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Der Planet Uranus. Namensgebung und Dichtung, in: … dem Himmel nahe … der Erde verbunden. Mitgliederzeitschrift der Wilhelm-Foerster-Sternwarte, Ausgabe 21, Oktober-November-Dezember-Januar 2024/2025, 28-29.

OKTOBER | NOVEMBER | DEZEMBER | JANUAR Neptun, James-Webb-Teleskop NASA Mitteilungen | Informationen | Programm für Mitglieder AUSGABE 21 Wilhelm-Foerster-Sternwarte e.V. Zeiss-Planetarium am Insulaner 2024 | 2025 Uranus SPECIAL – Namensgebung und Dichtung Dr. Friedhelm Pedde – WFS Berlin In seinem Buch „Von dem neu entdeckten Planeten“ (1784), Seite 88, publizierte Johann Elert Bode erstmalig seinen Namensvorschlag „Uranus“. (siehe auch LITERATUR) Am 13. März 1781 entdeckten William Herschel (17381822) und seine Schwester Caroline (1750-1848) den Uranus – eine astronomische Weltsensation, denn es war das erste Mal seit der Antike, dass ein neuer Planet gefunden worden war. Damit stellte sich auch das Problem der Namensfindung des neuen Himmelskörpers. Dies war nur der Auftakt für ungezählte zukünftige Namensgebungen in der modernen Astronomie. Ein Name aus der Mythologie gesucht William Herschel gab dem neuen Planeten, dem britischen König Georg III. zu Ehren, den Namen „Georgium Sidus“ (Georgs Stern). Diese Bezeichnung führte umgehend zu Protesten anderer Länder, die den Planeten nicht nach dem Herrschernamen einer anderen Macht benannt haben wollten. So schlug der französische Astronom Jerôme Lalande (1732-1807) vor, den neuen Planeten nach seinem Entdecker „Herschel“ zu nennen. Sein Landsmann, der Literaturwissenschaftler Louis Poinsinet de Sivry (1733-1804) wiederum plädierte für den Namen „Cybele“, währenddessen der schwedische Astronom Erik Prosperin (1739-1803) ebenfalls für „Cybele“, wahlweise aber auch „Neptun“ und „Astraea“ vorschlug. Der Wiener Astronom Maximilian Hell (1720-1792) brachte den Namen „Urania“ ins Spiel und schrieb sogar über den Namensstreit ein lateinisches Gedicht. Der ungarische Jesuit Györgi Alajos Szerdahely (1740-1808) verfasste 1787 „Die Geschichte der Muse Urania“, die von den griechischen Göttern verbannt worden ist und erst durch William Herschel ihren rechtmäßigen Platz erhielt. Unmittelbar nach der Entdeckung des neuen Planeten hatte der Berliner Astronom Johann Elert Bode (1747-1826) begonnen, sich mit diesem zu beschäftigen. Er fand heraus, dass dieser Himmelskörper schon 1690 im Katalog von John Flamsteed mit dem Namen „34 Tauri“ 28 verzeichnet worden war, ohne dass man ihn als Wandelstern erkannt hätte. Am 12. März 1782 regte Bode dann bei einem Vortrag vor der „Gesellschaft naturforschender Freunde“ in Berlin erstmals den Namen „Uranus“ an und publizierte dies 1784 (Abb. links). Uranus ist die römische Form des griechischen Uranos, in der griechischen Mythologie der Vater des Saturn. Mit diesen verschiedenen Namen war wieder die antike Überlieferung ins Spiel gebracht worden. In der Folgezeit wurde man sich aber nicht einig, und so wurden vorläufig, je nach Land, alle genannten Namen benutzt. Erst 1850, also 69 Jahre nach seiner Entdeckung und vier Jahre nach der Entdeckung des Neptuns in Berlin, entschied man sich endgültig für die „Berliner Variante“ Uranus. Dabei ist es geblieben. Erste Gedichte für den neuen Planeten Aber kommen wir zurück zu dem Namen „Cybele“: Cybele ist die Tochter des Gottes Uranus und die Gattin Saturns. Diesen Namen benutzte bereits drei Jahre nach der Entdeckung des Planeten, im Jahre 1784, Johann Wolfgang von Goethe in einem Gedicht. Es handelte sich um eine Auftragsarbeit anlässlich des 27sten Geburtstages der Herzogin Luise von Hessen-Darmstadt. Das Gedicht trägt den Namen „Planetentanz. Zum 30. Januar 1784“, in welchem Sonne, Mond und alle Planeten auftreten – so erstmals auch der Planet Uranus unter dem Namen Cybele. Hier ein Textausschnitt: Im fernen Raum, wohin kein menschlich Auge drang, wo ich der Sterne reine Bahn erblickte, und mich ihr