :
A p h u sagte zu i h m : „ W e n n du a u c h das sagst, < d a n n > wird m a n in b e z u g a u f den Leib
Christi v e r n e i n e n , d a ß er das ist, w a s wir v o n ihm sagen. Die Juden w e r d e n n ä m l i c h
sagen: , W i e < k a n n s t > d u das v o n d e r Erde h e r v o r g e b r a c h t e und mit M ü h e g e b a c k e n e
Brot n e h m e n < u n d > d a n n g l a u b e n und sagen, d a ß es der L e i b des H e r r n i s t ? ' "
und Joh 6,41:
'Eyöyyu^ov ot>v oi l o u S a t o i Jtepi atrayö
ÖTI e i i t e v eyw eipt o apto«; 6 Kaxaßai; etc
TOV oiipavoi).
D a m u r r t e n die J u d e n ü b e r Ihn, weil Er
gesagt hatte: „Ich bin das Brot, das v o m
H i m m e l h e r a b g e k o m m e n ist."
D i e S i t u a t i o n d e s U n g l a u b e n s an die R e a l p r ä s e n z Christi in d e n e u c h a r i s t i s c h e n
E l e m e n t e n s c h e i n t also i m D e n k e n d e s sei. A p h u sich a u f ein
neutestament-
liches Vorbild zu stützen. N a c h d i e s e m Vorbild - n ä m l i c h Joh 6,41 - sind die
Z w e i f e l n d e n die Juden, vgl. Kap. 9 , 1 - 2 . D a ß der Hinweis auf diese Bibelstelle
in K a p . 9 , 1 - 2 n i c h t e x p l i z i t e r f o l g t , l i e g t a u f e i n e r L i n i e m i t d e m Z i t a t a u s
I K o r 11,7 in K a p . 1 0 , 9 , w o s o g a r d i e e n t s c h e i d e n d e n W o r t e ü b e r d a s g ö t t l i c h e
Ebenbild w e g g e l a s s e n w o r d e n sind (vgl.: w i e Paulus sagte: „Es g e z i e m t sich
d e m M a n n nicht, sein H a u p t zu b e d e c k e n " ) . Die Kenntnis des Kontextes der
zitierten Bibelstelle wird vorausgesetzt. Der Hinweis auf die Worte Christi aus
J o h 6 , 4 1 i n K a p . 9 , 8 m a c h t v o r d e m H i n t e r g r u n d d e r B e n e n n u n g d e r J u d e n in
K a p . 9 , 1 - 2 d e u t l i c h , d a ß A p a A p h u g e n a u s o w i e in K a p . 1 0 , 9 e i n e b e s t i m m t e
B i b e l s t e l l e i m S i n n h a t , o h n e s i e v o l l s t ä n d i g z u z i t i e r e n u n d in a l l e n E i n z e l h e i t e n
für seine Argumentation
auszunutzen.
Die A n f u h r u n g des Zitats aus Joh 6,41 im Kap. 9,8 hängt somit mit der
Frage des G l a u b e n s / U n g l a u b e n s an das Wort Gottes z u s a m m e n .
Aphu in dem von Golitzin zurückgewiesenen Sinne zu verstehen ist, kann man außer aus
den unten gebotenen Überlegungen auch aus den zeitgenössischen Parallelen sehen. Der
erste zu erwähnende Text ist das schon oben (Abschnitt 7.2.1.2., Unterabschnitt 5) zitierte
Apophthegma Daniel 7, w o das gleiche Argument ,umgekehrt' wird: „Wie Er am Anfang
Staub von der Erde nahm und den Menschen nach Seinem Bilde formte und wie niemand
sagen kann, daß er nicht ein Bild Gottes ist, wenn auch nicht zu begreifen ist, wie - so ist es
auch mit dem Brot, von dem Er sagte: Das ist Mein Leib. So glauben wir, daß es in Wirklichkeit der Leib Christi ist." Nach einer Vision während der eucharistischen Opferbringung
ruft der Bekehrte erschrocken: „Ich glaube, Herr, daß das Brot Dein Leib ist und der Kelch
Dein Blut" (Übersetzung nach B. MILLER, Weisung der Väter (wie Anm. 16), 78). In der
sogenannten „Christologischen Katechese" von Schenute wird das Argument von Daniel 7
mit unbedeutenden Variationen wiederholt, danach folgt eine Sentenz: „Alle Taten Gottes
geschehen v o n / i n dem Glauben (motu;). Hast du den Glauben (jritmi;), so hast du wirklich
die Fülle des Mysteriums (nucmpiov). Hast du keinen Glauben (7ticsTi<;), so kannst du wirklich
weder auf Mysterium ( p i x r o p i o v ) noch auf den Herrn des Mysteriums (pwcfipiov) hoffen
(¿totii;)", (Sehen., catech. 8 4 v - 8 5 r (43,16-18 Lefort). Wie man sieht, handelt es sich in den
beiden Fällen primär um den Glauben.
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
8. Der Mensch als Ebenbild Gottes in der Vita des seligen Aphu
213
Es scheint ferner schwierig zu sein, die Aussagen über das himmlische Brot
im Kap. 9,8 mit dem „unbegreiflichen Licht" im Kap. 10,1 zu identifizieren.
Wie schon oben besprochen, zeigen der inhaltliche Zusammenhang mit den
Worten des Theophilus im Kap. 8,11 (Bezug auf 1 Tim 6,16) und die Partikel
A e < *8e, daß mit Kap. 10,1 ff ein neues Argument beginnt, das das „eucharistische Argument" (Kap. 9,1-8) ablöst. In diesem neuen Argument spielt die
zweite Person der Heiligen Dreifaltigkeit keine Rolle, während der Hinweis
auf das „unbegreifliche Licht" mit der Erwähnung der menschlichen Natur im
Kap. 10,1 zusammen zu sehen und höchstwahrscheinlich als ein Hinweis auf
die unbegreifliche göttliche Natur zu bewerten ist.
Vor dem Hintergrund dieser Beobachtungen soll die Schlußfolgerung Golitzins: „For Aphu thus, together with the other ,anthropomorphites' ... the subject
of the debate is indeed the Second Person, though not simply Christ incarnate,
but rather ... the pre-existent ,form of God'" 270 ausdrücklich in Frage gestellt
werden. Die Deutung Golitzins, die forschungsgeschichtlich eine Weiterentwicklung der zu wenig begründeten These Driotons darstellt, übersieht die tatsächlich
bestehenden Zusammenhänge, sei es im Text selbst, sei es zwischen der Vita
des seligen Aphu und der zeitgenössischen christlichen Literatur.
Als wenig fruchtbar erwies sich ferner auch der von Golitzin nicht überprüfte
methodische Ansatz Driotons, dem zufolge in der Vita zwischen der Position
des Verfassers und der des Apa Aphu zu unterscheiden ist271. Obwohl es nicht
bestritten werden kann, daß ein solcher Ansatz an sich berechtigt ist272, kann
es nach dem heutigen Stand der Forschung als bewiesen gelten, daß er für
die Begründung des Anthropomorphismus des Apa Aphu nicht in Anspruch
zu nehmen ist.
Die durchgeführte Analyse des Streites mit Theophilus (Kap. 8-10) hat gezeigt, daß wir zumindest innerhalb dieses Abschnittes der Vita nicht hinter die
Interpretation der Begebenheiten des Jahres 399 durch den Verfasser schauen
können. Der Streit fügt sich völlig in das vom Verfasser entwickelte Konzept
der Lebensbeschreibung eines - im christlichen Sinne - einfaltigen Mönches, der
dank seines Glaubens an das Wort der Hl. Schrift, der er durch sein ganzes Leben
im praktischen „Tun" folgt, zum vorbildlichen Bischof einer ägyptischen Stadt
wird. Die ganze Argumentation des Apa Aphu, mit der er das unauslöschliche
Vorhandensein des Ebenbildes Gottes im Menschen begründet, soll seine Treue
gegenüber dem Wort der Bibel und seinen Glauben an dieses Wort demonstrieren. Eben diese Eigenschaften machen ihn zum von dem Erzbischof Theophilus
gewünschten Kandidaten für den bischöflichen Stuhl von Pemdje.
270
271
A. GOLITZIN, M i s t a g o g i a ( w i e A n m . 53), 195.
Siehe E. DRIOTON, La discussion (wie Anm. 19), 93 und n. 3.
So bleibt z.B. die von E. DRIOTON, La discussion (wie Anm. 19), 93 formulierte,
höchst aktuelle Frage nach den Quellen des Verfassers unbeantwortet.
272
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214
Kapitel 2: Der Mensch als Ebenbild Gottes in der Vita des sei. Aphu von Pemdje
Diese Feststellung impliziert keineswegs, daß die Vita für die Interpretation des sogenannten Anthropomorphitenstreites in der ägyptischen Wüste
nicht herangezogen werden darf. Sie spiegelt im Gegenteil zwei in Konflikt
miteinander geratene Positionen (bzw. ihre Deutungen) wider, die uns in den
Ansichten des Erzbischofs Theophilus und des Mönches Aphu greifbar sind.
Diese Positionen waren während des Streites möglicherweise im Umlauf und
zeigen eine neue Dimension dieses Konfliktes im Vergleich mit den Darstellungen der Kirchenhistoriker Sokrates und Sozomenus. Es ist dabei aber nicht
zu übersehen, daß der von den Berichten der Kirchenhistoriker und des hl.
Johannes Cassianus abweichende friedliche Ablauf der Polemik und ihre nicht
weniger friedliche Lösung durchaus im Interesse des Verfassers der Vita ist,
der die Probleme der erfolgreichen Integration des Mönchtums in die Kirche
zu seinem Thema macht.
Im Zentrum des Interesses des Verfassers liegt somit weder die Diskussion
über die Gottebenbildlichkeit des Menschen an und für sich noch ihre historischen Begleitumstände, sondern das Problem der Rolle des Mönchtums in der
Kirche. Am Beispiel des Lebens des Apa Aphu will der Verfasser seine These
begründen (Kap. 11,1):
Wahrhaftig (övtox;) geziemt es sich (repeTtei), daß das Lehren bei denen wäre, die in
Ruhe beten (T)CTUXÖI£EIV)273.
Den Gegenpol zu dieser Aussage bilden die Worte des Mönches Aphu im
Kap. 15,8:
diese Sache 274 ist für mich ... unmöglich.
Die Spannung zwischen dem durch manche Bischöfe des 4.-5. Jahrhunderts
auf die Mönche ausgeübten Druck, in dem der Wille der Kirche, die erprobten
Asketen als Lehrer zu gewinnen, seinen Ausdruck fand, und den Befürchtungen
der Mönche, daß die Rückkehr in die Welt für ihr geistiges Leben abträglich
273
Daß der Mönch der bessere Lehrer und Bischof sei, war schon seit der Zeit des
hl. Athanasius offensichtlich (siehe Ath., ep. Drac. 9 (PG 25, 532D Montfaucon) und L.
BARNARD, The Letters of Athanasius to Amoun and Dracontius, StPatr 26, Leuven 1993,
356-359; vgl. auch K. METZLER, Athanasius (wie Anm. 247), 58: „Vielleicht war Athanasius
auch der erste, der Mönche zu Bischöfen weihte", in gleichem Sinne auch U. KÜHNEWEG,
Athanasius und das Mönchtum, in: StPatr 32, Leuven 1997, 29; ausfuhrlich zur Frage siehe D. BRAKKE, Athanasius and the Politics of Asceticism, Oxford Early Christian Studies,
Oxford 1995, 99-110, H. CHADWICK, Bishops and Monks, in: StPatr 14, Leuven 1993,
45-61, A. GUILLAUMONT, Les „spirituels" et leurs rapports avec l'institution ecclésiastique
dans le christianisme oriental des premiers siècles, in: DERS., Études sur la spiritualité de
l'Orient chrétien, Spiritualité orientale 66, Abbaye de Bellefontaine 1996, 179-187 und A.
STERK, Renouncing the World Yet Leading the Church. The Monk-Bishop in Late Antiquity,
Cambridge/London 2004, 13-20.
274
D.h. die Ordination zum Bischof.
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
8. Der Mensch als Ebenbild Gottes in der Vita des seligen Aphu
215
sein würde275, ist die historische Situation, in der die Vita von Apa Aphu des
Anachoreten und Bischofs von Pemdje lokalisiert werden kann.
Wollen wir abschließend eine vermutliche Ortung der in der Vita formulierten Theologie des göttlichen Ebenbildes im Menschen innerhalb der unterschiedlichen Strömungen des ägyptischen Mönchtums des 4.-5. Jahrhunderts
versuchen, so muß zunächst festgehalten werden, daß dies vor dem Hintergrund
einer nur oberflächlich und bei weitem ungenügend untersuchten „Landkarte"
dieser Strömungen zu geschehen hat. In der vorliegenden Studie haben wir
zu zeigen versucht, daß das von den Kirchenhistorikern des 5. Jahrhunderts
gebotene Modell des Mönchskonfliktes von 399 („Anthropomorphiten" versus
„Origenisten") der Komplexität der realen Vorgänge kaum voll gerecht werden
kann (vgl. I 2.4.1-3; I 4). Tatsächlich finden wir in den Zeugnissen nach 399
eine Stellungnahme zu den Begebenheiten in der Wüste, die sich von den
beiden streitenden Parteien distanziert, vgl. Apophth. Patr., Sopatros (PG 65,
413A Cot.):
275
Charakteristisch in dieser Hinsicht ist das Apophthegma über Abba Netra, das an das
Kap. 23 der Vita des sei. Aphu erinnert (Apophth. Patr., Netra (312 A Cot.), zitiert nach B.
