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Rezension über:

Steffi Marung: Die wandernde Grenze . Die EU, Polen und der Wandel politischer Räume, 1990-2010 (= Transnationale Geschichte; Bd. 1), Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2013, 400 S., 14 Tab., ISBN 978-3-525-30165-4, EUR 74,99
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Rezension von:
Katarzyna Stokłosa
Institut for Grænseregionsforskning, Syddansk Universitet, Sønderborg
Redaktionelle Betreuung:
Christoph Schutte
Empfohlene Zitierweise:
Katarzyna Stokłosa: Rezension von: Steffi Marung: Die wandernde Grenze . Die EU, Polen und der Wandel politischer Räume, 1990-2010, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2013, in: sehepunkte 15 (2015), Nr. 7/8 [15.07.2015], URL: https://www.sehepunkte.de
/2015/07/27443.html


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Andere Journale:

Diese Rezension erscheint auch in der Zeitschrift für Ostmitteleuropa-Forschung.

Steffi Marung: Die wandernde Grenze

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Seit der Osterweiterung der Europäischen Union (EU) 2004 haben deren Ostgrenze und die neue Nachbarschaftspolitik ein reges Interesse von Seiten verschiedener Wissenschaften gefunden. Das Innovative an dem Buch der Politik- und Literaturwissenschaftlerin Steffi Marung ist die Einbeziehung sowohl der regionalen als auch der europäischen sowie der globalen Perspektive in die Analyse. Ihr Ziel ist es, die Mikrogeschichte in die transnationale Geschichte zu übertragen. Im Mittelpunkt der Arbeit steht Polen als Objekt und Akteur der EU-Osterweiterung sowie der Nachbarschaftspolitik.

Das Buch ist die leicht überarbeitete Fassung einer an der Universität Leipzig verteidigten Dissertationsschrift. Marung fragt danach, welche Folgen die Verschiebung der EU-Außengrenze nach Osten und Südosten für die Imagination und Deutung des politischen EU-Raumes, insbesondere seiner Grenzen, hatte. Sie untersucht den Wandel der deutenden Erzeugung politischer Räume unter den Bedingungen von Transnationalisierung und Globalisierung. Der Begriff der "wandernden Grenze" zieht sich durch das ganze Buch. Die Verfasserin fragt, "wie dieses 'Wandern' gedeutet wurde, vor welche Herausforderung es die betroffenen Akteure stellte und welche Folgen dies für die Ordnung des politischen Raumes in Europa hatte" (21). Es handelt sich um eine EU-Geschichte von ihren Grenzen her.

Die Untersuchung ist in fünf Hauptkapitel gegliedert. Im ersten Kapitel, der Einleitung, begründet die Verfasserin die Bedeutung des interdisziplinären Zugangs auf dem Gebiet der Grenz- und EU-Forschung und erläutert zentrale Begriffe der Arbeit: Europäisierung, Zivilisierungsmission und Ergänzungsraum. Außerdem werden Quellen und Methoden beschrieben. Das zweite Kapitel, das eine supranationale Perspektive einnimmt, betrifft Grenzregime und Nachbarschaft. Zuerst stellt Marung die Migrations- und Grenzpolitik der EU seit den 1970er-Jahren dar. Im nächsten Unterkapitel analysiert sie den Zusammenhang zwischen der EU-Erweiterung und der Europäischen Nachbarschaftspolitik (ENP), um dann im dritten Unterkapitel die Entwicklung und Dynamik der ENP auszuwerten. Das dritte Kapitel geht auf den polnischen Diskurs über die neue EU-Ostpolitik und dessen Verhältnis zum europäischen Projekt ein. Zuerst schildert Marung, inwiefern dieser Diskurs sehr eng mit der polnischen Geschichte verbunden ist. Seine bedeutende Rolle bei der Gestaltung der östlichen Nachbarschaftspolitik begründe Polen bis heute mit dem jagiellonischen Reich und der polnisch-litauischen Adelsrepublik. Nach der Jahrtausendwende bemühte sich das Außenministerium um die Integration der polnischen Ostpolitik in die zukünftige EU-Außenpolitik. Nach dem EU-Beitritt Polens wurde das Land als Hauptverantwortlicher für die Gestaltung der neuen Ostpolitik angesehen. Die Kooperation Polens mit der Ukraine wurde als Modell für die Kooperation der EU mit den neuen östlichen Nachbarn übernommen. Marung zeigt auf, wie Polen im Laufe der Zeit zum Mitgestalter, Mediator und Vorbild der östlichen Nachbarschaft geworden ist.

Das vierte Kapitel führt dem Leser die regionale Perspektive vor Augen. Die Verfasserin begibt sich in die polnisch-ukrainische Grenzregion und beschreibt die Tätigkeit britischer und nordamerikanischer Hilfsorganisationen, von Verbindungsbeamten der deutschen Bundespolizei in Kiev und von Vertretern verschiedener NGOs, ukrainischer Verwaltungsebenen und Tourismuseinrichtungen in Kiev und Lemberg (L'viv). Dieses Kapitel betrifft den Zeitraum vor der Einführung des EU-Nachbarschaftsprogramms (2000-2004). Als Quellen verwendet Marung Konferenzmaterialien, Projektunterlagen und vor allem Interviews mit Verantwortlichen für die Nachbarschaftspolitik, die sie 2006 in Warschau und Lublin sowie 2008 in Kiev und Lemberg führte. Im Schlusskapitel, das vergleichsweise sehr kurz ausfällt (343-350), rekapituliert Marung ihre bisherigen Ausführungen und systematisiert danach das Zusammenspiel der regionalen, europäischen und globalen Ebenen.

Zweifellos ist die Arbeit eine verdienstvolle Studie und ein wichtiger Beitrag zur neuen Nachbarschaftspolitik der EU. Während die globale und europäische Perspektive sehr deutlich zum Ausdruck kommen, wird die regionale Ebene jedoch nicht eingehend genug dargestellt. Zwar erläutert Marung die Gestaltung des politischen Raumes, aber sie betrachtet weder die Akteure in der polnisch-ukrainischen Grenzregion noch deren Antworten auf die Pläne externer Akteure bezüglich ihrer Region. Einige mit Erläuterungen untermauerte Thesen im Abschlusskapitel hätten dem Leser das Verständnis sehr erleichtert. Umfangreich sind die Literaturliste (353-376) und das Quellenverzeichnis (377-392). Sehr nützlich für den Leser ist auch das Abkürzungsverzeichnis sowie das Namens- und Ortsregister.

Katarzyna Stokłosa