lieblicher Gesang in höhern Himmel aufentzückte Dort schwebt ich einsam ungenannt seit vielen tausend tausend Jahren, ich war der Erde unbekannt und hatte nichts von ihr erfahren Somit ist dies vermutlich die älteste dichterische Erwähnung des später Uranus genannten Planeten überhaupt. Auch der von der Astronomie begeisterte Friedrich Hölderlin hat in seinen Gedichten an mehreren Stellen den Uranus genannt – hier zwei kurze Textausschnitte. Im 1787 entstandenen Gedicht „Die Bücher der Zeiten“ heißt es: … Dort oben in all der Himmel höchstem Himmel hoch über dem Siriusstern hoch über Uranus Scheitel … SPECIAL Oberon und Titania mit eingezeichneten Namen aus Shakespeares Werken, siehe: https://stardate.org/astro-guide/gallery/literary-moons Und im wohl 1796 geschriebenen Gedicht „Kepler. 1789“ nimmt er Bezug auf den von ihm hoch verehrten Kepler und das Jahr der Französischen Revolution 1789: Unter den Sternen ergehet sich Mein Geist, die Gefilde des Uranus Überhin schwebt er und sinnt; einsam ist Und gewagt, ehernen Tritt heischet die Bahn. Shakespeare und Pope standen Pate Die Geschwister Herschel hatten 1787 zwei Uranusmonde entdeckt, die aber ebenfalls für lange Zeit keine endgültigen Namen trugen. Erst 1851 stieß der englische Astronom William Lassell (1799-1880) auf zwei weitere Uranusmonde. Auf seine Anfrage bei John Herschel (1792-1871), dem Sohn William Herschels, der ebenfalls ein berühmter Astronom geworden war, schlug dieser 1852 vor, die beiden 1787 entdeckten Monde „Oberon“ und „Titania“ zu nennen, währenddessen die beiden von Lassell erspähten Monde die Namen „Umbriel“ und „Ariel“ erhalten sollten. Damit war durch John Herschel erstmals die Tradition gebrochen worden, die neu entdeckten Himmelskörper mit Namen aus der griechisch-römischen Mythologie zu versehen. Stattdessen stammen die Namen dieser vier Monde von Personen aus dem „SommernachtsWilliam Shakespeare traum“ von William Shake(1564-1616), Kupferstich speare (Oberon und Titania) von Martin Droeshout und dem parodistischen Hel1623, siehe: https:// dengedicht „Der Lockenraub“ commons.wikimedia.org/ von Alexander Pope (Umbriel wiki/File:Shakespeare_-_ und Ariel). Bis heute wurden First_Folio_Faithfully_Reweitere 23 Uranusmonde produced_-_Portrait_ entdeckt, die fast alle nach Page_11.png Gestalten aus dem Werk von Shakespeare benannt worden sind. Bis auf den Mond Belinda: Dieser Name stammt wiederum aus Popes „Lockenraub“. Am 24. Januar 1986 erreichte die amerikanische Raumsonde Voyager 2 den Uranus und machte bei dem Vorbeiflug auch viele spektakuläre und detaillierte Aufnahmen der Monde. Bei der Kartierung der Oberflächen von Oberon, Titania, Umbriel, Ariel und Miranda mussten viele Krater, Grabensysteme, Verwerfungen Eisenmeteorit und Täler mit Namen versehen werden. Die insgesamt 46 astrogeologischen Formationen von Oberon, Titania und Miranda erhielten von der International Astronomical Union (IAU) ausschließlich Namen aus Shakespeares Werk (Abb. oben). Für die Oberflächenstrukturen der Monde Umbriel und Ariel wurden hingegen jeweils 13 Namen aus der weltweiten Mythologie vergeben, und zwar Namen von Geistern, Trollen und Gnomen, die bei Umbriel bösartig und bedrohlich, bei Ariel jedoch freundlich und wohlwollend konnotiert sind. Das passt zum Erscheinungsbild der beiden Monde, denn Umbriel hat die dunkelste, Ariel hingegen die hellste Oberfläche aller Uranus-Trabanten. LITERATUR Johann Elert Bode, Von dem neu entdeckten Planeten (1784), Bayerische Staatsbibliothek, siehe: https://books. google.de/books?id=ZqA5AAAAcAAJ&pg=PA95&redir_ esc=y#v=onepage&q&f=false Alexander von Behaim-Schwartzbach: Die literarischen Monde des Uranus, in: „Sternzeit“ 2/2013, 86-88 https://planetarynames.wr.usgs.gov/ Florian Freistetter: Sternengeschichten. Folge 409. Shakespeare am Himmel. Die Entdeckung der Monde des Uranus, siehe: https://open.spotify.com/episode/6NVSO8MzHoJuA5 Vorführung des großen Bamberg-Refraktors UkFPqxWM 29