MILLER, Weisung der Väter (wie Anm. 16), 201; das Apophthegma wird bei G. GOULD,
Desert Fathers (wie Anm. 94), 174ff kommentiert): „Man erzählte von dem Altvater Netra
...: Als er in seinem Kellion auf dem Berge Sina wohnte, traf er eine maßvolle Ordnung für
das leibliche Leben. Als er aber Bischof in Pharan wurde, da wandte er sich zu einer harten
Lebensführung. Sein Schüler sprach zu ihm: ,Vater, als wir in der Wüste waren, da lebtest
du nicht so streng.' Der Greis antwortete ihm: ,Dort war die Wüste, die Ruhe (ncruxia) und
die Armut, und ich wollte den Leib so halten, daß ich nicht schwach werden möge und nicht
suche, was ich nicht habe. Nun aber ist es die Welt, und da gibt es viele Gelegenheiten.
Denn wenn ich hier auch krank werde, es ist jemand da, der sich meiner annimmt, daß ich
das Mönchtum nicht verliere.'" In bezug auf das Verhältnis der Mönche zu den Bischöfen
im 4.-5. Jahrhundert sei hier Cassian., Inst. coen. XI 17, übersetzt nach A. ABT, Einrichtungen (wie Anm. 83), 237) zitiert: „Es ist eine von Alters her bis jetzt bestehende Ansicht
der Väter ..., daß der Mönch Frauen und Bischöfe durchaus fliehen müsse." Zur Weigerung
der Mönche, das bischöfliche Amt zu übernehmen, vergleiche man den Bericht über die
Zwangsordination durch Erzbischof Theophilus von Alexandrien eines der „langen Brüder"
Dioskorus zum Bischof in Socr., h.e. VI 7,11-13. Der Vorgänger des Theophilus Timotheus
wollte den Bruder des Dioskorus Ammonius zum Bischof zwangsordinieren, siehe Pall., h.
Laus. 11,1-3. Einige Beispiele, die das Verhältnis der Mönche des 4.-5. Jahrhunderts zu
Priesteramt und Priesterordination illustrieren, sind bei PH. ROUSSEAU, Ascetics (wie Anm.
167), 61 ff gesammelt. Zum Problem des Verhältnisses zwischen dem ägyptischen Mönchtum
und dem alexandrinischen Episkopat im allgemeinen siehe G . J . M . BARTELINK, Les rapports
entre le monachisme égyptien et l'épiscopat d'Alexandrie (jusqu'en 450), in: AAEEANAPIA.
Hellénisme, judaïsme et christianisme à Alexandrie. FS P.C. Mondésert, Paris 1987, 365-379;
einige Beispiele aus den Apophthegmata Patrum sind bei G. GOULD, Lay Christians, Bishops,
and Clergy in the Apophthegmata Patrum, in: StPatr 25, Leuven 1993, 403-404 gesammelt;
über das Problem innerhalb der pachomianischen Tradition siehe H . BACHT, Mönchtum und
Kirche. Eine Studie zur Spiritualität des Pachomius, in: Sentire Ecclesiam. Das Bewußtsein
von der Kirche als gestaltende Kraft der Frömmigkeit, FS H. Rahner, hrsg. von J. Daniélou
und H. Vorgrimler, Freiburg 1961, 115-123; ebd., 116 Anm. 21 über den Unwillen des hl.
Pachomius, seine Mönche zu Priestern ordinieren zu lassen; siehe ferner auch L.S.B. MACCOULL, Paul of Tamma and the Monastic Priesthood, VigChr 53, 1999, 316-320.
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216
Kapitel 2: Der Mensch als Ebenbild
Gottes in der Vita des sei. Aphu von
... HT) EK^iyrricrrv; Jtepi xfjg EIKOVCK;- xoßxo
yctp OÖK eaxiv aipeaiq, äXX iSuoxeia Kai
(piAovEiKia äpxpoxepwv xcöv |iepGJV° äSuvaxov ydp K«TaÄr](p9f|vai xö 7ipdy(xa xoüxo
wtö 7t&ar|i; xf|q Kxicecoi;.
Pemdje
... forsche nicht nach über die Gottebenbildlichkeit. Denn dies ist zwar keine Häresie, aber es ist Unwissenheit und Disputiersucht bei beiden Parteien. Es ist nämlich
nicht möglich, daß diese Sache von irgendeinem Geschöpf verstanden wird276.
A l s die „beiden Parteien" sind sicherlich die „Origenisten" und die „Anthropomorphiten" zu verstehen 277 . Die Unbegreiflichkeit der Gottebenbildlichkeit wird
auch in folgendem, sicher in die Zeit nach 3 9 9 zu datierendem 278 Apophthegma
betont (Apophth. Patr., Daniel 7 (PG 65, 1 5 7 B Cot.)):
ev ctpxfl xoßv Xaßwv CXTTO tf\q yn<;
ejitaxcre (d.h. ö Qeöi;) xöv av6pamov
Kax' elKÖva amoxi, Kai oüöeic, S w a x a i
einetv ÖTI OÜK ecmv eiKwv 6eoi>, ei
Kai (XKatA/.riTUoi;.
(Gott) nahm am Anfang Staub von Erde
und schuf den Menschen nach seinem
Bilde; so kann niemand sagen, daß er
nicht Bild Gottes ist, wie unbegreiflich es
(d.h. das Bild) auch sei279.
Eine ähnliche Position hinsichtlich der Unbegreiflichkeit des unauslöschlichen
Ebenbildes Gottes im Menschen findet sich in den beiden, in der Mitte der 70er
Jahre des 4. Jahrhunderts verfaßten Werken des hl. Epiphanius von Zypern
Ankoratus und Panarium omnium haeresium. In anc. 5 5 , 5 - 9 ( G C S Epiphanius
I, 6 4 , 18 f f Holl) schreibt der hl. Epiphanius:
OIJK dpvox>|ie0a yap jidvxat; avOpamoDi;
eivai Kai eiKÖva 0eoi>. tö 5e rooq ov
7tepiEpYa^6ne6a xot> Kax' ebcova. owe
yap tö 7tXda)ia voot>nev Kax' eiKÖva
XVOE
O F C XT|V \|/UX"HV O W E TOV VOVV O VXE XT1V
dpexf|v. noXXä yap ecm xa KCOA."6ovxd
p.£ OOTCOI; Xeyeiv. akX' oüxe ^.eyoitev xö
aö|xa ftfi eivai rax' eiKÖva oiixe x-pv
yoxiiv ... eaxiv ouv ev xqj dvöpomcp xö
Kax' eiKÖva, avxbq 5e oiSev ö 6eö<; n(»q
eaxiv.
Gewiß ist, daß alle Menschen nach Gottes
Bild geschaffen sind; worin aber dieses
Bild bestehe, danach forschen wir nicht
allzu angelegentlich. Wir meinen nicht,
daß der Leib nach dem Bilde Gottes sei,
noch die Seele, noch der Geist, noch daß
es in der Tugend bestehe; denn vieles
hindert uns, das eine oder das andere zu
behaupten. Doch sagen wir auch nicht,
daß der Leib oder die Seele nicht nach
dem Bilde Gottes sei ... Es ist ... in dem
Menschen Gottes Bild; das „Wie" aber
kennt Gott280.
Vgl. Epiph., haer. 70,2,2 ( G C S Epiphanius III, 2 3 4 , 2 2 f f Holl):
ox> xpi) roxvxax; öpi^eiv fl 5uax,upiCea9ai
ev rtoicp (xepei xö Kax' ebcova TtA.ipo'öxai,
... wir sollen niemals bestimmen oder
feststellen, in welchem Teil (d. h. des
276 Übersetzt nach M. P A R M E N T I E R , Griechische patristische Elemente zu einer theologischen Anthropologie der Frau als Mensch und als Frau in ihrer Differenz zum Mann, IKZ
2, 1998, 135.
277 M. P A R M E N T I E R , Elemente (wie Anm. 276), 135.
278 Siehe J.-M. SAUGET, Art. Daniel of Scete, Encyclopedia of the Early Church I, New
York 1992, 220.
279 Übersetzt nach M. P A R M E N T I E R , Elemente (wie Anm. 276), 133.
280 Übersetzt nach M. P A R M E N T I E R , Elemente (wie Anm. 276), 152.
utsronmkih
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8. Der Mensch als Ebenbild Gottes in der Vita des seligen Aphu
217
aXX' Ö|I0/V0YEIV (jiv TO K«T' eiKÖva e i v a i Menschen) die Gottebenbildlichkeit sich
befindet, sondern bekennen, daß die
ev xä) äv6pü)7tcp, i'va )_if| xr|v / ä p i v toi)
QEO\) äöetfiacouev Kai d7tioTfiato|j.ev Oew. Gottebenbildlichkeit einfach im Menschen
ist, damit wir die Gnade Gottes nicht
wegwerfen und uns als Ungläubige
erweisen 281 .
Die Übereinstimmung zwischen den Zeugnissen vor und nach der Kontroverse
von 399 läßt die Frage aufstellen, ob die Ansichten des hl. Epiphanius, der bekanntlich in seinen jüngeren Jahren „engen Kontakt zu monastischen Zirkeln" 282
in Ägypten hatte, eine „dritte" ägyptische Tradition wiederspiegeln können,
die die Unbegreiflichkeit der Gottebenbildlichkeit des Menschen herausstellte
und zwischen den „Origenisten" und den „Anthropomorphiten" in gewisser
Weise vermittelte 283 .
Für die Theologie des Ebenbildes Gottes im Menschen in der Vita des
sei. Aphu könnte eine solche hypothetisch zu rekonstruierende Tradition Vergleichsmaterial liefern, das uns die eigentliche Pointe des Verfassers der Vita
möglicherweise schärfer verstehen lassen würde, der die trotz der äußerlichen
Unähnlichkeit zu glaubende Präsenz des Ebenbildes Gottes im Menschen nachdrücklich unterstreicht ohne seine eindeutig klare Definition vorzuschlagen 284 . Im
Zusammenhang mit den Parallelen zwischen dem hl. Epiphanius und der Vita
sei auch daran erinnert, daß die Lehre von dem Verlust der Gottebenbildlichkeit
durch Adam von dem hl. Epiphanius bereits in haer. 64,4,9285 und später in seinem
Brief an Johannes von Jerusalem 286 Origenes zugeschrieben wird. Genau diese
Lehre wird in der Vita des sei. Aphu von Theophilus vertreten 287 und von dem
sei. Aphu widerlegt 288 . Sei. Aphu und hl. Epiphanius greifen in ihrer Polemik
gegen den Ebenbildverlust zu den zum Teil gleichen Schriftbelegen 289 . Es ist
281
Übersetzt nach M. PARMENTIER, Elemente (wie Anm. 276), 152.
W. A. LOHR, Art. Epiphanius von Salamis, in: Lexikon der antiken christlichen Literatur,
hrsg. von S. Döpp und W. Geerlings, Freiburg/Br. 2 1999, 196a.
283
Vgl. oben das Zitat aus Epiph., anc. 55,5 (GCS Epiphanius I, 64, 20-21 Holl): „Wir
meinen nicht, daß der Leib nach dem Bilde Gottes sei, noch die Seele, noch der Geist, noch
daß es in der Tugend bestehe." Siehe darüber ausführlich in D. E BUMAZHNOV, Einige Aspekte der Nachwirkung des Ankoratus und des Panarion des hl. Epiphanius von Salamis in
der früheren monastischen Tradition, Adamantius 11, 2005, 158-178.
284
Vgl. dazu Kap. 8,4-9; 9,7; 10,1-9 und das letzte Zitat aus dem hl. Epiphanius.
285
Epiph., haer. 64,4,9 (GCS Epiphanius II, 412,11-12 Holl).
286
Übersetzt ins Lateinische von Hier., ep. 51,6,5 (CSEL 54, 407,1-3 Hilberg)).
287
Vgl. Kap. 5,4; 8,4.6-8.10-11.
288
Vgl. Kap. 8,5.9; 9,7-8; 10,1-9.
289
Vgl. Gen 9,6 in Kap. 8,9 und Hier., ep. 51,6,7 (CSEL 54, 407,22-408,2 Hil.) und 1
Kor 11,7 in Kap. 9,8 und Hier., ep. 51,6,11 (CSEL 54, 409,1-2 Hil). Vielleicht kann man als
eine weitere Parallele die in der Vita postulierte Unähnlichkeit zwischen dem Kaiserbild und
Kaiser (Kap. 10,3-4) und die Kritik des Epiphanius an den Heiligenbildern ansehen, vgl. z. B.
Epiph. fr. 3 (357,24 Holl) und Epiph. fr. 24 (361,23-29 Holl), wo unter anderem auch der
unadäquate Charakter der Heiligenbilder hervorgehoben wird. Frühere Annäherungsversuche
zum Thema findet man bei G. FLOROVSKY, Apa Aphu (wie Anm. 2), 123 f und E. CLARK,
The Controversy (wie Anm. 40), 104.
282
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
218
Kapitel 2: Der Mensch als Ebenbild Gottes in der Vita des sei. Aphu von Pemdje
schließlich gut möglich, daß das sogenannte eucharistische Argument des Apa
Aphu dem 57. Kapitel des Ancoratus nachempfunden ist290.
Den oben skizzierten Berührungspunkten der in der Vita vertretenen Deutung
des göttlichen Ebenbildes im Menschen mit der Ebenbildstheologie des hl.
Epiphanius sind andere in der Vita erkennbaren patristischen Traditionen des
Verständnisses des Ebenbildes an die Seite zu stellen, die über die von dem
hl. Epiphanius betonte Unbegreiflichkeit des Ebenbildes im Ansatz hinausführen und - zwar andeutungsweise - auch positive Aussagen über das Ebenbild
enthalten 291 .
Wie bereits oben formuliert, bedarf eine genaue Kontextualisierung des
Zusammenspiels aller diesen Traditionen in der Vita des sei. Aphu einer
eingehenden Vorstudie der Auslegung von Gen 1,26 und 2,7 im ägyptischen
Mönchtum des 4.-5. Jahrhunderts.
