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AUSGABE 21
Wilhelm-Foerster-Sternwarte e.V.
Zeiss-Planetarium am Insulaner
2024 | 2025
Uranus
SPECIAL
– Namensgebung und Dichtung
Dr. Friedhelm Pedde – WFS Berlin
In seinem Buch „Von dem neu entdeckten Planeten“ (1784), Seite 88, publizierte
Johann Elert Bode erstmalig seinen Namensvorschlag „Uranus“. (siehe auch LITERATUR)
Am 13. März 1781 entdeckten William Herschel (17381822) und seine Schwester Caroline (1750-1848) den
Uranus – eine astronomische Weltsensation, denn es
war das erste Mal seit der Antike, dass ein neuer Planet
gefunden worden war. Damit stellte sich auch das Problem der Namensfindung des neuen Himmelskörpers.
Dies war nur der Auftakt für ungezählte zukünftige
Namensgebungen in der modernen Astronomie.
Ein Name aus der Mythologie
gesucht
William Herschel gab dem neuen Planeten, dem britischen König Georg III. zu Ehren, den Namen „Georgium
Sidus“ (Georgs Stern). Diese Bezeichnung führte umgehend zu Protesten anderer Länder, die den Planeten
nicht nach dem Herrschernamen einer anderen Macht
benannt haben wollten. So schlug der französische
Astronom Jerôme Lalande (1732-1807) vor, den neuen
Planeten nach seinem Entdecker „Herschel“ zu nennen.
Sein Landsmann, der Literaturwissenschaftler Louis Poinsinet de Sivry (1733-1804) wiederum plädierte
für den Namen „Cybele“, währenddessen der schwedische Astronom Erik Prosperin (1739-1803) ebenfalls für „Cybele“, wahlweise aber auch „Neptun“ und
„Astraea“ vorschlug. Der Wiener Astronom Maximilian
Hell (1720-1792) brachte den Namen „Urania“ ins Spiel
und schrieb sogar über den Namensstreit ein lateinisches
Gedicht. Der ungarische Jesuit Györgi Alajos Szerdahely (1740-1808) verfasste 1787 „Die Geschichte
der Muse Urania“, die
von den griechischen
Göttern verbannt worden ist und erst durch
William Herschel ihren rechtmäßigen Platz
erhielt.
Unmittelbar nach der
Entdeckung des neuen
Planeten hatte der Berliner Astronom Johann
Elert Bode (1747-1826)
begonnen, sich mit
diesem zu beschäftigen. Er fand heraus,
dass dieser Himmelskörper schon 1690
im Katalog von John
Flamsteed mit dem
Namen „34 Tauri“
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verzeichnet worden war, ohne dass man ihn als Wandelstern erkannt hätte. Am 12. März 1782 regte Bode dann
bei einem Vortrag vor der „Gesellschaft naturforschender Freunde“ in Berlin erstmals den Namen „Uranus“
an und publizierte dies 1784 (Abb. links). Uranus ist die
römische Form des griechischen Uranos, in der griechischen Mythologie der Vater des Saturn. Mit diesen
verschiedenen Namen war wieder die antike Überlieferung ins Spiel gebracht worden. In der Folgezeit wurde man sich aber nicht einig, und so wurden vorläufig,
je nach Land, alle genannten Namen benutzt. Erst 1850,
also 69 Jahre nach seiner Entdeckung und vier Jahre
nach der Entdeckung des Neptuns in Berlin, entschied
man sich endgültig für die „Berliner Variante“ Uranus.
Dabei ist es geblieben.
Erste Gedichte
für den neuen Planeten
Aber kommen wir zurück zu dem Namen „Cybele“:
Cybele ist die Tochter des Gottes Uranus und die Gattin Saturns. Diesen Namen benutzte bereits drei Jahre nach der Entdeckung des Planeten, im Jahre 1784,
Johann Wolfgang von Goethe in einem Gedicht. Es handelte sich um eine Auftragsarbeit anlässlich des 27sten
Geburtstages der Herzogin Luise von Hessen-Darmstadt. Das Gedicht trägt den Namen „Planetentanz. Zum
30. Januar 1784“, in welchem Sonne, Mond und alle Planeten auftreten – so erstmals auch der Planet Uranus
unter dem Namen Cybele. Hier ein Textausschnitt:
Im fernen Raum, wohin kein menschlich Auge drang,
wo ich der Sterne reine Bahn erblickte,
und mich ihr lieblicher Gesang
in höhern Himmel aufentzückte
Dort schwebt ich einsam ungenannt
seit vielen tausend tausend Jahren,
ich war der Erde unbekannt
und hatte nichts von ihr erfahren
Somit ist dies vermutlich die älteste dichterische Erwähnung des später Uranus genannten Planeten überhaupt. Auch der von der Astronomie begeisterte Friedrich Hölderlin hat in seinen Gedichten an mehreren
Stellen den Uranus genannt – hier zwei kurze Textausschnitte. Im 1787 entstandenen Gedicht „Die Bücher der
Zeiten“ heißt es:
… Dort oben
in all der Himmel höchstem Himmel
hoch über dem Siriusstern
hoch über Uranus Scheitel …
SPECIAL
Oberon und Titania mit eingezeichneten Namen
aus Shakespeares Werken,
siehe: https://stardate.org/astro-guide/gallery/literary-moons
Und im wohl 1796 geschriebenen Gedicht „Kepler. 1789“
nimmt er Bezug auf den von ihm hoch verehrten Kepler
und das Jahr der Französischen Revolution 1789:
Unter den Sternen ergehet sich
Mein Geist, die Gefilde des Uranus
Überhin schwebt er und sinnt; einsam ist
Und gewagt, ehernen Tritt heischet die Bahn.