9. Zusammenfassung
Das wichtigste Ergebnis dieses Kapitels ist ein negatives. Die Auseinandersetzung mit der von Alexander Golitzin vorgeschlagenen Deutung der Vita des
seligen Aphu von Pemdje im Abschnitt 8 hat gezeigt, daß sich Spuren einer
alttestamentlichen bzw. jüdischen Mystik der Schau des göttlichen Leibes in
diesem Dokument nicht nachweisen lassen. Die motivische und kompositionelle
Analyse des ungekürzten koptischen Textes der Vita im Abschnitt 7 legt die
Vermutung nahe, daß die Vita aus der Situation der Spannung zwischen der
geistigen Freiheit der Mönche und dem auch den Mönchen bewußten Imperativ der Bindung an die Kirche entstanden und den Problemen einer solchen
Spannung gewidmet ist.
290
Vgl. anc. 57,1-6 (66,18-67,9 Holl) und F. Rossi, Trascrizione (wie Anm. 3), 73,1,242,3. G. GOULD, Image (wie Anm. 12), 551 verweist auf die Parallele und hält eine Literarische Abhängigkeit der Vita von anc. für möglich. Einige weiterfuhrende Überlegungen zu
diesem Thema werden geboten in: D.F. BUMAZHNOV, Einige Aspekte der Nachwirkung des
Ancoratus und des Panarion des hl. Epiphanius von Salamis in der früheren monastischen
Tradition, im Druck in: Adamantius. Journal of the Italian Research Group on „Origen and
the Alexandrian Tradition", Pisa 2005.
291
Vgl. S. 209 mit Anm 258-259.
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
Anhang
Die Übersetzung der Vita
des seligen Aphu von Pemdje
Die Übersetzung basiert auf der Edition von Francesco Rossi292. In den runden Klammern geben wir die im Text gebrauchten griechischen Lehnwörter in
griechischer Schrift. Durch die spitzen Klammern werden die nach dem Sinn
hinzugefugten Wörter markiert, in den eckigen werden die Konjekturen Rossis
und von Lemms geboten.
***
Vita (ßioq) von Apa Aphu, des Anachoreten (6cvaxcopr|xf|q) und Bischofs
(£7uoko7to<;) von Pemdje
<Am> 21. <Tag des Monats> Thout
1 Danach ist es nötig (öcvayKcciov), daß wir des heiligen Bischofs (ejtioKorcog) gedenken, dessen Name unter den Menschen Aphu war. 2. Die Menschen
nannten ihn aber auch „der Mächtige".
2 Zuerst leistete er Gehorsam (i>7i0TaYf|) den auserwählten und <Gott> ergebenen (niaxöq) Leuten, die ihrerseits mit einigen der Apostelschüler ([xa0r|Tf|<;,
ö.n()oxo\oq) Umgang gepflegt hatten. 2. Er lebte (dvaaxpecpeiv) nach (kcxtcx) ihrer
ehrwürdigen (ae^voq) Lebensweise (ßioq). 3. Nachdem sie aber (8e) gestorben
waren, blieb er allein und kannte nur noch einen einzigen Bruder, der zusammen
mit ihm bei jenen das Emporsteigen zum Himmel gelernt hatte. 4. Und (8e)
es beliebte Aphu, folgendes Leben (ßioq) zu führen: er legte seine Kleidung
ab, band sich eine Lederschürze um die Lenden und verblieb unablässig in der
Wüste (epr||j.oq) mit Antilopen, so daß ihm Tag und Nacht zum Gottesdienst
(cuva^iq) wurden. 5. Seine Nahrung (ipo<pf|) entsprach ihrer Lebensweise, und
es hat sich ihnen angeglichen derjenige, der den Leib (ocö|a.a) der menschlichen
Schwäche trägt (<popetv), denn (yäp) er fing (äpxeiv) das Leben (ßioq) dieser
Art <erst dann> an, als [die Leidenschaften] der Jugend <in ihm> gereinigt
waren. 6. [Einmal] im Jahr traf er sich (äraxvxav) mit [jenem Bruder], von
dem wir schon erzählten, und ließ sich vom Tag der heiligen Predigt sagen.
7. Und er ging hin gekleidet in das Gewand eines Dorfbewohners (paganus),
hörte die Osterpredigt in der Kirche (¿KK/.r|aia) von Pemdje und ging zu sich
292
F. Rossi, Trascrizione (wie Anm. 3), 67-84.
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220 yvponihgeaA
Anhang
zurück, ohne von jemandem erkannt worden zu sein. 8. Auf diese Weise lebte
er bis ins hohe Alter.
3 Und er hatte Macht über (roxpd) die Tiere, mit denen er wandelte. 2. Sie
erkannten ihn als <ihren> Freund an und liebten ihn wie einen Hirten. 3. Wie
vernunftbegabte (X,0yiK0<;) Menschen gewährten sie ihm vielfach Ruhe, als (üq)
wären sie für ihn von der heiligen Vorsehung (rcpovoia) bestimmt, <und> weil
sie das Zeichen ihres Herrn sahen, das ihn bekleidete. 4. Im Winter umgaben
sie ihn so, daß (rnoxe) es ihm mitten unter ihnen warm war gleichsam wie unter
einer Bedeckung (ckejiti) wegen der Überfülle ihres Atems, der ihn erreichte.
5. Und auch im Sommer bereiteten sie auf die gleiche Weise (önotoq) Schatten
für ihn. 6. Auch wenn er an manchem Tag krank war und hinter ihnen her nicht
essen gehen konnte, blieben einige <von ihnen> bei ihm und ließen ihn nicht
allein. 7. Die Übrigen wiederum gingen und weideten. 8. Und sie brachten ihm
in ihren Mäulern das Essen.
4 Und nachdem er schon Bischof geworden war, bezeugte (ö(io^oyEiv)
er folgendes, als eine Vielzahl von Brüdern ihn in bezug auf diese <seine>
Lebensweise (avacrrpo<pf|) fragte: „Aus welchem Grund (aixia) übst du (rco/ateueiv) diese Art von Askese aus?" 2. Er antwortete ihnen: „Ich bin zwar (^ev)
mit vielen Mängeln behaftet, indessen (jtÄ.r|v) habe ich den seligen (^ampio^)
David vor Gott sagen gehört: ,Ich aber (5e) war wie ein Vieh vor Dir.'293 3. Ich
hörte wiederum über Jesaja, daß er nackt ging und sogar den härenen Schurz,
mit dem er um seine Lenden gegürtet war, ablegte294 . 4. Aber (8e) auch über
unseren Erlöser (comp) <und> Herrn des Weltalls las ich im <Evangelium>
nach (Kam) Markus, daß Er mit den Tieren (öripiov) war295 . 5. Wenn also Gott
und Seine Heiligen meinetwegen in all diesen Plagen wandelten, um so mehr
(toktcö |j.aA,A,ov) <muß> ich, der Elende, <das tun>."
5 Und (öe) als er noch (exi) mit den Tieren (öripiov) lebte, kam er zur Predigt
des heiligen Paschas und hörte einen Ausdruck (Mi;i<;), der mit der Erkenntnis
des Heiligen Geistes (rcvE'üfia) nicht im Einklang war (au(i(pwveiv), so daß
((boxe) er sehr verstört wurde wegen des Ausdrucks. 2. Und auch (Kai yap)
jeder, der ihn gehört hatte, wurde ebenfalls betrübt (XimEiv) und verstört. 3.
Der Engel des Herrn hatte aber (ji^f|v) dem seligen ((xampiog) Aphu befohlen,
den Ausdruck nicht unbeachtet zu lassen (d^eA-eiv), und sagte zu ihm: „Es ist
dir bestimmt von dem Herrn, nach Rakote zu gehen, um diesen Ausdruck zu
klären." 4. Jener Ausdruck war aber (86) folgender Art: der Verfasser (vnayopeveiv), nachdem er die Herrlichkeit Gottes in <seiner> Predigt hochgepriesen
hatte, gedachte <auch> der Schwäche der Menschen und sagte: „Dieses <Bild>,
das wir Menschen tragen (cpopEiv), ist nicht das Ebenbild (eIkcov) Gottes."
293
294
295
Ps 72,22 (LXX).
Jes 20,2.
Mk 1,13.
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Die Obersetzung der Vita des seligen Apha von Pemdje
221 zyxwvutsrqponm
6 Als der selige ((larapioq) Aphu dies gehört hatte, wurde er mit dem
Heiligen Geist (7tvEi>|ioO erfüllt und begab sich (catoSrineiv) in ein zerrissenes
Gewand gekleidet (cpopeiv) in die Stadt ( 7 1 6 A . K ; ) Rakote. 2. Drei Tage stand der
selige (|j.aKdpvoq) Aphu vor der Tür der bischöflichen Residenz (emcKOJteiov)
und keiner führte ihn zu ihm (d. h. zum Erzbischof) hinein, weil man auf ihn
so schaute, als ob er ein einfacher Mann aus dem Volk (iSiwxrig) wäre. 3. Danach wurde ein Kleriker (Ktopuccx;) auf ihn aufmerksam, er hatte <nämlich>
seine Geduld (i>ra)fiovf|) bemerkt und erkannte (cäaGaveaÖai), daß er ein Mann
Gottes ist. 4. Er ging hinein und ließ den Erzbischof (cxp^ieniaKOTtoq) wissen:
„Da draußen ist ein armer Mann; er sagt, daß er sich mit dir treffen ( d i i a v i d v )
möchte. 5. Wir aber (8e) haben nicht gewagt (toX,(o.cxv), ihn zu dir zu geleiten,
weil ja (eTteiSii) seine Kleidung keine ansehnliche ist."
7 Und (Se) sogleich, als wäre er von Gott dazu bewegt, befahl er, ihn zu sich
hereinzuführen. 2. Und (86) als er vor ihm stand, fragte er ihn nach dem Grund
(aixia) <seines Kommens>. 3. Er antwortete: „Mein Herr Bischof (etugkotkx;)
möge die Worte seines Dieners mit Liebe (&Y&7tr|) und Geduld (dvoxri) anhören."
4. Er sagte zu ihm: „Sprich." 5. Der selige (juXKapioq) Apa Aphu erwiderte:
„Ich kenne die Rechtschaffenheit (xprioxoTriq) deiner Seele (yux'n) <und> daß
du ein Mann des Rates bist. 6. Deswegen begab ich mich zu deiner erhabenen
Größe in der Zuversicht (öappeiv), daß du das Wort der Frömmigkeit (EtxjEßfiq)
nicht verachten wirst, wenn es auch (Kai av) von einem armen Mann kommt,
wie ich einer bin." 7. Der Erzbischof (cxpxienioKOTtoq) Theophilus sagte zu ihm:
„Welcher Gottlose wäre so dumm, um (üjgte) das von Gott <stammende> Wort
wegen eines wie auch immer <gearteten Gr>undes zu verwerfen?" 8. Aphu
antwortete ihm: „Mein Herr, der Bischof (¿Tuaicojioq), befehle (ke^eueiv), daß
mir hier das Original (i'oov) der Predigt vorgelesen würde. 9. Ich habe nämlich
(e7C£i8f|) darin einen Ausdruck (le^iq) gehört, der mit den Schriften (ypa<pf|)
des Geistes Gottes nicht in Einklang stand (o\)^(pcovetv). 10. Ich aber (86) habe
nicht geglaubt (tugteueiv), daß er von dir hervorgegangen war, sondern ( a k l a )
sagte <mir>, daß es wohl ( h ^ o t e ) die Schreiber (ouyypacpe'oi;) waren, die
beim Schreiben einen Fehler gemacht hatten. 11. Daran nehmen viele Fromme
(eikyeßfy;) Anstoß, so daß (rooxe) sie nicht wenig betrübt sind in <ihren> Herzen."
12. Der Erzbischof (dpxieKioKOTtoq) Apa Theophilus gab <dann> sogleich einen
Befehl (keXetjeiv) und man holte das Original (iaov) der Predigt. 13. Und als
man vorzulesen begann, traf man auf jenen Ausdruck (Xifyq).
8 Und sogleich warf sich Apa Aphu nieder und sagte: „Dieser Ausdruck
(XEqiq) ist nicht in Ordnung; ich dagegen (a.XXä.) werde <immer> bekennen
(ö|j.0A,0Y£iv), daß alle Menschen im Ebenbild (eiKcav) Gottes geschaffen worden
sind." 2. Der Erzbischof (dpxi£7ticK07t0<;) erwiderte: „Warum (na>q) erhebst
nur du Einspruch gegen diesen Ausdruck (Ä,e<;iq) und keiner steht dir bei?"
3. Apa Aphu sagte: „Ich bin voller Zuversicht (GappElv), daß du <selbst> mir
beipflichten und nicht widersprechen wirst." 4. Der Erzbischof (dpxv£7iicK07i0g)
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222 nkhgaXA
Anhang
sagte: „Wie wirst du über einen Äthiopier sagen können, daß er ein Ebenbild
(eiKCüv) Gottes sei, oder (fi) <über> einen Aussätzigen oder (fj) <über> einen
Gelähmten oder (fi) <über> einen Blinden?" 5. Der selige (n-oncdpioq) Apa Aphu
antwortete: „Äußerst du solche <Gedanken, so> gerätst du in Widerspruch mit
Dem, Der gesagt hat:, Lasset Uns einen Menschen machen nach ( r a t a ) Unserem
Gleichnis und Unserem Ebenbild (eiiccbv).'"296 6. Der Erzbischof (dp%i£7ri.aK07toq)
entgegnete: „Das sei fern (p.fi yevoi/uo). 7. Ich meine aber (aX'kä) dazu, daß nur
Adam nach Seinem Gleichnis und Seinem Ebenbild (eiicobv) geschaffen wurde.
8. Aber (öe) die Kinder, die er hinterlassen hat, waren ihm (oder: Ihm, (d. h.
Gott) unähnlich." 297 9. Apa Aphu antwortete: „Aber nachdem Gott mit Noah
nach der Sintflut (KaTaK^\x7(j.oq) einen Bund (8ia9f|Kr|) geschlossen hatte, sagte
Er doch (Kai (j.r(v) zu ihm: ,Wer Menschenblut vergießt, dessen <Blut> wird
dafür vergossen werden, weil der Mensch im Ebenbild (yvutrpokiedcbaTKIG
eIkcbv) Gottes geschaffen wurde.'" 2 9 8 1 0. Der Erzbischof (dpxiejtioKOjrog) sagte: „Ich furchte mich,
<über> den Menschen, der kränklich <und> leidensfahig ist, zu sagen, daß er
das Ebenbild (eiKtov) des leidensunfähigen (dmöiiq) und einfachen (emeX.f|<; ?)
Gottes trägt ((popetv). 11. Wenn er außerhalb sitzt und seine Notdurft verrichtet
(7tapaaK£"ud^Eiv), wie würdest du über ihn <im Zusammenhang> mit dem
wahren unerreichbaren Licht 299 denken?"
9 Aphu sagte zu ihm: „Wenn du das sagst, <dann> wird man auch in bezug
auf den Leib (ocä^a) Christi verneinen, daß er das ist, was wir von ihm sagen.
2. Die Juden (iovSaioq) werden nämlich (ydp) sagen: ,Wie <kannst> du das
von der Erde hervorgebrachte und mit Mühe gebackene Brot nehmen <und>
dann glauben (niateijeiv) und sagen, daß es der Leib (ocö|a.a) des Herrn ist?'"
3. Der Erzbischof (dp%i£7UOK07TO<;) sagte zu ihm: „So ist es nicht. 4. Denn
(ydp) bevor wir es auf dem Altar (Buouxaxipiov) darbringen, ist es wahrhaftig
(dAr|9co<;) Brot. 5. Indem wir es <aber> auf dem Altar (Guauxcrrripiov) darbringen und Gott auf sie (d.h. die hl. Gaben) herniederrufen (ejnraXevv), wird das
Brot zum Leib (oötyjxx) Christi und der Kelch wird zum Blut, gemäß (icottd)
<den Worten, die> Er Seinen Jüngern ()j.a0r|Tf|q) sagte: ,Nehmet, esset, das ist
Mein Leib und Mein Blut' ,300 6. Und also glauben (nio-re'ueiv) wir." 7. Apa
Aphu sagte zu ihm: „<Genau so> wie es nötig (dvayKoaov) ist, dies zu glauben
(7iiGT£'uevv), ist es nötig (dvayKcuov), an [Seine Ma]cht [(e^oujala) zu glauben
(7ti0T£'Ö£iv), den Menschen [nach (Korea)] dem Gleichnis [und dem Ebjenbild
(eixeov) Gottes zu schaffen. 8. Denn (ydp) Derjenige, Der sagte: ,Ich bin das
Brot, das vom Himmel gekommen ist', 301 ist Derselbe, Der auch sagte: ,Wer
296
297
298
299
300
301
Gen 1,26.
Vgl. Gen 5,3.
Gen 9,6.
Vgl. lTim 6,16.
Mt 26,26-28; Mk 14,22-24.
Joh 6,41.
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Die Übersetzung der Vita des seligen Aphu von Pemdje
xvutrokiedcaXVUTSONMLKJ
223
Menschenblut vergießt, dessen <Blut> wird dafür vergossen werden, weil der
Mensch im Ebenbild (eixcbv) Gottes geschaffen wurde.'" 302
10 Was aber (86) die Herrlichkeit der Größe (iieyeöoq) Gottes betrifft, die
von [kjeinem [gesehen werden] kann we[gen] ihres unbegreiflichen] Lifchtes]303
sowie in bezug auf die menschliche Schwäche und Geringfügigkeit (emeXiiq)
gemäß (kcxtöc) der Gebrechlichkeit der Natur (qnxm;), welche beide <Dinge>
wir kennen, denken wir also, wie wenn ein König gebieten (keX-eueiv) würde
und ein Bild (eiKtav) gemalt (£coypa(p£iv) würde. 2. Jedermann ist ferner damit
einverstanden (o^io^oyetv), daß es das Bild (eikcov) des Königs ist. 3. Zugleich
aber (ä|ioc 8e) wissen alle, daß es ein Stück Holz mit Farben ist. 4. Denn (yap)
weder (otiöe) die Nase darauf steht auf die gleiche Weise vor wie die menschlichen, noch (ot)8e) die Ohren wie die auf dem Kopf des Königs, noch (oitöe)
spricht es nach seiner Art. 5. Aber keiner denkt an alle diese seine Mängel,
weil man sich vor der Erklärung (a7tcxpaaiq) des Königs fürchtet, der sagte, daß
dies sein Bild (eIkcdv) sei. 6. Oder vielmehr ((löAXov 8e) wenn jemand sich zu
leugnen (dpveiaöai) erkühnt (xo^|xav), daß es das Bild (eixdjv) des Königs sei,
pflegt man ihn hinzurichten, weil er ihn (d.h. den König) verschmäht hat. 7.
Und noch mehr (fidiUaxa): davor versammeln sich die Obrigkeiten (ecpuaia)
und verehren aus Furcht vor dem König ein Holzbrett mit Farben. 8. Wenn
es also mit dem geist- (icve^a) und (otiSe) bewegungslosen Bild (eiKobv), das
nichts [wahrnehmen kann [(cri'a]0r|TOq), so beschaffen ist, um wieviel mehr
(|idl/U)v) <muß man als Ebenbild Gottes> den Menschen <anerkennen>, in
dem der Geist (jcvEt>p.a) Gottes <wohnt>, der handelt (evepyeiv) und mit einer
größeren Ehre ausgezeichnet ist als (raxpa) alle Lebewesen (£cpov) auf der Erde?
9. Was aber (Se) verschiedene (Suxtpopa) Krankheiten, Hautfarben und Mängel
anbetrifft, die uns eigen sind <und> uns ... 304 wegen unseres Heils, so ist es
nämlich (yap) unmöglich, daß etwas von ihnen die uns von Gott gegebene
Herrlichkeit zuschanden machen würde, wie (Kara) Paulus sagte: ,Es geziemt
sich dem Mann nicht, sein Haupt zu bedecken.'" 305
11 Als aber (Se) der selige Erzbischof ((laKapioq äp%i£7UOKOJK><;) diese Worte
gehört hatte, stand er auf, fiel ihm um den Hals (?) und sagte: „Wahrhaftig
(övtcoi;) geziemt es sich (upenei), daß das Lehren bei denen ist, die in Ruhe
beten (fia'uxd^eiv). 2. Denn (ydp) die Gedanken (A,oyio|i6<;) unseres Herzens
waren in uns verwirrt, so daß (MOTE) wir uns geirrt haben in dieser ganzen
Angelegenheit aus Unwissenheit." 3. Und sogleich schrieb er in das ganze
302
303
Gen 9,6; Jak 2,11.
Übersetzt nach den Emendationsvorschlägen von O. VON LEMM, Vita (wie Anm. 233),
597.
304
F. Rossi, Trascrizione (wie Anm. 3), 75,1,26: e y n e T e Y C i c NAN. Vielleicht ist hier
ein Teil des Textes ausgefallen.
305
IKor 11,7.
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224 yxpnmkihgcaA
Anhang zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZXWVUTSRPON
Land (xropa) und sagte sich von jenem Ausdruck ßsfyq) los (cotoktip'ugoeiv),
<indem er erklärte,> daß „er fehlerhaft sei und wir ihn unbesonnen (avorixoq)
ausgesprochen hätten."
1 2 Danach sagte er zu dem Seligen (fjxxKdpioc;) beschwörend: „Erzähle mir,
welches Leben (ßioq) du <fuhrst> und aus welchem Ort (yevoc;) du herkommst.
2. Denn (ydp) ich sehe <einerseits>, daß du wie ein einfacher Mann (iSuiiTTiq)
aussiehst, andererseits (86) höre ich deine Worte, die erhabener als (napä) die der
Weisen (oocpoq) sind." 3. Er antwortete ihm: „Zwar (|J.ev) möchte ich wie (cb<;)
ein Mönch ((iovaxo<;) leben, aber (7tA.f|v) ich bin weit entfernt von dieser Ehre.
4. Meiner Herkunft nach bin ich aus Pemdje. 5. Doch (äXÄ.&) weil (erceiSri) es
deine Weisheit (aotpia) ist, auf die wir uns stützen, hat der Feind unternommen,
dieses durch dich zu vollbringen. 6. Er wußte, daß viele deswegen Anstoß und
Schaden nehmen und auf das Wort der heiligen Lehre, das aus deinem Mund
hervorgeht, nicht hören würden. 7. Aber (n)vf|v) wegen der Liebe zu Gott, die in
deinem Herzen <brennt>, hast du alle Schlingen des Teufels (Sidßo^oq) zerrissen,
indem du auf das Wort meiner Nichtigkeit (ikaxiamc,) hörtest. 8. Denn (yä.p)
die Größe (|o.eyeöoq) deines Herzens war außerstande, dich zum Verständnis
(¿7iivoia) zu erheben, daß (rooxe) du dich deines eigenen Willens bemächtigen
solltest. 9. Vielmehr (alXä) hast du das Kindsein in Christus gezeigt auf die
Art und Weise des großen Moses, der Jitro, dem Priester in Midian, gehorcht
hat306. 10. Wahrlich dies ist es, was der Erlöser ( c o m p ) unseren Vätern, den
Aposteln (äitooxoXoq), gesagt hat: ,<Wenn> ihr nicht umkehrt und <nicht>
werdet wie diese kleinen Kinder.'307 11. Du hast also (8e) in Wahrheit gezeigt,
daß du dich völlig abgewandt hast vom Hochmut <und dich zugewandt hast>
der Reinheit und der Einfalt (ömtayßg) des Kindseins." 12. Dann bat er ihn, einige
Tage bei ihm zu bleiben, er aber tröstete (napaica^eiv) <ihn> und sagte: „Es ist
mir unmöglich." 13. Und auf diese Weise ist er von ihm gegangen in Frieden
(eipf|vri) und Ehre (Ti|ir|). 14. Er aber (8e) war betrübt in seinem Herzen, daß
jener ihn verläßt, wie ein Sohn, von dem sein Vater geht.
13 Drei Jahre später ist der Bischof (eTUGKOJtoq) von Pemdje gestorben.
2. Und gemäß (kcct&) <ihrem> Brauch (eöoq) versammelte sich die ganze Stadt
(n6>viq) in einhelliger Obereinstimmung (oupxpcovia), und die Wahl (v|/f|(pio^a) fiel
auf einen der gottesfurchtigen (eij^aßfiq) Presbyter (Ttpeaßijxepoq). 3. Er wurde
nach Rakote mit ihrem Beschluß (\]/f|(pio|j.a) geschickt, damit er zum Bischof
(e7iicK07i0g) geweiht werde. 4. Als aber (8e) der Erzbischof (cxp^ienioKOTtoq)
Apa Theophilus <ihr> Schreiben erhalten hatte, antwortete er: „In der Umgebung eurer Stadt (jio^k;) gibt es einen Mönch ((xova%o<;) Aphu; bringt ihn zu
mir, <und> ich weihe ihn euch zum Bischof (eJUGK07t0<;)." 5. Die Presbyter
(jipeoßijxeptiq) antworteten aber (Se): „Wir kennen in der Tat keinen Mönch
306
307
Ex 18,24.
Mt 18,3.
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Die Übersetzung der Vita des seligen Aphu von Pemdje
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(|aova%o<;) Aphu in unserem Gau 308 , noch denken wir, daß jemand von unseren
Leuten ihn kennt." 6. Der Erzbischof (dpxu'JUGK07i0q) antwortete und sagte
zu ihnen wiederum: „Wenn ihr ihn nicht <zu> mir bringt, werde ich euch
niemanden weihen."
1 4 Dann gingen sie von ihm, kamen in ihre Stadt (jt6>aq) <und> suchten
nach dem Menschen. 2. Und keiner im ganzen Gau kannte ihn, weil (yap) er
nicht mit den Menschen lebte, sondern ( a X k a ) mit den Tieren (Gipiov). 3. In
ihrer Verlegenheit (GÄAßeiv) ließen sie die Mönche (|a,ova%6<;) versammeln und
fragten sie nach dem Menschen. 4. Und (8e) es antwortete derjenige von ihnen,
der ihn kannte: „Ja, er ist mir bis zum <heutigen> Tag bekannt, er begegnete
mir in der Wüste (eprpoq), <wo> er mit Antilopen lebt." 5. Und (8e) sogleich
haben sie befohlen (KeX.e'uei.v), daß die Jäger ihm auflauern und ihn einfangen
sollten. 6. Jener Bruder ließ sie nämlich <folgendes> wissen: „Wenn er erfährt,
daß ihr nach ihm sucht, um ihn zum Bischof zu (e7rioKOJTOi;) machen, läuft er
weg." 7. Die Jäger spannten ihm also ihre Fallen. 8. Und in der Nacht ging
er heraus, um mit Antilopen Wasser zu trinken. 9. Und (8e) sogleich fielen
die Jäger über ihn her, nahmen ihn fest und bemächtigten sich seiner. 10. Er
aber (8e) sagte zu ihnen: „Was wollt ihr von mir, daß ihr mich ergriffen habt?
11. Ich bin auch ein Mensch wie ihr. 12. Wenn ihr <aber> Tiere fangt, hier
ist die Antilope, die ihr gefangen habt." 13. Sie sagten zu ihm: „Wir wissen,
daß du ein Mensch bist und suchen nach dir. 14. Deswegen haben wir dich
festgenommen." 15. Er sagte zu ihnen: „Ich bin es also (ofiv), den ihr sucht.