Shakespeare und Pope standen Pate
Die Geschwister Herschel hatten 1787 zwei Uranusmonde entdeckt, die aber ebenfalls für lange Zeit keine
endgültigen Namen trugen. Erst 1851 stieß der englische Astronom William Lassell (1799-1880) auf zwei
weitere Uranusmonde. Auf seine Anfrage bei John
Herschel (1792-1871), dem Sohn William Herschels,
der ebenfalls ein berühmter Astronom geworden war,
schlug dieser 1852 vor, die beiden 1787 entdeckten
Monde „Oberon“ und „Titania“ zu nennen, währenddessen die beiden von Lassell erspähten Monde die Namen
„Umbriel“ und „Ariel“ erhalten sollten.
Damit war durch John Herschel erstmals die Tradition
gebrochen worden, die neu
entdeckten Himmelskörper
mit Namen aus der griechisch-römischen Mythologie zu versehen. Stattdessen
stammen die Namen dieser
vier Monde von Personen
aus dem „SommernachtsWilliam Shakespeare
traum“ von William Shake(1564-1616), Kupferstich
speare (Oberon und Titania)
von Martin Droeshout
und dem parodistischen Hel1623, siehe: https://
dengedicht „Der Lockenraub“
commons.wikimedia.org/
von Alexander Pope (Umbriel
wiki/File:Shakespeare_-_
und Ariel). Bis heute wurden First_Folio_Faithfully_Reweitere 23 Uranusmonde
produced_-_Portrait_
entdeckt, die fast alle nach
Page_11.png
Gestalten aus dem Werk von
Shakespeare benannt worden sind. Bis auf den Mond
Belinda: Dieser Name stammt wiederum aus Popes
„Lockenraub“.
Am 24. Januar 1986 erreichte die amerikanische Raumsonde Voyager 2 den Uranus und machte bei dem
Vorbeiflug auch viele spektakuläre und detaillierte
Aufnahmen der Monde. Bei der Kartierung der Oberflächen von Oberon, Titania, Umbriel, Ariel und Miranda
mussten viele Krater, Grabensysteme, Verwerfungen
Eisenmeteorit
und Täler mit Namen versehen werden. Die insgesamt
46 astrogeologischen Formationen von Oberon, Titania
und Miranda erhielten von der International Astronomical Union (IAU) ausschließlich Namen aus Shakespeares Werk (Abb. oben). Für die Oberflächenstrukturen
der Monde Umbriel und Ariel wurden hingegen jeweils
13 Namen aus der weltweiten Mythologie vergeben,
und zwar Namen von Geistern, Trollen und Gnomen,
die bei Umbriel bösartig und bedrohlich, bei Ariel jedoch freundlich und wohlwollend konnotiert sind. Das
passt zum Erscheinungsbild der beiden Monde, denn
Umbriel hat die dunkelste, Ariel hingegen die hellste
Oberfläche aller Uranus-Trabanten.
LITERATUR
Johann Elert Bode, Von dem neu entdeckten Planeten
(1784), Bayerische Staatsbibliothek, siehe: https://books.
google.de/books?id=ZqA5AAAAcAAJ&pg=PA95&redir_
esc=y#v=onepage&q&f=false
Alexander von Behaim-Schwartzbach: Die literarischen
Monde des Uranus, in: „Sternzeit“ 2/2013, 86-88
https://planetarynames.wr.usgs.gov/
Florian Freistetter: Sternengeschichten. Folge 409. Shakespeare am Himmel. Die Entdeckung der Monde des Uranus,
siehe: https://open.spotify.com/episode/6NVSO8MzHoJuA5
Vorführung des großen Bamberg-Refraktors
UkFPqxWM
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