Laßt <nun> diese gehen." 309 1 6. <Und> sogleich ließen sie die Antilope frei,
ihn <aber> nahmen sie umgehend mit und brachten <ihn> nach Rakote zum
Erzbischof (äpxiejri-OKOJTOi;).
1 5 Als er ihn sah, freute er sich sehr, und nachdem ihm erzählt wurde, wie
man ihn gefangen hatte, war er nicht wenig erstaunt. 2. Und er sagte: „Du
bist gekommen, Aphu. 3. Wohlan, geh auch du und bemühe dich zusammen
mit deinen Genossen (fxeÄoq). 4. Bis zum heutigen Tag hast du deinen Kampf
für dich allein um deines eigenen Heiles willen gekämpft. 5. Jetzt aber kehre
dich um und bestärke deine Brüder, kämpfe mit dir selbst ihretwegen." 6. Apa
Aphu antwortete: „Wer bin ich, o Herr, mein Gebieter, daß du mir solche Worte
sagst? 7. Ich bin ein schwacher (äaöevrn;) Mensch, und wegen dieses meines
Elends wich ich den Begegnungen ( a w r o x i a ) mit den Menschen aus, so daß
ich die Verwirrung der Wogen des Lebens (ßioq) verlassen habe. 8. Und jetzt
beschwöre ich dich beim Herrn, mir keine Gewalt anzutun: diese Sache ist für
mich nämlich (yap) unmöglich." 9. Der Erzbischof (dpxiE7iioK07t0<;) wurde sehr
betrübt (A/oraTv) wegen der Beschwörung beim Herrn und sagte zu ihm: „Es
lebt der Herr: wenn du die Beschwörung nicht löst, mit der du mich gebunden
308
309
Oder: Eparchie ( t o o j ) .
Vgl. Joh 18,8.
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226 xnhgaXA
Anhang
hast, entfremde ich dich jeglichem Verkehr mit den Christen (xpumavoq) in
diesem Äon (aicbv) wie im kommenden." 10. Apa Aphu warf sich sogleich
nieder und sagte: „Ich bin besiegt. 11. Denn (yap) dies wäre mir eine Schande
und Bedrängnis (9Xu|n<;) in Ewigkeit. 12. Hier bin ich; wenn ich diese Sache
ausfuhren kann, mache mit mir, was du willst." 13. Dann warf er sich <noch
einmal> nieder <und sagte:> „Vergib mir, mein Herr und Vater." 14. Und er
weihte ihn und sandte ihn in seine Stadt (xutokc
tto^-k;).
1 6 Als er aber (8e) seinen Dienst als Bischof (£7ciaK07t0q) begann (dp^eiv),
führte (ctpxeiv) er unter anderem auch folgende Handlungsweise (jtpaicxucöv)
ein: während seiner ganzen Bischofszeit (e7ric5K0Jt0<;) schlief er keine einzige
Nacht in der Stadt (7coÄ,iq), noch (oüöe) aß er darin an irgendeinem Tag ein Stück
Brot. 2. Er verblieb dagegen (<xX\a) in einer Zelle (|iovaaxf|piov) außerhalb der
Stadt (noX-iq). 3. Am Samstag kam er in die Kirche (¿KKÄ.T|Gia), versammelte
das Volk (Ä.a6<;) und sprach zu ihnen aus dem Wort Gottes bis zum Abend. 4.
In der Nacht auf Sonntag feierten sie einen Gottesdienst (crova^iq) mit Gebeten
und Psalmensingen (v|/aA.(j.o<;), wobei er unter ihnen bei der heiligen Liturgie
(X.eiTO'üpyia) stand. 5. Sonntags (KupraKf|) unterwies (Kaxrixeiv) er sie bis zur
sechsten Stunde und zog sich (ävaxcopeiv) <dann> wieder zurück in seine
Zelle (|iovaoTf|pu)v) bis Samstag.
1 7 Und (8e) den Presbyter (repecßwepog), den man gewählt hatte, damit er
zum Bischof (¿tuokotkx;) gemacht werde, setzte er über die gesamte Buchführung
(X-oyiaxeia) der Kirche (£KKÄ/r|(jia) ein (KaÖiaxavoa). 2. Einmal im Jahr legte
er Rechenschaft <über die finanzielle Lage> der Kirche (eKKÄ.r|aia) ab und
alles, was von den Ausgaben (dvdA.co|a.a) der Kirche (¿KK^rioia) zurückblieb,
wandte er für die Armen der Stadt (7co>-tq) und seine Nachbarn 310 auf, so daß
(werte) man seinetwegen 3 " [das Übel] der Armut vergessen hat. 3. Denn (Kai
yap) auch die Machthaber (<xp%cov) halfen ihm in den äußeren Angelegenheiten
der Kirche (¿KK^rioia) und machten ihm Widmungen und Gaben (Scopov), die
er unter allen verteilte je nach (koctcc) dem Bedürfnis (xpeioc) jedes einzelnen.
1 8 Den Samstag (aaßßaxov) verbrachte er in ... er beschäftigte sich mit den
Angelegenheiten (%peia) der Bedürftigen und ungerecht Behandelten. 2. Und er
verblieb bis zur neunten Stunde im <geduldigen> Ertragen ihrer lauten Reden.
3. Von der neunten Stunde an bis zum Abend hatte er Zeit für das heilige Gebet.
4. Er versammelte (<xuvayei.v) sie, kam heraus ... er verbrachte (wiofieveiv) die
Nacht schlaflos bis zum Morgen.
1 9 Keine Frau wagte (xolp.äv) es, sich ihm zum Empfang <der Kommunion> zu nähern, wenn sie etwas Goldenes anhatte. 2. <Denn> er ordnete an
(7tapayyeX.eiv), daß keine Frau sich ihm zum Empfang des Leibes (aco|j.a) und
310
311
Oder: unter seinen Nächsten (NeT£HN epoq); Rossi, 80,3,10-11.
Oder: deswegen (eTBHHTcj); F. Rossi, Trascrizione (wie Anm. 3), 80,3,15-16.
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Die Übersetzung der Vita des seligen Aphu von Pemdje
227
des Blutes Christi nähern durfte, wenn sie etwas Auffallendes aus Gold oder
farbige Kleidung anhatte. 3. Denn die Diakone (Si&Kovoq) fürchteten sich vor
ihm und standen nach ( m t a ) <ihrer> Ordnung (öpSivoq) bei (Korea) den Türen
und ließen nur (ei fxri xi) die herein, die in Würde (oe|iv6q) gekleidet waren,
das heißt, deren Gesichts- und Handdecken und auch andere Kleidungsstücke
nicht bei einem Wollfärber gefärbt worden waren, sondern gewaschen und hell
(A,a|iJip6^) wirkten.
2 0 Und die Diakone (Sidtcovoq) traten ebenso (ö^oico*;) in seine Fußstapfen:
keiner von ihnen tat Unrecht (aSiKOv), noch (ot>8e) nahmen sie Zinsen, und dies
nicht <nur> sie allein, sondern (o.Wa) sehr viele ließen auch vom Wuchern
ab und entschieden sich entflammt für die christliche Lebensweise (Jio/Uxeia).
2. Auch die Frauen waren Eifererinnen der Sittsamkeit: keine von ihnen war
anstößig während des Gottesdienstes im heiligen Ort, so daß (mctte) man in
jenen Tagen über die ganze Stadt (7ioA.ig) sagte: „Das ist wahrhaftig das Volk
(taxog) des Herrn."
2 1 Denn (Kai yap) er sagte zu ihnen oftmals bei der Unterweisung (raxf|XTioiq): „Mein Herz trauert nicht so <sehr> um die, die Gewalt erdulden, als
vielmehr um die, die Gewalt antun. 2. Denn (yap) für die Dulder der Gewalt eröffnet sich das Himmelreich; die Gewalttätigen dagegen (5e) berauben sich selbst
desselben und ihnen öffnen sich <die Pforten> des Verderbens." 3. Es begab sich
des öfteren, daß er entrückt wurde, und es wurde ihm gesagt, was in der Stadt
(710X15) geschehen war. 4. Und er mahnte das Volk (Xaöq) zur Buße (^exavoeiv)
und wendete (kcoA.'üeiv) den Zorn (öpyf|) ab, der ihnen bereitet war.
2 2 Und wenn (kccv) der Lektor (\|icxÄA.eiv) ein Psalmwort (/.e^iq) falsch
vorsang oder (t)) entstellte, hinderte (köjäaieiv) er, etwas weiterzusingen, bis er
diese <Worte wieder> aussprach und den Psalm
richtig vorsang (8iopGovv). 2. Dabei pflegte er weinend zu sagen: „Dies sind Worte eines Königs,
die er fastend (vr|oxeia) und in den Sack <gehüllt> sprach. 3. Wir unsererseits
(8e) sollen sie ohne Frevel beachten."
2 3 Und als er am Ende seines Lebens (ßioq) war, suchten ihn, kurz bevor
er starb, die Brüder auf, zuversichtlich (Gappeiv) des rechten Weges (ratop0oi)v) seines Volkes (Xaöq) und der Reinheit (raöapoq) seines Bischofsdienstes
(e7iicsK03ifi), deren Zeugen sie gewesen waren, und sagten zu ihm: „Unser Vater,
sprich zu uns ein Wort, bevor du von uns gegangen bist." 2. Und (8e) er sagte zu ihnen: „Ich will euch nur Eines auftragen, daß keiner von euch irgend
eine hohe Stellung begehre (eKiöu^eiv). 3. Denn (Kai yap) ich konnte nach
dem Leben, in dem ich sie gemieden hatte, das kaum (i^oyig) bewahren, was
ich in meiner Mönchszeit (^.ovaxoq) erworben hatte. 4. Was aber (8e) meine
Bischofszeit (E7iicK07t0q) anbetrifft, so kann ich mich nicht erinnern, daß ich
von ihr Nutzen hatte in irgendeiner Hinsicht. 5. Ich konnte mich kaum (jj.oyiq)
so bewahren, wie ich früher gewesen war."
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228 yvqonkihgecaXA
Anhang okjcSA
2 4 Und wenn er im Begriff war, jemand zum Diakon (Suxkovcx;) zu weihen,
so ordinierte (%eipoxoveiv) er ihn erst dann (ei [xf| xi), wenn er zwanzig Psalmen
(\|/aX,|j.6q), zwei Briefe (e7ticxoX,f|) des Apostels und einen Teil (fiepoq) aus dem
Evangelium (evayyeXiov) auswendig konnte (ä7iooxT|öi^eiv). 2. Und wenn es
um eine Priesterweihe (jtpeaßwepoi;) ging - einen Teil (|iepo<;) aus dem Deuteronomium (öemepovontov), einen Teil ((iepoq) aus den Sprüchen (xcapoifj.io'.i)
und noch einen Teil (jiepoq) aus Jesaja. 3. Und weil er auf dieser Regel (vo^oq)
beharrte, gab es nur wenige Leute, die sich daran machten, ohne (ei |xf| xi) sich
zuerst mit ganzer Sorgfalt vorzubereiten. 4. Es geschah auch (ot>8e) nie, daß
jemand in seinen Tagen Bestechungsgeld für die Ordination (%eipoxovioe) nahm.
5. Aber wenn (öX'ka roxav) man jemand aus dem Volk (Xaoq) auf eine Stelle,
wo man ihn brauchte (xpeia), auswählte, ließ er sie (d. h. diese Leute) erst in
Geduld (wiofiovri) warten und <gab ihnen so Gelegenheit zu> zeigen, daß sie
das Wort Gottes liebten, damit sie selbst das Volk (Xaöc,) auch in derselben
Geduld (ii7to(j.ovf|) erbauten.
2 5 Und auf diese Weise beendete er sein Leben (ßioq) gut (koAojc;) <und>
ging in Frieden (eipf|vr|) zu Gott am 21. <Tag des Monats> Thout in Christus
Jesus unserem Gott, wodurch Ehre <sei> Gott dem Vater mit Ihm und dem
Heiligen Geist ( n v e ^ a ) bis in die Ewigkeit der Ewigkeit. Amen.
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Ergebnisse
Zum Schluß sollen die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung zusammengefaßt werden.
Im ersten Kapitel der Arbeit wurde das Problem der Auslegung der Erschaffung des Menschen nach dem Ebenbild Gottes in der Homilie des Ps.AthanasiustrponmiecaD
De anima et corpore behandelt. In den Abschnitten 3 und 4 wurde
gezeigt, daß der pseudoathanasianische Text zwar das Ebenbild Gottes, nach
dem der Mensch erschaffen worden ist, mit der zweiten Person der Trinität
in Verbindung setzt, aber die Benennung dieser Person an den betreffenden
Stellen als Gott Anlaß zu den Mißverständnissen und Vorwürfen des Anthropomorphismus geben konnte. Im Abschnitt 4 wurde festgestellt, daß derselbe
Sachverhalt gleichfalls für die Pascha-Homilie des hl. Melito von Sardes
charakteristisch ist, mit dessen Namen die pseudoathanasianische Predigt in
Verbindung gebracht wird. Damit hat die in der Einleitung (S. 17, Anm. 75)
erwähnte, von G. Florovsky in ihrem Kern angedeutete Hypothese, der zufolge
der in den Quellen des 5. Jahrhunderts bezeugte Anthropomorphismus einer
zahlenmäßig bedeutenden ägyptischen monastischen Gruppe der Gegner der
sogenannten Origenisten während des ersten origenistischen Streites etwas mit
dem Einfluß der melitonischen Literatur zu tun haben könnte, eine gewisse
Bestätigung erhalten. Ob es einen solchen Einfluß tatsächlich gegeben hat,
ob er zur Ausbildung anthropomorpher Ansichten fuhren konnte, ob nicht ein
bloßes Lesen der melitonischen Schriften ihren Benutzern den Vorwurf des
Anthropomorphismus seitens der sogenannten Origenisten zuziehen konnte,
muß einer gesonderten Studie vorbehalten bleiben.
Im Abschnitt 6 des ersten Kapitels wurde am Beispiel der Kontextualisierung des Motivs des Betens der Seele in ihrem Leib in der zeitgenössischen monastischen Literatur Ägyptens der Frage nachgegangen, wie sich der
pseudoathanasianische Text in die theologiegeschichtliche Situation Ägyptens
des 4.-5. Jahrhunderts einordnen läßt. Es wurde plausibel gemacht, daß die
Fortschreibung von De anima et corpore in der Situation der Polemik mit
den Evagrianern in der Mitte des 5. Jahrhunderts vermutlich in Ober- bzw.
Mittelägypten entstanden sein könnte. Ob die in der Folge der Untersuchung
herausgearbeitete nicht einheitliche ägyptische Überlieferung, die die Rolle
des Leibes im Gebet positiv einschätzte, mit der Theologie des hl. Irenäus von
Lyon (siehe Abschnitt 2.4.2 der Einleitung) und - breiter - der sogenannten
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230 xvutsrponmljihgedcbaVSPEA Ergebnisse
asiatischen Tradition (siehe Abschnitt 2.3.1 und 2.3.2 der Einleitung) zu vergleichen ist, bedarf einer weiteren Untersuchung. Somit ist die Relevanz der
Homilie für die Nachgeschichte des ersten origenistischen Streites in Ägypten
wahrscheinlich gemacht.
Im Mittelpunkt des zweiten Kapitels der Arbeit stand die Vita des seligen
Aphu von Pemdje. Anhand der Kompositions- und Motivanalyse dieses Dokumentes (Abschnitte 7.1 und 7.2) sowie unter Heranziehung der Beispiele aus
der monastischen Literatur Ägyptens des 4.-5. Jahrhunderts konnte im Abschnitt
7 festgestellt werden, daß der durch den Verfasser der Vita dargestellte Apa
Aphu eine bedeutende Nähe zu der Gestalt des christlichen vir Simplex aufweist
(Abschnitt 7.2.2). Ein verwandtes Konzept der christlichen Einfalt liegt auch
der Darstellung des als Anthropomorphit bekannten Mönches Sarapion in Cass.
Coli. X 2 zugrunde. Die Frage nach der möglichen Relation der Tradition der
monastischen Einfalt zu der Gruppe der Opponenten des Origenes, der sogenannten simpliciores (siehe Einleitung, Abschnitt 2.2), konnte im Rahmen der
vorliegenden Studie nicht behandelt werden, wurde aber für die weitere Untersuchung der (Vor-)geschichte des ersten origenistischen Streites als weiterführend
erwiesen (Kap II, Abschnitt 7.2.1.2). Als durchlaufendes Thema, im Kontext
dessen die Auslegung der Erschaffung des Menschen nach dem Ebenbild Gottes
in der Vita analysiert werden muß, wurde das Thema des Gehorsams gegenüber
der Hl. Schrift festgestellt (Abschnitt 7.2.2).
Es hat sich ferner gezeigt, daß die Vita weder aus der Situation des Konfliktes
zwischen den (sogenannten) Origenisten und den (sogenannten) Anthropomorphiten entstanden ist noch mit der Nachgeschichte dieses Konfliktes unmittelbar
zu tun hat (Abschnitt 7.2.2). Dieser Umstand mußte aber methodisch von der
Frage nach dem Wert der Vita als Quelle der Ideengeschichte des genannten
Streites unterschieden werden. Ein Sonderfall dieser letzteren Frage - nämlich
die hypothetische Deutung der Vita durch Alexander Golitzin, der Apa Aphu
als einen Mystiker des präinkarnierten Leibes des Sohnes Gottes versteht - ,
wurde im Abschnitt 8 behandelt. Weil die Deutung Golitzins zu wenig die realen
Zusammenhänge des Textes berücksichtigt, wurde als Basis für die künftigen
Untersuchungen der Vita ihr offenkundiger Sitz im Leben vorgeschlagen, nämlich die Situation der Spannung zwischen dem mönchischen Drang nach einem
unabhängigen geistigen Leben und ihre Verpflichtung gegenüber der Kirche.
Die drei Elemente, die nach dem Zeugnis der Vita mit der Gottebenbildlichkeit
des Menschen zusammenhängen, sind der Besitz des Geistes Gottes durch den
Menschen, menschliches Handlungsvermögen und die dem Menschen zuteil
gewordene Ehre, die ihn von den Tieren unterscheidet. Im 8. Abschnitt wurden einige Parallelen zu dieser Ebenbildstheologie aus der zeitgenössischen
christlichen Literatur angeführt. Im gleichen 8. Abschnitt des zweiten Kapitels wurde eine vermutliche Ortung der Vita des seligen Aphu bezüglich der
unterschiedlichen Traditionen der Auslegung der Erschaffung des Menschen
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Ergebnisse
231
nach dem Ebenbild Gottes im ägyptischen Mönchtum des 4.-5. Jahrhunderts
vorgeschlagen. Für diese Ortung wurden zahlreiche Parallelen zwischen der
Vita und den Schriften des hl. Epiphanius von Zypern Ancoratus und Panarion
(70-er Jahre des 4. Jahrhunderts) geltend gemacht.
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of Ammonas. Festvortrag von Rowan Douglas Williams anläßlich seiner Ehrenpromotion
am Freitag, den 02.07.1999 in der Aula des Erlanger Schlosses, in: Faith and Experience in
early Monasticism: New Perspectives on the Letters o f A m m o n a s , Akademische Reden und
Kolloquien. Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg 20, Universitätsbibliothek
Erlangen-Nürnberg 2002, 19-36.
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
248 zvutsrnihecaL
Literaturverzeichnis
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Year 1838. Part II, London 1871.
G. WURST, Die Homilie De anima et corpore, ein Werk des Meliton von Sardes? Einleitung,
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Bd. II Einleitung. Kommentar. (Habil. theol., maschinenschriftl.), Freiburg/Schw. 2000.
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
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Stellenregister
Altes Testament
Gen
1,26
3,17
3,19
4,11
9,6
2, 11, 13-14, 17,
22, 25, 40, 46^17,
49, 51, 53, 57, 64,
66, 68, 103, 111,
138, 150-151,195196, 198, 209, 211,
218, 222
19
209
14, 22, 25, 40, 46,
51, 53, 57, 68,
111, 195,208,218
123
44
123
184, 195, 222-223
Ex
18,24
18,24 ff
157, 224
158
Dtn
32,13
120
Jes
6,1 ff
20,2
40,22
40,68
195
155, 158, 220
119
117
1,26-27
1,28
2,7
41,20
42,14
49,9
66,1
195
119
123
195
Jer
10,12
119
Ez
1,26
1,26-28
20
19
Ps
10,4
22,16
33,16
42,5
71,22
73,22
81,17
87,11-14
103,15 f
107,16
109,23
119
131,12
142,8
143,56
195
119
195
98
220
155, 158
120
83, 113
117
121
119
186
162
101-102
98
Dan
7,9-13
195
Neues Testament
Mt
6,34
10,29
10,34
18,3
18,12
19,21
26,26-28
160
44
44
157, 163-165, 224
56
160
222
27,45
27,51
27,52
121
121
42, 120
Mk
1,13
14,22-24
155, 158.
222
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
2 5 0 yutsrponlihgedbaSKJIGDA
Lk
1,78-79
Joh
10,16
11,52
12,24
18,8
6,41
6,51
Rom
5,7
1 Kor
3,12
3,18
4,20
11,7
11,24
Stellenregister
123
1 Tim
2,6
6,16
56
56
44
225
184, 197, 202,
211-212, 222
196
Jak
1,21
2,11
2,14-26
2,18
39
184, 223
39
171
IPet
1,24
117
1 Joh
3,4
3,7-11
3,7-10
3,16
3,18
39
39
111
38-39, 111, 118
39, 111
Apk
6,13
9,1
12,4
12,9
12,13
13,13
44
44
44
44
44
44 utsrponmlihgedaPEA
38
144, 195-196, 200,
202, 211, 213, 222
119
124
161
171
212, 223
197, 211
Kol
3,22
164
1 Thess
4,13
5,17
102
100
Andere
ep. syr.
I
Ammonas
ep.gr.
II,3
97
ep.syr.
III,4
X,3
97
98
Apophthegmata Patrum
Antonius
3
Antonius der Einsiedler
Apphy
141
ep.
I
1,59
Daniel
1
95-97
95
ep. arab.
I
ep. georg.
1,47
1,69
1,71
92
94
94
ep. lat.
I
92, 94
92-94
92-95
159
172-174, 178, 189,
212, 216
174, 178, 189
Gerontius
159
Isidor
4
Johannes
186
Kolobos
165
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
Stellenregister
Netra
215
Nisterous
159
Sopatros
215
coli. copt.
250
coli. syst.
2,17
Epiphanius von Salamis
185
Ar. 3
5
204
ep. Drac.
9
214
v. Anton.
23
72-73
73,13
85,5
159
189
168
168
Basilius von Cäsarea
207
hom.
24,4
205
Spir.
18,45
207
Cyrill v o n J e r u s a l e m
209
Didymus der Blinde
209
209
E p h r ä m der Syrer
car. nisib.
71,5
parad.
8
8,2
8.3
8.4
anc.
55,69
216-217
haer.
64,70,5 ff
64,70,17
70
70,2,2
70,2,45
86
89
146, 195
216
146, 195
Eusebius von Cäsarea
hist. eccl.
IV 26,2
VIII 9
17, 27, 31
143
Evagrius Ponticus
enarr. in Is.
13,267
Gen.
56
60
84
84-85
83-84, 8<
85
85
84-85
186
Athanasius von Alexandrien
catech.
12,5
8,6
8,7
8,8
8,8-10
8,10
8,11
81, 88
82, 86
85
82
ep.
48
56
106
102
ep. Melan.
26
100
keph. gnost.
IV 60
IV 62
IV 70
IV 82
102
102
101
102
orat.
AI
57
67-68
71
73
97
117
103
103
103
103
103
102
103
pract.
pract. praef. 2
49
52
163
100-101
101
sei. in Ps.
ad Ps. 141,8
101
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
252 yvtsrponmlihgfedcaSGE
Gennadius von Marseille
dogm.
4
17
vir. ill.
34
144
Gregor von Nyssa
hom. opif.
4
209
91
Historia monachorum in Aegypto
6
24,1
24,10
24,28
160
166
166, 170
166
Hyperechius
mon.
15
60
158
89, 97
90
90
Ignatius von Antiochien
eph.
15,1
40
Irenäus von Lyon
haer.
II 30,7
II 33,4
IV 20,5
18
85
18
Johannes Cassianus
coli.
V 21
X1
X2
X 3
X4
X 15
X 23
X 25
XV 3
XV 4
XV 67
inst. coen.
I3
II 3,2
IV 24,4
IV 24,1
IV 41,3
XI 17
XII 19
168, 188-189
177
176-177, 179
103, 178-179
189, 195
104
1, 20, 176
104
170, 189
172
172
162
164
165
165
160, 164, 176
215
169, 171
Johannes Chrysostomus
hom. in Gen.
VIII 3
VIII 4
Hieronymus
vir. ill.
88
Stellenregister
209
209
Melito von Sardes
de anim. et corp.,
vers. graec. (ps.-Epiph.)
416
136
418
136
422
136
638
123
654
60
665
50, 53
vers. georg.
552-554
559
645-646
645-648
647-648
665
42
42
46
45
43
53
vers. syr.
54-63
323
338-340
338-344
343-344
552-554
558
627
641-643
645-646
645-648
647-648
665
61
53
54,
59
54,
42
42
44
61,
46,
45
43
53
pass.
54-63
162
311-314
311-397
389
391
67
76
67
66
68
75
56
56
123, 135
62
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
253
Stellenregister
385-394
395
538 ff
561-562
636
780
781-782
791
801
66
17, 68
76
67
67
50
67
50, 68
50
Methodius von Olympus
res.
1,14
105
18,25
22,1
22,13
26,3
32,4
32,11
37,1
Philo von Alexandrien
op. mund.
69
Phd.
10
Nilus von Ancyra
Ps.-Alexander
104
104
104
104
104
Oden Salomos
6,12
86
De anim. et corp.
128-131
244
246-247
247-255
249
102
70
70
70
73
70
Ps.-Athanasius
Origenes
comm. in Rom.
1,19
1
Cels.
7,4
168
princ.
I 1,14
14
sei. in Gen.
ad 1,26
14, 16, 66, 69
de anim. et corp.
2,2b
2,4^1,1
2,4-5
2,5
2,5-3,1
2,5^1,1
3,1
de ss. Pachomio et Theodora
paralipomena
3,1a
3,1b
3,1-4
3,2a
3,2
3,2^1
3,3a
3,3b-4
3,3
20
3,3 ff
Pachomii vit. alt.
72
14
Plato
Narratio Ezechielis monachi
366-367
140, 143
ep.
I 189
I 190
I 292
I 327
II 168
186
167
170
186
172
186
186
86, 88
87-89, 94-97,
106-107
Palladius von Helenopohs
3,4
h. Laus.
11,4
11,13
4,1
4,1-2
186
215
52
37
39
38, 154
39
36
36, 38, 40, 45-46,
136-137, 154
38, 40, 48
38, 40, 50, 65
37, 57
40
40
39-40, 48, 85
46, 47
46, 48
40, 45, 49,
51-52, 57, 64
49
40, 48, 49, 50, 61,
64, 65, 67, 137
40, 47, 49, 51-52,
57, 61, 64
46, 57, 63, 85, 155
44, 49, 57
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
2 5 4 tsrnligeS
4,1-14,12
4,2
4,2-6,10
4,4
4,5
4,5b
4,6a
4,7
4,8
4,11
5,1
5,2
5,3
5,5
5,7
5,8
6,2
6,3
6,4
6,5
6,6
6,6-8,6
6,8-10
6,9
6,9-7,4
6,10b-7,4
7,1
7,lb-2
7,lbff
7,1 ff
7,1-4
7,1-6
7,1-8,4
7,1-12,5
7,1-12,7
7,1-12,8a
7,4
7,4-8,6
7,5
7,5-8,8
7,6
7,6a
7,6a-b
7,6d
7,6 ff
8,2
8,3
8,4
8,4-5
9,8
10,1
10,1^4
10,1 ff
12,4—9
Stellenregister
37
57, 59, 60
73
58, 89, 96
58-59
89
89, 96
59
58
58
58
59
58
59
73
112
58
58
59
58
58
73
70
58
78
77
69, 73
83
97
84
79, 83
69
73
73
69, 73
79
76
82
58, 7 6 - 7 7
79
83, 88
76
76
78
84
83
58
83
73
80
59
44
80
70
12,7
12,9
12,9-14,7
14,57
15,1
15,1a—b
15,1-16,10
15,1-32,9
15,5
15,6
15,7
15,7-8
15,7-16,1
15,7-16,8
16,1
16,1-17,1
16,2
16,4
16,5-8
16,9
16,9-10
16,9-17,1
17,1
17,2
18,8
20,1
20,7
20,7-10
20,8-9
21,3
21,7
22,5-32,9
26,6
27,9-13
27,13
28,12
28,5
28,5 ff
28,9
29,1
29,1 ff
29,6-7
29,9 ff
29,12
29,17
29,18
30,1—4
30,1-31,2
30,1-32,3
30,1-32,9
30,1 ff
30,2
30,2b
30,2b-32,3
69
73
73
53
49, 52, 55, 57, 80
49
49
37
59
50, 51
59
59
55
55
58-59, 154
55, 77, 80, 82
58
58
80
82, 83
77
80, 84, 88
77, 83, 89, 107
77
60
59, 136
137
41, 136
68
60
137
42
44
42
45, 47
44
135
76
42
135
43
60
43
44
44
60
47, 57
42
37
37
85
36
47
36
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
255
Stellenregister
30,2b ff
30,4
30,4b
31,1b
31,1-6
31,2
31,2a
31,3
31,3-6
31,4
31,4b-5
31,4c
31,5-6
31,6
31,6a-b
31,6c
32,1
32,10-13
32,2
32,3
32,7-8
32,7-9
32,8
32,9
47
36
47
41
41
36, 61, 135
42, 44
54, 57, 64, 80,
36, 48, 61, 62
37, 41, 45^16,
48, 136
43
137
46
41, 45^16, 57,
63-65, 135
42
45
42-47, 63
37
41, 47, 64
60
46
50, 53, 57
54
46, 48^19, 51, :
57, 64-65, 108
1,1
209
creai.
5,4
209
cruc. (apud Jo. D. imag.)
Ill 123
205
in lav. ped. 226
(apud Jo. D. imag.)
Ill 122
206
Sokrates
hist. eccl.
VI 7
VI 7 , 1 - 2 9
VI 7 , 1 1 - 1 3
1, 139, 144
1
215
Sozomenus
hist. eccl.
VIII 11
139
VIII 11,1-12,12
1
Theodor von Tabennisi
catech.
163
Theophilus von Alexandrien
Hom. Clem.
16
ep. ad. mon. Orig.
frg. 7
Rufin von Aquileia
hist. mon.
31,3
31,4-14
31,8-9
31,10ff
hom. in Gen.
Ill f.63
Ps.-Clemens
XVII 6,212
(Ps.?) Severianus von Gabala
177
Verba seniorum
166-167
166
167, 172
168
15
141
Vita patrum
VI 3,12
Schenute von Atripe
Vita Aphu
1
catech.
84v-85r
212
1,12
2,1
cont. Orig.
0364
0389
0401
0409
0409-0411
0410
0411
172
105
105
106
105
106
107
2,1-2
2.3
2,3-3,8
2.4
2,4^1,5
2,6-7
2.7
2.8
142
152, 153
195
143, 1 5 2 - 1 5 3 ,
158, 191
152
1 5 2 - 1 5 3 , 158
152-153
153, 158, 185, 187
153, 195
143
1 5 3 - 1 5 4 , 187, 191
159
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
256 tsrnligeS
3
3,2
3,2-8
4
4,1-4
4,2^1
5
5,1
5,1-2
5,1—4
5,2
5,3
5,4
6
6,1
6,2
6,4-5
7
7,6
7,9
7,11
8
8,1
8,1-3
8,4
8,4-5
8,4-9
8,5
8,6-9
8,7-8
8,9
8,10-11
8,10-9,8
8,11
9
9,1
9,1-2
9,1-8
9,3-5
9,7
9,7-8
9,8
10
10,1
10,1-9
10,2-3
10,3
Stellenregister
141, 162, 187
192
154
139, 152, 158,
159, 176, 192
192
191
143, 152, 180, 193
183, 192
143
192
197
143, 176, 181
192, 195, 200
152, 169, 172,
176, 180
187
169, 176, 187, 188
187
152, 180, 193
187
183, 192
197
200
183, 191, 195, 198
180
200, 201
180
217
183, 191, 192
180
200
191, 195
199-201
180
195-196, 201-202,
211, 213
172, 176, 201-202,
208
196-197, 201
202, 212
196-197, 202, 213
201-202
172, 191, 217
184, 202, 208
192, 196-197, 202,
211-212
197, 199, 200, 202,
206, 208-210
196-200, 202,
206, 211, 213
180, 217
203
205-206
10,4
10,5
10,6
10,7
10,7-8
10,8
10,9
11
11,1
11,1-3
11,2
11,2-3
11,3-12,14
12
12,2
12,5
12,5-11
12,7
12,7-11
12,9
12,10
12,10-11
12,11
12,13
12,13-14
12,14
13
13,1
13,1-25,1
13,4-6
14
14,1-15,14
14,6
15
15,4-5
15,8
15,10
15,12
15,13
15,13-14
16,3
16,4
16,5
18,3—4
19,1-3
19,3
20,1-2
20,2c
21,12
22
22,1-2
22,1-3
203, 206
207, 210
207
203, 205-207
210
184, 203, 208-210
200, 212
143, 152, 180-181
181-182, 185,
189-192, 214
181, 191
198
198
143
152, 169, 180, 181
169, 176, 188-189
191
156, 181-182, 190
160, 164
191
163, 191
163
165
160, 162-163, 176
184
180
180
144, 152, 180
144
153, 195
144, 181-182
144, 152, 180
144
190
152, 180-181,
191-192
191
190, 214
181
191
180
181
155, 182, 192
153
182
153
154
154
182
154
182
192
182
155, 182
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
257
Stellenregister
23
23.1-5
23.2-5
24
24,12
142, 152, 156, 215
191
182
152, 156
156, 182, 192
24,1-3
24,1-5
24,5
25
25,1
186
182
156, 182
152
156
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
Personen-, Orts- und Sachregister
„asiatische Kultur" 12, 13, 108
Adam 16, 41, 4 5 ^ 7 , 58, 6 0 - 6 4 , 82, 84,
111, 114, 118-119, 123, 130, 134,
136-137, 175, 177, 195, 2 0 0 - 2 0 1 , 222
Agathonicus von Tarsus 22
Alexandrien/alexandrinisch 1^4, 7 - 1 5 , 18,
2 0 - 2 2 , 2 6 - 2 8 , 31, 99, 105, 139, 1 4 3 145, 148, 175, 177, 189, 191, 204, 215
Ammonas, Mönch 91, 9 7 - 9 8
Anastasius Sinaita, Mönch 27
Anthropologie 13, 14, 76, 85-86, 89,
100-101, 106, 216
- dichotomische 76, 85, 88-89, 9 5 - 9 6 ,
106
- trichotomische 76, 91, 9 5 - 9 6
Anthropomorphismus 13-17, 19-21,
2 3 - 2 4 , 6 5 - 6 6 , 69, 108, 139, 146-150,
198-199, 2 1 0 - 2 1 1 , 213, 229
Anthropomorphit/en 1 - 4 , 16-18, 2 0 - 2 2 ,
69, 103-104, 139, 144-145, 148-149,
176-179, 193-195, 210, 213, 2 1 5 - 2 1 7 ,
230
Antiorigenismus/antiorigenistisch 3, 4
Antonius, Mönch 91, 98-99, 159-160, 168
Aphu, Mönch 20, 23, 103, 138 ff passim
öotX.o'Oi; und cotA.otxtxepo<; (und PI.) 5, 10,
157, 163, 165, 167-168, 172, 176, 182,
189, 224
änXözT\q 10, 162, 170, 176
Apokryphen 150
Apollinaris von Laodizea, Bischof 204
Apophthegmata Patrum 99, 141, 159, 172,
174-175, 185, 212, 2 1 5 - 2 1 6
Aristoteles/aristotelisch 14
Askese 10, 100-101, 104, 155, 158-159,
179, 185-186, 189, 220
Athanasius von Alexandrien, Bischof 9,
23, 2 6 - 2 9 , 31, 99, 110, 124, 160, 2 0 4 205, 214, 229
Audianer 16, 145-146, 193, 195, 197, 199
Auferstehung 4 1 ^ 3 , 4 5 ^ 8 , 51, 5 4 - 5 5 ,
63, 67, 82, 86, 9 4 - 9 5 , 100, 105, 107
Basilius von Cäsarea, Bischof 207
Bardaisan 86
Bibel (auch Heilige Schrift) 160, 177,
182-186, 193, 198, 212, 214
Bilderstreit 201, 204, 209
Christen Verfolgung 143
Christus 19, 22, 30, 34, 3 8 ^ 8 , 5 0 - 5 1 , 5 4 57, 59, 60, 6 3 - 6 4 , 6 7 - 6 8 , 77-78, 80,
85, 102, 104-107, 117-123, 129-130,
132-137, 148-149, 157, 159, 162-164,
167, 172-174, 182, 2 0 1 - 2 0 2 , 212, 222,
224, 2 2 7 - 2 2 8
Clemens von Alexandrien 9
Cyrill von Jerusalem, Bischof 210
David 22, 98, 155, 158-159, 220
Didymus der Blinde 209
Ebenbild Gottes
- Christus/Sohn Gottes als 45, 50 f, 6 8 - 6 9 ,
108, 123, 196-198, 2 0 4 - 2 0 5 , 213
- Mensch als 11, 13-14, 16-17, 2 3 - 2 5 ,
3 5 - 3 7 , 4 8 - 5 3 , 55, 57, 6 1 - 6 5 , 68, 69,
106, 108, 123-124, 138, 143, 146,
172, 180, 183-184, 192-193, 196-198,
2 0 0 - 2 0 2 , 2 0 7 - 2 1 7 , 2 2 0 - 2 2 3 , 229
Einfalt siehe ä n k i n r ^ , simplicitas
Ephraem der Syrer 42, 81-86, 88-89, 135
Epiphanius von Salamis, Bischof 2 - 3 ,
11, 86, 89, 145-146, 149, 195-196,
216-218
Erschaffung des Menschen 11, 14, 23,
25, 3 5 - 3 7 , 40, 43, 4 6 - 4 9 , 51, 57, 61,
6 5 - 6 6 , 68, 108, 229
Eucharistie, eucharistisch 174, 196-197,
2 0 1 - 2 0 2 , 211-213, 218
Eusebius von Cäsarea, Bischof 8, 17, 27
Evagrius Ponticus, Mönch 3, 9 9 - 1 0 4 ,
106-108, 151, 163
Gebet 3, 79-81, 84, 89, 9 5 - 9 6 , 9 8 - 1 0 5 ,
107-108, 153, 174, 185-186, 226, 229
- bezogen auf den Leib 89, 98, 108
- „reines" 102, 104
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
Personen-, Orts- und Sachregister
- unablässiges 153, 185-186,192,219
Gehorsam 110, 125, 153, 158, 160-161,
164-167, 170, 174, 176, 187, 189-191,
219
Gennadius von Marseille 17, 144
Glaube (einfacher) 4-7, 15, 169-170, 172,
174-176, 186, 189, 202
Gnosis/gnostisch 6, 9, 10-11, 14-15, 34,
54, 57, 80, 107, 166
Gottesdienst 153, 185-186, 219, 226
Gregor von Nyssa, Bischof 34, 195-196
Heilige Schrift siehe Bibel
Hekhalotliteratur 19
Hieronymus 2, 91
fiovxoieiv 1 8 1 - 1 8 2 , 1 8 5 , 2 1 4 , 2 2 3
Hölle 45, 47, 55, 59, 69-71, 74, 76-79, 87,
89, 112-113, 115, 117-118, 120-122
¡.Slam!«; (und PI.) 5, 169, 176, 187-188,
221, 224
Ikonenverehrer 201
Ikonomachen 201
Irenäus von Lyon, Bischof 7, 12, 17-18,
27, 68, 229
Jesaja 155-156, 158-159, 220, 228
Johannes Chrysostomus, Bischof 2, 209
Johannes Cassianus, Mönch 1, 17-18,
102-104, 147, 159-162, 164-165,
168-170, 172, 177-179, 188-189,
195-196, 214-215
Johannes von Jerusalem, Bischof 217
Konstantin V 201
Makarius von Ägypten, Mönch 90, 93,
171-172
Manichäer 105
Marcioniten 105
Melito von Sardes 14, 17, 25, 27-28,
30-33, 66-68, 76, 229
Merkabah-Mystik 19, 195
Methodius von Olympus 105
Mönchtum 3, 16-18, 20-25, 103, 106,
108-109, 144-148, 150, 152, 155,
158-159, 161-163, 167, 170, 172, 174,
177, 179-180, 185-186, 189, 190-192,
259
214-215, 217-218, 225, 229-230
Mystik 18-20, 23, 108, 149, 194, 218
Origenes 1-8, 11-14, 17-18, 20, 69, 91,
101-101, 105, 148, 150-151, 169, 179,
217, 230
Origenisten 2-3, 21, 103-105, 144, 147,
186, 193, 215-217, 229-230
Origenistischer Streit 1-2, 4, 14, 20-23,
103, 145, 147, 150, 201, 229-230
Pachomius, Mönch 86-89, 97, 215
Palladius von Helenopolis, Bischof 167,
186
Paradies 71-72, 81-85, 115, 127
Person 20, 23, 32, 76, 90, 97, 108, 135,
194, 196-197, 201, 211
Plato/platonisch 14, 101-102
Pleroma 34, 54
Protologie 100, 104, 106
Schau Gottes 18-20, 149, 194-195, 203,
245
Schenute von Atripe 21-22, 105-107, 212
Selbstmord 101
Shi'ur Qomah-Literatur 19, 149
simplices/simpliciores (siehe auch äiikoix;
und äjiA.oijCTEpo<;) 4-8, 10-11, 15-16,
162, 167, 171, 177, 179, 189
simplicitas (siehe auch (X7tA.ÖTri<;) 5, 10,
161-162, 167, 169, 171-172, 189
- christiana 169
Sohn Gottes, präinkarniert 51, 67-68, 149,
194, 196, 211, 213, 230
Stoa/stoisch 13-15
Tertullian 12, 17
Theodor von Tabennisi, Mönch 87, 163
Theophilus von Alexandrien, Bischof 2,
4, 12, 16, 21, 138, 139, 142-149, 152,
157-158, 160-161, 169, 176-177,
180-185, 189-193, 195, 198-202,211,
213-215, 221, 224
trinitarisch 204, 206
Unterwelt siehe Hölle
visio Dei siehe Schau Gottes
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
Register moderner Autoren
Aaron, D.H. 16,204
Adnès, P. 185
Amstutz, J. 5
Andia, Y. de 6,10,18
André, G. 5
Andresen, C. 8
Applebaum, Sh. 9
Bacht, H. 6, 186, 215
Baert, E. 18
Balthasar, H.U. von 101
Bardenhewer, O. 145
Bareille, G. 16
Barnard, L.W. 214
Bartelink, G. 167-168,215
Batiouchkof, Th. 97
Bauer, J. B. 90
Bauer, W. 9, 169
Baus, K. 1
Beck, E. 81-84, 86
Behlmer-Loprieno, H. 30-31, 58, 76
Behm, J. 90
Bienert, W.A. 2-4, 11, 91, 148, 151
Böhlig, A. 52
Bolotov, W.W. 138-139, 145
Brakke, D. 22, 106, 214
Brock, S. 97
Brox, N. 5 - 6
Bruns, P. 85
Bumazhnov, D. 135, 194
Bunge, G. 99-102, 105-106, 163
Burton-Christie, D. 159
Buschmann, G. 40
Carpenter, H.J. 4 - 6
Chadwick, H. 214
Chadwick, O. 177
Clark, E. 2, 147, 149-150, 191, 201, 204,
217
Coquin, R.-G. 140
Crouzel, H. 4, 11, 150
Dechow, J.F. 3, 86, 145, 150
Dodel, F. 99
Döpp, S. 85, 89, 97, 204, 217
Dörries, H. 159
Drijvers, H. 97
Drioton, E. 16, 142-143, 146, 149, 152153, 191, 193-199, 206, 210-211, 213
Driscoll, J. 99
Duchesne, L. 145
Dudley, L. 97
Dunaev, A.G. 32
Edlund, C. 5
El-Khoury, B. 86
Emmel, S. 21
Evelyn White, H.G. 1
Ewig, E. 1
Fantino, J. 68
Favale, A. 2
Faye, E. de 5
Festugiere, A.-J. 160, 169
Fikhman, I. F. 144
Florovsky, G. 2-4, 17, 68, 138-139, 142,
146-148, 150, 177, 194, 196-199, 217,
229
Frank, K.S. 1, 103, 145, 164
Frend, W. 6, 9, 143
Geerlings, W. 85, 89, 97, 204, 217
Gero, S. 201
Goehring, J.E. 31, 86, 151
Golitzin, A. 16, 19-20, 149-150, 191192, 194-199, 203-204, 210-213,
218, 230
Goshen-Gottstein, A. 16
Gould, G. 2, 91, 140, 147-148, 150-151,
164, 215, 218
Graffin, F. 85
Griffin, C.W. 16
Griggs, C.W. 9
Grillmeier, A. 22,31, 102, 105, 107, 148,
150
Guillaumont, A. 3, 21, 90, 99-101, 103,
148, 163, 185, 214
Gundry, R. H. 90
Dies ist urheberrechtlich geschütztes Material. Bereitgestellt von: Nieders?chsische Staats- und, 25.11.2020
Register moderner Autoren
Hällström, G. af 4-8, 10, 162
Hausammann, S. 1
Hausherr, I. 101, 103
Hefele, C.J. 145
Hengel, M. 9
Heussi, K. 174
Hiltbrunner, O. 5, 10
Hirschberg, M. 5-7, 162, 169
Holl, K. 1, 86, 103, 145-146, 216-218
Holze, H. 159, 185
Honigmann, E. 22
Hübner, R.M. 34
Jarry, J. 145-146, 150
Joest, Ch. 87
Jordan, H. 27-28
Jülicher, A. 1, 103, 145
Kannengiesser, Ch. 204
Kelly, J. 2
Khosroyev, A. 2 1 , 9 1
Klejna, F. 98
Klijn, A. 8
Koch, H. 13
Koch, P.L. 203
Koschorke, K. 6, 11
Kronholm, T. 86
Krüger, G. 27-29, 33
Kühneweg, U. 2, 3, 11, 91, 148, 151, 214
Ladner, G.B. 204
Leclercq, H. 145
Lebreton, J. 5 - 6
Ledegang, F. 3 - 4
Lefort, Th. 22, 139, 163, 212
Lehaut, A. 16
Lialine, C. 185
Lipatov, N. 207
Lohr, W.A. 217
Lossky, W. 18
Lucchesi, E. 21-22
Lourié, B.M. 21
MacCoull, L. 215
Mansi, J.D. 145
Martin, A. 9
Meijering, E.P. 22, 205
Metzler, K. 204, 214
Meyendorff, J. 102, 201
Momigliano, A. 6
Monaci, A. 5-8, 16
Müller, B. 90
Müller, C.D.G. 32, 76
Murphy, F.X. 100
261
Nautin, P. 26, 28-29, 33, 209
O'Laughlin, M. 100, 151
Orbe, A. 18
Orlandi, T. 11, 21-22, 25, 31-32, 35, 58,
76, 105-106, 112-113, 123, 138-140,
146-147, 150-151, 172, 181, 192
Paffenroth, K. 16
Palmer, A. 85
Parmentier, M. 100,216-217
Pauli, J. 89
Paulsen, D.L. 16
Pearson, B.A. 8-9, 31
Perler, O. 27, 30, 33, 66
Pettersen, A. 99
Pines, Sh. 16
Prinzivalli, E. 11,15
Puech, H.-C. 145
Quispel, G. 20
Raynor, D.H. 6
Reinink, G.J. 97
Reitzenstein, R. 166
Richard, M. 144, 177
Ritter, A.M. 8 - 9
Roberts, C.H. 8-9, 17
Rondeau, M.-J. 101
Rousseau, Ph. 179, 215
Rubenson, S. 91-95, 148-149, 151, 181
Rucker, I. 26-28
Runia, D.T. 9-10
Ruppert, F. 165
Sauget, J.-M. 216
Schmelz, G. 186
Schmidt, C. 97
Schneemelcher, W. 28-29, 32-33
Sed, N. 85
Seston, W. 150
Setton, K.M. 204
Sidorov, A.I. 90, 98, 102
Sieben, H.-J. 185
Simonetti, M. 7, 12-15, 18
Spicq, C. 5
Sprengling, M. 86
Sterk, A. 214
Stewart, C. 17-18, 102, 177, 179
Stroumsa, G.G. 16, 145, 149
Struker, A. 69
Studer, B. 16
Thompson, H. 22
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262 utsronmigedRA
Thümmel,
Timbie, J.
Timm, S.
Tremblay,
Register moderner
H.G. 201, 209
16
144
R. 18
van den Broek, R. 8-10
van der Leeuw, R. 16
van Esbroeck, M. 30, 33, 35, 43, 46, 50
Vanstiphout, H. 97
Veilleux, A. 86-88
Villain, M. 2
Vischer, R. 5, 10
Autoren
Völker, W. 5
Vogiie, A. de 166
Voicu, S.J. 209
von Lemm, O. 25, 199, 223
Warnach, V. 104
Williams, R.D. 91
Wright, W. 26
Wurst, G. 17, 23, 26-27, 31^15, 47-51,
53-62, 64, 66-73, 75-76, 78-80, 8485, 110-114, 116-118, 123, 125, 127,
129, 131-133, 135-137
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Studien und Texte zu Antike und Christentum
Studies and Texts in Antiquity and Christianity
Herausgeber: TSRPOMKIHECA
CHRISTOPH M A R K S C H I E S
(Berlin) zyvutsrponmlkjihgfedcbaWUTSRMLKJH
Aland, Barbara/Hahn, Johannes/Ronning, Christian (Hg.): Literarische Konstituierung von Identifikationsfiguren in der Antike. 2003. Band 16.
Betz, Hans Dieter: The „Mithras Liturgy". 2003. Band 18.
Bracht Katharina: Vollkommenheit und Vollendung. 1999. Band 2.
Bremer, Jan Maarten: siehe Furley, William D.
Bumazhnov, Dmitrij: Der Mensch als Gottes Bild im christlichen Ägypten.
2005. Band 34.
Burgsmüller, Anne: Die Askeseschrift des Pseudo-Basilius. 2005. Band 28.
Conring, Barbara: Hieronymus als Briefschreiber. 2001 .Band 8.
Cook, John Granger: The Interpretation of the New Testament in Greco-Roman
Paganism. 2000. Band 3.
—: The Interpretation of the Old Testament in Greco-Roman Paganism. 2004.
Band 23.
Dörnemann, Michael: Krankheit und Heilung in der Theologie der frühen Kirchenväter. 2003. Band 20.
Egelhaaf-Gaiser, Ulrike/Schäfer, Alfred (Hg.): Religiöse Vereine in der römischen
Antike. 2002. Band 13.
Elliott, Mark W.: The Song of Songs and Christology in the Early Church. 2000.
Band 7.
Förster, Hans: Die Feier der Geburt Christi in der Alten Kirche. 2000. Band 4.
Frateantonio, Christa: Religiöse Autonomie der Stadt im Imperium Romanum.
2003. Band 19.
Furley, William D./Bremer, Jan Maarten: Greek Hymns I. 2001. Band 9.
- : Greek Hymns II. 2001. Band 10.
Greschat, Katharina: Die Moralia in Job Gregors des Großen. Band 31.
Hahn, Johannes: siehe Aland, Barbara
Henner, Jutta: Fragmenta Liturgica Coptica. 2000. Band 5.
Henze, Matthias: The Syriac Apocalypse of Daniel. 2001. Band 11.
Hirsch-Luipold, Rainer: Plutarchs Denken in Bildern. 2002. Band 14.
Die ikonoklastische Synode von Hiereia 754. Einleitung, Text, Übersetzung und
Kommentar ihres Horos, besorgt von Torsten Krannich, Christoph Schubert
und Claudia Sode, nebst einem Beitrag zur Epistula ad Constantiam des
Eusebius von Cäsarea von Annette von Stockhausen. 2002. Band 15.
Krannich, Torsten: Von Leporius bis zu Leo dem Großen. 2005. Band 32.
— : siehe Die ikonoklastische Synode von Hiereia 754.
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Studien und Texte zu Antike und
Christentum
Maas, Michael: Exegesis and Empire in the Early Byzantine Mediterranean. 2003.
Band 17.
Mastrocinque, Attilio: From Jewish Magic to Gnosticism. 2005. Band 24.
Mutschier, Bernhard: Irenäus als johanneischer Theologe. 2004. Band 21.
Ronning, Christian: siehe Aland, Barbara
Samellas, Antigone: Death in the Eastern Mediterranean (50-600 A.D.). 2002.
Band 12.
Schäfer, Alfred: siehe Egelhaaf-Gaiser, Ulrike
Schubert, Christoph: siehe Die ikonoklastische Synode von Hiereia 754.
Schulze, Christian: Medizin und Christentum in Spätantike und frühem Mittelalter. 2005. Band 27.
Schurig, Sebastian: Die Theologie des Kreuzes beim frühen Cyrill von Alexandria. 2005. Band 29.
Sode, Claudia: siehe Die ikonoklastische Synode von Hiereia 754.
Stockhausen, Annette von: siehe Die ikonoklastische Synode von Hiereia 754.
Thom, Johan C.: Cleanthes' Hymn to Zeus. 2005. Band 33.
Tiersch, Claudia: Johannes Chrysostomus in Konstantinopel (398—404). 2002.
Band 6.
Tloka, Jutta: Griechische Christen - Christliche Griechen. 2005. Band 30.
Der Tractatus Tripartus aus Nag Hammadi Codex I (Codex Jung). Neu übersetzt
von Peter Nagel. 1998. Band 1.
Zuntz, Günther: Griechische philosophische Hymnen. 2005. Band 35.
Einen Gesamtkatalog erhalten Sie gerne vom Verlag
Mohr Siebeck - Postfach 2040 - D-72010 Tübingen
Neueste Informationen im Internet unter www.mohr.de
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